PA: Weltfrauentag: Dramatische Verschlechterung bei der Achtung von Frauenrechten und Gleichstellung muss rückgängig gemacht werden

Katastrophale Angriffe auf die Menschenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter in den vergangenen zwölf Monaten haben den Schutz von Frauen und Mädchen weltweit verringert und Bedrohungen verschärft, erklärte Amnesty International heute.

Am Internationalen Frauentag ruft die Organisation zu mutigem Handeln auf, um die Erosion der Rechte von Frauen und Mädchen rückgängig zu machen.
„Ereignisse im Jahr 2021 und den ersten Monaten dieses Jahres haben die Rechte und die Würde von Millionen von Frauen und Mädchen verletzt. Die Krisen in der Welt wirken sich nicht gleichmäßig auf alle aus. Die unverhältnismäßig großen Auswirkungen auf die Rechte von Frauen und Mädchen sind gut dokumentiert, werden aber immer noch zu wenig beachtet oder sogar völlig ignoriert. Doch die Fakten sind eindeutig. Die Corona-Pandemie, die massive Einschränkung der Frauenrechte in Afghanistan, die weit verbreitete sexualisierte Gewalt im Äthiopienkonflikt, die Angriffe auf den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen in den USA und der Rückzug der Türkei aus der Istanbul-Konvention zu geschlechtsspezifischer Gewalt: Jeder Akt für sich ist eine schwerwiegende Aushöhlung der Rechte, aber alle zusammen? Wir müssen diesem weltweiten Angriff auf die Würde von Frauen und Mädchen entschieden entgegentreten“, sagt die internationale Generalsekretärin von Amnesty International Agnès Callamard.

Die vergangenen zwei Jahre, die von der Covid-19-Pandemie geprägt waren, haben sich unverhältnismäßig stark auf Frauen und Mädchen ausgewirkt. Die häusliche Gewalt hat zugenommen, die Arbeitsplatzunsicherheit für Frauen hat sich verschlimmert, der Zugang zu Gesundheitsdiensten wurde verschlechtert, und die Zahl der Mädchen, die eine Schule besuchen, ist vielerorts drastisch zurückgegangen. Diejenigen, die ohnehin schon am stärksten benachteiligt sind, sind am stärksten betroffen. Entscheidungen von Regierungen und Behörden, die die Situation von Frauen und Mädchen verschlechtert haben, müssen rückgängig gemacht werden.

Krise in der Ukraine
In diesem Jahr fällt der Internationale Frauentag in eine Zeit, in der der russische Einmarsch in die Ukraine die Welt in eine neue Krise stürzt. Bilder von Frauen, die unter Luftangriffen gebären oder mit ihren Kindern auf dem Arm vor den Bomben fliehen, Bilder von trauernden Müttern und neu verwaisten Kindern machen deutlich, was Konflikte und humanitäre Krisen für Frauen und Kinder bedeuten. Die Frauen und Mädchen, die der Konflikt in der Ukraine eingeholt hat, sind nun Teil der Millionen von Menschen, die in bewaffneten Konflikten von Syrien über Jemen bis Afghanistan und weit darüber hinaus extreme menschliche Verluste erleiden.

Die zunehmende Militarisierung des Alltags durch die Verbreitung von Waffen, die Eskalation von Gewalt und die Umwidmung öffentlicher Mittel in Militärausgaben stellt einen hohen und unhaltbaren Preis für das tägliche Leben von Frauen und Mädchen dar. In diesen Tagen sind Frauen und Mädchen in der Ukraine und in der gesamten Region ein weiteres Mal in großer Gefahr. Amnesty International hat bereits dokumentiert, dass die Militarisierung der letzten Jahre in den konfliktbetroffenen östlichen Regionen der Ukraine zu einem Anstieg der geschlechtsspezifischen Gewalt und einem eingeschränkten Zugang zu grundlegenden öffentlichen Leistungen geführt hat. Dieses Muster wird sich nun auf das ganze Land ausweiten.

Massive Einschränkungen der Rechte von Frauen und Mädchen in Afghanistan
Seit ihrer Machtübernahme in Kabul im August 2021 haben die Taliban die Rechte von Frauen und Mädchen in ganz Afghanistan stark eingeschränkt. Frauen dürfen nur in Begleitung eines männlichen Vormunds an ihren Arbeitsplatz gehen oder sich in der Öffentlichkeit bewegen. Mädchen, die älter als zwölf Jahre sind, haben keinen Zugang zur Bildung mehr.

„Die Gesetze, Politik und Methoden der Taliban haben dazu beigetragen, die Errungenschaften im Bereich der Menschenrechte, für die das afghanische Volk jahrzehntelang gekämpft hat, zunichtezumachen. Trotz der mutigen Proteste von Frauen im ganzen Land sind die Taliban nach wie vor entschlossen, eine Gesellschaft zu errichten, in der Frauen zu Bürger*innen zweiter Klasse gemacht werden. In ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, ihrer Bildung beraubt, ihrer Arbeits- und Einkommensmöglichkeiten beraubt und ohne Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt? Das ist unzumutbar. Es bringt Schande für alle, die dafür verantwortlich sind, und auch für alle, die dazu schweigen“, sagte Agnès Callamard.

„Regierungen in aller Welt müssen die Rechte von Frauen und Mädchen in den Mittelpunkt ihrer Außenpolitik für Afghanistan stellen. Sie müssen sich an den afghanischen Frauenrechtler*innen orientieren und darauf bestehen, dass Frauen und Mädchen gleichberechtigten Zugang zu Bildung, Beschäftigung und grundlegenden Dienstleistungen haben – ohne Diskriminierung.“

Geschlechtsspezifische Gewalt in Äthiopien Geschlechtsspezifische Gewalt ist ständiges Merkmal der bewaffneten Konflikte in Äthiopien, die in den letzten zwölf Monaten fortgesetzt und ausgeweitet wurden. Amnesty International hat über weit verbreitete sexuelle Gewalt in Äthiopien berichtet, die in der Region Tigray von äthiopischen und eritreischen Streitkräften und in der Region Amhara von tigrayischen Streitkräften verübt wurde.

