Archiv der Kategorie: Wirtschaft

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Rechercheliste zum Lieferkettengesetz

Infos, Kontakte, Weiterführendes

EU-weit kommt ein Lieferkettengesetz: Mitte Dezember konnte in den Trilog-Verhandlungen zum eine Einigung erzielt werden. Die neue Richtlinie wird dazu führen, dass große Unternehmen menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten umsetzen müssen.

Die ISJE schaut sich an, was es dazu zu wissen gibt und liefert Weiterführendes:

Um was geht’s?

Das Gesetz soll ermöglichen, dass große Unternehmen, die von Kinder- oder Zwangsarbeit außerhalb der EU profitieren, zur Rechenschaft gezogen werden können.

Größere Unternehmen müssen zudem einen Plan erstellen, der sicherstellt, dass ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie mit dem Pariser Abkommen zur Klimakrise vereinbar sind.

Unternehmen sind nach den geplanten Regeln den Angaben zufolge für ihre Geschäftskette verantwortlich, also auch für Geschäftspartner:innen des Unternehmens und teilweise auch für nachgelagerte Tätigkeiten wie Vertrieb oder Recycling.

Wieso ist das Lieferkettengesetz so wichtig?

Zivilgesellschaftliche Initiativen und UN-Berichte zeigen, dass Hoffen auf freiwilliges Aktivwerden der Unternehmen nicht ausreicht. In Deutschland, hier gibt es schon länger ein eigenes Lieferkettengesetz, zeigte eine Evaluation vor dessen Abschluss, dass Unternehmen sich nicht ausreichend an Empfehlungen halten.

Gibt’s Kritik?

Generell wurde der Schritt zu einem EU-Gesetz von vielen begrüßt. Aber ja, es gibt Kritik, u.a. daran, dass der Finanzsektor ausgeklammert wurde. Zudem bleibt die Beweislast aufseiten der Betroffenen. Um tatsächlich zu ihrem Recht zu kommen, müssen Betroffene von Menschenrechtsverletzungen massive Hürden überwinden, betont etwa die Initiative „Menschenrechte brauchen Gesetze“.

Über welche Produkte reden wir dabei?

Quasi über alles, sämtliche Konsumbereiche: Egal ob Bekleidungs- oder Elektronikindustrie, Lebensmittelproduktion oder der globalen Landwirtschaft.

Mögliche Fragestellungen

+ Was kann das neue Lieferkettengesetz bewirken?

+ Wo muss nachjustiert werden? Wie groß sind die Chancen, dass nachjustiert werden kann?

+ Was bedeutet das konkret für Österreich? Welche Unternehmen sind hier betroffen?

+ Welchen Einfluss hatten Deutschland und Frankreich, die schon eigene Legislativen dazu hatten?

+ Inwiefern ist die Perspektive des Globalen Südens wirklich vertreten?

+ Der Weg zu diesem Gesetz war ein langer – wie sah die Entwicklung aus?

Weiterführendes & Ansprechpersonen

Alma Zadic, Bundesministerin für Justiz.
Clemens-Maria Sampl, Pressesprecher der Justizministerin; 0676 8989 12313, clemens.sampl@bmj.gv.at

Die Globale Verantwortung – Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe ist der Dachverband 33 österreichischer entwicklungspolitischer und humanitärer Nichtregierungsor­ganisationen. Rückfragen & Kontakt:
Hannah Hauptmann
Referentin für Presse und Öffentlichkeitsarbeit
+43 1/522 44 22 – 15 | +43 699/17 20 42 07
presse@globaleverantwortung.at
www.globaleverantwortung.at

NeSoVe ist Teil der „Arbeitsgemeinschaft Rohstoffe“ (www.ag-rohstoffe.at) – einem Bündnis österreichischer NGOs, welches sich im Rahmen des Projekts #Rohstoffwende für eine ökologisch nachhaltige, demokratische, gerechte, entwicklungspolitisch kohärente und menschenrechtskonforme Rohstoffpolitik einsetzt.)
Rückfragen & Kontakt:
Bettina Rosenberger
Netzwerk Soziale Verantwortung
Geschäftsführerin
bettina.rosenberger@nesove.at
+43 660 8835409

Stefan Grasgruber-Kerl, Kampagnenbereichsleiter bei Südwind, arbeitet seit Jahren in Kampagnen zu Arbeitsbedingungen entlang der Lieferkette.
Kontakt via dem Südwind-Presseteam:
Vincent Sufiyan
vincent.sufiyan@suedwind.at
Tel: 0650 96 77 577
https://www.suedwind.at/pressekontakt/

Global 2000 fokussiert v.a. auf den Aspekt Klimagerechtigkeit: Rückfragen & Kontakt:
Hannah Keller, GLOBAL 2000 Pressesprecherin, 0699 14 2000 64, hannah.keller@global2000.at
Anna Leitner, GLOBAL 2000 Ressourcen- und Lieferkettensprecherin, 0699 14 2000 22, anna.leitner@global2000.at

NGOs wie Südwind oder Global 2000 können auch internationale Kontakte vermitteln.

PA: EU-Lieferkettengesetz: Kompromiss stellt Meilenstein dar

Südwind und die Kampagne “Menschenrechte brauchen Gesetze!” begrüßen das EU-Lieferkettengesetz, bedauern aber bleibende Schlupflöcher beim Klimaschutz und für den Finanzsektor

In der Nacht auf Donnerstag konnte in den Trilog-Verhandlungen zum EU-Lieferkettengesetz eine Einigung erzielt werden. Die neue Richtlinie wird dazu führen, dass große Unternehmen menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten umsetzen müssen.

Anders als beim deutschen Lieferkettengesetz ist auch eine zivilrechtliche Haftung vorgesehen. Das bedeutet, Betroffene können Entschädigungen einklagen und Unternehmen müssen somit Verantwortung übernehmen. „Der erzielte Kompromiss stellt einen Meilenstein dar, doch der Kampf für eine Welt ohne Ausbeutung ist noch lange nicht vorbei.

