Im Fokus: Myanmar

…eine Analyse zu den Hintergründen und zur humanitären Situation der Rohingya in Myanmar von Mandy Fox, Radiojournalistin und Feature-Autorin. Sie arbeitet für die ARD und ZDF-Sendeanstalten, sowie asiatische Sender und  forscht am Lehrstuhl für Südostasien Studien der Universität Passau.

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Mit der Eskalation der Lage im Norden des Rakhine Staates in Myanmar im August 2017, wird in den Medien wieder verstärkt berichtet. Eine Gruppierung, die sich Arakan Rohingya Salvation Army nennt, soll Polizei- und Militärposten angegriffen haben. Das Militär reagierte mit Offensiven, in deren Folge sich die Zahl der Menschen, die vor den Kampfhandlungen flüchteten massiv erhöhte. Der Fokus der Berichterstattung liegt dabei auf der humanitären Situation. Die UN spricht von über 600.000 Menschen, die nach Bangladesch geflüchtet sind, darunter Angehörige der Gruppe der Rohingya und rund 40.000 Menschen, darunter Hindus, buddhistische Rakhine und andere Gruppen, die aus dem Kampfgebiet in südlichere Regionen des Rakhine Staates geflohen sind. Kaum jemand konnte bisher in den Norden des Rakhine Staates reisen, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Derzeit gibt es mehr Fragen als Antworten.

Seit dem Ausbruch des interkommunalen Konfliktes 2012 wird der Rakhine Staat international als Krisenregion wahrgenommen, dabei gibt es in der überwiegenden Zahl der 20 Verwaltungsbezirke keine Vorkommnisse. Entgegen des Eindrucks, dass im Rakhine Staat nur buddhistische Rakhine und muslimische Rohingya leben würden, gibt es insgesamt sieben von der Regierung anerkannte ethnische Gruppen im Rakhine Staat: (buddhistische) Rakhine, die wiederum die größte Gruppe bilden, Kwe Myi, Daingnet, Maramagyi, Mro, Thet, Kaman (Muslime, die als ethnische Gruppe und StaatsbürgerInnen anerkannt sind). Darüber hinaus leben Hindus im Rakhine Staat, sowie Muslime, die sich jedoch nicht alle zur Gruppe der Rohingya zählen.

Wer sind die Rohingya?
Genaue Aussagen darüber, wer die Rohingya von heute sind, wie viele es sind und wie sie sich selbst charakterisieren, können nicht getroffen werden. Es gibt keine Studien und die Region ist chronisch unterforscht. Noch schwieriger wird die Bestimmung nach dem Konflikt 2012, da er die Identität umformte. Es war vorher weit verbreitet das die Muslime von sich als „Rakhine Muslime“ sprachen. Seit 2012 sprechen die Binnenvertriebenen in den Camps, mehrheitlich Muslime, von sich als Rohingya. Vor dem Konflikt gab es keinen Grund eine Identitätsbezeichnung einzufordern. Doch jetzt, wo sie ausgeschlossen sind, wollen sie diese Gruppenidentität.

Laut bisher erschlossener Quellen kann die Existenz von Muslimen im Rakhine Staat bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgt werden. Die Rohingya von heute werden allerdings jüngeren Entwicklungen zugeschrieben und soll sich als politische Identität in den 1940er Jahren herausgebildet haben (1, Quellenangaben am Ende des Textes).

Anhand des Zensus von 2014 könnte vermutet werden, dass rund eine Million Rohingya, besonders im Norden des Rakhine Staates leben. Dort bildet die muslimische Bevölkerung mit rund 90% die Mehrheit. Die Zahl derer, die im Rakhine Staat leben wird im Zensus-Bericht mit 3,188,807 angegeben. Von diesen Personen wurden 2,098,807 gezählt, während 1,090,000 nicht gezählt (2) wurden.

