Archiv der Kategorie: Corona

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PA: Gesundheit als Basis für Entwicklung

Gesundheit ist eine Grundvoraussetzung für nachhaltige Entwicklung. Umgekehrt ist nachhaltige Entwicklung unverzichtbar für ein gesundes Leben. Denn Armut ist einer der gravierendsten Krankheitstreiber. Was es braucht, um diesem Teufelskreis zu entkommen, und wie Österreich dabei seine Partnerländer unterstützt, zeigt die aktuelle Ausgabe der Weltnachrichten, des Magazins der Austrian Development Agency (ADA).

Wien, 21. Juni 2021 – Armut führt zu Hunger, Unter- oder Mangelernährung und ist damit eine der häufigsten Krankheitsursachen. Faktoren wie Arbeitslosigkeit, mangelnde Schulbildung oder fehlende Möglichkeiten zur Familienplanung wirken sich zusätzlich negativ auf die Gesundheit aus.
 
Gesundheit ist das Recht jedes Menschen, sie ist aber auch unerlässlich für die Entwicklung von Gesellschaften. Das verdeutlichen die 17 Globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDGs), von denen sich mehr als ein Dutzend auf Gesundheit beziehen. SDG 3 zielt explizit auf Gesundheit und Wohlergehen für alle ab.
 
Ungleich verteilt
Wie benachteiligt viele Regionen der Welt noch immer sind, zeigen folgende Zahlen der Weltbank: Lag die durchschnittliche Lebenserwartung in Österreich 2018 bei 82 Jahren, so betrug sie etwa in Uganda nur 63 und in Burkina Faso 61 Jahre. Auch bei der Säuglingssterblichkeit gibt es große Unterschiede. Während in Österreich 2019 drei Säuglinge pro 1.000 Geburten nicht überlebten, waren es in Mosambik 55 und in Bhutan 24. Bei der Versorgung mit Spitalsbetten gibt es ebenfalls eine große Kluft. In Österreich stehen für 1.000 Einwohnerinnen und Einwohner 7,3 Spitalsbetten zur Verfügung (2018), in Äthiopien etwa nur 0,3 (2016).
 
Außerdem mangelt es Ländern des Globalen Südens an Geld und qualifiziertem Personal für ein funktionierendes Gesundheitssystem. Allein in Afrika fehlen rund 3 Millionen Gesundheitsfachkräfte. Hinzu kommt vielerorts die überalternde Bevölkerung, auf die die Gesundheits- und Sozialsysteme meist nicht ausgerichtet sind.
 
Schlüssel zum Erfolg
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Umsetzung der SDGs. Damit Ziel 3 „Gesundheit und Wohlergehen für alle“ erreicht wird, braucht es eine integrierte Entwicklung, die die Wechselwirkung zwischen Gesundheit und sozialen, ökonomischen und ökologischen Faktoren wie Einkommen, Bildung, Transport, Handel, Landwirtschaft oder Umwelt und Klima berücksichtigt.
 
Die Schwächsten unterstützen
Die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit setzt dort an, wo sie über langjährige Expertise verfügt. Im Flüchtlingscamp Imvepi im Norden Ugandas etwa unterstützt sie das Rote Kreuz dabei, die hygienische Situation zu verbessern. Denn verschmutztes Wasser, mangelnde oder unsichere Toiletten sowie unhygienische Verhältnisse sind eine Brutstätte für Krankheiten. In den Schulen und am Markt des Camps gibt es nun Latrinen anstatt „fliegender Toiletten“ – so wurden die Plastiktüten genannt, in denen davor oft die Notdurft entsorgt werden musste. Ein Zentrum für Abfallmanagement ist am Entstehen.
 
Bereits seit 2011 beteiligt sich die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit an einem Programm der Vereinten Nationen, das sich für die medizinische Grundversorgung palästinensischer Flüchtlinge einsetzt. Bisher hat sie dazu 12,6 Millionen Euro beigetragen. Damit konnten 2,7 Millionen Menschen erreicht werden.
 
In Nepal arbeitet Österreich gemeinsam mit der zivilgesellschaftlichen Organisation PHASE daran, dass Schwangere, stillende Mütter und Kinder in ländlichen Gemeinden besser versorgt und ernährt sind. Denn ausreichende und ausgewogene Ernährung gilt als Grundvoraussetzung für ein gesundes Leben.
 
Außerdem in den Weltnachrichten 2/2021 zu lesen:

  • Zwischen Terror und Virus: Burkina Faso im Würgegriff zweier Gefahren
  • Vernachlässigte Tropenkrankheiten: Problem der Armen. Ein Interview mit Mwelecele Ntuli Malecela, Leiterin der Abteilung für die Kontrolle vernachlässigter Tropenkrankheiten der Weltgesundheitsorganisation
  • Damit das Lächeln zurückkehrt: In der kenianischen Region Kisumu steht es nicht gut um reproduktive Gesundheit und Frauenrechte. Durch Aufklärung, Verhütungsangebote und Rechtshilfe soll sich das ändern.

Die Weltnachrichten berichten vierteljährlich über entwicklungspolitische Themen. Herausgeber ist die Austrian Development Agency. Alle Beiträge, Reportagen, Interviews und Geschichten sind auch online nachzulesen. Die Weltnachrichten sind kostenlos. Bestellungen unter oeza.info@ada.gv.at.
 
Austrian Development Agency
Die Austrian Development Agency, die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, unterstützt Länder in Afrika, Asien, Südost- und Osteuropa bei ihrer nachhaltigen Entwicklung. Gemeinsam mit öffentlichen Einrichtungen, Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen setzt die ADA derzeit Projekte und Programme mit einem Gesamtvolumen von über 550 Millionen Euro um.

