Online-Mediengespräch „50 Jahre „Neue Weltwirtschaftsordnung“ mit Interviewmöglichkeit

Vorschläge für eine gerechte und friedliche Globalisierung aus den Ländern des Globalen Südens“ statt, am 23. April um 10:00 via Zoom.  

Vor fünfzig Jahren, am 1. Mai 1974, beschloss die Generalversammlung der Vereinten Nationen das Reformprogramm der »New International Economic Order« (Neue Weltwirtschaftsordnung, engl. Abk.: NIEO). Darin hatten die Staaten des Globalen Südens die Grundzüge einer fairen ökonomischen Globalisierung und einer wirtschaftlichen Dekolonisierung erarbeitet. Europäische Politiker wie Bruno Kreisky und Willy Brandt sahen in der NIEO eine gute Grundlage, um die angespannten Beziehungen zur damals so genannten Dritten Welt wiederherzustellen.

Angesichts der Europawahl im Juni 2024 und des Anspruchs einer „geopolitischen Kommission“ (von der Leyen) scheinen diese Vorschläge hochaktuell. Denn die europäische Politik blickt auch heute mit Sorge auf ihr brüchiges Verhältnis zum Globalen Süden. Denn während der Einfluss Chinas zunimmt, verliert Europa in Afrika, Asien und Lateinamerika an Ansehen. Ob jüngste Maßnahmen wie das europäische Lieferkettengesetz oder das Infrastrukturprogramm »Global Gateway« daran etwas ändern werden, ist umstritten. Bietet das NIEO-Programm der 1970er Jahre vor diesem Hintergrund noch progressive Ansatzpunkte? Welche Wege gibt es, um die Beziehungen mit dem Globalen Süden wieder zu verbessern? Und welche Aussichten bestehen auf eine gerechte Ausgestaltung der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen?

Diese Fragen untersuchen international renommierte Sozialwissenschafter:innen im soeben erschienen Buch Eine gerechte Weltwirtschaftsordnung? Die »New International Economic Order« und die Zukunft der Süd-Nord-Beziehungen (Transcript, 2024). Die darin versammelten Beiträge analysieren die Relevanz und Aktualität der NIEO im 21. Jahrhundert. Denn globale Armut, die Klimakatastrophe und internationale Kriege verlangen, so die zentrale These des Buchs, nach einer neuen Kooperation zwischen dem Globalen Norden und Süden.

Diskurs. Das Wissenschaftsnetz stellt bei diesem Mediengespräch den wissenschaftlichen Sammelband in Anwesenheit der Herausgeber und ausgewählter Autor:innen vor. In kurzen Inputs präsentieren sie die wesentlichen Punkte ihrer Forschungsergebnisse. Auf der Grundlage von empirischer Forschung und einer Einordnung des historischen NIEO-Reformprogramms werden einzelne Bereiche der heutigen Weltwirtschaft analysiert und Erkenntnisse für die Umsetzung einer neuen, gerechten Weltwirtschaftsordnung dargelegt.

Anmeldung

Inputs:  
Univ.-Prof. Dr. Ulrich Brand (Universität Wien): Jenseits des staatlichen Steuerungsoptimismus. Die Weltwirtschaftsordnung historisch und in Zeiten der globalen ökologischen Krise
Univ.-Doz. Dr. in Melanie Pichler (Universität für Bodenkultur Wien): Eine neue Weltwirtschaftsordnung braucht globale Klimagerechtigkeit
Dr.  Daniel Fuchs (Humboldt-Universität zu Berlin): Technische Standards & globale Ungleichheit: Chinas Aufstieg zur Normungsweltmacht

Weiters stehen für Interviews zur Verfügung:
Dr.in  Jenny Simon (Universität Hamburg): Chinas Entwicklungsweise und Bedeutungsgewinn. Eine Chance für den Globalen Süden?
Dr. Alexander Veit (Table.Media): Der radikale Reformismus der New International Economic Order und die Elemente einer NIEO

Moderation: Dr. Alexander Behr (Diskurs. Das Wissenschaftsnetz)




PA: World Banana Day: Marktanteil von FAIRTRADE in Österreich steigt

Am 17. April wird wieder der internationale Tag gefeiert – hierzulande ist bereits fast jede dritte Banane fair gehandelt, so die Organisation in einer Aussendung.

