PA: Armenien und Georgien im Wandel

Seit dem Zerfall der Sowjetunion sind die Südkaukasus-Staaten Armenien und Georgien auf der Suche nach einer neuen politischen und gesellschaftlichen Identität. Die Tendenz weist in Richtung Europa. Auf dem Weg dorthin ist aber noch viel zu tun. Welche Rolle die EU und Österreich dabei spielen, zeigt die aktuelle Ausgabe der Weltnachrichten, des Magazins der Austrian Development Agency (ADA).

Wien, 29. März 2022 – Die Südkaukasus-Staaten Armenien und Georgien liegen an der Nahtstelle zwischen Europa und Asien. Sie wollen sich europäischen Standards und Strukturen annähern und die Beziehungen zu den EU-Mitgliedsstaaten intensivieren. Gleichzeitig ist die Region stark traditionell geprägt und leidet seit dem Zerfall der Sowjetunion unter ungelösten Konflikten.

Gravierende strukturelle Probleme
Die lokale Bevölkerung ist mit großer Armut und hoher Arbeitslosigkeit konfrontiert. In Georgien lebt mehr als ein Fünftel der Menschen unter der Armutsgrenze, in Armenien sogar mehr als ein Viertel. Das Zusammenleben ist oft von mangelndem Vertrauen bestimmt. Die Infrastruktur ist schlecht, Industriezweige liegen darnieder und die Landwirtschaft ist sehr kleinteilig. Korruption und eine brüchige Sicherheitslage sind weitere Herausforderungen. Auch Umweltzerstörung und Klimawandel haben bereits ihre Spuren hinterlassen. Die Corona-Pandemie hat die wirtschaftliche Lage zusätzlich verschärft. Viele Menschen wandern ab, vor allem die Jungen.

Unproduktive Landwirtschaft
Österreich und die EU engagieren sich vor Ort dafür, die beiden Länder an europäische Standards heranzuführen und die Lebensbedingungen der Bevölkerung zu verbessern. „Seit mehr als zehn Jahren sind Armenien und Georgien Schwerpunktländer der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. In Armenien fokussieren wir auf ökologische Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, in Georgien auf die Modernisierung der Land- und Forstwirtschaft. Es gibt dort nun ein neues Forstgesetz nach österreichischem Vorbild“, so Botschafter Dr. Friedrich Stift, Geschäftsführer der Austrian Development Agency (ADA), der Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit.
 
Im Einsatz für mehr Stabilität
Weitere Schwerpunkte sind gute Regierungsführung, Demokratisierung, Menschenrechte und vor dem Hintergrund der territorialen Konflikte um Abchasien, Süd-Ossetien und Berg-Karabach insbesondere auch Vertrauensbildung. Die EU versucht hier auf diplomatischem Wege zu vermitteln. Österreich nahm wiederholt an sicherheits- und friedenserhaltenden Operationen teil und bietet sich immer wieder als Begegnungsort für die Konfliktparteien an.

Mit der Östlichen Partnerschaft setzt sich die EU für die Stabilisierung ihrer östlichen Nachbarländer ein und ebnet den Weg für deren stärkere politische Anbindung und wirtschaftliche Integration. Um politische Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung zu erhöhen, unterstützt der Europarat zum Beispiel ländliche Gemeinden Armeniens dabei, zusammenzuarbeiten und die zivile Bevölkerung einzubinden. Österreich setzt sich in Armenien gemeinsam mit UNICEF dafür ein, dass engagierte Jugendliche ihre Stimme für Umweltschutz und Nachhaltigkeit erheben. In georgischen Hochgebirgsregionen soll ökologische Landwirtschaft und ein attraktives Tourismusangebot den Menschen Perspektiven bieten.

Außerdem in dieser Ausgabe zu lesen:

  • Darum, dass die Bäuerin oder der Bauer wichtiger ist als der Präsident oder der Premierminister, geht es im Interview mit Nino Zambakhidze, Vorsitzender der Georgian Farmers‘ Association.
  • Hoffnung in der Hoffnungslosigkeit: Ein österreichisches Projekt verhilft den Menschen in der armenischen Region Tavush zu neuer Zuversicht.
  • Die Saat geht auf: Wie georgische Bäuerinnen und Bauern dank einer Partnerschaft mit SAATBAU LINZ von hochwertigem Saatgut und qualifizierten Zertifizierungsverfahren profitieren.

