PA: Liga für Menschenrechte: Vertrauensverlust in Demokratie belastet Rechtsstaat

Anlässlich des Internationalen Tages der Menschenrechte am 10. Dezember veröffentlicht die Liga für Menschenrechte ihren jährlichen Befund zur Lage der Grundrechte in Österreich. Expert:innen warnen vor massiven Versäumnissen bei Kinderrechten, der Klimakrise, beim Schutz des Rechtsstaates und vielem mehr.

Durchschnittlich 90 Tage wartet ein Kind mit einer psychischen Erkrankung in Wien auf eine angemessene Versorgung, österreichweit fehlen hunderte Krankenhausbetten und Tagesplätze. Die Folgen dieser Missstände seien dramatisch, bemängelt die Österreichische Liga für Menschenrechte in ihrem jährlichen Menschenrechtsbefund, der heute in Wien vorgestellt wurde. Grund zur Sorge sei auch, dass klimaschädliche Ausgaben von 5,7 Milliarden Euro trotz notwendiger Budgetkonsolidierung nicht angetastet werden. In klimapolitischen Belangen habe die österreichische Regierung im Jahr 2025 den Rückwärtsgang eingelegt, so der Befund. Weitere Themen sind überfüllte Gefängnisse, Angriffe auf die Europäische Menschenrechtskonvention, Mängel im neuen Informationsfreiheitsgesetz, das Recht auf leistbares Leben sowie die zunehmende Polarisierung der Gesellschaft. Barbara Helige, Präsidentin der Liga, weist in ihrem Appell an die Öffentlichkeit eindringlich darauf hin, dass der demokratische Rechtsstaat immer offensiver von autoritären Kräften infrage gestellt wird.

Barbara Helige, Präsidentin der Liga der Menschenrechte zieht Bilanz für das Jahr 2025: „Das Vertrauen in die Politik ist auf einem Tiefpunkt. Sogar die Fähigkeit der Demokratie, unsere Probleme zu lösen, wird angezweifelt. Diese politische Gemengelage kommt destruktiven, autoritären Kräften wie gerufen. Was ursprünglich mit angriffiger, manchmal auch aggressiver Rhetorik begann, hat mittlerweile ein Ausmaß an Verächtlichmachung und Herabwürdigung erreicht, das erschreckend ist. Und diese Verachtung richtet sich nicht nur gegen einzelne Verantwortungsträger, sondern in immer stärkerem Maße auch gegen Säulen des demokratischen Rechtsstaats.“

Kinderrechte verletzt: Dramatische Mängel in der Kinderpsychiatrie

Der Rechnungshofbericht vom August 2025 dokumentiert einen klaren Verstoß gegen die UN-Kinderrechtskonvention: In Wien müssen Kinder mit psychischen Erkrankungen bis zu 90 Tage auf einen kinderpsychiatrischen Termin warten. Österreichweit fehlen 103 Krankenhausbetten und 198 tagesklinische Plätze. Betroffen sind bis zu 25 Prozent aller Kinder und Jugendlichen. „Die Folgen unbehandelter psychischer Erkrankungen sind dramatisch. Das Risiko für spätere Depressionen steigt um das 20-Fache“, so Ernst Berger, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie in seinem Beitrag. Trotz vorhandener Versorgungskonzepte wurde die Entwicklung des Faches über Jahrzehnte vernachlässigt.

Die Klimakrise kostet Menschenleben und Menschenrechte

Andauernde Kriege und geopolitische Konflikte lassen die Klimakrise in Vergessenheit geraten. „Der österreichischen Regierung fehlt in klimapolitischen Belangen Wille und Mut, etwas zu verändern und so seine menschenrechtlichen Pflichten zu gewährleisten“, so Franz Essl, Biodiversitätsforscher an der Universität Wien. Trotzdem stammt ein Drittel der Budgetkonsolidierung 2025/2026 aus Kürzungen bei Klima- und Umweltmaßnahmen, während klimaschädliche Ausgaben von 5,7 Milliarden Euro jährlich kaum angetastet werden. Ein verbindliches Klimaschutzgesetz entsprechend dem Pariser Klimaziel fehlt weiterhin.

Kärntner Slowen:innen – eine unsichtbare Minderheit?

Der überzogene Polizeieinsatz vom 27. Juli 2025 am Peršman-Hof in Eisenkappel/ Zelezna Kapla macht deutlich, wie tief die Gräben innerhalb Österreichs immer noch sind. Dass es unter der Oberfläche brodelt, lässt sich auch im Erinnerungskulturjahr 2025 erkennen: Initiativen, die an den erfolgreichen Widerstandskampf der Kärntner Slowen:innen und an ihre Opfer erinnern, werden angegriffen. Brigitte Entner, Lehrbeauftragte der Universität Klagenfurt, tätig am Slowenischen Wissenschaftlichen Institut in Klagenfurt/Slovenski znanstveni inštitut v Celovcu: „Das Wissen um Österreichs autochthone Minderheiten ist außerhalb ihrer Siedlungsgebiete einfach zu gering, marginalisierte Gruppen dürfen kein blinder Fleck auf dem österreichischen Spielfeld werden.“

Die Europäische Menschenrechtskonvention – das Rückgrat des menschlichen Schutzes

Die Debatte um eine Änderung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) hat an Schärfe gewonnen. Rund um ihr 75-jähriges Jubiläum fordern mehrere europäische Regierungen – darunter Österreich, Dänemark und Italien – eine flexiblere Auslegung menschenrechtlicher Vorgaben. In Österreich ist das Thema nicht neu: Bereits 2015 forderte Herbert Kickl (FPÖ), die EMRK anzupassen. Valerie Gruber, Vorstandsmitglied der Liga: „Menschenrechte sind nicht verhandelbar, egal ob es in der EMRK um Fragen digitaler Überwachung, den Klimaschutz, den Umgang mit neuen Technologien oder den Schutz vulnerabler Gruppen geht.“

Die neue Informationsfreiheit

Das langjährig in Österreich verankerte Amtsgeheimnis wurde zum 1. September 2025 zu großen Teilen abgeschafft und durch das Informationsfreiheitsgesetz ersetzt. „Die neue Rechtslage ist zwar eine massive Verbesserung gegenüber den Vorgängerregelungen, gleichzeitig aber in großen Teilbereichen – im Vergleich zu internationalen Vorbildern – unambitioniert“, so Markus Hametner, Vorstandsmitglied des Forums Informationsfreiheit. Die Forderung des Forums, sich am Hamburger Transparenzgesetz zu orientieren, wurde in wesentlichen Punkten nicht gehört.