Seit 2019 ist der Marktanteil von FAIRTRADE-Bananen- von 28 auf 32 Prozent gestiegen. Das entspricht einer Menge von mehr als 34.000 Tonnen, die jährlich in Österreich gegessen werden. Besonders erfreulich: Der Bio-Anteil liegt bereits bei 96 Prozent. „FAIRTRADE-Bananen sind seit mehr als 20 Jahren erhältlich und heute in allen Supermärkten des Landes ganzjährig verfügbar. Der hohe Marktanteil beweist eindrucksvoll, wie wichtig der österreichischen Bevölkerung Nachhaltigkeit mittlerweile ist“, sagt Hartwig Kirner, Geschäftsführer von FAIRTRADE Österreich.

Pilz gefährdet Ernten weltweit 
Doch die Erfolgsgeschichten in Konsumländern wie Österreich werden von einer Gefahr im Ursprung bedroht. Ein Pilz mit dem Namen Fusarium Raza 4 Tropical hat bereits weltweit Ernten vernichtet. Auch FAIRTRADE-Kleinbauernkooperativen und -Farmen sind davon betroffen, denn die Suche nach neuen, resistenten Bananensorten, ist zumindest vorerst gescheitert. 
Daher setzt FAIRTRADE aktuell auf einen Maßnahmenmix, um die Menschen vor Ort zu unterstützen: Information, Prävention, Resilienz und Forschung. Produzent*innen werden darin geschult, den Pilz früh zu erkennen, um im Fall der Fälle retten zu können, was noch zu retten ist. Das Wissen wird bei Treffen, aber über Informationsmaterial weitergegeben. Schutzmaßnahmen wie Seuchenteppiche verhindern, dass Pilzsporen mit Fahrzeugen oder durch Menschen eingeschleppt werden. Außerdem hat sich gezeigt, dass sogenannte Supressionsböden, die nützliche Mikroorganismen enthalten, die Bananenpflanzen widerstandsfähiger machen, wenn auch nicht resistent. 

Eine internationale Übersicht zu FAIRTRADE-Bananen, Zahlen und Fakten sowie weiteren Projekten, die im Globalen Süden realisiert werden, gibt es auch online hier.

Rückfragehinweis: presse@fairtrade.at
 
Hintergrund:
FAIRTRADE ist weltweit das führende Zertifizierungssystem, bei dem die Produzentinnen und Produzenten von einem Mindestpreis und einer Prämie, deren Höhe genau festgelegt ist, profitieren. Zudem werden für Kleinbauernkooperativen und Plantagen zahlreiche zusätzliche Leistungen wie Beratungen und Schulungen im Ursprung erbracht.




Kommentar: Quo vadis, Entwicklungspolitik? An der Wegscheide zwischen Werten und Interessen

Von Lukas Schlögl (ÖFSE)

Bei der Präsentationsveranstaltung der ÖFSE Flagship-Publikation „Österreichische Entwicklungspolitik 2023“ diskutierte ein hochkarätig besetztes Podium Spannungsfelder der gegenwärtigen Entwicklungspolitik. Ein Überblick.

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Erinnerung: Veranstaltung und Interviewmöglichkeit: Times of Crisis, Times of Change: The Sustainable Development Goals (SDGs) at half-time

Am 23. Januar 2024 um 18 Uhr lädt die ÖFSE zu einer Abendveranstaltung, in deren Rahmen der „Global Sustainable Development Report 2023“ präsentiert wird.

Für Journalist:innen gibt es davor die Möglichkeit für ein Mediengespräch mit Imme Scholz, Co-Vorständin der Heinrich Böll Stiftung und Autorin des Berichts.

