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PA: Sudan: vorsätzliche Angriffe auf Zivilpersonen – Kriegsverbrechen beider Konfliktparteien

Ein neuer Bericht von Amnesty International dokumentiert vorsätzliche Kriegsverbrechen durch Rapid Support Forces und sudanesisches Militär, darunter gezielte Angriffe auf Zivilbevölkerung und humanitäre Infrastruktur, sexualisierte Gewalt gegen Frauen und junge Mädchen sowie großflächige Plünderungen. Amnesty fordert eine Ausweitung des Waffenembargos und die Verstärkung humanitärer Hilfe.

Der Konflikt zwischen den paramilitärischen Einheiten der Rapid Support Forces (RSF) und der sudanesischen Armee im Sudan hat zu Tausenden von Verletzten und Toten geführt. Beide Seiten sind für eine Reihe von Kriegsverbrechen verantwortlich, so Amnesty International in einem neuen Bericht mit dem Titel ‘Death Came To Our Home’: War Crimes and Civilian Suffering In Sudan.

Die Konfliktparteien begehen vorsätzliche und wahllose Angriffe auf die Zivilbevölkerung, die eine große Zahl von Opfern gefordert haben. In dem Bericht werden auch Vorfälle sexualisierter Gewalt gegen Frauen und Mädchen, gezielte Angriffe auf zivile Einrichtungen wie Krankenhäuser und Kirchen sowie großflächige Plünderungen aufgezeigt.

„Überall im Sudan erlebt die Zivilbevölkerung tagtäglich unvorstellbare Gräuel, weil die Rapid Support Forces und die sudanesische Armee rücksichtslos um territoriale Kontrolle kämpfen“, so Agnès Callamard, internationale Generalsekretärin von Amnesty International.

„Menschen werden in ihrem Zuhause oder bei der verzweifelten Suche nach Nahrung, Wasser oder Medikamenten getötet. Sie geraten ins Kreuzfeuer, während sie zu fliehen versuchen, und werden bei gezielten Angriffen beschossen. Zahlreiche Frauen und Mädchen, manche erst zwölf Jahre alt, sind von Angehörigen beider Konfliktparteien vergewaltigt und anderen Formen sexualisierter Gewalt unterworfen worden. Die Menschen sind nirgendwo sicher.

In der Region Darfur, wo die RSF und verbündete Milizen für Tod und Verwüstung sorgen, beschwört die Spirale der Gewalt das Schreckgespenst vorheriger Jahrzehnte herauf, in denen teils dieselben Akteure Gewalttaten verübten und dabei nur verbrannte Erde hinterließen. Die RSF und die sudanesische Armee sowie ihre jeweils verbündeten Gruppen müssen damit aufhören, die Zivilbevölkerung ins Visier zu nehmen, und haben sichere Fluchtwege für alle Schutzsuchenden bereitzustellen. Es müssen dringend Maßnahmen ergriffen werden, um Gerechtigkeit und Wiedergutmachung für Opfer und Überlebende zu gewährleisten.“

Amnesty International hat für den Bericht mit 181 Personen gesprochen, die größtenteils in den Osten des Tschad geflüchtet sind. Die Organisation wertete auch eine große Menge an audiovisuellem Material aus, das auf mögliche Menschenrechtsverletzungen hinweist, und analysierte Satellitenaufnahmen, um bestimmte Vorfälle zu verifizieren. Der Bericht konzentriert sich in erster Linie auf Khartum und West-Darfur.

Zivilbevölkerung im Kreuzfeuer

Zivilpersonen werden bei gezielten Angriffen vorsätzlich verletzt oder getötet. Frauen, Männer und Kinder geraten regelmäßig ins Kreuzfeuer, da beide Seiten Angriffe auf dichtbesiedelte zivile Wohngebiete vornehmen, häufig unter Einsatz explosiver Waffen mit flächendeckender Reichweite.

Zahlreiche Zivilpersonen sagten Amnesty International, dass sie an Orten, an denen sie Schutz gesucht hatten, verletzt und ihre Verwandten getötet wurden. Meist geben Überlebende und andere Zeug*innen an, dass Angehörige der RSF verantwortlich waren.

Am 6. Juni wurden in West-Darfur bei wiederholten Angriffen mit bodengestützten Projektilen Dutzende Zivilpersonen verletzt und getötet, die in und nahe den Frauenschlafsälen der Universität von Al-Dschunaina Schutz vor den Kämpfen gesucht hatten.

