Archiv der Kategorie: soziale Verantwortung

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Ankündigungskonferenz live streaming: OPEN YOUR EYES – Internationales Fotofestival

Im Herzen der Stadt Zürich präsentieren vom 8. September 2023 bis zum 15. Oktober 2023 Fotograf:innen und Wissenschaftler:innen gemeinsam ein einzigartiges neues Kommunikationsformat. Es fördert eine neue Ära des Verständnisses der Welt. Im Mittelpunkt stehen die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen.

Lois Lammerhuber ist gemeinsam mit Hans-Rudolf Strasser und Silvia Lammerhuber verantwortlich für die NGO „Open Your Eyes“. Unter der Patronanz des Delegierten des Schweizerischen Bundesrates für die Agenda 2030 und in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich – einer der führenden Universitäten der Welt – und The Photo Society (TPS) – der Vereinigung von über 200 National Geographic Fotograf:innen – gestalten sie dieses Festival.

Großzügige Open-Air-Installationen verweben in 17 Ausstellungsinseln Dokumentar- Fotografie und wissenschaftliche Erkenntnisse zu einem Plädoyer für Frieden, Toleranz und ein von humanistischem Geist getragenes Miteinander. Die ästhetische Magie der Bilderzählungen verwandelt die Gärten, Strassen und Plätze von Zürich in eine Bilderstadt. Der öffentliche Raum wird zum Bühnenbild für ein Gesamtkunstwerk, dessen Bedeutung mit wissenschaftlichen Forschungsergebnissen und Innovationen verknüpft wird, die uns alle betreffen.

Die präsentierten fotografischen Arbeiten sind nicht als Illustrationen der SDGs zu verstehen, sondern als Kommentare und Anmerkungen im Sinne von Cornell Capas „Concerned Photographers“. Capa wählte diesen Begriff, um Arbeiten zu beschreiben, die über die Dokumentation von Ereignissen hinausgehen und diese mit einem humanitären Impuls zeigen. Diese Denkschule ist auch als Konzept im Zusammenhang mit der Wissenschaft bekannt: Der Begriff „Concerned Scientists“ wird verwendet, um den Einsatz unabhängiger Wissenschaft zur Lösung der dringendsten Probleme unseres Planeten zu beschreiben.

 17. Juli 2023 um 10:00 Uhr
Bitte hier registrieren: https://zürich.photo/pressekonferenz
Nach der Registrierung erhalten Sie eine Bestätigungs-E-Mail mit Informationen über die Teilnahme am Webinar.

Es sprechen:
Hans-Rudolf Strasser Gründer, Präsident Open Your Eyes
Lois Lammerhuber Gründer, Art Director & Kurator Open Your Eyes
Claudia Zingerli Leiterin ETH Sustainability
Gerd Ludwig Fotograf, representing The Photo Society
Karin Rehn-Kaufmann Art Director Leica International
Dominik Nahr Fotograf NZZ

Sprache: Deutsch
Dauer: 60 bis 90 Minuten

Rückfragen:
Lois Lammerhuber
lammerhuber@zuerichfestival.photo
+43 699 135 83 989
openyoureyesfestival.photo
OPEN YOUR EYES
FOTOFESTIVAL ZÜRICH
Bahnhofstrasse 24
8001 Zürich
Schweiz

Südwind-Recherche in Ecuador: Unkontrollierter Goldabbau zerstört Lebensgrundlagen

Fehlende Entschädigungen und weitreichende Naturzerstörung bei Goldabbau – Gold aus dubiosen Quellen auch in österreichischen Handys möglich – Südwind fordert seriöse Rückverfolgbarkeit.

Metalle für die weltweite Elektronikindustrie werden oft unter prekären Bedingungen abgebaut. Eine Südwind-Recherche in Ecuador zeigt auf, wie durch intransparente Vergabe von Goldabbau-Konzessionen die Lebensgrundlagen von Menschen am Fluss Napo bedroht sind und kostbare Regenwälder zerstört werden. Ariana Martín Lobera hat als Aktivistin der Menschenrechtsorganisation Südwind Betroffene in der Provinz Napo interviewt. Die Befragten geben an, dass Umweltauflagen beim Goldabbau in Ecuador und Kontrollen ebenso vernachlässigt werden wie Entschädigungszahlungen an die lokale Bevölkerung. Kritisiert wird außerdem, dass Lizenzen für den Goldabbau in einem rechtlichen Graubereich zwischen den Bergbaukonzernen und der Regierung ausverhandelt werden.

Die hohe Nachfrage nach billigen Rohstoffen am Weltmarkt macht Gold aus zweifelhaften Minen begehrt. Auch für Produkte in Österreich kann eine illegale Rohstoffgewinnung nicht ausgeschlossen werden. So werden wegen seiner guten Leitfähigkeit erhebliche Mengen an Gold in Smartphones und SIM-Karten verbaut.

„Österreicher:innen besitzen über 11 Millionen Handys und 21,6 Millionen angemeldete SIM-Karten. Ohne Nachvollziehbarkeit der Lieferketten ist schwer zu sagen, ob das in unseren Handys verbaute Gold legal gewonnen wurde“, sagt René Schuster, Südwind-Experte für Elektronik-Lieferketten. Südwind fordert daher eine transparente Rückverfolgbarkeit von Rohstoffen und eine Rohstoffpolitik, die Reduktion und Wiederverwertbarkeit in den Mittelpunkt stellt. Pro Jahr werden weltweit 1,21 Milliarden Smartphones produziert, darin werden 41 140 Kilo Gold verbaut. Dafür müssen rund 121 Millionen Tonnen Gestein bewegt werden.

Bedrohte Natur, fehlende Kontrolle

Die Regen- und Nebelwälder Ecuadors sind sensible Ökosysteme, die aufgrund von Übernutzung immer stärker unter Druck geraten und von Bergbauprojekten weiterhin stark bedroht sind. Die im Goldabbau verwendeten Chemikalien belasten Fauna, Flora und die Gesundheit der lokalen Bevölkerung. Auch die sozialen Strukturen und Gefüge werden durch die Ansiedlung der Bergbaukonzerne gestört. Eines der größten Projekte in der Provinz Napo ist das Tena-Minenprojekt auf einer Fläche von 7.125 Hektar. Viele Menschen stellen sich dagegen, da das Wasser der lokalen indigenen Bevölkerung verschmutzt wird, wie der Menschenrechts- und Umweltanwalt Andrés Rojas gegenüber Südwind erzählt. Laut Rojas sind die Kontrollämter mit der Anzahl der illegalen Minen überfordert.