Die Weltnachrichten berichten vierteljährlich über entwicklungspolitische Themen. Herausgeber ist die Austrian Development Agency. Alle Beiträge, Reportagen, Interviews und Geschichten sind auch online unter www.entwicklung.at/weltnachrichten nachzulesen. Die Weltnachrichten sind kostenlos. Bestellungen unter oeza.info@ada.gv.at

Austrian Development Agency
Die Austrian Development Agency, die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, unterstützt Länder in Afrika, Asien, Südost- und Osteuropa bei ihrer nachhaltigen Entwicklung. Gemeinsam mit öffentlichen Einrichtungen, Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen setzt die ADA derzeit Projekte und Programme mit einem Gesamtvolumen von über 550 Millionen Euro um .

Rückfragehinweis:

Austrian Development Agency (ADA),
die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit
Mag. (FH) Dagmar Achter
Tel.: +43 (0)1 90399-2413
Mobil: +43 (0)676 839 03 413
dagmar.achter@ada.gv.at 
www.entwicklung.at




NEWSLETTER 1/2022: „SDG 16: „Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen“, u.v.m.

Diesmal mit Recherchematerial zum Nachhaltigkeitsziel 16 „Frieden“, einer Berichterstattung zum bevorstehenden Weltsozialforum und dessen Demilitarisierungskampagne, einem Überblick zu kommenden Wahlen weltweit, Gedenk- und Aktionstagen, sowie Terminen.

Geplante Wahlen in Ländern des Südens
Costa Rica: 3. April: Stichwahl der Präsidentschaftswahl    
Philippinen: 9. Mai: Präsidentschaftswahl       
Kolumbien: 29. Mail: Präsidentschaftswahl     
Tunesien: 25. Juli: Wahl über die neue Verfassung
Brasilien: 2. Oktober: Präsidentschaftswahl und Parlamentswahl

Internationale Gedenk- und Aktionstage
2. April: Ramadan
Der islamische Fastenmonat findet 2022 von 2. April bis 2. Mai statt. Das Fest des Fastenbrechens im unmittelbaren Anschluss an den Fastenmonat zu Beginn des Folgemonats Schawwal ist nach dem Opferfest der zweithöchste islamische Feiertag.

7. April: Weltgesundheitstag
Dieser Tag wurde 1948 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) beschlossen und findet am 7. April statt. Jedes Jahr wird auf ein global relevantes Gesundheitsthema hingewiesen.

7. April: Internationaler Tag des Gedenkens an den Völkermord in Ruanda
1994 kamen beim Genozid an den Tutsi zwischen 500.000 und einer Million Menschen ums Leben.

22. April: Tag der Erde
Er findet in über 175 Ländern statt. Die Idee hinter dem auch als Earth Day bezeichneten Aktionstag ist, für einen ökologischen bzw. umweltbewussten Lebensstil zu werben.

3. Mai: Internationaler Tag der Pressefreiheit
Mit diesem Tag wird seit 1994 jährlich am 3. Mai auf Verletzungen der Pressefreiheit sowie auf die grundlegende Bedeutung freier Berichterstattung für die Existenz von Demokratien aufmerksam gemacht.

17. Mai. Internationaler Tag gegen Homophobie und Transphobie
Die Initiative zum diesem Tag ging von Louis-George Tin aus, der heute der französischen Sektion der International Lesbian and Gay Association vorsteht. Das Datum wurde zur Erinnerung an den 17. Mai 1990 gewählt, den Tag, an dem die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Homosexualität aus ihrem Diagnoseschlüssel strich.

Veranstaltungen

30.03.2022, 16:00 – 18:00 Uhr: Online-Conference: Sustainability issues in the Cocoa Value Chain: will EU Due Diligence Legislation make a difference?
Study presentation “Sustainability in the global and Austrian Cocoa & Chocolate Value Chain” (Hannes Grohs & Jan Grumiller, ÖFSE) and panel discussion “What should be done to strengthen Sustainability in the Cocoa Value Chain, and what Role can EU Due Diligence Legislation play?”.
Mehr Info und Anmeldung

01.04.2022, 11:00 – 13:00 Uhr: Online: Humanitarian Congress Vienna: Health Systems and Humanitarian Aid – The Race Against COVID-19
COVID-19 revealed once more an ultimate truth: nobody is safe until everybody is safe, including the most vulnerable people on earth. This panel, hosted by the Humanitarian Congress Vienna, will bring together humanitarian practitioners, policy makers and civil society representatives who will identify the lessons learned so far and discuss the needs of affected populations, the resilience of health systems and the role of humanitarian aid during pandemics like that of COVID-19.
Mehr Info und Anmeldung

