Recherchehinweis: SDG 9 – Industrie, Innovation und Infrastruktur

Infos und Input rund um SDG 9.

Das Ziel von SDG 9 wurde in unseren Zeiten multipler Krisen noch relevanter und aktueller: Eine widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, breitenwirksame und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen.

SDG 9 im Detail

9.1 Eine hochwertige, verlässliche, nachhaltige und widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, einschließlich regionaler und grenzüberschreitender Infrastruktur, um die wirtschaftliche Entwicklung und das menschliche Wohlergehen zu unterstützen, und dabei den Schwerpunkt auf einen erschwinglichen und gleichberechtigten Zugang für alle legen

9.2 Eine breitenwirksame und nachhaltige Industrialisierung fördern und bis 2030 den Anteil der Industrie an der Beschäftigung und am Bruttoinlandsprodukt entsprechend den nationalen Gegebenheiten erheblich steigern und den Anteil in den am wenigsten entwickelten Ländern verdoppeln

9.3 Insbesondere in den Entwicklungsländern den Zugang kleiner Industrie- und anderer Unternehmen zu Finanzdienstleistungen, einschließlich bezahlbaren Krediten, und ihre Einbindung in Wertschöpfungsketten und Märkte erhöhen

9.4 Bis 2030 die Infrastruktur modernisieren und die Industrien nachrüsten, um sie nachhaltig zu machen, mit effizienterem Ressourceneinsatz und unter vermehrter Nutzung sauberer und umweltverträglicher Technologien und Industrieprozesse, wobei alle Länder Maßnahmen entsprechend ihren jeweiligen Kapazitäten ergreifen

9.5 Die wissenschaftliche Forschung verbessern und die technologischen Kapazitäten der Industriesektoren in allen Ländern und insbesondere in den Entwicklungsländern ausbauen und zu diesem Zweck bis 2030 unter anderem Innovationen fördern und die Anzahl der im Bereich Forschung und Entwicklung tätigen Personen je 1 Million Menschen sowie die öffentlichen und privaten Ausgaben für Forschung und Entwicklung beträchtlich erhöhen

9.a Die Entwicklung einer nachhaltigen und widerstandsfähigen Infrastruktur in den Entwicklungsländern durch eine verstärkte finanzielle, technologische und technische Unterstützung der afrikanischen Länder, der am wenigsten entwickelten Länder, der Binnenentwicklungsländer und der kleinen Inselentwicklungsländer erleichtern

9.b Die einheimische Technologieentwicklung, Forschung und Innovation in den Entwicklungsländern unterstützen, einschließlich durch Sicherstellung eines förderlichen politischen Umfelds, unter anderem für industrielle Diversifizierung und Wertschöpfung im Rohstoffbereich

9.c Den Zugang zur Informations- und Kommunikationstechnologie erheblich erweitern sowie anstreben, in den am wenigsten entwickelten Ländern bis 2020 einen allgemeinen und erschwinglichen Zugang zum Internet bereitzustellen

Zum vollständigen Resolutionstext in deutscher Übertragung

Aspekte & Fragestellungen rund um SDG 9

  • Hochwertige, verlässliche, nachhaltige und widerstandsfähige Infrastruktur scheint heute wichtiger denn je – die Sorge vor (weiteren) Lieferkettenprobleme, Blackouts etc. wächst. Was wird seitens wichtiger Player unternommen? Welche Rolle kann die UN-Ebene dabei spielen?
  • Wie gut ist Österreichs Industrie auf einen Blackout vorbereitet?
  • Globale Lieferketten haben sich durch Pandemie und Ukraine-Krieg in den vergangenen Jahren massiv verändert – welche Phänomene, welche Antworten von Entscheidungsträger:innen sind dabei zu beobachten?
  • Die Ungleichheit wächst in Krisenzeiten – wie kann dem entgegengewirkt werden, im Sinne einer wirtschaftliche Entwicklung mit „Schwerpunkt auf einen erschwinglichen und gleichberechtigten Zugang für alle“ (9.1)?

  • Wie steht es um die Unterstützung von Staaten des Globalen Südens in Anbetracht der Energie- und Klimakrise? (Vgl. 9.3)

  • Im Globalen Süden – etwa in afrikanischen Staaten wie Nigeria oder Kenia – gibt es viele Startups mit innovativen Lösungen – wie nachhaltig sind solche Impulse und wie kann man sie weiter stützen?

  • Durch Russlands Angriffskrieg in der Ukraine heißt es oftmals zurück zu fossilen Großprojekten, um Energiesicherheit zu generieren. Auf der anderen Seite versuchen etwa die EU und einzelne europäische Staaten parallel die Weichen für die Zukunft zu stellen und auf Erneuerbare Energie zu setzen. Sind die Schritte ausreichend, um SDG 9.4 (siehe oben) zu erfüllen?

  • Industrie und Lieferkettengesetz: Wie sehen heimische Industrievertreter:innen die aktuellen Initiativen für ein Lieferkettengesetz?

  • Greenwashing: Welche Antworten gibt es darauf? Welche Unternehmen versuchen hier einen Unterschied zu machen und können als Vorbilder dienen?

  • Technologie und Forschung sind in Ländern des Globalen Südens oftmals viel häufiger in Frauenhand als hierzulande – welche konkreten Beispiele gibt es hier und was kann Österreich daraus lernen?

Weiterführendes & Ansprechpersonen

Österreichische Bundesregierung
In der Bundesregierung sind die SDGs im Kanzleramt angesiedelt:
Abteilung IV/4
Ballhausplatz 2, 1010 Wien
sdg@bka.gv.at
https://www.bundeskanzleramt.gv.at/themen/nachhaltige-entwicklung-agenda-2030.html

Infos rund um die Umsetzung der SDGs in Österreich gibt SDG Watch Austria (zivilgesellschaftliche Initiative):
SDG Watch Austria

Die Austria Development Agency arbeitet in Bezug auf EZA-Projekte Österreichs im Globalen Süden viel zum Thema, nicht zuletzt im Bereich Wasser, Energie und Ernährungssicherheit:
https://www.entwicklung.at/themen/wasser-energie-und-ernaehrungssicherheit

Gunter Schall ist Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der ADA:
+43 (0)1 90399-2400
+43 (0)676 8390 3400
gunter.schall@ada.gv.at

Weltumspannend Arbeiten ist der entwicklungspolitische Verein im Österreichischen Gewerkschaftsbund: www.weltumspannend-arbeiten.at
Pressekontakt:
Michael Wögerer
+43 (0)1/53444-39328
+43 (0)664/2838491
michael.woegerer@oegb.at

Das Netzwerk Soziale Verantwortung ist eine zentrale zivilgesellschaftliche Plattform in Sachen Lieferkettengesetz und verwandte Themen: www.nesove.at
Bettina Rosenberger ist Geschäftsführerin von NeSoVe:
+43 660 8835409
bettina.rosenberger@nesove.at

Erneuerbare Energie Österreich
www.erneuerbare-energie.at

Das panafrikanische Medium „The Continent“ veröffentlichte in der Ausgabe 90 einen Plan, wie Afrika in Sachen Energie innerhalb einer kurzen Zeitspanne einen Sprung nach vorne machen könnte: Electricity for all. In eight years.

