Archiv der Kategorie: Politik

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PA: EU-Lieferkettengesetz beschlossen: Jetzt geht‘s an‘s Umsetzen!

Am 24.04.2024 hat das Europäische Parlament endlich nach zähen Verhandlungen die Richtlinie für ein europäisches Lieferkettengesetz beschlossen. Die Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar unterstützt den Appell ihrer Projektpartnerin aus Ghana, Sr. Regina Ignatia Aflah, mit einer raschen Umsetzung die Kinderarbeit in ihrem Land und weltweit zu beenden.

Ihr offener Brief an die österreichischen Nationalratsabgeordneten kann von den Menschen in Österreich mitunterzeichnet werden, so wie das z.B. schon Kinder- und Jugendbischof Stephan Turnovszky, AK-Präsidentin Renate Anderl, Dirk Stermann oder Gregor Seberg getan haben – auf www.kinderarbeitstoppen.at/offener-brief

Sr. Regina Ignatia Aflah engagiert sich tatkräftig für arbeitende Kinder. Alleine in Ghana arbeiten 770.000 Kinder im Kakaoanbau. Die Abwesenheit von der Schule während der Erntezeit, die Arbeit mit scharfen Messern und giftigen Pestiziden, das Tragen schwerer Lasten haben fatale Folgen für die Kinder.

Sr. Regina wendet sich mit der dringenden Bitte an die österreichischen Nationalratsabgeordneten, die Richtlinie für das europäische Lieferkettengesetz rasch und ambitioniert umzusetzen: „Das EU-Lieferkettengesetz bietet die Chance, endlich wirksame Maßnahmen gegen Kinderarbeit in den Lieferketten von Unternehmen zu ergreifen. Es verpflichtet große Firmen, menschenrechtliche und ökologische Sorgfaltspflichten zu beachten und so zum Beispiel für existenzsichernde Einkommen der Kakaobauern-Familien zu sorgen. Das ist wesentlich, damit Kinder zur Schule gehen können, anstatt zu arbeiten, und so dauerhaft aus der Armutsschleife auszusteigen.“  

Europa ist der größte Abnehmer von Kakao in Westafrika, und Österreich hat einen sehr hohen  Schokoladekonsum. Sigrid Kickingereder, Geschäftsführerin der Katholischen Jungschar, bittet die Menschen in Österreich um ihre Unterstützung: „Es ist an der Zeit, dass Österreich seiner Verantwortung nachkommt und einen Beitrag zur Beendigung von Kinderarbeit leistet. Unterzeichnen Sie bitte den offenen Brief und den Appell von Sr. Regina an die österreichischen Nationalratsabgeordneten zur raschen Umsetzung des europäischen Lieferkettengesetzes.“ 

Die Initiative „Kinderarbeit stoppen” – bestehend aus der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar, FAIRTRADE Österreich, Solidar Austria (ÖGB), Jugend Eine Welt, Kindernothilfe Österreich und Butterfly Rebels – setzt sich seit Jahren für ein europäisches Lieferkettengesetz ein, das dazu beiträgt, Kinderarbeit und andere Menschenrechtsverletzungen wirksam zu stoppen.

Infos und Fotos finden Sie auf http://www.kinderarbeitstoppen.at/presse

 

PA: Amnesty International Jahresbericht 2023/24:  Völkerrecht am Scheideweg

Die Welt sieht sich den erschreckenden Folgen eskalierender Konflikte und fast vollständig gelähmten völkerrechtlichen Institutionen gegenüber. Diesen Schluss zieht Amnesty International bei der heutigen Veröffentlichung des Amnesty International Jahresbericht 2023/24 zur weltweiten Lage der Menschenrechte, der die Menschenrechtslage in 155 Ländern analysiert. 

„Der Amnesty Jahresbericht zeichnet ein düsteres Bild. Die Unterdrückung der Menschenrechte und die großflächige Verletzung des Völkerrechts sind alarmierend, insbesondere angesichts zunehmender globaler Ungleichheit, dem Wetteifern von Supermächten um eine Vormachtstellung und einer eskalierenden Klimakrise“, sagt Shoura Hashemi, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich. 

Neue und bereits existierende Technologien werden aufgrund mangelnder Regulierung systematisch von militärischen, politischen und privatwirtschaftlichen Akteur*innen instrumentalisiert. Sie fördern damit Rechtlosigkeit, Diskriminierung und Straflosigkeit in Konflikten und anderen Kontexten. Spionagesoftware und Massenüberwachungsinstrumente verletzen Grundrechte und -freiheiten, während marginalisierte Gruppen unter dem Einsatz dieser Technologien leiden. 
 

„Wir befinden uns in einem wichtigen Wahljahr. Angesichts der erstarkenden Antiregulierungslobby, die von den großen Technologiekonzernen gestützt und finanziert wird, stellen unkontrollierte und unregulierte Technologien eine enorme Gefahr für uns alle dar. Sie können instrumentalisiert werden, um zu diskriminieren, zu desinformieren und zu spalten.“  

Zivilbevölkerung im Fadenkreuz  

Der Bericht von Amnesty International zeigt deutlich die Abkehr der heutigen Staats- und Regierungschef*innen sowie bestehender Institutionen von den Grundsätzen der Menschenrechte. Das Vorgehen vieler mächtiger Staaten angesichts zunehmender Konflikte beschädigt die Glaubwürdigkeit des Multilateralismus und untergräbt die 1945 erstmals geschaffene regelbasierte internationale Ordnung. 

Der 2023 erneut eskalierte Nahostkonflikt wütet unvermindert weiter, während sich die Belege für Kriegsverbrechen häufen und die israelische Regierung im besetzten Gazastreifen das Völkerrecht zu einer Farce macht. Nach dem furchtbaren Angriff durch die Hamas und andere bewaffnete Gruppen am 7. Oktober 2023 reagierten die israelischen Behörden mit unerbittlichen Luftangriffen auf bewohnte zivile Gebiete, die oft ganze Familien auslöschten und fast 1,9 Mio. Palästinenser*innen zur Flucht zwangen. Außerdem schränkte Israel trotz der zunehmenden Hungersnot im Gazastreifen den Zugang zu dringend benötigter humanitärer Hilfe ein. 