17.03. – 06.05.2022
11. Filmtage zum Recht auf Nahrung: Hunger.Macht.Profite, verschiedene Orte in Österreich
Die Filmtage zum Recht auf Nahrung – Hunger.Macht.Profite bringen in ganz Österreich kritische Dokumentarfilme über globale Landwirtschaft und Ernährung auf die Kinoleinwände. Die Filme zeigen die Ursachen von Hunger, die Verdrängung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft und den fortschreitenden Raubbau an natürlichen Ressourcen auf. Gleichzeitig lenken sie den Blick auf jene Menschen, die sich gegen Agro-Business wehren und das Menschenrecht auf Nahrung einfordern. In anschließenden Filmgesprächen mit Aktivist*innen und Expert*innen laden die Filmtage zum gemeinsamen Austausch mit Besucher*innen ein, informieren über Alternativen, lokale Initiativen und Möglichkeiten zur Veränderung.
Mehr Informationen

29.03. – 11.04.2022
Lateinamerika Filmfestival in Salzburg

Zum 14. Mal findet das Filmfestival rund um Lateinamerika im Salzburger Filmkulturzentrum „Das Kino“ statt.
Mehr Informationen

31.03.2022, 18:00 – 19:00 Uhr
Talk for Future: Klimapolitik und Sicherheitspolitik
Expert*innen diskutieren Fragen wie: Wie wirkt sich die Krise von Klima und Biodiversität auf die internationale Sicherheit aus? Welche Auswirkungen haben stehendes Militär, Rüstungsindustrie und militärische Einsätze auf das Klima und die Biodiversität? Ist die Verbindung von Nachhaltigkeit und Sicherheit ausreichend in den SDGs verankert? Wie kann die Zusammenarbeit von Klimagerechtigkeitsbewegung und Friedensbewegung verbessert werden? Welche konkreten Aufgaben stellen sich uns?
Mehr Info und Zoomlink

31.03 – 20.05.2022
Entwicklungspolitische Film- und Dialogabende: FERNSICHT 22 – Kenia
Online und an mehreren Veranstaltungsorten bietet das Welthaus der Diözese Linz Filme und mit Expert*innen und Kulturschaffenden aus/zu Kenia.
Mehr Info

20.04. – 26.04.2022
CINE LATINO-FESTIVAL im Filmcasino Wien
Mit etwa 22 Beiträgen aus über zehn Ländern präsentiert das Filmfestival, neben bereits etablierten Regisseuren, eine junge Film-Szene, die in unterschiedlichsten Genres relevante gesellschaftspolitische Themen aufgreift.
Mehr Info




Weltsozialforum: weltweite Demilitarisierung

Die neue Kampagne des Weltsozialforums ist heute notwendiger denn je, berichtet Journalist und Mitglied des Internationalen Rat des Weltsozialforums, Leo Gabriel.

Ende Januar 2021 fand das seit 20 Jahren bestehende Weltsozialforum (WSF) zum ersten Mal im virtuellen Raum statt. Obwohl es von der Öffentlichkeit relativ unbemerkt vonstattenging, hat es nachhaltig Spuren hinterlassen. Eine der wichtigsten war und ist eine Kampagne für eine weltweite Demilitarisierung und Abrüstung u.a. mit dem Ziel, die Ressourcen der Verteidigungsbudgets sozialen und ökologischen Projekten, vor allem in den Ländern des Globalen Südens, zu Gute kommen zu lassen.

Diese Kampagne war das Ergebnis von monatelangen Diskussionen innerhalb der internationalen Friedensbewegung unter Federführung des International Peace Bureau mit Sitz in Berlin.
Das Ziel: Die Unterstützung der sozialen und ökologischen Bewegungen für das Friedensthema zu gewinnen.

Denn, so in der Abschlusserklärung der virtuellen Friedensversammlung: „Die verschiedenen Themenbereiche sind miteinander verbunden: Frieden kann nicht ohne soziale Gerechtigkeit erreicht werden, die Umwelt kann nicht ohne Frieden erhalten werden und die Wirtschaft kann nicht reformiert werden, ohne die Umwelt, den Frieden und die soziale Gerechtigkeit zu erhalten, die gegenwärtig durch einseitige Profitinteressen verletzt werden.“

Zu diesem Zeitpunkt ahnte noch niemand, wie sehr diese Überlegungen Anfang des Jahres 2022 im Zentrum der Weltöffentlichkeit stehen sollten. Spätestens ab dem 24. Februar und dem Einmarsch Russlands in der Ukraine ist vielen klar geworden, dass Friede – auch in Europa – keine Selbstverständlichkeit ist.
In Lateinamerika etwa, wo normalerweise militärische Auseinandersetzungen außerhalb des Kontinents nur von einem interessierten Publikum registriert wird, erregte der Krieg in der Ukraine schlagartig eine große Betroffenheit in einer breiten Öffentlichkeit und verdrängte sogar die COVID-19 Pandemie zeitweise aus den Schlagzeilen.