Das Institut für Technikfolgen-Abschätzung (ITA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften beschäftigt sich mit den Auswirkungen neuer Technologien auf Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft. Es betreibt wissenschaftliche Technikfolgenabschätzung zu einer Reihe von Themen. Die Ergebnisse dieser Arbeit werden sowohl in wissenschaftlichen Publikationen verbreitet, als auch gezielt für Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit aufbereitet.
https://www.oeaw.ac.at/ita

Laut der Industriellenvereinigung (IV) sind „tragfähige internationale Beziehungen sowie ein freier und fairer Handel … unerlässlich, um Österreichs Exportfähigkeit und Zugang zu Märkten zu garantieren“.
Der internationale Bereich der IV befasst sich mit der Beobachtung und Analyse globaler Entwicklungen und Wachstumsmärkte, Handels- und Investitionsabkommen sowie den Bedingungen eines fairen internationalen Wettbewerbs.
Marlena Mayer BA, Strategie & Kommunikation, Pressesprecherin, Industriellenvereinigung
+436648412915
marlena.mayer@iv.at

Die Außenwirtschaft Austria der Wirtschaftskammer ist die Internationalisierungs- und Innovationsagentur der österreichischen Wirtschaft. Bei uns finden Sie Informationen sowie Ansprechpartnerinnen und -partner zu allen Fragen rund ums Auslandsgeschäft. 
www.wko.at/service/aussenwirtschaft/start.html

Sonja Horner ist Sprecherin des WKÖ-Präsidenten
+43 5 90 900 – 4462
sonja.horner@wko.at
Pressestelle der WKÖ
Wiedner Hauptstraße 63
1045 Wien
+43 5 90 900 – 4462
dmc_pr@wko.at

Österreich ist der erste europäische Mitgliedsstaat, der eine nationale Open Innovation Strategie entwickelt hat: openinnovation.gv.at




Rechercheliste zu SDGs – eine Halbzeitbilanz

Infos und Input rund um die SDGs zu „Halbzeit“.

Hintergrund: Die SDGs wurden am 25. September 2015 im Rahmen der Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung von der Generalversammlung der Vereinten Nationen von allen 193 Mitgliedstaaten verabschiedet.
Sie folgten den MDGs, den Millenium Development Goals, und sollen bis 2030 einen globalen in unterschiedlichsten Bereichen bringen.

Die 17 Ziele für Nachhaltige Entwicklung umfassensoziale, ökologische und ökonomische Aspekte.
Sie sind in weitere 169 Unterziele (Targets) unterteilt. Es wurde erkannt, dass verschiedene Probleme überall und gleichzeitig angegangen werden müssen und nicht regional oder thematisch beschränkt sein sollten. Alle Ziele gelten für alle Länder. Die Verantwortung für die Umsetzung der Ziele liegt also sowohl im Inland als auch auf internationaler Ebene.

Zum vollständigen Resolutionstext in deutscher Übersetzung

Themen und Fragestellungen

Die Corona-Pandemie, die Klimakrise und auch die Verwerfungen rund um die russische Invasion in die Ukraine hatten starke negative Folgen für Millionen Menschen weltweit – Stichwort Armut – , besonders im Globalen Süden; und die Krisen beeinflussen das Verhältnis Globaler Süden und Norden, ein großes Thema dabei war etwa die Verteilung von Covid-Vakzinen.

Auf der anderen Seite wurden die SDGs im vor dem Hintergrund dieser aktuellen multiplen Krisen und globalen Herausforderungen noch wichtiger. Denn sie zeigen Lösungen auf, wie man aus dem Krisenmodus herauskommen und etwa Ungleichheit bekämpfen kann.

  •  Bei welchen SDGs wurde der Fortschritt im Zuge der multiplen Krisen besonders zurückgeworfen? Bei den SDGs 1 (Keine Armut) und 2 (Kein Hunger) etwa gilt jedenfalls großer Handlungsbedarf!

  • Was braucht es jetzt, damit der Plan bis 2030 hält?

  • Wo liegt Österreich, auch im Vergleich mit anderen Ländern?

  • Wie ist die Überprüfung des Rechnungshofes – Bericht Anfang 2022 – einzuordnen? Der Rechnungshof stellte im Rahmen einer Follow-up-Überprüfung fest, „dass das Bundeskanzleramt und das Bundesministerium für euro­päische und internationale Angelegenheiten von 13 überprüften Empfehlungen des Vorberichts fünf umsetzten, zwei teilweise und drei nicht umsetzten. Bei zwei Empfehlungen sagten sie die Umsetzung zu. Für eine Empfehlung gab es keinen Anwendungsfall“. (mehr dazu siehe Kontakte/Quellen unten)

  • Wie kann man die SDGs, als ersten Schritt, wieder stärker in die Wahrnehmung der Öffentlichkeit bringen?

  • „Die Krise als Chance“ – was hat sich verändern, was man für die Erreichung der SDGs nun anwenden kann – vgl. Reaktionen und Resilienz der Menschen

  • Wie lässt sich der Fortschritt der SDGs überhaupt messen?

  • Sind die Ziele, die 2015 unter ganz anderen Umständen als heute formuliert wurden, noch zeitgemäß?

  • Entspricht das klare Bekenntnis zu Wirtschaftswachstum (SDGs 8) noch der Realität in Zeiten der Klimakrise und wachsender Ungleichheiten zwischen globalem Norden und Süden?

Institutionen, Expert*innen, und Organisationen, zusätzliche Quellen

UNIS ist das United Nationen Info Service, die UN-Infostelle in Wien: http://www.unis.unvienna.org/
Direktor Martin Nesirky
Tel: +43-1 26060-4666
http://www.unis.unvienna.org/unis/de/about/contact_us.html

Österreichische Bundesregierung
In der Bundesregierung sind die SDGs im Kanzleramt angesiedelt:
Abteilung IV/4
Ballhausplatz 2, 1010 Wien
E-Mail: sdg@bka.gv.at
https://www.bundeskanzleramt.gv.at/themen/nachhaltige-entwicklung-agenda-2030.html

Rechnungshof
Der Rechnungshof prüft laufend die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele in Österreich.
Rechnungshof
Tel.: +43 1 711 71 – 8946
E–Mail info@rechnungshof.gv.at

Der SDG-Überprüfungsbericht aus dem Februar 2022 zum Download

SDG Watch Austria
SDG Watch Austria ist ein Zusammenschluss von mehr als 220 zivilgesellschaftlichen und gemeinnützigen Organisationen. Sie setzen sich gemeinsam für eine ambitionierte Umsetzung der Agenda 2030 und ihrer 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) in Österreich ein.