Am 13. Mai verschafften sich RSF-Mitglieder Zutritt zu dem koptisch-orthodoxen Kirchenkomplex Mar Girgis im Stadtteil Bahri in Khartum. Mehrere Augenzeug*innen gaben an, dass die Eindringlinge fünf Geistliche erschossen und Geld sowie ein goldenes Kreuz stahlen.

Am 14. Mai wurden in einer medizinischen Rettungsstation (Markaz Inqadh al-Tibbi) im Stadtteil Jamarik in Al-Dschunaina 14 Personen getötet, darunter Dr. Adam Zakaria Is’haq, ein 38-jähriger Arzt und Menschenrechtsverteidiger. Zwei Kolleg*innen des getöteten Arztes sagten Amnesty International, dass die 14 Personen von bewaffneten arabischen Milizionären erschossen worden seien.

Am 28. Mai wurden in der Ortschaft Misterei südwestlich von Al-Dschunaina Dutzende Zivilpersonen getötet, als es zu Zusammenstößen zwischen der RSF und ihrer verbündeten Milizen auf der einen und bewaffneten Masalit-Gruppen auf der anderen Seite kam. Von Anwohner*innen erfuhr Amnesty International, dass sie allein an diesem Tag 58 Zivilpersonen begraben hätten.

Sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Angehörige der Konfliktparteien verübten Vergewaltigungen und andere Formen sexualisierter Gewalt gegen zahlreiche Frauen und Mädchen, von denen manche erst zwölf Jahre alt waren. In einigen Fällen wurden Frauen und Mädchen tagelang unter Bedingungen festgehalten, die Sexsklaverei gleichkommen.

In den meisten von Amnesty International dokumentierten Fällen gaben die Überlebenden an, die Verantwortlichen seien Angehörige der RSF oder verbündeter arabischer Milizen gewesen. Vergewaltigungen, Sexsklaverei und andere Formen sexualisierter Gewalt, die im Rahmen eines bewaffneten Konflikts begangen werden, gelten als Kriegsverbrechen.

Zerstörung von Krankenhäusern und humanitären Einrichtungen

Im ganzen Land sind zahlreiche medizinische und humanitäre Einrichtungen beschädigt oder zerstört worden, wodurch die Zivilbevölkerung keinen Zugang zu Nahrungsmitteln und Medikamenten mehr hat und sich die bereits verhängnisvolle Lage noch verschärft hat.

Die meisten dokumentierten Fälle von Plünderungen gingen von RSF-Mitgliedern aus. Vorsätzliche Angriffe auf Angehörige oder Objekte humanitärer Organisationen sowie auf Gesundheitseinrichtungen gelten als Kriegsverbrechen.

Amnesty: Waffenembargo ausweiten und humanitäre Hilfe verstärken

Amnesty International fordert den UN-Sicherheitsrat auf, das derzeitige Waffenembargo gegen Darfur rasch auf den gesamten Sudan auszuweiten und dafür zu sorgen, dass es auch durchgesetzt wird.

„Die internationale Gemeinschaft sollte dem Sudan erheblich mehr humanitäre Unterstützung zukommen lassen, und die Nachbarstaaten müssen ihre Grenzen für schutzsuchende Zivilpersonen öffnen“, forderte Agnès Callamard.

„Die internationale Gemeinschaft muss das bestehende Waffenembargo auf den gesamten Sudan ausweiten und seine Durchsetzung sicherstellen. Länder, die in der Position sind, wirksam Druck auf die Konfliktparteien auszuüben, müssen ihren Einfluss geltend machen, um die Menschenrechtsverstöße zu beenden. Der UN-Menschenrechtsrat sollte gemäß den Forderungen der Zwischenstaatlichen Entwicklungsbehörde IGAD einen unabhängigen Untersuchungs- und Rechenschaftsmechanismus für den Sudan einrichten, um Nachweise für Menschenrechtsverstöße zu sammeln und zu bewahren.“

Konfliktparteien bestreiten Beteiligung an Kriegsverbrechen
Am 21. Juni 2023 teilte Amnesty International der sudanesischen Armee und der RSF ihre Erkenntnisse schriftlich mit und bat um Informationen bezüglich spezifischer Vorwürfe, die in dem Bericht erhoben werden.