Beim heurigen Weltsozialforum, das von 1. bis 6. Mai 2022 in Mexiko-Stadt stattfinden soll – diesmal nicht nur virtuell, sondern auch physisch – wird der Krieg in der Ukraine zum Ziel der friedenspolitischen Bemühungen und Aktionen gemacht. Dabei spielt auch die Erinnerung an den 15. Februar 2003 eine nicht zu unterschätzende Rolle. An diesem Tag gingen 40 Millionen Menschen weltweit auf die Straßen, um gegen den unmittelbar bevorstehenden Krieg der Koalition unter Führung des damaligen US-Präsidenten George W. Bush zu protestieren. Sogar die New York Times vermerkte damals, dass „eine neue Weltmacht“ geboren wäre: die weltweite Zivilgesellschaft.

Die Frage ist, mit welchem Konzept und welcher Strategie diese globale Zivilgesellschaft nun auftreten soll, um den von der ukrainischen Bevölkerung ersehnten Frieden herbeizuführen.
In Vorbereitung auf das WSF 2022 wurde von einer Fraktion eine Erklärung verabschiedet: die sogenannten „Erneuerer“ sind einer Strömung innerhalb des WSF, die das WSF nicht nur – wie bisher – als Treffpunkt der sozialen Bewegungen zwecks Erfahrungsaustausch versteht, sondern als eine organisatorische Einheit , welche bei der Schlussversammlung des Weltsozialforums am 6. Mai die Grundlage für einen weltweiten Aktionsplan bilden soll.
Der Vorschlag dabei: Eine Neutralität der Ukraine nach dem Vorbild Finnlands oder Österreichs. Föderalismus und Selbstbestimmung, vor allem für den Donbass, der das eigentliche Ziel der russischen Militärintervention ist. Dazu braucht es der Erklärung zufolge eine grundlegende ukrainische Verfassungsreform, so wie sie bereits im Minsker Abkommen vorgesehen war.
Auch hier: Parallelen zu Österreich im Sinne einer bundesstaatlichen Struktur und der Autonomie in Südtirol.
Die Strategie der WSF-Fraktion ist in erster Linie, durch Massenmobilisierungen insbesondere im Westen, politische Kräfte zu sammeln, mit dem Ziel, politisch aktiv in den Konflikt einzugreifen.

Weiterführende Links bzw. Ansprechpersonen:
www.wsf2022.org
International Peace Bureau: https://www.ipb.org/contact/ 
Leo Gabriel: lgabriel@gmx.net




EU: Hungerbekämpfung darf nicht als trojanisches Pferd der Agrarindustrie dienen

Die Menschenrechtsorganisation FIAN für das Recht auf Nahrung: Green Deal, Farm to Fork und Biodiversitätsstrategie sind Beitrag zu langfristiger Ernährungssicherheit

Der Einfluss des russischen Angriffskrieges auf den Getreide-, Ölsaat- und Düngermarkt wird besonders jene Länder treffen, welche in den letzten Jahrzehnten in eine Abhängigkeit von Importgetreide und landwirtschaftlichen Inputs gedrängt worden sind. Die EU-Kommission ist daher gefordert, Lösungen zu unterstützen, welche die Unabhängigkeit und Ernährungssouveränität der Betroffenen stärken. „Das Recht auf Nahrung stellt unmissverständlich klar, dass es Menschen möglich sein muss, sich selbständig ernähren zu können“, so Tina Wirnsberger, FIAN-Referentin für Klima und kleinbäuerliche Rechte. „Hungerbekämpfung darf kein trojanisches Pferd für die Interessen der Agrarindustrie sein. Alle Maßnahmen gegen eine drohende Ernährungskrise müssen die Stärkung kleinbäuerlicher Produzent*innen und regionaler Ernährungssysteme in den Mittelpunkt stellen.“

Lokale Märkte im Globalen Süden bedroht

Von den aktuellen Vorschlägen wie der Intensivierung der industriellen Landwirtschaft, einer Flut von Cash Crops am Markt und der Abkehr von nachhaltigen Zielen wie der strikten Reduktion von Pestiziden werden jedoch nicht die hungernden Menschen im Globalen Süden profitieren. Vielmehr ist zu befürchten, dass eine „Hungerhilfe“ der europäischen Agrarindustrie durch Exportwaren die lokalen Märkte in den Zielländern weiter zerstört, statt die Nahrungsmittelproduzierenden vor Ort zu stärken. Unter dem Deckmantel der „globalen Verantwortung“ opfert die Europäische Union jedoch gerade alle Bemühungen für ein nachhaltiges und gerechtes Ernährungssystem.