„Die Tatsache, dass es der internationalen Gemeinschaft nicht gelungen ist, im Gazastreifen Tausende Zivilpersonen – darunter erschreckend viele Kinder – vor dem Tod zu bewahren, macht deutlich, dass die Institutionen, die zum Schutz der Zivilbevölkerung und zur Wahrung der Menschenrechte geschaffen wurden, ihren Zweck nicht mehr erfüllen. Was wir im Jahr 2023 gesehen haben, bestätigt, dass viele mächtige Staaten den Grundprinzipien der Menschlichkeit und Universalität, die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankert sind, den Rücken kehren“, so Shoura Hashemi. 

Das vergangene Jahr war auch geprägt von den eklatanten Verstößen der russischen Streitkräfte bei ihrer anhaltenden Invasion in der Ukraine. Amnesty dokumentierte wahllose Angriffe auf dicht besiedelte zivile Gebiete und auf die Infrastruktur für die Energieerzeugung und den Getreideexport sowie Folter und andere Misshandlungen von Kriegsgefangenen. 

Myanmars Militär und die mit ihm verbundenen Milizen führten ebenfalls Angriffe auf Zivilpersonen durch, bei denen allein im Jahr 2023 über 1.000 Menschen ums Leben kamen. Weder die russische noch die myanmarische Regierung haben sich verpflichtet, die Berichte über Menschenrechtsverstöße zu untersuchen. Beide erhielten finanzielle und militärische Unterstützung aus China. 

Im Sudan verübten im Jahr 2023 beide Konfliktparteien, die sudanesischen Streitkräfte und die paramilitärischen Einheiten der Rapid Support Forces (RSF), gezielte und wahllose Angriffe, bei denen zahlreiche Zivilpersonen verletzt und getötet wurden. Angehörige der Streitkräfte und der RSF feuerten explosive Waffen mit flächendeckender Reichweite aus dichtbesiedelten zivilen Wohngebieten ab, wodurch 12.000 Menschen getötet wurden. In der Folge gibt es im Sudan mehr als 8 Mio. Binnenvertriebene, so viele wie in keinem anderen Land der Welt. Ein Ende des Konflikts ist nicht in Sicht, und die seit Monaten hungerleidende Bevölkerung steht kurz vor einer Hungersnot. 

„Angesichts der düsteren globalen Lage sind dringende Maßnahmen zur Wiederbelebung und Erneuerung der internationalen Institutionen erforderlich, die die Menschlichkeit schützen sollen. Es müssen Schritte unternommen werden, um den UN-Sicherheitsrat zu reformieren, damit die ständigen Mitglieder ihr Vetorecht nicht unkontrolliert ausüben können, um so den Schutz von Zivilpersonen zu verhindern und ihre geopolitischen Allianzen zu festigen.“ 

Gefährliche Technologien schüren Hass und Diskriminierung 

Politische Gruppen in vielen Teilen der Welt verstärken ihre Angriffe auf Frauen, LGBTIQIA+ und marginalisierte Gemeinschaften, die in der Vergangenheit häufig aus politischen und wahltaktischen Gründen zu Sündenböcken gemacht wurden. Neue und bestehende Technologien werden zunehmend zur Unterstützung dieser repressiven politischen Kräfte herangezogen, sei es durch die Verbreitung von Desinformationen oder als Plattform, um Gemeinschaften gegeneinander auszuspielen und Minderheiten anzugreifen.  

Staaten wie Argentinien, Brasilien, Indien und Großbritannien setzen zunehmend auf Gesichtserkennung, um öffentliche Proteste und Sportveranstaltungen zu überwachen und auf diskriminierende Weise gegen Randgruppen – insbesondere Migrant*innen und Geflüchtete – vorzugehen. So räumte beispielsweise die New Yorker Polizei im Jahr 2023 als Reaktion auf eine Klage von Amnesty International ein, dass sie zur Überwachung von Black-Lives-Matter-Protesten Gesichtserkennungstechnologie eingesetzt hatte. 

In Serbien führte die Einführung eines automatisierten Systems für die Vergabe von Sozialleistungen dazu, dass Tausende Menschen den Zugang zu lebenswichtiger Sozialhilfe verloren. Dies betraf insbesondere Roma und Menschen mit Behinderungen, wodurch sich ihre soziale Benachteiligung noch verschärfte.  

Auch wurden zur Durchsetzung von Migrations- und Grenzkontrollen vielerorts Technologien eingesetzt, die große Risiken für die Menschenrechte bargen, wie z. B. Anwendungen zur Überwachung der Grenzen, Biometrie-Tools und algorithmische Entscheidungssysteme. Diese allgegenwärtigen Technologien leisten Diskriminierung, Rassismus und der unverhältnismäßigen und rechtswidrigen Überwachung Vorschub. 

Gleichzeitig blieb Spionagesoftware – die in der Regel gegen Aktivist*innen im Exil, Journalist*innen und Menschenrechtsverteider*innen eingesetzt wurde – weitgehend unreguliert, obwohl es seit langem Beweise für die damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen gibt. Im Jahr 2023 dokumentierte Amnesty International den Einsatz der Spionagesoftware Pegasus gegen Journalist*innen und zivilgesellschaftlich engagierte Personen in Armenien, Indien, Serbien und der Dominikanischen Republik. Weiterhin wurde Spionagesoftware aus der EU ungehindert in die ganze Welt verkauft.  

Die Regulierung der künstlichen Intelligenz (KI) hinkt dem technischen Fortschritt weit hinterher, was zu massiven Risiken führt. Das EU-weite Gesetz für digitale Dienste (“Digital Services Act”) vom Februar 2024 markiert eine wichtige Wende und löste eine globale Debatte über die KI-Regulierung aus, weist jedoch weiterhin erhebliche Lücken auf. 

Menschen fordern weltweit Rechte ein 

Im Jahr 2023 wurden bedeutende Fortschritte im Bereich der Menschenrechte verzeichnet. Die #MeToo-Bewegung in Thailand und lokale Nichtregierungsorganisationen erreichten eine Gesetzesänderung gegen sexualisierte Straftaten im Internet. In den USA, El Salvador und Polen demonstrierten Menschen für Geschlechtergerechtigkeit und das Recht auf Zugang zum Schwangerschaftsabbruch. Tausende schlossen sich den Bewegungen zur Bewältigung der Klimakrise an und forderten ihre Regierungen auf, notwendige Maßnahmen zu ergreifen. 