In ihren Antwortschreiben am 12. bzw. 14. Juli gaben sowohl die Armee als auch die RSF an, sich an das Völkerrecht zu halten, und argumentierten, dass es die jeweils andere Partei sei, die Verstöße begehe. Das Militär teilte mit, eine Abteilung eingerichtet zu haben, die sicherstellen soll, dass die Zivilbevölkerung bei Waffeneinsätzen nicht ins Kreuzfeuer gerät. Die RSF stritt alle Vorwürfe sexualisierter Gewalt ab und sagte, es seien Ausschüsse gebildet worden, um alle Vorwürfe von Fehlverhalten zu untersuchen.

Die RSF stritt auch ab, an den „Ereignissen“ in West-Darfur beteiligt gewesen zu sein, und sagte, dass „die meisten“ arabischen Milizen Verbindungen zur Armee hätten. Aussagen von Zeug*innen sowie andere Belege weisen wiederholt darauf hin, dass RSF-Mitglieder in West-Darfur schwere Menschenrechtsverstöße begehen, manchmal in Zusammenarbeit mit arabischen Milizen.

Rückfragen
Presseteam Amnesty International Österreich
Antonio Prokscha
+43-664-621 10 31
E-Mail: antonio.prokscha@amnesty.at

Trauer um den österreichischen Journalisten Ralf Leonhard

2001 verfasste er die Studie „Analyse der entwicklungspolitischen Berichterstattung des ORF-Fernsehen“ und stellte Verbesserungspotential fest. Empfohlen wurde in der Studie unter anderem: „Die Länder und Probleme des Südens sollten nicht länger als Randthema betrachtet werden, das nur in den Kategorien Kriege, Krisen, Katastrophen in die Sendung kommt. Entwicklungen in den Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas sollten ernsthafter beobachtet werden.“

In Zusammenarbeit mit dem ORF bildete sich um Ralf Leonhard und Leo Gabriel eine Arbeitsgruppe, die als Schnittstelle EZA-NGOs und den ORF stärker miteinander verband.

Zeit seines Lebens war der Journalist Ralf Leonhard vor allem in Bezug auf Lateinamerika versiert, beschäftigte sich mit verschiedensten Themen und Weltgegenden.

Er war langjähriger freier Mitarbeiter u.a. für das Südwind-Magazin, Mitarbeiter, Obmann und eine der zentralen Stützen der Informationsgruppe Lateinamerika (IGLA) und Österreich-Korrespondent der deutschen Taz.

Ralf Leonhard verunglückte vergangenes Wochenende.

In tiefer Trauer,

das Team der Informationsstelle  für Journalismus & Entwicklungspolitik

Recherchehinweis: SDG 7 – Bezahlbare und Saubere Energie

Infos und Input rund um SDG 7 – Bezahlbare und Saubere Energie

Durch den Ukraine-Krieg und die Teuerung ist Energie eines der wichtigsten Themen derzeit. Und die aktuellen Entwicklungen wirbeln einige andere Aspekte gehörig durcheinander: Erneuerbaure Energien sind – Stichwort Klimakrise und -aktivismus, seit Jahren ein Dauerbrenner.

SDG 7 betont, dass man Energie global und nachhaltig angehen muss.

SDG 7 im Detail

7.1 Bis 2030 den allgemeinen Zugang zu bezahlbaren, verlässlichen und modernen Energiedienstleistungen sichern

7.2 Bis 2030 den Anteil erneuerbarer Energie am globalen Energiemix deutlich erhöhen

7.3 Bis 2030 die weltweite Steigerungsrate der Energieeffizienz verdoppeln

7.a Bis 2030 die internationale Zusammenarbeit verstärken, um den Zugang zur Forschung und Technologie im Bereich saubere Energie, namentlich erneuerbare Energie, Energieeffizienz sowie fortschrittliche und saubere Technologien für fossile Brennstoffe, zu erleichtern, und Investitionen in die Energieinfrastruktur und saubere Energietechnologien fördern

7.b Bis 2030 die Infrastruktur ausbauen und die Technologie modernisieren, um in den Entwicklungsländern und insbesondere in den am wenigsten entwickelten Ländern, den kleinen Inselentwicklungsländern und den Binnenentwicklungsländern im Einklang mit ihren jeweiligen Unterstützungsprogrammen moderne und nachhaltige Energiedienstleistungen für alle bereitzustellen

Zum vollständigen Resolutionstext in deutscher Übertragung

Aspekte & Fragestellungen rund um SDG 7

  • Wie sollen in Anbetracht der mehrfachen Krisen SDG 7 erreicht werden?