Rückfragehinweis:
Austrian Development Agency (ADA),
die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit
Mag. Georg Keri
Tel.: +43 1 90399-2402
georg.keri@ada.gv.at
www.entwicklung.at

PA: Amnesty International zur verheerenden COVID-19-Welle in Nepal

Nepals Politiker*innen müssen ihre Differenzen überwinden und in den kommenden Wochen entschiedene Maßnahmen ergreifen, um Tausende von Leben zu retten, während das Land eine tödliche zweite Welle von COVID-19 erleidet. Das mahnt Amnesty International in einem heute veröffentlichten Briefing unter dem Titel “Struggling to Breathe: The Second Wave of COVID-19 in Nepal” ein, in dem auch eine verstärkte Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft gefordert wird.

Während sich die nepalesische Führung in Machtkämpfe verstrickt hat, die dazu führten, dass das Parlament des Landes in den letzten fünf Monaten zweimal aufgelöst wurde, hat COVID-19 überhandgenommen. Nepal hat derzeit eine der höchsten Infektionsraten der Welt, und im April rechnete das Gesundheitsministerium des Landes mit weiteren 300.000 Fällen bis Juli. Die nepalesische Infrastruktur leidet bereits jetzt unter den aktuellen Fallzahlen, es mangelt an Sauerstoff, Intensivbetten, persönlicher Schutzausrüstung und Impfstoffen. Laut einem UN-Bericht, der am 14. Mai veröffentlicht wurde, hat Nepal weltweit die höchste „effektive Reproduktionsrate“ und die höchste Rate an positiven Tests. Die aktuelle Krise wird durch ein mutiertes Virus verschärft, das zu einer höheren Sterblichkeitsrate und zusätzlichen Komplikationen wie Lungenentzündungen führt, was den Bedarf an Sauerstoff erhöht. Auch der Mangel an COVID-19-Impfstoffen hat die Bemühungen des Landes, die Belastung des Gesundheitssystems zu reduzieren und die Ausbreitung des Virus einzudämmen, stark behindert.

„Wir erleben derzeit in Nepal die gleiche verzweifelte Situation, die wir in den letzten Monaten in Indien gesehen haben. Das Gesundheitssystem des Landes steht auf der Kippe, die Krankenhäuser stoßen an ihre Kapazitätsgrenzen, und das überlastete und hoffnungslos unterfinanzierte Personal ist nicht in der Lage, mit der überwältigenden Nachfrage Schritt zu halten“, sagte Yamini Mishra, Direktorin von Amnesty International für den asiatisch-pazifischen Raum. „Um Tausende von Leben zu retten, müssen die nepalesischen Behörden jetzt der Beschaffung und Lieferung von Sauerstoff Priorität einräumen, die bisher durch Untätigkeit und bürokratisches Gerangel aufgehalten wurde. Die internationale Gemeinschaft muss ihrerseits dringend Sauerstoff, Beatmungsgeräte, Impfstoffe und andere lebensrettende Produkte bereitstellen.“

Unterfinanziertes Gesundheitssystem, unzureichende Reaktion der Behörden
Der aktuelle Bericht “Struggling to Breathe: The Second Wave of COVID-19 in Nepal“ untersucht die verheerenden Auswirkungen des Virus auf das unterfinanzierte Gesundheitssystem des Landes und die Folgen des Mangels an Medikamenten und Ausrüstung für Krankenhauspersonal und COVID-19-Patient*innen. Das Briefing befasst sich auch mit der bisher unzureichenden Reaktion der nepalesischen Behörden und den besonders harten Auswirkungen der Pandemie auf die am meisten marginalisierten Gruppen des Landes.

COVID-19 hat sich in den letzten Monaten schnell in Nepal ausgebreitet und ist derzeit in allen sieben Provinzen des Landes verbreitet. Obwohl Gesundheitsexpert*innen glauben, dass die Zahl der Todesfälle unterschätzt wird, wurden bis zum 7. Juni nach Angaben der Regierung 7.990 COVID-19-Todesfälle in Nepal registriert, wobei das Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) bis zum 1. September 2021 eine Gesamtzahl von 34.887 Todesfällen prognostiziert.

„Wie in einem Kriegsgebiet“
Ein Mitarbeiter des Gesundheitswesens, mit dem Amnesty International sprach, fasste das Ausmaß der Situation in seinem Krankenhaus als „wie in einem Kriegsgebiet“ zusammen. Ein anderer beschrieb die Krise als schlimmer als das verheerende Erdbeben, das Nepal im April 2015 heimsuchte und bei dem fast 9.000 Menschen getötet und fast 22.000 verletzt wurden.

Weniger als 10 Prozent der Bevölkerung geimpft
Wie andere Länder in Südasien hat auch Nepal mit einem drastischen Mangel an COVID-19-Impfstoffen zu kämpfen. Bis zum 10. Mai 2021 hatten weniger als 2,5 Millionen der 30 Millionen Einwohner*innen Nepals auch nur eine Impfung erhalten – weniger als einer von zehn Menschen. COVAX, eine globale Initiative zur Unterstützung von Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen beim Zugang zu Impfstoffen, kann ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, und die reicheren Länder horten weiterhin überschüssige Vorräte weit über ihren Bedarf hinaus.

„Nepal braucht dringend mehr Impfstoffe, um diese tödliche zweite Welle von COVID-19 zu bekämpfen. Länder wie China und die USA haben jetzt zugesagt, Impfstoffe für Nepal zu liefern, doch das reicht nicht aus. Die internationale Gemeinschaft muss sich zusammentun und globale Mechanismen wie COVAX unbedingt unterstützen, um einen gerechten Zugang zu Impfstoffen zu gewährleisten und den Ressourcen- und Technologietransfer zur Herstellung von Impfstoffen vor Ort zu priorisieren“, so Yamini Mishra.