In der Türkei wurden nach langanhaltender Kritik die vier Menschenrechtsverteidiger*innen im Fall Büyükada freigesprochen. Nach monatelangem Einsatz wurde der afghanische Bildungsaktivist Matiullah Wesa freigelassen, der für das Recht von Mädchen auf Bildung kämpfte. 

Shoura Hashemi betont: “Das Recht auf Protest ist unerlässlich, um auf Menschenrechtsverletzungen aufmerksam zu machen und die Mächtigen zur Rechenschaft zu ziehen. Die Botschaft der Menschen ist klar: Wir verlangen die Achtung unserer Menschenrechte. Nun liegt es an den Regierungen zu zeigen, dass sie zugehört haben.” 

Rückfragen:
Presseteam Amnesty International Österreich
Antonio Prokscha
+43-664-621 10 31
presse@amnesty.at

 

Buchpräsentation und Podiumsdiskussion: Eine gerechte Weltwirtschaftsordnung? Die New International Economic Order und die Zukunft der Süd-Nord-Beziehungen

Vor fünfzig Jahren beschlossen die Vereinten Nationen eine grundlegende Veränderung der globalen Wirtschaftsordnung. Die »New International Economic Order« (NIEO) war der erste alternative Globalisierungsentwurf: ein Projekt zur Überwindung kolonialer Wirtschaftsstrukturen zwischen dem Globalen Süden und dem Globalen Norden. Damals verhinderten reiche Industriestaaten die Umsetzung dieses Reformprogramms. Nach vier Jahrzehnten neoliberaler Globalisierung fragt das Buch angesichts globaler Armut, der Klimakatastrophe, zunehmender internationaler Konflikte und der Krise des Kapitalismus nach der heutigen Relevanz der NIEO – und zeigt die Dringlichkeit einer radikalen Transformation der Weltwirtschaft auf.

Nach kurzer Vorstellung der zentralen Thesen des Buchs durch die Herausgeber diskutiert am 24. April eine prominente Runde Möglichkeiten und Grenzen der Renaissance alternativer Gestaltungsoptionen für die globale Wirtschaftsordnung:
Ulrich Brand (Institut für Politikwissenschaften, Universität Wien)
Daniel Fuchs (Institut für Asien- und Afrikawissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin)
Melanie Pichler (Institut für Soziale Ökologie, Universität für Bodenkultur, Wien)
Werner Raza (Österreichische Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung, Wien)
Alex Veit (Table.Media)

24.04.2024 18:00 – 20:00
C3 – Centrum für Internationale Entwicklung, Sensengasse 3, 1090 Wien

Mehr Info und Anmeldung

Online-Mediengespräch „50 Jahre „Neue Weltwirtschaftsordnung“ mit Interviewmöglichkeit

Vorschläge für eine gerechte und friedliche Globalisierung aus den Ländern des Globalen Südens“ statt, am 23. April um 10:00 via Zoom.  

Vor fünfzig Jahren, am 1. Mai 1974, beschloss die Generalversammlung der Vereinten Nationen das Reformprogramm der »New International Economic Order« (Neue Weltwirtschaftsordnung, engl. Abk.: NIEO). Darin hatten die Staaten des Globalen Südens die Grundzüge einer fairen ökonomischen Globalisierung und einer wirtschaftlichen Dekolonisierung erarbeitet. Europäische Politiker wie Bruno Kreisky und Willy Brandt sahen in der NIEO eine gute Grundlage, um die angespannten Beziehungen zur damals so genannten Dritten Welt wiederherzustellen.

Angesichts der Europawahl im Juni 2024 und des Anspruchs einer „geopolitischen Kommission“ (von der Leyen) scheinen diese Vorschläge hochaktuell. Denn die europäische Politik blickt auch heute mit Sorge auf ihr brüchiges Verhältnis zum Globalen Süden. Denn während der Einfluss Chinas zunimmt, verliert Europa in Afrika, Asien und Lateinamerika an Ansehen. Ob jüngste Maßnahmen wie das europäische Lieferkettengesetz oder das Infrastrukturprogramm »Global Gateway« daran etwas ändern werden, ist umstritten. Bietet das NIEO-Programm der 1970er Jahre vor diesem Hintergrund noch progressive Ansatzpunkte? Welche Wege gibt es, um die Beziehungen mit dem Globalen Süden wieder zu verbessern? Und welche Aussichten bestehen auf eine gerechte Ausgestaltung der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen?

Diese Fragen untersuchen international renommierte Sozialwissenschafter:innen im soeben erschienen Buch Eine gerechte Weltwirtschaftsordnung? Die »New International Economic Order« und die Zukunft der Süd-Nord-Beziehungen (Transcript, 2024). Die darin versammelten Beiträge analysieren die Relevanz und Aktualität der NIEO im 21. Jahrhundert. Denn globale Armut, die Klimakatastrophe und internationale Kriege verlangen, so die zentrale These des Buchs, nach einer neuen Kooperation zwischen dem Globalen Norden und Süden.

Diskurs. Das Wissenschaftsnetz stellt bei diesem Mediengespräch den wissenschaftlichen Sammelband in Anwesenheit der Herausgeber und ausgewählter Autor:innen vor. In kurzen Inputs präsentieren sie die wesentlichen Punkte ihrer Forschungsergebnisse. Auf der Grundlage von empirischer Forschung und einer Einordnung des historischen NIEO-Reformprogramms werden einzelne Bereiche der heutigen Weltwirtschaft analysiert und Erkenntnisse für die Umsetzung einer neuen, gerechten Weltwirtschaftsordnung dargelegt.

