Archiv der Kategorie: Menschenrechte

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PA: Aktion gegen den Hunger verurteilt eskalierende Gewalt in Haiti

In Haiti zwingt die eskalierte Bandengewalt zehntausende Menschen zur Flucht aus ihren Häusern in Port-au-Prince. Der Zugang zu humanitärer Hilfe wird für die Menschen vor Ort immer wichtiger, doch die Angriffe auf Hilfsorganisationen nehmen zu. Aktion gegen den Hunger fordert ein Ende der Gewalt und den Schutz von humanitären Helfer*innen.

„Es ist schockierend, dass in den letzten zehn Tagen 40.000 Menschen aufgrund von Gewalt neu vertrieben wurden. Der sichere Raum schrumpft immer weiter. Die Menschen bewegen sich in Richtung Stadtzentrum. Wir werden von der Gewalt umzingelt. Die Zahl der Binnenvertriebenen wird weiter steigen, und die verschiedenen Stadtteile von Port-au-Prince werden noch stärker auf humanitäre Hilfe angewiesen sein“, sagte Martine Villeneuve, Landesdirektorin von Aktion gegen den Hunger in Haiti.

Aktion gegen den Hunger fordert Schutz von humanitären Helfer*innen

In den letzten Monaten hat die Brutalität im Land weiter zugenommen. Instabilität und bewaffnete Banden haben zu einer landesweiten Hungerkrise geführt. Angesichts von fünf Millionen Menschen, die sich in einer Hungerkrise befinden, ist der Zugang zu humanitärer Hilfe wichtiger denn je. Dennoch nehmen bedrohliche und sogar tödliche Angriffe auf Mitarbeitende des Gesundheitswesens zu. Bei einem Angriff auf einen Krankenwagen von Ärzte ohne Grenzen am 11. November töteten Gewalttäter zwei Patienten und griffen Mitarbeitende der Organisation gewaltsam an.

„Angesichts der Verschärfung des Konflikts ist es wichtiger denn je, das humanitäre und medizinische Personal  zu schützen. Alle Akteure müssen das humanitäre Recht einhalten und unsere Unabhängigkeit und Neutralität achten“, erklärt Martine Villeneuve. „Die Situation ist sehr angespannt und sehr riskant, und angesichts der wiederholten Vorfälle bei unseren Kolleginnen und Kollegen von Ärzte ohne Grenzen wissen wir nicht, wem wir trauen können.“

Die seit Monaten grassierende Gewalt hat zu einer der schlimmsten Hungerkrisen der Welt geführt

Im ganzen Land hat sich zudem die Hungersituation verschärft. Fast 6.000 Haitianer*innen leiden an einer Hungerkatastrophe bis hin zur Hungersnot (IPC-Phase 5). Diesen Menschen fehlt es an allem: Nahrungsmitteln, Wasser, grundlegender Hygiene. Etwa zwei Millionen Menschen befinden sich in einer Notsituation (IPC-Phase 4) und 30 Prozent der Bevölkerung – etwa 3,4 Millionen Menschen – sind in einer Hungerkrise (IPC-Phase 3).

Seit Jahren leidet Haiti unter großer politischer Unsicherheit, Gewalt und Naturkatastrophen, die das Land in einen Strudel der Instabilität ziehen. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze. Die Gewalt hat die Ungleichheit noch verschärft. Bewaffnete Banden kontrollieren bis zu 90 Prozent von Port-Au-Prince und verhindern, dass Nahrungsmittel, Treibstoff und andere lebensnotwendige Güter die Menschen erreichen, die sie am dringendsten benötigen. In vielen Teilen des Landes kommt es zu Entführungen, Plünderungen und sexueller Gewalt. Besonders gefährdete Gruppen wie Frauen und Kinder tragen die Hauptlast.

Aktion gegen den Hunger hilft seit 1985

Aktion gegen den Hunger ist seit 1985 in Haiti tätig und setzt sich für eine Verbesserung der Ernährungssituation und der Gesundheit ein. Unsere Programme reichen von Ernährung über Wasser, sanitäre Einrichtungen und Hygiene (WASH) bis hin zu Geschlechtergerechtigkeit und Schutz von Frauen und Mädchen. Wir tragen dazu bei, dass nachhaltigere Lebensgrundlagen geschaffen werden, die den Hunger verhindern und das Wohlbefinden fördern. Darüber hinaus arbeiten wir derzeit mit anderen Partnern zusammen, um die Cholera-Epidemie zu bekämpfen.

Die Unterfinanzierung von Hilfsprojekten in Haiti hat jedoch zu einem erheblichen Mangel an Behandlungskapazitäten geführt. Die gewaltsamen Konflikte erschweren darüber hinaus unsere Hilfsmaßnahmen und die Möglichkeit, bedürftige Familien zu erreichen. Aktion gegen den Hunger verurteilt alle Angriffe auf humanitäres und medizinisches Personal und fordert alle Konfliktparteien zum Schutz der Zivilbevölkerung auf.

Über Aktion gegen den Hunger

Aktion gegen den Hunger ist eine humanitäre und entwicklungspolitische Hilfsorganisation, die weltweit in 56 Ländern und Regionen aktiv ist und über 21 Millionen Menschen unterstützt. Seit über 40 Jahren kämpft Aktion gegen den Hunger gegen Mangelernährung, schafft Zugang zu sauberem Wasser und gesundheitlicher Versorgung. 8.987 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten Nothilfe und unterstützen Menschen beim Aufbau nachhaltiger Lebensgrundlagen. 

Pressekontakt

Vassilios Saroglou / Markus Winkler
Tel. 030 – 279 099 776
E-Mail presse@aktiongegendenhunger.de
Website www.aktiongegendenhunger.de

PA: Haiti: Anzahl der in bewaffnete Gruppen rekrutierten Kinder steigt um 70%

Die Zahl der Kinder, die in Haiti von bewaffneten Gruppen rekrutiert wurden, ist laut den neuesten Schätzungen von UNICEF im vergangenen Jahr um 70 % gestiegen.

Der Kreislauf des Leidens setzt sich fort, da bewaffnete Gewalt Teile des Landes ins Chaos stürzt.
Die Zahl der Kinder, die in Haiti von bewaffneten Gruppen rekrutiert wurden, ist laut den neuesten Schätzungen von UNICEF im vergangenen Jahr um 70 % gestiegen.
Der beispiellose Anstieg, der zwischen dem zweiten Quartal 2023 und 2024 verzeichnet wurde, weist auf eine sich verschärfende Schutzkrise für Kinder auf der von Gewalt geplagten Karibikinsel hin. Derzeit machen Kinder bis zu der Hälfte aller Mitglieder bewaffneter Gruppen aus.