  • Wie kann auf den „Gas-Krieg“ im Zuge der russischen Invasion in der Ukraine reagiert werden?

  • Wieviel Schaden in Sachen Erneuerbare Energien und SDG 7 werden kurzfristige Suchen nach Erdgas-Alternativen anrichten bzw. wie stark verzögern sie den Umstieg auf Erneuerbare Technologien?

  • Welche Strategien fahren europäische Länder dabei, wer setzt umso mehr auf Erneuerbare Energien, wer weniger als davor?

  • Alternative Globaler Süden: Welche Rolle können Energie-liefernde Staaten etwa aus Afrika nun spielen – welches Potential gibt es, wie schnell ist das abrufbar, und – wiederum – wie schaut es mit dem Faktor SDG 7 aus?

  • Kritik aus dem Globalen Süden: Es gibt Äußerungen, die der EU bzw. europäischen Staaten im Zuge der Situation eine neokolonialistische Haltung vorwerfen – es ginge dem Norden jetzt nur darum, sich selbst möglichst gut mit Energie zu versorgen, auf Kosten z.B. afrikanischer Länder.

  • Viel Österreich-Bezug: Inwieweit wird die Rolle von Atomenergie auf der Ebene der EU nun gestärkt?

  • Klimabewegung: Welche Rolle nimmt sie nun ein in Bezug auf das Thema bzw. SDG 7 – und wird sie weniger beachtet als vor der russischen Invasion und der Gaskrise?

  • International gesehen spielt der gesamte Themenkomplex für Österreich bei der Entwicklungszusammenarbeit eine wichtige Rolle. Projekte der Austrian Development Agency (ADA) widmet sich Energieaspekten in den Schwerpunktländern der EZA und in anderen Regionen des Globalen Südens.

  • Desertec, mit dem in der Sahara im großem Maßstab für Europa Strom gewonnen werden soll?

Weiterführendes & Ansprechpersonen

Infos rund um die Umsetzung der SDGs in Österreich (zivilgesellschaftliche Initiative):
SDG Watch Austria

Verantwortlich für das EAG-Gesetzespaket ist das Bundesministerium für Umwelt & Energie

Kritische Einschätzungen zur Energie-Situation hierzulande etwa von:

Assoz. Prof. Mag. Dr. Reinhard Steurer (BOKU Wien): „Wir machen uns etwas vor“

Mag. Dr. Renate Christ (ehem. Generalsekretärin des IPCC): „Wir brauchen ein Gesamtkonzept“

Interessensvertretungen:

Der Österreichische Biomasseverband bezieht laufend zur Energiepolitik Stellung.

Erneuerbare Energie Österreich
www.erneuerbare-energie.at

IG Windkraft
igwindkraft.at
Kontakt Presse
Mag. Martin Jaksch-Fliegenschnee
+43(0)660-20-50-755
m.fliegenschnee@igwindkraft.at

Thema Globaler Süden:

„Wir wollen euer Geld für fossile Energien nicht“, sagt etwa Ina-Maria Shikongo, sie Klima-Aktivistin und und lebt in Namibia:

Mehrere NGOs haben gute Kontakte zu Klimaaktivist*innen aus dem Globalen Süden. Die ISJE vermittelt gerne auf Rückfrage: office@isje.at

Das panafrikanische Medium „The Continent“ veröffentlichte in der Ausgabe 90 einen Plan, wie Afrika in Sachen Energie innerhalb einer kurzen Zeitspanne einen Sprung nach vorne machen könnte: Electricity for all. In eight years.

Was bedeutet der Ukraine-Krieg für Afrika? Darüber spricht in diesem Podcast die Korrespondentin Bettina Rühl.

Martin Sturmer von afrika.info, siehe auch: 
Holzkohle gefährdet Zukunft der Wälder | afrika.info

Ein Beitrag des paneuropäischen Mediennetzwerkes Euractiv fasst zusammen, welche Chancen Afrika und Europa nun beim Gas in einer verstärkten wirtschaftlichen Kooperation sehen.