Im Rahmen der Veranstaltung wird Imme Scholz zuerst den Bericht präsentieren und im Anschluss gemeinsam mit Bundesminister Johannes Rauch und WU-Professorin Sigrid Stagl Möglichkeiten diskutieren, um die SDGs zu erreichen.

Datum und Ort der Veranstaltung:
23.01.2024, 16.30 Uhr
WU Wien, Festsaal 2 (LC.0.200), Library Center, Welthandelsplatz 2, 1020 Wien

Programm:

  • Pressegespräch: 16.30 Uhr
  • Eröffnung: 18.00 Uhr
  • Präsentation des Global Sustainable Development Report 2023: 18.15 Uhr
  • Diskussion: 19.00 Uhr

Ein detailliertes Programm und Informationen zu den Teilnehme:*innen finden Sie hier.

Bitte geben Sie bis 19.01.2024 Bescheid, ob Sie an der Veranstaltung teilnehmen werden.

Klemens Lobnig (ÖFSE), k.lobnig@oefse.at
Simon Ilse (Heinrich Böll Stiftung), simon.ilse@at.boell.org




PA: AidWatch Report 2023: Die ODA-Inflationsblase platzen lassen

Zwar haben die öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen der EU-Mitgliedstaaten im Vorjahr einen historischen Höchstwert erreicht. Doch erfüllten 22% der gemeldeten Leistungen nicht die grundlegendsten Kriterien der OECD, zum Beispiel zu nachhaltiger Entwicklung innerhalb eines Partnerlandes beizutragen. Zu diesem Ergebnis kommt der diesjährige Aid-Watch Report 2023 von CONCORD.

CONCORD, der Dachverband europäischer entwicklungspolitischer Nichtregierungs-organisationen, präsentierte im Oktober seinen AidWatch Report 2023 mit Titel Bursting the ODA inflation bubble, der die Qualität und Quantität der Entwicklungsleistungen (Official Development Assistance, ODA) der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sowie des Vereinigten Königreichs beleuchtet. Die vorläufigen Daten für 2022, die im Frühling veröffentlicht und Ende 2023 bestätigt werden, bezieht der europäische Dachverband von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

ODA der EU erreicht Höchstwert und ist dennoch weit vom 0,7%-Ziel entfernt

Im Jahr 2022 stellten die EU-Staaten 0,59% ihres Bruttonationaleinkommens (BNE) bzw. 84 Mrd. Euro für öffentliche Entwicklungshilfeleistungen zur Verfügung, was einem realen Anstieg von 19% im Vergleich zu 2021 entspricht. Zwar liegt auch diese ODA-Quote noch weit unter den international vereinbarten 0,7% des BNE, dennoch erreichten die EU-Staaten damit ihren historischen Höchstwert. Österreich erhöhte seine ODA immerhin von 0,31% (2021) auf 0,39% des BNE.

Jedoch hängen die hohen ODA-Zahlen vor allem mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine zusammen: Der Fokus der internationalen Zusammenarbeit verlagerte sich im Jahr 2022 auf die finanzielle Unterstützung für die Ukraine und auf Sicherheitsfragen. Beispielsweise wendeten OECD-Staaten mehr als 13,9 Mrd. Euro für die Unterbringung und Versorgung von Schutzsuchenden aus der Ukraine auf.

Die Miteinbeziehung dieser Mittel würde abermals zu einer Inflated ODA beitragen – einer überhöhten Entwicklungshilfe, die die Autor*innen des AidWatch Reports auch schon in früheren Jahren kritisierten. Erfüllten 16,7% der für das 2021 gemeldeten Leistungen nicht die grundlegenden Kriterien der OECD, waren es 2022 schon 22%. Dazu zählen Leistungen, die nicht die wirtschaftliche Entwicklung und den Wohlstand innerhalb der Partnerländer fördern. Österreichs überhöhte Hilfe machte 2022 sogar 27,6% seiner ODA aus. CONCORD fordert, dass OECD-Staaten ihre Unterstützung für die Ukraine zusätzlich zu bisherigen Vereinbarungen leisten, um angemessen auf andere weltweite Herausforderungen reagieren zu können.

