Archiv der Kategorie: Flucht

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PA: Hilfsorganisationen begrüßen Erhöhung des Auslandskatastrophenfonds

Das Budget 2021 bietet laut AG Globale Verantwortung auch Chance, Länder des Globalen Südens langfristig zu stabilisieren.

Wien. 15.9.2020.- Die von der Bundesregierung angekündigte Verdoppelung des Auslandskatastrophenfonds auf 50 Millionen Euro jährlich wäre laut ExpertInnen zivilgesellschaftlicher Organisationen ein richtungsweisender Schritt, um die gravierendsten Auswirkungen der COVID-19 Pandemie in Ländern des Globalen Südens zu minimieren. Mit dem Budget 2021 hat die österreichische Bundesregierung mit einem internationalen COVID-19 Rettungspaket aber auch die Möglichkeit, Länder des Globalen Südens langfristig zu stabilisieren und Chancen zu eröffnen.

Annelies Vilim, Geschäftsführerin der AG Globale Verantwortung:
„Auf die Wunde zu drücken und die Blutung zu stoppen ist die logische erste Maßnahme. Mit der angekündigten Erhöhung des Auslandskatastrophenfonds (AKF) können Symptome vieler Krisen gemildert werden. Das ist für viele Menschen im wahrsten Sinne des Wortes überlebensnotwendig. Neben der unmittelbaren Unterstützung in Krisensituationen geht es auch darum, die Ursachen mancher Krisen wie Armut oder unzureichende Bildung langfristig zu minimieren sowie politische, soziale und wirtschaftliche Stabilität zu sichern. Das Budget 2021 bietet die Möglichkeit dazu: Mit einer schrittweisen Erhöhung der langfristigen Entwicklungshilfe, wie im Regierungsprogramm vorgesehen. Dann können wir in Zukunft vermehrt vom Chancenkontinent Afrika und nicht mehr vom Krisenkontinent Afrika sprechen.“

Andrea Barschdorf-Hager, Geschäftsführerin CARE Österreich:
„COVID-19 ist ein Armutsbeschleuniger: In den palästinensischen Gebieten hat jede zweite Frau ihr gesamtes Einkommen verloren. In Ostafrika müssen dreiviertel der Frauen in der Schattenwirtschaft arbeiten. Sie und ihre Familien spüren die Verluste schon jetzt besonders hart. COVID-19 trifft Frauen und Mädchen in den Ländern des Globalen Südens auf wirtschaftlicher Ebene stark. Auch wenn es ihnen zuletzt stärker gelungen ist, sich aus informellen Arbeitsverhältnissen zu befreien: Die Folgen von COVID-19 drohen diese anfänglichen Erfolge wieder zunichte zu machen. COVID-19 stoppt einen wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungsschritt für Frauen und Mädchen in armutsbetroffenen Regionen weltweit.“

Andreas Knapp, Generalsekretär Internationale Programme Caritas Österreich:
Multiple Krisen, wie die Folgen des Klimawandels, Dürren, Heuschreckenplagen und Pandemien verschärfen die Armut und den Hunger weltweit. Gerade in der Corona-Pandemie haben wir gesehen, dass genau jene Familien, die wir als Caritas seit Jahren bei der Verbesserung ihrer Landwirtschaft unterstützen, besser durch die Lockdown-Situation gekommen sind und resilienter gegen unvorhersehbare Krisen von außen sind. Die Erhöhung des AKF ist ein wichtiger und erfreulicher erster Schritt zur akuten Armuts- und Hungerbekämpfung. Was es aber auch dringend braucht sind langfristige Lösungen. Entwicklungshilfe zur Förderung kleinbäuerlicher Landwirtschaft und zur Bekämpfung der Auswirkungen der Klimakrise auf die Menschen in den Ländern des Globalen Südens.

Elisabeth Hauser, Geschäftsführerin SOS Kinderdorf Österreich:
„Während in Österreich die Schulen wieder für alle Kinder gestartet sind, bleiben in vielen Ländern Afrikas die Schulen weiterhin geschlossen. Kinder und Jugendliche, die keinen Zugang zu Computern und dem Internet haben und darüber hinaus ihren Eltern beim Broterwerb helfen müssen, können auch am Heimunterricht nicht teilnehmen. Sehr viele dieser Kinder werden ihre Bildungskarrieren für immer abbrechen. Hier gilt es, mit innovativen Lösungen gegenzusteuern.“

Sabine Prenn, Geschäftsführerin Licht für die Welt Österreich:
„Menschen mit Behinderungen sind die vergessenen Opfer dieser Pandemie. Deshalb brauchen gerade sie mehr Unterstützung von uns. Ich appelliere an die österreichische Bundesregierung in allen Programmen der Humanitären Hilfe gegenwärtig und zukünftig deren Rechte und Interessen auf allen Ebenen mitzudenken und einzuplanen, um die Folgen der Pandemie bestmöglich für die verwundbarsten Menschen in den ärmsten Ländern zu mildern.“

Walter Hajek, Leiter Internationale Zusammenarbeit Österreichisches Rotes Kreuz:
„Alle Herausforderungen, die Corona für uns in Österreich schafft, dürfen nicht dazu führen, dass wir die globale Dimension aus den Augen verlieren. Corona besiegen wir weltweit oder gar nicht. Sämtliche Schritte und Pläne finanzielle Mittel für Covid19-Hilfen und für Humanitäre Hilfe generell zu erhöhen, geben große Hoffnung.“

Rückfragen & Kontakt:

AG Globale Verantwortung
Wolfgang Marks
Öffentlichkeitsarbeit
+43 1 522 44 22 – 15, +43 699 17 20 42 07
wolfgang.marks@globaleverantwortung.at
www.globaleverantwortung.at

PA: Welttag der Humanitären Hilfe – COVID-19 besiegen, weltweit oder gar nicht

Anlässlich des Welttages für Humanitäre Hilfe am 19. August fordert der Dachverband Globale Verantwortung – Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe – eine internationales Rettungspaket mit Soforthilfe von 100 Millionen Euro.

Wien, 18.08.2020. Zwei Wochen sind seit der Explosion in Beirut vergangen. Im sozial und wirtschaftlich angeschlagenen Land stehen Menschen vor den Trümmern ihrer Existenz. „In Folge der Explosion breitet sich auch die COVID-19 Pandemie wie ein Lauffeuer aus. Schutzmasken fehlen, das ohnehin mangelhafte Gesundheitswesen ist schwer von der Explosion getroffen und kann nicht ausreichend auf die Pandemie reagieren. Wenige Tage nach der Katastrophe verzeichnete alleine die Hauptstadt Beirut 300 neue COVID-19 Fälle innerhalb von 24 Stunden. Ein internationales COVID-19 Rettungspaket mit einer Soforthilfe von 100 Millionen Euro könnte Ländern wie dem Libanon helfen, die Lage zu bewältigen“, appelliert Annelies Vilim, Geschäftsführerin des Dachverbandes Globale Verantwortung mit 35 Mitgliedsorganisationen aus den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe, an die österreichische Bundesregierung, rasch zu handeln.

