Recherchematerial rund um das Thema Landwirtschaft

2026: Jahr der Bäuerinnen

Rund die Hälfte der weltweiten Nahrungsmittelproduktion geht auf Frauen zurück. Das Internationale Jahr der Bäuerinnen 2026 soll ihre zentrale Rolle in Agrar- und Ernährungssystemen sichtbar machen und auf strukturelle Benachteiligungen wie fehlenden Landbesitz oder finanzielle Hürden aufmerksam machen. Zugleich rücken die Vereinten Nationen eine weitere oft übersehene Berufsgruppe in den Fokus: Hirten. Die aktive Behirtung mit Schäfer:in und Hund zählt wohl zu den ältesten Formen der Landwirtschaft.  In Österreich sind Wanderherden bereits nahezu verschwunden. Dabei hat diese Kulturform Vorteile für die Artenvielfalt. Bei der Eröffnung des Internationalen Jahres der Weiden und Hirten (IYRP) 2026 am 2. Dezember 2025 in Rom betonte Uruguays Vizeminister für Viehzucht und Landwirtschaft, Matías Carámbula, dass das Hirtentum bis heute ein wichtiger Teil kollektiver Identität und ländlicher Entwicklung sei. Dabei stellen Frauen zwar rund ein Drittel der Arbeitskräfte in der Viehzucht Uruguays, aber sind oft wenig sichtbar.

Nach Angaben der der Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) stärkt die Förderung von Frauen nicht nur deren Lebensbedingungen, sondern verbessert auch Ernährungssicherheit, Produktion und die Ernährungsituation von Kindern. Mit den Themenjahren wollen die Vereinten Nationen die Bedeutung von Bäuerinnen und Hirten für Ernährungssicherheit, Klimaanpassung und nachhaltige ländliche Entwicklung hervorheben. Auch Österreichs Bäuerinnen begrüßen die Resolution der Vereinten Nationen. Mehr als jeder dritte landwirtschaftliche Betrieb wird hierzulande von einer Frau geführt, dennoch hält sich in vielen Köpfen das Bild des männlichen Bauern. In Salzburg und Oberösterreich stehen sogar rund 40 Prozent der Höfe in Frauenhand. Zusätzlich engagieren sich österreichweit 315 Seminarbäuerinnen, die ihr Fachwissen in Schulen und bei Veranstaltungen weitergeben.

SDG-Infos, Kontext und Kontakte  

Ernährungssicherheit und nachhaltige Ernährungssysteme sind Themen der Gegenwart und Zukunft. Lebensmittel sind Teil der Grundversorgung in Österreich und der Welt und betreffen direkt mehrere der UN-Nachhaltigkeitsziele:

SDG 1 – Keine Armut: Armut in allen ihren Formen und überall beenden

SDG 2 – Kein Hunger: Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern       

SDG 5 – Geschlechtergleichstellung: Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen

SDG 12 – Verantwortungs­volle Konsum- und Produktions­muster:
Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen

Good to know – Infografiken und Infos auf einen Blick

Wissenswertes zu Landwirtschaft und Ernährung:

  • 3 Unternehmen kontrollieren 60 % des weltweiten Pestizid- und Saatgutmarktes.
  • 33 % aller Lebensmittel weltweit landen in der Mülltonne.
  • 30.000 Pflanzenarten sind essbar, von nur 30 ernährt sich die Welt.

Infos stammen aus der Publikation Agrarökologie in der Praxis (2024) von INKOTA-netzwerk e. V.

Auf der Website Our World in Data sind Daten und Grafiken zum Anteil der männlichen vs. weiblichen Beschäftigung in der Landwirtschaft verfügbar. So waren 2023 in Österreich 2,6 % der weiblichen Bevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt und 3,6 % der männlichen Bevölkerung. Im Vergleich dazu waren es in Nepal 73,5 % der Frauen und 54,2 % der Männer. In Burundi betreiben 92 % der Frauen und 77,6 % der Männer Landwirtschaft, hauptsächlich für den Eigenbedarf.

Der Welthunger-Index (WHI) der Welthungerhilfe liefert eine umfassende Berechnung und Bewertung der globalen Hungersituation. Derzeit klassifizieren die nationalen WHI-Werte die Ernährungslage in 7 Ländern als „sehr ernst“. Unter diesen befindet sich auch Burundi, das Land gehört zu den Ländern mit dem niedrigsten Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf. In weiteren 35 Ländern ist das Hungerniveau als ernst eingestuft. Hier ein Factsheet zum Index.

Aspekte & Fragestellungen rund um Landwirtschaft, Bäuerinnen und Hirten

Während technologische Innovationen, Digitalisierung und „smarte“ Landwirtschaft häufig als Lösung für Hunger, Klimakrise und Effizienzprobleme präsentiert werden, stehen viele Bäuerinnen weltweit unter wachsendem Druck: steigende Produktionskosten, unsichere Landrechte, Klimarisiken und mangelnde politische Sichtbarkeit. Für Journalist:innen und Redaktionen ist es zentral, konkrete Fallbeispiele, Lebensrealitäten und Machtverhältnisse in Österreich und anderen Ländern sichtbar zu machen.

  • Wie lassen sich die Lebens- und Arbeitsrealitäten von Bäuerinnen und Hirten so erzählen, dass sie für Menschen in urbanen Räumen nachvollziehbar und relevant werden?
  • Welche Bilder und Stereotype prägen den Blick auf Landwirtschaft – und wie können sie aufgebrochen werden?
  • Wie kann die Bedeutung von Bäuerinnen für Ernährungssicherheit und Klimaanpassung vermittelt werden, ohne sie zu romantisieren?
  • Welche Rolle spielen Frauen in globalen Agrar- und Ernährungsketten – und wo bleiben sie unsichtbar?
  • Inwiefern tragen Konsum, Handelsabkommen und Preisdruck im Globalen Norden zu prekären Lebensbedingungen im Globalen Süden bei?
  • Welche Parallelen gibt es zu Themen wie Ausbeutung, unbezahlter Arbeit oder fehlender sozialer Absicherung?
  • Gibt es vorbildliche Unternehmen oder Genossenschaften, die fair mit Bäuer:innen und Hirt:innen zusammenarbeiten?
  • Wie transparent sind Lieferketten in der Agrar- und Ernährungswirtschaft tatsächlich?