Darüber hinaus kritisiert der europäische Dachverband, dass die Zuweisung öffentlicher Entwicklungshilfeleistungen zahlreicher Geberländer immer noch von innen- und geopolitischen Interessen geleitet sei. Wie in den Jahren zuvor spricht er sich für qualitativ hochwertigere sowie besser finanzierte Entwicklungshilfeleistungen aus.

Wie die EU gegen eine überhöhte ODA vorgehen sollte
Die Empfehlungen von CONCORD an die Europäische Union setzen auf zwei Ebenen an. Um die ODA-Inflationsblase platzen zu lassen, sollten die Europäische Kommission und die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten …

  • die ODA reformieren und bestimmte Ausgaben, die nicht zu nachhaltiger Entwicklung in den Partnerländern beitragen, künftig nicht mehr in die ODA einrechnen. Zum Beispiel Kosten für Geflüchtete im eigenen Land, Studiengebühren für Studierende aus dem Ausland, Schuldenerlässe und Kreditzinsen.
  • ihre Anstrengungen verstärken, um das 0,7%-Ziel bis 2030 zu erreichen.
  • transparenter in der Berichterstattung über privatwirtschaftliche Instrumente sein.

Um einen größeren Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung und zum Wohlstand der Länder zu leisten, sollten die Europäische Kommission und die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten …

  • sich ausdrücklich dazu verpflichten, Ungleichheiten in den Partnerländern zu verringern, beispielsweise indem sie vorhandene, passende Instrumente nutzen.

  • sicherstellen, dass die geografische Verteilung der ODA den Bedürfnissen und Zielen der Partnerländer und nicht den internen Prioritäten des Geberlandes bzw. der EU entspricht.

  • Frauenrechtsorganisationen finanziell besser unterstützen, insbesondere durch direkte, langfristige und flexible Finanzierung.
  • die Unterstützung für zivilgesellschaftliche Organisationen (CSO) erhöhen, wobei der Schwerpunkt auf CSOs in den Partnerländern liegen sollte.

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PA: COP28: Nur 1 Prozent des globalen Privatkapitals ist klimafreundlich investiert

ATTAC: Fossile Investitionen müssen gesetzlich gestoppt werden / Klimasoziale Transformation demokratisch gestalten und öffentlich finanziere.

Der Finanzsektor spielt eine zentrale Rolle bei der Verschärfung der Klimakrise. Nur rund 1 Prozent (2,74 Billionen Dollar) des gesamten privaten Kapitals von 267 Billionen Dollar ist klimafreundlich investiert. Öl und Gas versprechen hingegen weiter enorme Profite: Allein fünf der größten Öl- und Gaskonzerne (BP, Chevron, ExxonMobil, Shell und Total) haben seit dem Pariser Klimaabkommen 428 Milliarden Dollar für Dividenden und Aktienrückkäufe ausgeschüttet. Die Finanzströme sind also weit davon entfernt, in Einklang mit den Klimazielen zu stehen, obwohl dies in Artikel 2.c des Pariser Klimaabkommens festgelegt ist.
Attac fordert daher, fossile Investitionen gesetzlich zu regulieren und einzuschränken. „Banken, Versicherungen, Hedgefonds und Pensionsfonds müssen endlich gesetzlich dazu verpflichtet werden, ihre Investitionen in fossile Projekte auslaufen zu lassen und letztlich völlig einzustellen. Die gesamte Finanzindustrie muss endlich den Bestimmungen und Zielen des Pariser Abkommens unterliegen. Ihre freiwilligen Selbstverpflichtungen sind erwiesenermaßen wirkungslos und nichts anderes als Greenwashing“, erklärt Mario Taschwer von Attac Österreich.