Das Fehlen echter Klimaverpflichtungen sowie weitreichende Ausnahmen für den Finanzsektor gefährden die Effektivität des EU-Lieferkettengesetzes“, sagt Bettina Rosenberger, Koordinatorin der zivilgesellschaftlichen Kampagne Menschenrechte brauchen Gesetze!. „Dennoch wird es dazu führen, dass es in Österreich im Zuge der Implementierung erstmals eine verbindliche Konzernverantwortung geben wird.“ 

„Trotz der bleibenden Schlupflöcher ist mit dem EU-Lieferkettengesetz ein wichtiger Schritt gegen Ausbeutung und für faire, menschenwürdige Arbeitsbedingungen weltweit gelungen. Egal ob bei Kinderarbeit in Schokolade-Lieferketten oder Zwangsarbeit in der Elektronikindustrie, große Unternehmen werden sich künftig nicht mehr so leicht auf ihre Lieferanten ausreden können. Viel wichtiger noch: Geschädigte haben endlich das Recht auf Wiedergutmachung“, sagt Stefan Grasgruber-Kerl, Lieferkettenexperte von Südwind. „Wir haben bei der Präsentation des Kommissionsvorschlags gesagt: Mit dem EU-Lieferkettengesetz ist es wie mit einem Tigerbaby – wir sind sehr froh, dass es endlich da es ist, aber Zähne und Krallen müssen ihm erst wachsen. Die jetzt nach zwei Jahren erwachsene und fertig verhandelte Richtlinie hat einige Zähne und Krallen und ist somit sicher mehr als ein Papiertiger.“

Rasche und umfassende Implementierung in Österreich gefordert „Jetzt muss das Papier zum Leben erweckt werden. Die EU-Mitgliedsländer müssen den notwendigen Rahmen schaffen, um die neue EU-Richtlinie umzusetzen. Konkret müssen Unternehmen dazu verpflichtet werden, Risikoanalysen durchzuführen, ihre Sorgfaltspflichten nachzuweisen und echte Schutzmaßnahmen für Arbeiter;innen zu garantieren“, so Rosenberger und Grasgruber-Kerl.

Einigung mit großen Wermutstropfen Seit vielen Jahren fordern die Organisationen der Kampagne „Menschenrechte brauchen Gesetze!” verbindliche Regeln für Unternehmen, damit diese Menschenrechte und die Umwelt entlang ihrer Wertschöpfungsketten schützen. Der Druck von einzelnen Mitgliedsstaaten sowie von Industrie-Lobbys hat jedoch dazu geführt, dass für den Finanzsektor abgeschwächte Regeln gelten werden, deren Effektivität noch höchst fraglich ist. Der Kompromiss wurde in Verhandlungen zwischen Vertreter:innen des Parlaments, dem Rat und der Kommission erreicht, damit liegt jedoch noch keine fertige Richtlinie vor. Letzte Details werden im Rahmen von weiteren Verhandlungen besprochen. Anschließend wird der Text im Rat und im EU-Parlament beschlossen. Im März 2024 kann mit einer fertigen Richtlinie gerechnet werden. Sofern keine abweichenden Bestimmungen getroffen werden, muss die Richtlinie in Österreich innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden.

Rückfragehinweis
Bettina Rosenberger
Netzwerk Soziale Verantwortung
Geschäftsführerin
Tel.: +43 660 8835409
E-Mail: bettina.rosenberger@nesove.at

Vincent Sufiyan
Kommunikationsleiter Südwind
Tel.: 0650 9677577
E-Mail: vincent.sufiyan@suedwind.at

PA: AidWatch Report 2023: Die ODA-Inflationsblase platzen lassen

Zwar haben die öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen der EU-Mitgliedstaaten im Vorjahr einen historischen Höchstwert erreicht. Doch erfüllten 22% der gemeldeten Leistungen nicht die grundlegendsten Kriterien der OECD, zum Beispiel zu nachhaltiger Entwicklung innerhalb eines Partnerlandes beizutragen. Zu diesem Ergebnis kommt der diesjährige Aid-Watch Report 2023 von CONCORD.

CONCORD, der Dachverband europäischer entwicklungspolitischer Nichtregierungs-organisationen, präsentierte im Oktober seinen AidWatch Report 2023 mit Titel Bursting the ODA inflation bubble, der die Qualität und Quantität der Entwicklungsleistungen (Official Development Assistance, ODA) der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sowie des Vereinigten Königreichs beleuchtet. Die vorläufigen Daten für 2022, die im Frühling veröffentlicht und Ende 2023 bestätigt werden, bezieht der europäische Dachverband von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

ODA der EU erreicht Höchstwert und ist dennoch weit vom 0,7%-Ziel entfernt

Im Jahr 2022 stellten die EU-Staaten 0,59% ihres Bruttonationaleinkommens (BNE) bzw. 84 Mrd. Euro für öffentliche Entwicklungshilfeleistungen zur Verfügung, was einem realen Anstieg von 19% im Vergleich zu 2021 entspricht. Zwar liegt auch diese ODA-Quote noch weit unter den international vereinbarten 0,7% des BNE, dennoch erreichten die EU-Staaten damit ihren historischen Höchstwert. Österreich erhöhte seine ODA immerhin von 0,31% (2021) auf 0,39% des BNE.

Jedoch hängen die hohen ODA-Zahlen vor allem mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine zusammen: Der Fokus der internationalen Zusammenarbeit verlagerte sich im Jahr 2022 auf die finanzielle Unterstützung für die Ukraine und auf Sicherheitsfragen. Beispielsweise wendeten OECD-Staaten mehr als 13,9 Mrd. Euro für die Unterbringung und Versorgung von Schutzsuchenden aus der Ukraine auf.

Die Miteinbeziehung dieser Mittel würde abermals zu einer Inflated ODA beitragen – einer überhöhten Entwicklungshilfe, die die Autor*innen des AidWatch Reports auch schon in früheren Jahren kritisierten. Erfüllten 16,7% der für das 2021 gemeldeten Leistungen nicht die grundlegenden Kriterien der OECD, waren es 2022 schon 22%. Dazu zählen Leistungen, die nicht die wirtschaftliche Entwicklung und den Wohlstand innerhalb der Partnerländer fördern. Österreichs überhöhte Hilfe machte 2022 sogar 27,6% seiner ODA aus. CONCORD fordert, dass OECD-Staaten ihre Unterstützung für die Ukraine zusätzlich zu bisherigen Vereinbarungen leisten, um angemessen auf andere weltweite Herausforderungen reagieren zu können.

Darüber hinaus kritisiert der europäische Dachverband, dass die Zuweisung öffentlicher Entwicklungshilfeleistungen zahlreicher Geberländer immer noch von innen- und geopolitischen Interessen geleitet sei. Wie in den Jahren zuvor spricht er sich für qualitativ hochwertigere sowie besser finanzierte Entwicklungshilfeleistungen aus.