Organisationen

  • Die Arbeitsgemeinschaft Österreichische Bäuerinnen wurde 1972 gegründet und vertritt die Interessen von rund 130.000 Bäuerinnen in allen neun Bundesländern. Die bundesweite Koordinierung erfolgt in der Landwirtschaftskammer Österreich.
  • Die Austrian Development Agency (ADA) setzt Projekte und Programme um, um die Lebensbedingungen in Ländern des Globalen Südens zu verbessern. So läuft etwa bis Mai 2026 ein Projekt zur Ernährungssicherheit und Geschlechtergleichstellung in Burkina Faso, Mali und Senegal in Zusammenarbeit mit Caritas Österreich. Ziel ist es, Frauen einen verbesserten und gerechteren Zugang zu produktiven Ressourcen und landwirtschaftlichen Dienstleistungen zu ermöglichen.
  • Das Fachportal für Almwirtschaft in Österreich bietet Infos über die Almwirtschaftvereine in den Bundesländern und über laufende Projekte und Bildungsangebote für Landwirt:innen.
  • Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL ist eine der weltweit führenden Forschungseinrichtungen zur Biolandwirtschaft.
  • Der Freiland Verband ist ein seit 1992 staatlich anerkannter biologischer Produzent:innen-Verband mit Sitz in Wien. Der Verband befasst sich mit der Weiterentwicklung einer ökologisch-tiergerechten Landwirtschaft (Nutztierhaltung).
  • Die International Land Coalition (ILC) mit Sitz in Rom ist ein globales Netzwerk von Organisationen, das sich für Landrechte und einen gerechten Zugang zu Land einsetzt. Sie vereint zivilgesellschaftliche Akteure, Bauernverbände, indigene Gemeinschaften und multilaterale Institutionen mit dem Ziel, die Rechte von Landnutzerinnen und Landnutzern zu stärken. Die ILC gilt als die größte und vielfältigste Koalition, die sich international für Landrechte engagiert.
  • Brot für die Welt ist eine Nichtregierungsorganisation und entwicklungspolitische Aktion der evangelischen Kirchen in Österreich, die für globale Gerechtigkeit und gegen Hunger und Armut eintritt.
  • Die Dreikönigsaktion – Hilfswerk der Katholischen Jungschar Österreichs setzt sich für das Menschenrecht auf Nahrung ein. Die DKA tritt für einen Wandel der Agrar- und Ernährungspolitik weltweit ein, informiert über Agrarökologie und unterstützt Kleinbäuer:innen. Mehr Infos dazu hier.
  • FAIRTRADE verbindet Konsument:innen, Unternehmen und Produzent:innen. Faire Handelsbedingungen unterstützt Kleinbäuer:innen sowie Arbeiter:innen in Ländern des Globalen Südens.
  • FIAN Österreich setzt sich als Menschenrechtsorganisation für das Recht auf Nahrung ein. Als Teil von FIAN International kämpft FIAN Österreich seit 1986 für ein hungerfreies Leben für alle Menschen.
  • ÖBV – Via Campesina Austria ist die Vereinigung der Berg- und Kleinbäuer:innen in Österreich. Die bäuerliche Basisbewegung betreibt Agrarpolitik und Bildungsarbeit. Der Verein ist Teil der weltweiten Kleinbäuer:innen-Bewegung „La Via Campesina“ mit Organisationen in 73 Ländern und 200 Millionen Mitgliedern.
  • Slow Food ist eine weltweite Bewegung lokaler Gruppen und Aktivisten, die das gemeinsame Ziel verfolgen, allen Menschen den Zugang zu guten, sauberen und fairen Lebensmitteln zu ermöglichen. Von Produzent:innen, Slow-Food Aktivist:innen und Köch:innen
  • Südwind hat mit der der Dreikönigsaktion ein Factsheet zu Agrarökologie zusammengestellt.  Das Konzept der Agrarökologie beinhaltet mehr als biologische Landwirtschaft, auch wenn es auf deren Prinzipien aufbaut: Es geht um einen Kreislauf, in dem Boden, Pflanzenwachstum, Ernährung und Gesellschaft in wechselseitiger Beziehung stehen. Besonders Lebensmittelverschwendung und Fleischkonsum sind entscheidende Hebel für eine nachhaltige Ernährung.
  • Der Verein Naturnahe Weidelandschaften in Deutschland setzt sich für den Erhalt von in Europa heimischen und gefährdeten Weidetierarten und aktiv betriebenen Weidelandschaften ein.