COP28 forciert weiter Scheinlösungen
Doch eine effektive Regulierung der Finanzströme steht auch bei der COP28 nicht auf der Tagesordnung. Stattdessen werden weiterhin falsche Marktlösungen forciert, um Profitmöglichkeiten für privates Kapital zu schaffen. Das verstärkt auch die Abhängigkeit des globalen Südens von neuen Schulden.
So sollen laut einer Initiative des US-Außenministeriums, der Rockefeller Stiftung und der Bezos Earth Foundation Konzerne wie Amazon, Bank of America, Boston Consulting Group, Mastercard, McDonald’s, Morgan Stanley oder Pepsi in den gescheiterten Handel mit Kohlenstoffzertifikaten von Schwellen- und Entwicklungsländern einsteigen – eine reine Greenwashing-Aktion. Ein weiterer Ansatz ist das sogenannte „De-Risking“. Dabei sichern öffentliche Garantien und Subventionen die Profite für private Investoren ab. “Die öffentliche Hand übernimmt dabei das Risiko für private Investitionen, anstatt klimafreundliche Infrastruktur selbst zu finanzieren”, kritisiert Taschwer. Auch Scheinlösungen wie freiwillige Kohlenstoffkompensationen, die zu keiner realen Reduktion der Treibhausgas-Emissionen führen, werden weiter vorangetrieben.
„Die Regierungen müssen die klimasoziale Transformation demokratisch gestalten und öffentliches Geld in die Hand nehmen, anstatt die Macht des Finanzsektors weiter zu stärken. Das bedeutet auch, den Finanzsektor in die Schranken zu weisen und zu besteuern“, fordert Taschwer. „Wer privaten Profitinteressen Vorrang vor politischer Regulierung gibt, heizt die Klimakrise weiter an.“

Auch die Kennzeichnung von „grünen“ Finanzprodukten in der EU-Taxonomie zwingt private Investoren keineswegs zu „grünen“ Investitionen.

Rückfragen:
David Walch
presse@attac.at
0650 544 00 100




Veranstaltungseinladung: Österreich-Präsentation des UNESCO-Weltbildungsberichts: „Technologie in der Bildung: Ein Werkzeug zu wessen Bedingungen?“

Der UNESCO-Weltbildungsbericht 2023 untersucht die Herausforderungen im Bildungsbereich, für die ein angemessener Einsatz von Technologie Lösungen bieten kann.

Welche Bildungsprobleme können mit dem Einsatz moderner Technologien gelöst werden? Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit Technologie Bildung unterstützen kann?

Präsentation des Berichts mit anschließender Podiumsdiskussion. Veranstaltung in Deutsch & Englisch.

23.11.2023 – 09.30. bis 16.00 Uhr, C3 Centrum für Internationale Entwicklung, Sensengasse 3, 1090 Wien

Programm || Anmeldung




PA: Äthiopien: Metas Versagen befeuert Gewalt gegen Zivilbevölkerung in Tigray

Der Facebook-Mutterkonzern Meta hat zu schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen gegen die Zivilbevölkerung in der nordäthiopischen Region Tigray beigetragen, so Amnesty International in einem heute veröffentlichten Bericht.

Der Bericht „A death sentence for my father: Meta’s contribution to human rights abuses in northern Ethiopia“ zeigt, dass Meta es erneut versäumt hat, Hass- und Gewaltposts aus dem Netz zu nehmen. Vor dem Hintergrund des bewaffneten Konflikts in Tigray von November 2020 bis November 2022 wurden zahlreiche Menschen durch derartige Posts zur Zielscheibe.

„Drei Jahre nach seinem vollständigen Versagen im Fall der Rohingya in Myanmar hat Meta durch seine Algorithmen und sein datenhungriges Geschäftsmodell erneut zu schweren Menschenrechtsverletzungen beigetragen“, sagte Agnès Callamard, Generalsekretärin von Amnesty International.

„Vor dem Ausbruch des Konflikts in der Region Tigray ignorierte Meta Warnungen von Menschenrechtsorganisationen und dem eigenen Facebook-Aufsichtsrat. Selbst nach dem Beginn des Konflikts ergriff der Konzern keine Maßnahmen gegen die gewalttätigen und hasserfüllten Posts auf seinen Plattformen. Die massenhafte Verbreitung dieser Posts hat die angespannte Stimmung weiter aufgeheizt und zu Diskriminierung und Gewalt gegen die tigrayische Bevölkerung beigetragen.“

Metas Beitrag zu Menschenrechtsverletzungen

Die Facebook-Plattform ist für viele Äthiopier*innen eine wichtige Informationsquelle, die als vertrauenswürdig eingestuft wird. Doch die Algorithmen von Facebook haben verheerende Auswirkungen auf die Menschenrechte.