„Kinder in Haiti sind in einem Teufelskreis gefangen – rekrutiert von genau den bewaffneten Gruppen, die ihre Verzweiflung anheizen, und die Zahlen steigen weiter“, sagte Catherine Russell, UNICEF-Exekutivdirektorin und Hauptadvokatin des Inter Agency Standing Committee für Haiti. „Dieser inakzeptable Trend muss gestoppt werden, indem die Sicherheit und das Wohlergehen der Kinder von allen Parteien priorisiert werden.“

Der Anstieg der Rekrutierung von Kindern durch bewaffnete Gruppen wurde durch eskalierende Gewalt, weit verbreitete Armut, fehlende Bildung und den nahezu vollständigen Zusammenbruch kritischer Infrastrukturen und sozialer Dienste in Haiti befeuert. Kinder werden oft gezwungen, sich anzuschließen, um ihre Familien zu unterstützen, oder unter Androhung von Gewalt rekrutiert. Viele werden rekrutiert, nachdem sie von ihren Betreuern getrennt wurden und ohne Schutz- und Überlebensmöglichkeiten dastehen.

Gleichzeitig werden Kinder, die in den zunehmend weniger werdenden Gebieten außerhalb der Kontrolle bewaffneter Gruppen leben, oft mit Misstrauen betrachtet und riskieren, als Spione gebrandmarkt oder von Selbstjustiz-Bewegungen getötet zu werden. Wenn sie desertieren oder sich weigern, der Gewalt beizutreten, sind ihr Leben und ihre Sicherheit sofort gefährdet.

„Kinder in vielen Teilen Haitis sind Gräueltaten ausgesetzt, die kein Kind jemals erleben sollte, und bleiben mit psychologischen und emotionalen Narben zurück, die sie ein Leben lang verfolgen könnten“, fügte Russell hinzu. „Chaos und Schrecken sind Teil des täglichen Lebens geworden.“

In der Hauptstadt Port-au-Prince leben 1,2 Millionen Kinder unter der Bedrohung durch bewaffnete Gewalt. Schätzungsweise 25 % der 703.000 Binnenvertriebenen des Landes – 365.000 Kinder – befinden sich derzeit in der Stadt und leben unter äußerst prekären Bedingungen und vielfachen Be

Sexuelle Übergriffe und Vergewaltigungen sind in Haiti weit verbreitet. Laut dem Büro des Sonderbeauftragten des Generalsekretärs für Kinder und bewaffnete Konflikte hat sich die Zahl der Kinder, die sexueller Gewalt ausgesetzt sind, allein in diesem Jahr verzehnfacht.

Im Jahr 2024 hat UNICEF über 25.000 Menschen mit Dienstleistungen und Unterstützung im Zusammenhang mit sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt erreicht, darunter interdisziplinäres Fallmanagement, psychosoziale Unterstützung und Sensibilisierung der Gemeinschaft.

Als Reaktion auf die Schutzkrise, die Kinder betrifft, die von bewaffneten Gruppen rekrutiert wurden oder von einer Rekrutierung bedroht sind, hat UNICEF Sicherheitskräfte und zivilgesellschaftliche Organisationen in Schutzmaßnahmen für Kinder geschult, um ihre Rechte zu sichern.

Darüber hinaus hat UNICEF vorübergehende Betreuung für Kinder bereitgestellt, die zuvor mit bewaffneten Gruppen in Verbindung standen, einschließlich psychosozialer Unterstützung, Nahrungsmittelhilfe sowie Familienrückverfolgung und -zusammenführung.

UNICEF fordert alle Parteien in Haiti, einschließlich der Sicherheitskräfte und der Regierung, auf:
Die Sicherheit und den Schutz aller Kinder zu priorisieren und sicherzustellen, dass sie in erster Linie als Kinder betrachtet werden. Es müssen alle Maßnahmen ergriffen werden, um weiteres Töten und Verletzen von Kindern, einschließlich der rekrutierten Kinder, zu vermeiden.

Die sofortige Freilassung von Kindern, die von bewaffneten Gruppen rekrutiert wurden, und ihre Übergabe an zivile Kinderschutzakteure für ihre Genesung und Wiedereingliederung zu unterstützen.

Die Rechte und den Schutz aller Kinder in Haiti ins Zentrum aller aktuellen und zukünftigen Agenden zu stellen. Kinder müssen vor Rekrutierung, sexueller Gewalt und anderen Formen der Gewalt geschützt werden und sicheren Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Bildung, Gesundheit, Ernährung und Kinderschutz haben.

Anmerkungen für Redaktionen:

Fotomaterial passend zum Thema.

Die Rekrutierung und Nutzung von Kindern durch bewaffnete Gruppen sowie sexuelle Ausbeutung und Missbrauch stellen schwere Verletzungen ihrer Rechte dar. Die Einbindung von Kindern jeglichen Alters in bewaffnete Gruppen ist ein Verstoß gegen internationales Recht. Alle während Sicherheitsoperationen angetroffenen Kinder sollten gemäß dem Übergabeprotokoll für Kinder, das im letzten Jahr vom Staat, UN-Agenturen und zivilgesellschaftlichen Organisationen validiert wurde, an staatlich geführte Kinderschutzakteure übergeben werden. Dies soll sicherstellen, dass Kinder, die tatsächlich oder mutmaßlich mit bewaffneten Gruppen in Verbindung stehen, einschließlich solcher, die beschuldigt werden, Verbrechen begangen zu haben, in erster Linie als Opfer von Verletzungen internationalen Rechts oder Missbrauch betrachtet werden, und nicht als Täter solcher Vergehen – im Einklang mit einschlägigem internationalen Recht.

Für Rückfragen:
UNICEF Österreich
Michael Blauensteiner
Telefon: +43 660 38 48 821
E-Mail: blauensteiner@unicef.at
Website: https://unicef.at

PA: Interreligiöse Fachtagung 2024: „Religionen – Friedenspotenzial oder Konfliktfaktor?“

Unter dem Titel „Religionen – Friedenspotenzial oder Konfliktfaktor“ versammelten sich im Grazer Rathaus am 19. und 20. November 2024 Wissenschaftler*innen, Religionsvertreter*innen und zahlreiche Interessierte zur jährlichen Fachtagung, die das Projekt ComUnitySpirit des Afro-Asiatischen Instituts Graz in Kooperation mit der Privaten Pädagogischen Hochschule Augustinum durchführt.