Im Zensus-Bericht heißt es dazu: “In Teilen des Rakhine-Staates wurden die Mitglieder einiger Gemeinschaften nicht gezählt, weil es ihnen nicht erlaubt wurde sich mit einem Namen zu identifizieren, der von der Regierung nicht anerkannt wird. Die Regierung traf diese Entscheidung im Interesse der Sicherheit und um interkommunale Spannungen zu vermeiden.“ Die Gruppe der Rohingya sollte sich als „Bengali“ klassifizieren, doch sie weigerten sich, steht Bengali für sie doch als Bezeichnung für „die Fremden“ und widerspräche nicht nur ihrer eigenen Gruppenbezeichnung, sondern auch ihrem Kampf um Anerkennung als ethnische Gruppe in Myanmar.

Umstrittenes Staatsbürgerschaftsgesetz von 1982 – Rohingya als assoziierte BürgerInnen?
Muslime, Hindus und Chinesen gehören zwar nicht zu den anerkannten indigenen Gruppen in Myanmar, können aber dennoch die Staatsbürgerschaft erwerben.
Um die Staatsbürgerschaft zu bekommen, muss die Person Dokumente vorlegen. Welche das sind steht nicht im Staatsbürgerschaftsgesetz von 1982. Folgender Artikel zeigt auf, wie ein Antragsprozess ablaufen kann (3):
Das Staatsbürgerschaftsgesetz unterscheidet drei Kategorien von Staatsbürgerschaft mit abgestuften Rechten: Die erste gilt für die Burmanen, mit 68% die Mehrheitsethnie im Land sowie einige von der Regierung anerkannte “indigene” Gruppen, oder ethnische Gruppen, die nachweisen können, dass sie schon vor 1823, also vor dem ersten anglo-burmesischen Krieg, in Burma gelebt haben. Sie besitzen laut Gesetz die vollen politischen und ökonomischen Rechte (volle Staatsbürgerschaft). Die zweite Kategorie ist die assoziierte Staatsbürgerschaft (associated citizenship). Assoziierte BürgerInnen können die sein, deren Elternteile BürgerInnen im Sinne des Nationalitätengesetzes von 1948 waren. BürgerInnen im Sinne dieses Gesetzes war jemand, dessen Vorfahren während mindestens zwei Generationen permanent in Burma gelebt haben und dessen Eltern dort geboren waren. Es geht quasi um ältere Zuwanderer aus der Kolonialzeit. Die dritte Kategorie sind die naturalisierten Bürger (naturalized citizens), die vor dem 4. Januar 1948 in Burma geboren wurden, oder Eltern haben, die vor dem 4. Januar 1948 nach Burma gezogen sind, also jüngere ZuwanderInnen der Kolonialzeit. Diese BürgerInnen haben jedoch das Problem von dem Militär als potenzielles Sicherheitsrisiko angesehen zu werden (4).

Es wird durchaus unter WissenschaftlerInnen und RechtsanwältInnen diskutiert, dass die Mehrheit der Rohingya laut Gesetz als assoziierte BürgerInnen gelten müsste. Den Rohingya geht es jedoch nicht darum sich als ZuwandereInnen der Kolonialzeit darzustellen, sondern um die volle Staatsbürgerschaft, die die Anerkennung als ethnische Gruppe voraussetzt, oder den Nachweis, dass sie schon vor 1823, also vor dem ersten anglo-burmesischen Krieg, in Burma gelebt haben.

Artikel 6 des Staatsbürgerschaftsgesetzes von 1982 besagt, dass Personen, die bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits die Staatsbürgerschaft besitzen, darunter sind durchaus auch Angehörige der Gruppe der Rohingya, diese auch behalten. Die Frage, die sich stellt ist also:  Wie funktioniert(e) die Implementierung?