Anmeldung

Inputs:  
Univ.-Prof. Dr. Ulrich Brand (Universität Wien): Jenseits des staatlichen Steuerungsoptimismus. Die Weltwirtschaftsordnung historisch und in Zeiten der globalen ökologischen Krise
Univ.-Doz. Dr. in Melanie Pichler (Universität für Bodenkultur Wien): Eine neue Weltwirtschaftsordnung braucht globale Klimagerechtigkeit
Dr.  Daniel Fuchs (Humboldt-Universität zu Berlin): Technische Standards & globale Ungleichheit: Chinas Aufstieg zur Normungsweltmacht

Weiters stehen für Interviews zur Verfügung:
Dr.in  Jenny Simon (Universität Hamburg): Chinas Entwicklungsweise und Bedeutungsgewinn. Eine Chance für den Globalen Süden?
Dr. Alexander Veit (Table.Media): Der radikale Reformismus der New International Economic Order und die Elemente einer NIEO

Moderation: Dr. Alexander Behr (Diskurs. Das Wissenschaftsnetz)

PA: Entwicklungshilfeleistungen: Weiterer Handlungsbedarf in Richtung Spitzenfeld

AG Globale Verantwortung regt an, den eingeschlagenen Kurs zu weltweiter Armutsbekämpfung beizubehalten und Österreichs Beitrag zur Lösung globaler Krisen zu verbessern.

„Mit Wohlwollen haben wir in den letzten Jahren die Bemühungen der aktuellen Regierungskoalition, bilaterale Mittel für die österreichische Entwicklungszusammenarbeit und die Humanitäre Hilfe beispielsweise des Auslandskatastrophenfonds zu erhöhen, beobachtet und unterstützt. Diese spiegeln sich auch in Österreichs öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen (Official Development Assistance, ODA) wider, die 2023 voraussichtlich 0,38% des Bruttonationaleinkommens (BNE) ausmachten. Gegenüber 2022 ist die sogenannte ODA-Quote um 0,01 Prozentpunkte gesunken“, kommentiert Lukas Wank, Geschäftsführer der AG Globale Verantwortung, die heute vorgestellten ODA-Zahlen aller OECD-Staaten.

Kurs auf 0,7%-Ziel fortführen

„Österreichs Entwicklungshilfeleistungen, die seit dem letzten Jahr auch aus dem Klimaschutz- und Gesundheitsministerium gespeist werden, sind somit wiederholt auf akzeptablem Niveau. Dennoch ist es bedauerlich, dass die Bundesregierung erneut keine weitreichenden Maßnahmen ergriffen hat, um das international vereinbarte Ziel von 0,7% des BNE zu erreichen. Und das, obwohl sie sich in ihrem Regierungsprogramm und in entwicklungspolitischen Strategien zur ODA bekannt hat“, betont Wank und appelliert: „Nach den Fortschritten der letzten Jahre erwarten wir uns, nicht zu verharren, sondern eine ODA-Quote weit über dem europäischen Durchschnitt von aktuell 0,47% des BNE zu erzielen. Es ist die Verantwortung wohlhabender Länder wie Österreich, im Spitzenfeld der Geberländer zu stehen und anhand langfristig abgesicherter Mittel weltweit Armut zu reduzieren, notleidende Menschen zu unterstützen und zu Stabilität beizutragen.“

Vergleichbare europäische Staaten haben das 0,7%-Ziel zum wiederholten Mal übertroffen, führt Wank weiter aus. Mit Blick auf die Details habe Deutschland 2023 zum Beispiel rund 298 Euro und Norwegen sogar 546 Euro pro Kopf für die erwähnte bilaterale Hilfe bereitgestellt, während es in Österreich 94 Euro pro Einwohner*in waren (2022: 115 Euro pro Einwohner*in).

AG Globale Verantwortung empfiehlt, Entwicklungshilfeleistungen qualitativ aufzuwerten

Abschließend regt Wank die Regierung neben einer quantitativen auch zu einer qualitativen Aufwertung der ODA an: „Derzeit berechnen OECD-Staaten bestimmte Ausgaben ein, die nicht direkt zu nachhaltiger Entwicklung in Drittländern beitragen. Zum Beispiel Unterstützungskosten für schutzsuchende Menschen innerhalb Österreichs, die 2023 voraussichtlich 14,7% der gesamten ODA ausmachten, oder Stipendien für Studierende aus Drittländern. Das steht in starkem Kontrast zu einer weiteren Verpflichtung, die Österreich noch nie erreicht hat: 0,2 Prozentpunkte der vereinbarten 0,7% für Menschen in den ärmsten Ländern der Welt bereitzustellen. In Zeiten des Umbruchs und der Unsicherheit ist es entscheidend, die Unterstützung für ein menschenwürdiges Leben für alle auf einem gesunden Planeten zu steigern.“


Die GLOBALE VERANTWORTUNG – Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe ist der Dachverband von 36 NGOs der internationalen Entwicklung und Humanitären Hilfe. Unsere Mitgliedsorganisationen führen jährlich 1.000 Projekte in über 120 Ländern der Welt durch und tragen zu einem menschenwürdigen Leben für alle auf einem gesunden Planeten bei.

Rückfragen & Kontakt:

AG Globale Verantwortung
Hannah Hauptmann
Referentin für Presse und Öffentlichkeitsarbeit
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PA: Ein Jahr nach dem Krieg im Sudan: Ärzte ohne Grenzen fordert rasche Ausweitung von humanitärer Hilfe

Ein Jahr nach Ausbruch des Krieges im Sudan fordert Ärzte ohne Grenzen eine schnellstmögliche Ausweitung der humanitären Unterstützung. Die Situation ist eine der weltweit schwersten Krisen der vergangenen Jahrzehnte. Millionen Menschen sind davon betroffen, dass die Kriegsparteien den Zugang für humanitäre Hilfe und die Lieferung von Hilfsgütern absichtlich blockieren.

„Die Menschen im Sudan leiden enorm unter den anhaltenden schweren Kämpfen, die oft mitten in städtischen Wohngebieten und Dörfern stattfinden. Das Gesundheitssystem und die Grundversorgung sind weitgehend zusammengebrochen. Nur 20 bis 30 Prozent der Gesundheitseinrichtungen im Sudan sind noch funktionsfähig. Die Gesundheitsversorgung der Menschen im ganzen Land ist extrem eingeschränkt“, sagt Jean Stowell, Landeskoordinatorin von Ärzte ohne Grenzen im Sudan.

Die Vereinten Nationen und ihre Mitgliedstaaten müssen ihre Anstrengungen verdoppeln, einen sicheren und ungehinderten Zugang auszuhandeln und die humanitäre Unterstützung zu verstärken, damit sich die ohnehin katastrophale Lage nicht noch weiter verschlechtert.