Recherchen von Amnesty International ergaben, dass die algorithmischen Systeme von Facebook die Verbreitung feindseliger Rhetorik gegen die tigrayische Bevölkerung begünstigten. Gleichzeitig waren die Moderationssysteme der Plattform nicht in der Lage, solche Inhalte zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren.

Diese Versäumnisse trugen beispielsweise zur Vertreibung der regierungskritischen Journalistin Lucy Kassa und der Tötung des tigrayischen Chemieprofessors Meareg Amare bei. Lucy Kassa musste aus dem Land fliehen, nachdem ein Regierungsaccount sie auf Facebook mit einem Foto angeprangert hatte und die Postings viral gingen. Meareg Amare wurde von einer Gruppe von Männern getötet, nachdem er am 3. November 2021 mittels Facebook-Posts ins Visier genommen wurde.

Untätigkeit trotz Warnungen

Interne Dokumente von Meta, die von Amnesty International ausgewertet wurden, zeigen, dass der Konzern von den Unzulänglichkeiten seiner Schutzmaßnahmen in Äthiopien und den damit verbundenen Risiken wusste. Das Unternehmen selbst hat das Land als hochgradig gewaltgefährdet eingestuft.

In einem internen Meta-Dokument aus dem Jahr 2020 wird gewarnt, „dass die derzeitigen Strategien zur Schadensbegrenzung nicht ausreichen“, um die Verbreitung schädlicher Inhalte auf Facebook in Äthiopien zu stoppen. Der eigene Facebook-Aufsichtsrat hat Meta im Jahr 2021 empfohlen, eine unabhängige Menschenrechtsverträglichkeitsprüfung in Äthiopien durchzuführen.

Bei Meta sind die Algorithmen zur Gestaltung von Inhalten darauf ausgelegt, die Nutzer*innen so lange wie möglich auf der Plattform zu halten. Da verletzende, aufstachelnde und polarisierende Inhalte bei Nutzer*innen am meisten Aufmerksamkeit erregen, werden diese oft bevorzugt angezeigt. So stellt das Unternehmen eine anhaltende Gefahr für die Menschenrechte dar, insbesondere in Konfliktgebieten.

Von Amnesty International befragte Personen aus Metas „Trusted Flagger“ Programm kamen zu dem Schluss, dass es wegen der langsamen Reaktionszeit und der Weigerung, gemeldete schädliche Inhalte zu löschen, aussichtlos ist, dem Unternehmen solche Inhalte überhaupt zu melden.

Meta muss zur Verantwortung gezogen werden

Meta steht in der Verantwortung, für die Menschenrechtsverletzungen, zu denen es in Äthiopien beigetragen hat, Wiedergutmachung zu leisten.  Es sind dringende, weitreichende Reformen erforderlich, um sicherzustellen, dass Meta nicht weiter zu derartigen Verstößen in Äthiopien oder in anderen Ländern beiträgt.

Äthiopien ist mit einer weiteren Sicherheitskrise in der Amhara-Region konfrontiert. Meta muss nun dringend Maßnahmen ergreifen, um die von Facebook ausgehenden Gefahren in Äthiopien einzudämmen. Angesichts der Warnungen von UN-Ermittler*innen vor möglichen zukünftigen Gräueltaten sind solche Schritte von entscheidender Bedeutung.

Staaten müssen ihrer Verpflichtung zum Schutz der Menschenrechte nachkommen, indem sie Gesetze verabschieden und durchsetzen, um das Geschäftsmodell von Big Tech wirksam einzudämmen. Dazu gehört auch das Verbot gezielter Werbung auf der Grundlage invasiver Tracking-Praktiken.

