Infos und Input rund um SDG 10 Weniger Ungleichheiten – Ungleichheit in und zwischen Ländern verringern.
SDG 10 hat es in Zeiten der Corona-Pandemie und der wirtschaftlichen Folgen in sich: Auch unterschiedlichen Ebenen trifft die Krise die Ärmeren stärker als die Wohlhabenden.
Umso wichtiger ist es zu fragen, wie Individuen und Staaten nicht nur die Krise akut überstehen können, sondern wie langfristig die Ungleichheit in und zwischen Ländern verringert werden kann.
Auch das wieder sehr aktuelle Thema Migration spielt eine Rolle, besagt SDG 10 doch u.a. als Ziel „geordnete, sichere, reguläre und verantwortungsvolle Migration und Mobilität von Menschen (zu) erleichtern“.
SDG 10 im Detail
SDG Watch Austria ist sowas wie der SDG-Watchdog in Österreich, ein Zusammenschluss von mehr als 180 zivilgesellschaftlichen und gemeinnützigen Organisationen, die sich gemeinsam für eine ambitionierte Umsetzung der Agenda 2030 einsetzen. Die Plattform beschreibt das Ziel 10 im Detail im Sinne der Vereinten Nationen wie folgt:
10.1 Bis 2030 nach und nach ein über dem nationalen Durchschnitt liegendes Einkommenswachstum der ärmsten 40 Prozent der Bevölkerung erreichen und aufrechterhalten
10.2 Bis 2030 alle Menschen unabhängig von Alter, Geschlecht, Behinderung, Rasse, Ethnizität, Herkunft, Religion oder wirtschaftlichem oder sonstigem Status zu Selbstbestimmung befähigen und ihre soziale, wirtschaftliche und politische Inklusion fördern
10.3 Chancengleichheit gewährleisten und Ungleichheit der Ergebnisse reduzieren, namentlich durch die Abschaffung diskriminierender Gesetze, Politiken und Praktiken und die Förderung geeigneter gesetzgeberischer, politischer und sonstiger Maßnahmen in dieser Hinsicht
10.4 Politische Maßnahmen beschließen, insbesondere fiskalische, lohnpolitische und den Sozialschutz betreffende Maßnahmen, und schrittweise größere Gleichheit erzielen
10.5 Die Regulierung und Überwachung der globalen Finanzmärkte und -institutionen verbessern und die Anwendung der einschlägigen Vorschriften verstärken
10.6 Eine bessere Vertretung und verstärkte Mitsprache der Entwicklungsländer bei der Entscheidungsfindung in den globalen internationalen Wirtschafts- und Finanzinstitutionen sicherstellen, um die Wirksamkeit, Glaubwürdigkeit, Rechenschaftslegung und Legitimation dieser Institutionen zu erhöhen
10.7 Eine geordnete, sichere, reguläre und verantwortungsvolle Migration und Mobilität von Menschen erleichtern, unter anderem durch die Anwendung einer planvollen und gut gesteuerten Migrationspolitik
10.a Den Grundsatz der besonderen und differenzierten Behandlung der Entwicklungsländer, insbesondere der am wenigsten entwickelten Länder, im Einklang mit den Übereinkünften der Welthandelsorganisation anwenden
10.b Öffentliche Entwicklungshilfe und Finanzströme einschließlich ausländischer Direktinvestitionen in die Staaten fördern, in denen der Bedarf am größten ist, insbesondere in die am wenigsten entwickelten Länder, die afrikanischen Länder, die kleinen Inselentwicklungsländer und die Binnenentwicklungsländer, im Einklang mit ihren jeweiligen nationalen Plänen und Programmen
10.c Bis 2030 die Transaktionskosten für Heimatüberweisungen von Migranten auf weniger als 3 Prozent senken und Überweisungskorridore mit Kosten von über 5 Prozent beseitigen
Zum vollständigen Resolutionstext in deutscher Übertragung
Aspekte & Fragestellungen rund um SDG 10:
- Wie kann angesichts von COVID-19 das Entwicklungsziel SDG 10 erreicht werden?
- Was bedeutet Solidarität, was stärkt bzw. was mindert in der Pandemie die Zusammenarbeit über Länder- und Kontinentalgrenzen hinweg?
- Wie kann Ungleichheit in der Gesundheitsversorgung – jetzt so zentral – möglichst rasch aber auch nachhaltig bekämpft werden?
- Wie kann eine geregelte, verantwortungsvolle Migrations- und Mobilitätspolitik aussehen?
- Wie können Frauen, in Europa und nicht zuletzt im Globalen Süden, gestärkt werden?
- Das Problem mit den Daten – wie können verlässliche Daten für die Ungleichheitsforschung geschaffen werden?
- Stichwort Vermögen: Wie kann gegen die immer größere Schere zwischen Arm und Reich entgegengewirkt werden?