Wie die EU gegen eine überhöhte ODA vorgehen sollte
Die Empfehlungen von CONCORD an die Europäische Union setzen auf zwei Ebenen an. Um die ODA-Inflationsblase platzen zu lassen, sollten die Europäische Kommission und die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten …

  • die ODA reformieren und bestimmte Ausgaben, die nicht zu nachhaltiger Entwicklung in den Partnerländern beitragen, künftig nicht mehr in die ODA einrechnen. Zum Beispiel Kosten für Geflüchtete im eigenen Land, Studiengebühren für Studierende aus dem Ausland, Schuldenerlässe und Kreditzinsen.
  • ihre Anstrengungen verstärken, um das 0,7%-Ziel bis 2030 zu erreichen.
  • transparenter in der Berichterstattung über privatwirtschaftliche Instrumente sein.

Um einen größeren Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung und zum Wohlstand der Länder zu leisten, sollten die Europäische Kommission und die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten …

  • sich ausdrücklich dazu verpflichten, Ungleichheiten in den Partnerländern zu verringern, beispielsweise indem sie vorhandene, passende Instrumente nutzen.
  • sicherstellen, dass die geografische Verteilung der ODA den Bedürfnissen und Zielen der Partnerländer und nicht den internen Prioritäten des Geberlandes bzw. der EU entspricht.
  • Frauenrechtsorganisationen finanziell besser unterstützen, insbesondere durch direkte, langfristige und flexible Finanzierung.
  • die Unterstützung für zivilgesellschaftliche Organisationen (CSO) erhöhen, wobei der Schwerpunkt auf CSOs in den Partnerländern liegen sollte.

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PA: Milei angelobt: NGOs fordern Mercosur-Verhandlungsstopp

Anders Handeln: “Ein Abkommen mit einem Klimawandel-Leugner würde die EU völlig unglaubwürdig machen”

Der neue argentinische Präsident Javier Milei ist seit gestern im Amt. Milei leugnet den Klimawandel und bezeichnete ihn als „eine Lüge des Sozialismus“. Er verharmlost die argentinische Militärdiktatur und wird wegen seiner Einstellung zu Menschenrechten von der argentinischen Zivilgesellschaft heftig kritisiert.

Die Plattform „Anders Handeln“ und das Welthaus Graz fordern Österreich und alle weiteren EU-Mitglieder daher auf, die Verhandlungen zum EU-Mercosur Abkommen sofort zu beenden. „Die EU macht sich in Bezug auf Umwelt- und Menschenrechte völlig unglaubwürdig, wenn sie mit einem Leugner des Klimawandels ein Handelsabkommen abschließt. Der einzige Weg, um Klima und Menschenrechte tatsächlich zu schützen, ist ein sofortiger Verhandlungsstopp“, fordern die NGOs.

In der Vergangenheit sorgte die verheerende Klimaschutzbilanz des brasilianischen Präsidenten Bolsonaro für massive Hürden in den Verhandlungen. „Angesichts der Aussagen von Milei müssen nun in der EU alle Alarmglocken läuten. Seine Haltungen widersprechen den von der EU immer wieder betonten Werten massiv. Sie müssen eine rote Linie für die EU-Verhandler*innen sein“, fordern die NGOs.

Das Zeitfenster für einen Abschluss schließt sich

Trotz der Wahl von Javier Miliei versucht die EU weiterhin, das Mercosur-Abkommen rasch abzuschließen. (1) Da das Zeitfenster für einen Abschluss vor der EU-Wahl immer kleiner wird, werden die Verhandlungen immer intransparenter. Außer vereinzelten Medienberichten gelangen keine Informationen zum Stand der Verhandlungen an die Öffentlichkeit. Zudem hält die Kommission weiterhin an Verfahrenstricks wie dem „Splitting“ des Abkommens fest, um so die Widerstände einzelner Länder wie Österreich oder Frankreich auszuhebeln.

Lateinamerikanische Zivilgesellschaft bekräftigt Ablehnung

Ein großes zivilgesellschaftliches Bündnis aus den Mercosur-Ländern und weiteren südamerikanischen Staaten bekräftigt unterdessen in einer gemeinsamen Erklärung die Ablehnung des Abkommens. „Das Abkommen würde eine Vertiefung des kapitalistischen, extraktivistischen, kolonialistischen, patriarchalischen und rassistischen Modells bedeuten, das die rückständigsten und gewalttätigsten Eliten unserer Region stärkt und die Umwelt bedroht”, heißt es darin.

Die Plattform Anders Handeln wurde initiiert von Attac, GLOBAL 2000, Südwind, den Gewerkschaften PRO-GE, vida und younion _ Die Daseinsgewerkschaft, der Katholischen ArbeitnehmerInnenbewegung sowie der ÖBV-Via Campesina Austria und wird von rund 50 weiteren Organisationen unterstützt.

(1) Während der COP28 trafen sich europäische und Mercosur-Delegationen, um weiter über das EU-Mercosur zu verhandeln. Vergangenen Montag betonten der brasilianische Präsident Lula und der deutsche Bundeskanzler Scholz in Berlin, dass das Handelsabkommen jetzt zügig abgeschlossen werden müsse.

Rückfragen:
Theresa Kofler
Koordinatorin Plattform Anders Handeln
theresa.kofler@anders-handeln.at
0043 677 6309 25 37

PA: COP28: Nur 1 Prozent des globalen Privatkapitals ist klimafreundlich investiert

ATTAC: Fossile Investitionen müssen gesetzlich gestoppt werden / Klimasoziale Transformation demokratisch gestalten und öffentlich finanziere.

Der Finanzsektor spielt eine zentrale Rolle bei der Verschärfung der Klimakrise. Nur rund 1 Prozent (2,74 Billionen Dollar) des gesamten privaten Kapitals von 267 Billionen Dollar ist klimafreundlich investiert. Öl und Gas versprechen hingegen weiter enorme Profite: Allein fünf der größten Öl- und Gaskonzerne (BP, Chevron, ExxonMobil, Shell und Total) haben seit dem Pariser Klimaabkommen 428 Milliarden Dollar für Dividenden und Aktienrückkäufe ausgeschüttet. Die Finanzströme sind also weit davon entfernt, in Einklang mit den Klimazielen zu stehen, obwohl dies in Artikel 2.c des Pariser Klimaabkommens festgelegt ist.
Attac fordert daher, fossile Investitionen gesetzlich zu regulieren und einzuschränken. „Banken, Versicherungen, Hedgefonds und Pensionsfonds müssen endlich gesetzlich dazu verpflichtet werden, ihre Investitionen in fossile Projekte auslaufen zu lassen und letztlich völlig einzustellen. Die gesamte Finanzindustrie muss endlich den Bestimmungen und Zielen des Pariser Abkommens unterliegen. Ihre freiwilligen Selbstverpflichtungen sind erwiesenermaßen wirkungslos und nichts anderes als Greenwashing“, erklärt Mario Taschwer von Attac Österreich.