Meta bestreitet die Feststellungen des Berichts.

Kontakt und Rückfragehinweis:
Presseteam Amnesty International Österreich
Antonio Prokscha
+43-664-621 10 31
E-Mail: antonio.prokscha@amnesty.at




Veranstaltung: „Grüner“ Extraktivismus für die Energie- und Verkehrswende?

Diskussion mit Pablo Villegas, Rohstoffexperte aus Bolivien und Vertreter*innen verschiedener Organisationen aus Österreich.

Um die Klimakrise zu bekämpfen, ist ein rascher Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energien nötig. Energie aus Erdöl, Kohle und Gas soll durch Wind, Wasser, Sonne und Erdwärme ersetzt werden. Die dafür nötigen Turbinen, Photovoltaikanlagen und Batterien benötigen jedoch eine große Menge an mineralischen Rohstoffen. Diese Rohstoffe sind zu größten Teilen nicht in Europa vorhanden und die Nachfrage danach wird in den nächsten Jahren stark steigen.

International gibt es daher einen zunehmenden Wettbewerb um den Zugang zu diesen Rohstoffen, die vor allem in Ländern des Globalen Südens abgebaut werden. Auch die EU versucht, sich mithilfe von Handels- und Rohstoffpolitik, verstärkt den Zugriff darauf zu sichern.

Eines der Länder, in denen sowohl fossile als auch mineralische Rohstoffe vorkommen, ist Bolivien. Bolivien ist hochgradig von Rohstoffexporten abhängig: Rohstoffe machen etwa 95% der bolivianischen Exporte aus, die Hälfte davon sind mineralische Rohstoffe, v.a. Gold, Silber, Zink, Zinn und Blei. Die ökologischen Auswirkungen des Bergbaus sind bereits heute beträchtlich. Was die Exportzahlen jedoch nicht ausdrücken: Bolivien gehört auch zu den Ländern mit den größten Reserven an Lithium. Lithium soll zum Schlüssel für die Energie- und Verkehrswende in Europa werden, da es zentraler Bestandteil von Batterien ist. Der Abbau dieser Reserven steht seit Jahren in den Startlöchern. Er könnte für das Land hohe Einnahmen, aber gleichzeitig eine ökologische Katastrophe bedeuten.

Wie werden diese Entwicklungen in Bolivien diskutiert? Welche sozialen und ökologischen Auswirkungen haben Bemühungen zur Energiewende in rohstoff-exportierenden Ländern? Welche Form der sozial-ökologischen Transformation ist nötig, damit die Energiewende nicht auf Kosten des Globalen Südens geht? Wie können Bewegungen in Österreich diese Themen aufgreifen?

Zum Referenten: Pablo Villegas, Centro de Documentación e Información Bolivia (CEDIB), forscht und publiziert zu Rohstoffpolitiken und Geopolitik. CEDIB ist eine langjährige Partnerorganisation der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar. Ein Wien-Aufenthalt auf Einladung von Südwind ermöglicht es, mit Pablo Villegas ins Gespräch zu kommen.

Anmeldung unter: registration@oefse.at

Organisiert von: AG Rohstoffe, Anders Handeln, NeSoVe (Netzwerk Soziale Verantwortung), Treaty Alliance, in Kooperation mit ÖFSE (Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung)

Gefördert duch die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit.




PA: Südsudan: Alarmierender Gesundheitszustand von Geflüchteten aus dem Sudan

Tausende Geflüchtete aus dem Sudan sitzen derzeit unter schwierigsten Bedingungen im Transitzentrum Bulukat in Malakal im Südsudan fest. Die Menschen kommen oft sehr krank und erschöpft in dem Zentrum an. Dort müssen sie teils wochenlang auf ihre Weiterreise warten – ohne ausreichende Nahrung, Unterkunft und medizinische Versorgung. Die Sterblichkeitsrate ist hoch. Ärzte ohne Grenzen fordert die humanitären Akteure auf, die Unterstützung der Menschen unmittelbar und dringend zu verstärken. 