Diese Übergriffe stellen Kriegsverbrechen dar und können als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gewertet werden. Viele der von Amnesty International dokumentierten Übergriffe – wie etwa Gruppenvergewaltigungen – wurden von mehreren Tätern vor den Augen von Familienmitgliedern begangen. In einigen Fällen wurden die Angegriffenen sexuell verstümmelt und/oder mit ethnischen Beleidigungen und Drohungen attackiert.

Rechtlicher Schutz wird abgebaut
In den vergangenen zwölf Monaten wurde auch der internationale Rechtsrahmen zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt erheblich beschädigt.

Am 1. Juli 2021 trat die Türkei aus der bedeutenden Istanbul-Konvention aus – einem bahnbrechenden und umfassenden Instrument zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt und zur Gewährleistung der Rechte von Betroffenen in Europa. Diese Entscheidung stellt einen massiven Rückschritt für die Menschenrechte von Frauen und Mädchen in der Türkei dar und hat auch in mehreren anderen Ländern, Gegner von Frauenrechten ermutigt.

In den Vereinigten Staaten wurden Abtreibungsrechte massiv angegriffen, indem die Regierungen einzelner Bundesstaaten im Jahr 2021 mehr Abtreibungsbeschränkungen einführten als in jedem anderen Jahr. In Texas wurde ein nahezu vollständiges Verbot erlassen, das anschließend vom Obersten Gerichtshof genehmigt wurde und Abtreibungen bereits ab der sechsten Schwangerschaftswoche kriminalisiert – bevor die meisten Frauen überhaupt wissen, dass sie schwanger sind. Dieses Verbot verwehrt Millionen Menschen das Recht auf einen sicheren und legalen Schwangerschaftsabbruch. Die Zukunft des verfassungsmäßigen Schutzes einer sicheren und legalen Abtreibung im ganzen Land ist ebenfalls stark gefährdet, womit sich der Oberste Gerichtshof im Juni 2022 befassen wird.

Solche Angriffe auf den gesetzlichen Schutz der Rechte von Frauen und Mädchen sind besonders verheerend im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie, die zu einem steilen Anstieg von geschlechtsspezifischer Gewalt und weiteren Angriffen auf sexuelle und reproduktive Rechte in der ganzen Welt geführt hat.

Menschenrechtsverteidiger*innen bewirken Widerstand und positiven Wandel
Trotz dieser Rückschläge haben sich die unermüdlichen Bemühungen von Menschenrechtsverteidiger*innen ausgezahlt. Der Einsatz für die Menschenrechte, Kampagnen und die Mobilisierung führten zu wichtigen Siegen für die Abtreibungsrechte in Kolumbien, Mexiko und San Marino. Und während die Türkei aus der Istanbul-Konvention ausgestiegen ist, haben zwei andere Staaten, Moldawien und Liechtenstein, sie ratifiziert.

Frauenrechtsaktivist*innen in Slowenien haben erfolgreich Reformen durchgesetzt, um das slowenische Gesetz gegen Vergewaltigung mit internationalen Standards in Einklang zu bringen. Ähnliche positive Entwicklungen gab es in Dänemark, Malta, Kroatien, Griechenland, Island und Schweden, während in den Niederlanden, Spanien und der Schweiz Reformen im Gange sind.

Auch in vielen anderen Ländern wie der Ukraine, Polen, Weißrussland, Russland, den USA und Afghanistan stehen Aktivist*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen an vorderster Front des Widerstands und des Protests für die Menschenrechte. In vielen Fällen haben sie sich trotz der Bedrohung ihres Lebens und ihrer Familien oder unter Androhung von Gefängnis und körperlicher Gewalt für die Menschenrechte eingesetzt. Sie verdienen weltweite Unterstützung.

„Regierungen wissen sehr wohl, was notwendig ist, um die Menschenrechte von Frauen und Mädchen zu wahren. Diejenigen, die sie unterstützen, dazu zählen auch Geber*innen und Investor*innen, müssen darauf bestehen, dass die zuständigen Behörden umgehend und entschlossen handeln – rückschrittliche Gesetze müssen aufgehoben werden. Die grundlegenden öffentlichen Leistungen müssen für Frauen und Mädchen zur Verfügung gestellt werden. Mädchen und Frauen müssen gleichen Zugang zu Bildung und Beschäftigung haben. Geschlechtsspezifische Gewalt muss verurteilt und der Schutz vor ihr muss gestärkt, nicht geschwächt werden. Die Angriffe auf Menschenrechtsverteidigerinnen müssen aufhören. Keine Gesellschaft kann es sich leisten oder sollte es jemals dulden, dass die Würde von mehr als der Hälfte ihrer Bevölkerung derart ausgehöhlt wird. Es gibt keine Entschuldigung dafür, dass es nicht gelingt, gerecht und fair für Frauen und Mädchen zu regieren“, kommentiert Agnès Callamard.

Rückfragehinweis:
Presseteam Amnesty International Österreich
Antonio Prokscha
Tel.: +43-664-621 10 31
E-Mail: antonio.prokscha@amnesty.at




PA: Sie wird uns allen sehr fehlen: Rubina Möhring, langjährige Präsidentin von Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich, ist gestorben

Dr. Rubina Möhring starb nach schwerer Krankheit kurz vor ihrem 72. Geburtstag am Mittwoch den 02.03.2022 in Wien, so Reporter Ohne Grenzen.

Sie führte die regierungsunabhängige Menschenrechtsorganisation „Reporter ohne Grenzen Österreich“ (ROG) bald nach der Gründung im Jahr 1998 als eigenständigen gemeinnützigen Verein innerhalb der weltweit tätigen „Reporters sans Frontières International“ (RSF) mit Sitz in Paris zu breiter öffentlicher Wahrnehmung. Dafür verantwortlich war zum einen das jährlich präsentierte weltweite Pressefreiheitsranking, in dem in den letzten Jahren Österreich unter den von Sebastian Kurz geführten Regierungen erheblich an Terrain verloren hat. „Rubina Möhring hat sich nie gescheut, ihre fundierte Kritik sehr klar öffentlich zu artikulieren. Das war gewiss auch ein Grund, warum Rubina viele für die Mitarbeit bei Reporter ohne Grenzen leicht gewinnen konnte. Denn es gilt frühzeitig auf Verluste an Medienfreiheit aufmerksam zu machen und öffentlich Druck zur Besserung der Verhältnisse zu entwickeln“, betont Erhard Stackl, Vizepräsident von „Reporter ohne Grenzen“.