Expert:innen

  • Arif Husain ist Chefökonom und Direktor des Food Security Analysis and Trends Service beim Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) mit Sitz in Rom, Italien.
  • Doris Brenner ist Projektkoordinatorin und Referentin für Ernährungssouveränität bei Brot für die Welt in Wien.
  • Edward Mukiibi ist Lebensmittel- und Landwirtschaftspädagoge, Agrarwissenschaftler und Präsident von Slow Food.
  • Gudrun Glocker ist Projektleiterin des internationalen Projekts „Our Food. Our Future“ bei der Organisation Südwind und Ansprechperson für sozial-faire Beschaffung.
  • Johannes Isselstein ist Professor an der Universität Göttingen. Seine Forschungsschwerpunkte sind Agronomie von Grünlandsystemen, Grünlandmanagement und Biodiversität, sowie organische Grünlandbewirtschaftung und Tierproduktion.
  • Maria Naynar ist Obfrau Stellvertreterin der Österreichische Berg- und Kleinbäuer_innen Vereinigung (ÖBV). Sie hat ökologische Landwirtschaft studiert und seit 2013 ist sie im Sommer Hirtin und Käserin in der Schweiz.
  • Naomi Reinschmidt ist Sozial- und Kulturanthropologin mit dem Schwerpunkt soziale Bewegungen und Umweltthemen. Sie ist im Koordinationsteam der Hunger.Macht.Profite Filmtage und arbeitet als  Bildungsreferentin  bei ÖBV- Via Campesina Austria zu Ernährungssouveränität.
  • Stefan Knöpfer ist Obmann des Vereins für Hirtenkultur und bewirtschaften einen Hof in Niederösterreich. Der Verein tritt ein für den Erhalt und die Förderung des Hirtenwesens.
  • Richard Geßl ist Geschäftsführer und Obmann des Freiland Verbandes und Mitarbeiter bei FiBL Österreich. Er befasst sich mit nachhaltigen Ernährungssystemen und Tierhaltung.

Weiterführende Infos

Folgende Publikationen können bei Recherchen zum Thema interessant sein:

  • Die FAO zeigt in ihrem aktuellen Bericht zur Ernährungssicherheit The State of Food Security and Nutrition in the World 2025 auf wie die hohe Inflation in vielen Ländern die Kaufkraft und den Zugang zu gesunder Ernährung beeinträchtigt. Besonders gefährdete Gruppen sind Frauen und ländliche Gemeinden.
  • Der Bodenatlas 2024 der Heinrich Böll Stiftung liefert Daten und Fakten, auch über die zunehmende Verknappung von Land. Laut dem Bodenatlas bewirtschaftet ein Prozent der Betriebe mehr als 70 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche weltweit.
  • 2023 publizierte die FAO einen Bericht über „The Status of Women in Agrifoods Systems“ und kommt darin zu dem Schluss, dass wenn die Produktivitäts- und Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern in Agrar- und Ernährungssystemen geschlossen werden würden, könnte das globale Bruttoinlandsprodukt um rund 1 Prozent – fast 1 Billion US-Dollar – steigen. Gleichzeitig ließe sich die weltweite Ernährungsunsicherheit um etwa 2 Prozentpunkte senken, was 45 Millionen Menschen zugutekäme.
  • Das Factsheet zu Agrarökologie von FiBL liefert kurz aufbereitet Informationen darüber, wie Agrarökologie und ökologischer Landbau zu einer positiven Umgestaltung der Produktionssysteme in den Tropen beitragen können.
  • Das Statistische Jahrbuch 2025 der FAO gibt einen Überblick über die zentralen Entwicklungen der globalen Agrar- und Ernährungssysteme. In vier thematischen Kapiteln werden die wirtschaftliche Bedeutung der Landwirtschaft, eingesetzte Produktionsmittel und erzielte Erträge ebenso analysiert wie ihre Folgen für Ernährungssicherheit, Ernährung und Umwelt. Dabei liefert das Jahrbuch auch Infos über Frauen in der Landwirtschaft. 2023 machten diese 39,7 Prozent aller in der Landwirtschaft Beschäftigten aus.

Termine zu Veranstaltungen mit Fokus auf Bäuerinnen und Hirt:innen:




PA und Interviewmöglichkeit: Appell an Totschnig: Jetzt Rückbau im Umwelt- und Klimaschutz stoppen – in Österreich und weltweit

Auch WFP und Klima- und Energiefonds betroffen. NGO-Dachverbände Globale Verantwortung und Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz (KOO) warnen vor schwerwiegenden, teuren Folgen für heutige und nachfolgende Generationen

„Bundesminister Norbert Totschnig trägt für Klima, Umwelt, Landwirtschaft und Ernährung die Verantwortung, ignoriert jedoch, dass diese untrennbar und global miteinander verknüpft sind. Denn er verkennt nicht nur die Bedeutung der gestrichenen Zuschüsse für bilaterale Klimaprojekte im Globalen Süden in Höhe von bis zu 15 Millionen Euro: Trotz des größten internationalen Finanzierungsstopps für Humanitäre Hilfe, wegen dem tagtäglich Menschen verhungern müssen, läuft nun die Strategische Partnerschaft für Nahrungsmittelhilfe des BMLUK mit dem World Food Programme aus“, berichtet Lukas Wank, Geschäftsführer der AG Globale Verantwortung.
 
„Zudem gibt es Anlass zur Sorge, dass sogar der geringe jährliche Pflichtbeitrag von 1,5 Millionen Euro zum UN-Ernährungshilfe-Übereinkommen nicht gesichert sein könnte. Und auch Klimaprojekte in Österreich sind betroffen: Aus dem Klima- und Energiefonds sind bis Jahresende keine Mittel für Forschung, Emissionsminderungs- und Klimaanpassungsmaßnahmen ausgeschrieben worden. Jeder Rückbau im Umwelt- und Klimaschutz und damit einhergehender Expertise hat schwerwiegende Folgen, die um ein Vielfaches teurer sind und rücksichtslos gegenüber heutigen und nachfolgenden Generationen“, betont Wank mit Verweis auf das zehnte Jubiläum des Pariser Klimaabkommens, die drastischen Ergebnisse des neuen UN-Umweltberichts und das abgeschwächte EU-Klimaziel 2040.
 