„In unseren Einrichtungen in Malakal verzeichnen wir einen alarmierenden Anstieg der Fälle von Masern und Mangelernährung, vor allem bei Kindern“, sagt Luz Linares, Landeskoordinatorin von Ärzte ohne Grenzen im Südsudan. „Die Sterblichkeitsrate in unseren Einrichtungen ist extrem hoch, da die Patient:innen schon so krank ankommen, dass die medizinischen Teams manchmal nicht in der Lage sind, ihr Leben zu retten.“ 

Derzeit beherbergt das Transitzentrum Bulukat etwa 5.000 Menschen, die oft ursprünglich aus dem Südsudan kommen und nun vor dem Konflikt im Sudan in den Bundesstaat Upper Nile in ihr Heimatland geflohen sind. Zuvor waren sie bis zu 72 Stunden mit Booten auf dem Weißen Nil unterwegs.

Eines der größten Probleme der Menschen im Transitzentrum Bulukat ist der Mangel an Nahrungsmitteln. Die Geflüchteten erhalten lediglich 14 US-Dollar pro Person für den Kauf von Lebensmitteln für eine Woche, was angesichts der hohen Lebensmittelpreise in der Region sehr wenig ist. „Wir haben hier keine Lebensmittel. Wir haben keine Seife. Wir brauchen auch Moskitonetze“, sagt Akuch Deng, die mit ihren beiden Kindern aus dem Sudan angereist ist. „Das wenige Geld, das wir bekommen, reicht für den Markt nicht aus.“

Von den insgesamt 245.000 Menschen, die seit April im Südsudan Zuflucht gesucht haben, sind nach Angaben der Vereinten Nationen etwa 198.000 über Renk im äußersten Nordosten des Landes eingereist. Rund 50 Prozent dieser Menschen haben die Absicht geäußert, im Bundesstaat Upper Nile zu bleiben, einer Region, die bereits zuvor stark unter unzureichender Gesundheitsversorgung gelitten hat.

Im Transitzentrum Bulukat betreibt Ärzte ohne Grenzen seit Juli eine mobile Klinik, in der täglich mehr als 100 medizinische Konsultationen durchgeführt werden. Kinder, die stationär behandelt werden müssen, werden an das Kinderkrankenhaus von Ärzte ohne Grenzen in der Stadt Malakal überwiesen. Seit April wurde dort in drei aufeinanderfolgenden Monaten ein Anstieg der Einweisungen verzeichnet. Im Juli wurden 184 Patient:innen aufgenommen, im April waren es noch 114. Auch in der Station für therapeutische Ernährung für mangelernährte Kinder wurde im Juli ein signifikanter Anstieg der Einweisungen um 75 Prozent beobachtet. Die Sterblichkeitsrate in der Kinderklinik ist mit 5,95 Prozent sehr hoch. 

„Mit der Regenzeit kann es zu einem großen Malariaausbruch kommen, wenn nicht für geeignete Unterkünfte und die Verteilung von Moskitonetzen gesorgt wird“, sagt Nuru Katikomu, Notfallkoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Bulukat. „Darüber hinaus besteht unter diesen Umständen die Gefahr eines Choleraausbruchs, der katastrophale Folgen haben könnte. Humanitäre Akteure müssen dringend mehr tun, um eine Verschärfung der Krise zu verhindern.“ Unter anderem fordert Ärzte ohne Grenzen bessere Vorsorgeuntersuchungen in Renk, um zu verhindern, dass schwer kranke Patient:innen ohne medizinische Versorgung in Bulukat ankommen. 

Fotos und Videomaterial aus dem Transitzentrum finden Sie unter diesem Link. Sie können es anlässlich der aktuellen Berichterstattung und unter Nennung der Quelle kostenfrei verwenden.

Für Rückfragen | Vermittlung von Interviews | Fotomaterial:

Patricia Otuka-Karner
patricia.otuka-karner@aertze-ohne-grenzen.at
Tel.: +43 (1) 409 72 76 – 28

Eva Hosp
eva.hosp@vienna.msf.org
Tel.: +43 (1) 409 72 76 – 29