Rubina Möhring hatte auch eine ausgeprägte Gabe, geradezu prophetisch in die Zukunft zu sehen und Herausforderungen zu erkennen, so Hannes Tretter, Vorstandsmitglied von ROG Österreich, der von ihr im Oktober 2015 eingeladen wurde, im Rahmen eines „Dialogue on Journalism“, veranstaltet von der OSCE Representative on Freedom of the Media and Reporters without Frontiers Austria, in der Wiener Hofburg einen „Workshop for young Russian and Ukrainian journalists“ zu halten …

Ein zweiter Pfeiler ihrer Arbeit lag in den letzten beiden Jahrzehnten darin, auf gefährdete Journalist*innen, insbesondere in Ost- und Südosteuropa auch in Österreich aufmerksam zu machen und sie durch den „Press Freedom Award“ zu stützen. Die Verleihung im letzten Jahr wurde Covid-bedingt auf heuer verschoben. Bei der Neuplanung wäre niemand auf die Idee gekommen, dass sie ohne Möhring stattfinden könnte. „Denn Rubina,“ so Fritz Hausjell, der zweite Sprecher von „Reporter ohne Grenzen“ „war nicht nur eine ungemein mutige, leidenschaftliche Kämpferin für die Freiheit des Journalismus, sondern war selbst durch mehrere gesundheitliche Tiefschläge nicht unterzukriegen. Vor zwei Tagen telefonierten wir noch über Details jüngster Planungen. Sie „gestand“, gerade schwach zu sein. Doch dann folgte sogleich ihr erfrischendes helles Lachen. Dieses und vieles andere werden ihre guten Freundinnen und Freunde bald vermissen.“

Denn gerade jetzt braucht die liberale Demokratie in Österreich eine starke Pressefreiheits-NGO, die gemeinsam mit anderen Organisationen der Zivilgesellschaft dafür Sorge trägt, dass das Rad der Zeit wieder nach vorne gedreht wird, verspricht der Vorstand von „Reporter ohne Grenzen Österreich“: Er will „die von Rubina Möhring hierzulande mit Gleichgesinnten entzündeten Flammen für die Freiheit des Journalismus kräftig am Lodern zu halten.“

Zugleich sind die Gedanken der Vorstandsmitglieder und wohl auch die der Unterstützer*innen von „Reporter ohne Grenzen Österreich“ bei den Kindern von Rubina Möhring, die ihre großartige Mutter und Freundin viel zu früh vermissen müssen.

“Wir verlieren mit ihr eine aktive Vorkämpferin für Presse- und Medienfreiheit und Transparenz. Mein Mitgefühl und mein Beileid gilt nun ihren Angehörigen”, reagierte SPÖ-Mediensprecher Jörg Leichtfried auf den Tod Möhrings. Auch NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter zollte der langjährigen ROG-Präsidentin Respekt. “Mit ihr verlieren wir eine über die Maßen engagierte Kämpferin für Presse- und Medienfreiheit. In Zeiten, wo einerseits die unabhängige, freie und kritische Berichterstattung weltweit wohl wichtiger denn je ist, andererseits jedoch die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten immer mehr unter Druck gerät, wird die Tatkraft und das Engagement von Rubina Möhring besonders schmerzlich fehlen.”

Bitte entnehmen Sie den beruflichen Werdegang aus dem „Austria-Forum“:




PA: Entfremdung von Mensch und Natur: zentraler Faktor für Hunger- und Umweltkrisen

Brot für die Welt und FIAN legen Jahrbuch zum Recht auf Nahrung vor

Welternährung, Klimagerechtigkeit, Menschenrechte und der Schutz der Biodiversität gehören zusammen. Die evangelische Aktion für Entwicklungszusammenarbeit Brot für die Welt und die Menschenrechtsorganisation FIAN legen zum morgigen Welternährungstag das „Jahrbuch zum Recht auf Nahrung“ vor. Darin beleuchten sie die Ursachen von Umweltzerstörung, Hunger und Ausbeutung und stellen Handlungsalternativen vor. Gleichzeitig fordern sie von der Bundesregierung eine Kehrtwende bei der Bekämpfung von Hunger und Mangelernährung.

„Die industrielle Landwirtschaft ist mit dem Versprechen angetreten, den Hunger zu besiegen. Doch die Zahl der Menschen, die an Hunger leiden, steigt seit fünf Jahren kontinuierlich an – trotz stark wachsender Agrarproduktion“, sagt Aleksandra Kolodziejczyk, Referentin bei Brot für die Welt. „Parallel dazu wird unsere Ernährung immer einseitiger. Nur drei Pflanzen – Mais, Reis und Weizen – sichern heute 60 Prozent der weltweiten pflanzlichen Kalorien und Proteine.“ Das neue Jahrbuch legt dar, wie dies zusammenhängt: die Zunahme des Hungers mit dem Klimawandel, mit dem Verlust der Biodiversität, mit der Verbreitung von Infektionskrankheiten wie Zoonosen – und dies wiederum mit der Verdrängung der bäuerlichen Landwirtschaft durch die industrielle Agrarproduktion.

Getrennte Regulierungssysteme für Mensch und Natur blockieren ganzheitliche Lösungsansätze

Ein großes Problem bei der Bewältigung der globalen Herausforderungen: Mensch und Natur werden immer weniger zusammen gedacht. Die Menschenrechtspakte schweigen sich weitgehend über Umweltfragen aus, und die UN-Umweltabkommen zu Biodiversität und Klima äußern sich nicht zu Menschenrechten. „Mit Blick auf die 2021 anstehenden UN-Konferenzen zu Ernährung, Biodiversität und Klima besteht die Chance, diese Kluft zu überwinden. Die Bundesregierung muss sich an den Bedürfnissen marginalisierter Bevölkerungsgruppen in den Ländern des Südens orientieren und diese bei der Vorbereitung der Gipfel substantiell einbinden“, so Tina Wirnsberger von FIAN Österreich.

