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PA: Ernährungssystem braucht eine grundlegende Transformation

Vom 7.9. – 11.9.2020 findet die erste Verhandlungsrunde über die finalen Leitlinien für Nahrungssysteme und Ernährung des UN-Ausschuss für Welternährungssicherheit (CFS) statt. Die Ergebnisse werden einen entscheidenden Einfluss darauf haben, ob es gelingt, die steigenden Raten von Hunger und Unterernährung umzukehren und künftige Pandemien zu verhindern, berichtet FIAN Österreich.

„Weite Teile der Bevölkerung in allen Regionen der Welt rutschen aktuell noch tiefer in die Ernährungsunsicherheit ab. Die marginalisiertesten und verwundbarsten Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben, sind am härtesten betroffen. Die Pandemie offenbart die Folgen einer Politik, die seit Jahrzehnten Sozial- und Arbeitsrechte beschneidet“, so Lukas Schmidt, Geschäftsleiter der Menschenrechtsorganisation FIAN Österreich.

COVID-19 offenbart Schwächen des industriellen Lebensmittelsystems
COVID-19 ist aber auch ein Symptom eines umfassenderen Problems: Das industrielle Nahrungsmittelsystem zerstört die Umwelt und schafft die Voraussetzungen für die Ausbreitung von Zoonosen. Gleichzeitig werden ultra-verarbeitete Lebensmittel produziert, die die Gesundheit der Menschen einem höheren Risiko für Fettleibigkeit und Diabetes aussetzen. Diese Krankheiten machen wiederum anfälliger für COVID-19.

Vor diesem Hintergrund verhandelt der UN-Ausschuss für Welternährungssicherheit (CFS) darüber, wie die Ernährungssysteme gerechter und nachhaltiger gestaltet werden können. Es handelt sich um die erste zwischenstaatliche Verhandlung, die sich der Frage widmet, wie die wichtigsten Politikbereiche, die die Ernährungssysteme gestalten, neu ausgerichtet werden können.

Was steht im Mittelpunkt der Transformation?
Angesichts des steigenden Einflusses von Konzernen im Ernährungssystem, braucht es strenge Schutzmaßnahmen, um Interessenkonflikte zu verhindern: Die Steuerung von Ernährungssystemen sollte ausschließlich dem öffentlichen Interesse dienen. Aufbauend auf den Forderungen der Kleinbäuer*innen ist es entscheidend, dass die Agrarökologie zum Eckpfeiler dieser Transformation gemacht wird. Die Agrarökologie zeichnet sich durch ihren Nutzen für die Gesundheit des Menschen und des Planeten durch die Erzeugung gesunder Nahrungsmittel aus. Sie dient dem Erhalt der biologischen Vielfalt sowie der Weiterentwicklung traditionellen Wissens.

Menschenrechte ins Ernährungssystem!
„Das Recht auf angemessene Nahrung und Ernährung und andere damit verbundene Rechte – einschließlich der Rechte von Frauen, indigenen Völkern, Arbeiter*innen, Bäuer*innen und anderen Menschen, die in ländlichen Gebieten arbeiten – müssen die Parameter für die Transformation des Ernährungssystems sein. Ein Ernährungssystem, das nicht in den Menschenrechten verankert ist, wird genauso schädlich sein wie das gegenwärtig vorherrschende Modell der Nahrungsmittelproduktion“, so Tina Wirnsberger, Projektkoordinatorin für Kleinbäuer*innenrechte bei FIAN Österreich.

Es steht viel auf dem Spiel. Die Ergebnisse der aktuellen Verhandlungen werden langfristige Auswirkungen haben und mitentscheiden, wie wir auf externe Schocks, Konflikte oder Krisen – wie z.B. auf COVID – reagieren können. Die Mitgliedstaaten des CFS müssen in dieser historischen Phase mutig sein, auf die Forderungen der Menschen hören und die dringende Transformation der Ernährungssysteme in Angriff nehmen, die die Menschen und unser Planet dringend brauchen. 


Rückfragen: lukas.schmidt@fian.at

Weitere Informationen und Videos: Zivilgesellschaftliche Perspektiven auf Ernährungssysteme

PA: Folter und Repression in Folge der Proteste vom November 2019 im Iran – Neuer Bericht

Sperrfrist: 2. September 2020, 01.01 Uhr MESZ (frei für Mittwochausgaben)
Amnesty International berichtet von weit verbreiteter Folter, hunderten unfairen Gerichtsverfahren aufgrund haltloser Anklagen wegen Verstößen gegen die nationale Sicherheit und Todesurteilen nach unter Folter erpressten „Geständnissen”.

London / Wien, am 2. September 2020 – Im Iran haben Polizei, Geheimdienst, andere Sicherheitskräfte und Gefängnisbedienstete schockierende Menschenrechtsrechtsverletzungen an Gefangenen verübt, die im Zusammenhang mit den landesweiten Protesten im November 2019 festgenommen wurden. Gedeckt wurden diese Taten von Richter*innen und Vertreter*innen der Staatsanwaltschaft. Zu den in einem neuen Bericht von Amnesty International dokumentierten Menschenrechtsverletzungen zählen willkürliche Inhaftierungen, Verschwindenlassen sowie Folter und andere Misshandlungen.

Der Bericht Trampling humanity: Mass arrests, disappearances and torture since Iran’s 2019 November protests enthält erschütternde Berichte von Dutzenden Protestierenden, Passant*innen und anderen Menschen. Sie berichteten, dass sie unter Einsatz von Gewalt festgenommen wurden, dem Verschwindenlassen zum Opfer fielen oder ihnen jeglicher Kontakt zur Außenwelt verwehrt wurde. Auch wurde ihnen während der Verhöre die Anwesenheit von Rechtsbeiständen systematisch verweigert und sie wurden immer wieder gefoltert, um „Geständnisse“ von ihnen zu erpressen. Diese Gefangenen gehören zu den 7.000 Männern, Frauen und Kindern, die im Kontext der brutalen Unterdrückung der Proteste vom November 2019 festgenommen wurden. Amnesty International liegen zudem die Namen und weitere Informationen von mehr als 500 Prostestierenden und anderen Personen vor, darunter Journalist*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen, die im Zusammenhang mit den Protesten unfairen Verfahren ausgesetzt waren.

Amnesty International hat umfassende Interviews mit 60 Betroffenen von willkürlicher Festnahme, Verschwindenlassen, Folter und anderen Misshandlungen bzw. deren Verwandten oder engen Bekannten geführt, zudem mit zwei Protestierenden, die sich versteckt halten, und 14 weiteren Personen, die Kenntnisse über das Geschehen hatten. Außerdem lagen Amnesty schriftliche Stellungnahmen von mehreren Hundert Menschen im Iran, sowie die Analyse von Videoaufnahmen, Stellungnahmen der Behörden und Gerichtsunterlagen vor.

In allen von Amnesty International dokumentierten Fällen berichteten die Betroffenen von verschiedenen Formen psychologischer Folter zur Erzwingung von „Geständnissen”, darunter erniedrigende Beleidigungen und Obszönitäten, die Einschüchterung und Drangsalierung von Familienangehörigen, Drohungen, Verwandte – einschließlich der betagten Eltern oder Geschwister – zu inhaftieren, zu foltern, zu töten oder ihnen anderweitig Schaden zuzufügen und die Androhung von Vergewaltigung der Gefangenen selbst oder deren weiblicher Angehöriger.

Zu den Betroffenen gehörten sogar zehnjährige Kinder und verletzte Protestierende und Passant*innen, die in Krankenhäusern festgenommen wurden, wo sie gerade ihre Schussverletzungen behandeln lassen wollten. Betroffen waren auch Menschenrechtsverteidiger*innen, Journalist*innen und Personen, die an Gedenkveranstaltungen für bei den Protesten Getötete teilgenommen hatten.