Für die Koordination der Plattform SDG Watch Austria sind Caroline Krecké (vom ÖKOBÜRO) und Karin Kuranda (AG Globale Verantwortung) zuständig.
Anfragen an info@sdgwatch.at

Die Wissenschaftlerin Helga Kromp-Kolb ist auch in Sachen SDGs eine sehr empfehlenswerte Ansprechpartnerin: helga.kromp-kolb@boku.ac.at

UniNEtZ
Wissenschaftler*innen aus diversen Fachbereichen haben sich zusammengeschlossen, um einen Beitrag zur Umsetzung der SDGs zu leisten. „Genauso wie die SDGs in vielfacher Weise miteinander verbunden sind und nur auf inter- und transdisziplinäre Weise umgesetzt werden können, repräsentiert UniNEtZ ein breites Spektrum an Expertise aus Sozialwissenschaften, Naturwissenschaften, Technik, Kunst und Musik“, so die Beschreibung der Initiative.
www.uninetz.at
koordination@uninetz.at

Ingomar Glatz
Tel: +43 512 507 54045

Annemarie Schneeberger & Franziska Allerberger
Tel: +43 512 507 54072

Hannah Geuder
Tel: +43512 507 54053

Institut für Geographie, Universität Innsbruck
Innrain 52, 6020 Innsbruck

Drei Jahre lang hat das UniNEtZ an Optionen gearbeitet, wie die SDGs in Österreich umgesetzt werden können. Diese wurden am 1. März 2022 an die Österreichische Bundesregierung übergeben.

UniNEtZ–Optionenbericht:
Österreichs Handlungsoptionen zur Umsetzung der UN-Agenda 2030 für eine lebenswerte Zukunft
https://www.uninetz.at/optionenbericht

Rebels of Change
Unabhängige Initiative zivilgesellschaftlicher Organisationen in Österreich. Gemeinsames Ziel ist es, mit der Kampagne die SDGS stärker ins Rampenlicht zu rücken: www.rebels-of-change.org

Ban Ki-Moon Centre
Das Ban Ki-Moon Centre mit einem Büro in Wien hat sich stark der Umsetzung der SDGs verschrieben. Co-Chairs der Organisation sind Ban Ki-Moon, der frühere UN-Generalsekretär, und Heinz Fischer, vormalig Bundespräsident von Österreich.
office@bankimooncentre.org
Pressekontakt:
Katharina Choe, Communications Officer
katharina.choe@bankimooncentre.org

Dachverband Globale Verantwortung
Der Dachverband GLOBALE VERANTWORTUNG – Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe vertritt national und international die Interessen von 34 österreichischen Nichtregierungsorganisationen, die in den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit, entwicklungspolitische Inlandsarbeit, Humanitäre Hilfe sowie nachhaltige globale wirtschaftliche, soziale und ökologische Entwicklung tätig sind.

Österreichische Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE)
Die ÖFSE ist eine österreichische Forschungs- und Informationseinrichtung zu Fragen des Globalen Südens, der Entwicklungszusammenarbeit und der Entwicklungspolitik. Die ÖFSE wurde 1967 gegründet und steht allen entwicklungspolitisch interessierten Personen, öffentlichen und privaten Einrichtungen zur Verfügung.

Austrian Development Agency
Armut reduzieren, Frieden fördern und die Umwelt schützen – das sind die drei Hauptanliegen der Austrian Development Agency (ADA), der Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. Das Budget der ADA stellt das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten zur Verfügung.
Übersicht über die Projekte der ADA

Scientists for Future
Wissenschaftler*innen aller Disziplinen, die die Anliegen von Fridays for Future unterstützen. Im März 2019 haben sich über 26.800 Wissenschaftler*innen aus dem deutschsprachigen Raum, davon über 1.800 aus Österreich), zu S4F zusammengeschlossen.

klimadashboard.at
Daten und Fakten zur Klimakrise in Österreich anschaulich aufbereitet.

Netzwerk Klimajournalismus Das Netzwerk Klimajournalismus ist eine medienübergreifende Initiative. Ziel ist es, Journalist:innen und Medienschaffende, die sich mit Themen rund um Klima- und die ökologische Krise beschäftigen (wollen), zu vernetzen. Das geschieht durch monatliche Treffen (mit verschiedenen Gästen aus Journalismus und Wissenschaft), Veranstaltungen (Podiumsdiskussionen etc.), Workshops (mit fjum, KfJ etc.) und informelle Stammtische. 




Der Globale Süden verschwindet immer mehr aus dem Medienfokus

„Das größte lösbare Problem der Welt“ und das Verschwinden der 85 Prozent. Ein Kommentar von Ladislaus Ludescher .

Die Situation ist dramatisch: Laut dem aktuellen Welternährungsbericht der UNO beläuft sich die Zahl der chronisch Hungernden weltweit auf bis zu 828 Millionen Menschen. Damit hungert etwa jeder zehnte Mensch; mehr als zwei Milliarden Menschen leiden unter Mangelernährung. Alle 13 Sekunden stirbt ein Kind unter fünf Jahren an den Folgen von Hunger – in einem Jahr also fast 2,5 Millionen Kinder.

85 Prozent der Menschen auf der Welt leben im Globalen Süden. Was starkes Befremden hervorruft ist, dass dramatische Katastrophen wie der globale Hunger, die sich dort ereignen, medial nur randständig oder erst gar nicht aufgegriffen werden.

Es erscheint besorgniserregend, wenn die Mitteilung, dass mindestens 10 Millionen Kinder durch eine schwere Dürre am Horn von Afrika vom Hungertod bedroht sind (so UNICEF am 25. April 2022), es nicht nur nicht in die Topmeldung des Tages, sondern erst gar nicht in die Nachrichten schafft. In der deutschen „Tagesschau“ wurde in der ersten Jahreshälfte 2022 mehr über die britischen „Royals“ berichtet als über die globale Hungerkrise und über den Sport mehr als über den gesamten Globalen Süden.