Hintergrund:
Der aktuelle Bericht von Amnesty International untersuchte den Zeitraum von 29. April bis 21. Mai 2021. Die COVID-19-Situation in Nepal ändert sich täglich, und die Zahl der verzeichneten Infektionen scheint seit dem 7. Juni zu sinken. Die in diesem Briefing genannten dringenden Forderungen bleiben jedoch für Nepal relevant, da es weiterhin mit einer hohen Anzahl von Fällen im ganzen Land zu kämpfen hat.

Rückfragen:
Presseteam Amnesty International Österreich
Lerchenfelder Gürtel 43/4/3, 1160 Wien
Eleonore Rudnay +43 664 400 10 56
E-Mail: presse@amnesty.at

KOMMENTAR DER ÖFSE: Gesundheit als globales öffentliches Gut denken!

Die Ankündigung der US-Regierung, die Gespräche in der WTO zu einem TRIPS-Waiver zu unterstützen, hat Bewegung in die internationale COVID-19 Krisenpolitik gebracht. Besonders die EU mit ihrer Blockadehaltung ist unter Zugzwang geraten. Die eilige Ankündigung, dass die EU den afrikanischen Ländern 1 Mrd. € für den Aufbau von pharmazeutischen Produktionskapazitäten zur Verfügung stellen wird, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass nur strukturelle Veränderungen des globalen Gesundheitssystems nachhaltige Verbesserungen bringen können. Es gilt, jetzt die richtigen Lehren aus der COVID-19 Pandemie zu ziehen.

Kommentar Werner Raza (ÖFSE), Mai 2021:
https://www.oefse.at/publikationen/aktueller-kommentar/aktueller-kommentar-mai-2021/

ONLINE-SYMPOSIUM: Arbeit und Menschenrechte: Lieferkettengesetze für faires Wirtschaften

Arbeitsausbeutung in Bereichen wie Erntearbeit oder 24-Stunden-Betreuung ist durch die Corona-Pandemie wieder stärker ins Zentrum öffentlicher Aufmerksamkeit gelangt.  Vor allem  Arbeitnehmer*innen in außereuropäischen Zulieferfirmen befinden sich häufig in macht- und rechtlosen Situationen. Besonders dramatisch wird diese Lage, wenn Auftraggeber*innen  Warenbestellungen stornieren und nicht bezahlen und Zulieferbetriebe daraufhin Arbeiter*innen ohne Entlohnung und Entschädigungen entlassen. Solche Aspekte fallen in den Bereich der Lieferkettenverantwortung, deren Verankerung auf nationaler und supranationaler Ebene unter den derzeitigen wirtschaftlichen Verhältnissen besonders wichtig ist.

„Die Erfahrung hat leider gezeigt, dass Arbeitsausbeutung bis hin zu schweren Menschenrechtsverletzungen mit arbeitsrechtlichen oder strafrechtlichen Mitteln nicht einmal innerstaatlich wirksam begegnet werden kann. Falls überhaupt Entschädigungszahlungen geleistet werden, erscheinen diese unbedeutend im Vergleich zu den enormen Gewinnen, die Unternehmen durch Ausbeutung von Arbeitnehmerinnen erzielen können. “ stellt Katharina Beclin, Kriminologin an der Universität Wien und Vorsitzende der Plattform gegen Ausbeutung und Menschenhandel fest.

Im Falle von grenzüberschreienden Lieferketten ist ein rechtliches Anknüpfen an Einzelfällen noch viel schwieriger, da viele Arbeitnehmer*innen aufgrund existenzieller Abhängigkeiten keine rechtlichen Schritte gegen die Ausbeutung unternehmen können. Eine lückenlose Beweisführung, dass die Profitierenden von der Ausbeutung tatsächlich wussten, wird durch mehrstufige Lieferketten fast unmöglich. Arbeitsausbeutung ist zum systematischen Bestandteil global organisierter Wertschöpfung geworden, deshalb braucht es gesetzlich verankerte Sorgfaltspflichten im Sinne einer Lieferkettenverantwortung.

Wie diese auf europäischer bzw. innerstaatlicher Ebene umgesetzt werden soll, ist Gegenstand des Online-Symposiums, das von der Plattform gegen Ausbeutung und Menschenhandel (www.gegenmenschenhandel.at) in Kooperation mit Südwind (www.suedwind.at) und der Internationalen Organization für Migration (IOM)  am 7. Mai 2021 (https://austria.iom.int/de/aktuell ) veranstaltet wird.

Freitag, 7. Mai 2021 via Cisco Webex Events
Details & Agenda: https://bit.ly/3dKAyM5
Anmeldunghttps://bit.ly/32FYx8T

Expert*innen aus EU Kommission, Fachorganisationen, Wirtschaft, Arbeitnehmervertretungen, Politik, Gesetzgebung und Menschenrechtsorganisationen bringen aktuelle Beiträge zum Thema aus ihren Bereichen ein. 

Die Plattform gegen Ausbeutung und Menschenhandel ist ein Kooperationsplattform österreichischer NGOs, einer zwischenstaatlichen Organisation und von Expert*innen, die in der Opferbetreuung und/oder Prävention von Ausbeutung und Menschenhandel tätig sind oder sich mit der Thematik wissenschaftlich befassen. Zu den 16 Mitgliedern zählen beispielsweise die Caritas der Erzdiözese Wien, Herzwerk – eine Initiative der Diakonie, ECPAT Österreich, SDS – Salvatorianer in Österreich und Rumänien und SOLWODI. Assoziierte Teilnehmer*innen der Plattform sind IOM, LEFÖ-IBF, MEN VIA und das Ludwig Boltzmann Institut für Grund- und Menschenrechte. Nähere Informationen, etwa zu den Forderungen der Plattform, finden Sie auf unserer Homepage: http://gegenmenschenhandel.at.