Seitdem sind Hunderte Menschen nach in höchstem Maße unfairen Prozessen zu Haft- und Prügelstrafen und mehrere zum Tode verurteilt worden. Die Verfahren fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit und dem Vorsitz von voreingenommenen Richter*innen statt, oft dauerten sie nicht einmal eine Stunde und basierten in den meisten Fällen auf durch Folter erlangten “Geständnissen”.

„In den Tagen nach den Massenprotesten war die Welt über Videoaufnahmen schockiert, die zeigten, wie Irans Sicherheitskräfte vorsätzlich unbewaffnete Protestierende und Passanten töteten oder verletzten. Viel weniger sichtbar war die Liste der Grausamkeiten, denen die iranischen Behörden Gefangene und deren Familien hinter verschlossenen Türen aussetzen”, erklärt Diana Eltahawy, stellvertretende Direktorin für die Region Naher Osten und Nordafrika bei Amnesty International.

„Anstatt die Vorwürfe über Fälle von Verschwindenlassen, Folter und andere Misshandlungen und weitere Menschenrechtsverletzungen gegen Gefangene zu untersuchen, haben sich Angehörige der iranischen Staatsanwaltschaft an der Kampagne der Unterdrückung beteiligt. Sie erhoben Anklagen wegen Verstößen gegen die nationale Sicherheit gegen Hunderte Personen erhoben, die lediglich ihre Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit wahrgenommen hatten. Richter*innen fällten Schuldsprüche auf Grundlage unter Folter erpresster „Geständnisse“ fällten. Diese lange Reihe an Verbrechen und Verstößen, die in uneingeschränkter Straflosigkeit begangen werden konnten, wurden von zahlreichen im Fernsehen gezeigten Propaganda-Videos von „Geständnissen“ und grotesken Stellungnahmen hochrangiger Behördenvertreter*innen begleitet, die den Geheimdienst und die Sicherheitskräfte für ihre Rolle beim brutalen Vorgehen gegen die Proteste lobten.“

Die Haftstrafen gegen die Verurteilten lagen zwischen einem Monat und zehn Jahren. Die Schuldsprüche bezogen sich auf vage und fadenscheinige Anklagepunkte, darunter „Versammlung und Vereinbarung von Straftaten gegen die nationale Sicherheit”, „Verbreitung von Propaganda gegen das System”, „Störung der öffentlichen Ordnung” oder „Beleidigung des Obersten Religionsführers“. Mindestens drei Angeklagte, Amirhossein Moradi, Mohammad Rajabi und Saeed Tamjidi, wurden wegen „Feindschaft zu Gott” (moharebeh) durch Vandalismustaten zum Tode verurteilt. Einem weiteren Angeklagten, Hossein Reyhani, droht ein Gerichtsverfahren auf der Grundlage von Anklagen, die ebenfalls mit dem Tod bestraft werden können.

Die Recherchen von Amnesty International haben ergeben, dass viele Inhaftierte über Wochen oder sogar Monate „verschwunden” waren, während sie in geheimen Einrichtungen der Sicherheitskräfte oder der Geheimdienste, einschließlich des Geheimdienstministeriums und der Revolutionsgarden, festgehalten wurden. Andere Gefangene waren in überbelegten Gefängnissen oder Polizeiwachen, Militärkasernen, Sportstätten oder Schulen inhaftiert.

Besorgte Familienangehörige erzählten Amnesty International, dass sie sich in Spitälern, Leichenschauhäusern, auf Polizeiwachen, bei der Staatsanwaltschaft und Gerichten sowie Gefängnissen und anderen Hafteinrichtungen nach ihren vermissten Verwandten erkundigten. Die Behörden hätten sich allerdings geweigert, ihnen Informationen über das Schicksal oder den Verbleib ihrer Angehörigen zu geben. Stattdessen habe man ihnen gedroht, sie festzunehmen, falls sie sich weiter erkundigten oder die Fälle öffentlich machten.

Amnesty International fordert die Mitgliedstaaten des UN-Menschenrechtsrats auf, gegen die anhaltende systematische Straflosigkeit für Menschenrechtsverletzungen im Iran vorzugehen. Dazu gehört auch die Unterstützung einer von den UN geleiteten Untersuchung, um sicherzustellen, dass die Verantwortlichen ermittelt und vor Gericht gestellt werden und sich solche Taten nicht wiederholen.

Rückfragen und Interviewvereinbarungen: 
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PA: Angola: Schockierende Tötungen von Teenagern durch die Polizei

Amnesty International berichtet von exzessive Polizeigewalt bei der Durchsetzung von COVID-19-Ausgangsbeschränkungen In Angola: Mindestens sieben Burschen und junge Männer wurden getötet – das jüngste Opfer war erst 14 Jahre alt. Amnesty International und die angolanische Menschenrechtsorganisation OMUNGA fordern unabhängige, unparteiische, transparente und wirksame Untersuchungen

London/Wien/Luanda, am 25. August 2020 – Polizist*innen in Angola haben bei der Durchsetzung von COVID-19-Ausgangsbeschränkungen zwischen Mai und Juli 2020 mindestens sieben Menschen getötet. Das zeigt die gemeinsame Untersuchung von Amnesty International und der angolanischen Menschenrechtsorganisation OMUNGA.

Die Opfer waren Burschen und junge Männer, der jüngste war erst 14 Jahre alt. Die Organisationen gehen davon aus, dass die tatsächliche Zahl der Toten noch viel höher ist.

„Die Berichte von Angehörigen und Augenzeug*innen sind erschütternd: Einem Teenager wurde ins Gesicht geschossen, als er verletzt am Boden lag; ein anderer wurde getötet, als die Polizei auf eine Gruppe von Freund*innen feuerte, die auf einem Sportplatz übten. Ein Ausnahmezustand ist keine Rechtfertigung für derart skandalöse Menschenrechtsverletzungen“, sagt Deprose Muchena, Regionaldirektor für das südliche Afrika bei Amnesty International.

Mit Hilfe von Interviews mit Freund*innen und Angehörigen sowie Augenzeug*innen konnten Amnesty International und OMUNGA Details der Tötungen rekonstruieren. Die angolanischen Sicherheitskräfte setzten wiederholt exzessive und rechtswidrige Gewalt ein, um die Ausgangsbeschränkungen durchzusetzen, die zur Eindämmung von COVID-19 verhängt wurden.

„Es muss eine umfassende, unabhängige, unparteiische, transparente und wirksame Untersuchung der Tötungen durchgeführt werden. Die Täter*innen müssen in fairen Verfahren vor Gericht gestellt werden“, fordert Deprose Muchena.

Mindestens 7 Menschen bei Durchsetzung von COVID-19-Maßnahmen getötet

Amnesty International und OMUNGA haben vielfältige Augenzeug*innenberichte über den Einsatz von exzessiver Gewalt und Schusswaffen erhalten. Dieser richtet sich häufig gegen marginalisierte Gemeinschaften. Alle Tötungen ereigneten sich in ärmeren Vierteln. Sowohl die Polizei (Polícia Nacional de Angola – PNA) als auch die angolanischen Streitkräfte (Forças Armadas Angola – FAA) sind mutmaßlich für die Taten verantwortlich.