Klimazuschüsse: Verursacherprinzip gerecht werden und Verschuldung ärmerer Länder bremsen
Martin Krenn, Klimaexperte der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz (KOO), verweist auf das Verursacherprinzip als moralische Grundlage in der Klimafinanzierung. Durch vergleichsweise hohe Pro-Kopf-Emissionen und eine starke Wirtschafsleistung habe Österreich eine besondere Verantwortung, ärmere Länder im Umgang mit den Folgen der Klimakrise zu unterstützen:  „Heute geben bereits 54 Länder im Globalen Süden über zehn Prozent ihrer Steuereinnahmen für Nettozinszahlungen aus. Dadurch fehlen notwendige Gelder für eine nachhaltige Entwicklung und die Schuldenkrise wird weiter befeuert. Im Gegensatz dazu stellen Zuschüsse sicher, dass die österreichische Regierung dem Verursacherprinzip wirklich gerecht wird und Zukunftschancen für gefährdete Menschen ermöglicht.“
 
Appell für Klimafinanzierung: Auch heimische Bäuer*innen brauchen stabiles Klima und intakte Anbauflächen
Lukas Wank knüpft abschließend bei der heimischen Natur und Landwirtschaft an: „Norbert Totschnig inszeniert sich als Minister der österreichischen Bäuer*innen, übersieht aber, dass sie gleichermaßen auf stabile klimatische Bedingungen und intakte Anbauflächen angewiesen sind. Eine zukunftsorientierte, verantwortungsvolle Politik nimmt daher globale Zusammenhänge ernst und gibt dem Wohlergehen aller Vorrang. Wir appellieren an den Minister, die lebensrettenden Zahlungen an das WFP fortzusetzen, die Gelder für internationale und österreichische Klimaprojekte rasch auszuschreiben und diese für die Folgejahre zu budgetieren. Dieser Appell richtet sich auch an SPÖ und NEOS, die ebenso Verantwortung tragen, dass die Regierung nicht zu einer rückschrittlichen Anti-Klima-Koalition wird.“
 
Bundesminister Norbert Totschnig besuchte am Rande der UN-Klimakonferenz (COP30) ein vom BMLUK gefördertes Projekt des Movimento dos Atingidos por Barragens (MAB) im brasilianischen Bundesstaat Pará, nachdem er die Zuschüsse für bilaterale Klimaprojekte im Jahr 2025 gestrichen hatte. 

Vertreter*innen von MAB sind bei ihren österreichischen Projektpartnern Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar und Horizont 3000 zu Gast und stehen heute Vormittag (16.12.2025) für ein Mediengespräch zur Verfügung. 
Bei Interesse kontaktieren Sie bitte elisabeth.holzner@dka.at oder 0676/88011 1000.




Aviso Pressegespräch: Präsentation Menschenrechtsbefund 2025

Anlässlich des Human Rights Day am 10. Dezember lädt die Österreichische Liga für Menschenrechte zur alljährlichen Präsentation des Menschenrechtsbefundes ein.

Die beim Pressegespräch präsentierten Themen:

  • Der Rechtsstaat in Gefahr
  • Die Klimakrise kostet Menschenleben und Menschenrechte
  • Situation im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie

Wann: Mittwoch, 10. Dezember 2025, 10 Uhr

Wo: Café Museum, 1010 Wien, Operngasse 7

Am Podium:

Barbara Helige: Präsidentin Österreichische Liga für Menschenrechte

Franz Essl: Ökologe und Biodiversitätsforscher, Universität Wien

Sebastian Öhner: Vorstandsmitglied mit Schwerpunkt Kinderrechte

Kontakt:

Vera Krischke, Österreichische Liga für Menschenrechte
Tel.: 0676 360 94 63
E-Mail: admin@liga.or.at

Österreichische Liga für Menschenrechte

Die Österreichische Liga für Menschenrechte setzt sich seit 1926 für die Umsetzung und Einhaltung der Menschenrechte ein. Sie greift aktuelle Themen auf und arbeitet in Veranstaltungen, Projekten und durch Öffentlichkeitsarbeit mit den unterschiedlichsten Zielgruppen zu menschenrechtlich relevanten Themen. Die Liga ist das österreichische Mitglied der FIDH und international sowie national mit anderen NGOs sehr gut vernetzt.

www.liga.or.at




Südwind: Österreich spielt eine schändliche Rolle bei der Schwächung des globalen Waldschutzes

Menschenrechtsorganisation kritisiert die Abschwächung der EU-Entwaldungsverordnung scharf: „Umweltminister Totschnig wälzt Verantwortung für Klimaschutz ab“

Wien, am 5. Dezember 2025. Die gestrige Einigung zwischen Europäischem Rat und Parlament bestätigt die schlimmsten Befürchtungen von Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen: Die EU-Entwaldungsverordnung wird abgeschwächt und ihre Umsetzung weiter verzögert. Südwind hatte im Vorfeld mehrfach vor weitreichenden Konsequenzen gewarnt. Die nun beschlossenen Änderungen, auf starkes Betreiben von Bundesminister Norbert Totschnig, bedeuten eine erhebliche Schwächung des globalen Waldschutzes.

„Es ist ein erneutes Versagen der EU und Österreichs beim Klima- und Menschenrechtsschutz. Es ist schlichtweg absurd, dass Bundesminister Norbert Totschnig als Klimaschutz- und Umweltminister auf Zuruf von Wirtschafts- und Landwirtschaftskammer das wichtigste europäische Gesetz für globalen Waldschutz aushöhlt“, sagt Maria Hammer, Südwind-Sprecherin für Waldschutz und fordert: „Das ständige Abwälzen der Verantwortung muss ein Ende haben!“

Eine fristgerechte Umsetzung der Entwaldungsverordnung hätte Entwaldung und Waldschädigung für den EU-Konsum spürbar eingedämmt. Laut einer Wirkungsstudie würde das Gesetz pro Minute 100 Bäume vor der Abholzung schützen. Zusätzlich geht Entwaldung oft einher mit Gewalt, Enteignung und Vertreibung.