Zunahme von Landgrabbing befürchtet

Der Zugang zu Land ist essenziell für die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung. Doch werden weltweit im Namen der „Hungerkrisenbewältigung“ und Produktivitätssteigerung täglich tausende Bäuer*innen, Nomad*innen, Indigene und Fischer*innen von ihrem Land vertrieben. Die Forderung der Agrarministerin Elisabeth Köstinger, Biodiversitätsflächen freizugeben, lässt in diesem Zusammenhang aufhorchen und schürt Befürchtungen, dass mit diesem Vorwand Landgrabbing Tür und Tor geöffnet werden.

Durch die zunehmende Verknappung natürlicher Ressourcen in der Klimakrise sind Menschen in ländlichen Gebieten ohnehin besonders betroffen – jene Personen, die am wenigsten zur globalen Erwärmung beitragen, bekommen sie als erste zu spüren. Ein Drittel der weltweit ausgestoßenen Treibhausgasemissionen geht derzeit auf die industrielle Lebensmittelproduktion zurück. Auch der Weltklimarat warnt in seinem neuesten Bericht, dass eine „nicht nachhaltige landwirtschaftliche Expansion die Anfälligkeit der Ökosysteme und der Menschen erhöht.“

Langfristige Sicherheit nur durch Ernährungswende 

„Die wahre globale Verantwortung der Europäischen Union läge nun umso mehr darin, den eigenen CO2-Fußabdruck drastisch zu reduzieren“, so Wirnsberger abschließend. „Die Folgen des Kriegs in der Ukraine sind kein Grund, den Green Deal und die Strategien Farm to Fork und Biodiversität auf Eis zu legen. Im Gegenteil: Die Umstellung auf Agrarökologie, ökologischen Landbau und Agroforstwirtschaft sind der einzige Weg zu langfristiger Ernährungssicherheit.“ FIAN hat daher gemeinsam mit 100 weiteren europäischen und internationalen Organisationen die zuständigen EU-Kommissar*innen aufgefordert, an den nachhaltigen Strategien festzuhalten und die Bemühungen für eine ökologische und soziale Ernährungswende im Lichte der Ukrainekrise zu verstärken.

Hintergrund: Bis zu 811 Millionen Menschen sind laut UN-Agrarorganisation FAO zurzeit unterernährt, die Hungerzahlen sind in den vergangenen sechs Jahren kontinuierlich gestiegen. Nicht nur die FAO und Menschenrechtsorganisationen schlagen deshalb Alarm. Auch der Weltklimarat (IPCC) warnt in seinem neuesten Bericht, dass bis 2050 bis zu 183 Millionen Menschen zusätzlich unterernährt sein könnten. 3,3 bis 3,6 Milliarden der knapp acht Milliarden Menschen weltweit sind bereits „sehr anfällig“ für die Folgen der Klimakrise. 80 Prozent der Hungernden sind selbst Lebensmittelproduzent*innen, paradoxerweise hungern also jene am meisten, die Nahrung erzeugen. Die Ursachen dafür liegen vor allem in der Diskriminierung der ländlichen Bevölkerung.

Rückfragehinweis:
Tina Wirnsberger 
FIAN Österreich
Int. Menschenrechtsorganisation für das Recht auf Nahrung
Schwarzspanierstraße 15/3/1, 1090 Wien, Austria
Tel: 01 – 2350239
office@fian.at
www.fian.at




Online Conference: Sustainability issues in the Cocoa Value Chain: will EU Due Diligence Legislation make a difference

Study presentation “Sustainability in the global and Austrian Cocoa & Chocolate Value Chain” (Hannes Grohs & Jan Grumiller, ÖFSE) and panel discussion “What should be done to strengthen Sustainability in the Cocoa Value Chain, and what Role can EU Due Diligence Legislation play?”

During recent years, the sustainability of the cocoa global value chain has become a major issue of concern to both producers and consumers. This relates to all three dimensions of sustainability – economic, social and environmental. Firstly, the living income of cocoa farmers has not improved sufficiently despite several initiatives taken to address the issue. Most cocoa farmers are still living below the poverty line with very low living standards. Furthermore, there has been a rise in environmental and social advocacy in commodity supply chains including cocoa. Challenges regarding deforestation, labour and social ethics in the cocoa sector are influencing consumption patterns for cocoa and chocolate products. Over the years, several corporate governance issues at sector and company level have aimed at improving the sustainability of the sector. Though some improvements have been made, many key human rights and other sustainability issues still remain unresolved.