„Die Behörden nutzen die Notstandsmaßnahmen, um willkürlich die Menschenrechte einzuschränken. Der Einsatz von Gewalt durch Sicherheitskräfte sollte immer eine Ausnahme sein und muss mit den internationalen menschenrechtlichen Verpflichtungen des Landes in Einklang stehen – insbesondere die Verpflichtung, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zu achten und zu schützen“, sagt João Malavindele, geschäftsführender Direktor von OMUNGA, und sagt weiter:

„Das äußerste Ziel bei der Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 sollte der Schutz von Leben und Lebensgrundlagen sein. Wenn Sicherheitskräfte für die Tötung von Menschen verantwortlich sind, wird dieser Zweck ad absurdum geführt.“

„Die angolanischen Behörden sollten sicherstellen, dass die laufende Untersuchung zügig, unabhängig und unparteiisch verläuft. Die mutmaßlich für die Menschenrechtsverletzungen und Misshandlungen verantwortlichen Beamt*innen müssen zur Rechenschaft gezogen werden und die Familien müssen Gerechtigkeit, Wahrheit und Entschädigung erhalten“, sagt João Malavindele.

Ermittlungen gegen Beamt*innen eingeleitet

Gegen die Beamt*innen, die mutmaßlich für den Tod von Mário, Altino, Clinton, Mabiala Kilson, João, António und Cleide verantwortlich sind, wird ermittelt. Der Verein Mãos Livres leistet Rechtsberatung, um sicherzustellen, dass die Menschenrechtsverletzungen und Misshandlungen umgehend, umfassend, unabhängig und unparteiisch untersucht werden, die mutmaßlich Verantwortlichen vor Gericht gestellt weden und die Familien Gerechtigkeit erfahren und wirksame Rechtsbehelfe, einschließlich Entschädigungen, erhalten.

Mário Palma Romeu
Das jüngste Opfer der Recherchen von Amnesty International und OMUNGA ist der 14-jährige Mário Palma Romeu, bekannt als Marito. Er wurde am Morgen des 13. Mai von der Polizei erschossen. Marito war unterwegs auf dem Tombasstrandplatz in der Gemeinde Benguela in der Provinz Benguela, um Zucker für seine Mutter zu kaufen. An dem Morgen hatten junge Männer, die auf den Fischerbooten desselben Strandes arbeiteten einen Aufstand begonnen und die Polizei war gerufen worden, um einzugreifen. Ein Polizeibeamter schoss zweimal in die Luft, um die jungen Männer auseinanderzutreiben. Der zweite Schuss traf Marito. Er war sofort tot.

José Quiocama Manuel
Am Abend des 13. Juli wurde José Quiocama Manuel, ein Motorradtaxifahrer bekannt unter dem Namen Cleide, von der Polizei erschossen, als er auf dem Weg zum Haus eines Freundes im Viertel Prenda in der Gemeinde Luanda unterwegs war. Nach Berichten von Augenzeug*innen riefen gegen Mitternacht im Viertel Leute, dass die Polizei käme. Cleide und Maurício, ein 16-jähriger Bursche, versuchten, sich zu verstecken, doch die Polizei schoss auf sie. Maurício wurde in die Schulter geschossen und überlebte, doch Cleide war sofort tot.

Clinton Dongala Carlos
Am 4. Juli schoss die Polizei den 16-jährigen Clinton Dongala Carlos in den Rücken. Clinton Dongala war auf dem Heimweg vom Abendessen bei seiner Tante in der Gemeinde Cacuaco in der Provinz Luanda, die nur 300 Meter entfernt von seinem Zuhause wohnt. Berichten von Augenzeug*innen zufolge wurde Clinton Dongala von einer Gruppe von Sicherheitsbeamt*innen gejagt, von zwei Soldat*innen und drei Polizist*innen, und ein Beamter schoss Clinton in den Rücken, während er versuchte, sein Elternhaus zu erreichen. Laut den Augenzeug*innen fragten die Uniformierten die Bewohner*innen nach Wasser und schütteten es Clinton Dongala ins Gesicht, als er verletzt am Boden lag. Dann hörten die Nachbar*innen, die sich in Todesangst versteckten, einen zweiten Schuss. Als die Uniformierten abzogen, sahen sie, dass Clinton Dongala ins Gesicht geschossen worden war.

Mabiala Rogério Ferreira Mienandi
Am 3. Juli gegen 7 Uhr erschoss die Polizei Mabiala Rogério Ferreira Mienandi, den seine Familie Kilson nannte. Kilson war mit einer Gruppe Freund*innen auf einem Sportplatz. Sie spielten Fußball und tanzten. Laut Augenzeug*innen näherte sich ein Polizeifahrzeug und die Beamt*innen fingen ohne jede Vorwarnung an, auf die Burschen zu schießen, die in alle Richtungen flüchteten, um sich in Sicherheit zu bringen. Kilson wurde getroffen. Die Augenzeug*innen berichten, dass dann drei Polizisten aus dem Auto stiegen und sich Kilson näherten. Sie traten ihn dreimal und fuhren dann wieder davon.

João de Assunção
Ein junger Mann mit Vorerkrankungen starb bei einem Vorfall, bei dem ihn die Polizei einschüchterte und erniedrigte: Am Morgen des 17. Juni war der 20-jährige João de Assunção auf dem Weg zum öffentlichen Badehaus des Ortes im Viertel Palanca, in der Provinz Luanda, als ihn Angehörige der Nationalpolizei anhielten. João de Assunção sagte, er würde seine Maske holen, doch die Polizist*innen forderten ihn auf einen Salto zu machen, während sie mit den Waffen auf sein Gesicht zielten. João de Assunção erwiderte, er sei müde und krank und könne das nicht tun. Daraufhin schoss ein Polizist neben seinen Kopf in die Luft, um ihn einzuschüchtern. João de Assunção fiel zu Boden. Die Nachbar*innen sagten den Beamt*innen, dass João de Assunção Probleme mit dem Herzen und Bluthochdruck habe. Er wurde in das Hospital Cajueiros gebracht und starb dort. Die Ergebnisse der Autopsie sind nicht veröffentlicht worden.

Altino Holandês Afonso
Am Abend des 5. Juni ging der 15-jährige Altino Holandês Afonso seine Großmutter und Tante in ihrer Gemeinschaftsküche besuchen. Kurz nach seiner Ankunft fing die Polizei an, auf der Straße zu schießen, vermutlich, um die Leute auseinanderzutreiben. Augenzeug*innen berichteten Amnesty International und OMUNGA, dass ein Beamter Altino Holandês Afonso jagte, der versuchte, in das Haus seiner Tante zu laufen, und ihn unmittelbar vor der Tür in den Bauch schoss. Die Augenzeug*innen vermuteten, dass der Beamte betrunken gewesen war.

António Vulola
Am 9. Mai schossen Polizeibeamt*innen auf den 21-jährigen António Vulola, bekannt als Toni Pi, der Freund*innen zu Besuch hatte, um die Geburt seines ersten Kindes zu feiern. Laut Augenzeug*innen begleiteten Toni Pi und sein Freund André andere Freund*innen gegen 22 Uhr zur Bushaltestelle. Auf dem Weg zurück, sahen sie wie fünf Beamt*innen der Nationalpolizei ein Treffen von jungen Leuten mit Schlägen auflösten. Sie rannten nach Hause, da sie keine Masken trugen. Die Polizeibeamt*innen schossen auf sie und trafen Toni Pi tödlich am Kopf.

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PA: Welttag der Humanitären Hilfe – COVID-19 besiegen, weltweit oder gar nicht

Anlässlich des Welttages für Humanitäre Hilfe am 19. August fordert der Dachverband Globale Verantwortung – Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe – eine internationales Rettungspaket mit Soforthilfe von 100 Millionen Euro.