In von Kampfhandlungen betroffenen Gebieten haben Teams von Ärzte ohne Grenzen eine Vielzahl von Frauen, Männern und Kindern behandelt. Ihre Verletzungen reichten von Schrapnellwunden bis zu Verletzungen durch Explosionen und Schüsse. Seit April 2023 wurden in den von Ärzte ohne Grenzen unterstützten Einrichtungen mehr als 22.800 Menschen mit Kriegsverletzungen behandelt und mehr als 4.600 chirurgische Eingriffe vorgenommen, von denen viele im Zusammenhang mit der Gewalt in Khartum und Darfur standen. In Wad Madani, einer Stadt, die von drei aktiven Frontlinien umgeben ist, behandeln Mitarbeitende der Organisation derzeit 200 Patient:innen pro Monat, die gewaltbedingte Verletzungen erlitten haben.

Nach Angaben der Vereinten Nationen mussten bereits mehr als acht Millionen Menschen aus ihren Häusern fliehen und wurden teils mehrfach vertrieben. Schätzungsweise 25 Millionen Menschen – die Hälfte der Bevölkerung des Landes – sind auf humanitäre Hilfe angewiesen.

„Jeden Tag sehen wir Patient:innen, die durch die Folgen der Gewalt ums Leben kommen. Kinder, die aufgrund von Mangelernährung und fehlenden Impfstoffen sterben, Frauen mit Komplikationen nach unsicheren Entbindungen, Patient:innen, die sexualisierte Gewalt erlebt haben, und Menschen mit chronischen Erkrankungen, die keinen Zugang zu ihren Medikamenten haben“, sagt Stowell. „Trotz all dieser Fälle gibt es eine äußerst beunruhigende Lücke in der humanitären Unterstützung.“

Obwohl Ärzte ohne Grenzen gut mit dem Gesundheitsministerium zusammenarbeitet, hat die sudanesische Regierung den Zugang zu humanitärer Hilfe absichtlich erschwert, vor allem in Gebiete, die sich außerhalb ihrer Kontrolle befinden. So hat sie systematisch Reisegenehmigungen für humanitäre Helfer:innen und Hilfslieferungen verweigert, die die Frontlinien überqueren wollten. Zudem hat sie die Nutzung von Grenzübergängen eingeschränkt und ein äußerst restriktives Verfahren für die Erteilung von Visa für humanitäre Helfer*innen eingeführt.

„Aktuell ist unsere größte Herausforderung der Mangel an medizinischen Hilfsgütern. Uns geht das chirurgische Material aus, und wir stehen kurz davor, die Arbeit einzustellen, wenn nicht bald Nachschub eintrifft“, sagt Ibrahim, ein Arzt von Ärzte ohne Grenzen, der in Khartum arbeitet. Die Hauptstadt steht seit sechs Monaten unter einer Blockade. Eine ähnliche Situation herrscht seit Januar in der Stadt Wad Madani vor.

In den von den Rapid Support Forces (RSF) kontrollierten Gebieten wurden in den ersten Monaten des Konflikts häufig Gesundheitseinrichtungen und Lagerhäuser geplündert. Es kommt weiterhin regelmäßig zu Überfällen auf Autos. Darüber hinaus wurde medizinisches Personal schikaniert und verhaftet.

In schwer zugänglichen Gebieten wie Darfur, Khartum oder Al-Dschasira ist Ärzte ohne Grenzen oft die einzige oder eine der wenigen internationalen Organisationen vor Ort. Der Bedarf übersteigt aber die Kapazitäten von Ärzte ohne Grenzen bei weitem. Selbst in besser zugänglichen Gebieten wie den Staaten Weißer Nil, Blauer Nil, Kassala und Al-Kadarif ist die Hilfe insgesamt ein Tropfen auf den heißen Stein.

Ein Beispiel ist die katastrophale Mangelernährungskrise im Lager Samsam in Nord-Darfur, wo das Welternährungsprogramm seit Mai 2023 keine Nahrungsmittel mehr verteilt hat. Fast ein Viertel (23 Prozent) der Kinder, die Teams von Ärzte ohne Grenzen dort im Januar untersuchten, litten an akuter Mangelernährung, sieben Prozent waren schwer mangelernährt. 40 Prozent der schwangeren und stillenden Frauen litten an Mangelernährung und die Sterblichkeitsrate in dem Lager war mit 2,5 Todesfällen pro 10.000 Menschen pro Tag extrem hoch.

Ärzte ohne Grenzen fordert die Kriegsparteien auf, das humanitäre Völkerrecht und die humanitären Resolutionen der Erklärung von Dschidda einzuhalten, indem sie Mechanismen zum Schutz der Zivilbevölkerung einrichten und einen sicheren humanitären Zugang zu allen Gebieten des Sudan ohne Ausnahme gewährleisten, einschließlich der Aufhebung von Blockaden. Die Vereinten Nationen müssen angesichts dieser enormen Krise mutiger agieren und dazu beizutragen, eine schnelle und massive Ausweitung der humanitären Hilfe zu ermöglichen. Ärzte ohne Grenzen appelliert außerdem an die Geberländer, die Mittel für humanitäre Hilfe im Sudan aufzustocken.

Hier können Sie Fotos und Video-Material herunterladen.

Für Rückfragen | Vermittlung von Interviews | Fotomaterial wenden Sie sich bitte an:
Eva Hosp
eva.hosp@vienna.msf.org
Tel.: +43 (1) 409 72 76 – 29

PA: Chinas Hochseeflotte auf Raubzug in Ostafrika – Exporte aus illegaler Fischerei in die EU möglich

Die chinesische Hochseeflotte fischt illegal im südwestlichen Indischen Ozean (SWIO), beutet Crews an Bord ihrer Schiffe aus und bedroht die traditionelle handwerkliche Fischerei in Ländern Ostafrikas, so ein neuer Bericht der Environmental Justice Foundation (EJF).

Die chinesische Hochseefischereiflotte ist die größte der Welt und verantwortlich für schwere Menschenrechtsverletzungen, Tierquälerei und illegale Fischerei. Seit 2020 hat EJF mehrere umfassende Untersuchungen über die Flotte durchgeführt. Der neue Bericht ist der erste seiner Art, der ihre illegalen Aktivitäten in der Region Ostafrika aufdeckt.  