Rückfragehinweis:                                                                                      
Vincent Sufiyan
Kommunikationsleiter Südwind
E-Mail: vincent.sufiyan@suedwind.at
Tel.: 0650 96 77 577

PA: Trotz Corona-Pandemie setzten einige Länder Hinrichtungen und Todesurteile gnadenlos fort

BERICHT ZUR TODESSTRAFE 2020, SPERRFRIST: Mittwoch, 21. APRIL 2021, 02:01 MESZ – frei für Mittwochsausgaben. Amnesty International berichtet:  Ägypten verdreifachte Zahl der jährlichen Hinrichtungen; China verhängte Todesurteile wegen mutmaßlicher Verstöße gegen Corona-Maßnahmen; ehemalige US-Regierung ließ innerhalb von sechs Monaten zehn Menschen hinrichten, 2020 mit weltweit niedrigster Zahl von Hinrichtungen seit 10 Jahren.

Download Bericht (Englisch); Download Zahlen & Fakten (Deutsch)

London/Wien, am 21. April 2021 – Während weltweit die Zahl der Hinrichtungen weiter zurückgeht, werden in einigen Ländern stetig oder sogar zunehmend Todesurteile vollstreckt. Trotz großer Herausforderungen angesichts der Corona-Pandemie setzten 18 Länder Hinrichtungen auch im Jahr 2020 weiter fort. Das zeigt der alljährliche Bericht über die Anwendung der Todesstrafe, den Amnesty International heute veröffentlicht.

„Während sich die Welt darauf konzentriert, Menschen vor COVID-19 zu schützen, machten sich mehrere Regierungen mit schockierender Härte daran, die Todesstrafe anzuwenden und Menschen hinzurichten“, so Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International in Österreich, und sagt weiter:

„Wir appellieren an die Staats- und Regierungschefs jener Länder, die die Todesstrafe als unmenschlichste Bestrafung noch nicht aufgehoben haben, sich 2021 endgültig davon zu verabschieden. Wir werden unsere Kampagne so lange weiterführen, bis die Todesstrafe überall ein für alle Mal abgeschafft wird!“

Weltweit liegt die Zahl der erfassten Hinrichtungen für 2020 bei mindestens 483 – die niedrigste von Amnesty International erhobene Anzahl an Hinrichtungen seit mindestens zehn Jahren.

Im starken Kontrast zu diesem positiven Trend stehen die Zahlen in Ägypten: Dort wurden 2020 dreimal so viele Hinrichtungen vollzogen wie noch im Vorjahr. Auch die US-Regierung unter Präsident Trump begann im Juli 2020 wieder Hinrichtungen auf Bundesebene zu vollziehen, nachdem diese 17 Jahre lang ausgesetzt worden waren. In einem Zeitraum von nur sechs Monaten wurden zehn Männer exekutiert. Indien, Oman, Katar und Taiwan nahmen vergangenes Jahr Hinrichtungen wieder auf. In China wurde mindestens ein Mann zum Tode verurteilt und hingerichtet, nachdem die Behörden angekündigt hatten, scharf gegen Straftaten vorgehen zu wollen, die Maßnahmen zur Bekämpfung von COVID-19 beeinträchtigen.

Mittlerweile unterstützen 123 Staaten die Forderung der UN-Generalversammlung nach einem Hinrichtungsmoratorium – mehr Staaten als je zuvor. Der Druck auf die übrigen Länder wächst, sich diesem Weg anzuschließen. Weltweit geht der Trend zur Abkehr von der Todesstrafe weiter.

„Zwar gab es 2020 noch Länder, die an der Todesstrafe festhielten, doch das Gesamtbild war positiv. Die Zahl der erfassten Hinrichtungen ging weiter zurück – was bedeutet, dass die Welt immer weiter von der grausamsten und erniedrigendsten aller Strafen abrückt“, sagt Annemarie Schlack.

Vor wenigen Wochen schaffte Virginia als erster Südstaat der USA die Todesstrafe ab. Im Jahr 2020 wurde im Tschad und im US-Bundesstaat Colorado ebenfalls die Todesstrafe abgeschafft, Kasachstan verpflichtete sich völkerrechtlich zur Abschaffung, und Barbados setzte Reformen zur Aufhebung der verpflichtenden Anwendung der Todesstrafe.

Mit Stand April 2021 haben 108 Länder die Todesstrafe für alle Straftaten abgeschafft. 144 Länder haben die Todesstrafe per Gesetz oder in der Praxis abgeschafft – ein Trend, der nicht umgekehrt werden darf.

Erschwerter Zugang zu Rechtsbeistand
Die Corona-Pandemie hat Folgen für den Zugang zu rechtlicher Vertretung und das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren. Aus den USA berichten Verteidiger*innen, nicht in der Lage gewesen zu sein, wichtige Recherchearbeiten durchzuführen oder sich persönlich mit ihren Mandant*innen zu treffen.

„Die Todesstrafe ist eine furchtbare Form der Bestrafung. Es ist unter normalen Umständen schwer genug, gegen eine Hinrichtung zu kämpfen. Doch aufgrund der Corona-Pandemie hatten Menschen im Todestrakt plötzlich keine Möglichkeit, sich mit Rechtsbeiständen zu treffen und Anwält*innen, die Unterstützung bereitstellen wollten, waren erheblichen Gesundheitsrisiken ausgesetzt. Unter solchen Umständen ist die Anwendung der Todesstrafe ein besonders ungeheuerlicher Angriff auf die Menschenrechte“, kritisiert Annemarie Schlack.