„Abseits des medialen Rampenlichts haben die ärmsten Menschen in anderen Ländern des Globalen Südens mit ähnlichen Herausforderungen wie im Libanon zu kämpfen. COVID-19 bedroht Länder, die bereits von Katastrophen wie beispielsweise der Heuschreckenplage in Ostafrika oder von Konflikten betroffen sind, zusätzlich. Die COVID-19 Pandemie wirkt dabei wie ein Brandbeschleuniger. Zudem steigen in weiten Teilen Afrikas die COVID-19 Fälle in den letzten Wochen massiv an, erst kürzlich sind über eine Million Fälle auf dem Kontinent bestätigt worden, die Dunkelziffer liegt wohl weit höher. Die UNO geht in Schätzungen davon aus, dass durch COVID-19 und seine Folgen die Zahl der extrem armen Menschen auf über eine Milliarde anwachsen wird. Das würde bedeuten, dass jeder achte Mensch auf dieser Erde extrem arm wäre. Ich denke, es leuchtet ein, welche sozialen Spannungen damit verbunden sind“, unterstreicht Vilim, warum ein Rettungspaket das Gebot der Stunde ist.

„Österreich hat im Bereich der Humanitären Hilfe großen Aufholbedarf. Im Jahr 2019 hat Österreich gerade einmal 4 Euro pro Kopf an Humanitärer Hilfe geleistet, in Deutschland waren es 27 Euro. Folgt Österreich nun in der COVID-19 Krise dem deutschen Vorbild, das ein ambitioniertes internationales COVID-19 Rettungspaket geschnürt hat, kann Österreich international aufholen. Die Erhöhung durch Österreichs neue Regierung im Jahr 2020 war schon ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung, wird den Herausforderungen der COVID-19 Krise und ihren weitreichenden Folgen aber nicht gerecht. Dies könnte die Soforthilfe in Höhe von 100 Millionen Euro leisten, die auch im Interesse Österreichs wäre: Denn COVID-19 besiegen wir weltweit oder gar nicht“, schließt Vilim.

Rückfragen & Kontakt:

AG Globale Verantwortung
Wolfgang Marks
Öffentlichkeitsarbeit
+43 1 522 44 22 – 15, +43 699 17 20 42 07
wolfgang.marks@globaleverantwortung.at
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Interviewmöglichkeit mit österreichischem Crewmitglied der Sea Watch 4

Seit 2014 sind laut der International Organization for Migration über 20.000 Menschen bei ihrer Flucht über das Mittelmeer ums Leben gekommen.

Da die staatliche Seenotrettung scheitert und sichere Fluchtwege für die Menschen gesperrt wurden, sind unterschiedliche NGOs im Mittelmeer aktiv. Im August wird das Seenotrettungsschiff „Sea Watch 4“ zu seiner ersten Mission auslaufen. Das Schiff wird unter anderem von dem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis „United 4 Rescue“ (www.united4rescue.com) finanziert, dessen Bündnispartner auch die österreichische NGO Jugend Eine Welt ist. Mit an Bord ist der österreichische Pädagoge und Aktivist Jakob Frühmann, ein ehemaliger Mitarbeiter von Jugend Eine Welt.

Reinhard Heiserer, Gründungsgeschäftsführer von Jugend Eine Welt Österreich: „Wir müssen den Menschen helfen, die heute in Not sind. Darum unterstützen wir die Arbeit der Seenotretter und United4Rescue. Gleichzeitig müssen wir alles dran setzen, Politik und Wirtschaft dazu zu bewegen, zukunftsfähige Konzepte hinsichtlich eines Lebens in Würde für die BewohnerInnen aller Länder in Afrika zu schaffen. Es gibt nur EINE Welt, in der wir ALLE leben. Kein Mensch müsste heute an Hunger sterben oder wegen Perspektivenlosigkeit sein Land verlassen müssen“.

Die „Sea Watch 4“ mit Jakob Frühmann an Bord plant in den nächsten Wochen zu ihrer ersten Mission auszulaufen. Derzeit werden die Werftarbeiten unter dem Einsatz zahlreicher Freiwilliger in Spanien abgeschlossen.

Interviewkontakt:
Jakob Frühmann
einziges österr. Crewmitglied der Sea Watch 4
jakob@sea-watch.org
jakob.fruehmann@posteo.de
Telefonnummer: +43/664/9264830 (Festland Spanien)
Signal: +436506582247 (am Schiff)

Über Jakob Frühmann und sein Engagement für Sea Watch
Aufgewachsen im Südburgenland und seit jeher mit Pendelbewegungen vertraut, folgte Jakob Frühmann stets den Verbindungslinien zwischen dem Zusammenhang von europäischen Privilegien und globaler Einen Welt. Nach seinem Zivilersatzdienst mit Jugend Eine Welt in einem Don Bosco Sozialzentrum in Tijuana, Mexiko, studierte er Internationale Entwicklung, Germanistik und Theologie an der Universität Wien.
Neben seinem Beruf als Lehrer verbringt er immer wieder Zeit auf unterschiedlichen Schiffen. Einerseits als Pädagoge bei Projekten wie dem „Klassenzimmer unter Segeln“ aktiv, ist er seit einigen Jahren auch bei Sea Watch engagiert. Dort folgen die Seeleute und ihre HelferInnen einem simplen Gedanken: „Unsere Passion für das Leben und die Liebe zur See bringt uns zusammen, um jenen beizustehen, die untergehen zu drohen.“

Aktuelle Updates zur Mission und zur Situation im Zentralen Mittelmeer finden Sie hier: https://twitter.com/seawatchcrew
www.jugendeinewelt.at/seenotrettung

Aktuelle ARD Doku über das Schiff:
https://www.ardmediathek.de/daserste/video/reportage—dokumentation/wir-schicken-ein-schiff/das-erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL3JlcG9ydGFnZSBfIGRva3VtZW50YXRpb24gaW0gZXJzdGVuL2JlMWVhYjc4LTJkZWItNDk2ZS1hYjg2LWUyMTM5NTMxMzM5Mw/

Für Rückfragen:
Reinhard Heiserer
Geschäftsführung Jugend Eine Welt – Don Bosco Aktion Österreich
Tel.  +43 (1) 8790707 – 10
+43 664 8270791
Reinhard.Heiserer@jugendeinewelt.at
www.jugendeinewelt.at

PA: Coronakrise führt zu mehr Kinderhandel

Aufgrund der Coronakrise sind allerärmste Kinder und Jugendliche in verstärkter Gefahr, Opfer des organisierten Menschenhandels zu werden. Darauf weist die Hilfsorganisation Jugend Eine Welt anlässlich des Welttags gegen Menschenhandel am 30. Juli hin.

UNICEF geht davon aus, dass jährlich mindestens 1,2 Millionen Kinder von dieser schweren Menschenrechtsverletzung betroffen sind: Sie werden schon als Babys an gut zahlende Adoptiveltern verschachert, als Kinderbräute an viel ältere Männer verkauft, zum Betteln oder Stehlen gezwungen, als Arbeitssklaven, Prostituierte oder Kindersoldaten ausgebeutet.