Fakten
Prekär beschäftigt: Laut Internationaler Arbeitsorganisation (ILO) arbeiten 53 Prozent der LateinamerikanerInnen im informellen Sektor. In einigen Ländern Asiens und fast im gesamten Sub-Sahara-Afrika sind mehr als zwei Drittel der Bevölkerung im informellen Sektor tätig.
Die Schere klafft weiter auf: Einer neuen Studie des deutschen Versicherungskonzern Allianz zu Folge habe sich die Kluft zwischen reichen und armen Ländern wieder vergrößert – auch die Corona-Krise scheint dieser Entwicklung keinen Abbruch zu tun: Demnach besitzen aktuell die reichsten zehn Prozent – 52 Millionen Menschen in den 57 untersuchten Ländern – zusammen rund 84 Prozent des gesamten Vermögens. Und das eine Prozent der Superreichen darunter besitzt fast 44 Prozent der Gesamtsumme.
Ärmere werden ärmer: Nach Angaben der Bank Credit Suisse ist das gemeinsame Vermögen der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung von rund 154 Milliarden US-Dollar 2017 auf 136,962 Milliarden US-Dollar 2018 zurückgegangen. Das sind über 17 Mrd. US-Dollar innerhalb eines Jahres, knapp 500 Millionen US-Dollar am Tag oder 11%.
Quelle: Oxfam
Gini-Koeffizient: Eine Möglichkeit, Ungleichheit zu dokumentieren, ist der sogenannte Gini-Koeffizient. Eine Herausforderung sind dabei die Daten der Länder, denn sie sind teils aus sehr unterschiedichen Jahren. In jedem Fall deutlich wird die Differenz zwischen Globalen Norden und Süden. Viele afrikanische Staaten verzeichnen einen hohen Gini-Koeffizienten – also eine hohe Ungleichheit bezüglich Einkommen im Land – europäische Staaten schneiden hier gut ab.
Vgl. https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/rankorder/2172rank.html
Übrigens, Reichtum ist ein Klimakiller: Laut einem Oxfam-Bericht sind die reichsten zehn Prozent – im Jahresschnitt 630 Millionen Menschen – für über die Hälfte (52 Prozent) der Treibhausgas-Emissionen verantwortlich, die in dem Vierteljahrhundert ausgestoßen wurden.
Das reichste eine Prozent alleine schädigte das Klima sogar doppelt so stark wie die ärmere Hälfte der Welt: Es verantwortete 15 Prozent der Gesamtemissionen, die ärmere Hälfte hingegen nur rund sieben Prozent.
Weiterführendes & Ansprechpersonen
Warum wir einen Corona-Lastenausgleich der Reichsten brauchen.
Ein Kommentar von David Walch, Attac Österreich
Generell muss man zwischen Ungleichheit zwischen Staaten und innerhalb von Ländern unterscheiden. Einen generellen Überblick gibt die deutsche Bundeszentrale für politische Bildung.
https://www.bpb.de/veranstaltungen/netzwerke/teamglobal/67430/globale-ungleichheiten
INEQ-Institut der WU Wien: Die Suche nach den Ursachen und Auswirkungen der steigenden Ungleichverteilung von Arbeits-, Einkommens-, Vermögens- und Lebenschancen hat sich in den vergangenen Jahren zu einem der bedeutendsten Forschungsgebiete der Sozialwissenschaften entwickelt. Das Forschungsinstitut des INEQ-Instituts hat das Ziel, gesellschaftliche Ungleichheit in ihren vielschichtigen Facetten zu analysieren – auf nationaler wie internationaler Ebene.
www.wu.ac.at/ineq
www.wu.ac.at/ineq/ineq/team
Thema Ungleichheit – das Problem mit den Daten:
https://www.derstandard.at/story/2000119936834/die-ungleichheit-beim-einkommen-und-das-problem-mit-den-daten
Als Fallbeispiel in Bezug auf afrikanische Länder:
https://www.suedwind-magazin.at/das-dilemma-mit-dem-zahlenwerk
Yannick Lefang ist Gründer der Datenfirma Kasi Insight, die zu dem Thema arbeitet:
https://www.kasiinsight.com/about-us
World Inequality Database
https://wid.world
Thomas Piketty, französischer Starökonom zum Thema Ungleichheit und Autor des Bestsellers „Das Kapital im 21. Jahrhundert“, hat zusammen mit dem Wissenschaftler Lucas Chancel eine Datenbank zu globalen Ungleichheiten aufgesetzt.
2019 erschien im Mandelbaumverlag das Buch „Globale Ungleichheit“ von Karin Fischer und Margarete Grandner (Hrsg.).
Das Institut für Nachhaltiges Wirtschaften, das u.a. auf die SDGs fokussiert, setzt sich für wirtschaftliche Kooperation in Zeiten der Corona-Krise ein.
https://nachhaltiges-wirtschaften.at/institut
Geht es überhaupt nur durch alternative Wirtschaftsansätze? Dieser Frage stellt sich die Degrowth-Bewegung, die derzeit besonders in Wissenschaft & Forschung verortet ist:
https://www.degrowth.info