Die Gleichstellung von Frauen und Männern bleibt in vielen Teilen der Welt in weiter Ferne. Bei Naturkatastrophen und bewaffneten Konflikten sind Frauen und Männer unterschiedlich betroffen; Frauen und Kinder sind oft in verheerendem Ausmaß geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt. Anlässlich des Weltfrauentags am 8. März zeigt die Austrian Development Agency, warum Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe die Bedürfnisse und Expertise von Frauen berücksichtigen müssen – und wie Österreich gemeinsam mit der EU und der Hilfsorganisation CARE diese dringend benötigte Hilfe in Mosambik leistet.
Frauen sterben bei Naturkatastrophen eher als Männer. Sie haben weniger Zugang zu lebensrettenden Ressourcen, können aufgrund gesellschaftlicher Normen oft schlechter schwimmen als Männer oder nicht flüchten, da sie sich allein um Kinder, Ältere und Kranke kümmern müssen. In schlecht gesicherten Flüchtlingscamps sind sie häufig sexualisierter Gewalt ausgesetzt. Dazu kommen sexuelle Ausbeutung und die erhöhte Sterblichkeit von Frauen während der Schwangerschaft und bei Geburten, weil in Kriegen oder nach Katastrophen die entsprechende Gesundheitsversorgung fehlt.
Frauen sind systematisch ausgeschlossen
„Trotz erzielter Fortschritte in den vergangenen Jahren passiert der soziale Wandel viel zu langsam – die Diskriminierung von Frauen gehört in fast allen Ländern der Welt nach wie vor zum Alltag. Das gilt besonders für Regionen, die von Konflikten betroffen sind. Seit Jahren und Jahrzehnten werden Frauen systematisch von Entscheidungs- und Friedensprozessen ausgeschlossen. Und das, obwohl die UN-Sicherheitsratsresolution 1325 ihnen das Recht zuspricht, mitzubestimmen. Wir setzen uns dafür ein, dass Frauen sowohl in der Entwicklungszusammenarbeit als auch in der humanitären Hilfe auf allen Ebenen gehört, gesehen und miteinbezogen werden“, meint Christina Stummer anlässlich des Weltfrauentags am 8. März. Sie ist Senior Advisor für Gender und Entwicklung in der Austrian Development Agency (ADA) und damit für den Bereich Frauenförderung und Geschlechtergleichstellung zuständig.
Aktuell fördert die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit weltweit 202 Projekte, die Frauen in ihren Rechten stärken und die Gleichbehandlung von Frauen und Männern vorantreiben.
Mosambik: Frieden, der bleibt
So etwa in Mosambik: In dem von Armut und Klimawandel stark betroffenen Land im südlichen Afrika herrschte lange Zeit Bürgerkrieg. Im Oktober 2019 unterzeichneten die mosambikanische Regierung und die bewaffneten Widerstandsgruppen der größten Oppositionspartei RENAMO einen Friedensvertrag. Seitdem setzt Mosambik, das seit 1992 ein Schwerpunktland der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit ist, auf die freiwillige Entwaffnung der Rebellen und hilft ihnen sowie ihren Frauen und Kindern, ihren Weg zurück in die Dorfgemeinschaften zu finden. Über das Projekt DELPAZ – „Paz“ bedeutet Frieden auf Portugiesisch – erhielten sie dabei Unterstützung aus Europa und Österreich. Die ADA setzte das Projekt in den vergangenen 4 Jahren für die EU in der Provinz Sofala um und finanzierte es mit.
Frauenrechtsaktivistin: „Sichere Gesprächsräume für Frauen schaffen“
Im Rahmen von DELPAZ bauten die Partner der ADA solarbetriebene Systeme für die Trinkwasserversorgung und zur Bewässerung der Felder, bildeten Jugendliche aus und verteilten Getreide, Saatgut oder landwirtschaftliche Geräte. Dabei berücksichtigte die ADA speziell die Bedürfnisse von Frauen in vom Bürgerkrieg betroffenen Gemeinden:
„Wir haben Frauen dabei unterstützt, sichere Gesprächsräume aufzubauen, in denen sie über ihre Traumata sprechen können. Dort haben sie auch die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen zum Thema gemacht und Ansätze erarbeitet, wie sie Barrieren für Frauen in ihren Dörfern und Gemeinden abbauen und sich in Entscheidungsprozesse einbringen können“, erklärt Carlota Inhamussua, die über viele Jahre hinweg den Bereich Friedenssicherung, soziale Inklusion und Gender für die ADA in Mosambik maßgeblich gestaltet hat. Die studierte Philosophin ist eine Koryphäe in der mosambikanischen Frauenrechtsbewegung.