„Wenn wir das Recht auf Nahrung umsetzen wollen und Ernährung ausgewogen gestalten wollen, müssen wir die Ernährungssysteme in Richtung Agrarökologie entwickeln. So erhalten wir die Vielfalt der Sorten, und die Landwirtschaft kann sich besser an die Folgen des Klimawandels anpassen“, sagt Kolodziejczyk. „Hierfür müssen die Rechte von Bauern, indigenen Völkern und all jenen Gemeinschaften, die sich um lokale Ökosysteme kümmern und mittels der Agrarökologie nachhaltig Nahrungsmittel produzieren, im Mittelpunkt stehen“, ergänzt Wirnsberger.  Kleinbäuerinnen und -bauern und Indigene sind Vorreiter eines solchen Wandels, denn sie produzieren jetzt schon bis zu 80 Prozent der Lebensmittel im globalen Süden, obwohl sie nur über 25 Prozent der Agrarfläche verfügen.
Das Jahrbuch fordert eine grundsätzliche Umgestaltung der Art und Weise, wie wir Lebensmittel produzieren, verteilen und konsumieren – aber auch, wie wir uns kollektiv gegen die Ausbeutung der Natur wehren. Notwendig ist eine viel engere Zusammenarbeit der Bewegungen für Klimagerechtigkeit, Ernährungssouveränität und Menschenrechte.
 
Hinweise für Redaktionen:
Das aktuelle Jahrbuch zum Recht auf Nahrung – der Right to Food and Nutrition Watch – mit dem diesjährigen Titel „Overcoming Ecological Crises: Reconnecting Food, Nature and Human Rights” wird bei der Aktionswoche des Welternährungsrats (Committee on World Food Security, CFS) in Rom offiziell vorgestellt. Es erscheint in englischer, französischer, portugiesischer und spanischer Sprache, die Autorinnen und Autoren sind Teil des Global Network for the Right to Food and Nutrition. Diesem Netzwerk gehören 49 Organisationen aus aller Welt an.

Eine gedruckte Ausgabe senden wir gerne zu. Sie können das Jahrbuch hier abrufen: https://www.righttofoodandnutrition.org/files/rtfn_watch12-2020_eng.pdf

Hintergrund

  • 23 % des globalen Ausstoßes von Treibhausgasen sind auf die Landwirtschaft zurückzuführen.
  • Nach Angaben der UN könnten durch die COVID-Pandemie 132 Millionen Menschen zusätzlich akuter Hungersnot ausgesetzt sein.
  • Unsere Ernährung wird immer einseitiger und stärker der industrielle Produktion angepasst: Nur drei Pflanzen – Mais, Reis und Weizen – bilden heute die Grundlage für 60% der pflanzlichen Kalorien und Proteine.
  • Nur noch 4 % der etwa 300.000 essbaren Pflanzen nutzt der Mensch tatsächlich für die Ernährung.
  • Kleinbauern und Kleinbäuerinnen bewirtschaften nur etwas 25% des Agrarlandes weltweit. Sie produzieren jedoch im Globalen Süden bis zu 80 % der Nahrungsmittel.

Rückfragen:
Tina Wirnsberger, FIAN Österreich, tina.wirnsberger@fian.at
Martina Mathe, Brot für die Welt Österreich, 01 4026764-1110, m.mathe@brot-fuer-die-welt.at




Für die Zukunft, gegen die Ungleichheit

Warum wir einen Corona-Lastenausgleich der Reichsten brauchen. Von David Walch, Attac Österreich

Auf unsere Gesellschaft kommen gigantische Lasten zu, weil Corona-Krise und die Maßnahmen zu seiner Bewältigung eine tiefe Wirtschaftskrise auslösen. Die Arbeitslosigkeit ist in Österreich heute höher als je zuvor in der Zweiten Republik. Diese Lasten werden uns noch jahrelang verfolgen – und jemand wird sie tragen müssen.

In der Wirtschaftskrise nach 2008 war das die breite Bevölkerung. Auch jetzt besteht die Gefahr, dass nach der Krise Arme und Arbeitslose draufzahlen, ebenso wie jene, deren unverzichtbare Arbeit zu Beginn der Pandemie so gepriesen wurde – Supermarktkassierer*innen, Pflegekräfte, Putzpersonal, Erntehelfer*innen und Ärzt*innen.

Doch das Geld zur Bewältigung der Krise ist da. Der extreme Reichtum einiger weniger hat in Österreich astronomische Ausmaße erreicht. Das reichste 1 Prozent in Österreich besitzt über 40 Prozent des gesamten Privatvermögens, das sind 500 Milliarden Euro.

Deswegen fordert Attac einen „Corona-Lastenausgleich“ von den Reichsten.Konkret bedeutet das: Vermögen ab 5 Millionen Euro sollen einen gerechten Beitrag zur Bewältigung der Krise leisten. Und so funktioniert der Corona-Lastenausgleich im Detail:

  • Der Lastenausgleich hat einen Freibetrag von 5 Millionen Euro pro Person.
  • Der Eingangssatz beträgt 10 Prozent (ab 5 Millionen Euro), der mittlere Satz Euro 30 Prozent (ab 100 Millionen) und ab 1 Milliarde Euro 60 Prozent.
  • Gegenstand des Ausgleichs ist das Nettovermögen, d.h. alle Vermo?gensarten werden abzüglich eventueller Schulden in die Berechnung einbezogen.
  • Der Lastenausgleich wird in Raten über fünf Jahre bezahlt, bei Betriebsvermögen über 15 Jahre.
  • Bei Betriebsvermögen werden jährlich Lohn- und Sozialabgaben für angestelltes Personal in Österreich abgezogen. Das sichert, ja fördert sogar Arbeitsplätze und Neuanstellungen.
  • Um Ausweichreaktionen zu vermeiden, wird für die Berechnung des Corona-Lastenausgleichs ein Stichtag in der Vergangenheit (Mitte März 2020) festgesetzt.
  • Ein gemeinsames internationales oder zumindest europäisches Vorgehen wäre am besten. Ist das nicht möglich, muss Österreich als Pionier vorangehen.

Mit dem Lastenausgleich könnten rund 70 bis 80 Milliarden Euro eingenommen werden – mehr als ein Drittel davon allein von Milliardär*innen.