Fünf Länder mit höchster Hinrichtungsrate
In China wird die Zahl der Hinrichtungen und Todesurteile als Staatsgeheimnis behandelt. Jegliche unabhängige Prüfung wird verhindert, weswegen Hinrichtungen in China nicht in den Zahlen von Amnesty International enthalten sind. Man geht davon aus, dass China mit Tausenden vollstreckten Todesurteilen pro Jahr weltweit die meisten Menschen hinrichtet, vor dem Iran (mindestens 246 Hinrichtungen), Ägypten (mind. 107), dem Irak (mind. 45) und Saudi-Arabien (mind. 27). Diese vier Länder waren 2020 für 88% aller bekannten Exekutionen verantwortlich.

Niedrigste Hinrichtungsrate seit zehn Jahren
Weltweit wurden 2020 mindestens 483 Menschen hingerichtet, die niedrigste von Amnesty International erhobene Zahl seit mindestens zehn Jahren. Sie repräsentiert einen Rückgang um 26% verglichen mit 2019 und eine Reduzierung um 70% im Vergleich zum Jahr 2015, das mit 1.634 bekannten Hinrichtungen ein trauriges Ausnahmejahr darstellt.

Nicht enthalten sind Zahlen aus Ländern, in denen Informationen über vollstreckte Todesurteile als Staatsgeheimnis gelten, oder die nur eingeschränkte Daten zur Verfügung stellen – dies gilt für China, Nordkorea, Syrien und Vietnam.

Die Recherchen von Amnesty zeigen, dass der Rückgang der Hinrichtungen auf niedrigere Vollstreckungsraten in manchen Ländern zurückzuführen ist. In geringerem Ausmaß beruht der Rückgang auf einer pandemiebedingten Aussetzung von Exekutionen in einigen Ländern.

Die erfassten Hinrichtungen in Saudi-Arabien gingen um 85% zurück. Waren es 2019 noch 184, fiel die Zahl im Jahr 2020 auf 27. Im Irak halbierte sich die Zahl der Exekutionen, von 100 auf 45. In Bahrain, Belarus, Japan, Pakistan, Singapur und im Sudan waren 2020 anders als 2019 keine Hinrichtungen zu verzeichnen.

Anzahl der verhängten Todesurteile stark zurückgegangen
Auch die Anzahl der weltweit verhängten Todesurteile (mindestens 1.477) ist im Vergleich zu 2019 um 36% zurückgegangen. Amnesty International stellte in 30 von 54 Ländern, in denen bekanntermaßen Todesurteile verhängt wurden, einen Rückgang fest. Allem Anschein nach hat dies in mehreren Fällen mit Verzögerungen und vertagten Verfahren aufgrund der Pandemie zu tun.

Erwähnenswerte Ausnahmen stellen Indonesien und Sambia dar. In Indonesien lag die Zahl der erfassten Todesurteile für 2020 bei 117, was einen Anstieg um 46% darstellt. Sambia verhängte 119 Todesurteile, 18 mehr als 2019. Das ist die höchste erfasste Zahl in Afrika südlich der Sahara.

BITTE BEACHTEN SIE DIE SPERRFRIST: 21. APRIL 2021, 02:01 MESZ – frei für Mittwochsausgaben

Rückfragen:
Presseteam Amnesty International Österreich
Lerchenfelder Gürtel 43/4/3, 1160 Wien
Martina Powell
Tel.: +43 664 2359138
E-Mail: presse@amnesty.at

Kommentar: All Time High“ bei der ODA 2020. Kein Grund zum Jubeln!

Von Michael Obrovsky (ÖFSE), April 2021. Die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (ODA) aller Mitglieder des Development Assistance Committee (DAC) der OECD erreichte 2020 rund 160 Mrd US$. Angesichts der Folgen der COVID-Krise für den globalen Süden braucht es aber dringend weitere Erhöhungen der ODA.

Das Development Assistance Committe (DAC) der OECD hat für das Jahr 2020 ein „all time high“ der internationalen Entwicklungszusammenarbeit (ODA) in ihrer Pressemitteilung anlässlich der Präsentation der vorläufigen Leistungen des Jahres 2020 gemeldet. Mit 161,2 Mrd US$ (0,32% des Bruttonationaleinkommens (BNE) aller DAC-Mitgliedsländer) weist die Statistik um rund 10 Mrd US$ mehr als 2019 aus. Diese Jubelmeldung ist aber mit Vorsicht zu genießen, denn die Steigerungen der ODA sind sowohl im Kontext der unmittelbaren Folgen der Pandemie, als auch im Kontext der Auswirkungen auf die Finanzflüsse in den globalen Süden gering.

COVID-19 Folgen für die Umsetzung der SDGs
Sowohl die Einkommenssituation im globalen Süden, der internationale Handel, die Direktinvestitionen, als auch die Remittances (Rücküberweisungen von Gastarbeiter*innen) sind im Jahr 2020 laut OECD signifikant zurückgegangen. Die OECD schätzt, dass 2020 durch die COVID-19 Pandemie die gesamten privaten externen Finanzmittel um rund 700 Mrd US$ gefallen sind. Der Bedarf an finanziellen Mittel zur Umsetzung der Sustainable Development Goals (SDGs) nach der COVID-19 Krise wird von der OECD auf insgesamt 4.200 Mrd US$ geschätzt. Das sind 1.700 Mrd US$ mehr als noch 2019. 

ODA – krisenresistent, aber zu wenig
Die neuen DAC-Daten für das vergangene Jahr zeigen zwar, dass ODA-Finanzierungen auch in Krisenzeiten relativ stabil sind, jedoch sind die Leistungen insgesamt – angesichts der Folgen der Pandemie auf die Situation der Länder des globalen Südens – zu gering. Die gesamte öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (ODA) aller DAC-Mitgliedsländer betrug im Jahr 2020 im Vergleich zu den von diesen mobilisierten Geldern zur Überwindung der COVID-19 Krise in den eigenen Ländern nur rund 1%. Der OECD-Generalsekretär Angel Gurría betonte in diesem Zusammenhang, dass etwa das globale Impfprogramm COVAX nach wie vor unterfinanziert sei. Die geringen Steigerungen der ODA gleichen derartige Finanzierungslücken sowie die Ausfälle beim Handel und bei den Rücküberweisungen bei weitem nicht aus.