Polarisierung durch Empathie überwinden

Studien zeigen, dass auf persönlicher Ebene nicht-konfrontative Gespräche auf Augenhöhe Vorurteile reduzieren können. Abschottung und moralische Überlegenheit verhärten hingegen die Fronten. Die Herausforderung besteht darin, Empathie auch jenen entgegenzubringen, die selbst ausgrenzen. „Überlassen wir das Feld nicht den Demagogen und den Verschwörungstheoretikern. Tun wir ihnen diesen Gefallen nicht. Jeder kann Polarisierung, zumindest im persönlichen Umfeld, aktiv angehen und versuchen, sie zu überwinden. Dadurch verrät man seine Prinzipien nicht, sondern bestätigt und lebt sie“, appelliert Judith Kohlenberger, Leiterin des Forschungsinstituts für Migrations- und Fluchtforschung und -management (FORM) an der WU Wien.

Soziale Ungerechtigkeit: Ein Recht auf leistbares Leben 

Während in Österreich die Preise für das Lebensnotwendige – Strom, Brot, Miete – schneller steigen als im Rest Europas, sind es die Schwächsten, die die Rechnung zahlen. Diese Teuerung wäre teilweise vermeidbar gewesen, sie ist hausgemacht durch politisches Unterlassen, so der Befund. Und sie trifft nicht alle gleich. Einkommensärmere Haushalte geben den Großteil ihres Einkommens für Überlebenswichtiges aus – Sparen bei Wohnen, Essen und Energie bedeutet direkten Verzicht im Alltag. Barbara Schuster, stellvertretende Chefökonomin des Momentum Instituts fordert daher „Starke Lohnabschlüsse, Preiseingriffe wie eine Mietpreisbremse, armutsfeste Sozialleistungen und eine gerechtere Besteuerung von Vermögen.“

30 Jahre Kopenhagener Kriterien – und die EU-Demokratie bröckelt von innen

Von Schweden bis Italien, von Portugal bis Rumänien zeigen sich Muster, die demokratische Grundwerte untergraben. Populistische Kräfte schaffen Verwirrung über die Bedeutung von Demokratie, unabhängigen Gerichten und Minderheitenschutz. „Die EU steht vor großen Herausforderungen. Wenn Staats- und Regierungschefs EU-Gesetze bedenkenlos übertreten, darf die Europäische Union nicht untätig zusehen. Für Demokratie muss man weiterhin umso intensiver kämpfen.“, so Nicole Vidan, Vertreterin der Jungen Liga bei der Konferenz „Standing up for Democracy & Rights“ in Kopenhagen 2025.

Menschenrechte im Strafvollzug gefährdet

Österreichs Gefängnisse stehen am Rande ihrer Belastbarkeit: Statt der vorgesehenen 8.250 Personen sind derzeit über 9.100 Insassen inhaftiert, insgesamt müssen die Justizanstalten sogar mehr als 10.000 Menschen verwalten. Besonders dramatisch ist die Lage in der Justizanstalt Wien-Josefstadt, die während umfangreicher Sanierungen bis zu 130 Prozent ausgelastet ist – eine Situation, die sowohl Häftlinge als auch Justizwachepersonen massiv belastet. Klar ist jedoch: Nur mit zusätzlichen personellen, räumlichen und finanziellen Ressourcen lässt sich ein menschenrechtskonformer Vollzug gewährleisten. Ein „verstärkter Einsatz der Strafjustiz“ hingegen, so Friedrich Forsthuber, Obmann der Fachgruppe Strafrecht in der Österreichischen Richtervereinigung, „führt in eine gefährliche Sackgasse und löst keine gesellschaftlichen Probleme.“

Die vollständigen Beiträge können im Menschenrechtsbefund 2025 unter http://www.liga.or.at/projekte/menschenrechtsbefund nachgelesen werden.

Österreichische Liga für Menschenrechte

Die Österreichische Liga für Menschenrechte setzt sich seit 1926 für die Umsetzung und Einhaltung der Menschenrechte ein. Sie greift aktuelle Themen auf und arbeitet in Veranstaltungen, Projekten und durch Öffentlichkeitsarbeit mit den unterschiedlichsten Zielgruppen zu menschenrechtlich relevanten Themen. Die Liga ist das österreichische Mitglied der FIDH und international sowie national mit anderen NGOs sehr gut vernetzt.

www.liga.or.at

Kontakt:

Vera Krischke, Österreichische Liga für Menschenrechte
Tel.: 0676 360 94 63
E-Mail: admin@liga.or.at 




PA: Menschenrechte: NGO-Bericht offenbart fehlende Systematik österreichischer Politik

NGOs zu UN-Prüftermin: Österreichs widersprüchliche politische Interessen untergraben weltweit Recht auf Nahrung, Rechte von Kindern und Menschen mit Behinderungen u. a.

„Österreich betont in internationalen Partnerschaften regelmäßig die Bedeutung der Menschenrechte. Gleichzeitig verfolgt die Bundesregierung aber ressourcen-, agrar-, steuer-, handels- und klimapolitische Interessen, die eine nachhaltige, menschenrechtsbasierte Entwicklung in Ländern des Globalen Südens erschweren oder gar verhindern“, erläutert Lukas Wank, Geschäftsführer des entwicklungspolitischen und humanitären Dachverbands AG Globale Verantwortung, am internationalen Tag der Menschenrechte und warnt: „Doppelstandards untergraben Österreichs Glaubwürdigkeit.“

Mit sechs Jahren Verspätung überreichte die vorherige Bundesregierung im Mai 2024 dem UN-Ausschuss über die Wirtschaftlichen, Sozialen und Kulturellen Rechte (WSK-Rechte) erstmals einen Staatenbericht über die Gewährleistung der WSK-Rechte im In- und Ausland. Der Ausschuss wird Österreich im Februar 2026 erneut prüfen. Für diesen Termin haben die AG Globale Verantwortung und ihre Mitglieder Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar, FIAN Österreich und Licht für die Welt den Vereinten Nationen heute einen zivilgesellschaftlichen Bericht vorgelegt.