Die Veranstaltung wurde von Eva Wenig, Projektleiterin von ComUnitySpirit, eröffnet. Sie unterstrich die Aktualität des Tagungsthemas angesichts globaler Konflikte und Kriege wie in der Ukraine und im Nahen Osten, die auch die Gesellschaft hierzulande beeinflussen. Markus Ladstätter von der Privaten Pädagogischen Hochschule Augustinum betonte in seinem Eröffnungsstatement, dass Religionen durchaus ambivalent wirkten: Sie böten einerseits ein starkes Friedenspotenzial, könnten andererseits aber auch Motivationen für Auseinandersetzung und Gewalt verstärken. Im hiesigen Umgang mit Konflikten wie dem im Nahen Osten stelle sich die Frage, wie hilfreich einseitige Solidarisierungen seien, mit welchem Part und aus welchen Motiven auch immer.

„Der Israel-Palästina-Konflikt ist nur bedingt religiös und hat nur bedingt mit Antisemitismus zu tun.“

Michael Kramer (Institut für Islamisch-theologische Studien, Universität Wien) thematisierte theologische Dimensionen aus Judentum und Islam sowie juristische und historische Begriffsdifferenzierungen, etwa zum Stichwort Zionismus. Livia Erdösi (Jüdisches Museum Wien) stellte praktische Ansätze der Friedensarbeit anhand der Ausstellung Frieden im Jüdischen Museum Wien vor. In der Diskussion betonte sie die Notwendigkeit, Narrative von Schwarz-Weiß-Denken zu überwinden. Initiativen wie Peace Camps, die Jugendliche aus unterschiedlichen Hintergründen zusammenbringen, seien Beispiele dafür, wie abseits von politischen Spannungen neue Verständigungsmöglichkeiten geschaffen werden können.

„Das Öl der religiösen Erfahrung muss verwendet werden, um die Wunden zu heilen, und nicht, um das Feuer zu entfachen.“

Mit diesem markanten Statement kritisierte der griechisch-orthodoxe Theologe Grigorios Larentzakis (ehem. Universität Graz) die Unterstützung des russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill für den Krieg Russlands in der Ukraine. Er argumentierte aus der orthodoxen Tradition, warum die Position des Moskauer Patriarchen, der im konkreten, blutigen Geschehen einen „Krieg des Guten gegen das Böse“ sehe und den gefallenen russischen Soldaten das Paradies als Lohn verspreche, in seiner Sicht nichts anderes als eine Irrlehre darstelle.

Den Vorträgen folgte die Eröffnung einer Begleitausstellung von Schüler*innen der Modellschule Graz zum Thema „Brücken bauen“ sowie die feierliche Übergabe eines gemeinsamen Statements zum Erhalt des Friedens von Grazer Religionsgemeinschaften an Bürgermeisterin Elke Kahr. Der hier abrufbare Text war vom Interreligiösen Beirat der Stadt Graz, in dem mittlerweile 19 anerkannte Bekenntnis- und Glaubensgemeinschaften vertreten sind, initiiert und ausgearbeitet worden und konnte von dessen Repräsentantinnen Inge Brenner (Buddhistische Religionsgesellschaft Österreich) und Lilian Suppan (Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage) überreicht werden.

Im Zentrum steht der Appell, die religionsübergreifende Zusammenarbeit zu fördern und das Friedenspotenzial aller Religionsgemeinschaften aktiv zu nutzen. Die Gemeinschaften verwehren sich ausdrücklich gegen jede Instrumentalisierung von Religion für Gewalt und partikulare Interessen. Vielmehr sehen sie sich in der Pflicht, Menschenrechte, Religionsfreiheit und demokratische Werte als Basis einer offenen Gesellschaft zu schützen und zu stärken.

„Wir rufen dazu auf und setzen uns selbst dafür ein, Religionsfreiheit sowie die demokratischen Rechte und Pflichten als unverzichtbare Grundpfeiler einer offenen Gesellschaft zu respektieren und zu fördern. Als Religionsgemeinschaften leisten wir unseren Beitrag, dass in Graz niemand diskriminiert wird. Wir stehen ein für eine Stadt, in der alle Bürgerinnen und Bürger die gleichen Chancen und Rechte genießen,“ heißt es in der Erklärung.

Am Folgetag beleuchteten Livia Erdösi und Lajos Harsányi (Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Wien) in einem Forum „Jüdische Perspektiven zum Thema Frieden“ anhand von ausgewählten Texten aus der jüdischen Tradition. Ein zweites Forum widmete sich der interreligiösen Solidarität in Graz. Hier wurden konkrete Herausforderungen und Erfolge der interreligiösen Zusammenarbeit in der Stadt beleuchtet. Es wurde deutlich, dass Solidarität nicht nur in Krisenzeiten, sondern als kontinuierlicher Prozess gepflegt werden muss. Pfarrer Paul Nitsche erinnerte an den Vorfall im Jahr 2023, als die Kreuzkirche mit nationalsozialistischen Parolen beschmiert wurde, und berichtete von der erlebten Solidarität, auch von muslimischen Jugendlichen. Inge Brenner betonte die Notwendigkeit, Solidarität proaktiv zu organisieren, „denn nur im Einander-Begegnen können wir Brücken schlagen“. Imam Fikret Fazlić fügte hinzu, dass „Solidarität bei den Nachbarn beginnt, die trotz religiöser Unterschiede füreinander da sind.“

Im Anschluss stellte der Religionswissenschaftler Franz Winter (Universität Graz) das Spannungsfeld zwischen Gewalt und Dialog kontrastiv anhand von zwei Szenarien aus der indischen Religionsgeschichte vor. In einer eigenen Podiumsdiskussion thematisierten Vertreterinnen und Vertreter der Grazer Religionsgemeinschaften ihre eigenen Initiativen für den Erhalt des Friedens auf lokaler Ebene.

Den Abschluss bildete ein Vortrag von Alexander Rieger, dem Leiter des Referats Interkultureller und Interreligiöser Dialog im BMEIA, der interessante Einblicke in die Bedeutung von Religion und interreligiösem Dialog als ein „soft tool“ der österreichischen Außenpolitik gab. Rieger betonte die Bedeutung der Auseinandersetzung mit Religionen – auch in einem säkularen Staat wie Österreich – da Religion weltweit eine zentrale Rolle spielt und Diplomaten nicht darauf verzichten können, um erfolgreich interkulturellen Dialog und extremismuspräventive Maßnahmen zu fördern.

Die Vorträge und Diskussionen, das Friedensstatement sowie die begleitende Ausstellung verdeutlichten, welchen Beitrag Religionen im Streben nach einer friedlichen Gesellschaft leisten können. Der Weg zu einem gemeinsamen Miteinander führt nicht nur durch den Dialog zwischen den Religionen, sondern auch durch das aktive Eintreten aller für Solidarität und Verständnis in einer von Konflikten geprägten Welt.