Cocoa is thus one of the sectors that features prominently amongst the on-going discussion on corporate due diligence legislation in the European Union. Interestingly, leading cocoa and chocolate companies themselves are calling for regulation of the sector to create a level playing field for all actors. Based on the presentation of a new study assessing the current state of play with respect to the sustainability of the cocoa global value chain, the conference aims at discussing possibilities and strategic priorities for promoting human rights and the sustainability of cocoa production in the framework of the on-going debate on EU due diligence legislation. The discussion will shed light on the extent to which an effective EU Due Diligence Act can improve sustainability issues in the cocoa value chain. However, it will also ask critically were the limitations of such regulation lie.

30.03. 2022, 16:00 – 18:00
Programme (pdf)
Please register at: registration@oefse.at
(after Registration the access code will be sent to you)

Research Report 13: Alles auf der Schokoladenseite? Nachhaltigkeit in der globalen und österreichischen Kakao- und Schokoladenwertschöpfungskette

Organized by: ÖFSE – Austrian Foundation for Development Research, Dreikönigsaktion Hilfswerk der Katholischen Jungschar, in cooperation with: weltumspannend arbeiten, Jugend Eine Welt, Fairtrade Austria




Online-event: Health Systems and Humanitarian Aid: The Race Against COVID-19

Das Team des Humanitarian Congress Vienna lädt zu einer Diskussion mit internationalen Vertreter*innen der Humanitären Hilfe, Politik und Zivilgesellschaft.

Sie werden unter anderem darüber diskutieren, wie sich die Pandemie gegenwärtig und zukünftig auf die Bedürfnisse marginalisierter und vulnerabler Menschen, auf die Widerstandsfähigkeit der Gesundheitssysteme und die Rolle der Humanitären Hilfe auswirkt.

1. April 2022, 11:00 – 13:00 Uhr
online (Zoom), kostenlos

Anmeldung und mehr Informationen




Online-event: Women speak up – The impact of COVID-19 on women and girls in the Global South and its policy implications

An online event by Global Responsibility, the Austrian Platform for development and humanitarian aid, with support by the Austrian Red Cross, CARE, Light for the World, and WIDE

Eine Konversation mit Vertreterinnen der afrikanischen und osteuropäischen Zivilgesellschaft, die über wirtschaftliche und soziale Folgen der Pandemie auf Frauen und Mädchen in Ländern des Globalen Südens sowie über daraus resultierende Politiken berichten.

Sie zeichnen anhand ihrer Erfahrungen der vergangenen zwei Jahre nach, wie COVID-19 Geschlechtergerechtigkeit und Frauenrechte in ihren Ländern beeinflusst hat. Anschließend gehen Stakeholder*innen der österreichischen Entwicklungspolitik darauf ein, wie sie Frauen und Mädchen im Globalen Süden auf dem Weg aus der Krise nachhaltig und inklusiv unterstützen können.

23. März 2022, 10:00 – 13:00 Uhr
Online (Zoom), kostenlos

Anmeldung und mehr Informationen




Online-Veranstaltung: Digitalisierung und emanzipatorische Bildung – ein Widerspruch?

Das Phänomen der Digitalisierung wird mit einem Fokus auf Bildung aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. Die drei Diskutant*_innen bringen dabei ihre Erfahrungen aus der formellen und informellen Bildung, aus Kunst und sozialen Bewegungen ein.

Während Digitalisierung seit ihren Anfängen einerseits mit der Hoffnung auf Demokratisierung verbunden war, werden viele Phänomene der digitalen Kommunikation immer stärker als Bedrohung für die Demokratie wahrgenommen. Die größten Anbieter*_innen digitaler Technologien gehorchen einer Profitlogik, die wenig Spielraum für jene lässt, die sich ihr nicht unterwerfen wollen.

Dazu kommt, dass gerade in sozialen Medien Kommunikation nicht von einer Bewertungslogik zu trennen ist, und diese negativen Folgen für die psychische Gesundheit der Nutzer*_innen hat. Zu beobachten ist, dass demgegenüber gerade im Bildungsbereich der Digitalisierung nicht erst seit der COVID-19-Pandemie großes Potenzial zugeschrieben wird. Wenig beachtet bleibt, welche negativen Auswirkungen Digitalisierung auf die emanzipatorische Funktion von Bildung haben könnte und wie Lernende und Lehrende durch die veränderte Kommunikation im Aufbau von Informationskompetenz davon betroffen sind.

Im Rahmen der Podiumsdiskussion mit Rocío Rueda Ortiz (Bildungswissenschafterin, Universidad Pedagógica Nacional, Bogotá), Dunia Khalil (Rechtsberaterin und Trainerin, Universität Wien) und Raphael Perret (Medienkünstler, Zürich), geht es um Fragen, wie: Kann digitale Bildung emanzipatorisch sein? Welche Voraussetzungen braucht es dafür? Welche positiven Beispiele gibt es? Wo liegen die Gefahren, und wie kann diesen begegnet werden?