Dabei ist die Lösung des globalen Hungerproblems ein wichtiger Schlüssel zur Lösung zahlreicher anderer Probleme, wie der Generalsekretär der Vereinten Nationen António Guterres unterstrich. Anlässlich der Vergabe des Friedensnobelpreises an das Welternährungsprogramm im Jahr 2020 erklärte er: „We know that achieving zero hunger is an imperative for peace. A hungry world is not a peaceful world.“

Die aktuelle Hungersituation ist ausgesprochen beunruhigend, aber besonders aufwühlend erscheint die Lage, weil es sich hierbei um ein durchaus lösbares Problem handelt. In der Tat bezeichnete das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen Hunger als „das größte lösbare Problem der Welt“. Denn dass es auch anders geht, zeigen die Erfolge der Bekämpfung des globalen Hungers in den vergangenen Jahrzehnten. Seit 2003 sank die Zahl der Hungernden von fast 950 Millionen kontinuierlich auf 780 Millionen im Jahr 2015. Nun, auch infolge der Auswirkungen der Corona-Pandemie, steigen sie wieder.

Hunger und Armut gehen Hand in Hand. Drei Voraussetzungen erscheinen essentiell bei der Lösung des globalen Problems: Zunächst ein stabiler Geldfluss: Während zum Beispiel im Jahr 2020 auf der Welt fast 2.000 Milliarden Dollar für Rüstung ausgegeben wurden, belief sich die Summe für die Bekämpfung des Hungers auf lediglich ca. 12 Milliarden Dollar.

Darüber hinaus braucht es eine politische und öffentliche Bereitschaft, die Lage zu ändern. Solange Katastrophenmeldungen wie jene, dass täglich mehr als 6.600 Kinder unter fünf Jahren verhungern, für alltäglich genommen werden und ihren Status als berichtenswerte Nachricht verlieren, wird dieses fundamentale Problem politisch nur randständig betrachtet und ist im alltäglichen Bewusstseinshorizont der Menschen nicht existent.

Schließlich sind nicht zuletzt die Medien aufgefordert, das Thema mit nicht erlahmender Alltagsresistenz immer wieder in den öffentlichen Diskurs einzubringen und auf das Problem aufmerksam zu machen. Wie lange könnte sich die Politik der Lösung des „größten lösbaren Problems der Welt“ verweigern, wenn die führenden Medien die globale Armut und den Hunger zu ihrem Topthema machen würden? Die entscheidende Frage lautet daher nicht nur, wie viel Geld uns eine Welt ohne Armut und Hunger wert ist, sondern auch, wie viel mediale Zeit und Aufmerksamkeit.

Die vollständige Studie „Vergessene Welten und blinde Flecken“, eine Unterschriftenpetition sowie Informationen zu einer auf der Untersuchung beruhenden Poster-Wanderausstellung können eingesehen bzw. heruntergeladen werden unter: ivr-heidelberg.de

Ladislaus Ludescher ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Insitut für deutsche Literatur und ihre Didaktik an der Goethe-Universität Frankfurt/Main.
Er hat Germanistik, Geschichte und Europäische Kunstgeschichte studiert. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehört die Analyse von Medien.




Rechercheliste zum Nachhaltigen Entwicklungsziel – SDG 1 Keine Armut

SDG 1 im Detail

1.1 Bis 2030 die extreme Armut – gegenwärtig definiert als der Anteil der Menschen, die mit weniger als 1,25 Dollar pro Tag auskommen müssen – für alle Menschen überall auf der Welt beseitigen

1.2 Bis 2030 den Anteil der Männer, Frauen und Kinder jeden Alters, die in Armut in all ihren Dimensionen nach der jeweiligen nationalen Definition leben, mindestens um die Hälfte senken

1.3 Den nationalen Gegebenheiten entsprechende Sozialschutzsysteme und -maßnahmen für alle umsetzen, einschließlich eines Basisschutzes, und bis 2030 eine breite Versorgung der Armen und Schwachen erreichen

1.4 Bis 2030 sicherstellen, dass alle Männer und Frauen, insbesondere die Armen und Schwachen, die gleichen Rechte auf wirtschaftliche Ressourcen sowie Zugang zu grundlegenden Diensten, Grundeigentum und Verfügungsgewalt über Grund und Boden und sonstigen Vermögensformen, Erbschaften, natürlichen Ressourcen, geeigneten neuen Technologien und Finanzdienstleistungen einschließlich Mikrofinanzierung haben

1.5 Bis 2030 die Widerstandsfähigkeit der Armen und der Menschen in prekären Situationen erhöhen und ihre Exposition und Anfälligkeit gegenüber klimabedingten Extremereignissen und anderen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Schocks und Katastrophen verringern

1.a Eine erhebliche Mobilisierung von Ressourcen aus einer Vielzahl von Quellen gewährleisten, einschließlich durch verbesserte Entwicklungszusammenarbeit, um den Entwicklungsländern und insbesondere den am wenigsten entwickelten Ländern ausreichende und berechenbare Mittel für die Umsetzung von Programmen und Politiken zur Beendigung der Armut in all ihren Dimensionen bereitzustellen

1.b Auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene solide politische Rahmen auf der Grundlage armutsorientierter und geschlechtersensibler Entwicklungsstrategien schaffen, um beschleunigte Investitionen in Maßnahmen zur Beseitigung der Armut zu unterstützen

Zum vollständigen Resolutionstext in deutscher Übertragung


Fakten

  • 2020 wurden 119–124 Millionen Menschen zusätzlich in die extreme Armut gedrängt
  • COVID-19 hat zum ersten Anstieg der extremen Armut in einer Generation geführt
  • Die prognostizierte weltweite Armutsquote liegt 2030 bei 7 %. Das Ziel der Armutsbeseitigung würde verfehlt werden
  • 4 Milliarden Menschen sind weltweit – in Zeiten einer Pandemie – ohne Sozialschutz.
  • Armut & Ernährung: Rund drei Milliarden Menschen im Globalen Süden, so eine Schätzung der UN-Landwirtschaftsorganisation FAO, können sich weder die planetare Gesundheitskost noch irgendeine gesunde Ernährung leisten
  • 130 Millionen Menschen seien laut dem deutschen Bundesentwicklungsminister Gerd Müller durch die Covid-19-Pandemie und Konflikte in Hunger und Armut zurückgefallen
  • 13,9 % der österreichischen Bevölkerung (über 1.2 Mio. Menschen) sind armutsgefährdet, d.h. haben ein Einkommen unter der Armutsschwelle – das ist ein leichter Anstieg gegenüber 13,3 % im Jahr 2019.
  • Insgesamt ist laut Armutskonferenz im globalen Norden die Nachfrage nach gering qualifizierten Tätigkeiten größer als die Anzahl an Menschen mit geringen Qualifikationen, die zur Verfügung stehen. Daraus folgt, dass in erheblichem Umfang höher Ausgebildete in gering qualifizierten Tätigkeiten beschäftigt sein müssen. Es entsteht die Schwierigkeit, eigene Bildung nicht verwerten zu können. Davon sind überproportional MigrantInnen betroffen.