Eine Veranstaltung von ComUnitySpirit, einem Projekt des Afro-Asiatisches Institut Graz und Privater Pädagogischer Hochschule Augustinum

Fotos der Fachtagung hier.

Rückfragehinweis:
Mag. Eva Wenig PhD
Projektkoordinatorin ComUnitySpirit, Afro-Asiatisches Institut Graz
 +43 316 32443458
e.wenig@aai-graz.at

PA: Aushöhlung der Entwaldungsverordnung ist umweltpolitische Bankrotterklärung

Abänderungen an bestehendem Gesetz waren nie vorgesehen – Südwind: EU-Kommission muss Vorschlag auf Verschiebung zurückziehen

Die österreichische Menschenrechtsorganisation Südwind übt scharfe Kritik an der vom EU-Parlament beschlossenen Aufweichung und Verschiebung der EU-Entwaldungsverordnung. „Die Aushöhlung der bereits beschlossenen Entwaldungsverordnung ist eine umweltpolitische Bankrotterklärung der Europäischen Union“, sagt Maria Hammer, Südwind-Sprecherin für Waldschutz und fordert: „Die EU Kommission muss jetzt ihr Wort halten und ihren Vorschlag zur Verschiebung zurückziehen.“

Die angenommene Abänderung ermöglicht es EU-Staaten, sich selbst aus der Verantwortung zu nehmen. Auf dem europäischen Markt entstehen dadurch neue Schlupflöcher für Produkte, die auf Waldzerstörung und Menschenrechtsverletzungen zurückgehen.

Die EU-Mitgliedstaaten sind die zweitgrößten Importeure von Produkten aus Waldzerstörung. „Anstatt Verantwortung zu übernehmen, knicken Parlament und Kommission vor der Forst-Lobby ein. Gleichzeitig ist es ein verheerendes Signal an die Staaten des Globalen Südens. Warum sollte sich irgendjemand an die EUDR halten, wenn die EU nicht bereit ist, ihre eigenen Regeln zu befolgen? Die Glaubwürdigkeit der EU nimmt damit großen Schaden”, sagt Südwind-Sprecherin Hammer.

Südwind sieht zusätzlich in der Vorgangsweise ein schwerwiegendes demokratiepolitisches Problem: Die EVP hat eines der wegweisendsten Gesetze für den globalen Waldschutz mit ihren Änderungsanträgen quasi unbrauchbar gemacht, nachdem es schon längst fertig verhandelt und von allen Instanzen verabschiedet wurde.

Rückfragehinweis:
Vincent Sufiyan
Kommunikationsleitung Südwind
Tel.: +43 650 96 77577
E-Mail: vincent.sufiyan@suedwind.at

Interviewmöglichkeit: Nepal: Kampf gegen Kinderarbeit und Menschenhandel

Kinder und Jugendliche leiden in Nepal besonders unter Armut und Ausbeutung. Statt Schulbesuch sind viele von ihnen zur Arbeit gezwungen, z.B. als Haushälterinnen, auf Baustellen oder bei der Ziegelproduktion. Kriminelle Banden betreiben Menschenhandel. Kinder und Jugendliche werden durch Versprechungen in die Stadt gelockt und dann in Tanzbars und Massagesalons ökonomisch und sexuell ausgebeutet.

Mit ihrem Engagement stehen Yuwalaya und Opportunity Village Nepal (als Partnerorganisationen der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar) den betroffenen Kindern und Jugendlichen zur Seite. Im Vorfeld des Sternsingens 2025 berichten Projektleiter*innen und Jugendliche, die sich mit dieser Unterstützung eine bessere Zukunft verschafft haben, im Interview von ihren Erfahrungen.

Terminvereinbarung für Interviews:
Georg Bauer
georg.bauer@dka.at
0676 88011 1073

Wann: 15.11.2024, Uhrzeit nach Vereinbarung
Ort: Dreikönigsaktion, Wilhelminenstraße 91/2f, 1160 Wien

Info zu den Interviewpartner*innen: 
Sr. Anthonia Soosai war von 2019 bis 2021 als Projektkoordinatorin in Pokhara tätig, aktuell ist sie die Direktorin von Opportunity Village Nepal (OVN). 

Mr. Govinda Bhattarai engagiert sich seit 2019 als Programmmanager von OVN für Jugendliche, die von Ausbeutung und Menschenhandel betroffen sind.

Niruta B K und Babita Gurung wurden beide vom Partnerprojekt OVN unterstützt und berichten davon, wie sie dadurch eine neue Perspektive für ihr Leben gefunden haben. Ihre Erfahrungen geben sie nun an andere betroffene Jugendliche weiter. Niruta ist übrigens auf dem Plakat zum Sternsingen 2025 zu sehen.

Dharma Raj Rimal ist als Präsident von Yuwalaya intensiv an Kampagnen und Lobbyarbeit beteiligt, um die Rechte von Kindern und Jugendlichen zu fördern. Diese umfassende Erfahrung hat ihn zu einer prominenten Stimme in diesem Bereich gemacht.

Sanjeev Adhikari hat als geschäftsführender Direktor von Yuwalaya ein fundiertes Wissen über das Projekt und ist aktiv an den von der Dreikönigsaktion unterstützten CSSC-Projekten (Creating Safer Space for Children) beteiligt. 

Sumitra Aryal (19 Jahre) und Premeeka Maharjan (20 Jahre) sind energiegeladene Absolventinnen der Child Club von Yuwalaya und tragen das Engagement für Kinderschutz und Kinder-/Jugendrechte weiter, zum Beispiel im Adolescent Girls Network oder im Jugendclub-Netzwerk in Lalitpur.

Infos zu den Partnerprojekten in Nepal: www.sternsingen.at/sternsingen-hilft

Fotos (Flickr) zu den Nepalprojekten: https://flic.kr/s/aHBqjBFYGM
Infos zum Sternsingen 2025: www.sternsingen.at/presse

PA und Interviewmöglichkeit: COP29: Aktion gegen den Hunger fordert verstärkte Klimafinanzierung und Maßnahmen gegen Mangelernährung

Anlässlich der UN-Klimakonferenz COP29 in Baku fordert Aktion gegen den Hunger entschlossene Maßnahmen zur Bekämpfung der Mangelernährung, die durch die Klimakrise weltweit weiter verschärft wird. Die humanitäre und entwicklungspolitische Organisation, die in 56 Ländern Hunger und Mangelernährung bekämpft, hebt hervor, dass die zunehmende Zahl klimabedingter Extremwetterereignisse wie Dürren, Überschwemmungen und Hitzewellen die Ernährungssicherheit von Millionen Menschen bedroht und dabei besonders Frauen und Kinder trifft. Bereits heute leiden 733 Millionen Menschen an Hunger.