Eine Lösung für das Problem wäre, laut Andrés Rojas, mehr in den gemeinschaftlichen Tourismus, welcher die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung und der Umwelt berücksichtigt, zu investieren um auf diesem Weg die Wirtschaft anzukurbeln. „Durch die Eingriffe in die Region werden Bewohner:innen gedrängt, in die Städte zu migrieren. Leider ist das auch ganz im Sinne der Regierung, die das Amazonasgebiet möglichst ungestört für ihren eigenen Profit ausbeuten möchte“, so der Menschenrechtsanwalt Rojas.

Verschmutzte Landwirtschaft, gefälschte Verträge

„Die Firmen kaufen die Gebiete der Gemeinden. Aber meist sind diese Verträge gefälscht und das Geld kommt nie bei den Gemeinden an“, erklärt Jose Moreno, in dessen Gemeinde chinesische und nordamerikanische Unternehmen vier Konzessionen halten. „Da die Unternehmen nach dem Gesetz für Umweltschäden bezahlen müssten, führen sie den Abbau illegal durch. Wenn sie dann abwandern, sind die Böden nicht mehr fruchtbar und in den Flüssen gibt es keine Fische mehr. Mit den Kosten für die Umweltschäden wäre das Geschäftsmodell nicht rentabel“, so Moreno.

Über fatale Auswirkungen in ihrer Gemeinde am Fluss Napo klagt auch Elsa Cerda, Präsidentin der Yuturi Warmi (indigene Wächterinnen). „Verschmutzung durch Bergbauarbeiten haben in der Gemeinde Serena Landwirtschaft und Fischfang unmöglich gemacht. Viele Menschen gehen dennoch zu den Bergbauunternehmen, da sie anders ihre Familie nicht ernähren können“, sagt Cerda. Die Yuturi Warmi wurden vor zwei Jahren gegründet, um ein Bergbauunternehmen in ihrer Gemeinde zurückzuweisen. Die indigenen Wächterinnen wollen auch aufzeigen, dass man auch über andere Wege, wie zum Beispiel Kunsthandwerk, Geld verdienen kann.

Seriöse Umweltverträglichkeitsprüfung ist Muss für jedes Projekt

Abbaugebiete erholen sich nach der Schließung von Minen nur sehr langsam von den enormen Schäden. Um Golderz aus der Erde zu holen, werden viele Tonnen Gestein umgegraben. Um das Gold aus dem Golderz zu lösen, werden oft Schadstoffe wie Quecksilber oder Zyanid eingesetzt, die in der Umgebung und im Wasser landen.

Vielfach wird zu wenig oder nichts zur Renaturierung des genutzten Gebietes von den Bergbaukonzernen unternommen. In Ecuador setzen sich daher viele lokale Organisationen, teilweise mit Unterstützung von europäischen NGOs, für die Erhaltung der Lebensgrundlagen und gegen Minenprojekte ein.

„Bergbau ist untrennbar verbunden mit weitreichenden Landschaftseingriffen. Daher sind seriöse Umweltverträglichkeitsprüfungen und die Einbeziehung der lokalen Bevölkerung essentielle Auflagen für jedes einzelne Bergbauprojekt. Wenn Behörden im Abbauland bei Naturzerstörung und Menschenrechtsverletzungen wegsehen, ist es umso wichtiger, dass die Abnehmer genau hinsehen“, sagt Südwind-Experte René Schuster und fordert: „Es braucht strenge gesetzliche Regeln für eine menschenwürdige und möglichst umweltverträgliche Rohstoffgewinnung sowie eine verbindliche Unternehmenshaftung für die gesamte Wertschöpfungskette.“

Videointerviews mit Betroffenen in Ecuador © Südwind:

Andrés Rojas, Umwelt- und Menschenrechtsanwalt

Jose Moreno, Umweltaktivist und Förderer des gemeinschaftlichen Tourismus https://youtu.be/yonwiIfieEE

Elsa Cerda, Präsidentin der Organisation indigener Wächterinnen https://youtu.be/rzbFmYlaL9Q

Zugang zu einer Auswahl an Fotos und Videos vom Goldabbau-Gebiet gibt es hier. Sämtliches Foto und das Videomaterial sind unter Nennung der Quelle und im Kontext von Berichterstattung zum Thema kostenlos medial zu verwenden.

Rückfragehinweis:
Stefanie Marek
Pressesprecherin Südwind
stefanie.marek@suedwind.at
+43 (0) 680 1583016

René Schuster
Südwind-Experte für Elektronik-Lieferketten
rene.schuster@suedwind.at
+43 (0) 680 30 21 345
(erreichbar bis inklusive 7. Juli 2023; am 20. und 21. Juli; sowie ab 16. August)

Andreas Müller
Südwind-Experte für Elektronik-Lieferketten
andreas.mueller@suedwind.at
+43 (0) 665 65149361
(erreichbar ab 10. Juli 2023 – 14. August)

Biodiversität: Unverzichtbarer Reichtum

Biodiversität ist (über-)lebensnotwendig. So steht etwa die globale Nahrungsmittelsicherheit auf dem Spiel, wenn wir dem Artensterben nichts entgegensetzen. Die aktuelle Ausgabe der „Weltnachrichten“, des Magazins der Austrian Development Agency (ADA), zeigt auf, welche Risiken weltweit drohen, wenn Pflanzen- und Insektenvielfalt oder Wasser- und Bodenqualität in Gefahr sind. Und sie stellt Projekte der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit vor, die auf vielen Ebenen gegensteuern.

Die Vielfalt der Arten auf unserem Planeten ist massiv in Gefahr. Den Vereinten Nationen zufolge sind weltweit etwa eine Million von acht Millionen Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Abholzung, Urbanisierung, Klimawandel und Umweltverschmutzung sind die Hauptursachen dafür. Gute Luft, sauberes Wasser und gesunde Böden gibt es langfristig aber nur mit biologischer Vielfalt. So sind Bestäuber wie Bienen für die Reproduktion von Pflanzen unverzichtbar. Wälder mit ihrem Reichtum an Baumarten sind wichtige Kohlendioxidspeicher. Und auch der Wasserkreislauf ist stark von lebenden Organismen abhängig. Außerdem trägt die Artenvielfalt auch dazu bei, den Klimawandel zu bekämpfen.