Online: 29.03. 2022, 18:00 – 19:30 Uhr
Mehr Informationen und Anmeldung

Eine Veranstaltung der fünf im C3-Centrum für Internationale Entwicklung vertretenen entwicklungspolitischen Organisationen ÖFSE, BAOBAB, Frauen*solidarität, Paulo Freire Zentrum und Mattersburger Kreis für Entwicklungspolitik.




PA: Folgen des Ukraine-Konflikts: „Wenn Brot nicht mehr erhältlich ist, was bleibt dann übrig?“

Je länger der Krieg in der Ukraine andauert, desto größer wird im Nahen Osten und Nordafrika die Gefahr von Hungersnöten, berichtet CARE Österreich.

Wien, 16. März 2022. Bereits drei Wochen nach Kriegsbeginn in der Ukraine sind der Nahe Osten und Nordafrika, die 50 Prozent des Weizens aus Russland und der Ukraine beziehen, mit verheerenden Auswirkungen konfrontiert. Am stärksten trifft es Länder wie Ägypten, Libanon, Syrien, Jemen, Jordanien und Palästina. Dort kämpft die Bevölkerung ohnehin schon gegen Ernährungsunsicherheit und Hunger. Die derzeit ausfallenden Weizenimporte könnten die Situation in diesen Gebieten nun verschärfen, warnt die Hilfsorganisation CARE Österreich.

„Der Ukraine-Krieg erreicht nun auch den Nahen Osten und Nordafrika – und zwar in Form einer drohenden Hungersnot“, warnt Andrea Barschdorf-Hager, Geschäftsführerin von CARE Österreich. „Gewalt, Konflikte, COVID-19, die Auswirkungen des Klimawandels, fehlende Arbeitsplätze: All das führt dazu, dass im Jahr 2022 Millionen von Kindern, Frauen und Männern in der Region hungern müssen. Akut wird die Situation nun durch einen Konflikt, der tausende Kilometer entfernt ist.“

Folgen des Krieges in der Ukraine gehen weit über Europa hinaus
Die Menschen in Ägypten sorgen sich wegen der ansteigenden Lebensmittelpreise und den Auswirkungen der Ereignisse in der Ukraine auf ihre Lebensgrundlage. Das nordafrikanische Land ist ohnehin von Ernährungsunsicherheit betroffen. Weil der heimische Agrarsektor nicht genügend Getreide und Ölsaaten produzieren kann, ist Ägypten einer der größten Weizenimporteure der Welt. 85 Prozent des Weizens kommen aus Russland.

Im Libanon wurde bereits mit der Rationierung von Brot begonnen, weil der Preis dafür kontinuierlich steigt. Zwei Millionen Libanesen, zusätzlich zu einer Million syrischer und palästinensischer Flüchtlinge, leiden jetzt schon unter Nahrungsmittelknappheit. Auch im Libanon ist man stark von Weizenimporten abhängig: 66 Prozent aus der Ukraine und 12 Prozent aus Russland.

„Wenn Brot aber nicht mehr erhältlich ist, was bleibt dann übrig?“
Im Norden Syriens ist jedes fünfte Kind von Mangelernährung betroffen. Syrische Familien müssen um jede Mahlzeit kämpfen, während die Lebensmittelpreise ansteigen. „Seit Beginn des Krieges vor elf Jahren haben die Menschen mit unzähligen Herausforderungen zu kämpfen. Nun müssen sie stundenlang Schlange stehen, um Brot zu bekommen. Bis jetzt die einzige Mahlzeit, die sie sich viele leisten konnten. Wenn Brot aber nicht mehr erhältlich ist, was bleibt dann übrig?“, so Barschdorf-Hager.

Laut neuesten Zahlen des IPC (Integrated Food Security Phase Classification, ein Instrument zur Einstufung von Ernährungsunsicherheit) drohen im Jemen zur zweiten Jahreshälfte etwa 19 Millionen Menschen von Hunger und rund 1,3 Millionen stillende und schwangere Frauen von akuter Unterernährung betroffen zu sein. Eine verheerende Prognose, die durch fehlende Getreide- und Öl-Lieferungen noch dramatischer ausfallen könnte. „Im Jemen herrscht eine der größten humanitären Krisen weltweit. Ende des Monats jährt sich der Krieg im Land zum siebten Mal. Die Menschen haben schlichtweg keine Reserven mehr. Insbesondere für Frauen und Mädchen fehlen Einkommensmöglichkeiten und Perspektiven, daher steigt das Risiko, dass sie sich etwa für sexuelle Dienste anbieten, um überleben zu können“, warnt Barschdorf-Hager.