Für Umwelt und Energiethemen in Bezug auf den Krieg in der Ukraine ist Angelina Davydova eine spannende Ansprechpartnerin.

Interessante Firma: Windkraft Simonsfeld spielt im Konzert der großen Windstromproduzenten mit, das Unternehmen von Vorstand Martin Steininger setzt auf Verantwortung und Nachhaltigkeit.

Beispiele für Projekte der Austrian Development Agency:

  1. Soltrain – solarthermische Ausbildung im südlichen Afrika (SADC-Raum): Mit Sonnenenergie in die Zukunft, etwa in Namibia.

2. Unterstützung für das Globale Netzwerk Regionaler Energiezentren (Global Network of Regional Sustainable Energy Centres, GN-SEC):

Seit 2010 baut die Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO) das Globale Netzwerk für regionale nachhaltige Energiezentren auf. Dabei arbeitet sie eng mit Wirtschaftsgemeinschaften in Entwicklungsländern zusammen.

Die Kompetenzzentren für erneuerbare Energien und Energieeffizienz setzen wichtige Impulse für gesellschaftliche Veränderungsprozesse in Richtung nachhaltige Energielösungen und Klimaneutralität. Mittlerweile umfasst das Netzwerk acht Zentren: in Afrika (Ägypten, Kap Verde, Namibia, Uganda), im pazifischen Raum (Tonga), in der Karibik (Barbados), in Zentralamerika (El Salvador) und in der Region Himalaya-Hindukusch (Nepal).

Die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit war federführend an der Entstehung der Zentren beteiligt. Heute haben sie zahlreiche internationale Partner, etwa die Europäische Union, die Weltbank und verschiedene bilaterale Entwicklungsagenturen.

Aktuelles Interview mit Martin Lugmayr (UNIDO) zum Thema. Kontakt von Martin Lugmayr auf Anfrage!

Weiteren Einblick in ADA-Projekte im Bereich Erneuerbare Energie gibt es hier und hier.

Infos & Kontakte zu Projekten der österreichischen EZA liefert die Pressestelle der Austrian Development Agency:
entwicklung.at/mediathek/presse

Dr. Daniel Ayuk Mbi Egbe von der Johannes Kepler Uni Linz ist Experte für Solarenergie und Koordinator von ANSOLE, African Network for Solar Energy

 

PA: Weltfrauentag: Dramatische Verschlechterung bei der Achtung von Frauenrechten und Gleichstellung muss rückgängig gemacht werden

Katastrophale Angriffe auf die Menschenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter in den vergangenen zwölf Monaten haben den Schutz von Frauen und Mädchen weltweit verringert und Bedrohungen verschärft, erklärte Amnesty International heute.

Am Internationalen Frauentag ruft die Organisation zu mutigem Handeln auf, um die Erosion der Rechte von Frauen und Mädchen rückgängig zu machen.
„Ereignisse im Jahr 2021 und den ersten Monaten dieses Jahres haben die Rechte und die Würde von Millionen von Frauen und Mädchen verletzt. Die Krisen in der Welt wirken sich nicht gleichmäßig auf alle aus. Die unverhältnismäßig großen Auswirkungen auf die Rechte von Frauen und Mädchen sind gut dokumentiert, werden aber immer noch zu wenig beachtet oder sogar völlig ignoriert. Doch die Fakten sind eindeutig. Die Corona-Pandemie, die massive Einschränkung der Frauenrechte in Afghanistan, die weit verbreitete sexualisierte Gewalt im Äthiopienkonflikt, die Angriffe auf den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen in den USA und der Rückzug der Türkei aus der Istanbul-Konvention zu geschlechtsspezifischer Gewalt: Jeder Akt für sich ist eine schwerwiegende Aushöhlung der Rechte, aber alle zusammen? Wir müssen diesem weltweiten Angriff auf die Würde von Frauen und Mädchen entschieden entgegentreten“, sagt die internationale Generalsekretärin von Amnesty International Agnès Callamard.