„Die Klimakrise erhöht das Risiko von Hunger und Mangelernährung weltweit – besonders in Ländern, die bereits stark von Konflikten und Armut betroffen sind. Bis 2050 könnten bis zu 183 Millionen Menschen zusätzlich von Hunger bedroht sein, wenn nicht rechtzeitig gehandelt wird. Maßnahmen gegen Hunger und Mangelernährung müssen ein zentraler Bestandteil der Klimapolitik werden“, sagt Jan Sebastian Friedrich-Rust, Geschäftsführer von Aktion gegen den Hunger. Er fügt hinzu: „Es sind in der Regel die wirtschaftlich schwächsten Gemeinden, die am meisten unter den Auswirkungen leiden. Die COP29 muss sicherstellen, dass Klimafinanzierung direkt den Menschen zugutekommt, die am stärksten betroffen sind.“

Klimafinanzierung: Jährliche Zuschüsse von einer Billion Dollar nötig

Aktion gegen den Hunger fordert, dass die reichen Verursacherstaaten ihrer historischen Verantwortung gerecht werden und ausreichend Finanzmittel bereitstellen, um die von der Klimakrise betroffenen Regionen zu unterstützen. Diese Mittel sollen zusätzlich zu bisherigen Finanzierungsströmen bereitgestellt und den betroffenen Gemeinden direkt zugänglich gemacht werden.

Das auf der COP29 zu beschließende neue Klimafinanzierungziel (New Collective Quantified Goal on Climate Finance, NCQG) muss deshalb mindestens eine Billion US-Dollar pro Jahr an öffentlichen Mitteln als Zuschüsse – und nicht als Kredite, die zu einer weiteren Verschuldung beitragen würden   – umfassen. Diese sollen unter anderem durch die Nutzung neuer klimagerechter Finanzierungsquellen wie Steuern und Abgaben auf die fossile Brennstoffindustrie sowie andere stark umweltverschmutzende Industrien finanziert werden.

Das Recht auf angemessene Ernährung umsetzen

Die Teilnehmenden der COP29-Konferenz sollen Maßnahmen für das Recht auf angemessene Ernährung in den Fokus rücken. Die Harmoniya-Initiative der aserbaidschanischen Präsidentschaft und die Sharm-el-Sheikh Joint Work zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen in Landwirtschaft und Ernährungssicherheit müssen diesen rechtebasierten Ansatz widerspiegeln. Sie sollten sich auf eine geschlechtergerechte Transformation der Ernährungssysteme konzentrieren, bei der die Agrarökologie im Zentrum steht.

Die Indikatoren für das globale Anpassungsziel (Global Goal on Adaptation, GGA) müssen auch Nahrungs- und Ernährungssicherheit umfassen, indem sie zum Beispiel die Kosten einer gesunden Ernährung, den Zugang zu medizinischer Versorgung und Fortschritte in Richtung Agrarökologie messen. In fragilen Kontexten bedarf es den Aufbau von Frühwarnsystemen.

Geschlechtergerechte Maßnahmen und Unterstützung marginalisierter Gruppen

Die Auswirkungen der Klimakrise treffen Frauen und andere marginalisierte Gruppen besonders hart. Sie haben oft weniger Zugang zu Ressourcen, müssen aber Nahrungsmittel, Wasser und Brennholz für ihre Familien beschaffen. Viele leben von der Landwirtschaft, sodass durch die Klimakrise verursachte schwierige Vegetationsperioden oder Missernten sie besonders schwer treffen. Mit der Klimakrise steigt das Konfliktrisiko sowie die Gefahr von geschlechtsspezifischer Gewalt. Dies wiederum hat nachweislich negative Auswirkungen auf die Ernährungssituation von Frauen und Mädchen. Die COP29 sollte deshalb die geschlechtsspezifischen Auswirkungen der Klimakrise berücksichtigen und gezielte Maßnahmen zur Unterstützung von Frauen und marginalisierten Gruppen verabschieden.

Alle Forderungen und Empfehlungen von Aktion gegen den Hunger an die Regierungen auf der Klimakonferenz COP29 finden sich in unserem aktuellen Positionspapier:

https://www.aktiongegendenhunger.de/sites/default/files/2024-10/aktion-gegen-den-hunger-positionspapier-cop-2024.pdf

Hinweis an die Redaktionen:

Folgende Mitarbeitende von Aktion gegen den Hunger werden vor Ort auf der COP29 anwesend sein und für Interviews zur Verfügung stehen:

  • Emma Beelen, Advocacy-Referentin von Aktion gegen den Hunger (Interviewsprachen: DE, ENG, FR. Vor Ort: 11.-16. November)
  • Ahmed Khalif, Landesdirektor Aktion gegen den Hunger Somalia (Interviewsprache: ENG. Vor Ort: 15.-22. November)
  • Alvin Munyasia, Advocacy-Referent von Aktion gegen den Hunger in Ostafrika und Horn von Afrika (Interviewsprache: ENG. Vor Ort: 18.-22. November)

Über Aktion gegen den Hunger

Aktion gegen den Hunger ist eine humanitäre und entwicklungspolitische Hilfsorganisation, die weltweit in 56 Ländern und Regionen aktiv ist und über 21 Millionen Menschen unterstützt. Seit über 40 Jahren kämpft Aktion gegen den Hunger gegen Mangelernährung, schafft Zugang zu sauberem Wasser und gesundheitlicher Versorgung. 8.987 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten Nothilfe und unterstützen Menschen beim Aufbau nachhaltiger Lebensgrundlagen. 

Pressekontakt
Vassilios Saroglou / Markus Winkler
Tel. 030 – 279 099 776
E-Mail presse@aktiongegendenhunger.de
Website www.aktiongegendenhunger.de

PA: COP29: Amnesty fordert Aufstockung der Klimafinanzierung und vollständigen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen

Im Vorfeld der Weltklimakonferenz (COP29) in Aserbaidschan fordert Amnesty International die teilnehmenden Staats- und Regierungschef*innen auf, die Menschenrechte ins Zentrum ihrer Entscheidungsfindung zu rücken und eine massive Aufstockung der bedarfsorientierten Klimafinanzierung zu garantieren. Der vollständige, schnelle, faire und ausreichend finanzierte Ausstieg aus fossilen Brennstoffen in allen Industriezweigen sei Top Priorität. Dies betont die Menschenrechtsorganisation auch in ihren vor Kurzem veröffentlichten Empfehlungen an die Vertragsparteien des UNFCCC zu menschenrechtskonformen Klimaschutzmaßnahmen im Jahr 2024.