Quellen: UN Bericht, Ziele für nachhaltige Entwicklung 2021; Welthunger-Index 2021 „Hunger ist wieder auf dem Vormarsch“; https://www.tagesschau.de/ausland/welthungerhilfe-121.html (14.10.2021); armutskonferenz.at

Aspekte & Fragestellungen rund um SDG 1

  • Im Zuge von Covid-10 steigt die Armut wieder – welche Rezepte hat die Politik dagegen?
  • Welche Auswirkungen im globalen Süden hat die Coronapandemie in Bezug auf Armut? Wie kann man darauf reagieren, welche Lösungsansätze gibt es?
  • Stichwort Prekariat – wie können Menschen, vor allem im Globalen Süden, aus prekären Lebens- und Arbeitssituationen geholt werden?
  • Welche Best Practice-Beispiele gibt es?
  • Wie kann man präventiv gegen Armut bei MigrantInnen aktiv werden?
  • Wie kann man Dequalifizierung entgegenwirken?

Weiterführendes & Ansprechpersonen

UNIS ist das United Nationen Info Service, die UN-Infostelle in Wien: http://www.unis.unvienna.org/
Direktor Martin Nesirky
Tel: (+43-1) 26060-4666
http://www.unis.unvienna.org/unis/de/about/contact_us.html

SDG Watch Austria ist ein Zusammenschluss von mehr als 200 zivilgesellschaftlichen und gemeinnützigen Organisationen. Sie setzen sich gemeinsam für eine Umsetzung der Agenda 2030 und ihrer 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung in Österreich ein.
www.sdgwatch.at

Brot für die Welt Österreich/Diakonie:
Roberta Rastl-Kircher
Presse
Tel: +43 1 409 80 01 – 14
presse@diakonie.at

Die Armutskonferenz
Österreichisches Netzwerk gegen Armut und soziale Ausgrenzung
www.armutskonferenz.at
Telefon: 0043-(1)4026944
office@armutskonferenz.at

Tipp: 10. Salzburger Armutskonferenz
Die Kunst der Krise Donnerstag, 25. November 2021, 09.30 bis 16.00h
St. Virgil Salzburg, Ernst-Grein-Straße 14, 5020 Salzburg
www.armutskonferenz.at

Martin Schenk von der Diakonie oder Erich Fenninger von der Volkshilfe sind spannende Ansprechpartner zum Thema Armut.

Martin Schenk
+43 (0)1 409 8001-35451
martin.schenk@diakonie.at

Erich Fenninger
Tel. +43 1 402 62 09 erich.fenninger@volkshilfe.at

Zentrum für Ethik und Armutsforschung
Universität Salzburg
www.povertyresearch.org

Der Zugang zu Wasser, Land und Energie – ein Schwerpunkt der Austrian Development Agency (ADA) – für alle ist wichtig, damit Grundbedürfnisse gestillt und Konflikte vermieden werden.
Presse: Mag. Georg Keri
Leiter der Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: +43 (0)1 90399-2402
Mobil: +43 (0)676 8390 3402
georg.keri@ada.gv.at 

Der Dachverband AG Globale Verantwortung bündelt die Aktivitäten seiner Mitglieds-NGOs zur Arbeit im Globalen Süden und ist eine zentrale Anlaufstelle zu Entwicklungspolitik, Entwicklungszusammenarbeit, Hilfe vor Ort uvm.:
Hannah Hauptmann, MA
Fachreferentin für Presse und Öffentlichkeitsarbeit

Telefon: +43 1 522 4422 – 15 | +43 (0) 699 172 042 07
E-Mail: presse@globaleverantwortung.at

Die ÖFSE, die Österreichische Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung, liefert viele Berichte und Forschung zu entwicklungspolitischen Aspekten, u.a. zum für SDG 1 wichtigen Thema Entwicklungsfinanzierung: https://www.oefse.at/forschung/entwicklungsfinanzierung/

Die Weltbank liefert viele Daten und Fakten zum Thema Armut: www.worldbank.org/en/topic/poverty

Die ILO, die Internationale Arbeitsorganisation, fokussiert auf Armutsbekämpfung durch
Menschenwürdige Arbeit:
www.ilo.org/global/topics/poverty

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​Rechercheliste zum Nachhaltigen Entwicklungsziel – SDG 5 Geschlechtergleichstellung

Infos und Input rund um SDG 5 Geschlechtergleichstellung
SDG 5 ausformuliert heißt: Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen. Das ist dringlicher denn je. Die Folgen der Coronapandemie haben besonders auf Frauen Auswirkungen – und werden es über lange Zeit hin haben, besonders in den Ländern des Globalen Südens.

Die ISJE stellt Infos, Tipps und Service rund um das Thema zusammen.

SDG 5 im Detail
5.1 Alle Formen der Diskriminierung von Frauen und Mädchen überall auf der Welt beenden
5.2 Alle Formen von Gewalt gegen alle Frauen und Mädchen im öffentlichen und im privaten Bereich einschließlich des Menschenhandels und sexueller und anderer Formen der Ausbeutung beseitigen
5.3 Alle schädlichen Praktiken wie Kinderheirat, Frühverheiratung und Zwangsheirat sowie die Genitalverstümmelung bei Frauen und Mädchen beseitigen
5.4 Unbezahlte Pflege- und Hausarbeit durch die Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen und Infrastrukturen, Sozialschutzmaßnahmen und die Förderung geteilter Verantwortung innerhalb des Haushalts und der Familie entsprechend den nationalen Gegebenheiten anerkennen und wertschätzen
5.5 Die volle und wirksame Teilhabe von Frauen und ihre Chancengleichheit bei der Übernahme von Führungsrollen auf allen Ebenen der Entscheidungsfindung im politischen, wirtschaftlichen und öffentlichen Leben sicherstellen
5.6 Den allgemeinen Zugang zu sexueller und reproduktiver Gesundheit und reproduktiven Rechten gewährleisten, wie im Einklang mit dem Aktionsprogramm der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung, der Aktionsplattform von Beijing und den Ergebnisdokumenten ihrer Überprüfungskonferenzen vereinbart
5.a Reformen durchführen, um Frauen die gleichen Rechte auf wirtschaftliche Ressourcen sowie Zugang zu Grundeigentum und zur Verfügungsgewalt über Grund und Boden und sonstige Vermögensformen, zu Finanzdienstleistungen, Erbschaften und natürlichen Ressourcen zu verschaffen, im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften
5.b Die Nutzung von Grundlagentechnologien, insbesondere der Informations- und Kommunikationstechnologien, verbessern, um die Selbstbestimmung der Frauen zu fördern
5.c Eine solide Politik und durchsetzbare Rechtsvorschriften zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und der Selbstbestimmung aller Frauen und Mädchen auf allen Ebenen beschließen und verstärken
Zum vollständigen Resolutionstext in deutscher Übertragung