Methodische Schwächen der ODA-Statistik
Die Steigerungen gehen auch nur teilweise auf zusätzliche Maßnahmen für die Hilfe anlässlich der COVID-19 Pandemie zurück. Zusätzliche Mittel für die Bewältigung der COVID-19 Krise wurden vor allem von Frankreich, Deutschland, Japan und Großbritannien aufgestellt. Die Steigerungen sind auch eine Folge der Modernisierung der ODA-Statistik und der Umstellung des Meldesystems von „financial flows“ auf das „grant equivalent“-System. Dies ermöglicht den Meldern auch kommerzielle Kredite, Investitionen, Garantien und Beteiligungen an Unternehmen als ODA zu melden. Dies hat nicht nur eine methodisch unsaubere statistische Erhebung und Darstellung der Daten und somit auch mittelfristig den Verlust der Glaubwürdigkeit der internationalen EZA-Leistungen zur Folge, sondern vor allem auch eine schrittweise Verschiebung der Ausrichtung der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) von Armutsbekämpfung auf Finanzierung durch Instrumente des Privatsektors. Das DAC weist auch eine signifikante Erhöhung der bilateralen Leistungen für die „lower middle income countries“ (6,9%) und die „upper middle income countries“ (36,1%) aus, während die Steigerungen für die „least developed countries“ (1,8%) eher moderat ausfallen.

Insgesamt sind die DAC-Mitgliedsländer damit nach wie vor weit von ihren selbst gesetzten Zielen entfernt. Nur sechs DAC-Länder (Dänemark, Deutschland, Luxemburg, Norwegen, Schweden und Großbritannien) haben die ODA-Quote von 0,7% des BNE im Jahr 2020 erreicht oder sogar überschritten. Die Steigerung der ODA-Quote aller DAC-Mitgliedsländer von 0,30% auf 0,32% des BNE geht auch darauf zurück, dass 2020 das BNE in den meisten DAC-Ländern gesunken ist.

Die ODA Österreichs ist – trotz Erhöhung – unterdurchschnittlich
Die ODA Österreichs betrug 2020 – trotz Steigerungen der Humanitären Hilfe – nur 0,29% des BNE (2019: 0,28% des BNE) und liegt damit nicht nur unter dem DAC-Durchschnitt, sondern auch im EU-Vergleich (EU-Mitgliedsländer: 0,50% des BNE) abgeschlagen. Österreich meldete vorab 1,268 Mrd US$ als ODA an das DAC. Davon entfallen rund 515 Mio US$ (rund 41%) auf die bilaterale ODA, während fast 60% auf multilaterale ODA entfallen. Der Beitrag Österreichs an EU-Maßnahmen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit stellt mit rund 414 Mio US$ den größten Anteil dar.

Die Erhöhung des Auslandskatastrophenfonds (AKF) von 25 Mio € auf 50 Mio € sowie die Anhebung des Budgets der Austrian Development Agency (ADA) von 103 Mio € auf 114 Mio € im Jahr 2020 ist zwar als Schritt in die richtige Richtung anerkannt worden, die ODA-Quote zeigt aber deutlich, dass nur signifikante dauerhafte Erhöhungen der ODA-Leistungen Auswirkungen auf die ODA-Quote haben. Das im Regierungsprogramm der türkis-grünen Koalitionsregierung festgehaltene Ziel „Schrittweise Erhöhung der Entwicklungsgelder Richtung 0,7% des BNP“ (sic) wird so wohl kaum erreichbar sein, da das für die ODA-Quote des Jahres 2020 zugrundeliegende Bruttonationaleinkommen Steigerungen von mindestens 38 Mio € benötigt, um eine Erhöhung der ODA-Quote von 0,01% zu erreichen.

Die Sustainable Development Goals brauchen mehr Engagement
Die COVID-19 Pandemie ist – nach den Worten des OECD-Generalsekretärs Angel Gurría – nicht nur ein Test für den Multilateralismus und das Konzept der Entwicklungszusammenarbeit an sich, sondern wird in den nächsten Jahren ein verstärktes Engagement in der internationalen Zusammenarbeit erfordern, um global die Pandemie überwinden zu können. Denn eines steht fest: Solange die Pandemie nicht auch im globalen Süden nachhaltig bekämpft wird und überwunden ist, stellt sie eine globale Bedrohung für die nachhaltige globale Entwicklung dar. Die Bekämpfung des Klimawandels und die Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele, deren Relevanz und Dringlichkeit durch die COVID-19 Pandemie noch stärker sichtbar wurde, braucht – auch in Österreich – deutlich mehr öffentliche und private finanzielle Mittel.

Dr. Michael Obrovsky, Stellvertretender Leiter der ÖFSE
Arbeitsschwerpunkte: Österreichische und internationale Entwicklungspolitik und Entwicklungszusammenarbeit, Zivilgesellschaft und Entwicklung

Recherchehinweis: Neue Rubrik zur COVID-19-Pandemie auf oefse.at

In Kommentaren, Briefing Papers, Auftragsstudien, Journal-Artikeln und Blog-Beiträgen haben sich ÖFSE-WissenschaftlerInnen mit verschiedensten Fragen rund um die globalen Auswirkungen der Pandemie auseinandergesetzt.