Alle Anzeichen sprechen dafür, dass die Anzahl der betroffenen Kinder im Zuge der Coronakrise massiv ansteigen könnte, insbesondere im Bereich der sexuellen Ausbeutung. „Die Risiken für Kinder, fortgesetzt oder erstmals Opfer von sexueller Ausbeutung zu werden, haben sich unter Lockdown-Bedingungen signifikant erhöht“, bestätigt Astrid Winkler, Geschäftsführerin der von Jugend Eine Welt seit Jahren unterstützten Kinderschutzorganisation ECPAT und verweist auf einen alarmierenden Europol-Bericht, demzufolge die Nachfrage von Material zu sexuellem Kindesmissbrauch in der EU seit Beginn der Coronakrise um bis zu 30 Prozent angestiegen sei. „Denn Sexualstraftäter und -täterinnen nutzen im Internet so eine Situation gezielt aus, um mit Kindern online in Kontakt zu treten“, so Winkler.

Organisiertes Verbrechen profitiert
Tatsächlich könnte das organisierte Verbrechen von der Krise profitieren, warnt auch das in Wien ansässige UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC). Allzuleicht fallen notleidende Familien, die aufgrund der Corona-Lockdowns keinerlei Einkommen mehr haben, auf die Versprechen von Menschenhändlern herein und stellen ihnen ihre Kinder für wenig Geld zur Verfügung. In besonderer Gefahr sind auch Kinder, die vor der zunehmenden Gewalt in der eigenen Familie auf die Straße geflohen sind. Opfer, die sich bereits in der Gewalt von Menschenhändlern befinden, haben aufgrund der Ausgangssperren noch weniger Chancen, ihren Peinigern zu entkommen bzw. Hilfe zu holen. Gleichzeitig fallen wichtige Schutzmechanismen aus: In vielen Ländern bleiben Schulen, Jugendzentren, Notschlafstellen und Hilfseinrichtungen coronabedingt geschlossen, werden Geldmittel im Bereich des Opferschutzes gekürzt. Das organisierte Verbrechen hingegen wird nicht müde, neue Wege der Ausbeutung zu finden. So muss davon ausgegangen werden, dass die – online vereinbarte – „Lieferung“ von Kindern in Privatwohnungen derzeit ebenso zunimmt wie die Vermittlung von Teenager-Bräuten.

Österreich: Betreuungsstelle fehlt
Österreich gilt als Transit- und Destinationsland insbesondere für gehandelte Frauen und Kinder. Jugend Eine Welt begrüßt die im Regierungsprogramm vorgesehenen Maßnahmen zum Kampf gegen Menschen-, Frauen- und Kinderhandel, die am 9. Juli in einer Entschließung des Nationalrates bekräftigt wurden und die u.a. eine verbesserte Zusammenarbeit im Bereich des Erkennens mutmaßlicher Opfer vorsehen. Zusätzlich sollte dringend eine spezialisierte Betreuungsstelle für Betroffene des Kinderhandels realisiert werden, wie im Nationalen Aktionsplan (2018-20) der „Taskforce zur Bekämpfung des Menschenhandels“ vorgesehen, fordert ECPAT. Laut Jugend Eine Welt-Geschäftsführer Reinhard Heiserer müsse auch verstärkt bei den Ursachen des Problems angesetzt werden, einerseits durch verstärkte Aufklärungsprogramme und konsequente Strafverfolgung, anderseits durch die Bekämpfung bitterster Armut in den Herkunftsländern der Betroffenen sowie gezielte Präventions- und Schutzprogramme. Um die jetzt schon verheerenden Auswirkungen der Coronakrise auf allerärmste Menschen abzumildern, sei schnelles Handeln geboten. „Gemeinsam mit unserem Dachverband Globale Verantwortung bitten wir die Bundesregierung dringend um ein internationales COVID-19 Rettungspaket in Höhe von 100 Millionen Euro. Österreich muss seiner internationalen Verantwortung nachkommen und mithelfen, noch Schlimmeres abzuwenden wie ein massives Ansteigen von Hunger, Migration und Menschenhandel“, so Reinhard Heiserer.

Jugend Eine Welt fördert weltweit zahlreiche Hilfsprojekte, die Opfern von Kinder- und Menschenhandel zur Seite stehen und gefährdete Kinder und Jugendliche schützen. Beispielsweise unterstützt die Hilfsorganisation im westafrikanischen Sierra Leone ein Rehabilitationszentrum, in dem 70 Betroffene des Menschenhandels, darunter 36 Kinder unter 10 Jahren, betreut werden.

Rückfragehinweis:
Angelika Gerstacker
Öffentlichkeitsarbeit
Jugend Eine Welt – Don Bosco Aktion Österreich
Tel.  +43 (1) 879 07 07 – 34
Mobil: 0664 621 70 39
Angelika.Gerstacker@jugendeinewelt.at
www.jugendeinewelt.at

Konferenz: MIGRATIONSKLIMA – MEDIEN ALS WETTERMACHER?

Wer sind die Stimmen zu Migration in den österreichischen Medien? Inwieweit sind JournalistInnen mit Migrationshintergrund in der Medienlandschaft vertreten? Wie wird Migration in den Medien abgebildet? Welche Bilder werden verbreitet, welche nicht? Welche Daten und Fakten werden herangezogen? Welche Leitlinien sollten bei der Medienberichterstattung über Migration beachtet werden und was tun, wenn dagegen verstoßen wird?

Diese Fragen und ähnliche werden im Rahmen einer eintägigen Konferenz mit Podiumsdiskussion und Pressegespräch von MigrantInnen, MedienvertreterInnen und ExpertInnen erörtert.

Veranstaltungszeit: 23.09.2020 von 14:00- 17:00 Uhr
Veranstaltungsort: OÖ. Presseclub, Saal A + B,  Landstraße 31, Linz.

ModerationDr. Alexander Warzilek, GF Österreichischer Presserat
Anmeldung an julia.rungg@suedwind.at bis zum 14. September, Achtung begrenzte TeilnehmerInnenanzahl!

Die Konferenz findet im Rahmen des  EU-Projektes CIAK MigrACTION statt, das in Österreich von Südwind durchgeführt wird. Ziel des EU-Projektes ist es, zu einer Perspektivenvielfalt in den Medien beizutragen und so den dominierenden Negativschlagzeilen zu Flucht und Migration entgegen zu halten. Näheres findet sich auch unter: https://www.suedwind.at/fileadmin/user_upload/Ciak_MigrACTION_final_report.pdf

PA: 30 EU-Grenzgemeinden für menschliche und solidarische Migrationspolitik

+++ACHTUNG: Sperrfrist 26.6.2020, 13.00 Uhr +++
Online-Bürgermeister-Gipfel: 30 EU-Grenzgemeinden für menschliche und solidarische Migrationspolitik

Traiskirchen/Strass/Lampedusa, 26.6.2020: Eine Woche nach dem Weltflüchtlingstag haben sich heute von Lampedusa bis Lesbos, von Grande-Synthe bis Traiskirchen und Strass Bürgermeister und VertreterInnen von über 30 Gemeinden, Inseln und Regionen an den Grenzen der EU bei ihrem ersten Online-Bürgermeistergipfel getroffen und sich für eine menschliche und solidarische Migrationspolitik und geteilte Verantwortung innerhalb Europas vernetzt.