„Die weltweite Klimakrise ist die größte Bedrohung, der sich die Menschheit heute gegenübersieht. Aus dem jährlichen Emissionsbericht des UN-Umweltprogramms geht hervor, dass der Welt bis Ende des Jahrhunderts ein katastrophaler Temperaturanstieg von 2,6 bis 3,1°C bevorsteht, falls keine einschneidenden Maßnahmen ergriffen werden. Wenn wir heute nicht mutig, entschlossen und vereint handeln, wird die Welt von morgen unbewohnbar sein“, warnt Shoura Hashemi, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich.

„Katastrophen wie Dürren, heftige Stürme, Starkregen und Überschwemmungen werden in Umfang, Reichweite und Intensität noch zunehmen, auch hier in Österreich, weit mehr Menschenleben fordern und Lebensgrundlagen zerstören“, so Hashemi. Amnesty warnt in diesem Zusammenhang auch vor einem nie dagewesenen Ausmaß an Hungersnöten und unfreiwilliger Migration.

1 Billion US-Dollar pro Jahr

Umso mehr müssen die Staaten auf dem Abkommen der COP28 aufbauen und sich zu einem vollständigen, schnellen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen verpflichten. Dazu braucht es die Einigung auf eine weitaus höhere Klimafinanzierung, damit der Übergang zu einer kohlenstofffreien Wirtschaft in Staaten mit niedrigerem Einkommen finanziert werden kann – gebraucht wird mindestens eine Billion US-Dollar pro Jahr. Das mag viel erscheinen, doch die menschenrechtlichen und wirtschaftlichen Kosten der Aufrechterhaltung des Status quo sind unkalkulierbar.

Amnesty fordert von den Staaten auch mehr Mittel für den Fonds zur Bewältigung von Verlusten und Schäden, um jenen zu helfen, die am stärksten von den Auswirkungen der globalen Erwärmung betroffen sind.

Hintergrund

Aserbaidschan wird vom 11. – 22. November in der Hauptstadt Baku die 29. Weltklimakonferenz (COP29) des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) ausrichten. Dabei kommen mehr als 190 Vertragsparteien, darunter auch Österreich, zusammen, um u. a. ein neues globales Ziel für die Klimafinanzierung festzulegen, Ziele für die Beendigung von Treibhausgasemissionen bzw. den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen zu stecken und gerechte Übergänge zu einer kohlenstofffreien Wirtschaft zu erörtern. Auch soll ausgelotet werden, wie in Staaten mit niedrigerem Einkommen, die die Hauptlast der Klimaschäden tragen und gleichzeitig am wenigsten zu deren Entstehung beigetragen haben, Maßnahmen zur Verringerung von Klimaschäden und zur Bewältigung unvermeidbarer Verluste und Schäden unterstützt werden können.

Amnesty International wird vom 9. bis 24. November mit einer Delegation auf der COP29 vertreten sein und für Interviews zur Verfügung stehen. Thema kann auch die anhaltende Unterdrückung der aserbaidschanischen Zivilgesellschaft durch die Regierung sein.

PA: Globalen Ungleichheiten auf der Spur: Das war die EZA-Tagung der Stadt Wien

Südwind und die Stadt Wien luden ins Rathaus zur Fachtagung mit sechs internationalen Expert:innen.

Am 31.10.2024 trafen rund 200 Interessierte im prunkvollen Ambiente des Wappensaales zusammen, um mehr über globale Ungerechtigkeit im Kontext der Entwicklungszusammenarbeit zu erfahren. Unter den Gästen waren sowohl Vertreter:innen aus der Stadtverwaltung und von zivilgesellschaftlichen Organisationen als auch Botschafter:innen und internationale Expert:innen.

Karin Fischer, Leiterin des Arbeitsbereichs Globale Soziologie und Entwicklungsforschung an der Johannes Kepler Universität Linz, führte als erste Rednerin ins Thema ein. In ihrer Keynote begab sie sich auf die Spurensuche der globalen Ungleichheit und definierte dadurch Bruchlinien unserer Welt. Anhand der kritischen Warenkettenforschung deckte Fischer versteckte strukturelle Machtungleichgewichte auf. „Hinter unserem Rücken sind wir in die globalen Warenketten eingegliedert “, so Fischer. Diese folgen einem dominanten Verteilungsprinzip – denn: „wer hat, dem wird gegeben und wo viel ist, ist leicht mehr“. Die Verschuldungskrise der Länder des Globalen Südens war ebenso Thema wie der Reichtum in Steueroasen und Privatstiftungen. In diesem Sinne plädierte Fischer dazu, den Blick auf die Reichen dieser Welt zu legen.

Dem folgend beleuchtete Max Lawson, Leiter der Abteilung Ungleichheitspolitik und Interessenvertretung bei Oxfam International in Großbritannien, den Einfluss von internationalen Konzernen: Lawson präsentierte per Videoschaltung die Erkenntnisse des neuesten Berichts von Oxfam „Inequality Inc. How corporate power divides our world“. Die schier unglaubliche Akkumulation von Vermögen der Reichsten der Welt stand ebenso im Fokus, wie die Verflechtung zwischen den reichsten – meist männlichen – Einzelpersonen und der Macht der Unternehmen: Bei sieben von zehn der größten Konzerne weltweit sind Milliardäre Vorstandsvorsitzende oder deren Großaktionäre. Gleichzeitig sind Monopole bzw. Oligopole Treiber der Ungleichheit. In den genannten Lösungsstrategien dürften Vermögenssteuern daher nicht fehlen. Dass dies letzten Endes auch den Reichsten selbst ein Anliegen ist, zeige der Zusammenschluss Superreicher, so genannter Patriotic Millionaires, die sich für eine Erhöhung ihrer Steuern einsetzen, um dadurch einen stabilen Staat, ökonomische Sicherheit und sozialen Frieden zu ermöglichen.

Dass Ungleichheiten kein Schicksal sind, sondern das Ergebnis von Entscheidungen, war Thema des Vortrags von Tanya Cox, Direktorin von CONCORD (European Confederation of NGOs working on sustainable development and international cooperation) aus Brüssel. Demnach folgen politische Entscheidungen dem ökonomischen Wachstumsparadigma. Dieses wiederum wird jedoch verkürzt bemessen, nämlich anhand des Bruttoinlandsproduktes und damit nur anhand des materiellen Wachstums. Für einen Paradigmenwechsel ist es daher unumgänglich, unternehmerisches Handeln unter andere Vorzeichen zu stellen. In den von Cox vorgeschlagenen Lösungsstrategien schwingt die Hoffnung mit, dass menschgemachte Strukturen wandelbar sind und daher, mit genug Willen, in positive Richtungen verändert werden können.