Alle von EJF befragten Besatzungsmitglieder der chinesischen Thunfisch-Flotte im südwestlichen Indischen Ozean berichteten, dass sie in irgendeiner Form Menschenrechtsverletzungen erfahren und/oder illegalen Fischfang gesehen haben. 80 % der Befragten berichteten über das Abtrennen von Haifischflossen, 96 % über exzessive Arbeitszeiten und 55 % über körperliche Gewalt. Die neue Untersuchung liefert auch Hinweise auf vier Todesfälle an Bord chinesischer Thunfischfänger zwischen 2017 und 2023, darunter ein mutmaßlicher Selbstmord eines Crewmitglieds. 

16 befragte Fischer auf chinesischen Trawlern in Mosambik bezeugten die weit verbreitete Kriminalität, wobei 81 % über körperliche Misshandlungen und die Hälfte über den absichtlichen Fang und/oder die Verstümmelung von gefährdeten Meerestieren berichteten. 

Fischereiprodukte der Flotte gelangen potenziell auf wichtige internationale Märkte, darunter Europa, die USA, Japan und Südkorea. 73 % der Schiffe, die der illegalen Fischerei und Menschenrechtsverletzungen verdächtigt werden, standen zum Zeitpunkt der EJF-Recherchen auf der Liste der zugelassenen Exporteure in die EU.

Das Ausmaß der kriminellen Aktivitäten der chinesischen Flotte im südwestlichen Indischen Ozean steht in direktem Widerspruch zum erklärten Interesse Chinas an einer nachhaltigen Entwicklung der Region. Im Rahmen der „Belt and Road Initiative“ (BRI), in Deutschland bekannt als „Neue Seidenstraße“, hat China massiv in den Fischereisektor der Anrainerstaaten des südwestlichen Indischen Ozeans investiert. Die neue EJF-Untersuchung zeigt jedoch, dass Chinas Investitionen den lokalen Fischergemeinden keineswegs zugutekommen. Im Gegenteil: Sie schaden der traditionellen handwerklichen Fischerei dieser Länder, da illegale Fischerei und das Töten von Meerestieren zugenommen haben und marine Ökosysteme akut bedrohen. 

Steve Trent, Geschäftsführer (CEO) und Gründer der Environmental Justice Foundation (EJF): „Unsere umfangreichen Nachforschungen werfen eine zentrale Frage auf: Geschieht dieser Missbrauch auf Anweisung aus Peking oder kommt die chinesische Regierung ihrer Verantwortung für das Management ihrer Flotte nicht nach? Die Beweislage ist so eindeutig, dass entweder das eine oder das andere zutreffen muss.“

„Chinas Hochseeflotte ist für schwere Menschenrechtsverletzungen und illegale Fischerei im südwestlichen Indischen Ozean verantwortlich. Die Verbrechen sind nicht auf ein einziges Schiff oder ein bestimmtes Gebiet beschränkt, sondern geschehen an Bord fast aller chinesischen Schiffe, die wir untersucht haben, und zwar in allen Gebieten und Gerichtsbarkeiten. Dieser Missbrauch ist systemisch.“

„Während die chinesische Regierung ihre Investitionen in die Region als Gewinn für beide Seiten darstellt, richtet sie in Wirklichkeit direkten Schaden an. Den Preis dafür zahlen Küstengemeinden, Crews, die Opfer von Menschenrechtsverletzungen werden, und die Anrainerstaaten des südwestlichen Indischen Ozeans, die infolge der Investitionen Chinas mit Korruption und Verschuldung kämpfen.“

„Es ist höchste Zeit, dass die Thunfischkommission für den Indischen Ozean (IOTC) die chinesische Hochseeflotte und ihre massiven Investitionen ins Visier nimmt. Gleiches sollten Küsten-, Markt-, Hafen- und Flaggenstaaten tun, ebenso wie die Regierung der Volksrepublik China selbst. Die Transparenz in der globalen Fischerei muss dringend verbessert werden, damit klar ist, wer wie, wo und was fischt. Auch wenn die illegale Fischerei im südwestlichen Indischen Ozean nicht nur auf die chinesische Hochseeflotte zurückzuführen ist, erfordern die schockierenden Beweise für Missbrauch und Kriminalität in der gesamten Region jetzt klares Handeln.“

Anmerkungen für die Redaktion:

  • „Flut der Ungerechtigkeit: Ausbeutung und illegale Fischerei auf chinesischen Schiffen im südwestlichen Indischen Ozean“: Lesen Sie den vollständigen Bericht hier und sehen Sie den Kurzfilm hier.
  • Fotomaterial finden Sie hier, weiteres ist auf Anfrage erhältlich.
  • Um die Identität und Sicherheit unserer Quellen zu schützen, werden die Fallstudien der einzelnen Schiffe nicht veröffentlicht, sie sind aber auf Anfrage erhältlich.

Ihre Ansprechpartnerin:
Nikola Klein, Presse & Kommunikation EJF
E-Mail: nikola.klein@ejfoundation.org | Tel. +49 (0) 176 311 54 149 

PA: Planbare Hilfe: Ein Schlüssel für Stabilisierung in langanhaltenden globalen Krisen

Frühzeitig beschlossene Mittel verbessern Treffsicherheit und Wirksamkeit von Österreichs Humanitärer Hilfe, so die AG Globale Verantwortung.

„Wir begrüßen den heutigen Beschluss der Bundesregierung, 21,5 Mio. Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds (AKF) für Humanitäre Hilfe in langanhaltenden Krisen bereitzustellen. Durch diese frühe Einigung verbessern die Koalitionspartner die Planbarkeit humanitärer Einsätze im verbleibenden Jahr und damit auch deren Treffsicherheit und Wirksamkeit. Für Menschen in anhaltender Not bedeuten diese Mittel ein Stück Hoffnung auf Stabilisierung“, zeigt sich Geschäftsführer Lukas Wank über das angekündigte Vorgehen, zu dem der entwicklungspolitische Dachverband AG Globale Verantwortung schon lange rät, erleichtert.