Wien, 18.08.2020. Zwei Wochen sind seit der Explosion in Beirut vergangen. Im sozial und wirtschaftlich angeschlagenen Land stehen Menschen vor den Trümmern ihrer Existenz. „In Folge der Explosion breitet sich auch die COVID-19 Pandemie wie ein Lauffeuer aus. Schutzmasken fehlen, das ohnehin mangelhafte Gesundheitswesen ist schwer von der Explosion getroffen und kann nicht ausreichend auf die Pandemie reagieren. Wenige Tage nach der Katastrophe verzeichnete alleine die Hauptstadt Beirut 300 neue COVID-19 Fälle innerhalb von 24 Stunden. Ein internationales COVID-19 Rettungspaket mit einer Soforthilfe von 100 Millionen Euro könnte Ländern wie dem Libanon helfen, die Lage zu bewältigen“, appelliert Annelies Vilim, Geschäftsführerin des Dachverbandes Globale Verantwortung mit 35 Mitgliedsorganisationen aus den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe, an die österreichische Bundesregierung, rasch zu handeln.

„Abseits des medialen Rampenlichts haben die ärmsten Menschen in anderen Ländern des Globalen Südens mit ähnlichen Herausforderungen wie im Libanon zu kämpfen. COVID-19 bedroht Länder, die bereits von Katastrophen wie beispielsweise der Heuschreckenplage in Ostafrika oder von Konflikten betroffen sind, zusätzlich. Die COVID-19 Pandemie wirkt dabei wie ein Brandbeschleuniger. Zudem steigen in weiten Teilen Afrikas die COVID-19 Fälle in den letzten Wochen massiv an, erst kürzlich sind über eine Million Fälle auf dem Kontinent bestätigt worden, die Dunkelziffer liegt wohl weit höher. Die UNO geht in Schätzungen davon aus, dass durch COVID-19 und seine Folgen die Zahl der extrem armen Menschen auf über eine Milliarde anwachsen wird. Das würde bedeuten, dass jeder achte Mensch auf dieser Erde extrem arm wäre. Ich denke, es leuchtet ein, welche sozialen Spannungen damit verbunden sind“, unterstreicht Vilim, warum ein Rettungspaket das Gebot der Stunde ist.

„Österreich hat im Bereich der Humanitären Hilfe großen Aufholbedarf. Im Jahr 2019 hat Österreich gerade einmal 4 Euro pro Kopf an Humanitärer Hilfe geleistet, in Deutschland waren es 27 Euro. Folgt Österreich nun in der COVID-19 Krise dem deutschen Vorbild, das ein ambitioniertes internationales COVID-19 Rettungspaket geschnürt hat, kann Österreich international aufholen. Die Erhöhung durch Österreichs neue Regierung im Jahr 2020 war schon ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung, wird den Herausforderungen der COVID-19 Krise und ihren weitreichenden Folgen aber nicht gerecht. Dies könnte die Soforthilfe in Höhe von 100 Millionen Euro leisten, die auch im Interesse Österreichs wäre: Denn COVID-19 besiegen wir weltweit oder gar nicht“, schließt Vilim.

Rückfragen & Kontakt:

AG Globale Verantwortung
Wolfgang Marks
Öffentlichkeitsarbeit
+43 1 522 44 22 – 15, +43 699 17 20 42 07
wolfgang.marks@globaleverantwortung.at
www.globaleverantwortung.at

 

PA: Kambodscha: Entzug der EU-Handelspräferenzen mit heute wirksam

FIAN präsentiert heute eine neue Studie zu Landraub, Zucker und Menschenrechtsverletzungen infolge der EU-Handelsinitiative „Alles Außer Waffen“ (EBA) in Kambodscha. Die Menschenrechtsorganisation fordert angesichts des heutigen Inkrafttreten des Entzugs der EBA-Handelspräferenzen erneut Menschenrechtliche Folgeabschätzungen für EU-Handelsinitiativen, verbindliches Abkommen für Unternehmensverantwortung und Menschenrechtsverpflichtungen entlang der Lieferkette.

Mit dem heutigen Tag wird der teilweise Entzug der EU-Handelspräferenzen für Kambodscha wirksam. Die kambodschanische Regierung hatte die sechsmonatige Frist verstreichen lassen, ohne durch wesentliche Verbesserung der menschenrechtlichen Situation die im Februar bekanntgemachte Entscheidung der Europäischen Kommission noch abzuwenden.

Landraub und Blutzucker
Die Handelsinitiative „Alles außer Waffen“ ermöglicht den ärmsten Ländern der Welt quoten- und zollfrei nach Europa zu exportieren. Im landwirtschaftlichen Bereich führte das zu einem Zuckerboom in Kambodscha und einem regelrechten Run auf Landrechte. Nicht die in Armut lebende lokale Bevölkerung und Kleinbäuer*innen profitierten von der Initiative, sondern kambodschanische Eliten und transnationale Konzerne. Seit 2006 wurden über 150.000 Hektar Land an private Investoren verpachtet, die Vergabepraxis brachte Landraub, teilweise gewaltsame Vertreibung und die Zerstörung der Lebensgrundlage der einheimischen Landnutzer*innen mit sich. Ihre Menschenrechte, insbesondere das Recht auf Nahrung, und ihre kleinbäuerlichen Rechte wurden massiv verletzt.

FIAN-Studie analysiert menschenrechtliche Folgen der EU-Handelsinitiative
Seit 2010 haben von Landraub betroffene Gemeinden – unterstützt von FIAN und anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen in Kambodscha, Thailand und Europa – die EU dazu aufgerufen, die begangenen Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit „Everything But Arms“ zu untersuchen. FIAN Österreich präsentiert heute in einer neuen Studie die Dokumentation und menschenrechtliche Analyse ausgewählter Fälle von Landraub. „Die Situation, zu der Everything But Arms in Kambodscha führte, ist beispielhaft für die strukturellen Schwachstellen der europäischen Handelspolitik: Solange Handels-Initiativen und Abkommen nicht über bindende Rahmenbedingungen verfügen, die Menschenrechtsverletzungen verhindern, besteht die Gefahr, dass sie wie beim kambodschanischen Blutzucker sogar noch dazu beitragen“, so Tina Wirnsberger, Projektkoordinatorin bei FIAN Österreich.

Menschenrechtsverpflichtungen in Lieferketten
Dass der jahrelange Widerstand der Betroffenen tatsächlich zu einer Untersuchung und Konsequenzen durch die EU-Kommission führte, ist ein Erfolg mit bitterem Beigeschmack: Die Entscheidung im Februar führte nicht dazu, dass die kambodschanische Regierung die menschenrechtliche Situation verbessert. FIAN erneuert daher anlässlich des Inkrafttretens des Präferenz-Entzugs die Forderung sowohl nach menschenrechtlichen Folgeabschätzungen für EU-Handelsinitiativen im Vorfeld, als auch den Einsatz der österreichischen Regierung für ein verbindliches Abkommens für Unternehmensverantwortung auf UN-Ebene und nationale Initiativen, um Menschenrechtsverstöße von Konzernen entlang der Lieferketten zu verhindern beziehungsweise zu sanktionieren.

Rückfragen an: Tina Wirnsberger, tina.wirnsberger@fian.at

Download der Studie: fian.at/de/artikel/kambodscha-entzug-der-eu-handelspraferenzen-mit-heute-wirksam-fian-prasentiert-neue-studie

Interviewmöglichkeit mit österreichischem Crewmitglied der Sea Watch 4

Seit 2014 sind laut der International Organization for Migration über 20.000 Menschen bei ihrer Flucht über das Mittelmeer ums Leben gekommen.

Da die staatliche Seenotrettung scheitert und sichere Fluchtwege für die Menschen gesperrt wurden, sind unterschiedliche NGOs im Mittelmeer aktiv. Im August wird das Seenotrettungsschiff „Sea Watch 4“ zu seiner ersten Mission auslaufen. Das Schiff wird unter anderem von dem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis „United 4 Rescue“ (www.united4rescue.com) finanziert, dessen Bündnispartner auch die österreichische NGO Jugend Eine Welt ist. Mit an Bord ist der österreichische Pädagoge und Aktivist Jakob Frühmann, ein ehemaliger Mitarbeiter von Jugend Eine Welt.