Anlässlich des Bürgermeister-Gipfels erscheint in Österreich der Forschungsbericht „Migration an den Grenzen“ über die Situation in den Grenzgemeinden. Der Forschungsbericht fasst die Ergebnisse von 20 Einzelforschungsberichten zusammen, die mit partizipativen Methoden eigenverantwortlich durchgeführt wurden. Die Hauptthemen des Berichts decken für jeden Gemeinde die folgenden Themen ab: historischer Überblick; politische und soziale Auswirkungen der Migration; lokale Netzwerke; Möglichkeiten und Grenzen lokaler Aktionen; Integrationsaktivitäten und gute Beispiele von Gemeindeaktivitäten.

Bürgermeister Salvatore Martello von Lampedusa und Linosa stellte in seiner Eröffnungsrede des Bürgermeister-Gipfels klar: „Ich bekräftige das Engagement Italiens für die Aufnahme und Achtung der Menschenrechte.  Auch Lampedusas Engagement für MigrantInnen hat unter den vielen Schwierigkeiten und Spannungen des Coronavirus-Notstands nie aufgehört. Genau in dieser  dramatischen Phase ist es aber notwendig, dass die Grenzgebiete Italiens und Europas nicht allein gelassen werden. Für die Grenzgemeinden ist eine stärkere solidarische Beteiligung der EU eine Notwendigkeit.  Migration braucht unbedingt sichere und solidarische Regeln geteilter Verantwortung.“ Der UN-Migrationspakt ist für Bürgermeister Martello der Ausgangspunkt der Diskussion über ‚ordentliche, reguläre und sichere Migration ‚: „Wir sind davon überzeugt, dass man einen Weg unterstützen muss, der die Migration reguliert, die Rechte der MigrantInnen schützt und Prozesse der Integration und des sozialen Friedens fördert. Dabei brauchen besonders die Grenzgemeinden solidarische Unterstützung“ so Martello weiter.

„In Traiskirchen haben sich viele Menschen die als Flüchtlinge zu uns gekommen sind in der Corona-Hilfe für ältere und bedürftige Menschen engagiert. Wir müssen uns gerade in der Corona-Krise weiterhin für Solidarität und Menschlichkeit einsetzen. Dabei setzen wir als Stadt ganz wichtige Aktivitäten im Rahmen unseres Gartens der Begegnung.“ berichtet Andreas Babler beim Gipfel.

„Im Zusammenschluss aus vielen Grenzgemeinden und NGOs können wir uns besser vernetzen und Erfahrungen austauschen. Als Netzwerk können wir unsere Forderung gegenüber den übergeordneten Stellen auch besser platzieren. Nur so wird es uns gelingen, die Herausforderungen, die Migration mit sich bringt, zukünftig besser zu bewältigen“, fügt Johann Lappi, Vizebürgermeister der Grenzgemeinde Straß in Steiermark, in seinem Beitrag beim Bürgermeister-Gipfel hinzu.

Unterstützt von NGOs wie der Menschenrechtsorganisation Südwind fordert das Bündnis der Grenzgemeinden mit seiner Petition, die sich an das EU-Parlament und die neue EU-Kommission richtet, drei zentrale Punkte:

  • Verantwortung teilen: Die rasche Umsetzung einer kohärenten Migrationspolitik, die sowohl die Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner der Grenzgemeinden bedenkt, als auch solidarisch mit Migrantinnen und Migranten ist.
  • Menschlich bleiben: Das Schaffen von sicheren und legalen Möglichkeiten um nach Europa zu gelangen. Nur so kann dem gefährlichen Schleppertum ein Ende gesetzt werden.
  • Europäischer Tag des Gedenkens und Willkommens am 3. Oktober: Der 3. Oktober soll als Gedenktag an die 368 Menschen erinnern, die 2013 vor der Küste Lampedusas ertrunken sind und als Mahnmal für eine solidarische, menschliche Migrationspolitik dienen.

Mehr Informationen:
Die Petition der Grenzgemeinden und NGOs: https://www.suedwind.at/handeln/petitionen/3-oktober/
Forschungsbericht zum Download: Forschungsbericht zu Migration an den Grenzen

Rückfragehinweise:
Stefan Grasgruber-Kerl, Tel.: +43 699 100 400 79, E-Mail: stefan.grasgruber-kerl@suedwind.at
Mag.a Irene Kari, Stadtgemeinde Traiskirchen, Tel. +43 (0) 50355 – 309, E-Mail: irene.kari@traiskirchen.gv.at
Josef Rauscher, Strass in Steiermark, Tel.:+43 3453 2509201 E-Mail: rj@strass-steiermark.gv.at
Marina Sarli, EU-Koordination und Gemeinde Lampedusa & Linosa advocacy@snapshotsfromtheborders.eu / (+30) 697 225 4892 or (+39) 347 9944319

 

PA: Amnesty-Bericht zu Hilfe für traumatisierte Kinder im bewaffneten Konflikt in Nigeria

Verschleppungen, willkürliche Inhaftierungen, Folter und sexueller Missbrauch: Neuer Amnesty-Bericht dokumentiert die schockierende Situation von Mädchen und Jungen während des anhaltenden Konflikts zwischen Boko Haram und dem nigerianischen Militär.

Abuja/London/Wien, am 27. Mai 2020 – Im Nordosten Nigerias haben jahrelange Gräueltaten durch die bewaffnete Gruppe Boko Haram sowie schwere Menschenrechtsverletzungen durch das Militär tiefe Spuren hinterlassen. Eine ganze Generation von Kindern muss dort dringend Schutz und Zugang zu Bildung erhalten, fordert Amnesty International anlässlich der Veröffentlichung des neues Berichts We dried our tears’: Addressing the toll on children of Northeast Nigeria’s conflict.

Der Bericht zeigt, wie Kinder in den Bundesstaaten Borno und Adamawa zusätzliches Leid durch das Militär erfahren, nachdem sie bereits Opfer von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch Boko Haram geworden sind.

„Viele Kinder haben bereits Gräueltaten durch Boko Haram erlitten. Wenn die Regierung für Bildung und psychosozialer Betreuung sorgt, könnte dies für den Nordosten neue Chancen eröffnen“, sagt Osai Ojigho, Direktorin von Amnesty International in Nigeria, und sagt weiter:

„Die Streitkräfte Nigerias müssen dringend alle Minderjährigen freilassen, die willkürlich festgehalten werden. Weitere Menschenrechtsverletzungen, die scheinbar darauf abzielen, Tausende Kinder zu bestrafen, müssen eingestellt werden!“

Der Amnesty-Bericht zeigt außerdem, dass internationale Geldgeber*innen ein zweifelhaftes „Resozialisierungsprogramm“ finanzieren. Dessen erklärtes Ziel ist es, ehemalige Boko-Haram-Kämpfer zu resozialisieren. In Wirklichkeit hat es jedoch in weiten Teilen zur rechtswidrigen Inhaftierung von Kindern und Erwachsenen geführt.