Die vergangenen zwei Jahre, die von der Covid-19-Pandemie geprägt waren, haben sich unverhältnismäßig stark auf Frauen und Mädchen ausgewirkt. Die häusliche Gewalt hat zugenommen, die Arbeitsplatzunsicherheit für Frauen hat sich verschlimmert, der Zugang zu Gesundheitsdiensten wurde verschlechtert, und die Zahl der Mädchen, die eine Schule besuchen, ist vielerorts drastisch zurückgegangen. Diejenigen, die ohnehin schon am stärksten benachteiligt sind, sind am stärksten betroffen. Entscheidungen von Regierungen und Behörden, die die Situation von Frauen und Mädchen verschlechtert haben, müssen rückgängig gemacht werden.

Krise in der Ukraine
In diesem Jahr fällt der Internationale Frauentag in eine Zeit, in der der russische Einmarsch in die Ukraine die Welt in eine neue Krise stürzt. Bilder von Frauen, die unter Luftangriffen gebären oder mit ihren Kindern auf dem Arm vor den Bomben fliehen, Bilder von trauernden Müttern und neu verwaisten Kindern machen deutlich, was Konflikte und humanitäre Krisen für Frauen und Kinder bedeuten. Die Frauen und Mädchen, die der Konflikt in der Ukraine eingeholt hat, sind nun Teil der Millionen von Menschen, die in bewaffneten Konflikten von Syrien über Jemen bis Afghanistan und weit darüber hinaus extreme menschliche Verluste erleiden.

Die zunehmende Militarisierung des Alltags durch die Verbreitung von Waffen, die Eskalation von Gewalt und die Umwidmung öffentlicher Mittel in Militärausgaben stellt einen hohen und unhaltbaren Preis für das tägliche Leben von Frauen und Mädchen dar. In diesen Tagen sind Frauen und Mädchen in der Ukraine und in der gesamten Region ein weiteres Mal in großer Gefahr. Amnesty International hat bereits dokumentiert, dass die Militarisierung der letzten Jahre in den konfliktbetroffenen östlichen Regionen der Ukraine zu einem Anstieg der geschlechtsspezifischen Gewalt und einem eingeschränkten Zugang zu grundlegenden öffentlichen Leistungen geführt hat. Dieses Muster wird sich nun auf das ganze Land ausweiten.

Massive Einschränkungen der Rechte von Frauen und Mädchen in Afghanistan
Seit ihrer Machtübernahme in Kabul im August 2021 haben die Taliban die Rechte von Frauen und Mädchen in ganz Afghanistan stark eingeschränkt. Frauen dürfen nur in Begleitung eines männlichen Vormunds an ihren Arbeitsplatz gehen oder sich in der Öffentlichkeit bewegen. Mädchen, die älter als zwölf Jahre sind, haben keinen Zugang zur Bildung mehr.

„Die Gesetze, Politik und Methoden der Taliban haben dazu beigetragen, die Errungenschaften im Bereich der Menschenrechte, für die das afghanische Volk jahrzehntelang gekämpft hat, zunichtezumachen. Trotz der mutigen Proteste von Frauen im ganzen Land sind die Taliban nach wie vor entschlossen, eine Gesellschaft zu errichten, in der Frauen zu Bürger*innen zweiter Klasse gemacht werden. In ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, ihrer Bildung beraubt, ihrer Arbeits- und Einkommensmöglichkeiten beraubt und ohne Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt? Das ist unzumutbar. Es bringt Schande für alle, die dafür verantwortlich sind, und auch für alle, die dazu schweigen“, sagte Agnès Callamard.

„Regierungen in aller Welt müssen die Rechte von Frauen und Mädchen in den Mittelpunkt ihrer Außenpolitik für Afghanistan stellen. Sie müssen sich an den afghanischen Frauenrechtler*innen orientieren und darauf bestehen, dass Frauen und Mädchen gleichberechtigten Zugang zu Bildung, Beschäftigung und grundlegenden Dienstleistungen haben – ohne Diskriminierung.“

Geschlechtsspezifische Gewalt in Äthiopien Geschlechtsspezifische Gewalt ist ständiges Merkmal der bewaffneten Konflikte in Äthiopien, die in den letzten zwölf Monaten fortgesetzt und ausgeweitet wurden. Amnesty International hat über weit verbreitete sexuelle Gewalt in Äthiopien berichtet, die in der Region Tigray von äthiopischen und eritreischen Streitkräften und in der Region Amhara von tigrayischen Streitkräften verübt wurde.