Die COVID-19-Pandemie stellt die globale Gemeinschaft vor vielfältige und teilweise dramatische Herausforderungen. Sie hat zu einer schweren wirtschaftlichen Krise geführt und Schwachstellen der internationalen Zusammenarbeit offengelegt. Die Krise droht bestehende soziale Ungleichheiten zu vertiefen – zum einen innerhalb nationaler Grenzen, besonders drastisch aber auch im globalen Vergleich. Sie zeigt aber auch, dass globale Kooperation und Zusammenarbeit zur ihrer Überwindung dringend nötig sind.

Auf der Seite www.oefse.at/forschung/covid-19-pandemie findet sich ein Überblick über die Arbeit der ÖFSE zur Thematik.

Einladung: Pressefreiheits-Ranking von „Reporter ohne Grenzen (RSF)

Am 20.04., ab 11 Uhr, präsentieren Rubina Möhring die Präsidentin und Vorstandsmitglied von RSF-Österreich und Kommunikations-Wissenschaftler Fritz Hausjell im Rahmen einer Online-Veranstaltung (Zoom) die Ergebnisse von 2020.

Einschränkungen der Presse- und Meinungsfreiheit, teilweise unter Verweis auf die Corona-Pandemie-Bekämpfung, populistische Stimmungsmache und vieles mehr: Das Jahr 2020 war ein düsteres im Sinne der Medienfreiheit.

Im Rahmen der Veranstaltung gibt es Antworten auf brisante Fragen: Wie schneidet Österreich nach dem 18. Platz im Vorjahr heuer ab, verschlechtert sich der Status noch einmal? In welchen Staaten ist die Pressefreiheit besonders bedroht?

Danach wird über die Situation der Medien in Österreich diskutiert, (voraussichtlicher) Gast dabei: Puls24-Journalistin und -Moderatorin Alexandra Wachter.

Wir ersuchen Sie um Ihre Anmeldung bis Mo., dem 19.04., 12 Uhr unter nachfolgendem Link: https://forms.gle/gPgJVikqwcnkjGtM6 

Sie erhalten dann Ihren Zoom-Teilnahme-Link. Partner der Veranstaltung ist der Presseclub Concordia. 

Rückfragen
Mag. Paul Buchacher
Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich
Reporters Without Borders Austria
Helferstorferstraße 5, 1010 Wien
info@rog.at
www.rog.at@pressefreiheit

PA: Internationaler Minenaktionstag am 4. April

Besonders schwerwiegend seien die steigende Zahl von militärisch ausgetragenen Konflikten, der vermehrte Einsatz von improvisierten Landminen sowie die hohe Opferzahl bei einem gleichzeitigen Rückgang der weltweiten Minenopferhilfe, erinnert Gemeinsam gegen Landminen an die vielen Herausforderungen, die trotz der intensiven internationalen Bemühungen um eine minenfreie Welt weiterhin bestehen.

Die österreichische Nichtregierungsorganisation Gemeinsam gegen Landminen (GGL), Mitglied der Internationalen Kampagne zum Verbot von Landminen (ICBL), setzt sich seit 2002 für eine minenfreie Welt ein. Doch trotz intensiver jahrelanger Arbeit und vieler Erfolge der 164 Vertragsstaaten der Ottawa-Konvention und aller Organisationen, die unter dem Dach von ICBL intensiv für dieses Ziel agieren, sind weltweit noch immer 60 Staaten und andere Gebiete durch Landminen verseucht. Dem steht die Erfolgszahl von 31 Staaten und einem anderen Gebiet gegenüber, welche die Minenräumung abschließen konnten und als minenfrei gelten.

Erschreckend hohe Opferzahl an Kindern
In 55 Staaten und anderen Gebieten waren laut dem aktuellen Landminenreport des ICBL im Jahr 2019 Minenopfer zu beklagen. Mit 80 % war die überwiegende Mehrheit der erfassten Opfer von Landminen und explosiven Kampfmittelrückständen (ERW) ZivilistInnen. „Nicht von allen Opfern sind Alter und Geschlecht bekannt“, erklärt Iwona Tscheinig, Vizepräsidentin von Gemeinsam gegen Landminen. „Zu jenen, deren Daten erfasst sind, müssen wir leider festhalten: Wie in den vergangenen Jahren sind zu einem erschreckend hohen Anteil, nämlich zu 43 %, Kinder betroffen! Besonders Buben sind stark gefährdet. Hohe Opferzahlen werden generell aus aktuellen Konfliktgebieten wie Afghanistan, Kolumbien, Syrien, dem Irak, Mali, Nigeria, der Ukraine und dem Jemen gemeldet.“

Zu geringe Mittel und COVID-19: Minenopferhilfe stark beeinträchtigt
Wie Tscheinig berichtet, wurde die effektive Minenopferhilfe 2020 durch COVID-19-bedingte Einschränkungen stark beeinträchtigt. „Auch wenn Erwachsene mit diesen Einschränkungen etwas besser zurechtkommen, sind diese für Kinder geradezu verheerend. Für verunglückte Kinder ist eine fortgesetzte Hilfe extrem wichtig. Bedingt durch ihr Wachstum muss ein häufiger Prothesenwechsel erfolgen und sie müssen spezielle Rehabilitationsmaßnahmen erhalten.“

Nach wie vor sind jene Mittel, die von der internationalen Gemeinschaft für die weltweite Unterstützung von Minenopfern bereitgestellt werden, zu gering. 2019 machten sie mit 18,8 Millionen US-Dollar lediglich 9 % der insgesamt bereitgestellten Minenaktionsunterstützung aus. Zudem reduzierten sich die weltweiten Hilfszahlungen gegenüber 2018 um 7 %.