„Die nigerianischen Behörden werden für eine verlorene Generation verantwortlich sein, wenn sie sich nicht umgehend um Tausende traumatisierte Kinder kümmern, die von dem Konflikt betroffen sind“, sagt Joanne Mariner, Expertin für Krisenarbeit bei Amnesty International, und sagt weiter:

„Die Art und Weise, wie das Militär diejenigen behandelt hat, die den Gräueltaten von Boko Haram entkommen konnten, ist abscheulich. Von massenhafter rechtswidriger Inhaftierung unter unmenschlichen Bedingungen über Misshandlung und Folter bis hin zur Duldung von sexuellem Missbrauch durch erwachsene Mitgefangene – es ist schlicht unbegreiflich, dass diejenigen Stellen, die eigentlich für den Schutz dieser Kinder zuständig sind, ihnen solchen Schaden zufügen.“

 Brutales Vorgehen von Boko Haram
Zu den Taktiken von Boko Haram zählen Angriffe auf Schulen, die Verschleppung von Kindern, die Anwerbung und der Einsatz von Kindersoldaten sowie die Zwangsverheiratung von Mädchen und jungen Frauen. Das sind alles Verbrechen unter dem Völkerrecht.

Das wahre Ausmaß der Entführungen wird oft unterschätzt – Tausende Kinder sollen verschleppt worden sein. Ein Beispiel ist die Entführung Hunderter Schülerinnen in Chibok im Jahr 2014.

Amnesty International hat mit Mädchen und jungen Frauen gesprochen, die als Minderjährige von Boko-Haram-Kämpfern zur Ehe gezwungen worden waren. Die meisten von ihnen gaben an, von der Regierung wenig bis gar keine Unterstützung bei der Rückkehr in die Schule, bei der Existenzgründung oder beim Zugang zu psychosozialer Betreuung erhalten zu haben.

Inhaftierung durch das Militär
Kinder, die aus Boko-Haram-Gebieten entkommen können, sind oft mit weiteren Menschenrechtsverletzungen – darunter auch Völkerrechtsverbrechen – durch nigerianischen Sicherheitskräfte konfrontiert: Einige von ihnen werden jahrelang in Militärkasernen inhaftiert, gefolter und misshandelt.

Die allermeisten dieser Inhaftierungen sind rechtswidrig: Die Kinder werden nie einer Straftat angeklagt bzw. strafrechtlich verfolgt; die Behörden verweigern ihnen den Zugang zu einem Rechtsbeistand und die Kommunikation mit ihren Familien. Sie stehen außerdem nie vor Richter*innen, um die Rechtmäßigkeit ihrer Inhaftierung zu prüfen. Diese weitverbreiteten rechtswidrigen Inhaftierungen könnten Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen, kritisiert Amnesty International.

Erzwungene „Geständnisse“, unmenschliche Haftbedingungen
Nahezu alle, die aus von Boko Haram gehaltenen Gebieten fliehen, auch Kinder, werden vom nigerianischen Militär und der mit ihm verbündeten Miliz Civilian Joint Task Force „durchleuchtet“. Das bedeutet in vielen Fällen, dass die Betroffenen gefoltert werden, bis sie „zugeben“, eine Verbindung zu Boko Haram zu haben. Mutmaßliche Mitglieder oder Unterstützer*innen von Boko Haram werden oft monate- oder jahrelang unter unerträglichen Bedingungen in Hafteinrichtungen wie der Kaserne Giwa in Maiduguri oder dem Militärstützpunkt Kainji im Bundesstaat Niger festgehalten.

Alle ehemaligen Gefangenen, die Amnesty International interviewte, schilderten übereinstimmend und sehr detailliert ihre Haftbedingungen: extreme Überbelegung, keine Frischluft bei drückender Hitze, Ungeziefer, Urin und Fäkalien auf dem Boden, weil es zu wenige Toiletten gibt.

Die Bedingungen, unter denen Zehntausende Gefangene festgehalten werden, sind so extrem, dass sie Folter darstellen, ein Kriegsverbrechen. Immer noch befinden sich viele Kinder unter diesen Bedingungen in Haft, obwohl es Ende 2019 und Anfang 2020 Massenfreilassungen gab. Amnesty International geht davon aus, dass während des Konflikts mindestens 10.000 Menschen, darunter zahlreiche Kinder, in der Haft gestorben sind.

Zweifelhaftes Resozialisierungsprogramm „Sicherer Korridor“
Amnesty International hat auch im Zusammenhang mit dem Resozialisierungsprogramm „Safe Corridor“ Verstöße dokumentiert: Das Programm wird mit Millionen US-Dollar von der EU, Großbritannien, den USA und anderen Geldgeber*innen finanziert. Es umfasst ein 2016 gegründetes vom Militär geführtes Haftzentrum außerhalb vom Gombe, in dem mutmaßliche Boko Haram-Kämpfer und -Unterstützer entradikalisiert und resozialisiert werden sollen.

Bislang waren dort rund 270 „Absolventen“ in mehreren Gruppen untergebracht. Die Bedingungen in dieser Einrichtung sind zwar besser als in den übrigen Militärhafteinrichtungen, aber die meisten der Männer und Jungen sind nicht über die rechtliche Grundlage ihrer Inhaftierung informiert worden. Sie haben weder Zugang zu Rechtsbeständen noch zu Gerichten, um ihre Haft anzufechten. In einigen Fällen ist der vereinbarte sechsmonatige Aufenthalt auf 19 Monate verlängert worden. Diese Zeit bedeutet Freiheitsentzug und ständige bewaffnete Überwachung.

Ehemalige Gefangene haben Amnesty International geschildert, dass die medizinische Versorgung extrem schlecht ist. Sieben Inhaftierte sind gestorben, die meisten, wenn nicht alle, weil sie keine angemessene medizinische Versorgung erhalten hatten. Das Berufsausbildungsprogramm, das Teil von „Safe Corridor“ ist, könnte sich als Zwangsarbeit entpuppen, weil die meisten Insassen, wahrscheinlich sogar alle, niemals wegen einer Straftat verurteilt wurden und nun ohne jegliche Bezahlung alles Mögliche herstellen müssen – von Schuhen über Seife bis zu Möbeln.

 Hintergrund
Zwischen November 2019 und April 2020 hat Amnesty International mehr als 230 von dem Konflikt betroffene Menschen interviewt, darunter 119, die als Minderjährige Opfer von schweren Verbrechen durch Boko Haram, das nigerianische Militär oder beiden wurden. Zu ihnen gehörten 48 Kinder, die monate- oder sogar jahrelang in Militärgewahrsam gehalten worden waren, sowie 22 Erwachsene, die zusammen mit Kindern inhaftiert waren.

 Bei Fragen oder zur Vermittlung: www.amnesty.at/presse

Amnesty International Österreich
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T: +43 664 2359138 / +43 664 4001056
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PA: Syrien: UNO-Sicherheitsrat darf Hilfe für Bevölkerung nicht einstellen

Neuer Bericht von Amnesty International dokumentiert schwere Kriegsverbrechen im Nordwesten Syriens. Tote und Verletzte, darunter Schüler*innen, Lehrer*innen, Ärzt*innen: Amnesty veröffentlicht detaillierte Untersuchung von 18 Luft- und Bodenangriffen auf Schulen und Spitäler.