COP28 forciert weiter Scheinlösungen
Doch eine effektive Regulierung der Finanzströme steht auch bei der COP28 nicht auf der Tagesordnung. Stattdessen werden weiterhin falsche Marktlösungen forciert, um Profitmöglichkeiten für privates Kapital zu schaffen. Das verstärkt auch die Abhängigkeit des globalen Südens von neuen Schulden.
So sollen laut einer Initiative des US-Außenministeriums, der Rockefeller Stiftung und der Bezos Earth Foundation Konzerne wie Amazon, Bank of America, Boston Consulting Group, Mastercard, McDonald’s, Morgan Stanley oder Pepsi in den gescheiterten Handel mit Kohlenstoffzertifikaten von Schwellen- und Entwicklungsländern einsteigen – eine reine Greenwashing-Aktion. Ein weiterer Ansatz ist das sogenannte „De-Risking“. Dabei sichern öffentliche Garantien und Subventionen die Profite für private Investoren ab. “Die öffentliche Hand übernimmt dabei das Risiko für private Investitionen, anstatt klimafreundliche Infrastruktur selbst zu finanzieren”, kritisiert Taschwer. Auch Scheinlösungen wie freiwillige Kohlenstoffkompensationen, die zu keiner realen Reduktion der Treibhausgas-Emissionen führen, werden weiter vorangetrieben.
„Die Regierungen müssen die klimasoziale Transformation demokratisch gestalten und öffentliches Geld in die Hand nehmen, anstatt die Macht des Finanzsektors weiter zu stärken. Das bedeutet auch, den Finanzsektor in die Schranken zu weisen und zu besteuern“, fordert Taschwer. „Wer privaten Profitinteressen Vorrang vor politischer Regulierung gibt, heizt die Klimakrise weiter an.“

Auch die Kennzeichnung von „grünen“ Finanzprodukten in der EU-Taxonomie zwingt private Investoren keineswegs zu „grünen“ Investitionen.

Rückfragen:
David Walch
presse@attac.at
0650 544 00 100

PA: Wien als FAIRTRADE-Stadt ausgezeichnet

Auszeichnung für langjähriges und umfassendes Engagement der Stadt Wien.              

Ein frühes Weihnachtsgeschenk für die Stadt Wien und den fairen Handel: Die Stadt Wien wurde offiziell als neue FAIRTRADE-Stadt ausgezeichnet. „Wir freuen uns über das langjährige und umfassende Engagement der Stadt Wien für den fairen Handel“, bilanziert FAIRTRADE Österreich-Geschäftsführer Hartwig Kirner. „Die tolle Arbeit wird nun auch entsprechend gewürdigt und Wien als FAIRTRADE-Stadt ausgezeichnet. So können wir künftig unsere Zusammenarbeit mit Bauernfamilien sowie Arbeiter*innen auf Farmen im Sinne fairerer Lebens- und Arbeitsbedingungen und dem Schutz der Menschenrechte entlang globaler Lieferketten noch weiter vertiefen.“ so Kirner weiter.

„Globale Lieferketten transparent machen“
„Diese Auszeichnung freut uns ganz besonders“, betont Wiens Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky. „Denn FAIRTRADE ist für uns ein wichtiger Partner, um unser Ziel zu erreichen, globale Lieferketten transparent zu machen.“

Voraussetzung für die Auszeichnung Wiens zur FAIRTRADE Stadt waren und sind folgende Maßnahmen und Initiativen:

Der Bezug von fair produzierten und gehandelten Produkten aus dem Globalen Süden ist in den Kriterien folgender Programmen fix verankert:

  • ÖkoKauf Wien – das umfassend nachhaltige Beschaffungsprogramm der Stadt
  • „Natürlich gut essen“ – das Beratungs- und Kofinanzierungsprogramm für umfassend nachhaltige Gastronomiebetriebe
  • ÖkoEvents und ÖkoEvents PLUS – die Planung und Durchführung umfassend nachhaltiger Veranstaltungen.
  • Es gibt bereits acht ausgezeichnete FAIRTRADE-Bezirke in Wien: Wieden, Margareten, Mariahilf, Neubau, Josefstadt, Alsergrund, Ottakring und Liesing.
  • Zahlreiche Wiener Bildungseinrichtungen erhielten bereits den Titel „FAIRTRADE-Schools“
  • Auf dieser Basis hat der Wiener Gemeinderat im Oktober dieses Jahres einen Beschluss- und Resolutionsantrag angenommen, in dem sich die Stadt zum fairen globalen Handel bekannte und ankündigte, sich als FAIRTRADE-Stadt zu bewerben.

Stärkung von Frauen und Geschlechtergerechtigkeit

Jürgen Czernohorszky: „Das war der nächste logische Schritt in unserem Einsatz für Menschenrechte, saubere Produktionsstandards und gegen die Ausbeutung von Mensch, Tier und Umwelt entlang der Lieferketten. Weitere wichtige Punkte sind für uns, dass die FAIRTADE-Partnerschaft den Menschen im Globalen Süden auch bei der dringend notwendigen Klimaanpassung hilft – und dass durch FAIRTRADE Frauen und Geschlechtergerechtigkeit gestärkt werden.“

Denn durch die FAIRTRADE-Standards verpflichten sich die zertifizierten Kooperativen und Plantagen zu Geschlechtergerechtigkeit bzw. ist in allen Standards ein Diskriminierungsverbot verankert. Außerdem gibt es konkrete Frauenfördermaßnahmen, um auch strukturelle Ursachen zu bekämpfen. „Dies hat zur Folge, dass es in FAIRTRADE-zertifizierten Kooperativen und Plantagen lang- und mittelfristig deutlich mehr Frauen in Führungspositionen gibt“, erläutert Hartwig Kirner.

In jüngster Zeit helfen die FAIRTRADE-Prämien, aber auch zusätzliche Unterstützung durch FAIRTRADE den Bauernfamilien sowie Arbeitende auf Farmen dabei, Maßnahmen zur Klimaanpassung zu setzen. „Denn wir wissen von so gut wie allen Partnerinnen und Partnern im Globalen Süden, dass sie bereits jetzt massiv mit den Folgen der Klimakrise zu kämpfen haben“, berichtet Hartwig Kirner. Seien es extreme Trockenperioden, massive Regenereignisse, oder auch Hangrutschungen und Ernteausfälle.