Österreichischer Politik fehlt Entschlossenheit und Systematik, etwa bei Kinderrechten
Veronika Schippani-Stockinger, Bundesvorsitzende der Katholischen Jungschar Österreichs, vermisst in der österreichischen Politik die gebotene Entschlossenheit und Systematik. „Zwar bekennt sich die Regierung in internationalen Strategien wie dem Dreijahresprogramm der österreichischen Entwicklungspolitik 2025 bis 2027 zu den Menschenrechten. Jedoch fehlen klare Finanzierungsziele, Indikatoren und Prüfmechanismen, um ihre Einhaltung zu gewährleisten. „Wir fordern daher, dass Kinderrechte konsequent und systematisch in allen Politikfeldern und Rechtssetzungen berücksichtigt werden. Österreich trägt eine globale Verantwortung, gerade wenn staatliche Akteur*innen oder Unternehmen im Ausland die Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen beeinflussen.“

Landwirtschaft und Ernährung: Importe verschärfen globale Ungleichheiten
Tragische Folgen habe eine inkohärente Politik auch für die weltweite Ernährung, verweist Lukas Schmidt, Geschäftsleiter von FIAN Österreich. „Das Recht auf Nahrung wird weltweit am häufigsten verletzt. Bis zu 720 Million Menschen hungern – auch weil Kleinbäuer*innen von Großkonzernen vertrieben werden und keine fairen Preise mehr erzielen. Dabei könnten sie rund 80% aller Nahrungsmittel nachhaltig produzieren. Im Sinne der UN-Erklärung über Rechte von Kleinbäuer*innen ist die Regierung gefordert, sich auf EU- und UN-Ebene für ihre Rechte einzusetzen und auch im Inland umzudenken.“

Ein Beispiel sei die überproportionale Fleischproduktion in Österreich, für die jährlich hunderttausende Tonnen Soja importiert würden: „Futtersoja aus vorwiegend lateinamerikanischen, oftmals illegal errichteten Plantagen zerstört Ökosysteme und verschärft Landkonflikte sowie Ungleichheiten. Zugleich ist Österreich von Gemüseimporten abhängig. Diese Politik ist weder nachhaltig noch menschenrechtskonform.“

Widersprüchliche Politik folgenschwer für vulnerable Gruppen im Globalen Süden
„Eine kurzsichtige und widersprüchliche Politik heizt die weltweiten Krisen also weiter an“, hält Alex Buchinger, Geschäftsführer von Licht für die Welt Österreich, fest. „Sie erhöht zudem die Notwendigkeit, weltweit mittels Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe gegenzusteuern. Diese erprobten wie wirksamen Instrumente verhelfen benachteiligten Gruppen direkt zu ihren Rechten. Zum Beispiel Menschen mit Behinderungen, die 16% der Weltbevölkerung ausmachen und von denen 80% im Globalen Süden leben. Ihre Rechte – etwa auf Bildung, Gesundheitsversorgung oder Teilhabe – werden besonders häufig verletzt.“

Die massiven Kürzungen für bilaterales Engagement der aktuellen Regierung stünden daher im klaren Widerspruch zu Österreichs menschenrechtlichen Verpflichtungen, betont Buchinger. Im Vergleich zu 2024 sollen diese Gelder laut aktuellem Doppelbudget bis Ende 2026 um ein Drittel gekürzt werden.

Appell zum UN-Prüftermin: Regierung soll Menschen über widersprüchliche Interessen stellen
Mit Blick auf den UN-Prüftermin fordert Lukas Wank abschließend: „Eine Regierung, die ihre internationalen Zusagen zur Entwicklungsfinanzierung ernst nimmt und widersprüchliche Politiken zugunsten des Wohlergehens, der Würde und der Rechte aller Menschen aufgibt, leistet einen echten Beitrag zu einer friedlicheren, stabileren und gerechteren Welt.“

Link zum NGO-Bericht

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PA: Südwind und NeSoVe: EU-Lieferkettengesetz bis zur Unkenntlichkeit verwässert

Abschwächung folgt auf aggressives Lobbying von US-Ölkonzernen — Menschenrechtsorganisationen verurteilen Kniefall der EU-Institutionen und fordern Notbremse für Omnibus

Wien/Brüssel, 9. Dezember 2025. Das EU-Lieferkettengesetz wird abgeschwächt und wird künftig nur noch für Unternehmen ab 5.000 Mitarbeiter:innen und einem Jahresumsatz ab 1,5 Milliarden Euro gelten. Damit gilt das Gesetz nur noch für rund 1.340 Unternehmensgruppen. Auch darüber hinaus wurden zahlreiche Elemente des EU-Lieferkettengesetzes unkenntlich gemacht. So wurden Klimapläne zur Gänze gestrichen, die Maximalstrafen herabgesetzt und auch die zivilrechtliche Haftung wurde gestrichen. Südwind und das Netzwerk Soziale Verantwortung (NeSoVe) kritisieren die Abschwächung scharf und verurteilen das Einknicken der EU-Gesetzgebung vor Konzerninteressen.

“Genau am Vortag des Tags der Menschenrechte ist das ein herber Rückschlag für soziale Gerechtigkeit, Menschenrechte und Klimaschutz. Dem EU-Lieferkettengesetz wurden die Zähne gezogen und die Augen geschlossen, noch bevor es angewendet werden konnte”, sagt Stefan Grasgruber-Kerl, Südwind-Experte für faire Lieferketten. ”Die vorbeugende Wirkung gegenüber Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen wurde massiv geschwächt. Gleichzeitig wurde Betroffenen der Zugang zu ihrem Recht und damit die Möglichkeit auf Wiedergutmachung extrem erschwert.”