Konkret sollen österreichische Hilfsorganisationen mit diesen Mitteln die notleidenden Bevölkerungen der Ukraine, Afghanistans, im Nahen Osten sowie in Ländern West- und Ostafrikas unterstützen. Kriege und Konflikte, die Klimakrise, Gesundheits- und Schuldenkrisen sowie Hunger und Armut halten ihr Leben seit vielen Jahren fest im Griff. „Österreichs erfahrene humanitäre Organisationen, die stets mit lokalen Partnern vor Ort arbeiten, genießen ein hohes Ansehen in den Krisenregionen und geben der Hilfe ein Gesicht. Ein Ende der Not ist nicht in Sicht, weshalb Österreichs Engagement weiterhin gefragt ist“, gibt Wank zu bedenken.

Humanitäre Hilfe budgetär ausbauen und rechtzeitig absichern

Während der aktuellen Regierungsperiode habe die Koalition bereits auf die sich zuspitzende globale Krisenspirale reagiert, indem sie den AKF zwischenzeitlich auf 105 Mio. Euro erhöhte. Für 2024 sind immerhin 80 Mio. Euro vorgesehen. Der Geschäftsführer des entwicklungspolitischen Dachverbands betont, dass diese Erhöhungen es der Humanitären Hilfe Österreichs ermöglichen, nicht nur Menschen in akuten Katastrophenfällen, sondern auch in langanhaltenden, oftmals in Vergessenheit geratenen Krisen zu unterstützen.

Abschließend gibt er zu bedenken, dass die Stabilität des kleinen, wohlhabenden Österreichs ebenfalls von internationalen Abkommen abhängt. „Daher ersuchen wir die Regierung, die Mittel für Humanitäre Hilfe sowie für langfristig wirkende internationale Entwicklung und Friedensarbeit entsprechend ihrer internationalen Verpflichtung auch weiterhin zu erhöhen und rechtzeitig für die nächsten Jahre abzusichern“, plädiert Wank.

Die GLOBALE VERANTWORTUNG – Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe ist der Dachverband von 36 NGOs der internationalen Entwicklung und Humanitären Hilfe. Unsere Mitgliedsorganisationen führen jährlich 1.000 Projekte in über 120 Ländern der Welt durch und tragen zu einem menschenwürdigen Leben für alle auf einem gesunden Planeten bei.

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AG Globale Verantwortung
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PA: Iran: 853 Hinrichtungen allein im Jahr 2023

Amnesty International fordert dringend ein entschlossenes Vorgehen der internationalen Gemeinschaft, um die erschreckende Zunahme von Hinrichtungen zu stoppen, die aus den iranischen Gefängnissen 2023 Schauplätze von Massentötungen machten. In einem heute veröffentlichten Bericht hebt die Organisation hervor, dass mindestens 481 Hinrichtungen im Zusammenhang mit Drogendelikten vollstreckt wurden – mehr als die Hälfte der insgesamt 853 Hinrichtungen im Jahr 2023.

Der Bericht “Don’t Let Them Kill Us”: Iran’s Relentless Execution Crisis since 2022 Uprising zeigt, wie die iranischen Behörden nach den Massenprotesten der Bewegung „Frau Leben Freiheit“ verstärkt die Todesstrafe einsetzen, um die Bevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzen und ihre Macht zu festigen. Amnesty International ist außerdem besorgt wegen der unverhältnismäßigen Auswirkungen der tödlichen Antidrogenpolitik der Behörden auf arme und marginalisierte Gemeinschaften.

Die Zahl der Hinrichtungen 2023 ist die höchste seit 2015 und um 48 Prozent höher als 2022. Die Tötungsserie im Iran setzt sich auch 2024 fort: Bis zum 20. März wurden mindestens 95 Hinrichtungen dokumentiert. Amnesty International geht jedoch davon aus, dass die tatsächliche Zahl noch höher ist.

„Die Todesstrafe ist unter allen Umständen abzulehnen. Die massenhaften Hinrichtungen wegen Drogendelikten nach grob unfairen Prozessen vor Revolutionsgerichten sind ein besonders eklatanter Machtmissbrauch. Mit ihrer tödlichen Antidrogenpolitik trägt die Islamische Republik zu einem Kreislauf von Armut und systemischer Ungerechtigkeit bei und verfestigt die Diskriminierung marginalisierter Bevölkerungsgruppen, insbesondere der unterdrückten Minderheit der Belutschen“, sagt Shoura Hashemi, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich.

„Die iranische Regierung hat die Todesstrafe zu einer Waffe gemacht, um Angst in der Öffentlichkeit zu säen und abweichende Meinungen zu unterdrücken. Ohne eine entschlossene Reaktion der internationalen Gemeinschaft werden sich die iranischen Behörden ermutigt fühlen, in den kommenden Jahren weiterhin Tausende von Menschen ungestraft hinzurichten.“

Hinrichtungen als Mittel der politischen Unterdrückung 

Im letzten Jahr kam es zudem zu einer Welle von Hinrichtungen von Demonstrierenden, Nutzer*innen Sozialer Medien und anderen tatsächlichen oder vermeintlichen Dissident*innen. Obwohl ihre Handlungen durch internationale Menschenrechtsnormen geschützt sind, kam es zu Anklagen wie „Beleidigung des Propheten“ und „Apostasie“ sowie vagen Anklagen wie „Feindschaft zu Gott“ (moharebeh) und/oder „Verdorbenheit auf Erden“ (ifsad fil arz).

Die Revolutionsgerichte waren für 520 (61 Prozent) der 2023 vollstreckten Todesurteile verantwortlich. Diese Gerichte sind für ein breites Spektrum von Straftaten zuständig, auch für Drogendelikte, die von den Behörden als Verbrechen im Sinne der „nationalen Sicherheit“ betrachtet werden. Den Gerichten fehlt es an Unabhängigkeit, sie stehen unter dem Einfluss von Sicherheits- und Geheimdiensten, und sie verwenden routinemäßig durch Folter erzwungene „Geständnisse“ in grob unfairen Schnellverfahren, um Schuldsprüche zu fällen.

Hinrichtungen wegen Drogendelikten erfolgten häufig im Geheimen, ohne dass die Familien und Rechtsbeistände der betroffenen Personen benachrichtigt wurden.

Auf die belutschische Minderheit im Iran entfielen im Jahr 2023 insgesamt 29 Prozent (138) der Hinrichtungen im Zusammenhang mit Drogendelikten, obwohl sie nur etwa 5 Prozent der iranischen Bevölkerung ausmacht. Dies zeigt die diskriminierende Wirkung der Antidrogenstrategie auf die am stärksten marginalisierten und verarmten Bevölkerungsgruppen.