Existenzielle Bedrohung durch Klimawandel
„Der Klimawandel ist eine existenzielle Bedrohung für uns alle – das Sterben der Artenvielfalt genauso. Die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit setzt sich daher in zahlreichen Projekten gezielt dafür ein, dass Land- und Meeresflächen geschützt und Ökosysteme wiederhergestellt werden“, betont Dr. Friedrich Stift, Geschäftsführer der Austrian Development Agency, der Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit.

So fördert die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit zum Beispiel ein Projekt in Mosambik, das Bäuer*innen beim Erlernen konservierender landwirtschaftlicher Praktiken unterstützt, welche die biologische Vielfalt sichern. Dazu zählen Zwischenfruchtanbau, organische Düngung, Schädlingsbekämpfung, Mulchen und Aufforstung. Diese Anbaumethoden tragen dazu bei, dass Böden durchlässig bleiben und bei Überschwemmungen nicht so sehr in Mitleidenschaft gezogen werden. In der Trockenzeit verhindern viele verschiedene Pflanzen flächendeckend, dass das Erdreich zu schnell austrocknet. So werden Boden und Artenvielfalt geschützt.

Gerettete Feuchtgebiete
Auch im Mpologoma-Flusseinzugsgebiet in Ostuganda unterstützt die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit ein Projekt, um die Biodiversität zu schützen. Dort sind die Feuchtgebiete in Gefahr: Böden erodieren, Pestizide und Herbizide verschmutzen die Umwelt und Flussbetten verschlammen. Mit besserem Saatgut, nachhaltiger Nutzung und optimierter landwirtschaftlicher Technik wird ihr Bestehen gesichert.

Mit Unterstützung aus Österreich konnte auch in Moldau die Vielfalt im sogenannten „Ramsar-Gebiet“ am Unteren Dnister bewahrt werden. Seit 2012 setzte sich die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit als wichtigster internationaler Geber für die Errichtung eines Nationalparks ein. Dabei konzentrierte sich Österreich besonders auf die Bewertung, Erhaltung und Wiederherstellung der Ökosysteme in der Region. So wurden 100 Hektar degradiertes Land wieder aufgeforstet. Sieben neue Wasserspeicher und ein optimiertes Wasserverteilungsnetz sichern heute die lokale Trinkwasserversorgung. Auch eine funktionierende Abwasserentsorgung mit der dazugehörigen Infrastruktur gibt es nun.
 
Ebenfalls in dieser Ausgabe zu lesen:
– Was die Zunahme von Zoonosen mit der Biodiversitätskrise zu tun hat.
– Wie eine „Mauer“ aus Bäumen und Pflanzen in der Sahelzone bis 2030 250 Millionen Tonnen Kohlenstoff binden soll – mit Beteiligung Österreichs.
– Wie österreichische Forscher*innen dazu beigetragen haben, auf dem Balkan ein einzigartiges Flusssystem zu schützen.

Die „Weltnachrichten“ berichten vierteljährlich über entwicklungspolitische Themen. Herausgeberin ist die Austrian Development Agency. Alle Beiträge, Reportagen, Interviews und Geschichten sind auch online nachzulesen. Die „Weltnachrichten“ sind kostenlos. Bestellungen unter oeza.info@ada.gv.at.

Austrian Development Agency
Die Austrian Development Agency, die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, unterstützt Länder in Afrika, Asien, Südost- und Osteuropa bei ihrer nachhaltigen Entwicklung. Gemeinsam mit öffentlichen Einrichtungen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Unternehmen setzt die ADA Projekte und Programme mit einem Gesamtvolumen von derzeit 570 Millionen Euro um.

Rückfragehinweis:
Austrian Development Agency (ADA),
die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit
Mag. Katharina Schreiber
Tel.: +43 (0)1 903 99-2410
katharina.schreiber@ada.gv.at
https://www.entwicklung.at/

Nach Mord an Gewerkschafter: Südwind und die Clean Clothes Kampagne fordern Aufklärung von Modeindustrie

Sie erklären vollste Solidarität mit Angehörigen des Opfers und Gewerkschaften in Bangladesch und fordern die Einhaltung und Überprüfung von Menschenrechten in Lieferketten.

Wien/Dhaka, 29. Juni 2023. Die Menschenrechtsorganisation Südwind und die Clean Clothes Kampagne (CCK) verurteilen den brutalen mutmaßlichen Mord an Bekleidungs-Gewerkschafter Shahidul Islam in Bangladesch vor wenigen Tagen und sprechen seiner Familie, seinen Freund:innen und Kolleg:innen aufrichtiges Beileid aus. Er soll wegen seines Engagements für die Arbeitnehmer:innenrechte in Bangladesch zu Tode geprügelt worden sein.

„Wir schließen uns all jenen an, die den Verlust von Shahidul Islam betrauern“, äußert sich Gertrude Klaffenböck, die Koordinatorin der CCK in Österreich, zum Tod ihres Kollegen. „Wir fordern eine rasche und unabhängige Untersuchung dieser brutalen Tat und erklären uns solidarisch mit der Bangladesh Garment and Industrial Workers Federation (BGIWF) und all jenen, die sich für ihr Recht auf Vereinigungsfreiheit einsetzen. Der Kampf der vielen Menschen, die sich täglich in Gefahr begeben, um die Rechte und die Sicherheit der Arbeiter:innen in Bangladesch zu verteidigen, ist auch unser Kampf!“

Berichten der Gewerkschaft zufolge trafen sich Shahidul Islam und andere Vertreter:innen der BGIWF in der Fabrik Prince Jacquard Sweaters in Gazipur, Bangladesch um sich auf Wunsch der Beschäftigten mit einem Lohnkonflikt zu beschäftigen. Das Unternehmen sei den Arbeiter:innen mehr als zwei Monatslöhne schuldig. Beim Verlassen der Fabrik sollen die Gewerkschafter:innen von einer Bande angegriffen worden sein. Die Angreifer sollen Shahidul Islam so lange geschlagen und getreten haben bis er bewusstlos wurde und schwere Verletzungen erlitt. Er wurde in einem nahegelegenen Krankenhaus für tot erklärt.