Reinhard Heiserer, Gründungsgeschäftsführer von Jugend Eine Welt Österreich: „Wir müssen den Menschen helfen, die heute in Not sind. Darum unterstützen wir die Arbeit der Seenotretter und United4Rescue. Gleichzeitig müssen wir alles dran setzen, Politik und Wirtschaft dazu zu bewegen, zukunftsfähige Konzepte hinsichtlich eines Lebens in Würde für die BewohnerInnen aller Länder in Afrika zu schaffen. Es gibt nur EINE Welt, in der wir ALLE leben. Kein Mensch müsste heute an Hunger sterben oder wegen Perspektivenlosigkeit sein Land verlassen müssen“.

Die „Sea Watch 4“ mit Jakob Frühmann an Bord plant in den nächsten Wochen zu ihrer ersten Mission auszulaufen. Derzeit werden die Werftarbeiten unter dem Einsatz zahlreicher Freiwilliger in Spanien abgeschlossen.

Interviewkontakt:
Jakob Frühmann
einziges österr. Crewmitglied der Sea Watch 4
jakob@sea-watch.org
jakob.fruehmann@posteo.de
Telefonnummer: +43/664/9264830 (Festland Spanien)
Signal: +436506582247 (am Schiff)

Über Jakob Frühmann und sein Engagement für Sea Watch
Aufgewachsen im Südburgenland und seit jeher mit Pendelbewegungen vertraut, folgte Jakob Frühmann stets den Verbindungslinien zwischen dem Zusammenhang von europäischen Privilegien und globaler Einen Welt. Nach seinem Zivilersatzdienst mit Jugend Eine Welt in einem Don Bosco Sozialzentrum in Tijuana, Mexiko, studierte er Internationale Entwicklung, Germanistik und Theologie an der Universität Wien.
Neben seinem Beruf als Lehrer verbringt er immer wieder Zeit auf unterschiedlichen Schiffen. Einerseits als Pädagoge bei Projekten wie dem „Klassenzimmer unter Segeln“ aktiv, ist er seit einigen Jahren auch bei Sea Watch engagiert. Dort folgen die Seeleute und ihre HelferInnen einem simplen Gedanken: „Unsere Passion für das Leben und die Liebe zur See bringt uns zusammen, um jenen beizustehen, die untergehen zu drohen.“

Aktuelle Updates zur Mission und zur Situation im Zentralen Mittelmeer finden Sie hier: https://twitter.com/seawatchcrew
www.jugendeinewelt.at/seenotrettung

Aktuelle ARD Doku über das Schiff:
https://www.ardmediathek.de/daserste/video/reportage—dokumentation/wir-schicken-ein-schiff/das-erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL3JlcG9ydGFnZSBfIGRva3VtZW50YXRpb24gaW0gZXJzdGVuL2JlMWVhYjc4LTJkZWItNDk2ZS1hYjg2LWUyMTM5NTMxMzM5Mw/

Für Rückfragen:
Reinhard Heiserer
Geschäftsführung Jugend Eine Welt – Don Bosco Aktion Österreich
Tel.  +43 (1) 8790707 – 10
+43 664 8270791
Reinhard.Heiserer@jugendeinewelt.at
www.jugendeinewelt.at

PA: Coronakrise führt zu mehr Kinderhandel

Aufgrund der Coronakrise sind allerärmste Kinder und Jugendliche in verstärkter Gefahr, Opfer des organisierten Menschenhandels zu werden. Darauf weist die Hilfsorganisation Jugend Eine Welt anlässlich des Welttags gegen Menschenhandel am 30. Juli hin.

UNICEF geht davon aus, dass jährlich mindestens 1,2 Millionen Kinder von dieser schweren Menschenrechtsverletzung betroffen sind: Sie werden schon als Babys an gut zahlende Adoptiveltern verschachert, als Kinderbräute an viel ältere Männer verkauft, zum Betteln oder Stehlen gezwungen, als Arbeitssklaven, Prostituierte oder Kindersoldaten ausgebeutet.

Alle Anzeichen sprechen dafür, dass die Anzahl der betroffenen Kinder im Zuge der Coronakrise massiv ansteigen könnte, insbesondere im Bereich der sexuellen Ausbeutung. „Die Risiken für Kinder, fortgesetzt oder erstmals Opfer von sexueller Ausbeutung zu werden, haben sich unter Lockdown-Bedingungen signifikant erhöht“, bestätigt Astrid Winkler, Geschäftsführerin der von Jugend Eine Welt seit Jahren unterstützten Kinderschutzorganisation ECPAT und verweist auf einen alarmierenden Europol-Bericht, demzufolge die Nachfrage von Material zu sexuellem Kindesmissbrauch in der EU seit Beginn der Coronakrise um bis zu 30 Prozent angestiegen sei. „Denn Sexualstraftäter und -täterinnen nutzen im Internet so eine Situation gezielt aus, um mit Kindern online in Kontakt zu treten“, so Winkler.

Organisiertes Verbrechen profitiert
Tatsächlich könnte das organisierte Verbrechen von der Krise profitieren, warnt auch das in Wien ansässige UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC). Allzuleicht fallen notleidende Familien, die aufgrund der Corona-Lockdowns keinerlei Einkommen mehr haben, auf die Versprechen von Menschenhändlern herein und stellen ihnen ihre Kinder für wenig Geld zur Verfügung. In besonderer Gefahr sind auch Kinder, die vor der zunehmenden Gewalt in der eigenen Familie auf die Straße geflohen sind. Opfer, die sich bereits in der Gewalt von Menschenhändlern befinden, haben aufgrund der Ausgangssperren noch weniger Chancen, ihren Peinigern zu entkommen bzw. Hilfe zu holen. Gleichzeitig fallen wichtige Schutzmechanismen aus: In vielen Ländern bleiben Schulen, Jugendzentren, Notschlafstellen und Hilfseinrichtungen coronabedingt geschlossen, werden Geldmittel im Bereich des Opferschutzes gekürzt. Das organisierte Verbrechen hingegen wird nicht müde, neue Wege der Ausbeutung zu finden. So muss davon ausgegangen werden, dass die – online vereinbarte – „Lieferung“ von Kindern in Privatwohnungen derzeit ebenso zunimmt wie die Vermittlung von Teenager-Bräuten.

Österreich: Betreuungsstelle fehlt
Österreich gilt als Transit- und Destinationsland insbesondere für gehandelte Frauen und Kinder. Jugend Eine Welt begrüßt die im Regierungsprogramm vorgesehenen Maßnahmen zum Kampf gegen Menschen-, Frauen- und Kinderhandel, die am 9. Juli in einer Entschließung des Nationalrates bekräftigt wurden und die u.a. eine verbesserte Zusammenarbeit im Bereich des Erkennens mutmaßlicher Opfer vorsehen. Zusätzlich sollte dringend eine spezialisierte Betreuungsstelle für Betroffene des Kinderhandels realisiert werden, wie im Nationalen Aktionsplan (2018-20) der „Taskforce zur Bekämpfung des Menschenhandels“ vorgesehen, fordert ECPAT. Laut Jugend Eine Welt-Geschäftsführer Reinhard Heiserer müsse auch verstärkt bei den Ursachen des Problems angesetzt werden, einerseits durch verstärkte Aufklärungsprogramme und konsequente Strafverfolgung, anderseits durch die Bekämpfung bitterster Armut in den Herkunftsländern der Betroffenen sowie gezielte Präventions- und Schutzprogramme. Um die jetzt schon verheerenden Auswirkungen der Coronakrise auf allerärmste Menschen abzumildern, sei schnelles Handeln geboten. „Gemeinsam mit unserem Dachverband Globale Verantwortung bitten wir die Bundesregierung dringend um ein internationales COVID-19 Rettungspaket in Höhe von 100 Millionen Euro. Österreich muss seiner internationalen Verantwortung nachkommen und mithelfen, noch Schlimmeres abzuwenden wie ein massives Ansteigen von Hunger, Migration und Menschenhandel“, so Reinhard Heiserer.