Fairer Handel hilft auch der heimischen Wirtschaft

„Für den Standort Wien kommt noch ein weiterer Aspekt dazu“, ergänzt Jürgen Czernohorszky: „Der Bezug fair produzierter und gehandelter Produkte hilft auch dabei, Billigstimporte zu reduzieren – womit auch die lokale Wirtschaft geschützt und unterstützt und damit Arbeitsplätze gesichert werden.“

Hintergrund:
FAIRTRADE ist weltweit das führende Zertifizierungssystem, bei dem die Produzentinnen und Produzenten von einem Mindestpreis und einer Prämie, deren Höhe genau festgelegt ist, profitieren.

Die FAIRTRADE-Prämie: Zusätzlich zum Verkaufspreis erhalten alle Produzentenorganisationen die FAIRTRADE-Prämie. Die Bauernfamilien bzw. Beschäftigten auf Plantagen entscheiden gemeinsam in einem demokratischen Prozess, in welche sozialen, ökologischen oder ökonomischen Projekte die Prämie investiert wird und welche Ziele erreicht werden sollen.

FAIRTRADE Standards: Die FAIRTRADE-Standards sind das Regelwerk, das Kleinbauernkooperativen, Plantagen und Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette einhalten müssen und Handel(n) verändert. Sie umfassen soziale, ökologische und ökonomische Mindestanforderungen, um eine nachhaltige Entwicklung der Produzentenorganisationen im Globalen Süden zu gewährleisten. Dazu zählen u.a.: Organisation in demokratischen Gemeinschaften, Förderung gewerkschaftlicher Organisation, geregelte Arbeitsbedingungen, Verbot ausbeuterischer Kinderarbeit und Diskriminierungsverbot. www.fairtrade.at

Aktuelle Fotos der Veranstaltung: https://presse.wien.gv.at/aktuell

Rückfragehinweis für Medien
Roman DAVID-FREIHSL
Bereich Kommunikation
Stadt Wien – Umweltschutz
+43 1 4000 73422
roman.david-freihsl@wien.gv.at

Michaela Zlamal
Mediensprecherin StR Jürgen Czernohorszky
+43 1 4000 81446
michaela.zlamal@wien.gv.at

Bernhard Moser
Gesamtkoordination Presseanfragen FAIRTRADE Österreich
+43 1 533095629
bernhard.moser@fairtrade.at                  

PA: Historischer UN-Beschluss ebnet den Weg für demokratische Steuerrevolution

Erstmals können alle Staaten gleichberechtigt ein globales Steuerabkommen aushandeln, so Attac.

Die UN-Generalversammlung hat gestern Abend in New York mit großer Mehrheit eine historische Resolution über die zukünftige internationale Zusammenarbeit in Steuerfragen verabschiedet. Sie sieht vor, Verhandlungen über ein UN-Rahmenübereinkommen im Steuerbereich aufzunehmen. Damit können erstmals alle Staaten gleichberechtigt innerhalb der UNO über die künftige internationale Steuerpolitik und ein faires, globales Steuerabkommen verhandeln.

Bislang wurde internationale Steuerpolitik in der OECD, dem Club der Industriestaaten, verhandelt – obwohl diese kein globales Verhandlungsforum ist. Viele internationale Steuerregeln spiegeln daher die Interessen der Industrienationen wider – und nicht jene der Schwellen- und Entwicklungsländer.

Weniger Einfluss für finanzstarke Lobbygruppen / Steuermissbrauch endlich wirksam bekämpfen
Für das globalisierungskritische Netzwerk Attac ist die Resolution ein historischer Moment in der internationalen Steuerpolitik. „Wir erleben den Beginn einer demokratischen Steuerrevolution. Denn im Gegensatz zur OECD verlaufen die Verhandlungen in der UNO demokratisch und transparent. Das stärkt die Rechenschaftspflichten der Regierungen gegenüber der Zivilgesellschaft und schwächt den Einfluss finanzstarker Lobbygruppen“, erklärt David Walch von Attac Österreich.

„Die Resolution eröffnet die Chance für ein gerechtes globales Steuersystem, in dem Steuermissbrauch und Steuerbetrug endlich wirksam im Interesse aller Länder bekämpft werden“, erklärt Martina Neuwirth vom VIDC.

Höhepunkt jahrelanger Bemühungen
Die UN-Resolution ist der vorläufige Höhepunkt langjähriger Bemühungen zahlreicher Staaten und der internationalen Zivilgesellschaft für eine Stärkung der UNO im Steuerwesen. Der Beschluss wird von der Global Alliance for Tax Justice, hunderten internationalen Organisationen sowie einer Reihe prominenter Ökonom*innen, wie Joseph Stiglitz, Thomas Piketty oder dem Direktor des EU Tax Observatory, Gabriel Zucman, begrüßt. Auch zahlreiche österreichische NGOs hatten erst vergangene Woche einen Brief an die Regierung verfasst, mit der Forderung, die Resolution zu unterstützen.

OECD-Staaten, EU und Österreich müssen sich endlich konstruktiv beteiligen
Heftiger Widerstand gegen eine Stärkung der UNO kam bis zuletzt von den OECD-Staaten, insbesondere von der EU und Großbritannien. Mit einer Ausnahme stimmten die OECD-Staaten geschlossen gegen die Resolution, darunter auch die EU-Staaten und Österreich. Die Resolution wurde dennoch mit 125 zu 48 Stimmen und 9 Enthaltungen angenommen.

„Um die globalen Steuerregeln weiter in ihrem Interesse innerhalb der OECD zu gestalten, versuchen die Industriestaaten leider seit Jahren den UN-Prozess zu torpedieren“, kritisiert Walch. „Die EU und damit auch Österreich sind aufgefordert, sich endlich konstruktiv an einer Demokratisierung der internationalen Steuerpolitik zu beteiligen. Dies gilt umso mehr in Zeiten einer zunehmenden geopolitischen Fragmentierung.“

Das Mandat für das UN-Rahmenübereinkommen soll im Laufe des nächsten Jahres ausverhandelt werden. Dabei wird es darum gehen, die Themen einer kommenden UN-Steuerkonvention festzulegen: etwa die Besteuerung multinationaler Konzerne, Steuertransparenz oder die globale Besteuerung von Offshore-Vermögen.