„Die Abschwächung des Lieferkettengesetzes bringt statt einer harmonisierten Haftungsregelung für den gesamten EU-Raum nun 27 unterschiedliche Regelwerke. Das ist das Gegenteil der vermeintlichen Vereinfachung“, erklärt Bettina Rosenberger, Koordinatorin der zivilgesellschaftlichen Kampagne „Menschenrechte brauchen Gesetze!“

Recherche zeigt massives Lobbying von US-Ölkonzernen

Besonders besorgniserregend sehen Südwind und das Netzwerk Soziale Verantwortung die Ergebnisse des niederländischen Recherchezentrums SOMO. Dieses deckte vor wenigen Tagen auf, dass große US-Ölkonzerne, wie ExxonMobil und Chevron, seit Monaten über eine koordinierte Kampagne aggressives Lobbying auf allen Ebenen der EU-Gesetzgebung betreiben, um ihre Interessen zu sichern. Auch vonseiten der US-Regierung selbst wurde wiederholt und äußerst aggressiv die Verwässerung des EU-Lieferkettengesetzes eingefordert.

“Es ist ein perfides Spiel: Konservative und rechte EU-Politiker:innen nehmen den Schutz von europäischen KMUs, von denen viele schon nachhaltig produzieren, als Vorwand, während sie in Wahrheit den Wunschzettel von US-Konzernen erfüllen“, so Bettina Rosenberger. ”Dass sich EU-Institutionen ihre Politik von der US-Konzernlobby vorschreiben lassen und Gesetze kippen, die über Jahre hinweg verhandelt wurden, ist ein demokratiepolitischer Skandal und sollte alle Alarmglocken schrillen lassen.“

Angesichts der jüngsten Erkenntnisse über das fragwürdige Zustandekommen des Deregulierungs-Pakets fordern Südwind und NeSoVe eine Notbremse: “Justizministerin Anna Sporrer und Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer müssen das Omnibus-Paket ablehnen. Die Deregulierungsinitiative trägt die Handschrift von verantwortungslosen Konzernen, die sich Menschenrechten und Umweltstandards verweigern wollen. Im Gegensatz dazu produzieren viele österreichische KMUs schon nachhaltig. Genau diese Unternehmen erhalten nun einen Wettbewerbsnachteil. Österreichs Bundesregierung trägt ihnen gegenüber genauso Verantwortung wie gegenüber dem Schutz von Menschen- und Arbeitsrechten”, so Stefan Grasgruber-Kerl und Bettina Rosenberger abschließend.

Weiterführende Quellen:

SOMO-Bericht zu US-Lobbying: https://www.somo.nl/the-secretive-cabal-of-us-polluters-that-is-rewriting-the-eus-human-rights-and-climate-law/

Rückfragen & Kontakt 
Netzwerk Soziale Verantwortung
Bettina Rosenberger
Telefon: +43 (0) 660 8835409
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Vincent Sufiyan
Kommunikationsleitung Südwind
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Südwind: Österreich spielt eine schändliche Rolle bei der Schwächung des globalen Waldschutzes

Menschenrechtsorganisation kritisiert die Abschwächung der EU-Entwaldungsverordnung scharf: „Umweltminister Totschnig wälzt Verantwortung für Klimaschutz ab“

Wien, am 5. Dezember 2025. Die gestrige Einigung zwischen Europäischem Rat und Parlament bestätigt die schlimmsten Befürchtungen von Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen: Die EU-Entwaldungsverordnung wird abgeschwächt und ihre Umsetzung weiter verzögert. Südwind hatte im Vorfeld mehrfach vor weitreichenden Konsequenzen gewarnt. Die nun beschlossenen Änderungen, auf starkes Betreiben von Bundesminister Norbert Totschnig, bedeuten eine erhebliche Schwächung des globalen Waldschutzes.

„Es ist ein erneutes Versagen der EU und Österreichs beim Klima- und Menschenrechtsschutz. Es ist schlichtweg absurd, dass Bundesminister Norbert Totschnig als Klimaschutz- und Umweltminister auf Zuruf von Wirtschafts- und Landwirtschaftskammer das wichtigste europäische Gesetz für globalen Waldschutz aushöhlt“, sagt Maria Hammer, Südwind-Sprecherin für Waldschutz und fordert: „Das ständige Abwälzen der Verantwortung muss ein Ende haben!“

Eine fristgerechte Umsetzung der Entwaldungsverordnung hätte Entwaldung und Waldschädigung für den EU-Konsum spürbar eingedämmt. Laut einer Wirkungsstudie würde das Gesetz pro Minute 100 Bäume vor der Abholzung schützen. Zusätzlich geht Entwaldung oft einher mit Gewalt, Enteignung und Vertreibung.

Rückfragehinweis: 
Vincent Sufiyan
Kommunikationsleiter Südwind
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PA: Neue Initiative fordert Einhaltung von Menschenrechten bei der FIFA Fußball WM 2026 in Nordamerika

Bündnis aus 15 österreichischen Organisationen tritt für demokratischen Sport ein

Am 05. Dezember findet die Gruppenauslosung zur FIFA Fußball-WM 2026 in Washington DC statt. Was auf den ersten Blick nach einem Turnier in demokratischen Staaten aussieht, offenbart bei genauerer Betrachtung eine Reihe menschenrechtlicher Missstände. Am Tag vor der Auslosung wurde in Wien die neue österreichische Initiative „GAME ON! Sport für Menschenrechte“ vorgestellt, einem Bündnis aus 15 Organisationen aus den Bereichen Zivilgesellschaft, Medien und Sport. GAME ON! will klare Verantwortungen aufzeigen und fordert die Umsetzung einer Menschenrechtskultur im Sport. Expert*innen berichten über die Situation in den drei Austragungsländern und die Verantwortung rund um Sportgroßereignisse.

Von 11. Juni bis 19. Juli 2026 findet die Fußball-Weltmeisterschaft der Männer in Kanada, Mexiko und den USA statt. Nach der Kritik an Menschenrechtsverletzungen bei der WM 2018 in Russland sowie der WM 2022 in Katar versprach die FIFA mehr Verantwortung. Die Weltmeisterschaft 2026 ist die erste Männer-Weltmeisterschaft mit einer veröffentlichten Menschenrechtsstrategie, die als neue Messlatte für Sportveranstaltungen weltweit angepriesen wird.