Jugend Eine Welt fördert weltweit zahlreiche Hilfsprojekte, die Opfern von Kinder- und Menschenhandel zur Seite stehen und gefährdete Kinder und Jugendliche schützen. Beispielsweise unterstützt die Hilfsorganisation im westafrikanischen Sierra Leone ein Rehabilitationszentrum, in dem 70 Betroffene des Menschenhandels, darunter 36 Kinder unter 10 Jahren, betreut werden.

Rückfragehinweis:
Angelika Gerstacker
Öffentlichkeitsarbeit
Jugend Eine Welt – Don Bosco Aktion Österreich
Tel.  +43 (1) 879 07 07 – 34
Mobil: 0664 621 70 39
Angelika.Gerstacker@jugendeinewelt.at
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PA: Brasilien: Illegale Rinderzucht im Amazonas – Lieferkette des größten Fleischproduzenten der Welt JBS betroffen

In der Lieferkette von JBS, dem weltweit größten Fleischproduzenten mit Sitz in Brasilien, findet sich Fleisch von Rindern, die illegal in geschützten Gebieten des brasilianischen Amazonas-Regenwalds geweidet haben. Das zeigen neue Recherchen von Amnesty International.

London/Wien, am 15. Juli 2020 – In der Lieferkette von JBS, dem weltweit größten Fleischproduzenten mit Sitz in Brasilien, findet sich Fleisch von Rindern, die illegal in geschützten Gebieten des brasilianischen Amazonas-Regenwalds geweidet haben. Das zeigen neue Recherchen von Amnesty International.

Indem das Unternehmen seine Lieferkette nicht ausreichend auf illegal gehaltene Rinder prüft, verstößt JBS gegen seine Sorgfaltspflicht gemäß der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte.

Nach den UN-Leitprinzipien trägt JBS damit zu Menschenrechtsverletzungen gegen indigene Gemeinschaften und Bewohner*innen der Reservate bei. Denn das Unternehmen schafft wirtschaftliche Anreize für die illegale Rinderhaltung in Schutzgebieten, zeigt der neue Amnesty-Bericht From Forest to Farmland, der heute veröffentlicht wird.

„JBS ist sich seit mindestens 2009 der Risiken bewusst, dass Rinder, die illegal in Schutzgebieten weiden, in seine Lieferkette gelangen können“, sagt Richard Pearshouse, leitender Krisen- und Umweltexperte bei Amnesty International, und sagt weiter: „JBS hat es versäumt, ein wirksames Überwachungssystem für seine Lieferkette, einschließlich seiner indirekten Lieferant*innen, einzuführen. Es muss den verursachten Schaden wiedergutmachen und umgehend Systeme einführen, um zu verhindern, dass sich das wiederholt.“

Amnesty International fand an den drei untersuchten Standorten zwar keine Hinweise auf eine direkte Beteiligung von JBS an Menschenrechtsverletzungen. Allerdings sind illegal in Schutzgebieten gehaltene Rinder in die Lieferkette des Unternehmens gelangt. Die Menschenrechtsorganisation fordert JBS auf, bis Ende 2020 die notwendigen Schritte einzuleiten, um diesen Missstand zu beheben.

Rasante Ausweitung der Weidefläche vernichtet Regenwald
Rund drei Viertel des brasilianischen Rindfleischs werden im Inland konsumiert. Das verbleibende Viertel gelangt in die globale Lieferkette und macht Brasilien zum weltweit größten Rindfleischexporteur. Die Hauptabsatzmärkte sind China, Hongkong, Ägypten, Chile, die Europäische Union, die Vereinigten Arabischen Emirate und Russland.

Innerhalb der brasilianischen Viehwirtschaft kann die Amazonasregion das größte Wachstum verzeichnen. So hat sich die Rinderzahl in diesem Gebiet von 1988 bis 2018 fast vervierfacht. Durch die Ausweitung der Weideflächen wurden große Teile geschützten Regenwalds auf dem Territorium indigener Gemeinschaften und in Reservaten vernichtet.

Insgesamt sind aus 63 Prozent des zwischen 1988 und 2014 abgeholzten Regenwalds Weideflächen geworden – eine Fläche fünf Mal so groß wie Portugal. Im November 2019 veröffentlichte Amnesty International einen entsprechenden Bericht und dokumentierte detailliert diese Entwicklung. Regierungsangaben zufolge gingen zwischen August 2018 und Juli 2019 in indigenen Amazonasgebieten 497 km² Regenwald verloren. Im Vergleich mit der Fläche aus dem gleichen Zeitraum im Vorjahr entspricht das einer Steigerung von 91 Prozent.

Amnesty International besuchte für den Bericht drei Gebiete: das Territorium der indigenen Gemeinschaft der Uru-Eu-Wau-Wau sowie die Reservate Rio Jacy-Paraná und Rio Ouro Preto, alle im Bundesstaat Rondônia.

In all diesen Gebieten verloren indigene Gemeinschaften durch illegale Landaneignungen Teile ihrer angestammten Ländereien, die eigentlich gesetzlich geschützt sind. Die Landrechte indigener Menschen sind zudem in internationalen Menschenrechtsnormen festgeschrieben. In allen drei Gebieten ist die kommerzielle Viehhaltung gesetzlich verboten.

Landraub und Vertreibung von Indigenen
Die illegale Landaneignung geht häufig mit Drohungen, Einschüchterung und Gewalt einher. Einige Angehörige der Uru-Eu-Wau-Wau haben beschrieben, wie sie nachts Schüsse hörten oder wie ihre Kinder mit dem Tode bedroht wurden.

Andernorts wurden ganze Gemeinschaften von ihrem Land vertrieben und müssen bei einer Rückkehr um ihr Leben fürchten. Über die vergangenen 20 Jahre hinweg sind die meisten Bewohner*innen des Reservats Rio Jacy-Paraná vertrieben worden, um immer mehr Weideflächen zu erschließen.

Amnesty International hat Satellitenaufnahmen ausgewertet, die die Angaben der ehemaligen Bewohner*innen bestätigen: ehemals bewaldete Flächen sind nun gerodet und man kann weidende Rinder und Wasserlöcher erkennen.

Viehhaltung in Schutzgebieten stark angestiegen
In Brasilien müssen die Behörden der einzelnen Bundesstaaten per Gesetz umfassende Daten zur Viehzucht erheben. Hierzu zählen zum Beispiel Informationen über den Standort von Rinderfarmen, auch solche in Schutzgebieten. Diesen offiziellen Zahlen zufolge ist die kommerzielle Viehhaltung in Schutzgebieten – wo diese Praxis illegal ist – stark angestiegen. Zwischen November 2018 und April 2020 stieg die Zahl der gehaltenen Rinder um 22 Prozent an, von 125.560 auf 153.566.

In den allermeisten Fällen werden die Rinder von Farmen in Schutzgebieten zu anderen Ranches transportiert, bevor sie zum Schlachthof gebracht werden. Das bedeutet, dass selbst Fleischerzeugnisse von legalen Rinderfarmen möglicherweise von Rindern stammen, die zuvor illegal in Schutzgebieten geweidet wurden.

Amnesty International kommt zu dem Schluss, dass in den Bundesstaaten zuständigen Stellen für Tiergesundheitskontrollen wie z. B. IDARON, die entsprechende Behörde im Bundesstaat Rondônia, de facto die illegale kommerzielle Viehzucht ermöglichen, indem sie kommerzielle Rinderfarmen registrieren und ihnen Dokumente für Viehtransporte ausstellen, auch wenn sie sich in Reservaten oder indigenen Gebieten befinden.