Diese Übergriffe stellen Kriegsverbrechen dar und können als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gewertet werden. Viele der von Amnesty International dokumentierten Übergriffe – wie etwa Gruppenvergewaltigungen – wurden von mehreren Tätern vor den Augen von Familienmitgliedern begangen. In einigen Fällen wurden die Angegriffenen sexuell verstümmelt und/oder mit ethnischen Beleidigungen und Drohungen attackiert.

Rechtlicher Schutz wird abgebaut
In den vergangenen zwölf Monaten wurde auch der internationale Rechtsrahmen zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt erheblich beschädigt.

Am 1. Juli 2021 trat die Türkei aus der bedeutenden Istanbul-Konvention aus – einem bahnbrechenden und umfassenden Instrument zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt und zur Gewährleistung der Rechte von Betroffenen in Europa. Diese Entscheidung stellt einen massiven Rückschritt für die Menschenrechte von Frauen und Mädchen in der Türkei dar und hat auch in mehreren anderen Ländern, Gegner von Frauenrechten ermutigt.

In den Vereinigten Staaten wurden Abtreibungsrechte massiv angegriffen, indem die Regierungen einzelner Bundesstaaten im Jahr 2021 mehr Abtreibungsbeschränkungen einführten als in jedem anderen Jahr. In Texas wurde ein nahezu vollständiges Verbot erlassen, das anschließend vom Obersten Gerichtshof genehmigt wurde und Abtreibungen bereits ab der sechsten Schwangerschaftswoche kriminalisiert – bevor die meisten Frauen überhaupt wissen, dass sie schwanger sind. Dieses Verbot verwehrt Millionen Menschen das Recht auf einen sicheren und legalen Schwangerschaftsabbruch. Die Zukunft des verfassungsmäßigen Schutzes einer sicheren und legalen Abtreibung im ganzen Land ist ebenfalls stark gefährdet, womit sich der Oberste Gerichtshof im Juni 2022 befassen wird.

Solche Angriffe auf den gesetzlichen Schutz der Rechte von Frauen und Mädchen sind besonders verheerend im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie, die zu einem steilen Anstieg von geschlechtsspezifischer Gewalt und weiteren Angriffen auf sexuelle und reproduktive Rechte in der ganzen Welt geführt hat.

Menschenrechtsverteidiger*innen bewirken Widerstand und positiven Wandel
Trotz dieser Rückschläge haben sich die unermüdlichen Bemühungen von Menschenrechtsverteidiger*innen ausgezahlt. Der Einsatz für die Menschenrechte, Kampagnen und die Mobilisierung führten zu wichtigen Siegen für die Abtreibungsrechte in Kolumbien, Mexiko und San Marino. Und während die Türkei aus der Istanbul-Konvention ausgestiegen ist, haben zwei andere Staaten, Moldawien und Liechtenstein, sie ratifiziert.

Frauenrechtsaktivist*innen in Slowenien haben erfolgreich Reformen durchgesetzt, um das slowenische Gesetz gegen Vergewaltigung mit internationalen Standards in Einklang zu bringen. Ähnliche positive Entwicklungen gab es in Dänemark, Malta, Kroatien, Griechenland, Island und Schweden, während in den Niederlanden, Spanien und der Schweiz Reformen im Gange sind.

Auch in vielen anderen Ländern wie der Ukraine, Polen, Weißrussland, Russland, den USA und Afghanistan stehen Aktivist*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen an vorderster Front des Widerstands und des Protests für die Menschenrechte. In vielen Fällen haben sie sich trotz der Bedrohung ihres Lebens und ihrer Familien oder unter Androhung von Gefängnis und körperlicher Gewalt für die Menschenrechte eingesetzt. Sie verdienen weltweite Unterstützung.

„Regierungen wissen sehr wohl, was notwendig ist, um die Menschenrechte von Frauen und Mädchen zu wahren. Diejenigen, die sie unterstützen, dazu zählen auch Geber*innen und Investor*innen, müssen darauf bestehen, dass die zuständigen Behörden umgehend und entschlossen handeln – rückschrittliche Gesetze müssen aufgehoben werden. Die grundlegenden öffentlichen Leistungen müssen für Frauen und Mädchen zur Verfügung gestellt werden. Mädchen und Frauen müssen gleichen Zugang zu Bildung und Beschäftigung haben. Geschlechtsspezifische Gewalt muss verurteilt und der Schutz vor ihr muss gestärkt, nicht geschwächt werden. Die Angriffe auf Menschenrechtsverteidigerinnen müssen aufhören. Keine Gesellschaft kann es sich leisten oder sollte es jemals dulden, dass die Würde von mehr als der Hälfte ihrer Bevölkerung derart ausgehöhlt wird. Es gibt keine Entschuldigung dafür, dass es nicht gelingt, gerecht und fair für Frauen und Mädchen zu regieren“, kommentiert Agnès Callamard.