Südwind und die CCK fordern die Regierung von Bangladesch auf, den Mord an Shahidul Islam unverzüglich und unparteiisch zu untersuchen und die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen. „Außerdem fordern wir die globalen Marken, die Produkte aus Fabriken in Bangladesch beziehen, dazu auf, die Menschenrechte in ihren Lieferketten mit der gebotenen Sorgfalt zu prüfen“, ergänzt Südwind-Lieferkettenexperte Stefan Grasgruber-Kerl. „Modemarken müssen ihren Einfluss geltend machen, um die Einhaltung der Menschenrechte und der internationalen Arbeitsnormen in Gesetz und Praxis zu gewährleisten. Es gibt keine Entschuldigung für jene, die Geschäfte mit denen machen, die die Vereinigungsfreiheit missachten und Gewerkschafter:innen brutal verfolgen lassen.“ Die Clean Clothes Kampagne sammelt derzeit weitere Daten über internationale Abnehmer des Zulieferbetriebs und wird sie dazu auffordern, Stellung zu nehmen.

Kalpona Akter, Präsidentin der BGIWF, und langjährige Partnerin von Südwind und der CCK sagt: „Shahidul mobilisierte Tausende von Arbeiter:innen für den Beitritt zu Gewerkschaften. Im Laufe seines Lebens hat er Tausenden geholfen, zu Unrecht verweigerte Auszahlungen von Rückständen und Abfindungen zu erhalten. Die jahrelange Vernachlässigung der Stimmen der Arbeitnehmer:innen war der Grund für seinen Tod. Sein Beitrag zur Gewerkschaftsbewegung war bemerkenswert und er wird schmerzlich vermisst werden.“

Rückfragehinweis:
Gertrude Klaffenböck
Südwind-Koordinatorin der CCK in Österreich
gertrude.klaffenboeck@südwind.at
+43 140555 15 331
+43 676 44 608 33

Stefan Grasgruber-Kerl
Lieferketten-Experte Südwind
stefan.grasgruber-kerl@suedwind.at
01/405 55 15 – 303
069910040079

Stefanie Marek
Pressesprecherin Südwind
Stefanie.marek@suedwind.at
0680 1583016

PA: Südwind Fallstudie zu Seltenen Erden zeigt Handlungsbedarf in der Rohstoffpolitik

Das Fallbeispiel eines Bergbauprojekts in Madagaskar zeigt, dass der Abbau Seltener Erden mit großen Risiken für Menschenrechte und Umwelt verbunden ist, berichtet Südwind. Mitverantwortlich sei die problematisch hohe Nachfrage in Europa. Südwind fordert klare Regeln für eine global gerechte Rohstoffpolitik.

Seltenerdmetalle wie Lanthan, Promethium oder Ytterbium stecken unter anderem in unseren Handys und Laptops und kommen in Medizintechnologie und Militärtechnik zum Einsatz. Die Nachfrage steigt seit Jahren. Bis 2050 könnte sie sich laut EU-Kommission verzehnfachen. Gerade für die Energiewende hin zu erneuerbaren Energien sind sie zentral, da sie effiziente E-Autos und Windräder erst ermöglichen. Die EU-Kommission hat sie als „kritische Rohstoffe“ eingestuft, bei der Risikobewertung hinsichtlich Versorgungssicherheit haben Seltenerdmetalle den Höchstwert bekommen.

Doch Abbau und Weiterverarbeitung haben schwerwiegende Auswirkungen auf die Umwelt, die Gesundheit und die Rechte der Menschen vor Ort. “Solange die Preise günstig, die Lieferung pünktlich und der Abbau weit weg von der eigenen Haustüre ist, wird das von westlichen Abnehmer-Ländern und belieferten Unternehmen toleriert”, sagt Andreas Müller, Experte für Rohstoff-Lieferketten bei Südwind. “Gerade im Globalen Süden braucht es seriöse Umweltverträglichkeitsprüfungen und einen demokratischen Interessenausgleich”, so Müller. Und: “Nicht jeder Anwendungsbereich von Seltenerd-Metallen hat den gleichen gesellschaftlichen Nutzen. Für eine global gerechte Rohstoffpolitik sind Sektor-spezifische Verbrauchs- und Reduktionspläne unerlässlich.”

Die Menschenrechtsorganisation Südwind und die Partnerorganisationen CRAAD-OI, WoMin sowie die Dreikönigsaktion haben eine Fallstudie zur Situation auf der Halbinsel Ampasindava in Madagaskar durchgeführt. Dort verhindert lokaler Widerstand seit mehr als zehn Jahren, dass eine Mine in Vollbetrieb geht. Denn für die Bevölkerung, die von Landwirtschaft und Fischfang lebt, steht viel auf dem Spiel.

Gefährdete Existenzgrundlage: Vergiftete Böden und Waldzerstörung

Vom Abbau bis zur Raffinerie von Seltenerdmetallen werden enorme Mengen an Wasser und Energie verbraucht und eine beträchtliche Menge Treibhausgase freigesetzt. Beim geplanten Abbau auf Ampasindava würden giftige Chemikalien verwendet werden, die in Böden und Grundwasser gelangen und Krankheiten verursachen können. Das hätte auch Auswirkungen auf Korallenriffe und die Fischerei. Laut CRAAD-OI würde in den nächsten 40 Jahren eine Fläche von 7.000 Hektar betroffen sein. Für Bohrlöcher, Auffangbecken und Minen-Infrastruktur samt Zufahrtsstraßen müssten auf einem Drittel der Fläche Wälder gerodet und Ackerflächen vernichtet werden.

Langfristig fürchten die Landwirt:innen auf Ampasindava, durch den Seltene Erden-Bergbau ihre Ländereien und damit ihre Einkommens- und Lebensgrundlage zu verlieren. Vor allem Frauen wären von den Auswirkungen des Bergbaus betroffen. Das Projekt ist außerdem direkt neben einem Naturschutzgebiet geplant. Dort befinden sich seltene Pflanzen- und gefährdete Tierarten.

