PA: Nigeria: Amnesty-Recherchen zu Schüssen an der Lekki-Mautstelle decken Vertuschungen durch Behörden auf

image_pdfimage_print

Amnesty International veröffentlicht neue Untersuchungen zu den Schüssen an der Lekki-Mautstelle in Lagos. Ein verifiziertes Video- und Bildmaterial zeigt die Anwesenheit von Sicherheitskräften, als Schüsse fielen. Amnesty fordert gemeinsam mit Unterstützer*innen weltweit Ende der Straflosigkeit.

Abuja/London/Wien, am 29. Oktober 2020 – Eine Woche nach den Schüssen an der Lekki-Mautstelle in Lagos veröffentlicht Amnesty International in einer interaktiven Zeitleiste verifiziertes Video- und Fotomaterial: Es bestätigt, dass nigerianische Sicherheitskräfte anwesend waren, als die Schüsse fielen.

„Was an der Mautstelle von Lekki geschah, ist ein typisches Beispiel für die Vertuschungsversuche der nigerianischen Behörden, wenn ihre Verteidigungs- und Sicherheitskräfte unrechtmäßige Tötungen begehen“, sagt Osai Ojigho, Geschäftsführerin von Amnesty International Nigeria.

Das Foto- und Videomaterial zeigt Fahrzeuge der nigerianischen Armee, die das Bonny Camp – eine Militärbasis, die etwa sieben Autominuten von der Mautstelle entfernt liegt – um 18:29 Uhr Ortszeit am 20. Oktober verlassen. Die Bilder verfolgen die Fahrzeuge bis zur Mautstelle. Gegen 18:45 Uhr eröffnet das nigerianische Militär Feuer auf #EndSARS-Demonstrant*innen, die friedlich ein Ende der Polizeigewalt fordern.

„Eine Woche nach den Vorfällen haben die nigerianischen Behörden noch viele Fragen zu beantworten: Wer hat den Einsatz tödlicher Gewalt gegen friedliche Demonstranten angeordnet? Warum wurden die Überwachungskameras vor Ort im Voraus abgebaut? Und wer ordnete an, dass der Strom abgeschaltet wurde, Minuten bevor das Militär das Feuer auf die Demonstranten eröffnete“, sagt Osai Ojigho.

Zunächst wurde die Beteiligung von Soldat*innen an den Schüssen geleugnet, später die Tötung von Menschen beim Angriff des Militärs auf friedlich Protestierende. „Viele Menschen werden seit dem Tag des Vorfalls immer noch vermisst, und zuverlässige Beweise zeigen, dass das Militär in der Folgezeit verhinderte, dass Krankenwagen die Schwerverletzten erreichten“, sagt Osai Ojigho.

Amnesty International fordert die nigerianischen Behörden mit Nachdruck auf, die Verantwortlichen für die Schüsse an der Mautstelle zur Rechenschaft zu ziehen und diejenigen zu schützen, die friedlich ihr Recht auf Versammlung und Meinungsfreiheit wahrnehmen. Amnesty International wird die Hintergründe der Vorfälle in Lekki weiter untersuchen und auch der mutmaßlichen Beseitigung von Leichen durch das Militär nachgehen.

Hintergrund
Amnesty International beobachtet seit Beginn der #EndSARS-Proteste am 8. Oktober die Entwicklungen in Nigeria: Die Menschen in Nigeria protestieren für ein Ende der Übergriffe, Folter und Erpressungen sowie gegen rechtswidrige Tötungen durch SARS-Beamt*innen. Die nigerianischen Behörden waren daher gezwungen, SARS aufzulösen. Jetzt fordern die Demonstrierenden echte Polizeireformen und die strafrechtliche Verfolgung jener SARS-Beamt*innen, die Menschenrechtsverletzungen begangen haben. Seit Beginn der Proteste sind landesweit mindestens 56 Menschen ums Leben gekommen.

Bei Fragen oder zur Vermittlung von Interviews:
Presseteam Amnesty International Österreich
Lerchenfelder Gürtel 43/4/3, 1160 Wien
Martina Powell / Gesine Schmidt-Schmiedbauer
+43 664 2359138 / +43 664 4001056
E-Mail: presse@amnesty.at