Das ermöglicht dringend notwendige Zukunftsinvestitionen, etwa in Bildung, Gesundheit öffentliche Infrastruktur und die notwendige sozial-ökologische Umgestaltung der Wirtschaft. Der Lastenausgleich senkt zudem die krasse und jahrzehntelang gestiegene Ungleichheit und er bildet den Einstieg in eine gerechtere Besteuerung von Vermögen.

Historisches Vorbild: Der deutsche Lastenausgleich 1949

Der Corona-Lastenausgleich mag radikal erscheinen, doch es gibt historische Vorbilder. Das bekannteste Beispiel ist der deutsche Lastenausgleich nach dem Zweiten Weltkrieg. 1949 erhob der Staat eine Abgabe von 50 Prozent auf Grund-, Betriebs- und Finanzvermögen. Der Lastenausgleich trug wesentlich zum Wiederaufbau bei.

Bereits 10.000 Einzelpersonen und zahlreiche prominente Ökonom*innen unterstützen den Corona-Lastenausgleich unter www.attac.at/lastenausgleich.




Rechercheliste zum Nachhaltigen Entwicklungsziel – SDG 10 Ungleichheit verringern

Infos und Input rund um SDG 10 Weniger Ungleichheiten – Ungleichheit in und zwischen Ländern verringern.

SDG 10 hat es in Zeiten der Corona-Pandemie und der wirtschaftlichen Folgen in sich: Auch unterschiedlichen Ebenen trifft die Krise die Ärmeren stärker als die Wohlhabenden.
Umso wichtiger ist es zu fragen, wie Individuen und Staaten nicht nur die Krise akut überstehen können, sondern wie langfristig die Ungleichheit in und zwischen Ländern verringert werden kann.
Auch das wieder sehr aktuelle Thema Migration spielt eine Rolle, besagt SDG 10 doch u.a. als Ziel „geordnete, sichere, reguläre und verantwortungsvolle Migration und Mobilität von Menschen (zu) erleichtern“.

SDG 10 im Detail
SDG Watch Austria ist sowas wie der SDG-Watchdog in Österreich, ein Zusammenschluss von mehr als 180 zivilgesellschaftlichen und gemeinnützigen Organisationen, die sich gemeinsam für eine ambitionierte Umsetzung der Agenda 2030 einsetzen. Die Plattform beschreibt das Ziel 10 im Detail im Sinne der Vereinten Nationen wie folgt:

10.1 Bis 2030 nach und nach ein über dem nationalen Durchschnitt liegendes Einkommenswachstum der ärmsten 40 Prozent der Bevölkerung erreichen und aufrechterhalten

10.2 Bis 2030 alle Menschen unabhängig von Alter, Geschlecht, Behinderung, Rasse, Ethnizität, Herkunft, Religion oder wirtschaftlichem oder sonstigem Status zu Selbstbestimmung befähigen und ihre soziale, wirtschaftliche und politische Inklusion fördern

10.3 Chancengleichheit gewährleisten und Ungleichheit der Ergebnisse reduzieren, namentlich durch die Abschaffung diskriminierender Gesetze, Politiken und Praktiken und die Förderung geeigneter gesetzgeberischer, politischer und sonstiger Maßnahmen in dieser Hinsicht

10.4 Politische Maßnahmen beschließen, insbesondere fiskalische, lohnpolitische und den Sozialschutz betreffende Maßnahmen, und schrittweise größere Gleichheit erzielen

10.5 Die Regulierung und Überwachung der globalen Finanzmärkte und -institutionen verbessern und die Anwendung der einschlägigen Vorschriften verstärken

10.6 Eine bessere Vertretung und verstärkte Mitsprache der Entwicklungsländer bei der Entscheidungsfindung in den globalen internationalen Wirtschafts- und Finanzinstitutionen sicherstellen, um die Wirksamkeit, Glaubwürdigkeit, Rechenschaftslegung und Legitimation dieser Institutionen zu erhöhen

10.7 Eine geordnete, sichere, reguläre und verantwortungsvolle Migration und Mobilität von Menschen erleichtern, unter anderem durch die Anwendung einer planvollen und gut gesteuerten Migrationspolitik

10.a Den Grundsatz der besonderen und differenzierten Behandlung der Entwicklungsländer, insbesondere der am wenigsten entwickelten Länder, im Einklang mit den Übereinkünften der Welthandelsorganisation anwenden

10.b Öffentliche Entwicklungshilfe und Finanzströme einschließlich ausländischer Direktinvestitionen in die Staaten fördern, in denen der Bedarf am größten ist, insbesondere in die am wenigsten entwickelten Länder, die afrikanischen Länder, die kleinen Inselentwicklungsländer und die Binnenentwicklungsländer, im Einklang mit ihren jeweiligen nationalen Plänen und Programmen

10.c Bis 2030 die Transaktionskosten für Heimatüberweisungen von Migranten auf weniger als 3 Prozent senken und Überweisungskorridore mit Kosten von über 5 Prozent beseitigen

Zum vollständigen Resolutionstext in deutscher Übertragung

Aspekte & Fragestellungen rund um SDG 10:

  • Wie kann angesichts von COVID-19 das Entwicklungsziel SDG 10 erreicht werden?
  • Was bedeutet Solidarität, was stärkt bzw. was mindert in der Pandemie die Zusammenarbeit über Länder- und Kontinentalgrenzen hinweg?
  • Wie kann Ungleichheit in der Gesundheitsversorgung – jetzt so zentral – möglichst rasch aber auch nachhaltig bekämpft werden?
  • Wie kann eine geregelte, verantwortungsvolle Migrations- und Mobilitätspolitik aussehen?
  • Wie können Frauen, in Europa und nicht zuletzt im Globalen Süden, gestärkt werden?
  • Das Problem mit den Daten – wie können verlässliche Daten für die Ungleichheitsforschung geschaffen werden?
  • Stichwort Vermögen: Wie kann gegen die immer größere Schere zwischen Arm und Reich entgegengewirkt werden?