Die nächsten beiden Redner:innen aus dem Globalen Süden strichen als wirkungsvollen Lösungsansatz um die großen ökologischen Ungleichheiten zu verringern, das Konzept der Agrarökologie hervor. Laut Simon Bukenya, Programmmanager in Uganda bei AFSA, der Alliance for Food Sovereignity in Africa, geht mit der Stärkung von Kleinbauern und -bäuerinnen, eine Stärkung der Resilienz für Klimaveränderungen einher und eine gestärkte Ernährungssouveränität. Denn es sind vor allem die Kleinbauern und -bäuerinnen, die die Menschheit ernähren, nicht die industrielle Landwirtschaft. Damit die Entwicklungszusammenarbeit hier einen Beitrag leisten kann, sollten laut Bukenya die Finanzierungsmechanismen überdacht werden, die derzeit vor allem große landwirtschaftliche Strukturen bevorzugen.

Wortstark strich auch Melissa Murwira, Managerin der Organisation Young Volunteers for Environment in Simbabwe die Wichtigkeit von landwirtschaftlichem Know-How hervor. Die Überwindung von generationenübergreifenden Ungleichheiten ist nach Murwira nur dann erfolgreich, wenn Ältere ihr Wissen weitergeben und Jüngere die Verantwortung übernehmen – und dabei ernst genommen werden. Junge Menschen werden oft an den Tisch gebeten, nur um sie dabei zu haben. Diese Oberflächlichkeit gilt es zu überwinden und stattdessen einen echten Austausch zu ermöglichen. Murwira plädiert dafür die Jugend nicht als vielzitierte sprichwörtliche „Zukunft“ anzusehen, sondern schon heute als wichtige Entscheidungsträger:innen der Gegenwart miteinzubeziehen. Bestärkt vom im Oktober stattgefundenen „1.000 Youth Summit“ in Addis Abbeba, den Murwira maßgeblich mitgestaltete, schließt sie mit den hoffnungsvollen Worten: „Wir brauchen unsere eigenen Lösungen und wir sind bereit zu handeln!“

Als letzte Rednerin des Abends brachte Marisa Kröpfl, Programmkoordinatorin bei Licht für die Welt Österreich ein Good Practice-Beispiel aus der EZA aufs Podium, das inklusive ländliche Entwicklung als Erfolgsrezept für die Überwindung von Ungleichheiten aufzeigt. Das in vier Ländern wirkende Projekt SPARK zielt darauf ab, Menschen mit Behinderungen einen gleichberechtigten Zugang zu landwirtschaftlichen Entwicklungsprogrammen zu sichern. Zusätzlich trägt das dadurch erzeugte stabile Einkommen in ländlichen Strukturen zum Abbau von Ungleichheiten bei. Der Ansatz, die Menschen selbst zu fragen, was sie denn brauchen, anstatt vorgefertigte Lösungen zu liefern, sei ein entscheidender Erfolgsfaktor von SPARK und aktiviert die kreativen Ressourcen aller Beteiligten. Kröpfl: „Wenn man einmal angefangen hat, Lösungen zu finden, hört man auch nicht mehr auf.“

Fazit und Gemeinsamkeit aller Vorträge ist die strukturelle Ebene globaler Ungleichgewichte, die nur durch politischen Willen und zivilgesellschaftlichen Zusammenschluss gemeinsam verändert werden kann. Der Kampf gegen globale Ungleichheit ist ein großer und schwieriger, aber für eine lebenswerte Zukunft auf diesem Planeten unumgänglich.

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Copyright: Inna Kravchenko

Rückfragehinweis:

Olivia Tischler
Regionalstelle Wien
Tel.: 01 / 405 55 15 – 327
E-Mail: olivia.tischler@suedwind.at

https://www.suedwind.at/projekt/eza-tagung-wien

PA: COP29: Klima-Allianz fordert Fortschritte bei der Klimafinanzierung und Fristen für fossiles Aus

Die Allianz für Klimagerechtigkeit fordert einen Ausstiegspfad für fossile Energie, ein neues Finanzierungsziel für Klimaschutz, Anpassung und Ausgleich für Schäden und Verluste.

Die vergangenen beiden Jahre waren weltweit geprägt von Wetterextremen und Temperaturrekorden. Gleichzeitig hinken die Klimaschutzmaßnahmen von fast allen Industriestaaten weit hinter ihren Zielen hinterher. Alle nationalen Klimapläne (NDCs) eingerechnet, bewegt sich die globale Erwärmung auf einen katastrophalen Wert von 2,6 Grad Celsius bis zum Ende des Jahrhunderts zu. Mit jedem Jahrzehnt, in dem sich der Treibhausausstoß ungebremst fortsetzt, werden die Folgen gravierender und die Risiken für die menschliche Sicherheit größer. Die Allianz für Klimagerechtigkeit fordert daher von den Verhandler:innen auf der Weltklimakonferenz (COP29) in Baku eine deutliche Nachschärfung der Klimaschutzmaßnahmen, einen konkreten Ausstiegspfad aus fossilen Energieträgern und eine gerechte Finanzierung, um die Folgen der Klimakrise abzufedern und Betroffenen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.

„Der Kampf gegen die Klimakrise darf nicht zu einer neuen Schuldenfalle für Afrika werden“, sagt Simon Bukenya von der Alliance for Food Sovereignity in Africa und fordert, die Mittel für den Kampf gegen die Klimakrise als Zuschüsse zu vergeben und lokale Expertise einzubeziehen. „Diejenigen, die am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben, verdienen finanzielle Unterstützung, die ihre Selbstbestimmung respektiert. Viel zu oft standen die wirtschaftlichen Interessen der Geberländer einer wirksamen Hilfe im Weg. Kredite waren an strenge wirtschaftliche und politische Auflagen geknüpft, was die afrikanischen Länder in eine neue Abhängigkeitsebene brachte. Es bedarf dringend eines Umdenkens: weg von globalen Machtspielen, hin zu einem gemeinsamen Kampf gegen die Klimakrise“, sagt Simon Bukenya. 