Hanna Stepanik, Projektleiterin und Initiatorin des Projekts „GAME ON!“ bei der fairplay Initiative am Vienna Institute for International Dialogue and Cooperation (VIDC), weist bei der Pressekonferenz im Presseclub Concordia daraufhin, dass die über die letzten Jahre entstandene positive Entwicklung, über Sportgroßereignisse wie die FIFA WM 2022 vermehrt aus der Menschenrechtsperspektive zu berichten, aufrechterhalten erhalten werden müsse, egal in welchem Land ein Megaevent stattfinde: „Alles andere wäre heuchlerisch! Denn auch in Ländern wie Kanada, Mexiko oder den USA gibt es aus menschenrechtlicher Perspektive viele Themen. In den USA spitzt sich die Situation rund um die Einwanderungspolitik sowie Presse- und Meinungsfreiheit zu, Mexiko verzeichnet rekordhohe Femizidraten, und in Kanada beobachten wir drastische Rückschritte beim Schutz indigener Rechte“.

Jennifer Li ist Koordinatorin von Dignity 2026, eine in den USA ansässige Koalition von 16 lokalen, nationalen und internationalen zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich für die Förderung der Menschenrechte und Arbeitsrechte bei der FIFA WM 2026 einsetzt und sich mit einer Vielzahl von Risikobereichen befasst, darunter Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer*innen, Diskriminierung, Wohnungswesen und Vertreibung, sowie Einwanderung. „Die Tatsache, dass die größte Weltmeisterschaft aller Zeiten nächstes Jahr in Nordamerika stattfinden wird – inmitten einer turbulenten politischen Lage in den USA – ist ein Aufruf zum Handeln für die FIFA, die Austragungsorte sowie die Organisationskomitees, alle möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass sie sowohl ihre internationalen als auch ihre innerstaatlichen Menschenrechtspflichten erfüllen. Arbeiter*innen, Obdachlose, Einwander*innen, Kinder und andere Personen, die von den negativen Auswirkungen des Turniers betroffen sein könnten, sollten nicht die höchsten Kosten für die Ausrichtung der Weltmeisterschaft tragen, bei der die FIFA voraussichtlich weit über 11 Milliarden Dollar an Einnahmen erzielen wird“.

Aurelia Velasco spielt als Verteidigerin beim FC Los Andes in Wien. Als Angehörige der Mixtecos aus Tlaxiaco (Bundesstaat Oaxaca) liegen ihr die Themen Frauenrechte sowie Indigenenrechte besonders am Herzen. Sie kritisiert insbesondere die Exotisierung und Kommerzialisierung indigener Gruppen, die häufig mit Großereignissen wie der FIFA WM einhergehen: „Der kulturelle Reichtum indigener Völker kommt immer den Wohlhabenden zugute und die betroffene Bevölkerung bleibt in der Armut stecken“. 

Auch Philipp Budka, Kultur- und Sozialanthropologe an der Universität Wien, der seit fast 20 Jahren in und über Kanada forscht, sieht die vermeintliche Inklusion indigener Gemeinschaften bei der FIFA WM kritisch. „Indigene Gemeinschaften in Kanada sind kulturell äußerst vielfältig, leben aber bis heute mit den Folgen kolonialer Politik – darunter niedrigere Lebenserwartung, hohe Suizidraten und ungelöste Probleme bei Wasser-, Energie- und Transportinfrastrukturen. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass symbolische Anerkennung im Rahmen der Fußballweltmeisterschaft nicht ausreicht: Indigene Gemeinschaften fordern echte Mitsprache und Entscheidungen, die langfristig ihren Bedürfnissen und Lebensrealitäten gerecht werden. Die zentrale Frage lautet daher, ob ein solches Großereignis zu mehr Gerechtigkeit beitragen kann oder bestehende Ungleichheiten eher verstärkt“.

Christos Papadimitriou, früherer Fußballprofi und Head of Marketing der österreichischen Spielergewerkschaft Vereinigung der Fußballer (VdF), anerkennt abschließend die wichtige Rolle von Menschenrechten im Sport: „Als Vertretung der Spieler*innen ist es unsere Aufgabe, ihre Rechte zu schützen. Dazu gehören faire Arbeitsbedingungen, Mitbestimmung und die Freiheit, Haltung zu zeigen, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen. Menschenrechte sind im Fußball kein Randthema, sondern die Grundlage eines sicheren und respektvollen Arbeitsumfelds. Deshalb erwarten wir auch von internationalen Verbänden, dass sie unabhängige Spielergewerkschaften einbinden und Entscheidungen transparent und im Sinne der Aktiven treffen“.

Österreichweite Kampagne 
Unter dem Motto „GAME ON! Sport für Menschenrechte“ treten Akteur*innen aus Zivilgesellschaft, Sport und Medien für einen demokratischen Sport für alle ein. Die Initiative wird im Vorfeld der WM in Kanada, Mexiko und den USA genau auf die menschenrechtliche Situation in den drei Austragungsländern blicken, regelmäßig Hintergrundinformationen liefern und eine breite Aufmerksamkeit für eine Kultur der Menschenrechte im Sport schaffen. Dabei werden Fußballvereine, Sportverbände und Fans genauso eingebunden, wie Jugendliche und migrantische Communities. Zu den vielfältigen Maßnahmen gehören unter anderem Aktionstage mit Sportvereinen, Filmscreenings, Schulungen von Sportjournalist*innen, eine Club 2×11 Podiumsdiskussion, ein Kunstevent im WUK, die Südwind Speaker‘s Tour durch Österreich und einem Workshopprogramm für Jugendliche.

Die Initiative wird zudem internationale Synergien nutzen, um gemeinsam für einen Sport einzutreten, der die Menschenrechte fördert und nicht verletzt.

„GAME ON! Sport für Menschenrechte“ wird von der fairplay Initiative am VIDC geleitet und mit den Partner*innen Südwind, Oscar Sánchez, Frauen*solidarität, Vereinigung der Fußballer, FC Los Andes, Österreichische Liga für Menschenrechte, Protect Our Winters Austria, solidar, ballesterer, LEFÖ, Zentrum für Kanada-Studien, Reporter ohne Grenzen Österreich und Africa Global Radio umgesetzt. 