Was sind die Hintergründe des Konfliktes?
Eine vielschichtige Gemengelage, aus der tiefsitzender Rassismus und Xenophobie extrahiert werden können: General Ne Win putschte 1962 und beendete die demokratische Phase in Burma. Der Slogan „Burmane sein, heißt Buddhist sein“ von der Nationalismusbewegung, die während der britischen Kolonialzeit entstand, wurde wieder aufgegriffen. Xenophobie und ein latenter Rassismus wurde befördert und lassen sich auch an einem Ne Win Zitat ablesen: „…even people of pure blood are being disloyal to the race… if people of pure blood act this way, we must carefully watch people of mixed blood.“ (5) Sowohl Chinesen als auch Indern, darunter Muslime und Hindus, als auch den Rohingya wurde vorgeworfen illegale ImmigrantInnen zu sein, die sich erst während der britischen Kolonialzeit in Burma niedergelassen hätten. Ausdruck all dessen war u.a. das Staatsbürgerschaftsgesetzt von 1982 und zwei militärische Operationen 1978 und 1991, die das Ziel hatten illegale MigrantInnen im Rakhine Staat (Arakan) aufzustöbern. Es führte jeweils zu Fluchtwellen von einer Viertelmillion Muslimen nach Bangladesch.

Vor der Demokratisierung des Landes waren die Menschen in ihrer Ablehnung des Militärregimes vereint. Dieses Thema fällt nun weg und alte Konfliktlinien brechen wieder auf. Aus den vielen Ethnien muss eine nationale Identität geformt werden. Das ist bisher nicht gelungen und bringt das Problem mit sich, dass eine nationale Identität auch Gruppen ausschließt. Die Rohingya fallen aus dem Konzept hinaus (6).

Kampf um Ressourcen und Bürgerrechte
Eine Einschränkung der Bürgerrechte nimmt bereits das Staatsbürgerschaftsgesetz vor, da es die Menschen zu BürgerInnen der ersten, zweiten und dritten Klasse macht.

Ethnische Minderheiten werfen der von Burmanen dominierten Regierung und dem Militär vor, kein Mitspracherecht in eigenen Belangen zu haben, wenn es bspw. darum geht sicherzustellen, dass sie von Investitionen profitieren und über Großprojekte wie Staudämme oder Bergbau, die die Menschen vor Ort massiv betreffen, mitbestimmen können.

Das spaltet die Menschen in dem multiethnischen Staat eher, als das es sie vereint, denn es wird versucht für die „eigene“ Gruppe, das Beste herauszuholen. Es sind Verteilungskämpfe. Gruppen können leicht gegeneinander ausgespielt werden im Kampf um Privilegien, die beispielsweise durch das Militär bei Waffenstillstandsvereinbarungen in Aussicht gestellt werden. Gerade der Rakhine Staat ist einer der am wenigsten entwickelten in Myanmar. Die wirtschaftliche Lage ist schlecht, es gibt kaum Arbeitsmöglichkeiten, die Infrastruktur muss ausgebaut und das Bildungs- und Gesundheitssystem reformiert werden.

Wer profitiert von der Krise?
Das Militär
Durch die als sehr einseitige und simplizistische Darstellung empfundene internationale Medienberichterstattung zu dem Konflikt im Rakhine Staat sowie die Erhöhung des internationalen Drucks auf die Regierung Myanmars, wächst der Zuspruch aus den Reihen der buddhistischen NationalistInnen für das Militär und seinen Einsatz im Norden des Rakhine Staates gegen die Rebellen. Sie sind der Meinung, dass die staatliche Souveränität nur erhalten werden kann, wenn die Armee stark sei (7). Damit folgen sie der jahrzehntelangen Propaganda des Militärs. Das ist in der Bevölkerung vor nicht allzu langer Zeit rundweg abgelehnt worden.

Wie positioniert sich die schweigende Masse in Myanmar? Ein Beispiel: Rund 30.000 Menschen versammelten sich am 10. Oktober 2017 in einem Yangoner Fußball Stadion zu einem interreligiösen Gebet. Buddhisten, Christen, Hindus und Muslime wollen Geschlossenheit zeigen und beten für Frieden im Rakhine Staat. Win Maung, Abgeordneter der Nationalen Liga für Demokratie (NLD) sagte im Vorfeld der Zeremonie, dass es der Welt zeigen würde, dass Menschen unterschiedlichen Glaubens in Myanmar in Harmonie leben könnten (8).