  • Belege für Russlands direkter Beteiligung an Kriegsverbrechen
  • Bericht zum Download, Satellitenbilder unter diesem Link, Videomaterial (B-Roll) auf Anfrage

London/Wien, am 11. Mai 2020 . In zwei Monaten droht eine UNO-Resolution auszulaufen, die die Einführung von Hilfsgütern für die Bevölkerung von Idlib über die Grenzen im Nordwesten Syriens ermöglicht. Angesichts von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Region muss der UNO-Sicherheitsrat sicherstellen, dass diese lebenswichtige Unterstützung für die Menschen in Syrien nicht eingestellt wird. Das fordert Amnesty International bei der Vorstellung eines neuen Berichts, der schwere Kriegsverbrechen im Nordwesten Syriens dokumentiert.

Die Recherchen der Menschenrechtsorganisation belegen 18 Fälle die meisten aus der Zeit zwischen Jänner und Februar 2020 –, in denen syrische und/oder russische Regierungstruppen gezielt Angriffe gegen medizinische Einrichtungen und Schulen in Idlib, West-Aleppo und im nordwestlichen Gouvernement Hama verübt haben.

Aufgrund der Angriffe mussten bis zum Waffenstillstand am 5. März 2020 nahezu eine Million Menschen in Idlib fliehen. Viele von ihnen waren bereits zuvor mehrfach vertrieben worden und mussten in den vergangenen Monaten unter erbärmlichen Bedingungen leben.

„Selbst gemessen an den katastrophalen Bedingungen, die durch die seit neun Jahren andauernde Krise in Syrien herrschen, sind die Vertreibung und die humanitäre Katastrophe beispiellos, die nun durch den jüngsten Angriff ausgelöst wurden“, sagt Heba Morayef, Direktorin für die Region Nahost und Nordafrika bei Amnesty International, und sagt weiter: „Der UNO-Sicherheitsrat darf jetzt nicht die lebenswichtige grenzüberschreitende humanitäre Hilfe unterbrechen, von der Tausende Menschenleben abhängen.“

„Die jüngste Offensive setzt die abscheuliche Reihe systematischer Angriffe fort, durch die die Zivilbevölkerung terrorisiert werden soll. Derweil unterstützt Russland nach wie vor das syrische Regime militärisch – auch mit rechtswidrigen Luftschlägen – obwohl es Beweise gibt, dass Russland damit Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit des syrischen Militärs Vorschub leistet.“

Angriffe auf Spitäler
Laut Angaben der Gesundheitsbehörde von Idlib wurden zwischen Dezember 2019 und Februar 2020 in Idlib und Aleppo zehn medizinische Einrichtungen durch russische und syrische Angriffe beschädigt bzw. zerstört. Dabei wurden neun Angehörige des medizinischen Personals und andere Mitarbeiter*innen getötet. Dutzende weitere medizinische Einrichtungen sahen sich gezwungen, ihre Arbeit einzustellen.

Amnesty International hat Angriffe dokumentiert, die zur Schließung von fünf Spitälern in den von bewaffneten Oppositionsgruppen kontrollierten Gebieten führten.

Drei russische Luftschläge wurden am 29. Jänner 2020 in der Nähe des al-Shami-Hospitals in Ariha ausgeführt. Ein überlebender Arzt beschrieb, dass durch die Angriffe mindestens zwei Wohngebäude unweit des Spitals zerstört wurden; 11 Zivilist*innen wurden getötet und über 30 verletzt. Unter den Toten war auch einer seiner Kollegen. „Ich fühlte mich so hilflos. Mein Freund lag im Sterben, draußen schrien Frauen und Kinder“, sagte er und fügte hinzu, dass der syrische Zivilschutz (Weißhelme) zwei Tage gebraucht habe, um die Leichen aus den Trümmern zu bergen.

Auf der Grundlage übereinstimmender Aussagen von Zeug*innen und anderer glaubwürdiger Informationen − vor allem Beobachtungen sogenannter Planespotter − kommt Amnesty International zum Schluss, dass russische Streitkräfte für diesen rechtswidrigen Angriff verantwortlich waren.

Angriffe auf Schulen
Laut Angaben der syrischen NGO Hurras Network (Syrian Child Protection Network) wurden bei Luftschlägen und Bodenangriffen im Jänner und Februar 2020 insgesamt 28 Schulen getroffen. Am 25. Februar wurden an einem einzigen Tag zehn Schulen angegriffen. Dabei kamen neun Zivilist*innen ums Leben.

Amnesty International hat Recherchen zu sechs Angriffen in diesem Zeitraum durchgeführt, darunter zum Abwurf von Fassbomben und vom Boden abgefeuerter Streumunition auf zwei Schulen am 25. Jänner sowie am 28. Februar 2020.

Eine Lehrerin schilderte Amnesty International einen Angriff: „Ein [Streubomben-] Geschoss explodierte vor meinen Füßen, Haut und Fleisch platzen auf … der Schmerz war unerträglich … Ich spürte eine solche Hitze, als würden meine Füße verbrennen. Zwei Schülerinnen waren in diesem Moment bei mir. Eine war sofort tot, die andere überlebte wie durch ein Wunder. Ich bin sicher, dass es Streumunition war, weil ich mehrere Explosionen hörte. Ich kenne das Geräusch von Streumunition sehr gut. Du hörst eine Serie von mehreren Explosionen. Als ob aus dem Himmel kein Wasser, sondern Granatsplitter regnen würde.“

Die Recherchen von Amnesty International zeigen, dass es sich bei den hier beschriebenen Geschossen um 9M27K-Frachtraketen mit einem Kaliber von 220 mm handelte, die in Russland hergestellt und an die syrische Armee geliefert wurden. Sie enthielten 9N210- oder 9N235-Streumunition. Streumunition ist nach dem Völkerrecht verboten.

Umfassende Beweise belegen Aussagen von Zeug*innen
Amnesty International hat für den Bericht 74 Personen interviewt, darunter Binnenvertriebene, Lehrer*innen, Ärzt*innen und Mitarbeiter*innen von Hilfsorganisationen. Die Aussagen der Zeug*innen werden nicht nur durch Video- und Fotoaufnahmen untermauert, sondern auch durch Expert*innenanalysen von Satellitenbildern, Berichte von Planespottern vor Ort sowie durch abgehörte Kommunikation von russischen und syrischen Luftstreitkräften.

Die Aufnahmen aus den Cockpits liefern Beweise dafür, dass das russische Militär an mindestens einem rechtswidrigen Angriff auf ein Spital beteiligt war, das danach seine Arbeit einstellen musste.

Kriegsverbrechen & gezielte Angriffe gegen Zivilist*innen
Die in dem Bericht dokumentierten Fälle zeigen beispielhaft, dass die syrischen und russischen Streitkräfte nach wie vor gezielt Angriffe gegen Zivilist*innen und zivile Ziele verüben. Dabei handelt es sich um Verletzungen des humanitären Völkerrechts, auf dessen Grundlage die Parteien in einem bewaffneten Konflikt zwischen militärischen Zielen und kämpfenden Personen auf der einen Seite und zivilen Zielen und Zivilist*innen auf der anderen Seite unterscheiden müssen. Nur die erstgenannten dürfen angegriffen werden.

Es handelt sich bei diesen Attacken außerdem um Kriegsverbrechen: Diejenigen, die derartige Verbrechen anordnen oder begehen, sind strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Spitäler und andere medizinische Einrichtungen, medizinisches Personal und Kinder dürfen nicht nur nicht angegriffen werden, weil sie einen zivilen Status haben, sondern müssen in einem bewaffneten Konflikt besonders geschützt werden.