Fakten

Prekär beschäftigt: Laut Internationaler Arbeitsorganisation (ILO) arbeiten 53 Prozent der LateinamerikanerInnen im informellen Sektor. In einigen Ländern Asiens und fast im gesamten Sub-Sahara-Afrika sind mehr als zwei Drittel der Bevölkerung im informellen Sektor tätig.


Die Schere klafft weiter auf:
Einer neuen Studie des deutschen Versicherungskonzern Allianz zu Folge habe sich die Kluft zwischen reichen und armen Ländern wieder vergrößert – auch die Corona-Krise scheint dieser Entwicklung keinen Abbruch zu tun: Demnach besitzen aktuell die reichsten zehn Prozent – 52 Millionen Menschen in den 57 untersuchten Ländern – zusammen rund 84 Prozent des gesamten Vermögens. Und das eine Prozent der Superreichen darunter besitzt fast 44 Prozent der Gesamtsumme.

Ärmere werden ärmer: Nach Angaben der Bank Credit Suisse ist das gemeinsame Vermögen der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung von rund 154 Milliarden US-Dollar 2017 auf 136,962 Milliarden US-Dollar 2018 zurückgegangen. Das sind über 17 Mrd. US-Dollar innerhalb eines Jahres, knapp 500 Millionen US-Dollar am Tag oder 11%.
Quelle: Oxfam

Gini-Koeffizient: Eine Möglichkeit, Ungleichheit zu dokumentieren, ist der sogenannte Gini-Koeffizient. Eine Herausforderung sind dabei die Daten der Länder, denn sie sind teils aus sehr unterschiedichen Jahren. In jedem Fall deutlich wird die Differenz zwischen Globalen Norden und Süden. Viele afrikanische Staaten verzeichnen einen hohen Gini-Koeffizienten – also eine hohe Ungleichheit bezüglich Einkommen im Land – europäische Staaten schneiden hier gut ab.
Vgl. https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/rankorder/2172rank.html

Übrigens, Reichtum ist ein Klimakiller: Laut einem Oxfam-Bericht sind die reichsten zehn Prozent – im Jahresschnitt 630 Millionen Menschen – für über die Hälfte (52 Prozent) der Treibhausgas-Emissionen verantwortlich, die in dem Vierteljahrhundert ausgestoßen wurden.
Das reichste eine Prozent alleine schädigte das Klima sogar doppelt so stark wie die ärmere Hälfte der Welt: Es verantwortete 15 Prozent der Gesamtemissionen, die ärmere Hälfte hingegen nur rund sieben Prozent.

Weiterführendes & Ansprechpersonen

Warum wir einen Corona-Lastenausgleich der Reichsten brauchen.
Ein Kommentar von David Walch, Attac Österreich

Generell muss man zwischen Ungleichheit zwischen Staaten und innerhalb von Ländern unterscheiden. Einen generellen Überblick gibt die deutsche Bundeszentrale für politische Bildung.
https://www.bpb.de/veranstaltungen/netzwerke/teamglobal/67430/globale-ungleichheiten

INEQ-Institut der WU Wien: Die Suche nach den Ursachen und Auswirkungen der steigenden Ungleichverteilung von Arbeits-, Einkommens-, Vermögens- und Lebenschancen hat sich in den vergangenen Jahren zu einem der bedeutendsten Forschungsgebiete der Sozialwissenschaften entwickelt. Das Forschungsinstitut des INEQ-Instituts hat das Ziel, gesellschaftliche Ungleichheit in ihren vielschichtigen Facetten zu analysieren – auf nationaler wie internationaler Ebene.
www.wu.ac.at/ineq
www.wu.ac.at/ineq/ineq/team

Thema Ungleichheit – das Problem mit den Daten:
https://www.derstandard.at/story/2000119936834/die-ungleichheit-beim-einkommen-und-das-problem-mit-den-daten

Als Fallbeispiel in Bezug auf afrikanische Länder:
https://www.suedwind-magazin.at/das-dilemma-mit-dem-zahlenwerk


Yannick Lefang
ist Gründer der Datenfirma Kasi Insight, die zu dem Thema arbeitet:
https://www.kasiinsight.com/about-us

World Inequality Database
https://wid.world
Thomas Piketty, französischer Starökonom zum Thema Ungleichheit und Autor des Bestsellers „Das Kapital im 21. Jahrhundert“, hat zusammen mit dem Wissenschaftler Lucas Chancel eine Datenbank zu globalen Ungleichheiten aufgesetzt.

2019 erschien im Mandelbaumverlag das Buch „Globale Ungleichheit“ von Karin Fischer und Margarete Grandner (Hrsg.).

Das Institut für Nachhaltiges Wirtschaften, das u.a. auf die SDGs fokussiert, setzt sich für wirtschaftliche Kooperation in Zeiten der Corona-Krise ein.
https://nachhaltiges-wirtschaften.at/institut

Geht es überhaupt nur durch alternative Wirtschaftsansätze? Dieser Frage stellt sich die Degrowth-Bewegung, die derzeit besonders in Wissenschaft & Forschung verortet ist:
https://www.degrowth.info




PA: Tag des Denkmals: Österreich unterstützt den Wiederaufbau nepalesischer Kulturstätten

8 Millionen Menschen – fast ein Drittel der Bevölkerung – waren von den verheerenden Erdbeben betroffen, die Nepal im Frühjahr 2015 erschütterten. Gemeinsam mit der Universität für angewandte Kunst Wien unterstützt die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit den Wiederaufbau historischer Bauten in Patan – ein Beitrag für den Erhalt des UNESCO-Weltkulturerbes und für bessere Perspektiven in einem Land, das zu den ärmsten Staaten der Welt zählt.

Wien/Patan, 28.09.2020 – Jedes Jahr am 29. September öffnen österreichische Denkmäler, die regulär nicht öffentlich zugänglich sind, ihre Türen. Auch wenn sein Programm in Zeiten von Corona wohl etwas anders ausfallen wird als sonst, verdeutlicht der Tag des Denkmals einmal mehr die identitätsstiftende Kraft von Kunst und Kultur – und das nicht nur in Österreich. Denn bei dem massiven Erdbeben, das Nepal am 25. April 2015 erschütterte, geriet auch diese Kraft ins Wanken. Große Teile des Kathmandu-Tals lagen in Schutt und Asche, mehr als 9.000 Menschen verloren ihr Leben, 22.000 Menschen wurden verletzt. Zweieinhalb Wochen später bebte die Erde erneut, was die Zahl der Verstorbenen nochmals in die Höhe trieb und die Zerstörung im Land verschlimmerte.
 