Die NationalistInnen
Die neue Dimension, von einem vormals interkommunalen Konflikt im Rakhine Staat, nun zu einem bewaffneten Kampf von Rebellen, führt dazu, dass radikale buddhistische NationalistInnen im übrigen Myanmar mit ihrer Propaganda auf offene Ohren stoßen. Die bekannteste buddhistische nationalistische Organisation ist MaBaTha, die „Vereinigung für den Schutz der Rasse und der Religion“, bestehend aus Mönchen, Nonnen und Laien (9). Sie schüren gezielt die Angst vor einer Islamisierung in Myanmar. Das erhöht das Konfliktpotential und gefährdet die Transformation des Landes.

In den Gebieten, wo der Konflikt im Jahr 2012 im Rakhine stattfand, werden immer noch Muslime und Buddhisten voneinander abgeriegelt. Je separierter sie voneinander sind, desto größer die Entfremdung, desto schwieriger wird ein erneutes Zusammenleben und das Aufbauen von Vertrauen. Buddhistische NationalistInnen nutzen diese Situation, um Ängste zu schüren und Feindbilder aufzubauen. Die Nutzung Sozialer Medien, unterstützt die Verbreitung von Hassreden und nationalistischen Narrativen.

Hoffnung für den Rakhine Staat?
Handlungsempfehlungen für Frieden, Versöhnung und Entwicklung im Rakhine Staat wurden im August von einer Kommission präsentiert, die im September 2016 auf Initiative der de facto Regierungschefin Aung San Suu Kyi eingesetzt und durch den ehemaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan geleitet wurde.

Konkrete Vorschläge werden in dem Bericht gemacht, die u.a. die Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Lage betreffen. Dazu gehören u.a. die Forderung nach mehr Beteiligung der lokalen Gemeinden, wenn es die Entwicklung des Unionsstaates betrifft und die Sicherstellung, dass sie von Investitionen profitieren. Die Kommission rät dazu „Diversität“ zu zelebrieren – das würde die nationale Identität stärken. Stabilität und Entwicklung könnten im Rakhine Staat nur durch Inklusion und Integration erreicht werden (10). Das Präsidialbüro gründete daraufhin am 14. September 2017 einen Ausschuss, der die Empfehlungen der  Kommission umsetzen soll. Inwieweit die Empfehlungen implementiert werden können, wird sich zeigen. Aung San Suu Kyi, de facto Regierungschefin, muss sich mit dem Militär arrangieren, welches qua Verfassung mit 25 Prozent im Parlament sitzt und drei Ministerien leitet.

Quellen und weiterführende Links:
1) Derek Tonkin: The Rohingya Identity. British Experience in Arakan 1826-1948. www.networkmyanmar.org, 9 April 2014; Jaques P. Leider: Rohingya. The Name, the Movement and the Quest for Identity, in: Nation Building in Myanmar, Yangon: Myanmar Egress & Myanmar Peace Center, 2013
2) The 2014 Myanmar Population and Housing Census – Rakhine State Report – Census Report Volume 3 – K- May, 2015 – Department of Population Ministry of Immigration and Population. Seite 11
http://themimu.info/sites/themimu.info/files/documents/Census_Rakhine_Report_Eng_2015.pdf
3) https://frontiermyanmar.net/en/how-a-kokang-becomes-a-citizen
4) siehe: Yegar, Moshe: Between Integration and Secession – The Muslim Communities of the Southern Philippines, Southern Thailand and Western Burma/Myanmar. Lexington Books, USA 2002, Seite 62
5) Mikael Gravers: Nationalism as Political Paranoia in Burma. An Essay on the Historical Practice of Power. NIAS Report Series 11. Copenhagen: Nordic Institute of Asian Studies, 1993, p. 69
6) http://www.swp.de/ulm/nachrichten/politik/myanmar-expertin_-_das-militaer-spaltet-das-land_-15779241.html
7) http://abcnews.go.com/International/wireStory/thousands-march-support-myanmar-military-50792867
8) http://www.mizzima.com/news-domestic/mass-interfaith-rally-prays-rakhine-peace
9) International Crisis Group – Buddhism and State Power in Myanmar, Asia Report N°290 | 5 September 2017
https://www.crisisgroup.org/asia/south-east-asia/myanmar/290-buddhism-and-state-power-myanmar