Aspekte & Fragestellungen rund um SDG 10
+ Welche Regionen des Globalen Südens können als positive Vorbilder in Sachen Gleichstellung dienen, wo ist die Situation besonders schlimm?
Ruanda etwa macht diesbezüglich immer wieder positive Schlagzeilen, verfügt über eine hohe Anzahl weiblicher Abgeordnete im Parlament.
Negativ „auffällig“ ist zum Beispiel hingegen immer wieder besonders Saudi-Arabien oder aktuell auch Dubai, rund um den Fall von Prinzessin Latifa, Tochter des Emirs von Dubai. In den Medien wurde in Hilferuf von ihr veröffentlicht, in dem sie sich als Geisel bezeichnet und die Villa, in der sie lebt, als Gefängnis.
+ Covid-19 & Gleichstellung: Frauen sind in vielerlei Hinsicht die Leidtragenden der aktuellen Krisen –>
+ Frauen tragen meist sehr viel „private Last“ neben der Arbeit: Pflegetätigkeiten, Kinderbetreuung etc.
+ Frauen sind einkommensmäßig global gesehen benachteiligt
+ Oftmals sind es Frauen, die in sozialen Berufen tätig sind
+ Im informellen Sektor, also Jobs ohne Absicherung und einen formellen Rahmen, sind auch besonders Frauen im Einsatz. Auch dieser Bereich ist durch Corona besonders betroffen: Eine Marktverkäuferin kann nicht einfach nach Hause gehen und Home-Office machen bzw., wenn sie nicht arbeiten kann, hat sie kein Einkommen.

–> Klar scheint, in Anbetracht der Herausforderungen, dass Antworten gefunden werden müssen (nicht zuletzt wenn man bedenkt, dass es nur möglich ist, die Krise global zu besiegen):
+ Wie kann man Frauen im Globalen Süden stützen?
+ Welche Antworten finden Betroffene vor Ort selbst?
+ Welche Organisationen hier sind zu diesem Thema im Einsatz?

+ Abseits von Covid-19: Müttersterblichkeit: Wieso es ein wichtiges Thema ist: Jährlich sterben hunderttausende Frauen und Mädchen an Komplikationen während der Schwangerschaft und der Geburt – vor allem im Globalen Südens. Die meisten Todesfälle wären vermeidbar durch eine verbesserte Gesundheitsversorgung, Bildung von Mädchen und den Zugang zu Verhütungsmitteln.
+ Politische Entwicklungen rund um das Thema Abtreibungen: Gerade in einigen Regionen des Globalen Südens gibt es eine höchst bedenkliche Entwicklung zu strengeren Abtreibungsgesetzen, oftmals korrespondierend mit dem Abbau von Demokratie.
Anderorts werden nach und nach Rechte erkämpft. Sich Länder und Entwicklungen anzusehen, macht auch aus dem Blick europäischer Staaten Sinn. Denn auch hier sind immer wieder konservative „Rückwärtstrends“ zu beobachten, wie man etwa an den Beispielen Polen und Ungarn sieht.

Facts
Für jeden Dollar, den Männer verdienen, verdienen Frauen global gesehen 77 Cent.
Laut Berechnungen der UN wird es bei der derzeitigen Entwicklung 257 Jahre dauern, bis dieser Gender Pay Gap geschlossen wird.
Weltweit sind Frauen deutlich gefährdeter, keinen Job zu finden als Männer. Die Arbeitslosigkeitsraten junger Frauen sind in Nordafrika und arabischen Staaten doppelt so hoch wie die der jungen Männer.
In Ruanda ist seit 2003 in der Verfassung ein Frauenanteil im Parlament von 30 Prozent festgeschrieben. Aktuell sind 61 Prozent der Abgeordneten Frauen.
Mehrfache Herausforderung Coronakrise(n): Global gesehen arbeiten im gesamten Gesundheits- und Care-Bereich zu 70 Prozent Frauen. Unbezahlte Betreuungsarbeit wird zu 75 Prozent von Frauen geleistet.
Jährlich sterben rund 290.000 Frauen und Mädchen an Komplikationen während der Schwangerschaft und der Geburt – 99 Prozent von ihnen in Ländern des Globalen Südens.
Thema Illegalisierung der Abtreibungen: Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO sterben jedes Jahr 23.000 Frauen infolge von Komplikationen.
Die 22 reichsten Männer der Welt sind reicher als alle Frauen in Afrika, so die internationale Entwicklungsorganisation Oxfam.

Weiterführendes & Ansprechpersonen
UNIS ist das United Nationen Info Service, die UN-Infostelle in Wien: http://www.unis.unvienna.org/
Direktor Martin Nesirky
Tel: (+43-1) 26060-4666
www.unis.unvienna.org/unis/de/about/contact_us.html
– Spannender Ansprechpartner rund um viele Themen bezüglich SDG 5 ist Wide, das entwicklungspolitische Netzwerk für Frauenrechte und feministische Perspektiven:
wide-netzwerk.at
Wide ist auch international gut vernetzt.
Interview mit Claudia Thallmayer vom entwicklungspolitischen Frauennetzwerk Wide über die Folgen von Corona:
https://www.suedwind-magazin.at/eb-wide-tv
https://www.suedwind-magazin.at/eb-wide-tv
– Geschlechtergleichstellung ist zentrales Thema der Arbeit der Austrian Development Agency:
Pressekontakt der ADA:
https://www.entwicklung.at/mediathek/presse
– Für Expertise zu entwicklungspolitischen und feministischen Fragen empfehlen wir die Organisation Frauen*solidarität. Sie leistet Informations-, Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit zu Frauen weltweit und steht im Dialog mit Frauenbewegungen aus dem globalen Süden.
– Kontakt: Frauen*solidarität im C3 – Centrum für Internationale Entwicklung
http://www.frauensolidaritaet.org
– Die AG Globale Verantwortung vertritt national und international die Interessen von 34 österreichischen Nichtregierungsorganisationen, die in den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit, entwicklungspolitische Inlandsarbeit, Humanitäre Hilfe sowie nachhaltige globale wirtschaftliche, soziale und ökologische Entwicklung tätig sind.
Pressekontakt Hannah Hauptmann, MA; Fachreferentin für Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Telefon: +43 1 522 4422 – 15 | +43 (0) 699 172 042 07E-Mail: presse@globaleverantwortung.at
Die Equal Payday Initiative
Die österreichische Initiative Mutternacht setzt sich für eine Senkung der Müttersterblichkeit in Entwicklungsländern ein.
– In Wien gibt es mit dem MUVS ein Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch
www.muvs.org
Mariahilfer Gürtel 37/1. Stock
1150 Wien
Die Österreichische Gesellschaft für Familienplanung (OEGF) bietet viele Informationen zu Familienplanung und reproduktiver Gesundheit.
– Infomaterial der Zeitschrift iz3w zum Thema reproduktive Rechte:
https://www.iz3w.org/buch-cd-dvd/cds/doppelpack
– Immer gut, nicht nur bei dem Thema: Frauen fragen! Das Frauennetzwerk Medien etwa bietet Listen von Expertinnen: www.frauennetzwerk.at/veranstaltungen/
– Und: Ansprechpersonen zu frauenpolitischen Anliegen: frauenvolksbegehren.at