Pläne trotz hartnäckigen Widerstands noch nicht begraben

Bis dato wurde keine vollständige Abbau-Lizenz erteilt. Die Organisationen CRAAD-OI und WoMin begleiten und unterstützen den Widerstand der lokalen Bevölkerung seit Jahren. Von Beginn an gab es kaum Mitbestimmung und Transparenz bei dem Projekt. Die Firma Tantalum Rare Earth Madagascar (TREM) begann in den Jahren 2011 bis 2014 teils ohne Zustimmung der ansässigen Bevölkerung mit Probebohrungen.

Den Erfolg des Widerstands führen die Organisationen darauf zurück, dass vor Ort immer mehr Menschen über das Thema informiert waren und öffentlich Stellung bezogen. Auch internationale Aktionen, wie beispielsweise Briefe an Investor:innen, hätten dazu geführt, dass das Projekt an finanzieller Rückendeckung verlor. Dennoch gibt es laut CRAAD-OI weiterhin Treffen zwischen Bergbau-Unternehmen und Regierungsbehörden.

Seltene Erden-Lieferketten kaum nachverfolgbar

CRAAD-OI hat zu den Finanz- und Warenströmen hinter dem Minenprojekt recherchiert. Doch wegen zahlreicher Übernahmen durch wechselnde Betreiberfirmen ändern sich die Investor:innen, die Weiterverarbeitungsbetriebe und die potentiellen Endabnehmerfirmen der Seltenen Erden aus Madagaskar ebenfalls ständig.

“Es ist sehr wahrscheinlich, dass europäische und nordamerikanische Firmen der Elektronik- und Automobilindustrie zu den Endabnehmern gehören würden. Einer der Bergbaukonzerne, der ursprünglich hinter dem Projekt stand, hatte Abkommen mit chinesischen Weiterverarbeitungsbetrieben und Betriebe aus China versorgen 85 Prozent des Weltmarkts”, sagt Andreas Müller.

Klare Regeln für global gerechte Rohstoffpolitik notwendig

Der große Bedarf an Seltenerdmetallen im Globalen Norden erhöht den Druck für neue Projekte von Bergbauunternehmen, aber auch bereits bestehende wie jenes auf Ampasindava werden forciert. Die Nachfrage muss sinken. Die Industrie im Globalen Norden braucht Rohstoffe wie Seltene Erden nicht zuletzt für eine Energiewende hin zu sauberer Energie, doch nicht nur dafür werden sie verwendet. 2019 etwa wurde mehr als die Hälfte des Neodyms in Autos mit Verbrennungsmotor eingesetzt.

Für soziale und ökologische Gerechtigkeit fordert Südwind klare politische Rahmenbedingungen:

  • In Abbaugebieten braucht es: Freie, vorherige und informierte Zustimmung durch die Lokalbevölkerung, offene Konsultationen vor jedem Bergbau-Projekt und Verhandlungen frei von Zwang
  •  In Österreich und der EU braucht es: Langlebige und nachrüstbare Elektro-Geräte und Technologien mit leicht recycelbaren Komponenten; Verringerung des Materialfußabdrucks auf 7t pro Person/Jahr bis 2050 wie in der österreichischen Kreislaufwirtschafts-Strategie vorgesehen
  •  Auf internationaler Ebene braucht es: Verbindliche Regeln für Konzerne: UN-Vertrag zu Wirtschaft und Menschenrechten sowie ein starkes europäisches Lieferkettengesetz, das Unternehmen zur Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards entlang der gesamten Lieferkette verpflichtet

Zu den Partnerorganisationen

CRAAD-OI (Centre de Recherches et d’ Appui pour les Alternatives de Développement – Océan Indien) ist eine NGO und Forschungseinrichtung mit Sitz in Madgaskar. Sie arbeitet an alternativen Entwicklungswegen, um soziale und ökologische Gerechtigkeit, die Menschenrechte und Geschlechtergerechtigkeit zu verwirklichen.

WoMin African Alliance ist ein pan-afrikanisches ökofeministisches Bündnis in 13 Ländern, mit Hauptsitz in Südafrika. WoMin unterstützt Frauen in ihrem Widerstand gegen Bergbau-Großprojekte und in ihrem Einsatz für Energie- und Klimagerechtigkeit.

Detailinformationen und Material im Pressepaket

Rückfragehinweis:
Andreas Müller
Südwind-Referent für Kampagnenarbeit
andreas.mueller@suedwind.at
Tel: 02622/24 832
Mobil: +43 (0) 665 65149361

Stefanie Marek
Pressesprecherin Südwind
stefanie.marek@suedwind.at
Tel: +43 (0) 680 1583016

Hybridveranstaltung: Rohstoffe: Weniger ist fair!?

Expert:innenrunde zum Lieferkettengesetz, Kreislaufwirtschaft und dem Weg zu globaler Nachhaltigkeit.

Bei einer Podiumsdiskussion, veranstaltet von GLOBAL 2000, Dreikönigsaktion, Südwind, u.a. geht es um das prognostizierte Wachstum des Rohstoffbedarfs in den nächsten Jahren und den damit verbundenen politischen Initiativen, dem europäischen Lieferkettengesetz und der österreichischen Kreislaufwirtschaftsstrategie.
Wie hängen diese Politiken zusammen? Was können sie leisten und wo greifen sie (noch) zu kurz? Wo liegen ihre Chancen und Herausforderungen? Vertreter:innen der österreichischen Politik sowie Expert:innen des Globalen Südens diskutieren diese und weitere Fragen.

16.06.2023, 10:00 Uhr
Haus der EU, Wipplingerstraße 35, 1010 Wien und online

Am Podium diskutieren:
Günther Sidl – Abgeordneter zum Europäischen Parlament
Mario Micelli – Referent bei Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft
Christian Holzer – Leiter der Sektion Umwelt und Kreislaufwirtschaft im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
Javier Jahncke – auf Bergbau spezialisierter Menschenrechtsanwalt aus Peru
Anna Leitner – Expertin für Ressourcen und Lieferketten bei GLOBAL 2000, Vertreterin der AG Rohstoffe
Lukas Steiner – Head of Operations & Business Development bei Polestar
Anna Meyer – Climate Actions Researcher bei Montanuniversität Leoben

Anschließend Diskussion und Fragen aus dem Publikum.