Südwind-Magazin 11/17:  DIE GROSSE FLUCHT – Myanmar: Was hinter dem aktuellen Konflikt steckt „Beide Seiten verheimlichen einen Teil der Wahrheit“ . http://www.suedwind-magazin.at/die-grosse-flucht

 




Behind the Scenes

Investigativ-Journalist Stefano Liberti im Gespräch

Wann: 15. November 2017; 15.30 – 17.00
Wo: Institut für Journalismus & Medienmanagement, FHWien der WKW, Währinger Gürtel 97, 1180 Wien, 4. Stock, B432
(Das Gespräch findet auf Englisch statt)

Anmeldung

Der Italiener Stefano Liberti ist ein prämierter Investigativ-Journalist, Autor und Filmemacher. Seine Schwerpunkte liegen dabei auf Migration und Landraub. Als Autor der Webreportage The dark side of the italian tomato berichtet er zu globalisierter Landwirtschaft und deren Auswirkungen auf Flucht und Migration. Mit Hilfe von verdeckten Reportagen und entwaffnenden Interviews mit Insidern entlang der Produktions- und Lieferkette von Dosentomaten bis nach Ghana zeigt er die Absurdität des globalen Agrarsystems auf. Stefano Liberti versucht mit überzeugender und rigoroser Berichterstattung (impact journalism) den Blick auf globale und soziale Probleme zu lenken und so zu möglichen Lösungen beizutragen.

Wir blicken mit ihm hinter die Kulissen seiner Arbeit: Wie kommt man an gesicherte Informationen heran? Was sind seine Methoden und Erfahrungen? Mit welchen Widerständen muss man rechnen? Und was ist überhaupt impact journalism?

Moderation: Konrad Rehling (Südwind, Kampagnenleiter Make Fruit Fair)

Stefano Liberti war Journalist bei der Tageszeitung Il Manifesto bevor er sich entschied freier Journalist und Autor zu werden. Er veröffentlicht bei zahlreichen europäischen Magazinen wie Le Mond Diplomatique, El Pais oder Al Jazeera English. Sein Buch South of Lampedusa war nominiert für den Indro Montanelli Preis. Sein Buch Landraub: Reisen ins Reich des neuen Kolonialismus wurde bereits in sechs Sprachenübersetzt.

Im Anschluss an diese Veranstaltung findet eine inhaltliche Diskussion zum Thema Faule Tomaten– Was hat Agrarpolitik mit Flucht und Ausgrenzung zu tun? an der BOKU statt.
Weitere Infos

Die Veranstaltung findet in Kooperation mit der ISJE-Informationsstelle für Journalismus und Entwicklungspolitik, dem Institut für Journalismus & Medienmanagement der FHWien der WKW, dem Presserat und Reporter ohne Grenzen im Zuge der Reihe „Media under Pressure“ statt. 




Refugee-Reporter krempeln die Ärmel hoch

Die Initiative join media bringt geflüchtete JournalistInnen und hiesige Medien zusammen.joinAT

Saleh al-Omar brennt darauf, auch in Österreich zu berichten. Der Syrer war in seiner Heimat als Journalist tätig, bis er aufgrund seiner Tätigkeit bedroht wurde und fliehen musste. Seit rund zwei Jahren ist er in Österreich. Saleh Al-Omar spricht schon Deutsch – und hat bereits seine erste Coverstory in einem hiesigen Medium: Für eine Ausgabe des Nachrichtenmagazins „News“ (2.4.2016) arbeitete er mit.

Vernetzen. „join media“ versucht genau solche Erfolgsgeschichten zu wiederholen. Das Netzwerk unterstützt Medienschaffenden dabei, ihre Arbeit in Österreich wieder aufnehmen zu können. Der Initiative gehören Medienschaffende aus Afghanistan, dem Irak, Iran, Libanon, Österreich, Pakistan und Syrien an. Der Austausch hat bereits zu ersten Kooperationen und Workshops geführt.