Terminhinweise
Wirtschaftliches Empowerment von Frauen im Globalen Süden
9. März 2021, 17:00 – 19:00
Webinar von Wide in Kooperation mit Oikocredit und ega: frauen im zentrum
Zeit: Dienstag, 9. März, 17-19 Uhr
Ort: online
Drei entwicklungspolitische Akteurinnen geben Einblick in ihr Verständnis von wirtschaftlichem Empowerment und ihre Projektarbeit.
Referentinnen

  • Petra Bayr, Abgeordnete zum Nationalrat und Bereichssprecherin für globale Entwicklung
  • Andrea Hagmann, Vorstandsmitglied von Oikocredit Austria
  • Andrea Kadensky, Bereichsleiterin für Internationale Projekte & Programme der Katholischen Frauenbewegung Österreich (kfb)

Veranstaltungen zum Thema (mit-)organisiert von der Austrian Development Agency:
Shifting masculine norms to promote women’s economic empowerment
22. März, 14 bis 15 Uhr, online (Anmeldung benötigt!)

Engagement with men and boys to transform gender norms has been widely recognised as a vital part of achieving gender equality and promoting women’s empowerment.

Nevertheless, gender equality discourse has predominantly focused on discrimination against women and girls, while societies’ expectations for men, and the way some masculinities can constitute barriers to women’s empowerment and gender equality has yet to be systematically addressed at the global level.

Building on its experience uncovering the often hidden drivers of gender inequality with the Social Institutions and Gender Index’s (SIGI), the Austrian Development Cooperation and the OECD Development Centre are pleased to invite you to a presentation and discussion of a new report on masculinities, “Man Enough? Measuring Masculine Norms to Promote Women’s Empowerment”. This report provides insights on social constructions of what it means to “be a ‘real’ man’’—which can either hinder or promote women’s empowerment and gender equality.

This CSW side event will highlight the importance of masculinities in the economic, political and private spheres, the role they play in women’s economic empowerment, and their impact on the well-being of men and boys.

Advocating for peace during a pandemic: The impact of COVID-19 on WPS implementation in Eastern Europe, South Caucasus, Central Asia and Africa
16. März, 14 bis 15:30 Uhr, online (Anmeldung benötigt!)

Women peacebuilders have been at the forefront of addressing the COVID-19 pandemic. With support from the Austrian Development Cooperation, the Global Network of Women Peacebuilders (GNWP) and its local and national partners have organized virtual regional experience exchanges to better understand the impacts of the pandemic on implementation efforts related to the Women, Peace and Security Agenda (WPS). The reports and recommendations that emerged from these consultations provide valuable insights into the challenges and opportunities for advancing the WPS agenda, as well as gender-responsive peacebuilding and gender equality more broadly, during the pandemic. The Austrian Development Cooperation and GNWP are holding a panel discussion during the Commission on the Status of Women to share the key findings and recommendations from the consultations, and stimulate a discussion on gender-responsive and conflict-sensitive COVID-19 response and recovery in Eastern Europe, South Caucasus and Central Asia, and in Africa.




Rechercheliste zum Nachhaltigen Entwicklungsziel – SDG 10 Ungleichheit verringern

Infos und Input rund um SDG 10 Weniger Ungleichheiten – Ungleichheit in und zwischen Ländern verringern.

SDG 10 hat es in Zeiten der Corona-Pandemie und der wirtschaftlichen Folgen in sich: Auch unterschiedlichen Ebenen trifft die Krise die Ärmeren stärker als die Wohlhabenden.
Umso wichtiger ist es zu fragen, wie Individuen und Staaten nicht nur die Krise akut überstehen können, sondern wie langfristig die Ungleichheit in und zwischen Ländern verringert werden kann.
Auch das wieder sehr aktuelle Thema Migration spielt eine Rolle, besagt SDG 10 doch u.a. als Ziel „geordnete, sichere, reguläre und verantwortungsvolle Migration und Mobilität von Menschen (zu) erleichtern“.

SDG 10 im Detail
SDG Watch Austria ist sowas wie der SDG-Watchdog in Österreich, ein Zusammenschluss von mehr als 180 zivilgesellschaftlichen und gemeinnützigen Organisationen, die sich gemeinsam für eine ambitionierte Umsetzung der Agenda 2030 einsetzen. Die Plattform beschreibt das Ziel 10 im Detail im Sinne der Vereinten Nationen wie folgt:

10.1 Bis 2030 nach und nach ein über dem nationalen Durchschnitt liegendes Einkommenswachstum der ärmsten 40 Prozent der Bevölkerung erreichen und aufrechterhalten

10.2 Bis 2030 alle Menschen unabhängig von Alter, Geschlecht, Behinderung, Rasse, Ethnizität, Herkunft, Religion oder wirtschaftlichem oder sonstigem Status zu Selbstbestimmung befähigen und ihre soziale, wirtschaftliche und politische Inklusion fördern

10.3 Chancengleichheit gewährleisten und Ungleichheit der Ergebnisse reduzieren, namentlich durch die Abschaffung diskriminierender Gesetze, Politiken und Praktiken und die Förderung geeigneter gesetzgeberischer, politischer und sonstiger Maßnahmen in dieser Hinsicht

10.4 Politische Maßnahmen beschließen, insbesondere fiskalische, lohnpolitische und den Sozialschutz betreffende Maßnahmen, und schrittweise größere Gleichheit erzielen

10.5 Die Regulierung und Überwachung der globalen Finanzmärkte und -institutionen verbessern und die Anwendung der einschlägigen Vorschriften verstärken

10.6 Eine bessere Vertretung und verstärkte Mitsprache der Entwicklungsländer bei der Entscheidungsfindung in den globalen internationalen Wirtschafts- und Finanzinstitutionen sicherstellen, um die Wirksamkeit, Glaubwürdigkeit, Rechenschaftslegung und Legitimation dieser Institutionen zu erhöhen

10.7 Eine geordnete, sichere, reguläre und verantwortungsvolle Migration und Mobilität von Menschen erleichtern, unter anderem durch die Anwendung einer planvollen und gut gesteuerten Migrationspolitik

10.a Den Grundsatz der besonderen und differenzierten Behandlung der Entwicklungsländer, insbesondere der am wenigsten entwickelten Länder, im Einklang mit den Übereinkünften der Welthandelsorganisation anwenden