Die Initiative wird maßgeblich von der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (Austrian Development Agency) gefördert. 

Rückfragen & Kontakt:
Hanna Stepanik, Projektleiterin
fairplay Initiative
VIDC – Vienna Institute for International Dialogue and Cooperation
+43 1 713 35 94-66
stepanik@vidc.org




Aviso: Pressekonferenz GAME ON! Sport für Menschenrechte

Eine Initiative zur FIFA Fußball WM 2026

Von 11. Juni bis 19. Juli 2026 findet die Fußball-Weltmeisterschaft der Männer in Kanada, Mexiko und den USA statt. Was auf den ersten Blick nach einem Turnier in demokratischen Staaten aussieht, wird bei näherem Hinsehen zum Brennglas für menschenrechtliche Missstände.
Die Pressekonferenz am 04. Dezember – einen Tag vor Auslosung der FIFA WM-Gruppen in Washington DC – bildet den Startschuss für die neue zivilgesellschaftliche Initiative GAME ON! Sport für Menschenrechte. Es werden Expert*innen zu Wort kommen, die zur menschenrechtlichen Situation in den drei Austragungsländern und zur Verantwortung rund um Sportgroßereignisse informieren:

Am Podium:

  • Andrea Florence (Sport and Rights Alliance, angefragt)
  • Jennifer Li (Direktorin des Centre for Community Health Innovation am Georgetown University Law Center in Washington DC & Co-Direktorin der Dignity 2026 Koalition, online zugeschaltet)
  • Hanna Stepanik (Initiatorin des Projekts und Projektleiterin, fairplay-VIDC)
  • Aurelia Velasco (mexikanische Spielerin bei FC Las Andinas, spricht über die Rechte von Indigenen und Frauen)
  • N.N. (Ex-Spieler, ÖFB Nationalteam & Major League Soccer)
    Moderation: Viktoria Mall (angefragt)

Wann: Donnerstag, 04. Dezember 2025, 11:00 Uhr
Wo: Presseclub Concordia (Festsaal), Bankgasse 8, A-1010 Wien

Im Zuge von „GAME ON!“ werden im Jahr der FIFA WM breitenwirksame Aktionen auf Österreich Sportplätzen durchgeführt. Im Rahmen einer Vielzahl an Aktivitäten werden wir mit Jugendlichen, Vereinen, Verbänden, Fans und Entscheidungsträgerinnen öffentlich für eine Kultur der Menschenrechte und globalen Gerechtigkeit eintreten. Das Projekt wird von der fairplay Initiative am VIDC geleitet und mit Partnerinnen wie Südwind, Oscar Sánchez, Frauen*solidarität, Vereinigung der Fußballer, Österreichische Liga für Menschenrechte, POW Austria, solidar, ballesterer, LEFÖ, ZKS und Africa Global Radio umgesetzt. Die Initiative wird maßgeblich von der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (Austrian Development Agency) gefördert.

Rückfragehinweise
Hanna Stepanik, Projektleiterin
fairplay Initiative – Vienna Institute for International Dialogue and Cooperation (VIDC)
+43 1 713 35 94 – 66
stepanik@vidc.org




PA: Fair Friday statt Black Friday

Ein Zeichen für Verantwortung setzen: Während der Handel am Black Friday mit vermeintlichen Schnäppchen lockt, erinnert FAIRTRADE Österreich daran, dass Einkaufen auch anders geht: bewusst, fair und mit Blick auf die Menschen hinter den Produkten.

„Black Friday-Aktionen kommen oft teuer zu stehen – nur zahlen den Preis andere“, sagt Hartwig Kirner, Geschäftsführer von FAIRTRADE Österreich. Denn hinter jedem Billigprodukt steckt auch eine Geschichte. Niedrigste Preise in Österreich können mit Ausbeutung, ökologischen Problemen und menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen entlang der Lieferkette einhergehen.“ 

FAIRTRADE Österreich plädiert dafür, den Black Friday nicht einfach mitzumachen, sondern ihn umzudenken: weg von kurzfristiger Schnäppchenjagd, hin zu langfristiger Verantwortung und einem guten Miteinander. „Hinter jedem Produkt stehen Menschen, deren Arbeit Wertschätzung verdient“, so Kirner weiter. Faire Handelsbedingungen schaffen Chancen, wo sonst oft Ausbeutung herrscht – und machen Konsum zu etwas Nachhaltigem. „Wer zu FAIRTRADE greift, zeigt, dass Einkaufen auch gerecht sein kann. Jede faire Entscheidung zählt“, so Kirner abschließend. FAIRTRADE Österreich ruft daher dazu auf: Mach den Black Friday zu einem Fair Friday – und setze mit jedem Einkauf ein Zeichen für eine gerechtere Welt.

Seit mehr als 30 Jahren steht FAIRTRADE in Österreich für stabile Mindestpreise, zusätzliche Prämien und eine Vielzahl weiterer Standards, die den Wandel im Handel antreiben. Eine Übersicht der mittlerweile rund 2.600 verfügbaren FAIRTRADE-Produkte gibt es auch online.

Rückfragehinweis: presse@fairtrade.at

Hintergrund:

FAIRTRADE ist weltweit das führende Zertifizierungssystem, bei dem die Produzentinnen und Produzenten von einem Mindestpreis und einer Prämie, deren Höhe genau festgelegt ist, profitieren.

Der FAIRTRADE-Mindestpreis ist als Sicherheitsnetz zu verstehen und soll die durchschnittlichen Produktionskosten für eine nachhaltige Produktion decken. Liegt der jeweilige (Welt)Marktpreis darüber, muss der höhere Marktpreis bezahlt werden. Die Produzentenorganisationen vereinbaren auch jederzeit einen höheren Preis mit den Abnehmern.

Zusätzlich zum Verkaufspreis erhalten Produzentenorganisationen die FAIRTRADE-Prämie. Die Bauernfamilien bzw. Beschäftigten auf Plantagen entscheiden in einem demokratischen Prozess, in welche sozialen, ökologischen oder ökonomischen Projekte investiert wird.