Ausklang: Buffet

Die Veranstaltung findet hybrid statt und wird via Livestream übertragen. Den Link zum Livestream erhalten Sie nach Anmeldung zeitnah per Mail.

PA: Ausbeuterische Kinderarbeit endlich stoppen

Am 12. Juni findet der internationale Tag gegen Kinderarbeit statt. Expert*innen schätzen, dass rund 160 Millionen Kinder schuften, anstatt in der Schule zu sitzen – dieser Ungerechtigkeit soll nun endlich entgegengewirkt werden, so FAIRTRADE.

Anfang des Monats wurde im EU-Parlament das neue Lieferkettengesetz beschlossen. Die Richtlinie bietet eine einmalige Chance, die Verantwortung der Unternehmen für Menschenrechte und Umwelt zu stärken und damit ausbeuterische Kinderarbeit einzudämmen. „Jetzt gilt es diese europäischen Forderungen in nationales Recht zu gießen“, sagt Hartwig Kirner, Geschäftsführer von FAIRTRADE Österreich. Hier sind Justizministerin Alma Zadić und Wirtschaftsminister Martin Kocher gefragt, sich für ein starkes Lieferkettengesetz einzusetzen. Das fordert auch die Initiative „Kinderarbeit stoppen” – bestehend aus der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar, FAIRTRADE Österreich, weltumspannend arbeiten (ÖGB), Jugend Eine Welt, Kindernothilfe Österreich und Butterfly Rebels.  
 
Am 12. Juni werden Vertreter*innen von „Kinderarbeit stoppen“ um 16:00 Uhr zu Gast bei Justizministerin Alma Zadić sein. Mit dabei sind auch engagierte Kinder aus dem Burgenland, die mit der Ministerin gemeinsam ein sogenanntes „Reverse Graffito“ gegen ausbeuterische Kinderarbeit schrubben werden. Die Aktion wird im Freien neben dem Ministerium stattfinden. Medienvertreter*innen sind herzlich zum Fototermin eigeladen. 

Neues Programm in Westafrika 

Gleichzeitig starten die Dachorganisation Fairtrade International und das Produzentennetzwerk Fairtrade Africa gemeinsam ein neues Programm zur Unterstützung von FAIRTRADE-Kakaokooperativen in Côte d’Ivoire und Ghana. Die beiden Länder sind nicht nur die weltweit wichtigsten Kakaoproduzenten, sondern auch besonders stark von Kinderarbeit betroffen – mehr als 1,5 Millionen Kinder werden hier ausgebeutet.

Die neue Initiative, die von nationalen FAIRTRADE-Organisationen, darunter auch jene aus Österreich, Deutschland und der Schweiz, finanziert wird, soll in diesem Jahr zehn ausgewählte Projekte fördern, die sich auf wesentliche, aber oft unterfinanzierte Elemente zur Stärkung der Kinderrechte und zur Beendigung schädlicher Praktiken konzentrieren. „Mit diesem neuen Programm will FAIRTRADE die Kleinbauernkooperativen dabei unterstützen, in die Prävention zu investieren – etwa in die Verbesserung der Bildung sowie in die Behebung aufgedeckter Fälle. Betroffene Kinder und Familien sollen mit Ressourcen versorgt werden, damit sie sich weiterentwickeln können, anstatt die Probleme weiter in den Untergrund zu treiben“, sagt Edward Akapire, Direktor des Fairtrade-Afrika-Netzwerks in Westafrika dazu. Ab jetzt startet die Bewerbungsphase dafür, alle ausgewählten Projekte werden danach kontrolliert und evaluiert. Zu Beginn stehen 450.000 Euro zur Verfügung.

„Das wird einigen Genossenschaften dabei helfen, Projekte zu finanzieren, die sie auf dem Weg zur Abschaffung von Kinder- und Zwangsarbeit für besonders dringend halten, und wertvolle Erkenntnisse für eine mögliche Ausweitung des Projekts liefern“, so Jon Walker, Senior Cocoa Advisor bei Fairtrade International. „Wir wissen, dass wir so auch einen positiven Wandel beschleunigen können, der allen zugutekommt.“ 

Nähere Informationen zum Schutz von Kinderrechten finden Sie hier

Rückfragehinweis:
Mag. Bernhard Moser
bernhard.moser@fairtrade.at
+43 664 526 74 65

Mag. Peter Ehrenberger
peter.ehrenberger@fairtrade.at
+43 660 380 72 80

PA:  Hitzewellen in Pakistan – internationales Handeln erforderlich

Höchsttemperaturen bis zu 52°C: Pakistan sei mit am stärksten von der Klimakrise betroffen, ärmere Bevölkerungsgruppen leiden unter den lebensbedrohlichen Auswirkungen der Hitzewellen, so Amnesty International. Wohlhabendere Länder müssen Emissionen sofort reduzieren und versprochene Ausgleichszahlungen für klimabedingte Schäden bereitstellen, fordert die Menschenrechtsorganisation.

Die internationale Gemeinschaft muss dringend handeln, da eine Reihe extremer Hitzewellen in Pakistan erhebliche Auswirkungen auf die Menschenrechte haben, wie Amnesty International in ihrem neuen Bericht „A Burning Emergency: Extreme heat and the right to health in Pakistan“ erklärt.

Der am Weltumwelttag veröffentlichte Bericht untersucht die Auswirkungen extremer Hitze in Pakistan auf das Leben der Menschen sowie auf ihr Recht auf Gesundheit und Existenzsicherung. Er lenkt die Aufmerksamkeit auf den mühevollen Alltag von Menschen, die in einigen der heißesten Städte der Welt in Armut leben.

„Pakistan ist mit am schlimmsten von der Klimakrise betroffen. Die mangelnde Klimagerechtigkeit ist nicht zu übersehen. Trotz ihres geringen Beitrags zum Klimawandel sind die Menschen in Pakistan unverhältnismäßig stark von den schweren Folgen betroffen, die oft lebensbedrohlich sind. Eine Klimakrise dieses Ausmaßes zu bewältigen, erfordert globale Aufmerksamkeit und globales Handeln. Die reicheren Länder dürfen nicht unterschätzen, welch große Rolle sie selbst dabei spielen“, sagte Dinushika Dissanayake, stellvertretende Direktorin für die Region Südasien bei Amnesty International.