Neues Ziel für Klimafinanzierung
Ein zentraler Verhandlungspunkt der COP29 in Baku ist die Entscheidung über ein neues internationales Klimafinanzierungsziel. Dieses soll über die derzeitige Zusage der Industriestaaten von 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr hinausgehen und ab 2026 gültig sein. „Die zukünftige finanzielle Unterstützung für Klimamaßnahmen in den ärmsten Ländern der Welt muss sich am tatsächlichen steigenden Bedarf messen“, fordert Martin Krenn, Klimaexperte der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz. „Um die Herausforderungen der Klimafinanzierung zu meistern, braucht es neue Steuern für die reichsten Umweltsünder ebenso wie eine umfassende Reform des Finanzsystems. Österreich muss als reicher Staat mit überdurchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen seinen gerechten internationalen Beitrag auch finanziell leisten“, fordert Krenn. „Die Aufwendungen für globalen Klimaschutz, für den Schutz der Bevölkerung im Globalen Süden und für den Wiederaufbau nach klimabedingten Katastrophen sind zuallererst Investitionen in eine stabile Zukunft!“

Qualitative Aspekte für Finanzierung
Die Allianz für Klimagerechtigkeit fordert von den Verhandler:innen der EU und von Österreich vollen Einsatz für eine bedarfsorientierte Finanzierung. Wohlhabende Länder müssen demnach ein neues Finanzierungsziel unterstützen, das Klimaschutz, Anpassung und Schäden und Verluste abdeckt, aus echten öffentlichen Zuschüssen anstatt schuldengenerierenden Krediten besteht und den steigenden Herausforderungen angemessen ist.

„Wenn wir über Klima-Finanzierung sprechen, müssen wir auch über Klima-Schulden sprechen. Die Verantwortung für die historische Klimaschuld liegt unbestreitbar bei den Ländern des Globalen Nordens“, sagt Maria Hammer, Südwind-Sprecherin für Klimagerechtigkeit. „Die Höhe der Klimafinanzierung alleine ist noch nicht ausschlaggebend. Die Finanzierung für Klimaschutzmaßnahmen muss auf verlässlichen wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren und die spezifischen Bedürfnisse der Menschen vor Ort berücksichtigen. Was es keinesfalls braucht sind noch mehr Scheinlösungen und Geschäftemacherei im Zeichen von Greenwashing.“

Klare Ausstiegspfade und Einhaltung von Klimazielen
„Es ist immer noch möglich, einen 1,5 Grad-Pfad der Erderhitzung einzuhalten, mit Solarenergie, Windkraft und natürlichen Senken wie Mooren und Wäldern, die zusammen die Möglichkeit für schnelle und umfassende Emissionsreduktion bieten“, sagt Reinhard Uhrig, Klimasprecher vom WWF Österreich. „Der Klimaschutzbeitrag der EU kann und muss ambitioniert sein: Klimaneutralität bis 2040 als EU-Klimaziel – so wie Österreich sich das vorgenommen hat – bietet die Chance für Leadership in der Transformation.“ Nachdem auf der letztjährigen Konferenz der Ausstieg aus fossilen Energieträgern beschlossen wurde, müsse jetzt der nächste Schritt gesetzt werden mit klaren Ausstiegsplänen und -fristen. Wissenschaftlich notwendig ist ein Aus für die besonders klimaschädliche Kohlekraft mit 2030, gefolgt vom Ende der Verbrennung von Erdgas im Jahr 2035 und schließlich bis 2040 der Ausstieg aus Erdöl in den reichen Ländern des Globalen Nordens.

Kontakte vor Ort:
Martin Krenn, KOO – Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz, +43 676 769 8431, m.krenn@koo.at, in Baku vom 14.11. bis 23.11.

Maria Hammer, Südwind-Sprecherin für Klimagerechtigkeit, Tel.: +43 1 405 55 15 – 326, maria.hammer@suedwind.at, in Baku vom 16.11. bis 24.11.

Angelika Derfler, Südwind-Sprecherin für Klimagerechtigkeit, angelika.derfler@suedwind.at, in Baku vom 16.11. bis 24.11.

Dr. Reinhard Uhrig, Klimasprecher von WWF Österreich, Tel.: +43 676 83488 254, E-Mail: reinhard.uhrig@wwf.at, Online-Teilnahme

Simon Bukenya, Alliance for Food Sovereignity in Africa, +256 759 832922, simon.bukenya@afsafrica.org

Rückfragehinweis:
Stefanie MarekPressesprecherin SüdwindTelefon: +43 680 1583016E-Mail: stefanie.marek@suedwind.at
Website: https://www.suedwind.at

ZUM PRESSROOM

Stellungnahme: Verletzlichste Menschen weltweit schützen

Dachverband appelliert, Humanitäres Völkerrecht einzuhalten.

Im Nahen Osten wurde am Montag eine besorgniserregende rote Linie überschritten, die einen noch nie dagewesenen Präzedenzfall schafft. Die Abgeordneten im israelischen Parlament stimmten dafür, jegliche Kooperation mit dem UN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) zu beenden. Dieses koordiniert, im Einklang mit dem Mandat der Vereinten Nationen, die gesamte Humanitäre Hilfe im Gazastreifen und Westjordanland.
Diese Entscheidung könnte die bereits dramatische humanitäre Situation weiter verschärfen, denn das De-facto-Arbeitsverbot für das UN-Hilfswerk schafft eine Versorgungslücke, deren Schließung durch andere Organisationen Jahre dauern würde. Doch die Menschen im Gazastreifen haben – so wie notleidende Menschen in anderen Krisen und Konflikten – genau das nicht: Zeit. Weltweit sterben jeden Tag unzählige Menschen an den Folgen der Gewalt, des Hungers und an Krankheiten.
Wir appellieren daher an die gegenwärtige sowie an die künftige österreichische Bundesregierung, sich deutlich für das Humanitäre Völkerrecht, den Humanitären Imperativ und die Humanitären Prinzipien zum Schutz der verletzlichsten Menschen einzusetzen. Die aktuelle Situation in Nahost verdeutlicht, wie wichtig die Wahrung dieser Normen ist. Gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft ist Österreich gefragt, Kriegsparteien an den vielen Schauplätzen weltweit eindringlich daran zu erinnern, Humanitäre Hilfe zu ermöglichen und zu gewährleisten sowie den Schutz von Zivilbevölkerung, des medizinischen Personals und der humanitären Helfer*innen zu priorisieren.
Dies ist nicht nur eine ethische Pflicht demokratischer Länder wie Österreich, sondern auch eine Frage der globalen Stabilität. Diese hängt in großem Maße von funktionierenden internationalen Abkommen und internationaler Zusammenarbeit ab. Nur durch eine starke und mutige Außenpolitik, in der die akute Humanitäre Hilfe und die langfristige Entwicklungszusammenarbeit eine zentrale Rolle spielen, kann die nächste Regierung diese Normen absichern und wirksam zum Schutz der verletzlichsten Menschen beitragen.

Mag. Lukas Wank, MSc
Geschäftsführung
AG Globale Verantwortung

Die AG GLOBALE VERANTWORTUNG ist der Dachverband von 36 österreichischen Nichtregierungsorganisationen für internationale Entwicklung und Humanitäre Hilfe. Unsere Mitgliedsorganisationen führen jährlich 1.000 Projekte in über 120 Ländern der Welt durch und tragen zu einem menschenwürdigen Leben für alle auf einem gesunden Planeten bei.