So waren die Vermarktung und der Verkauf von Getreide, Obst und Gemüse bislang vor allem Männern vorbehalten – und das, obwohl es vorrangig Frauen waren, die diese Produkte anbauten und sich um die Ernte kümmerten. „Das Projekt hat dazu beigetragen, dass sich Frauen und Männer die körperlich anstrengende Feldarbeit nun teilen. Frauen können ihre Produkte am Markt verkaufen und über die Verwendung der Verkaufserlöse selbst bestimmen“, freut sich Inhamussua.
„Frauenfreundliche“ humanitäre Hilfe
Auch im Bereich der humanitären Hilfe engagiert sich die ADA in Mosambik dafür, dass Frauen bessere Unterstützung erhalten. Gemeinsam mit der Hilfsorganisation CARE leistet sie Hilfe zur Selbsthilfe in der von Gewalt und Konflikt gezeichneten Provinz Cabo Delgado im Norden Mosambiks. Neben der Entsendung von Krisenteams und der Verteilung von Nothilfepaketen bietet CARE mit Finanzierung aus Österreich Schulungen zu klimaresistenten landwirtschaftlichen Praktiken an. Darüber hinaus werden Hygieneartikel für Frauen verteilt und Frauengruppen auf die Beine gestellt, die Frauen darin stärken, Führungsrollen in ihren Gemeinden zu übernehmen. Außerdem mobilisiert CARE vor Ort Personen, die geschlechtsspezifischer Gewalt vorbeugen, sie erkennen und im Falle des Falles hilfreich reagieren können.
Frauen an den Verhandlungstisch
Christina Stummer wird auch diesen März Österreich bei der jährlichen Frauenrechtskonferenz der Vereinten Nationen vertreten, die heuer das 30-jährige Jubiläum der Pekinger Frauenrechtsdeklaration in den Fokus stellt. Doch Grund zum Feiern gibt es kaum: Angesichts des weltweiten Backlash gegen Frauenrechte und Inklusion geht es momentan vielmehr darum, Bestehendes zu erhalten. 3 Jahrzehnte nach Verabschiedung der Deklaration im Jahr 1995 – einem Wendepunkt und Meilenstein, um die Diskriminierung von Frauen weltweit zu bekämpfen und Ungleichheiten abzubauen – ist die Gleichstellung der Geschlechter rund um den Globus noch lange nicht erreicht.
„Männer mit ins Boot holen“
„Es ist höchste Zeit, alle Formen von Diskriminierung zu beenden. Deshalb fördern wir lokale zivilgesellschaftliche Organisationen und staatliche Institutionen im Gewaltschutz. Wir setzen uns dafür ein, dass Frauen Zugang zu reproduktiver und sexueller Gesundheit haben und wirtschaftlich unabhängig sind. Dabei ist uns auch wichtig, Männer und Buben mit ins Boot zu holen. Damit die Menschenrechte für alle und überall gelten. Nur so kann sich endlich nachhaltig etwas ändern“, schließt ADA-Expertin Christina Stummer.
Austrian Development Agency (ADA)
Seit ihrer Gründung im Jahr 2004 unterstützt die Austrian Development Agency (ADA) Länder in Afrika, Asien, Südost- und Osteuropa bei ihrer nachhaltigen Entwicklung. Seitdem hat die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit gemeinsam mit ihren Partnern viel erreicht – die Lebensumstände von Millionen von Menschen haben sich substanziell verbessert. Aktuell veranlassen die Klimakrise, Kriege und Konflikte jedoch immer mehr Menschen zur Flucht und verschärfen Armut und Hunger. Die Vision der ADA von einem guten Leben für alle bleibt trotz allem unverändert. Mutige und wirksame Entwicklungszusammenarbeit ist heute wichtiger denn je. Zusammen mit öffentlichen Einrichtungen, zivilgesellschaftlichen Organisationen, Universitäten und Unternehmen ermöglicht die ADA bessere Lebensbedingungen und Perspektiven vor Ort.
Rückfragehinweis:
Austrian Development Agency (ADA),
die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit
Dr. Gunter Schall
Tel.: +43 (0)1 903 99-2400
gunter.schall@ada.gv.at
https://www.entwicklung.at/