Im vergangenen Jahr kam es darüber hinaus zu einer traurigen Eskalation, was die Todesurteile gegen jugendliche Straftäter*innen angeht: Die Hinrichtung eines 17-Jährigen und vier weiterer junger Menschen, die für Verbrechen zum Tode verurteilt worden waren, die sie im Alter von unter 18 Jahren begangen hatten.

In den letzten Monaten haben die Behörden eine neue Richtlinie der Obersten Justizautorität irreführend als einen Schritt hin zu einer „weiteren Verringerung“ der Todesurteile gegen jugendliche Straftäter*innen propagiert. Die Analyse von Amnesty International zeigt jedoch, dass seit langem bestehende Mängel im Jugendstrafrecht durch die Richtlinie nicht behoben werden und Gerichte auch weiterhin die Möglichkeit haben, jugendliche Straftäter*innen nach zweifelhaften „Reifeprüfungen“ zum Tode zu verurteilen. Amnesty International hat die iranischen Behörden wiederholt aufgefordert, Paragraf 91 des islamischen Strafgesetzbuches zu ändern, um die Todesstrafe für Verbrechen, die von Minderjährigen begangen wurden, unter allen Umständen abzuschaffen.

Ohne sofortige Maßnahmen der internationalen Gemeinschaft werden die Hinrichtungen im Zusammenhang mit Drogen weiterhin zunehmen, da die Justiz, die Legislative und die Exekutive im Iran derzeit versuchen, ein neues Antidrogengesetz zu verabschieden, das im Falle seiner Umsetzung die Bandbreite der Drogendelikte, die die Todesstrafe nach sich ziehen, erweitern würde. 

Hintergrund

Die iranischen Behörden weigern sich, öffentliche Statistiken zu Todesurteilen und Hinrichtungen vorzulegen. Bei der Erfassung der Anzahl im Jahr 2023 vollstreckter Hinrichtungen hat Amnesty International eng mit der Menschenrechtsorganisation Abdorrahman Boroumand Centre zusammengearbeitet und dabei auf offene Quellen zurückgegriffen, darunter Berichte von staatlichen und unabhängigen Medien sowie von Menschenrechtsorganisationen. Außerdem hat die Organisation die Hinrichtungsprotokolle der Menschenrechtsorganisationen Iran Human Rights und Kurdistan Human Rights Network eingesehen.

Die Todesstrafe ist die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen. Amnesty International lehnt die Todesstrafe grundsätzlich und ohne Ausnahme ab, ungeachtet der Art und Umstände des Verbrechens, der Schuld oder Unschuld oder anderer Eigenschaften der Person oder der Hinrichtungsmethode.

Rückfragen
Presseteam Amnesty International Österreich
Antonio Prokscha
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Aussendung: RSF eröffnet regionales Zentrum für Pressefreiheit in Beirut

Reporter ohne Grenzen (RSF) eröffnet ein regionales Zentrum für Pressefreiheit in Beirut, Libanon, um Journalist*innen und Medien, die über den Krieg in Gaza und die gesamte Region berichten, mit der Ausrüstung, Unterstützung und den Ressourcen auszustatten, die sie benötigen, um ihre Berichterstattung so sicher wie möglich fortzusetzen.

Um Journalist*innen in der von dem Gaza-Krieg betroffenen Region zu unterstützen, eröffnet RSF heute, am 21. März ein neues Zentrum für Pressefreiheit in der libanesischen Hauptstadt. Nach der Eröffnung von zwei Zentren in der Ukraine im Anschluss an die russische Invasion des Landes im Jahr 2022 unterstreicht diese Initiative von RSF das anhaltende Engagement der Organisation, Medienschaffende bei der Bewältigung der spezifischen Herausforderungen zu unterstützen, mit denen sie konfrontiert sind.

Ausgestattet mit Internetzugang wird das Beirut-Zentrum, ein regionales Drehkreuz für Medien im Nahen Osten, Journalisten willkommen heißen, die dort arbeiten möchten. RSF und seine lokalen Partner werden Schulungen in physischer und digitaler Sicherheit anbieten, insbesondere für diejenigen, die nach Palästina reisen möchten.

Auch psychologische Unterstützung und Rechtsbeistand, sowie Schutzausrüstungen für gefährliche Bereiche (kugelsichere Westen, Helme, Erste-Hilfe-Kästen usw.) werden zur Verfügung gestellt.

„Es besteht ein klarer und dringender Bedarf, den palästinensischen Journalismus und das Recht auf Information in der gesamten Nahostregion zu unterstützen, insbesondere in den Regionen, die am stärksten vom Gaza-Krieg betroffen sind. Basierend auf unserer Erfahrung in der Ukraine, wo wir während des Krieges zwei Pressefreiheitszentren eröffnet haben, startet RSF ein regionales Zentrum in Beirut, das sich der Unterstützung von Journalist*innen widmet. Das Zentrum wird einen wichtigen Raum und wesentliche Dienstleistungen bieten, um die Sicherheit von Journalist*innen in der Region zu stärken und die Pressefreiheit zu verteidigen.“
Rebecca Vincent, Kampagnendirektorin von RSF

Das Beirut-Zentrum wird die Arbeit von RSF zur Unterstützung von Journalisten in der Region seit Beginn des Krieges am 7. Oktober fortsetzen. Mit Hilfe seines lokalen Partners, Arab Reporters for Investigative Journalism (ARIJ), hat RSF bereits Arbeitsplätze in Gaza für Journalist*innen eingerichtet und sie mit professioneller Ausrüstung und grundlegenden Produkten zum Überleben versorgt.

Für die Einrichtung des Zentrums für Pressefreiheit in Beirut hat sich RSF mit der Samir Kassir Foundation, einem langjährigen Partner, zusammengetan, die sich für Medien- und kulturelle Freiheit im Libanon und im Rest der arabischen Welt einsetzt. Um möglichst viele Journalisten zu erreichen, wird RSF auch von regionalen Organisationen wie der ARIJ sowie von Filastinyat, einer in Ramallah ansässigen Organisation von Journalistinnen, unterstützt.

Rückfragen
Mag.a Christin Edlinger
Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich
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