Rückfragehinweis: 
Vincent Sufiyan
Kommunikationsleiter Südwind
Tel.: 0650 96 77577
E-Mail: vincent.sufiyan@suedwind.at




PA: Fair Friday statt Black Friday

Ein Zeichen für Verantwortung setzen: Während der Handel am Black Friday mit vermeintlichen Schnäppchen lockt, erinnert FAIRTRADE Österreich daran, dass Einkaufen auch anders geht: bewusst, fair und mit Blick auf die Menschen hinter den Produkten.

„Black Friday-Aktionen kommen oft teuer zu stehen – nur zahlen den Preis andere“, sagt Hartwig Kirner, Geschäftsführer von FAIRTRADE Österreich. Denn hinter jedem Billigprodukt steckt auch eine Geschichte. Niedrigste Preise in Österreich können mit Ausbeutung, ökologischen Problemen und menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen entlang der Lieferkette einhergehen.“ 

FAIRTRADE Österreich plädiert dafür, den Black Friday nicht einfach mitzumachen, sondern ihn umzudenken: weg von kurzfristiger Schnäppchenjagd, hin zu langfristiger Verantwortung und einem guten Miteinander. „Hinter jedem Produkt stehen Menschen, deren Arbeit Wertschätzung verdient“, so Kirner weiter. Faire Handelsbedingungen schaffen Chancen, wo sonst oft Ausbeutung herrscht – und machen Konsum zu etwas Nachhaltigem. „Wer zu FAIRTRADE greift, zeigt, dass Einkaufen auch gerecht sein kann. Jede faire Entscheidung zählt“, so Kirner abschließend. FAIRTRADE Österreich ruft daher dazu auf: Mach den Black Friday zu einem Fair Friday – und setze mit jedem Einkauf ein Zeichen für eine gerechtere Welt.

Seit mehr als 30 Jahren steht FAIRTRADE in Österreich für stabile Mindestpreise, zusätzliche Prämien und eine Vielzahl weiterer Standards, die den Wandel im Handel antreiben. Eine Übersicht der mittlerweile rund 2.600 verfügbaren FAIRTRADE-Produkte gibt es auch online.

Rückfragehinweis: presse@fairtrade.at

Hintergrund:

FAIRTRADE ist weltweit das führende Zertifizierungssystem, bei dem die Produzentinnen und Produzenten von einem Mindestpreis und einer Prämie, deren Höhe genau festgelegt ist, profitieren.

Der FAIRTRADE-Mindestpreis ist als Sicherheitsnetz zu verstehen und soll die durchschnittlichen Produktionskosten für eine nachhaltige Produktion decken. Liegt der jeweilige (Welt)Marktpreis darüber, muss der höhere Marktpreis bezahlt werden. Die Produzentenorganisationen vereinbaren auch jederzeit einen höheren Preis mit den Abnehmern.

Zusätzlich zum Verkaufspreis erhalten Produzentenorganisationen die FAIRTRADE-Prämie. Die Bauernfamilien bzw. Beschäftigten auf Plantagen entscheiden in einem demokratischen Prozess, in welche sozialen, ökologischen oder ökonomischen Projekte investiert wird.




Kommentar: Rollback auch bei der Klimakonferenz: Vom Scheitern des Dekarbonisierungsstaates

Der aktuelle Backlash zeigt, dass Klimapolitik nur gelingen kann, wenn auch staatliche Strukturen grundlegend verändert werden.
Von Ulrich Brand

Die dreißigste Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention im brasilianischen Belém ist vor kurzem zu Ende gegangen. Die Ergebnisse sind enttäuschend, auch wenn die Erwartungen an das Treffen ohnehin gering waren. Denn wir erleben aktuell einen dramatischen klimapolitischen Backlash. Deutlichster Ausdruck ist die Politik von US-Präsident Donald Trump nach dem Motto „Drill, Baby, drill!“. Darin liegt durchaus ein rationaler Kern der Trump´schen Politik, die oft so volatil und unberechenbar wirkt: Er will eine fossile Weltwirtschaft politisch absichern gegen die Bemühungen zur Dekarbonisierung in anderen Ländern, insbesondere in China.

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Südwind zu COP30: Erfolg für Hauptbetroffene der Klimakrise trotz schwachem Abschlusstext

Erster Schritt für einen gerechten Übergang beschlossen, aber keine konkreten Maßnahmen zum Aus von fossilen Energien oder Waldschutz

Die 30. Weltklimakonferenz (COP30) endete ohne konkrete Maßnahmen für ein Aus von fossilen Brennstoffen und mit einer in vielen Bereichen ambitionslosen Abschlusserklärung. Die Menschenrechtsorganisation Südwind kritisiert, dass es nicht gelungen ist, zusätzliche Mittel für eine gerechte Klimafinanzierung aufzustellen, um die Versäumnisse der COP29 in Baku auszugleichen und dass keine klaren Maßnahmen für einen Stopp der Entwaldung gesetzt wurden. Ein wichtiger Erfolg ist die Einigung auf einen sogenannten Just Transition Mechanismus: Dieser soll den Weg für Klimaschutz ebnen, der soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunkt stellt. 