Rückfragen:
David Walch
Pressesprecher Attac Österreich
presse@attac.at
0650 544 00 10


PA: Handelsabkommen EU-Chile: Wissenschaft warnt vor Vertiefung von Raubbau und Ungleichheit

Am kommenden Montag treffen sich in Brüssel die Handelsminister:innen der EU-Mitgliedsstaaten. Auf der Agenda des Ministerrats steht unter anderem das Assoziierungsabkommen der EU mit Chile. Das zwanzig Jahre alte Abkommen soll erweitert werden, jedoch droht nicht nur ein im Sinne globaler Gerechtigkeit und ökologischer Nachhaltigkeit problematisches Weiter wie bisher, so eine Aussendung von „Diskurs. Das Wissenschaftsnetz“. 

Die geplante Ausweitung des Abkommens komme vor allem großindustriellen Interessen zugute, während die Rechte von indigenen und anderen benachteiligten Gruppen sowie der Schutz lokaler Ökosysteme und Lebensgrundlagen auf der Strecke bleiben, warnen die renommierten Wissenschafter Werner Raza und René Kuppe.

Die EU möchte die Überarbeitung des Abkommens 2024 abschließen – entsprechend wichtig ist das kommende Ratstreffen. “Das Abkommen trägt nicht zu einer nachhaltigen ökonomischen Entwicklung in Chile bei, sondern vertieft das auf der Ausbeutung und dem Export von Rohstoffen basierende chilenische Entwicklungsmodell.

Zusätzlich sollen ausländische Konzerne das Recht auf Sonderklagemöglichkeiten und Paralleljustiz bekommen, was zu einer noch stärkeren Durchsetzung ihrer Interessen führen würde“, sagt Dr. Werner Raza von der Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE). 

Besonders die schon jetzt am stärksten benachteiligten Gruppen in Chile werden durch das erweiterte Abkommen verlieren. „Die Rechte und Interessen indigener Völker werden im Textentwurf des Abkommens nicht erwähnt. Dabei leiden sie am meisten durch den neokolonialen Raubbau an Ressourcen in der Region. Das gilt besonders für die Förderung von Lithium und Kupfer, die massiv ausgeweitet werden soll. Dabei sind in Chile jetzt schon rund 50 Konflikte bekannt, in denen Bergbauprojekte indigene Gemeinschaften schädigen.

Die Rohstoffe werden für Produkte verwendet, die am Ende hierzulande zu einem vermeintlichen Klimaschutz beitragen sollen. Um glaubwürdig zu sein, muss die Europäische Union auch in ihrer internationalen Handels- und Wirtschaftspolitik Menschenrechte gerade auch für marginalisierte Gruppen und Menschen fördern und schützen“, so Dr. René Kuppe von der Universität Wien und der International Work Group for Indigenous Affairs

Über die Expert:innen:  
Dr. Werner Raza: Leiter der ÖFSE, Österreichische Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung

Dr. René Kuppe: Universität Wien und „International Work Group for Indigenous Affairs“

Kontakt für Rückfragen:
Helena Ott
ott@diskurs-wissenschaftsnetz.at
+43 650 33 11 45 16

Alexander Behr
behr@diskurs-wissenschaftsnetz.at
+43 650 34 38 37 8

PA: Welternährungstag, Tag der Armut: „Menschen in Krisen widerstandsfähiger machen“

Nach Jahren des Rückgangs nehmen Armut und Hunger wieder zu, und das rasant. Im vergangenen Jahr hungerten weltweit 122 Millionen Menschen mehr als vor der Coronapandemie. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Auswirkungen des Klimawandels befeuern diese erschreckende Trendwende. Die Lebensgrundlagen besonders benachteiligter Bevölkerungsgruppen sind weltweit bedroht. Die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit reagiert mit aufgestockten Mitteln und Lösungsansätzen, die ganzheitlich greifen.

Am 16. und 17. Oktober rücken der Welternährungstag und der Internationale Tag für die Beseitigung der Armut die Menschen, die hungern, unterernährt sind und in Armut leben, in den Fokus. Die Zahlen rütteln wach: Laut Welternährungsorganisation sind aktuell bis zu 783 Millionen Menschen – knapp jede*r Zehnte – von schwerer Ernährungsunsicherheit betroffen. Gleichzeitig könnten Prognosen der Weltbank zufolge im Jahr 2030 immer noch 7 Prozent der Weltbevölkerung – an die 600 Millionen Menschen – in extremer Armut leben. Sie haben täglich nur 2,15 US-Dollar zur Verfügung.
 
Zwar erholt sich die globale Wirtschaft seit dem Ausbruch von COVID-19 langsam wieder – 2022 ist die Anzahl hungernder Menschen im Vergleich zum Vorjahr der Welternährungsorganisation zufolge um 3,8 Millionen gesunken. Dennoch geben die jüngsten Zahlen keinen Grund zur Entwarnung: 2022 litten immer noch 122 Millionen Menschen mehr als vor der Coronapandemie Hunger.
 
Krisen, Kriege, Klimawandel
„Wir sind aktuell mit existenziellen Notlagen konfrontiert, die wir in diesem Ausmaß kaum noch erlebt haben. Für die Umsetzung der 17 Globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung bedeuten diese Krisen einen herben Rückschlag. Wir arbeiten mit aller Kraft daran, hier gegenzusteuern. Dafür stehen uns aktuell so viele Mittel wie noch nie zur Verfügung“, betont Dr. Friedrich Stift, Geschäftsführer der Austrian Development Agency (ADA).
 
Höchstes Budget für Entwicklung seit knapp 20 Jahren
2023 hat das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (BMEIA) der Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit 124,325 Millionen Euro an operativen Mitteln übertragen – das sind 10 Millionen mehr als in den beiden Jahren davor und die höchste Summe, die das BMEIA der ADA seit ihrer Gründung vor knapp 20 Jahren zur Verfügung gestellt hat. Gepaart mit Mitteln aus dem European Recovery Program sowie Geldern anderer Geber wie etwa der Europäischen Kommission oder österreichischen Bundesländern verfügte die ADA im vergangenen Jahr über das höchste operative Budget in ihrer Geschichte.
 