10.b Öffentliche Entwicklungshilfe und Finanzströme einschließlich ausländischer Direktinvestitionen in die Staaten fördern, in denen der Bedarf am größten ist, insbesondere in die am wenigsten entwickelten Länder, die afrikanischen Länder, die kleinen Inselentwicklungsländer und die Binnenentwicklungsländer, im Einklang mit ihren jeweiligen nationalen Plänen und Programmen

10.c Bis 2030 die Transaktionskosten für Heimatüberweisungen von Migranten auf weniger als 3 Prozent senken und Überweisungskorridore mit Kosten von über 5 Prozent beseitigen

Zum vollständigen Resolutionstext in deutscher Übertragung

Aspekte & Fragestellungen rund um SDG 10:

  • Wie kann angesichts von COVID-19 das Entwicklungsziel SDG 10 erreicht werden?
  • Was bedeutet Solidarität, was stärkt bzw. was mindert in der Pandemie die Zusammenarbeit über Länder- und Kontinentalgrenzen hinweg?
  • Wie kann Ungleichheit in der Gesundheitsversorgung – jetzt so zentral – möglichst rasch aber auch nachhaltig bekämpft werden?
  • Wie kann eine geregelte, verantwortungsvolle Migrations- und Mobilitätspolitik aussehen?
  • Wie können Frauen, in Europa und nicht zuletzt im Globalen Süden, gestärkt werden?
  • Das Problem mit den Daten – wie können verlässliche Daten für die Ungleichheitsforschung geschaffen werden?
  • Stichwort Vermögen: Wie kann gegen die immer größere Schere zwischen Arm und Reich entgegengewirkt werden?

Fakten

Prekär beschäftigt: Laut Internationaler Arbeitsorganisation (ILO) arbeiten 53 Prozent der LateinamerikanerInnen im informellen Sektor. In einigen Ländern Asiens und fast im gesamten Sub-Sahara-Afrika sind mehr als zwei Drittel der Bevölkerung im informellen Sektor tätig.


Die Schere klafft weiter auf:
Einer neuen Studie des deutschen Versicherungskonzern Allianz zu Folge habe sich die Kluft zwischen reichen und armen Ländern wieder vergrößert – auch die Corona-Krise scheint dieser Entwicklung keinen Abbruch zu tun: Demnach besitzen aktuell die reichsten zehn Prozent – 52 Millionen Menschen in den 57 untersuchten Ländern – zusammen rund 84 Prozent des gesamten Vermögens. Und das eine Prozent der Superreichen darunter besitzt fast 44 Prozent der Gesamtsumme.

Ärmere werden ärmer: Nach Angaben der Bank Credit Suisse ist das gemeinsame Vermögen der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung von rund 154 Milliarden US-Dollar 2017 auf 136,962 Milliarden US-Dollar 2018 zurückgegangen. Das sind über 17 Mrd. US-Dollar innerhalb eines Jahres, knapp 500 Millionen US-Dollar am Tag oder 11%.
Quelle: Oxfam

Gini-Koeffizient: Eine Möglichkeit, Ungleichheit zu dokumentieren, ist der sogenannte Gini-Koeffizient. Eine Herausforderung sind dabei die Daten der Länder, denn sie sind teils aus sehr unterschiedichen Jahren. In jedem Fall deutlich wird die Differenz zwischen Globalen Norden und Süden. Viele afrikanische Staaten verzeichnen einen hohen Gini-Koeffizienten – also eine hohe Ungleichheit bezüglich Einkommen im Land – europäische Staaten schneiden hier gut ab.
Vgl. https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/rankorder/2172rank.html

Übrigens, Reichtum ist ein Klimakiller: Laut einem Oxfam-Bericht sind die reichsten zehn Prozent – im Jahresschnitt 630 Millionen Menschen – für über die Hälfte (52 Prozent) der Treibhausgas-Emissionen verantwortlich, die in dem Vierteljahrhundert ausgestoßen wurden.
Das reichste eine Prozent alleine schädigte das Klima sogar doppelt so stark wie die ärmere Hälfte der Welt: Es verantwortete 15 Prozent der Gesamtemissionen, die ärmere Hälfte hingegen nur rund sieben Prozent.

Weiterführendes & Ansprechpersonen

Warum wir einen Corona-Lastenausgleich der Reichsten brauchen.
Ein Kommentar von David Walch, Attac Österreich

Generell muss man zwischen Ungleichheit zwischen Staaten und innerhalb von Ländern unterscheiden. Einen generellen Überblick gibt die deutsche Bundeszentrale für politische Bildung.
https://www.bpb.de/veranstaltungen/netzwerke/teamglobal/67430/globale-ungleichheiten

INEQ-Institut der WU Wien: Die Suche nach den Ursachen und Auswirkungen der steigenden Ungleichverteilung von Arbeits-, Einkommens-, Vermögens- und Lebenschancen hat sich in den vergangenen Jahren zu einem der bedeutendsten Forschungsgebiete der Sozialwissenschaften entwickelt. Das Forschungsinstitut des INEQ-Instituts hat das Ziel, gesellschaftliche Ungleichheit in ihren vielschichtigen Facetten zu analysieren – auf nationaler wie internationaler Ebene.
www.wu.ac.at/ineq
www.wu.ac.at/ineq/ineq/team

Thema Ungleichheit – das Problem mit den Daten:
https://www.derstandard.at/story/2000119936834/die-ungleichheit-beim-einkommen-und-das-problem-mit-den-daten

Als Fallbeispiel in Bezug auf afrikanische Länder:
https://www.suedwind-magazin.at/das-dilemma-mit-dem-zahlenwerk


Yannick Lefang
ist Gründer der Datenfirma Kasi Insight, die zu dem Thema arbeitet:
https://www.kasiinsight.com/about-us

World Inequality Database
https://wid.world
Thomas Piketty, französischer Starökonom zum Thema Ungleichheit und Autor des Bestsellers „Das Kapital im 21. Jahrhundert“, hat zusammen mit dem Wissenschaftler Lucas Chancel eine Datenbank zu globalen Ungleichheiten aufgesetzt.

2019 erschien im Mandelbaumverlag das Buch „Globale Ungleichheit“ von Karin Fischer und Margarete Grandner (Hrsg.).

Das Institut für Nachhaltiges Wirtschaften, das u.a. auf die SDGs fokussiert, setzt sich für wirtschaftliche Kooperation in Zeiten der Corona-Krise ein.
https://nachhaltiges-wirtschaften.at/institut

Geht es überhaupt nur durch alternative Wirtschaftsansätze? Dieser Frage stellt sich die Degrowth-Bewegung, die derzeit besonders in Wissenschaft & Forschung verortet ist:
https://www.degrowth.info