“Dass ein globaler Mechanismus für Just Transition beschlossen wurde, ist ein Lichtblick, inmitten der düsteren Ergebnissen der restlichen Verhandlungen”, so Angelika Derfler, Südwind-Sprecherin für Klimagerechtigkeit, die die Verhandlungen vor Ort beobachtet hat. “Damit findet eine konkrete Forderung der Länder des Globalen Südens und der Zivilgesellschaft Eingang in den Text und stellt somit Menschen und ihre Lebensrealitäten in den Mittelpunkt von Klimaschutzmaßnahmen. Für einen umfassenden gerechten Wandel braucht es allerdings mehr. Weitere Maßnahmen müssen folgen“

Ein globaler Mechanismus für Just Transition hat das Potenzial, globale Anstrengungen für einen gerechten Übergang weg von fossilen Brennstoffen zu bündeln und diejenigen in Entscheidungsprozesse einzubinden, die am stärksten von der Klimakrise und einem Aus von fossilen Brennstoffen betroffen sind. Dass dieser trotz Versuchen der Abschwächung Arbeitsrechte, Menschenrechte und Rechte indigener und lokaler Gemeinschaften betont, ist ein starkes Zeichen, das soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz verbindet und fand in diesem Ausmaß noch nie Eingang in einen Verhandlungstext. 

Völlig planlos bei Ausstieg aus Fossilen Energien

Die Industriestaaten haben bei dieser COP keinen Willen gezeigt, verbindliche Maßnahmen zu setzen, um das ohnehin zu schwache Klimafinanzierungsziel zu erreichen, das bei der COP28 in Baku beschlossen wurde. „Die fehlende Ambition bei der Klimafinanzierung  ist ein verantwortungsloses Versäumnis, das so nicht hingenommen werden kann“, so Derfler.  Auch der Entwurf eines vom brasilianischen Präsidenten Lula da Silva vorgeschlagenen Fahrplans für ein Aus von fossilen Energien (TAFF) ist im Abschlusstext nicht mehr vorhanden. “Das Aus für fossile Energien ist bereits bei der COP28 in Dubai beschlossen worden, heuer hätte es umfassende und konkrete Maßnahmen für die Umsetzung gehen müssen. Dass dies über den Just Transition Mechanismus hinaus nicht gelungen ist, verurteilen wir scharf”, so Angelika Derfler von Südwind.

Keine Ergebnisse für Waldschutz

Enorm enttäuschend: Rund um die “Amazonas-COP” wurde viel von Wäldern und den Rechten indigener Gemeinschaften gesprochen. Doch klare Maßnahmen für den bitter nötigen und bereits vor mehreren Jahren beschlossenen Entwaldungsstopp bis 2030 gibt es nicht. 

Das einzige, das zum Thema Entwaldung bleibt, ist die brasilianische Initiative eines Investmentfonds (Tropical Forest Forever Facility), der Staaten bezahlen soll, damit ihre bestehenden Wälder nicht abgeholzt werden. Das Instrument geht aber mit vielen Unklarheiten einher: es ist stark von schwankenden Finanzmärkten abhängig und nicht an ökologischen und menschenrechtlichen Standards ausgerichtet. Angelika Derfer: „Damit der TFFF funktioniert, müssten klare Kriterien enthalten sein, etwa, dass ein großer Teil der Zahlungen direkt und zugänglich bei indigenen und lokalen Gemeinschaften landet, die bereits 54% der verbleibenden intakten Wälder schützen.“

Rückfragehinweis vor Ort in Belém:
Stefanie Marek Pressesprecherin Südwind 
+43 (0) 680 1583016 
stefanie.marek@suedwind.at




PA: Südwind und Greenpeace: Umweltminister Totschnig torpediert EU-Gesetz für globalen Waldschutz

Zeitgleich mit der COP30 arbeitet Norbert Totschnig aktiv gegen das wichtigste EU-Gesetz für globalen Waldschutz – Südwind und Greenpeace sehen massives Glaubwürdigkeitsproblem

Während die Staaten der Welt bei der Klimakonferenz in Belém (COP30) um gemeinsame Fortschritte im Klimaschutz ringen, will Österreichs Umweltminister Norbert Totschnig das wichtigste Instrument für globalen Waldschutz, die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) weiter aushöhlen. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace und die Menschenrechtsorganisation Südwind sehen darin unzulässige Zugeständnisse an die Forstlobby und ein massives Glaubwürdigkeitsproblem für die EU-Verhandler:innen bei der COP30.

„Wer soll die EU bei Klimaverhandlungen ernst nehmen, wenn sie ihren eigenen Green Deal Schritt für Schritt zurückbaut und ihre eigenen Unternehmen von Umweltauflagen ausnehmen möchte. Es ist eine Schande, dass Österreich mit Minister Totschnig bei diesem klimapolitischen Kahlschlag an vorderster Front steht“, erklären Maria Hammer von Südwind und Ursula Bittner von Greenpeace. Sie fordern von der Bundesregierung klare Kante für den Schutz der globalen Wälder.

Die Europäische Kommission hat bereits Aufweichungen vorgeschlagen, die europäische Waldbesitzer:innen und Landwirt:innen weitgehend aus der Verpflichtung nehmen würden. Norbert Totschnig geht das nicht weit genug. Trotz der massiven Zugeständnisse setzt sich Österreichs Umweltminister dafür ein, die Verordnung auf Eis zu legen und sogar noch weiter abzuschwächen.

„Die EU-Entwaldungsverordnung ist zentral, um Waldzerstörung entlang globaler Lieferketten zu stoppen, Transparenz zu schaffen und gegen Menschenrechtsverletzungen vorzugehen“, sagt Maria Hammer, Südwind-Sprecherin für Waldschutz. „Anstatt sich kurzfristigen Wirtschaftsinteressen zu beugen, muss Bundesminister Totschnig seiner Verantwortung für Klimaschutz endlich nachkommen.“

„Ohne intakte Wälder werden die Klimaziele unerreichbar bleiben. Jede weitere Verzögerung bedeutet mehr Abholzung, mehr CO₂ und eine größere Wahrscheinlichkeit, dass wir gefährliche Klimakipppunkte überschreiten. Der weltweite Verlust von Wäldern erlaubt keinen weiteren Aufschub – denn ohne stabile Wälder geraten unsere Lebensgrundlagen und die Bewohnbarkeit unseres Planeten in Gefahr“, warnt Greenpeace-Sprecherin Ursula Bittner.