Nutzen. Medien können laut „join media“ von den geflüchteten JournalistInnen profitieren. Etwa wenn es darum geht, über die Situation in deren Heimatland zu berichten und diesbezüglich Kontakte zu knüpfen. Aber auch rund um die Flüchtlingsdebatte hierzulande können sie wichtige direkte Stimmen sein, meint etwa Mitbegründer Fritz Hausjell: „Heimische Medien sollten sie viel öfter als bisher als PartnerInnen zur journalistischen Begleitung der aktuellen Herausforderungen begreifen“,  so der Kommunikationswissenschaftler im „Südwind-Magazin„.

Zivilgesellschaftliche Initiative. Gegründet wurde das Netzwerk auf Initiative von Sonja Bettel, Jonas Paintner, Daniela Kraus, Hausjell und Patricia Käfer. Hinter joinAT stehen das FJUM, die Universität Wien und Reporter ohne Grenzen Österreich.
Am 17. Mai wurde eine Konferenz organisiert, bei der neben nationalen auch internationale MedienvertreterInnen dabei waren.


Alle Infos zur Initiative hier

Bei Interesse an einer Zusammenarbeit mit einer geflüchteten Journalistin oder einem geflüchteten Journalisten wenden Sie sich hier an joinAT




Journalisten auf der Flucht

Die Veranstaltungsreihe #MEtalks hatte schon die unterschiedlichsten Gäste aus aller Welt (im Bild: die ugandische Journalistin und Bloggerin Rosebell Kagumire). Im April wird es um Syrien gehen. Foto: Institut für Journalismus & Medienmanagement/FHWien
Die Veranstaltungsreihe #MEtalks hatte schon die unterschiedlichsten Medienmenschen aus aller Welt zu Gast (im Bild: die ugandische Journalistin und Bloggerin Rosebell Kagumire mit Sybille Hamann). Im April wird es um Syrien gehen. Foto: Institut für Journalismus & Medienmanagement/FHWien

Am 11.4. findet die nächste Runde der Gesprächsreihe #MEtalks statt, dieses Mal mit in Österreich lebenden syrischen Journalisten.

Der Bürgerkrieg in Syrien zwischen dem Assad-Regime und Rebellen-Gruppen dauert seit mittlerweile fünf Jahren an und hat ein katastrophales Ausmaß an Gewalt und Zerstörung erreicht. Hunderttausende haben in den vergangenen Jahren das Land verlassen und leben in Jordanien, der Türkei oder in EU-Ländern. Unter den Geflüchteten sind auch Journalisten wie Saleh al-Omar und Jehad Nour Eddin Hussari. Vor ihrer Flucht aus Syrien arbeiteten die beiden Männer in Aleppo und Damaskus in Medienunternehmen. Doch wie funktioniert heute Journalismus in einem weitgehend zerstörten Land wie Syrien? Welche Medien werden noch produziert – und gibt es überhaupt noch so etwas wie unabhängigen Journalismus im Land? Im Gespräch mit der österreichischen Journalistin Rubina Möhring erzählen Saleh al-Omar und Jehad Nour Eddin Hussari von den Möglichkeiten und Grenzen des Journalismus in ihrer Heimat und von den Herausforderungen, mit denen sie seit der Flucht nach Österreich konfrontiert sind.

Moderation: Rubina Möhring
Dolmetscherin: Nermin Ismail

Wann: 11.04.2016
Uhrzeit: 18:30 Uhr
Wo: FHWien der WKW, Währinger Gürtel 97, 1180 Wien, Raum B002

Um Anmeldung zur Veranstaltung wird gebeten! Hier geht’s zur Anmeldung

 „Journalisten auf der Flucht“ ist eine Veranstaltung der Reihe „Medien & Entwicklung“ in Kooperation mit der ISJE-Informationsstelle für Journalismus und Entwicklungspolitik, der FHWien der WKW und dem fjum_forum journalismus und medien wien.




Zwischen Widerstand, Flucht und Exil

Emmanuel Mbolela schreibt in seiner autobiografischen Erzählung  „Mein Weg vom Kongo nach Europa“  über seine politische Aktivität im Kongo und die brutale Repression staatlicher Sicherheitsorgane, die ihn in die Emigration zwingt. Er berichtet auf eindrückliche Weise von der Gewalt und Ausbeutung während der Flucht.