Südwind zu COP30: Erfolg für Hauptbetroffene der Klimakrise trotz schwachem Abschlusstext

Erster Schritt für einen gerechten Übergang beschlossen, aber keine konkreten Maßnahmen zum Aus von fossilen Energien oder Waldschutz

Die 30. Weltklimakonferenz (COP30) endete ohne konkrete Maßnahmen für ein Aus von fossilen Brennstoffen und mit einer in vielen Bereichen ambitionslosen Abschlusserklärung. Die Menschenrechtsorganisation Südwind kritisiert, dass es nicht gelungen ist, zusätzliche Mittel für eine gerechte Klimafinanzierung aufzustellen, um die Versäumnisse der COP29 in Baku auszugleichen und dass keine klaren Maßnahmen für einen Stopp der Entwaldung gesetzt wurden. Ein wichtiger Erfolg ist die Einigung auf einen sogenannten Just Transition Mechanismus: Dieser soll den Weg für Klimaschutz ebnen, der soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunkt stellt. 

“Dass ein globaler Mechanismus für Just Transition beschlossen wurde, ist ein Lichtblick, inmitten der düsteren Ergebnissen der restlichen Verhandlungen”, so Angelika Derfler, Südwind-Sprecherin für Klimagerechtigkeit, die die Verhandlungen vor Ort beobachtet hat. “Damit findet eine konkrete Forderung der Länder des Globalen Südens und der Zivilgesellschaft Eingang in den Text und stellt somit Menschen und ihre Lebensrealitäten in den Mittelpunkt von Klimaschutzmaßnahmen. Für einen umfassenden gerechten Wandel braucht es allerdings mehr. Weitere Maßnahmen müssen folgen“

Ein globaler Mechanismus für Just Transition hat das Potenzial, globale Anstrengungen für einen gerechten Übergang weg von fossilen Brennstoffen zu bündeln und diejenigen in Entscheidungsprozesse einzubinden, die am stärksten von der Klimakrise und einem Aus von fossilen Brennstoffen betroffen sind. Dass dieser trotz Versuchen der Abschwächung Arbeitsrechte, Menschenrechte und Rechte indigener und lokaler Gemeinschaften betont, ist ein starkes Zeichen, das soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz verbindet und fand in diesem Ausmaß noch nie Eingang in einen Verhandlungstext. 

Völlig planlos bei Ausstieg aus Fossilen Energien

Die Industriestaaten haben bei dieser COP keinen Willen gezeigt, verbindliche Maßnahmen zu setzen, um das ohnehin zu schwache Klimafinanzierungsziel zu erreichen, das bei der COP28 in Baku beschlossen wurde. „Die fehlende Ambition bei der Klimafinanzierung  ist ein verantwortungsloses Versäumnis, das so nicht hingenommen werden kann“, so Derfler.  Auch der Entwurf eines vom brasilianischen Präsidenten Lula da Silva vorgeschlagenen Fahrplans für ein Aus von fossilen Energien (TAFF) ist im Abschlusstext nicht mehr vorhanden. “Das Aus für fossile Energien ist bereits bei der COP28 in Dubai beschlossen worden, heuer hätte es umfassende und konkrete Maßnahmen für die Umsetzung gehen müssen. Dass dies über den Just Transition Mechanismus hinaus nicht gelungen ist, verurteilen wir scharf”, so Angelika Derfler von Südwind.

Keine Ergebnisse für Waldschutz

Enorm enttäuschend: Rund um die “Amazonas-COP” wurde viel von Wäldern und den Rechten indigener Gemeinschaften gesprochen. Doch klare Maßnahmen für den bitter nötigen und bereits vor mehreren Jahren beschlossenen Entwaldungsstopp bis 2030 gibt es nicht. 

Das einzige, das zum Thema Entwaldung bleibt, ist die brasilianische Initiative eines Investmentfonds (Tropical Forest Forever Facility), der Staaten bezahlen soll, damit ihre bestehenden Wälder nicht abgeholzt werden. Das Instrument geht aber mit vielen Unklarheiten einher: es ist stark von schwankenden Finanzmärkten abhängig und nicht an ökologischen und menschenrechtlichen Standards ausgerichtet. Angelika Derfer: „Damit der TFFF funktioniert, müssten klare Kriterien enthalten sein, etwa, dass ein großer Teil der Zahlungen direkt und zugänglich bei indigenen und lokalen Gemeinschaften landet, die bereits 54% der verbleibenden intakten Wälder schützen.“

Rückfragehinweis vor Ort in Belém:
Stefanie Marek Pressesprecherin Südwind 
+43 (0) 680 1583016 
stefanie.marek@suedwind.at




PA: Südwind und Greenpeace: Umweltminister Totschnig torpediert EU-Gesetz für globalen Waldschutz

Zeitgleich mit der COP30 arbeitet Norbert Totschnig aktiv gegen das wichtigste EU-Gesetz für globalen Waldschutz – Südwind und Greenpeace sehen massives Glaubwürdigkeitsproblem

Während die Staaten der Welt bei der Klimakonferenz in Belém (COP30) um gemeinsame Fortschritte im Klimaschutz ringen, will Österreichs Umweltminister Norbert Totschnig das wichtigste Instrument für globalen Waldschutz, die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) weiter aushöhlen. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace und die Menschenrechtsorganisation Südwind sehen darin unzulässige Zugeständnisse an die Forstlobby und ein massives Glaubwürdigkeitsproblem für die EU-Verhandler:innen bei der COP30.

„Wer soll die EU bei Klimaverhandlungen ernst nehmen, wenn sie ihren eigenen Green Deal Schritt für Schritt zurückbaut und ihre eigenen Unternehmen von Umweltauflagen ausnehmen möchte. Es ist eine Schande, dass Österreich mit Minister Totschnig bei diesem klimapolitischen Kahlschlag an vorderster Front steht“, erklären Maria Hammer von Südwind und Ursula Bittner von Greenpeace. Sie fordern von der Bundesregierung klare Kante für den Schutz der globalen Wälder.

Die Europäische Kommission hat bereits Aufweichungen vorgeschlagen, die europäische Waldbesitzer:innen und Landwirt:innen weitgehend aus der Verpflichtung nehmen würden. Norbert Totschnig geht das nicht weit genug. Trotz der massiven Zugeständnisse setzt sich Österreichs Umweltminister dafür ein, die Verordnung auf Eis zu legen und sogar noch weiter abzuschwächen.