Besonders am Durbar-Platz in Patan, einem der drei sogenannten „Königsplätze“ im Kathmandu-Tal, und an seinen historischen Bauten, die seit 1979 Teil des UNESCO-Weltkulturerbes sind, wurde das Ausmaß der Katastrophe sichtbar: Tempel und Säulen waren eingestürzt oder stark beeinträchtigt, reich verzierte Dachaufbauten und Teile des Königspalastes schwer beschädigt. Neben unmittelbarer humanitärer Hilfe war Nepal auch beim Wiederaufbau der zerstörten Kulturstätten auf rasche Unterstützung angewiesen. Sie kam unter anderem über die Universität für angewandte Kunst Wien und die Austrian Development Agency (ADA).
 
Epizentren kultureller Identität
„Die Bewahrung und Restaurierung des nepalesischen Weltkulturerbes und der Wiederaufbau der Kulturstätten in Patan sind wichtig, da sie eng mit den Traditionen, der Lebensweise und kulturellen Identität Nepals verknüpft sind. Dass unser Institut seit 2010 einen Teil dazu beitragen und sich hier besonders nach den verheerenden Erdbeben 2015 verstärkt einbringen kann, ist für mich persönlich wie beruflich enorm bereichernd“, sagt Universitätsprofessorin Gabriela Krist, die das Institut für Konservierung und Restaurierung an der Universität für angewandte Kunst Wien und das Projekt in Nepal leitet.
 Seit August 2015 wurden sieben Denkmäler und Bauwerke sowie zahlreiche Kunstwerke und Museumsexponate wie etwa der Königsthron im Museum von Patan restauriert. Ebenso konnten die komplett eingestürzten Pagodentempel großteils wiederaufgebaut werden.  
 
Mit- und voneinander lernen
Die Restaurierung lebendigen Kulturerbes erfordert besonderes Einfühlungsvermögen und Sensibilität für die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung. Restauratorinnen und Restauratoren aus Österreich arbeiten hier eng mit dem Kathmandu Valley Preservation Trust und lokalen Fachkräften zusammen. Nepalesische Handwerker, Architektinnen und Architekten, Studierende der Museologie, Museumspersonal sowie Lehrende und Studierende des Wiener Instituts lernen dabei gleichermaßen von- und miteinander.
Planmäßig sollen die Restaurierungsarbeiten und der Wiederaufbau bis Oktober 2021 abgeschlossen sein. Doch auch in Nepal hat die Corona-Pandemie vieles zum Erliegen gebracht.
 
Beitrag von Kunst und Kultur für nachhaltige Entwicklung
„Die Bewältigung einer Katastrophe von dem Ausmaß, wie wir es vor fünfeinhalb Jahren in Nepal erlebt haben, ist für jedes Land eine immense Herausforderung. Umso mehr ist sie das für ein Land, in dem mehr als jede Dritte und jeder Dritte pro Tag mit lediglich 3,20 US-Dollar auskommen muss. Ich bin daher besonders dankbar, dass wir mit diesem Projekt nicht nur einen Beitrag zur Wahrung der kulturellen Identität Nepals leisten, sondern dass damit auch bis zu 100 lokale Arbeitsplätze geschaffen werden“, betont ADA-Geschäftsführer Martin Ledolter.
 
Expertise und finanzielle Unterstützung aus Österreich
Die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit fördert die Restaurierungsarbeiten in Patan, der heute drittgrößten Stadt Nepals, mit 440.000 Euro. Weitere finanzielle Unterstützung kommt vom Bundeskanzleramt, dem Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten, dem Universitätsnetzwerk Eurasia-Pacific Uninet und der Universität für angewandte Kunst Wien.
 Österreich verbindet eine lange Beziehung mit Nepal, wo wegen der COVID-19-Krise zuletzt rückläufige Armutszahlen ersten Prognosen zufolge wieder im Steigen begriffen sind. Mit dem Tag des Denkmals leistet Österreich jedes Jahr einen Beitrag zu den Europäischen Tagen des Kulturerbes, die das öffentliche Bewusstsein für Vielfalt schärfen und den Wert kulturellen Erbes vertiefen wollen.

Fotos zum kostenlosen Download

Austrian Development Agency 
Die Austrian Development Agency, die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, unterstützt Länder in Afrika, Asien, Südost- und Osteuropa bei ihrer nachhaltigen Entwicklung. Gemeinsam mit öffentlichen Einrichtungen, Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen setzt die ADA derzeit Projekte und Programme mit einem Gesamtvolumen von 500 Millionen Euro um. 

Rückfragehinweis:
Austrian Development Agency,
die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit
Zelinkagasse 2, 1010 Wien
Mag. Katharina Schreiber
Tel.: +43 (0)1 90399 – 2414 
katharina.schreiber@ada.gv.at
 www.entwicklung.at




Interviewmöglichkeit mit MenschenrechtbeobachterInnen in Bolivien

Die Human Rights Foundation (Menschenrechtsorganisation mit Hauptsitz in New York) bietet Interviewmöglichkeiten mit MitarbeiterInnen, die sich aktuell in Bolivien befinden und die Lage seit dem Ausbruch der Proteste gegen Evo Morales und dessen Rücktritt beobachten.

Kontakt:
Natalia Ciolko
Human Rights Foundation
natalia.ciolko@hrf.org
Telefon und Whatsapp: +12102757842




Recherche-Hinweis: 1/2019: „Kein Hunger“ Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern

“Every five seconds one child under the age of 5 dies from hunger or malnutrition-related disease. Every four minutes, one person loses his or her eyesight for lack of vitamin A. More than 852 million people do not get enough food each day to sustain a normal life. This is a shame on humanity. It is time to enforce the right to food.”