Mein Weg vom Kongo nach EuropaQuer durch die Sahara gelangt er bis nach Marokko, wo er eine Organisation kongolesischer Flüchtlinge mitbegründet. Nach vier Jahren kann er in die Niederlande ausreisen, als neue Erfahrung erweisen sich dort die extrem ausbeuterischen Arbeitsbedingungen, denen vor allem migrantische Arbeitskräfte unterliegen. Im Zentrum der Demokratischen Republik Kongo geboren, studierte Emmanuel Mbolela in seiner Heimatstadt Ökonomie, musste jedoch nach kurzer Haft aus politischen Gründen 2002 das Land verlassen. Seit 2008 lebt er in den Niederlanden. Er ist Vortragender und antirassistischer Aktivist.

„Emmanuel Mbolelas Buch ist deshalb so beeindruckend, weil es nicht nur ein Buch der mutigen, detailgenauen Brandmarkung ist, sondern auch ein Buch der unausrottbaren Hoffnung. Ein Buch des Widerstandes, des Aufstandes des Gewissens.“ Jean Ziegler

Emmanuel Mbolela kommt im Rahmen einer Lesereise durch österreichische Schulen am 14. Oktober nach Wien. An diesem Tag steht er JournalistInnen auch für Interviews (in französischer und englischer Sprache) zur Verfügung. Der Übersetzer Dieter Alexander Behr lebt in Wien und arbeitet gemeinsam mit dem Autor im Netzwerk Afrique Europe Interact.

Interviewanfragen richten Sie bitte an Susanne Paschke.
Kontakt: susanne.paschke(at)suedwind.at




Schutz in Europa

Stellen Sie sich vor, PolitikerInnen in der EU würden alles in ihrer Macht stehende unternehmen um legale und sichere
Wege nach Europa zu schaffen. Um Flüchtenden Schutz in europäischen Ländern zu bieten und weitere Tragödien im Mittelmeer und im Zusammenhang mit Schlepperei zu verhindern, ist dies unumgänglich. Stattdessen kritisieren Mitgliedstaaten Rettungsaktionen im Mittelmeer, weil so noch mehr Menschen kommen würden und errichten neue Grenzzäune an den EU-Außengrenzen, die auch für Flüchtlinge verschlossen bleiben.

Ein aktuelles Positionspapier des Ludwig Boltzmann Instituts für Menschenrechte befasst sich mit den rechtlichen Verpflichtungen in der gegenwärtigen Flüchtlingssituation und ruft in Erinnerung, dass Menschenrechte für alle Menschen gelten. Dabei werden auch die globalen Dimension von Flucht in den Blick genommen.

Link zum Download: BIM Position Nr. 6: Menschenrechtliche Verpflichtungen in der aktuellen Flüchtlingssituation 




25. September: Langer Tag der Flucht

Mit einer Vielzahl an Veranstaltungen begeht  das Flüchtlingshochkommissariat UNHCR zum bereits vierten Mal den Langen Tag der Flucht.

ÖsterreicherInnen, Flüchtlinge und Asylsuchende haben an diesem Tag bei Workshops, Lesungen, Ausstellungen, Kinovorstellungen, Diskussionen, etc. die Möglichkeit, sich auszutauschen und mehr über den jeweils „Anderen“ zu erfahren.

Das Programm dazu finden Sie hier.




Flucht, Migration und Entwicklung

Hintergrundinformationen zur Situation der Flüchtlinge in den Herkunftsländern und die Zusammenhänge von Flucht, Migration und Entwicklung bieten zwei aktuelle Informationspapiere.