„Am weltweiten Tag der Umwelt hoffen wir, dass unser Bericht die Erinnerung an unsere kollektive Verantwortung für einige der am schlimmsten marginalisierten Menschen auffrischt, die extremen Temperaturen ausgesetzt sind. Sie sind gezwungen, in sengender Hitze zu leben, da diese extrem hohen Temperaturen von Jahr zu Jahr steigen, während wir untätig die Zeit verstreichen lassen. Die wohlhabenderen Länder müssen unverzüglich entschlossenes Engagement an den Tag legen, um die Emissionen zu reduzieren, schleunigst den Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen zu vollziehen und Gelder bereitzustellen, um den Menschen die Anpassung zu erleichtern, sowie den bei der COP27 eingerichteten Fonds zugunsten von Ausgleichszahlungen für Klimafolgeschäden rasch umzusetzen.“

Der Bericht fordert überdies die pakistanische Regierung auf, umfassende Hitze-Aktionspläne zu entwerfen, die im Einklang mit internationalen Menschenrechtsverpflichtungen und -normen stehen, und zu gewährleisten, dass die Rechte von Gruppen geschützt werden, die besonders anfällig für die gesundheitlichen Auswirkungen extremer Hitze sind.

Verheerende gesundheitliche Auswirkungen der extremen Hitze

Der Bericht A Burning Emergency: Extreme heat and the right to health in Pakistan basiert auf Gesprächen mit 45 Personen, die während der Sommermonate 2021 und 2022 von den schädlichen Auswirkungen extremer Hitze in Jacobabad und Lahore in Pakistan betroffen waren. Jacobabad ist einer der heißesten Orte der Welt. Im Juni 2021 lag die dort verzeichnete Höchsttemperatur bei unerträglichen 52° C.

Amnesty International befragte Menschen, die in erhöhter Gefahr einer Hitzeexposition sind, darunter Beschäftigte in der Landwirtschaft und in Ziegelbrennereien, Fahrer*innen von Lieferdiensten, Angehörige der Polizei, Müllarbeiter*innen und andere, die im Freien arbeiten.

In Jacobabad und Lahore befragte medizinische Fachkräfte berichteten von einer gestiegenen Fallzahl von Hitzschlägen, Benommenheit, Atemnot, Brennen im Magen, Schwindel, Fieber, Schmerzen, Augenentzündungen sowie Kopfschmerzen in Phasen extremer Hitze. Eine medizinische Fachkraft erklärte gegenüber Amnesty International in Lahore: „Im Mai und im Juni suchten uns viele Patient*innen wegen der Hitzewelle auf… Wir haben in der Notaufnahme Tag für Tag 50 bis 60 Fälle behandelt.“

Aus den Interviews geht eindeutig hervor, dass sich die extreme Hitze zwar auf alle auswirkt, manche aber aufgrund ihres sozioökonomischen Status wesentlich schwerer belastet sind. Überdies untergraben vielschichtige und intersektionale Formen der Diskriminierung von Frauen deren Resilienz gegenüber Hitzewellen, was potenziell gefährliche Folgen für ihre Gesundheit und die ihrer Kinder hat.

Hin zu einer Klimapolitik im Einklang mit den Menschenrechten

Der Bericht von Amnesty International gibt umfassende Empfehlungen an die pakistanische Regierung und die internationale Gemeinschaft.

Die pakistanischen Behörden werden aufgefordert, bedürfnisorientierte Maßnahmen zu ergreifen, um die am stärksten marginalisierten Menschen vor Hitzewellen zu schützen. Dies beinhaltet die Entwicklung und Umsetzung von hitzebedingten Aktionsplänen, die mit den Menschenrechten vereinbar sind, sowie die Bereitstellung von Sozialschutzmaßnahmen.

Zusätzlich muss die internationale Gemeinschaft finanzielle Mittel bereitstellen, möglicherweise auch durch Schuldenerlass oder -aussetzung, um diese Maßnahmen zu finanzieren. Reichere Länder müssen ihre Verpflichtungen zum Klimaschutz erfüllen, ihre Emissionen reduzieren und finanzielle und technische Unterstützung für Anpassungsmaßnahmen bereitstellen. Zudem sollten sie ihre Klimaschutzmittel erhöhen und eine ausgewogene Finanzierung von Eindämmungs- und Anpassungsmaßnahmen sicherstellen, einschließlich der Durchführung menschenrechtskonformer Bedarfsanalysen für Klimafolgeschäden.

„Die am stärksten für die Klimakrise verantwortlichen reichen Länder müssen unbedingt Ressourcen bereitstellen, nicht nur um die Anpassung zu unterstützen, sondern auch als Entschädigung für die Verluste und Schäden, die die Menschen aufgrund der durch den Klimawandel ausgelösten extremen Hitzewellen in Ländern wie Pakistan erlitten haben oder noch erleiden werden“, sagte Dinushika Dissanayake.

„Dieser Bericht erzählt uns die Geschichte der extremen Folgen des Klimawandels, die auf das unkontrollierte und verantwortungslose Verhalten von Regierungen zurückgehen, vor allem in den reichen Ländern sowie anderen, die sich einem schnellen und gerechten Übergang beim Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen widersetzen. Sie müssen dafür sorgen, dass die Folgen für die Menschenrechte nicht unumkehrbar sind, und sich darum bemühen, in Übereinstimmung mit ihren Verpflichtungen zum Schutz der Menschenrechte Klimagerechtigkeit herbeizuführen.“

Rückfragehinweis:  
Presseteam Amnesty International Österreich
Antonio Prokscha
+43-664-621 10 31
E-Mail: antonio.prokscha@amnesty.at

Veranstaltungshinweis: Gespräch mit dem Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte

Auf Einladung des Karl-Renner-Instituts spricht Volker Türk „Zur Zukunft der Menschenrechte“ mit Maria Matschnig.

Der Begriff der Menschenrechte wird meist mit politischen und bürgerlichen Rechten wie Meinungs- und Pressefreiheit in Verbindung gebracht. Sie gehen aber weit darüber hinaus: Kollektive wirtschaftliche und soziale Rechte wie das Recht auf eine intakte Natur, auf Nahrung oder auf Wohnen gewinnen an Bedeutung. Nicht nur im globalen Süden, sondern auch im Norden stellt sich zunehmend die Frage: Welche wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Voraussetzungen sind notwendig, um die Verwirklichung bzw. Einhaltung der Menschenrechte zu ermöglichen?