Dubiose Lieferkette von JBS
In Brasilien sind Viehtransporte von Farm zu Farm an der Tagesordnung. In einigen Fällen registrieren Viehzüchter den Transport von Rindern von einer Farm in einem Schutzgebiet zu einer Farm außerhalb des Schutzgebiets, nur um dann einen separaten Viehtransport von der legalen Ranch zum Fleischproduzenten JBS anmelden zu können.

Laut Angaben von Expert*innen, mit denen Amnesty International gesprochen hat, gibt es Hinweise darauf, dass Rinder durch solche nachgeschalteten Ranches geschleust werden, um den Anschein von Legalität zu erwecken – eine Praxis, die als cattle laundering bekannt ist und existierende Überwachungsmechanismen umgeht.

Amnesty International hat sich bei JBS erkundigt, ob dort im Jahr 2019 Vieh aus den drei Schutzgebieten verarbeitet wurde. Das Unternehmen gab die folgende Stellungnahme ab: „Wir beschaffen keine Rinder von Farmen, die illegale Viehzucht in Schutzgebieten betreiben. Für unsere gesamte Lieferkette gilt ausdrücklich der Ansatz, dass Entwaldung nicht unterstützt wird.“

Das Risiko, dass Fleisch von illegal geweideten Rindern in die Lieferkette gelangen könnten, ist JBS seit Längerem bekannt, doch es wurden keine ausreichenden Maßnahmen getroffen, um diesem Problem vorzubeugen. Aus externen Betriebsprüfungen ging hervor, dass JBS seine indirekten Zulieferer nicht überprüft. Im Bundesstaat Pará kam die Staatsanwaltschaft 2019 zu dem Schluss, dass „kein Unternehmen, das im Amazonas tätig ist, sagen kann, dass seine Lieferkette kein Vieh enthält, das mit Entwaldung in Verbindung gebracht werden kann […] Dasselbe gilt für Fleischfabriken und Supermärkte“.

Über die Recherchen von Amnesty International
Amnesty International recherchierte über 18 Monate hinweg in mehreren brasilianischen Bundesstaaten in der Amazonasregion. Dabei sprachen Mitarbeiter*innen der Organisation mit 24 Angehörigen indigener Gemeinschaften und Reservatsbewohner*innen sowie mit 18 Regierungsangehörigen und anderen Expert*innen.

Zudem wurden Satellitenaufnahmen von kürzlich gerodeten Gebieten ausgewertet und offizielle Zahlen zur Registrierung von Viehhaltung und Rindertransporten analysiert. Der neue Amnesty-Bericht baut auf vergangenen Recherchetätigkeiten auf, die die Organisation im Jahr 2019 in der Amazonasregion durchgeführt hatte. Damals warnte Amnesty International vor Zusammenstößen und Entwaldung und dokumentierte Gewalt gegen indigene Gemeinschaften sowie den wirtschaftlichen Anreiz, den die Viehzucht für die Abholzung neuer Waldstücke bietet.

Über JBS
JBS ist ein in Brasilien ansässiges multinationales Unternehmen, das 1953 im Bundesstaat Goiás gegründet wurde. Es beschreibt sich selbst als „eines der weltweit führenden Unternehmen in der Lebensmittelbranche“. JBS ist der größte Rindfleischerzeuger der Welt und befindet sich damit in einer einflussreichen Position, um menschenrechtliche Auswirkungen entlang seiner Lieferkette zu verhindern bzw. zu minimieren.

Amnesty International wandte sich 2019 schriftlich mit einigen Erkenntnissen und Fragen an JBS. Weite Teile der Stellungnahme von JBS sind im Bericht enthalten.

Zahlen und Fakten über die Entwaldung im brasilianischen Amazonasgebiet

Bei Fragen oder zur Vermittlung von Interviews stehen wir gerne zur Verfügung.

Presseteam Amnesty International Österreich
Lerchenfelder Gürtel 43/4/3, 1160 Wien
Martina Powell / Gesine Schmidt-Schmiedbauer
+43 664 2359138 / +43 664 4001056

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PA: Laut UN leiden 690 Mio. Menschen an chronischem Hunger

Die Hungerzahlen steigen das fünfte Jahr in Folge. Menschenrechtsorganisation FIAN fordert Umkehr der Politik.

Die Welternährungsorganisation FAO hat gestern in New York ihren aktuellen Welternährungsbericht (SOFI) vorgestellt. Demnach ist die Zahl chronisch hungernder Menschen im vergangenen Jahr um zehn Millionen angestiegen. 144 Millionen Kinder unter fünf Jahren – mehr als 20 % – sind in ihrem Wachstum beeinträchtigt. Insgesamt zwei Milliarden Menschen sind von mittlerer bis schwerer Ernährungsunsicherheit betroffen. Die Zahlen bestätigen die besorgniserregenden Trends der vergangenen fünf Jahre – obwohl der Bericht noch nicht die Folgen der Corona-Pandemie berücksichtigt. Für das laufende Jahr erwartet die UN-Organisation einen dramatischen Anstieg hungernder Menschen um rund 80 bis 130 Millionen Menschen.

„Obwohl wir weltweit einen Überfluss an Nahrungsmittel produzieren, wird das Menschenrecht auf Nahrung von immer mehr Menschen zunehmend verletzt“, so Lukas Schmidt, Geschäftsleiter der Menschenrechtsorganisation FIAN Österreich. Die Erreichung des Ziels, den Hunger bis 2030 zu besiegen, wird mehr und mehr unrealistisch.

Über drei Milliarden Menschen weltweit sind zu arm, um sich gesund ernähren zu können. Zudem offenbart der Bericht einen massiven Mangel an nährstoffhaltigen Nahrungsmitteln – Gemüse und Obst – vor allem in Afrika. „Dazu tragen Länder des Nordens erheblich bei, oft im Tandem mit Agrarkonzernen. Sie setzen stark auf den exportorientierten Anbau von Monokulturen wie Mais, Baumwolle oder Soja. Entwicklungszusammenarbeit wird oftmals mit dementsprechenden Bedingungen verknüpft“, so Schmidt weiter.

Hunger ist kein Schicksal, sondern wird gemacht
Agrarstrategien konzentrieren sich zunehmend auf sogenannte cash crops und vernachlässigen den kleinbäuerlichen Anbau traditioneller, nahrhafter Pflanzen. „In Ländern des Südens werden rund zwei Drittel aller Nahrungsmittel von Kleinbäuer*innen produziert. Diese werden seit Jahrzehnten in unfruchtbare und abgelegene Gebiete abgedrängt und einem unfairen globalen Wettbewerb ausgesetzt. Die Politik muss endlich umsteuern – weg von konzerndominierten Ernährungssystemen hin zu einer Politik, welche die Bedürfnisse von Landwirt*innen und hungernden Menschen ins Zentrum stellt“, betont FIAN-Projektkoordinatorin Tina Wirnsberger. Ein entscheidender Schritt ist die sofortige Umsetzung der UN-Erklärung für die Rechte von Kleinbäuer*innen und anderen Menschen in ländlichen Regionen im Rahmen der österreichischen und europäischen Entwicklungs-, Handels- und Agrarpolitik.

„Wir müssen endlich begreifen, dass Hunger kein Schicksal ist! Hunger ist meist ein Resultat von Diskriminierung und Ausgrenzung“, so Schmidt. Ein Mix aus nationalen Politiken und internationalen Abkommen privilegiert heute einseitig industrielle und konzerndominierte Ernährungssysteme: inputintensive Landwirtschaft, auf Ausbeutung basierende Versorgungsketten, Investitionsabkommen oder marktbasierte Antworten auf die Klimakrise. Auch die aktuellen Corona-Maßnahmen fördern einseitig die industrielle Lebensmittelversorgung.