Viele der medizinischen Einrichtungen, die angegriffen wurden, standen zudem auf einer Liste der UNO als Nichtangriffsziele. Diese Liste war den russischen, türkischen und US geführten Koalitionstruppen zugesandt worden, um zu zeigen, welche Ziele nicht angegriffen werden dürfen.

 Lebenswichtige humanitäre Hilfe darf nicht eingestellt werden
Im Juli 2014 verabschiedete der UNO-Sicherheitsrat einstimmig eine Resolution, die humanitäre Unterstützung im Nordwesten Syriens und in anderen Gebieten, die von bewaffneten Oppositionsgruppen kontrolliert werden, ermöglicht. Dafür ist keine Zustimmung der syrischen Regierung erforderlich. Diese Resolution ist seit 2014 wiederholt verlängert worden, wenn auch in den vergangenen Jahren unter Schwierigkeiten und im Jänner 2020 mit Einschränkungen. Nun droht die Resolution am 10. Juli 2020 auszulaufen.

Syrien und seine Verbündeten wollen diese Unterstützungsregelung beenden und Hilfslieferungen stattdessen über Damaskus senden. Das würde es der UNO und Partnerorganisationen erschweren, Hilfe zeitnah und nachhaltig zu verteilen.

Die syrische Regierung hat immer wieder versucht, die Hilfslieferungen durch bürokratische Hindernisse einzuschränken. Sie hat zudem Mitarbeitende von Hilfsorganisationen auf „schwarze Listen“ gesetzt und jene verfolgt, die mit Oppositionellen in den von diesen gehaltenen Gebieten in Verbindung gebracht wurden. Bewaffnete Gruppen wie Hay’at Tahrir al-Sham haben ebenfalls humanitäre Organisationen daran gehindert, ihrer Arbeit effizient nachzugehen.

„Vertreter*innen der UNO bezeichnen Idlib bereits als humanitäre ,Horror-Geschichte‘ – diese wird sich noch verschlimmern, wenn der Sicherheitsrat nicht über die politischen Interessen der Konfliktparteien hinausblickt und diese lebenswichtige humanitäre Unterstützungsmöglichkeit beibehält“, sagt Heba Morayef.

Vertreibung und katastrophale Lebensbedingungen
Aufgrund der jüngsten Angriffe auf Idlib mussten zwischen Dezember 2019 und März 2020 nahezu eine Million Menschen – mehr als 80 Prozent davon Frauen und Kinder – in Gebiete in der Nähe der türkischen Grenze fliehen.

Eine Mutter von drei Kindern, deren Familie in den vergangenen acht Monaten zweimal vertrieben worden war, sagte Amnesty International: „Mein Tochter, die in die erste Klasse geht, hat ständig Angst …. Sie fragte mich [nachdem wir vertrieben worden waren]: ,Warum tötet Gott uns nicht?’ … Wir sind nirgendwo sicher.“

Diese Menschen, die sich auf einer immer kleiner werdenden Fläche zusammendrängen, leben unter unmenschlichen Bedingungen ohne ausreichende humanitäre Unterstützung. Hilfe ist dringend notwendig und muss über einen längeren Zeitraum garantiert werden. Die globale Coronakrise erschwert die humanitäre Hilfe für die Menschen in der Region zusätzlich. Eine Ausbreitung der Pandemie könnte fatale Folgen haben. In den überfüllten Flüchtlingslagern sind Schutzmaßnahmen kaum möglich und das bereits schwer gebeutelte Gesundheitswesen ist in keiner Weise für eine Pandemie ausgerüstet.

Bei Fragen oder zur Vermittlung von Interviews stehen wir gerne zur Verfügung. presse@amnesty.at

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PA: Nigeria: Militär zerstört Dörfer nach Angriffen von Boko Haram

Als Antwort auf vermehrte Angriffe der bewaffneten Gruppe Boko Haram brannte das nigerianische Militär ganze Dörfer nieder und vertrieb deren EinwohnerInnen. Das zeigen aktuelle Recherchen von Amnesty International vor Ort: MitarbeiterInnen der Menschenrechtsorganisation haben u. a. mit betroffenen DorfbewohnerInnen im Bundesstaat Borno gesprochen und Satellitendaten ausgewertet.

„Die grausame Zerstörung ganzer Dörfer sollte als potentielles Kriegsverbrechen geahndet werden. Ohne zwingenden militärischen Grund wurden absichtlich Häuser zerstört und die BewohnerInnen vertrieben“, sagt Osai Ojigho, Direktor von Amnesty International Nigeria.
Seit Beginn des jahrzehntelangen bewaffneten Konflikts im Nordosten des Landes hat Amnesty International immer wieder derartige Vergehen und schwere Menschenrechtsverletzungen seitens des Militärs dokumentiert. „Die nigerianische Regierung darf diese Vergehen nicht unter den Teppich kehren. Sie müssen untersucht und mutmaßliche Verbrecher*innen müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Die Regierung muss sicherstellen, dass es keine weiteren Angriffe des Militärs auf die Zivilbevölkerung gibt“, sagt Osai Ojigho. Neben der Zerstörung der Dörfer nahmen Militärstreitkräfte willkürlich sechs vertriebene Männer fest. Die Männer wurden nahezu einen Monat lang in Isolationshaft gefangen gehalten und misshandelt, bevor sie am 30. Jänner 2020 wieder freigelassen wurden.