Jean Ziegler, Former UN-Special Rapporteur on the Right to Food

Für den Großteil der 850 Millionen von Hunger betroffener Menschen sind Nahrungsmittel-mangel und Mangelernährung Teil ihrer Alltagssituation. Hunger hat viele Ursachen. Naturkatastrophen und Kriegen sind „nur“ punktuelle Auslöser für Hungerkatastrophen. Vielmehr sind es die global-systemischen Herausforderungen unseres neoliberalen, kapitalistischen Wirtschafts- und Agarsystems, die dazu führen, dass Menschen im 21. Jahrhundert an Hunger sterben –  und das, obwohl genug Nahrungsmittel produziert werden, um alle Menschen weltweit ausreichend ernähren zu können.
MEHR
Download für die komplette Rechercheliste als PDF


Interessante Aspekte und Fragen  zu SDG 2 – Kein Hunger

  • Jedes fünfte Brot landet im Müll! Wien wirft jeden Tag so viel Brot weg, wie man bräuchte um ganz Graz zu ernähren! Ist Hunger nur ein Verteilungsproblem?
  • Land Grabbing: Warum in Ländern des Globalen Südens die Lebensmittelpreise steigen, wenn bei uns die Nachfrage nach Biosprit steigt.
  •  Drei globale Konzerne bestimmen weltweit den Saatgut- und damit den Lebensmittel-Markt. Patente auf konventionell gezüchtet Pflanzen wurden bereits vergeben. Welche Auswirkungen hat das auf die Biodiversität, auf den Erhalt von Ökosysteme und auf die Vielfalt von Saatgut und Kulturpflanzen – vor allem im Anbetracht deren Anpassungserfordernisse hinsichtlich des Klimawandels?
  • Ißt die Erde Mensch die auf? Wie viel Raum gestehen wir  wildlebenden Tier- und Pflanzenarten noch zu?
  • „Smart Farming“: Big Data und Digitalisierung der Nahrungsmittelproduktion: ein Fluch oder ein Segen?

Projekte / Organisationen / Ansprechpersonen

Organisationen, die sich für menschwürdige Arbeit und nachhaltiges Wirtschaften auf globaler Ebene einsetzen:
in
Österreich:

und international:


Leitlinien/Handbücher/ Reports / Schattenberichte:


Ausgewählte Medien (Bücher, Filme etc.) zum Thema aus der  C3-Bibliothek für Entwicklungspolitik 

a.) Ernährungssicherheit jenseits des Weltmarktes …

b.) Zugang zu Lebensmittel / Ressourcen – Land Wasser Saatgut …

c.) Vielfalt von Saatgut, Kulturpflanzen sowie Nutz- und Haustieren und ihren wildlebenden Artverwandten…

d.) Good Practice Examples:


Sozial fair, ökologisch nachhaltiges Wirtschaften und verantwortungsvoller Konsum von Lebensmittel




“ Kein Hunger“ Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern

“Every five seconds one child under the age of 5 dies from hunger or malnutrition-related disease. Every four minutes, one person loses his or her eyesight for lack of vitamin A. More than 852 million people do not get enough food each day to sustain a normal life. This is a shame on humanity. It is time to enforce the right to food.”

Jean Ziegler, Former UN-Special Rapporteur on the Right to Food

Für den Großteil der 850 Millionen von Hunger betroffener Menschen sind Nahrungsmittel-mangel und Mangelernährung Teil ihrer Alltagssituation. Hunger hat viele Ursachen. Naturkatastrophen und Kriegen sind „nur“ punktuelle Auslöser für Hungerkatastrophen. Vielmehr sind es die global-systemischen Herausforderungen unseres neoliberalen, kapitalistischen Wirtschafts- und Agarsystems, die dazu führen, dass Menschen im 21. Jahrhundert an Hunger sterben –  und das, obwohl genug Nahrungsmittel produziert werden, um alle Menschen weltweit ausreichend ernähren zu können.

Dabei wissen wir schon lange: industrielle Agrarwirtschaft ist von fossilen Treibstoffen und chemischen Hilfsmitteln abhängig, erkennt die Begrenztheit der Ressourcen wie Boden und Wasser nicht an und trägt zum Artensterben, Klimawandel, zur Umweltzerstörung und verschlechterten Arbeitsbedingungen in der Lebensmittelproduktion bei.  Zudem werden seit Jahrhunderten erfolgreich bestehende kleinbäuerliche Strukturen zerstört, Ungleichheit wird verstärkt. Profitversprechen wiegen schwerer als Nutzen und Qualität der Nahrungsmittel selbst.

Ernährungssouveränität ist das Recht von Menschen, über die Art und Weise der Produktion, der Verteilung und der Konsumtion von Lebensmitteln selbst zu bestimmen. Sie ist das Recht zur demokratischen Gestaltung des eigenen Agrarsystems, ohne dabei Anderen oder der Umwelt zu schaden. Ernährungssouveränität, Menschenrechten sowie Schutz und gerechter Zugang zu natürlichen Ressourcen sind zentrale Ansätze von bäuerlicher, umwelt-, wirtschafts-, und entwicklungspolitischer Organisationen zur Verwirklichung des – Sustainable Development Goal „Kein Hunger“ – kurz SDG 2.




Hintergrundinfo: Ein neues Bekenntnis der EU-Kommission zu den SDGs – ein wichtiger Mosaikstein zur Zukunft Europas

ÖFSE Policy Note 30 von Michael Obrovsky

Die Europäische Kommission hat mit dem Reflexionspapier „Auf dem Weg zu einem Nachhaltigen EUROPA bis 2030“ Ende Jänner 2019 eine brauchbare Diskussionsgrundlage mit drei Szenarien zur Umsetzung der Sustainable Development Goals (SDGs) in Europa vorgelegt. Jetzt liegt es an den WählerInnen des EU-Parlaments und an den Regierungen der Mitgliedsländer zu entscheiden, wie ein nachhaltiges Europa bis 2030 gestaltet werden kann.

Michael Obrovsky ist Kommunikationswissenschafter und seit 1984 wissenschaftlicher Mitarbeiter der ÖFSE. Schwerpunkte seiner Arbeit sind vor allem Fragen der österreichischen und internationalen Entwicklungspolitik, Entwicklungszusammenarbeit und  Entwicklungsfinanzierung.

Das Papier zum Downloaden finden Sie hier: https://44401.seu1.cleverreach.com/c/28804113/b98a3773176e-pp2qjq