Umwelt-Meilenstein wird bis zur Unkenntlichkeit verwässert

Als die Verordnung im Juni 2023 in Kraft trat, galt sie als umweltpolitischer Meilenstein. Demzufolge müssen Unternehmen belegen, dass bestimmte Risikoprodukte, die in der EU verkauft werden, nicht auf Entwaldung und Waldschädigung zurückgehen. Auf Druck von Forstverbänden wurde das Gesetz infolge immer weiter aufgeweicht: Die Anwendungsfrist wurde verschoben. Aktuelle Vorschläge ermöglichen Schlupflöcher für den Import von Produkten aus Waldzerstörung.

„Ein komplett verwässertes Gesetz wird weder Entwaldung noch Waldzerstörung, Landraub oder illegale Abholzung bremsen. Ob die EU und Österreich ihre Glaubwürdigkeit im Klima- und Waldschutz verspielen, entscheidet sich in diesen Tagen – sowohl in Brüssel als auch in Belém”, so Maria Hammer und Ursula Bittner.

Rückfragehinweis:
Vincent Sufiyan
Kommunikationsleiter Südwind
Telefon: +43 650 96 77577
E-Mail: vincent.sufiyan@suedwind.at




Aviso: Mediengespräch: „COP30 – Klimapolitik in Zeiten der Polykrise“

Am letzten Tag der Konferenz berichten Keywan Riahi und Reinhard Mechler vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) im Rahmen eines Mediengespräches von Diskurs. Das Wissenschaftsnetz über den Stand der Verhandlungen. Die beiden Wissenschaftler sind ausgewiesene Experten für Treibhausgasreduktion, Klimaanpassung und Resilienz und haben an zahlreichen Berichten des Weltklimarats (IPCC) sowie an vielen Weltklimakonferenzen mitgewirkt. Keywan Riahi wird sich live aus Brasilien direkt von der COP30 zuschalten

Wann: 21. November 2025, 12.00 Uhr
Wo: online via Zoom

Zur Anmeldung

Zehn Jahre nach dem bahnbrechenden Pariser Klimaabkommen steht die internationale Gemeinschaft an einem Scheidepunkt. Der Zustand des Weltklimas ist alarmierend: Die Treibhausgasemissionen steigen weiter, und die Erwärmung der Erde nimmt zu. Es ist klar, dass es der internationalen Gemeinschaft nicht gelungen ist, die globale Erwärmung unter 1,5 Grad zu halten – das Zeitfenster für entscheidende Weichenstellungen hin zu einer nachhaltigen Zukunft schließt sich zunehmend. „Overshoot Management“ rückt zunehmend in den Vordergrund – also Strategien und Maßnahmen, um nach einer vorübergehenden Überschreitung des 1,5-Grad-Ziels die Erwärmung wieder zu senken, etwa durch verstärkte Emissionsminderung, CO₂-Entnahme (negative Emissionen) und gezielte Anpassungsmaßnahmen. Wie der *Zweite Österreichische Sachstandsbericht zum Klimawandel* (AAR2) vom Juni 2025 zeigt, ist Österreich bereits stark betroffen: Seit 1900 hat sich das Land im Durchschnitt um 3,1 Grad und damit fast doppelt so stark wie der globale Mittelwert erwärmt.

Die Ausgangslage für die 30. Weltklimakonferenz, die am 10. November begann, war daher äußerst herausfordernd. Die COP30 zielte darauf ab, die 1,5-Grad-Grenze des Pariser Abkommens wieder erreichbar zu machen – durch ambitioniertere nationale Klimapläne (NDCs), verstärkte Klimafinanzierung für Entwicklungsländer und einen gerechten Übergang zu erneuerbaren Energien. Dabei sollten Klimaschutz, Resilienz und nachhaltige Entwicklung noch stärker miteinander verknüpft werden. Wissenschaftliche und ökonomische Erkenntnisse betonen den Nutzen und die Dringlichkeit frühzeitigen Handelns. Doch der Klimawandel interagiert zunehmend mit anderen globalen Krisen – von Pandemien und Naturkatastrophen bis hin zu wirtschaftlichen Schocks und geopolitischen Spannungen. Diese überlappenden Herausforderungen („Polykrisen“) überfordern herkömmliche Governance-Modelle und Lösungsansätze. Sie erfordern somit integrierte, interdisziplinäre Strategien. Vor diesem Hintergrund forschen und diskutieren das IIASA und seine Partner, wie sich miteinander verknüpfte globale Krisen in Chancen für Klimaresilienz und nachhaltige Entwicklung verwandeln lassen.

Inputs: 

Keywan Riahi, (IIASA): „Nichtstun ist keine Option. Nur entschlossenes Handeln kann die Lebensgrundlagen unseres Planeten sichern“

Reinhard Mechler, (IIASA): „Klimaanpassung alleine ist nicht die Lösung: Resilienz rückt in den Vordergrund“

Moderation: Anna Hasenauer (Diskurs. Das Wissenschaftsnetz)

Für Rückfragen:

Cosima Danzl
danzl@diskurs-wissenschaftsnetz.at
+43 660 721 83 75

Alexander Behr 
alexander.behr@univie.ac.at
+43 650 34 38 37 8




PA: Klimaexpertinnen zur COP30: „Jetzt ist nicht die Zeit, um klimapolitische Ziele aufzuweichen“

Mit dem heutigen Beginn der 30. UN-Klimakonferenz (COP30) im brasilianischen Belém tritt die internationale Staatengemeinschaft in eine entscheidende Phase der Klimapolitik ein. Zehn Jahre nach dem Pariser Abkommen zeigt sich: Die Welt hat sich zwar zum Teil in Richtung Klimaschutz in Bewegung gesetzt – jedoch viel zu langsam. Während globale Emissionen 2024 ein Rekordniveau erreichten, droht die 1,5 Grad-Grenze in den kommenden Jahren dauerhaft überschritten zu werden. Die diesjährige Konferenz ist somit ein Prüfstein für die Glaubwürdigkeit der internationalen Klimapolitik. Die Staaten müssen zeigen, dass sie die wissenschaftlichen Warnungen ernst nehmen und ihre politischen Verpflichtungen nicht länger aufschieben.