Im vergangenen Jahr waren weltweit so viele Menschen auf der Flucht wie nie zuvor seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Über 59,5 Millionen Menschen mussten laut aktuellem UNHCR-Bericht „Global Trends – Forced Displacements 2014“ ihre Heimat verlassen. Und nie zuvor sind so viele flüchtende Menschen – auf ihrer Suche nach einem sicheren Ort – im Mittelmeer ertrunken.
Die meisten Menschen flüchteten 2014 aus Syrien, Afghanistan und Somalia. Anders als oftmals in Europa kolportiert, bleibt die große Mehrheit der Flüchtlinge, nämlich 38,2 Millionen als Binnenvertriebene im eigenen Land. Rund 19,5 Millionen Menschen suchen im Ausland Schutz. 86% der Flüchtlinge bleiben in den Ländern des Südens, vorwiegend in den Nachbarstaaten ihrer Heimatländer. So nehmen die Türkei, Pakistan, der Libanon, Iran und Äthiopien die meisten Flüchtlinge auf – Länder also, die meist ohnehin von fehlender Infrastruktur und Armut gezeichnet sind.

Zu diesen Themen hat der deutsche Mediendienst Integration ein Informationspapier zur Situation der Flüchtlinge in ihren Herkunftsländern herausgebracht. Darin werden die Fluchtursachen analysiert und nach Migrationsmotiven gefragt.

Einen spannenden Diskussionsbeitrag und Perspektiven für einen anderen Blick auf den Nexus Migration und Entwicklung liefert auch Prof. Dr. Jochen Oltmer vom Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien der Universität Osnabrück.


Hier zum Download:

Wie ist die Situation in den 10 Herkunftsländern, aus denen die meisten Asylsuchenden kommen? Informationspapier, Mediendienst Integration, Stand: August 2015

Zusammenhänge zwischen Migration und Entwicklung. Ein Diskussionsbeitrag von Prof. Dr. Jochen Oltmer, Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien, Universität Osnabrück, Stand Juli 2015




20. Juni: Weltflüchtlingstag

40 bis 50 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Zum Weltflüchtlingstag startet das UN-Flüchtlingshochkommissariat eine Kampagne, die die Erlebnisse von Flüchtlingen in den Mittelpunkt rückt. Unter stories.unhcr.org finden Sie ein Portal, auf dem die Geschichten von Flüchtlingen gesammelt und weitererzählt werden können.

Der von der UN-Vollversammlung ausgerufenen Weltflüchtlingstag ist den Flüchtlingen, Asylsuchenden und Binnenvertriebenen auf der ganzen Welt gewidmet, um ihre Hoffnungen auf ein besseres Leben zu würdigen – und um die Öffentlichkeit für Flucht und Asyl zu sensibilisieren.

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Von traurigen Negativrekorden und einem Höchststand bei Binnenvertriebenen, Flüchtlingen und Asylsuchenden berichten die aktuellen Weltflüchtlingszahlen der UNO.

Angesichts des Weltflüchtlingstags äußerten sich Amnesty International, das Österreichische Rote Kreuz, Caritas und Diakonie am 17. Juni in einer gemeinsamen Pressekonferenz zur weltweiten und österreichischen Situation. In Österreich leben derzeit etwa 1.000 Flüchtlinge ohne feste Unterkunft in Zelten, zusätzliche Plätze in der Grundversorgung sind dringend notwendig. Besonders desaströs ist die Situation der in Österreich lebenden unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge. „Das Asylrecht ist unverzichtbar im Kanon der Menschenrechte, jeder Mensch hat ein Recht auf menschenwürdige Selbstverständlichkeiten“, so der Tenor der NGO’s auf der gemeinsamen Pressekonferenz.

Links:
www.unhcr.at
stories.unhcr.org
Rotes Kreuz
Amnesty International
Caritas
Diakonie

 

 

 




26. September: Langer Tag der Flucht

Am 26. September begeht das Flüchtlingshochkommissariat UNHCR zum dritten Mal den Langen Tag der Flucht. Mithilfe von 40 KooperationspartnerInnen aus Kunst, Kultur, Sport sowie aus dem Asylbereich und unzähligen Events will das UNHCR ein Zeichen für jene setzen, die ihre Heimat verlassen und fliehen müssen.

Highlights siehe hier

Das ganze Programm siehe hier

Kontakt beim UNHCR: Marie-Claire Sowinetz, sowinetz@unhcr.org