Improvisierte Landminen als besondere Gefahr
Die immer größer werdende Gefahr durch improvisierte Landminen (IED) ist vor allem in Afghanistan, Syrien und im Irak zu beobachten. So verlegte die Terrormiliz IS im Irak vor ihrer Vertreibung unzählige improvisierte Minen. Hergestellt aus Sprengstoff aus Düngemittel und anderen frei erhältlichen Handelsprodukten, einfachen 9-Volt-Batterien und Kanister oder Plastikboxen als Behälter, verhindern sie die Rückkehr der Geflüchteten und den Wiederaufbau. Da IEDs außerhalb der Industriestandards gefertigt werden, sind sie besonders gefährlich. Sie können eine endlose Vielfalt an Formen, Größen und Auslösern haben. Selbstgebaute Sprengstoffe sind zudem weniger beständig als militärische Sprengstoffe und reagieren meist empfindlicher auf Reibung, Hitze oder Bewegung.

Auch 2019 war es vor allem der Einsatz von improvisierten Landminen durch nichtstaatliche bewaffnete Gruppen, der zu der anhaltend hohen Zahl an zivilen Opfern beitrug. Mindestens 5.554 Opfer durch Minen und ERW wurden registriert, wobei eine hohe Dunkelziffer angenommen werden muss. Mit 2.949 Personen verunglückten mehr als die Hälfte durch improvisierte Minen.

Staatlicher Landmineneinsatz in Myanmar und der Westsahara
„Wir sind sehr besorgt über den jüngsten Militärputsch in unserem Projektland Burma/Myanmar“, so Tscheinig. „In den letzten Jahren galt ein Waffenstillstand zwischen ethnischen Minderheiten und dem burmesischen Militär. Das hinderte die Militärführung jedoch nicht am wiederholten Einsatz von Landminen. In der gegenwärtigen aufgeheizten Stimmung im Land und angesichts der fortgesetzten Unterdrückung ethnischer Minderheiten befürchten wir, dass das Militär den Einsatz von Landminen noch verstärken wird.“

Weitgehend unbeachtet von der Weltöffentlichkeit setzte Marokko im November 2020 den Einsatz von Landminen in der seit 1976 annektierten Westsahara fort. Nach Kampfhandlungen zwischen der marokkanischen Armee und der Frente Polisario wurde im Gebiet von Guerguerat im Südwesten der Westsahara der mehr als 2.700 km lange, stark verminte Sandwall bis zur mauretanischen Grenze verlängert, wie Premierminister Saâd-Eddine El Otmani gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters bestätigte. Laut Nichtregierungsorganisationen wurde der neue Abschnitt der sogenannten Mauer der Schande mit tausenden Antipersonen- und Antipanzerminen „abgesichert“.

Appell für eine minenfreie Welt
Gemeinsam gegen Landminen verurteilt auf das Schärfste den Einsatz von Landminen, ob von regulären Truppen oder von nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen. GGL-Vizepräsidentin Tscheinig: „Antipersonenminen verursachen unermessliches Leid. Sie sind nicht nur während Kampfhandlungen, sondern für viele Jahre, oft Jahrzehnte, eine enorme Bedrohung für die betroffene Zivilbevölkerung. Die überwiegende Zahl von Staaten verurteilt ihren Einsatz und trat dem Minenverbotsvertrag bei. GGL fordert die Staatengemeinschaft auf, das humanitäre Völkerrecht auch in Myanmar und der Westsahara durchzusetzen. Auch ist es wichtig, Druck auf all jene Staaten auszuüben, die der Ottawa-Konvention noch nicht beigetreten sind.“

GGL setzt sich in Österreich aktiv für das Ziel einer minenfreien Welt ein. Im Februar übergab GGL eine Petition gegen den erneuten Einsatz von Landminen durch das US-Militär im Außenministerium. Dabei brachten die GGL-Vertreterinnen die Forderung an Außenminister Schallenberg vor, im Namen Österreichs als Vertragsstaat und Gründungsmitglied der Ottawa-Konvention US-Präsident Joe Biden formell zu ersuchen, das Verbot des unbegrenzten Einsatzes von Landminen durch das US-Militär wieder in Kraft zu setzen und einen Beitritt der USA zur Ottawa-Konvention zu erwirken.

Weiterführende Informationen:  www.landmine.at sowie www.facebook.com/landmine.at

Für Rückfragen und Bildmaterial
Mag. Iwona Tscheinig
Gemeinsam gegen Landminen
+43 664 4011233
iwona.tscheinig@ggl-austria.at

Einladung zum Online-Webinar: Global Inequality Talk #2

Paulo Freire Zentrum  und Partner der Entwicklungstagung laden zu einem Webinar, in dem Fragen rund um Covid-19 vs. SDGs erörtert werden.

Wie steht es um die Ziele der Vereinten Nationen wie „Keine Armut“, „Kein Hunger“, Geschlechtergerechtigkeit, Klimaschutz und internationale Partnerschaften? Haben diese denn wirklich noch eine Chance?

Die Covid-19 Pandemie ist eine enorme Herausforderung. Das UNDP, das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen, sieht darin aber auch große Chancen, die Nachhaltigen Entwicklungsziele der UNO (Sustainable Development Goals, kurz SDGs) zu erreichen –darunter die Reduktion sozialer Ungleichheiten.

Mehr dazu im Global Inequality Talk #2: Covid-19 vs. SDGs mit Katharina Kreissl (UniNEtZ), Karin Kuranda (AG Globale Verantwortung) und Moderator Gerald Faschingeder (Paulo Freire Zentrum). Organisiert von Paulo Freire Zentrum mit Partnern der Entwicklungstagung.

Datum: Mi., 14. April 2021, 16:00-16:45 Uhr
Anmeldeschluss: 12.04.2021 um 12:00 Uhr

Nähere Infos und Anmeldung: https://entwicklungstagung.at/global-inequality-talk-2-covid-19-vs-sdgs/