„Das Abkommen von Paris wirkt, das zeigen die nach unten korrigierten Prognosen für globale Erwärmung und die Investitionen in klimafreundliche Technologien und Maßnahmen weltweit. Aber es wirkt zu wenig und zu langsam“, erklärt Dr.in Renate Christ, ehemalige Generalsekretärin des Weltklimarats (IPCC). Von der diesjährigen Klimakonferenz fordert sie entschlossenes Handeln: „Ambitioniertere nationale Programme und eine konsequente Umsetzung sind nötig“, so Christ.

Auch Univ.Prof.Dr.in Sigrid Stagl, Umweltökonomin an der Wirtschaftsuniversität Wien und Wissenschaftlerin des Jahres 2024, betont die Dringlichkeit wirkungsvollerer Maßnahmen: „Der aktuelle Emissionspfad ist nicht nachhaltig. Im Jahr 2024 stiegen die globalen Treibhausgasemissionen auf ein Rekordniveau von 57,7 GtCO₂e, während die Lücke zu den Zielen von 1,5-2°C weiterhin groß bleibt. Der politische Handlungsbedarf ist akut“.

Die COP30 fällt zugleich in eine Zeit des klimapolitischen Rückschritts. Erst vergangene Woche wurden die Bedingungen des EU-Klimaziels für 2040 abgeschwächt: Länder dürfen nun bis zu 5 Prozentpunkte der Emissionsreduktionen durch den Kauf von Klimazertifikaten in Drittstaaten ausgleichen. Zugleich wurde der neue Emissionshandel für Verkehr und Gebäude um ein Jahr nach hinten verschoben. Renate Christ warnt vor den Folgen dieses unentschlossenen Kurses: „Jetzt ist nicht die Zeit, um klimapolitische Ziele aufzuweichen. So ein Zick-zack Kurs verunsichert Investoren, Industrie und Bürger, bringt Wettbewerbsnachteile und schließlich höhere Kosten.“

Stagl hebt die Chancen einer zielstrebigen Klimapolitik hervor: „Wenn wir ambitioniert handeln, stärken erneuerbare Energien, Effizienz und belastbare physische bzw. soziale Infrastrukturen unsere Gesundheit, unsere Jobs, die Energiesicherheit und damit auch die Standortqualität – und das schneller als oft angenommen.“ Darüber hinaus betont die Expertin die Wirkung nationaler Maßnahmen: „Globale Klimaziele brauchen eine nationale Umsetzung, auch in der Alltagspolitik. Selbst in wohlhabenden Ländern wie Österreich oder Deutschland können geänderte Regeln in der öffentlichen Beschaffung konkrete Wirkung entfalten. Wenn Schulen, Spitäler und Kantinen konsequent auf Bio, Regionalität und faire Tierhaltung setzen, wird das Klima geschützt, die Gesundheit gefördert und die regionale Wertschöpfung gestärkt. Nachhaltigkeit darf nicht ausgehungert, sondern muss in den öffentlichen Auftrag integriert werden“.

Vor dem Hintergrund zunehmender sozialer Ungleichheit betont Sigrid Stagl auch die Bedeutung von gerechter Steuerpolitik: „Ungleichheit ist einer der größten Treiber übermäßigen Ressourcenverbrauchs. Gesellschaften mit geringerer Ungleichheit erreichen eine höhere Lebensqualität bei deutlich niedrigerem Energieeinsatz. Soziale Gerechtigkeit ist somit eine zentrale Bedingung für Klimasicherheit.“

Vor diesem Hintergrund stellt die COP30 eine entscheidende Weichenstellung für die kommenden Jahre der Klimapolitik dar. Die beiden Expertinnen fordern ein entschlossenes Vorgehen: nationale Programme müssen ambitioniert umgesetzt, internationale Zusagen eingehalten und soziale Gerechtigkeit konsequent verankert werden. Stagl resümiert: „Jeder Fortschritt zählt – jeder Zehntelgrad weniger Erwärmung bedeutet weniger Schäden, mehr Sicherheit und mehr Zukunftsspielraum. Es geht um kontinuierliches Handeln statt großer Versprechen.“

Über die Expertinnen: 

Renate Christ: Renate Christ war über 10 Jahre Generalsekretärin des Weltklimarats IPCC. Sie hat die Klimakonvention vom Beginn in den 1990iger Jahren begleitet und aktiv als Verhandlerin und Beraterin mitgewirkt. Seit ihrer Pensionierung verfolgt sie die Entwicklungen in der internationalen Klimapolitik mit.   

Sigrid Stagl (WU Wien): Sigrid Stagl ist Professorin für Umweltökonomie und -politik und Leiterin des Kompetenzzentrums Sustainability Transformation and Responsibility an der Wirtschaftsuniversität Wien. Sie ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der European Environment Agency und Mitglied des Generalrats der OeNB. Im Jahr 2024 wurde sie österreichische Wissenschaftlerin des Jahres. 

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