Ein großes Manko des Berichts sind nach Auffassung von FIAN die fehlenden Angaben zu Hungertoten. „Jedes Jahr sterben Millionen Menschen an Hunger. Es ist kaum zu glauben, dass es zu einem für die Menschheit so zentralen Thema keine belastbaren Zahlen gibt“, schließt Wirnsberger.

Hintergrund zu den Hungerzahlen:
Die Welternährungsorganisation FAO veröffentlich jährlich eine Schätzung zur Hungersituation weltweit. Dies geschieht klassisch mit dem Indikator „Verbreitung von Unterernährung“ (engl. Prevalence of Undernourishment, kurz PoU). Der Indikator bezieht sich vor allem auf die Unterschreitung einer minimalen Versorgung mit Kalorien.
Die heute veröffentlichte Zahlenreihe liegt mehr als 100 Millionen niedriger als jene des Berichts vom Vorjahr. Die FAO begründet dies mit verbesserten Daten der letzten 20 Jahre, vor allem aus China. Eine Vergleichbarkeit mit älteren Berichten ist daher nicht möglich.
Seit drei Jahren veröffentlicht die FAO zudem Zahlen eines zweiten Indikators. Der so genannte Food Insecurity Experience Scale (FIES) beruht im Gegensatz zur kalorienbasierten Kalkulation auf konkreten Haushaltsbefragungen und kann besser unterschiedliche Schweregrade von Hunger messen. Demnach wird zwischen leichter, mittlerer und schwerer Ernährungsunsicherheit unterschieden.

Rückfragen:
Lukas Schmidt lukas.schmidt@fian.at
Tina Wirnsberger tina.wirnsberger@fian.at

RECHERCHEHINWEIS: SDG 3 Gesundheit und Wohlergehen

Durch die Coronapandemie ist die Gesundheitsorganisation der UN, die WHO, aus verschiedenen Gründen in den Fokus geraten. COVID-19 hat zudem vielschichtige Auswirkungen auf den globalen Süden.

Die ISJE stellt Infos, Tipps und Service rund um das Thema Gesundheit und das Nachhaltige Entwicklungsziel 3 zusammen.

SDG_3_Gesundheit_Recherchehinweis

Aspekte & Fragestellungen rund um SDG 3

  • Durch die Coronapandemie ist die Gesundheitsorganisation der UN, die WHO, aus verschiedenen Gründen in den Fokus geraten.
    Die Organisation, die sich nicht zuletzt SDG 3 widmen soll, ist in eine regelrechte Krise geschlittert: Das enge Budget wurde vor allem durch den Ausstieg der USA noch knapper, die WHO und die UN im Gesamten mussten zudem viel Kritik von verschiedensten Seiten einstecken. U.a.: Sie habe zu spät gewarnt und sei „China-lastig“.
  • Welche Auswirkungen wird die Coronapandemie auf den globalen Süden haben? Die Antwort wird viele Menschen noch länger beschäftigen, da das Ausmaß gerade in ärmeren Ländern des globalen Südens noch gar nicht abschätzbar ist derzeit.
  • Inwieweit muss man SDG 3 den Prioritäten durch die Coronapandemie hintanstellen? Bzw. sind die SDGs jetzt wichtiger denn je? Nana Addo Dankwa Akufo-Addo, Präsident der Republik Ghana, und die norwegische Premierministerin Erna Solberg, argumentieren auf einem Blog so: „…Die Umsetzung der SDGs ist langfristig für eine solide Grundlage und einen gerüsteten Umgang mit globalen Gesundheitsrisiken und neu auftretenden Infektionskrankheiten essentiell.“
    https://www.kindernothilfe.at/blog/sdgs-sind-relevanter-als-je-zuvor/
  • Wie kann man mehr und mehr verlässliche Statistiken auch in Ländern des globalen Süden etablieren? Gerade Corona zeigt die Wichtigkeit für die Messbarkeit von Daten, um so reagieren zu können.
  • Wie können Staaten von Ländern im globalen Süden lernen, die schon einige Herausforderungen im Zuge von Epidemien und Krankheiten hinter sich haben – Stichwort Ebola, Malaria etc.
  • Zum Beispiel Vietnam: Länder im globalen Süden haben die Herausforderung rund um die Coronapandemie besser gemanagt als Supermächte.
  • Folgen für Frauen weltweit: Gerade in ärmeren Länder treffen die Auswirkungen der Pandemie oftmals Frauen, da sie in informellen, prekären Bereichen tätig sind und in Familien viel Last tragen
  • Folgen für Flüchtlinge: Sie sind besonders gefährdet, Flüchtlingslager können in Zeiten einer Pandemie zu gefährlichen Orten werden

Weiterführendes & Ansprechpersonen

Weltgesundheitsorganisation WHO: https://www.who.int

Infos & Daten rund um SDG 3: https://www.who.int/sdg/en/

UNIS ist das United Nationen Info Service, die UN-Infostelle in Wien: http://www.unis.unvienna.org/
Direktor Martin Nesirky
Tel: (+43-1) 26060-4666
http://www.unis.unvienna.org/unis/de/about/contact_us.html

Der Menschenrechtsexperte Manfred Nowak warnt aktuell, die Lage in Sachen UN/WHO sei ernst: https://www.suedwind-magazin.at/wuerde-welt-ins-chaos-stuerzen

Der Journalist und Autor Robert Lessmann ist Kenner der Vereinten Nationen. Kontakt auf Nachfrage.

Wieso die SDGs jetzt erst recht relevant sind: Nana Addo Dankwa Akufo-Addo, Präsident der Republik Ghana, und die norwegische Premierministerin Erna Solberg zeigen die Bedeutung der Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) in Zeiten der Corona-Pandemie auf:
https://www.kindernothilfe.at/blog/sdgs-sind-relevanter-als-je-zuvor/

Von Überheblichkeit und Entwicklung: Zwei SüdostasienwissenschaftlerInnen zu Vietnams Corona-Management und warum sich dort das Bild des „Westens“ gedreht hat: https://www.rosalux.de/news/id/41856/von-ueberheblichkeit-und-entwicklung?cHash=6aff6fd80dd944aaca9a5b036bd6d65f

Der Autor und Journalist Martin Rümmele reflektiert seit Jahren, wie das Gesundheitswesen aufgestellt sein muss. Im Zuge der Coronakrise hat er mit dem Mediziner Martin Sprenger ein Buch herausgebracht:
https://www.ampuls-verlag.at/shop/

Medico International ist eine Organisation, die sich global dafür einsetzt, das Ziel Menschenrecht auf Gesundheit zu erreichen. Sprecher ist Thomas Gebauer: https://www.medico.de/blog/thomas-gebauer/

Die Organisation Wide – Entwicklungspolitisches Netzwerk für Frauenrechte und feministische Perspektiven – ist international vernetzt. Rund um das Thema Frauen und COVID-19 hat Wide dieses Update zusammengestellt: http://www.wide-netzwerk.at/images/publikationen/2020/WIDE-Update-Gender-Covid-19.pdf

Wie regional reagieren? Beispiel, die niederösterreichische Initiative „17 und wir“: „Der Corona-Virus zeigt auf, wie wichtig eine grundlegende Gesundheitsversorgung für uns alle ist. Hier bei uns, aber natürlich auch in Ländern des globalen“: https://17undwir.at/bedeutung-der-sdgs-in-zeiten-des-corona-virus/

Die Organisation Ärzte ohne Grenzen ist weltweit im Corona-Einsatz, u.a. in Flüchtlingslagern: https://www.aerzte-ohne-grenzen.at/themen/covid