„Die EU-Entwaldungsverordnung ist zentral, um Waldzerstörung entlang globaler Lieferketten zu stoppen, Transparenz zu schaffen und gegen Menschenrechtsverletzungen vorzugehen“, sagt Maria Hammer, Südwind-Sprecherin für Waldschutz. „Anstatt sich kurzfristigen Wirtschaftsinteressen zu beugen, muss Bundesminister Totschnig seiner Verantwortung für Klimaschutz endlich nachkommen.“

„Ohne intakte Wälder werden die Klimaziele unerreichbar bleiben. Jede weitere Verzögerung bedeutet mehr Abholzung, mehr CO₂ und eine größere Wahrscheinlichkeit, dass wir gefährliche Klimakipppunkte überschreiten. Der weltweite Verlust von Wäldern erlaubt keinen weiteren Aufschub – denn ohne stabile Wälder geraten unsere Lebensgrundlagen und die Bewohnbarkeit unseres Planeten in Gefahr“, warnt Greenpeace-Sprecherin Ursula Bittner.

Umwelt-Meilenstein wird bis zur Unkenntlichkeit verwässert

Als die Verordnung im Juni 2023 in Kraft trat, galt sie als umweltpolitischer Meilenstein. Demzufolge müssen Unternehmen belegen, dass bestimmte Risikoprodukte, die in der EU verkauft werden, nicht auf Entwaldung und Waldschädigung zurückgehen. Auf Druck von Forstverbänden wurde das Gesetz infolge immer weiter aufgeweicht: Die Anwendungsfrist wurde verschoben. Aktuelle Vorschläge ermöglichen Schlupflöcher für den Import von Produkten aus Waldzerstörung.

„Ein komplett verwässertes Gesetz wird weder Entwaldung noch Waldzerstörung, Landraub oder illegale Abholzung bremsen. Ob die EU und Österreich ihre Glaubwürdigkeit im Klima- und Waldschutz verspielen, entscheidet sich in diesen Tagen – sowohl in Brüssel als auch in Belém”, so Maria Hammer und Ursula Bittner.

Rückfragehinweis:
Vincent Sufiyan
Kommunikationsleiter Südwind
Telefon: +43 650 96 77577
E-Mail: vincent.sufiyan@suedwind.at




PA: Südwind: EU-Parlament macht aus Lieferkettengesetz wirkungslosen Papiertiger

Scharfe Kritik an Aufweichung: “Konservativer Machtpoker bringt fatale Rückschritte und einen rücksichtslosen Abbau von Klima- und Menschenrechtsschutz.

Die österreichische Menschenrechtsorganisation Südwind zeigt sich tief besorgt über die heute vom Europäischen Parlament angenommene Position zum Omnibus-I-Paket. Der Beschluss höhlt zentrale Bestimmungen des EU-Lieferkettengesetzes (CSDDD – Richtlinie über unternehmerische Sorgfaltspflicht) aus. Unter anderem wurden Klimasorgfaltspflichten für Unternehmen komplett gestrichen, der Anwendungsrahmen stark eingeengt und der Weg für Geschädigte zu ihrem Recht extrem erschwert. Wichtige Fortschritte beim globalen Schutz von Menschenrechten und Klima werden so zunichte gemacht.

Besonders kritisch sieht Südwind den Wortbruch der Europäischen Volkspartei. „Anstatt Haltung zu beweisen, stimmen Konservative gemeinsam mit rechtsextremen und EU-feindlichen Gruppen. Die vielzitierte Brandmauer gegen Rechts wird damit umgestoßen und die Glaubwürdigkeit des Parlaments untergraben“, sagt Lena Gruber, Südwind-Sprecherin für gerechte Lieferketten.

„Das Lieferkettengesetz war als Meilenstein gedacht, um Ausbeutung, Kinderarbeit und Umweltzerstörung zu verhindern. Durch die erneuten Abschwächungen wird es zum zahnlosen Papiertiger“, so Südwind-Sprecherin Gruber. Südwind appelliert nun an die Mitgliedsländer, Haltung zu beweisen: „Europa darf seine Verantwortung nicht aufgeben. Ein starkes Lieferkettengesetz ist entscheidend, um Menschenrechte und Umwelt in globalen Produktionsnetzwerken zu schützen.“

Überschneidungen mit Interessen der US-Öllobbyisten

Besonders brisant: Laut einer Untersuchung der Menschenrechtsorganisation SOMO (Oktober 2025) decken sich die von der Europäischen Volkspartei vorgebrachten Änderungen am EU-Lieferkettengesetz deutlich mit den Positionen des US-Ölkonzerns ExxonMobil, der in den vergangenen Monaten besonders intensiv bei EU-Abgeordneten zu diesem Thema lobbyiert hat und sogar damit drohte, Milliardeninvestitionen in der EU zurückzuhalten, falls das Lieferkettengesetz nicht zurückgezogen oder überarbeitet würde.

„Dass sich die neue Linie des Europäischen Parlaments so deutlich mit den Interessen von ExxonMobil überschneidet, kommt einer politischen Selbstaufgabe und einem Kniefall vor der US-Ölindustrie gleich“, so Lena Gruber.

Schwächungen mit weitreichenden Folgen

Die neue Parlamentsposition demontiert laut Südwind zentrale Schutzmechanismen der CSDDD:

  • Geltungsbereich nur mehr für die größten Großunternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von mindestens 1,5 Milliarden Euro.
  • Zivilrechtliche Haftung gestrichen: Betroffene haben im Lieferkettengesetz kaum mehr Möglichkeiten, Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen in ihren Lieferketten zu belangen. Das erschwert Opfern den Zugang zu Gerechtigkeit und schafft Rechtsunsicherheit.
  • Klimaschutz gestrichen: Die Verpflichtung zur Umsetzung von Klimatransitionsplänen wurde gestrichen – ein fataler Rückschritt in Zeiten wachsender Klimakrise.
  • Sorgfaltspflichten massiv eingeschränkt: Dadurch können gerade in Hochrisikosektoren zentrale Risiken übersehen werden.

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