„Jeder einzelne Euro davon macht einen Unterschied für Menschen in Not. Menschen, die wegen klimabedingter Katastrophen vor dem Nichts stehen. Menschen, die nicht wissen, wo ihre nächste Mahlzeit herkommt oder wie sie das Schulgeld für ihre Kinder bezahlen sollen. Jeder Euro trägt dazu bei, Menschen in Krisensituationen widerstandsfähiger zu machen und ihnen eine Perspektive für die Zukunft zu geben – das ist unser Auftrag, der in der aktuellen krisenhaften Zeit so dringend wie noch nie ist“, bekräftigt Stift.
 
Gerechte Verteilung, gleichberechtigter Zugang
Ernährungssicherheit ist eine Frage von gerechter Verteilung und gleichberechtigtem Zugang zu Land und natürlichen Ressourcen. Sie hängt eng mit dem Zugang zu Wasser und Energie zusammen. Die Austrian Development Agency fördert daher Initiativen, die diese Themen gemeinsam betrachten. Zusammen mit ihren Partnern unterstützt die ADA kleinbäuerliche Familienbetriebe dabei, ökologisch, nachhaltiger und ressourcenschonender zu produzieren und einen verbesserten Zugang zu lokalen und regionalen Märkten zu erhalten. Derzeit fördert die ADA 75 Projekte, die zur Stärkung von Ernährungssicherheit beitragen, mit einem Fördervolumen von insgesamt 155,1 Millionen Euro.
 
Klima-smarte Landwirtschaft
So etwa in Mosambik, einem Schwerpunktland der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit und eines der ärmsten Länder der Welt. In der Provinz Sofala unterstützt die ADA Kleinbäuer*innen mit einem Projekt, das landwirtschaftliche Praktiken vermittelt, die den Auswirkungen des Klimawandels trotzen können: Durch minimale Bodenbearbeitung, Gründüngung und Fruchtfolge steigt die Fruchtbarkeit der Felder, das Risiko für die Erosion von Böden sinkt. Gegen Dürre, Krankheiten und Schädlinge resistente Pflanzen sind weniger anfällig für ungünstige klimatische Bedingungen.
 
Und das ist wichtig. Denn von 2017 bis 2020 sind die Maiserträge in Sofala um rund 30 Prozent gesunken. Zurückzuführen ist das auf unregelmäßige Niederschläge und die steigenden Temperaturen. Auch Überschwemmungen kommen immer öfter vor, zerstören Infrastruktur und vernichten ganze Landwirtschaftsgebiete. Das Projekt hilft den Landwirt*innen, ihre Anbaumethoden an diese Veränderungen anzupassen. In Schulungen lernen sie, wie sie Produktion und Absatz steigern können. Wettervorhersagen und Informationen über Preise und Nachfrage helfen ihnen, Entscheidungen darüber zu treffen, wann sie pflanzen und wann und wo sie verkaufen. Insgesamt profitieren 7.800 Menschen von dieser Initiative.
 
Austrian Development Agency
Die Austrian Development Agency, die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, unterstützt Länder in Afrika, Asien, Südost- und Osteuropa bei ihrer nachhaltigen Entwicklung. Gemeinsam mit öffentlichen Einrichtungen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Unternehmen setzt die ADA Projekte und Programme mit einem Gesamtvolumen von derzeit 670 Millionen Euro um.



Rückfragehinweis:
Austrian Development Agency (ADA),
die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit
Mag. Katharina Schreiber
Tel.: +43 (0)1 903 99-2410
katharina.schreiber@ada.gv.at
https://www.entwicklung.at/

Newsletter: ISJE-Recherchematerial Rohstoffe + Globaler Süden

Infos, SDG-Hintergrund und Kontakte

Mineralische Rohstoffe sind einer d e r Themen der Zukunft. Denn auf dem Abbau dieser Rohstoffe basiert die Herstellung von Technologieprodukten und der Ausbau von IT-Infrastruktur. Die ISJE beleuchtet das Thema aus entwicklungspolitischer Sicht und liefert Fakten, Infos und Kontakte:

Vorab: Die Thematik ist sehr breit und umfasst Wissenschaft, Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung.

Und, nimmt man die SDGs her, so betrifft das Thema auch mehrere der UN-Nachhaltigkeitsziele:

SDG 7 Bezahlbare und Saubere Energie
Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle sichern
https://www.sdgwatch.at/de/ueber-sdgs/7-bezahlbare-und-saubere-energie/

SDG 8 Menschenwürdige Arbeit und Wirtschafts­wachstum
Dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern
https://www.sdgwatch.at/de/ueber-sdgs/8-menschenwurdige-arbeit-und-wirtschaftswachstum/

SDG 9 Industrie, Innovation und Infrastruktur
Eine widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, breitenwirksame und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen
https://www.sdgwatch.at/de/ueber-sdgs/industrie-innovation-und-infrastruktur/ 

SDG 12 Verantwortungs­volle Konsum- und Produktions­muster
Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen
https://www.sdgwatch.at/de/ueber-sdgs/nachhaltige-konsum-und-produktionsmuster-sicherstellen/

Die ISJE hat als Service für Journalist:innen und Redaktionen Rechercheinfos zu den 4 SDGs zusammengestellt:

SDG 7
https://isje.at/?p=3040 

SDG 8
https://isje.at/?p=3366

SDG 9
https://isje.at/?p=3740

SDG 12
https://isje.at/?p=2751

Aspekte & Fragestellungen rund um Rohstoffe

Während Technologie und IT als Zukunftshoffnung und Problemlöser gesehen werden, leidet die Bevölkerung in den rohstoffproduzierenden Ländern am Abbau der Materialien – je mehr davon gebraucht werden, umso mehr Probleme entstehen auch meist. Für Journalist:innen Redaktionen gilt, sich Fallbeispiele und konkrete Situationen in Ländern anzusehen.

·         Wie kann man den Menschen in unseren Breitengraden diese Herausforderungen am besten darstellen?

·         Welche Verbesserungen kann es geben, die zu mehr Nachhaltigkeit und damit einer Entlastung des Globalen Südens führen können? Stichwort Recycling, wiederaufladbare Akkus mit mehr Leistung etc.

·         Handelt es sich wirklich um realistische Lösungsoptionen oder einer Form von Greenwashing?

·         Welche Initiativen in unseren Breiten und im Globalen Süden gibt es, die wichtigen Input zu dem Thema liefern?

·         Welche Menschen könnte man porträtieren dazu?

·         Gibt es vorbildliche Unternehmen?

·         Welche Lösungen haben heimische Expert:innen, etwa Wissenschaftler:innen?