So hilft CARE: CARE arbeitet seit 1948 im Nahen Osten/Nordafrika und leistet sowohl Nothilfe als auch längerfristige Unterstützung. Der Fokus der humanitären Arbeit liegt dabei auf der Stärkung der Menschen und Maßnahmen zur Krisenanpassung. CARE unterstützt mit Nahrungsmittelhilfe, Hygienehilfe, wirtschaftlicher Stärkung von Frauen sowie dem Schutz gefährdeter Gruppen.

Rückfragehinweis und Interviewanfragen:
Stephanie Weber
Kommunikation
CARE Österreich
A-1080 Wien, Lange Gasse 30/4
Tel.: +43 (1) 715 0 715-42
E-mail: stephanie.weber@care.at
Internet: www.care.at




PA: Katar-WM: Amnesty International übergibt Petition an FIFA

Amnesty International hat mehr als 280.000 Unterschriften von Fußballfans aus aller Welt an die FIFA übergeben, um diese aufzufordern, mehr für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmenden zu tun, die die Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar ermöglichen.

Wien/ Zürich, 14.03.2022. Die FIFA muss die Bedenken der Fußballfans ernst nehmen und konkrete Maßnahmen ergreifen, um die Rechte von Arbeitsmigrant*innen zu verbessern. Die FIFA muss dazu ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen und ihren ganzen Einfluss geltend machen, um Katar dazu zu bringen, sein Programm für Arbeitsreformen vor Beginn der Fußballweltmeisterschaft in weniger als acht Monaten umzusetzen.

Im März 2021 hat Amnesty die FIFA in einem ausführlichen vierseitigen Schreiben an FIFA-Präsident Gianni Infantino aufgefordert, ihren internationalen menschenrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. Gemäß den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte muss die FIFA sicherstellen, dass die Menschenrechte bei der Organisation und Durchführung der Weltmeisterschaft geachtet werden, u. a. durch eine eigene, unabhängige und regelmäßige Überwachung der WM-Projekte und -Standorte sowie durch die Wahrung der Sorgfaltspflicht, um Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit dem Turnier zu erkennen und zu verhindern.

Als Ausrichterin der WM ist die FIFA nach internationalen Standards dafür verantwortlich, die mit dem Turnier verbundenen Menschenrechtsrisiken zu minimieren. Je näher das Turnier rückt, desto dringender müssen wir unsere Aufmerksamkeit auf die Tausende von Hotelangestellten, Kellner*innen, Taxifahrer*innen, Reinigungskräften und Sicherheitskräften richten, die sowohl an den offiziellen Austragungsorten der Weltmeisterschaft als auch an anderen Standorten tätig sind und entscheidend dazu beitragen, dass alle Fußballspieler, Funktionäre und Fans die WM 2022 in Katar genießen können.

Die in dieser Woche stattfindenden Qualifikationsspiele sind eine Mahnung, dass das Zeitfenster, in dem die FIFA Einfluss auf Katar nehmen kann, immer kleiner wird – sie muss jetzt handeln, um sicherzustellen, dass die Weltmeisterschaft 2022 ein Turnier ist, auf das man stolz sein kann, und nicht eines, das in erster Linie durch Arbeitsrechtsverletzungen von sich reden macht.

Amnesty würdigt die Schritte, die von der FIFA in den letzten Jahren unternommen wurden, um ihren Verpflichtungen nachzukommen. Allerdings zeigen laufende Recherchen von Amnesty, dass es noch etliche Defizite gibt und schwere Arbeitsrechtsverletzungen nach wie vor weit verbreitet sind. Dies macht deutlich, dass noch viel zu tun ist. Die FIFA könnte einen echten Beitrag für die Rechte von Arbeitsmigrant_innen in Katar leisten – aber die Zeit drängt.

Die FIFA und Katar müssen einen soliden Aktionsplan aufstellen, um sicherzustellen, dass Arbeitsmigrant_innen in allen mit der Weltmeisterschaft verbundenen Sektoren angemessen bezahlt und fair behandelt werden und nicht der Willkür ausbeuterischer Arbeitgeber_innen ausgeliefert sind. Insbesondere trägt die FIFA die Verantwortung dafür, dass für alle Schäden, die Arbeitnehmende im Rahmen der bisherigen WM-Projekte erlitten haben, in Zusammenarbeit mit den katarischen Behörden und anderen relevanten Interessengruppen angemessene Abhilfe durch Rechtshilfe und Entschädigungen geschaffen wird.

Presseteam Amnesty International Österreich
Lerchenfelder Gürtel 43/4/3, 1160 Wien
Antonio Prokscha
Tel.: +43-664-621 10 31
E-Mail: antonio.prokscha@amnesty.at