Gesetzeswidrige Taktiken
Seit Dezember 2019 führte Boko Haram verstärkt Angriffe im Nordosten Nigerias aus; besonders entlang der wichtigen Straße zwischen Maiduguri und Damaturu, den Hauptstädten der Bundesstaaten Borno und Yobe. Recherchen von Amnesty International in Borno bestätigten, dass das nigerianische Militär als Reaktion auf die Angriffe zu ungesetzlichen Maßnahmen greift, die schreckliche Folgen für die Zivilbevölkerung haben und Kriegsverbrechen gleichkommen.
Amnesty International sprach mit 12 Frauen und Männern, die am 3. und 4. Jänner 2020 aus ihren Häuser in drei verschiedenen Dörfern nahe der Straße zwischen Maiduguri und Damaturu (zwischen Jakana und Mainok im Staat Borno) fliehen mussten. Die Organisation analysierte auch Daten der Satellitenfernerkundung und konnten so drei Brände lokalisieren, die am und um den 3. Jänner aktiv waren. Satellitenbilder von Bukarti, Ngariri und Matiri zeigten, dass nahezu alle Gebäude der Dörfer zerstört worden waren. Bilddaten zeigten auch, dass auch Nachbardörfer von den Bränden in Mitleidenschaft gezogen worden waren.
„Sie sagen, sie hätten uns vor Boko Haram gerettet, aber das ist eine Lüge“
Medien gaben Aussagen des nigerianischen Militärs wieder und bestätigten, dass Soldaten der Brigaden 5 und 29 gemeinsam mit dem Spezialeinheiten-Bataillon 2 die Einsätze zwischen Jakana und Mainok am 3. Jänner ausführten. Die Militärstreitkräfte gaben an, sie hätten sechs „Verdächtige“ festgenommen und „461 Gefangene von Boko Haram“ aus einigen Dörfern, einschließlich Bukarti und Matiri „befreit“.
ZeugInnen, die von Amnesty International befragte wurden, gaben an, Boko Haram sei nicht in ihren Dörfern gewesen. Sie sagten, dass sie sich deutlich sicherer in ihren Dörfern gefühlt hätten als in dem Lager für Binnenvertrieben, wohin sie das Militär gebracht hatte.
„Sie sagen, sie hätten uns vor Boko Haram gerettet, aber das ist eine Lüge“, sagte ein etwa 65-jähriger Mann. „Boko Haram kommt nicht in unser Dorf.“
„Wir halten in unserem Dorf Tiere und lagern Erntevorräte. Wenn uns Boko Haram bereits einen Besuch abgestattet hätte, denkt ihr nicht, sie hätten das alles mitgenommen?“, sagte eine ältere Dame aus Bukarti. „Die Jungs [von Boko Haram] haben kein Interesse an uns.“
Einige BewohnerInnen der Dörfer Bukarti und Ngariri sagten, ihr Dorf liege so nahe an der Hauptstraße, dass es für Boko Haram undenkbar sei, sich hier niederzulassen. Sie sagten, dass nigerianische Soldaten häufig in die Gegend ihrer Dörfer kamen und oft mit den Entscheidungsträger*innen im Dorf sprechen würden. Vier Zeugen gaben Amnesty International gegenüber an, dass nigerianische Soldaten gestellte Fotos der Dorfbewohner*innen verbreitet hätten. Diese zeigten, wie diese auf Militärlastwägen zugingen und sollten den Anschein erwecken, das Militär habe sie „gerettet“.

Vermehrte Angriffe von Boko Haram
Die Militäroperationen finden speziell in den Gebieten entlang der Straße zwischen Maiduguri und Damaturu statt. Dort hat es auch eine Zunahme der Angriffe von Boko-Haram gegeben: Bei ihrem tödlichsten Angriff seit Jahresbeginn soll die bewaffnete Gruppe am 10. Februar in der Nähe des Dorfes Auno 30 Autofahrer*innen getötet haben. Es war der sechste Angriff der bewaffneten Gruppe auf Auno innerhalb von zehn Monaten. Er zeigt das menschenverachtende Vorgehen von Boko Haram sowie die zunehmende Gefahr für die Zivilbevölkerung entlang dieser lebenswichtigen Route, die den Bundesstaat Borno mit dem Rest Nigerias verbindet.

Bei Fragen oder zur Vermittlung von Interviews:
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IM NORDOSTEN SYRIENS: KEIN KRIEGSENDE IN SICHT

Wie es um Krieg und Frieden in Syrien steht hat Politik-Experte Leo Gabriel beim einem Internationalen Forum vor Ort recherchiert.

Fotomaterial auf Anfrage: lgabriel@gmx.net

Im Juli 2019 lud das Rojava Center for Strategic Studies (NRLS) zum „Internationale Forum zu ISIS: „Dimensionen, Herausforderungen und Konfrontationsstrategien“ statt. Mehr als 200 PolitikerInnen, ForscherInnen und VertreterInnen zivilgesellschaftlicher Institutionen aus mehreren Ländern (u.a. aus Europa und den USA) kamen dazu in der Stadt Amude im von der kurdischen Selbstverwaltung kontrollierten Teil Nord- und Ostsyriens, das hierzulande Rojava genannt wird, zusammen.
Im Mittelpunkt des Forumsstand die durch schlagkräftige Beweise erhärtete These, dass die Regierung Erdogan unter dem Vorwand, die kurdische Aufstandsbewegung PKK zu unterstützen, der ISIS (islamischer Staat) von Anfang an, also ab 2015 Vorschub geleistet hatte.

ISIS und die Türkei: eine unheilige Allianz
Aus den zahlreichen Redebeiträgen, Diskussionen, schriftliche Stellungnahmen undVideobotschaften ging hervor, dass die türkische Armee und deren Geheimdienste beim Kampf um die an der türkisch-syrischen Grenze gelegene Stadt Kobaneim September 2014 an ISIS nicht nur Waffen geliefert und Rückendeckung geleistet hatte, sondern Bomben- und Selbstmordanschläge, von denen sie Kenntnis hatten, nicht verhindert hatten. Die kurdischen TeilnehmerInnen würdigten die Vorreiterrolle der kurdischen Volks- undFrauenschutzeinheiten (YPG und YPJ) sowie der aufständischen syrischen demokratischenStreitkräfte (SDF) bei der Vertreibung der ISIS, der an die 11 000 KämpferInnen zum Opfer gefallen waren.

Ein besonderes Augenmerk galt bei den Diskussionen den an die
40 000 gefangenen IS-KämpferInnen, für die laut französischen ExpertInnen ein eigener Gerichtshof unter internationaler Aufsicht eingerichtet werden könnte. Das wäre jedoch auf Grund des russischen Vetos im Sicherheitsrat kaum durchzusetzen. „Zumindest sollten die ausländischen IS-Kämpferinnen und Kämpfer an die Justizbehörden ihrer Ursprungsländer ausgeliefert werden“, war die allgemeine Forderung.

Brennpunkt Idlib
Wer jedoch gemeint hat, dass mit der Niederlage der ISIS an nahezu allen Fronten Syriens und des Irak der nun schon sieben Jahre währende Krieg zu Ende wäre und die syrischen Flüchtlinge wieder in ihre Heimat zurückkehren könnten, irrt. Seit April diesen Jahres ist nämlich die Schlacht und das Schlachten um die Stadt Idlib wieder voll im Gange. Laut Berichten von Menschenrechts-organisationen soll es 33 Massaker mit insgesamt über 1 300 toten ZivilistInnenen gegeben haben, die auf das Konto der syrischen Armee und der russischen Luftwaffe gehen sollen. Idlib ist jene inzwischen auf 2,5 Millionen EinwohnerInnen angewachsene Stadt, in der ein Großteil der Aufständischen von der ehemaligen Free SyrianArmy (FSA) und der islamistischen Al NusraZuflucht genommen hatten. Gleichzeitig sind auch die Kämpfe in den Vororten von Homs und Aleppo wieder aufgeflammt, weil die zwischen Russland und der Türkei ausgehandelten Vereinbarungen zur Errichtung einer Sicherheitszone (noflyzone) nicht gehalten haben.

Déjàvu um Kobane
Auch in Kobane, jener Kurdenstadt westlich des Euphrat, die sich seinerzeit so tapfer gegen die ISIS geschlagen hat (siehe oben), gibt es wieder dicke Lusft. Wieder einmal droht die türkische Armee unter Erdogan mit einem Einmarsch ähnlich jenem, den sie vor zwei Jahren auf die im äußersten Westen von Rojava gelegene Stadt Afrín durchgesetzt hatte. Das Rojava Center for Strategic Studies (NRLS) hat die Weltöffentlichkeit auf die drohende Gefahr aufmerksam gemacht und lädt internationale JournalistInnen dazu ein, den KurdInnen in dieser schweren Stunde durch ihre Berichterstattung beizustehen.