 

Kontakte, Kontakte, Weiterführendes

Austrian Development Agency
Armut reduzieren, Frieden fördern und die Umwelt schützen – das sind die drei Hauptanliegen der Austrian Development Agency (ADA), der Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. Die ADA setzt derzeit Projekte und Programme mit einem Gesamtvolumen von über 550 Millionen Euro um, um die Lebensbedingungen in Entwicklungsländern zu verbessern. Das Budget der ADA stellt das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten zur Verfügung.
Übersicht über die Projekte der ADA.

Dachverband Globale Verantwortung
Der Dachverband GLOBALE VERANTWORTUNG – Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe vertritt national und international die Interessen von 34 österreichischen Nichtregierungsorganisationen, die in den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit, entwicklungspolitische Inlandsarbeit, Humanitäre Hilfe sowie nachhaltige globale wirtschaftliche, soziale und ökologische Entwicklung tätig sind.

AG Rohstoffe

Die „Arbeitsgemeinschaft Rohstoffe“ ist ein Bündnis österreichischer NGOs, welches sich für eine ökologisch nachhaltige, demokratische, gerechte, entwicklungspolitisch kohärente und menschenrechtskonforme Rohstoffpolitik einsetzt.

Ziel ist es, dass negative Auswirkungen des Abbaus mineralischer Rohstoffe (z.B. für IT- und Hochtechnologie-Produkte) verringert und gleichzeitig positive Ansätze eines nachhaltigeren Umgangs mit diesen Materialien vorangetrieben werden.

Erfahrener Ansprechpartner aus der AG Rohstoffe ist etwa Herbert Wasserbauer von der Dreikönigsaktion:

T: +43 1 4810991-46
E: herbert.wasserbauer@dka.at

Von der ÖFSE, die Österreichische Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung, sind Rohstoffe & Entwicklung ein Schwerpunktthema. Allen voran kann die Organisation dabei wissenschaftliche Expertise liefern:
 Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
 Tel.: +43 1 317 40 10 – 109
 g.slezak@oefse.at

Auch die NGO Südwind fokussiert auf das Thema und stellt auch viele Infos bereit:
https://www.suedwind.at/themen/elektronik/rohstoffe/

Besonders viele Details gibt’s dabei zum Thema Seltene Erden und dem Fallbeispiel Madagaskar:

Seltene Erden, genauer gesagt „Metalle der Seltenen Erden“, sind 17 chemische Elemente. Durch ihre besonderen magnetischen, elektrischen und optischen Eigenschaften wurden die Seltenen Erden zu zentralen Bestandteilen zahlreicher Technologien. Menschenrechtsverletzungen und Umweltauswirkungen im Rennen um die „grünen“ Hoffnungsträger:
https://www.suedwind.at/fileadmin/user_upload/suedwind/Themen/Elektronik/SUEDWIND_Infoblatt_Teil_A_Seltene_Erden_Ansicht.pdf

Abgebaut werden die in Madagaskar:
https://www.suedwind.at/fileadmin/user_upload/suedwind/Themen/Elektronik/SUEDWIND_Infoblatt_Teil_B_Madagaskar_Ansicht.pdf

Ansprechperson für Medien:
Stefanie Marek, BA BA

stefanie.marek@suedwind.at
Tel: +43 (0) 680 1583016

Beispiel Bolivien & Interviewmöglichkeit internationaler Gast

Die ISJE bietet zum Thema gemeinsam mit Südwind Wien Journalist:innen und Redaktionen ein Online-Hintergrundgespräch mit einem spannenden internationalen Experten an: Pablo Villegas Nava vom Dokumentations- und Informationszentrum #BolivienCEDIB Dienstag, 17. Oktober, 12 Uhr #AGRohstoffe

https://isje.at/?p=3986

Hintergrund:
Pablo Villegas, Centro de Documentación e Información Bolivia (CEDIB), forscht und publiziert zu Rohstoffpolitiken und Geopolitik. CEDIB ist eine langjährige Partnerorganisation der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar.

Bolivien ist hochgradig von Rohstoffexporten abhängig: Rohstoffe machen etwa 95% der bolivianischen Exporte aus, die Hälfte davon sind mineralische Rohstoffe, v.a. Gold, Silber, Zink, Zinn und Blei. Die ökologischen Auswirkungen des Bergbaus sind bereits heute beträchtlich. Was die Exportzahlen jedoch nicht ausdrücken: Bolivien gehört auch zu den Ländern mit den größten Reserven an Lithium. Lithium soll zum Schlüssel für die Energie- und Verkehrswende in Europa werden, da es zentraler Bestandteil von Batterien ist. Der Abbau dieser Reserven steht seit Jahren in den Startlöchern. Er könnte für das Land hohe Einnahmen, aber gleichzeitig eine ökologische Katastrophe bedeuten.

Veranstaltungen demnächst zum Thema:

C3 – Centrum für Internationale Entwicklung, Sensengasse 3, 1090 Wien, auch Online
„Grüner“ Extraktivismus für die Energie- und Verkehrswende?

18. Oktober 18 – 20 Uhr
Diskussion ebenfalls mit Pablo Villegas, Rohstoffexperte aus Bolivien und Vertreter*innen verschiedener Organisationen aus Österreich (auch online).
Anmeldung unter: registration@oefse.at

EZA-Tagung Stadt Wien und Südwind

Im Wiener Rathaus am 17. Oktober herzlich einladen: „Klimagerechtigkeit aus entwicklungspolitischer Perspektive“

Mit:

Helga Kromp-Kolb, Emeritierte Universitätsprofessorin für Meteorologie und Klimatologie an der Universität für Bodenkultur, Wien

Timothy Lenton, Gründungsdirektor des Global Systems Institute und Universitätsprofessor für Klimawandel und Erdsystemwissenschaften an der Universität von Exeter, UK

Jacqueline Cottrell, Expertin für ökologische Finanzpolitik, Forum Ökosoziale Marktwirtschaft, UK/DE

Jana Berchtold, UN-Jugenddelegierte, Bundesjugendvertretung, Wien

Doris Brenner, Projektkoordinatorin und Technical Advisor Food Sovereignity, Brot für die Welt, Wien

Weiterführendes:
 
 Folgende Publikationen können bei Recherchen zum Thema interessant sein:

https://www.centrum3.at/bibliothek/bestand/energie

https://www.oefse.at/publikationen/briefing-papers/detail-briefing-paper/publication/show/Publication/von-der-rohstoffinitiative-zum-critical-raw-materials-act/

https://www.oefse.at/publikationen/detail/publication/show/Publication/price-making-in-mineral-provisioning-systems-and-social-ecological-transformation/