Endspurt für Weltentwicklungsziele

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Im Jahr 2000 unterzeichneten 189 Staaten auf dem UN-Millenniumsgipfel die Millenniumserklärung. Die im Anschluss formulierten Ziele, die Millennium Development Goals (MDGs), sollten bis 2015 erreicht sein. Eine Bilanz.

 Von Christina Bell

(Wien, 22.12.2014). 8 Ziele, 21 Unterziele, 60 Indikatoren. Mit den Millennium Development Goals (MDGs – siehe z.B. hier) sagte die internationale Gemeinschaft unter anderem Armut, Kinder- und Müttersterblichkeit sowie tödlichen Krankheiten wie AIDS und Tuberkulose den Kampf an. Die mdgs_deZielsetzungen, die durchaus umstritten waren, wurden zu internationalen Leitlinien der Entwicklungszusammenarbeit, an denen sich Entwicklungsprojekte in Kenia genauso orientierten wie Gesundheitsreformen in Brasilien oder Fraueninitiativen in Indien.

Die Bilanz, soviel steht fest, wird durchwachsen ausfallen: Als größte Errungenschaft gilt die Erreichung des ersten Ziels, die Halbierung des Anteils der in Armut lebenden Menschen. Das gelang bereits 2010. Hierfür zeichnet allerdings weniger die Entwicklungszusammenarbeit als vor allem das rasante Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern China und Indien verantwortlich, wie der Entwicklungszusammenarbeits-Praktiker Friedbert Ottacher unlängst in einem Artikel im Südwind-Magazin festhielt.

(Teil-)Erfolge konnten auch beim Thema Bildung, konkret bei den Einschulungsraten, sowie bei Kinder- und Müttersterblichkeit erzielt werden.

Wenig erreicht wurde hingegen im Bereich ökologische Nachhaltigkeit (MDG7): Weder eine deutliche Reduktion des Kohlendioxid-Ausstoßes, noch ein Stopp des Artensterbens gelang der internationalen Gemeinschaft in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten.

Insgesamt ist die Hoffnung, die man mit den Zielen verband, über die Jahre zunehmend einer Skepsis gewichen. Vor allem die Zusagen der reichen Länder enttäuschten. Dabei nahm sowieso nur eines von acht Milleniumszielen direkt die Industrieländer in die Pflicht: MDG 8, der Aufbau einer globalen Entwicklungspartnerschaft. Dieses war zudem so vage gehalten, dass es sich de facto nicht überprüfen lässt.

Messbar sind hingegen die finanziellen Beiträge zur Umsetzung der MDGs. Die Hilfszahlungen der Industrieländer erreichten 2013 zwar einen Höchststand, wie auch Johannes Trimmel in einem Interview erklärt. Die Zahlungen verfehlen aber die seit Jahrzehnten immer wieder in Aussicht gestellten 0,7 Prozent des BIP bei weitem. Zudem ist die Unterstützung für die ärmsten Entwicklungsländer rückläufig.

Zu den Stärken der MDGs zählten ihre Mobilisierungskraft und recht gute Kommunizierbarkeit, wie Jens Martens in einem Bericht zu globalen Nachhaltgkeitszielen argumentiert: Die MDGs lenkten mit einfacher Sprache die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf Armutsbekämpfung. Dass der Publicity keine echten Lösungsansätze folgten, kritisiert unter anderem die nigerianische Wissenschaftlerin und Bloggerin Chika Ezeanya.

Vieles soll nun anders werden. Die Vorbereitungen der Nachfolge-Agenda laufen auf Hochtouren. Fest steht bereits eine Zusammenführung mit den parallel in Planung befindlichen Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) deren Schaffung bei der Rio+20-Konferenz 2012 festgelegt worden war. Seit Juli gibt es den Draft – er überzeugte nicht alle.
Beschlossen werden die Ziele, die wie ihre Vorgänger, die MDGs nicht rechtlich bindend sein werden, nach einer weiteren Überarbeitungsphase im September 2015.


Christina Bell ist Redakteurin beim Südwind-Magazin. Die Journalistin, die ein Master-Degree in Human Rights besitzt, zeichnete für einen Schwerpunkt zu den MDGs verantwortlich (siehe Südwind-Magazin 11/2014)

Globale Nachhaltigkeitsziele für die Post-2015-Entwicklungsagenda von Jens Martens

Abschied von der Führungsrolle von Andreas Novy

Blog von Chika Ezeanya, geboren in Nigeria, Wissenschaftlerin, Autorin und Bloggerin: www.chikaforafrica.com

Die Post-2015-Agenda. Reform oder Transformation?, Österreichische Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung

Der jüngste MDG-Bericht der Vereinten Nationen