In seiner Rede anlässlich des 75. Jahrestages der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) forderte UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk eine „Ökonomie der Menschenrechte“. Der Nachfolger von Michelle Bachelet entwirft die Vision einer Wirtschaft, die – jenseits von Gewinnmaximierung – Gleichheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit fördert und andere Maßstäbe für wirtschaftlichen Erfolg definiert.

Wir sprechen mit UN-Menschenrechtskommissar Türk über das Konzept einer „Human Rights Economy“, über die Bedeutung und Zukunft der Menschenrechte 75 Jahre nach Verkündung der AEMR und darüber, wo sie heute besonders unter Druck stehen. Wir wollen die globale Entwicklung der Menschenrechtsdebatte reflektieren und Schlaglichter auf aktuelle Problemlagen werfen.

Datum: Mittwoch, 7. Juni 2023, 17:00–18:00 Uhr
Ort: Karl-Renner-Institut, Karl-Popper-Straße 8, 1100 Wien

Zur Person
Volker Türk hat am 17. Oktober 2022 das Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte von Michelle Bachelet übernommen. Es ist zum ersten Mal, dass ein Österreicher dieses Amt bekleidet. Zuvor war Türk Untergeneralsekretär für Politik im Exekutivbüro des Generalsekretärs der Vereinten Nationen und koordinierte in dieser Funktion die globale Politikarbeit. Im Laufe seiner Karriere hatte er eine Reihe von Schlüsselpositionen inne, unter anderem war er von 2015 bis 2019 stellvertretender Hoher Flüchtlingskommissar. Türk ist Doktor des Völkerrechts (Universität Wien) und Magister der Rechtswissenschaften (Universität Linz, Österreich). Er ist Autor zahlreicher Publikationen im Bereich des internationalen Flüchtlingsrechts und der internationalen Menschenrechte.

Anmeldung unbedingt erforderlich!
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PA: Breites zivilgesellschaftliches Bündnis begrüßt Mehrheit für EU-Lieferkettengesetz

Kampagne „Menschenrechte brauchen Gesetze sieht wichtigen Meilenstein für Schutz von Menschenrechten und Umwelt. Bestehende Schlupflöcher müssen noch geschlossen werden.

Wien/Brüssel, am 1. Juni 2023. Die EU-Abgeordneten haben heute für ein EU-Lieferkettengesetz gestimmt, das Unternehmen verpflichtet, Menschenrechte, Umwelt und Klima entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette zu schützen. Die Mitglieder der Kampagne “Menschenrechte brauchen Gesetze” begrüßen diesen wichtigen Schritt.

„Es ist ein starkes Zeichen des EU-Parlaments, das den jüngsten Aufweichversuchen von Konzernlobbyist:innen eine klare Absage erteilt”, sagt Bettina Rosenberger, Koordinatorin der Kampagne „Menschenrechte brauchen Gesetze“. Laut Rosenberger enthält die heute abgestimmte Position wesentliche Verbesserungen im Vergleich zum Kommissionsvorschlag vom Februar 2022 und zur Position des Rates vom Dezember 2022. 

Als größter Wermutstropfen bleibt die Beweislast aufseiten der Betroffenen. Um tatsächlich zu ihrem Recht zu kommen, müssen Betroffene von Menschenrechtsverletzungen, auch laut Position des Parlaments, massive Hürden überwinden. „Das EU-Lieferkettengesetz muss die Perspektive von Betroffenen in den Mittelpunkt stellen. Die Beweislast darf nicht allein auf ihren Schultern liegen. Es braucht eine Umkehr, sodass Unternehmen nachweisen müssen, dass sie sich an die Regeln halten”, fordert Bettina Rosenberger.

„Zur Bekämpfung der multiplen Krisen, mit denen wir konfrontiert sind, brauchen wir ein effektives EU-Lieferkettengesetz”, sagt Stefan Grasgruber-Kerl, Lieferketten-Experte der Menschenrechtsorganisation Südwind. „Das EU-Parlament muss im bevorstehenden Trilog die Fortschritte beim Zugang zum Recht verteidigen und die Schlupflöcher schließen. Nur so kann das Gesetz seine Wirksamkeit entfalten und eine verbindliche Unternehmenshaftung garantieren.”

Der Trilog zwischen Vertreter:innen der Kommission, des Rates und des EU-Parlaments wird über die Sommer-Monate stattfinden. 

Foto-Aktionen in Wien und Brüssel
Aktivist:innen der Kampagne „Menschenrechte brauchen Gesetze!“ fordern Ende Mai im Zuge einer Fotoaktion am Hafen Freudenau ein effektives Lieferkettengesetz. Mit dabei waren Vertreter.innen von der Dreikönigsaktion, dem WWF Österreich, GLOBAL2000, Jugend eine Welt, Südwind und dem Netzwerk Soziale Verantwortung.
Fotos von der Aktion stehen hier zum Download bereit:
Flickr

Aktivist:innen der europaweiten Initiative Justice is Everybody’s Business setzten am 1. Juni vor dem Parlamentsgebäude in Brüssel ein Zeichen. Fotos der Aktion unter:
Flickr

Über „Menschenrechte brauchen Gesetze!“:
Die Kampagne Menschenrechte brauchen Gesetze! wird von einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis getragen und vom Netzwerk Soziale Verantwortung (NeSoVe) koordiniert. Gemeinsam mit über 100 NGOs und Gewerkschaften aus ganz Europa mobilisieren zivilgesellschaftliche Organisationen und Gewerkschaften im Zuge der Kampagne „Gerechtigkeit geht alle an!“(Justice is Everybody’s Business) für ein EU-Lieferkettengesetz, das Menschen- und Arbeitsrechte, die Umwelt und das Klima effektiv schützt.

Rückfragehinweis:
Bettina Rosenberger
Kampagnenkoordinatorin „Menschenrechte brauchen Gesetze!“
Tel.: +43 660 8835409
bettina.rosenberger@nesove.at
c/o Netzwerk Soziale Verantwortung

Vincent Sufiyan
Kommunikationsleiter Südwind
Tel.: 0650 96 77577
E-Mail: vincent.sufiyan@suedwind.at