Rückfragehinweis:
Presseteam Amnesty International Österreich
Antonio Prokscha
Tel.: +43-664-621 10 31
E-Mail: antonio.prokscha@amnesty.at

PA: Sie wird uns allen sehr fehlen: Rubina Möhring, langjährige Präsidentin von Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich, ist gestorben

Dr. Rubina Möhring starb nach schwerer Krankheit kurz vor ihrem 72. Geburtstag am Mittwoch den 02.03.2022 in Wien, so Reporter Ohne Grenzen.

Sie führte die regierungsunabhängige Menschenrechtsorganisation „Reporter ohne Grenzen Österreich“ (ROG) bald nach der Gründung im Jahr 1998 als eigenständigen gemeinnützigen Verein innerhalb der weltweit tätigen „Reporters sans Frontières International“ (RSF) mit Sitz in Paris zu breiter öffentlicher Wahrnehmung. Dafür verantwortlich war zum einen das jährlich präsentierte weltweite Pressefreiheitsranking, in dem in den letzten Jahren Österreich unter den von Sebastian Kurz geführten Regierungen erheblich an Terrain verloren hat. „Rubina Möhring hat sich nie gescheut, ihre fundierte Kritik sehr klar öffentlich zu artikulieren. Das war gewiss auch ein Grund, warum Rubina viele für die Mitarbeit bei Reporter ohne Grenzen leicht gewinnen konnte. Denn es gilt frühzeitig auf Verluste an Medienfreiheit aufmerksam zu machen und öffentlich Druck zur Besserung der Verhältnisse zu entwickeln“, betont Erhard Stackl, Vizepräsident von „Reporter ohne Grenzen“.

Rubina Möhring hatte auch eine ausgeprägte Gabe, geradezu prophetisch in die Zukunft zu sehen und Herausforderungen zu erkennen, so Hannes Tretter, Vorstandsmitglied von ROG Österreich, der von ihr im Oktober 2015 eingeladen wurde, im Rahmen eines „Dialogue on Journalism“, veranstaltet von der OSCE Representative on Freedom of the Media and Reporters without Frontiers Austria, in der Wiener Hofburg einen „Workshop for young Russian and Ukrainian journalists“ zu halten …

Ein zweiter Pfeiler ihrer Arbeit lag in den letzten beiden Jahrzehnten darin, auf gefährdete Journalist*innen, insbesondere in Ost- und Südosteuropa auch in Österreich aufmerksam zu machen und sie durch den „Press Freedom Award“ zu stützen. Die Verleihung im letzten Jahr wurde Covid-bedingt auf heuer verschoben. Bei der Neuplanung wäre niemand auf die Idee gekommen, dass sie ohne Möhring stattfinden könnte. „Denn Rubina,“ so Fritz Hausjell, der zweite Sprecher von „Reporter ohne Grenzen“ „war nicht nur eine ungemein mutige, leidenschaftliche Kämpferin für die Freiheit des Journalismus, sondern war selbst durch mehrere gesundheitliche Tiefschläge nicht unterzukriegen. Vor zwei Tagen telefonierten wir noch über Details jüngster Planungen. Sie „gestand“, gerade schwach zu sein. Doch dann folgte sogleich ihr erfrischendes helles Lachen. Dieses und vieles andere werden ihre guten Freundinnen und Freunde bald vermissen.“

Denn gerade jetzt braucht die liberale Demokratie in Österreich eine starke Pressefreiheits-NGO, die gemeinsam mit anderen Organisationen der Zivilgesellschaft dafür Sorge trägt, dass das Rad der Zeit wieder nach vorne gedreht wird, verspricht der Vorstand von „Reporter ohne Grenzen Österreich“: Er will „die von Rubina Möhring hierzulande mit Gleichgesinnten entzündeten Flammen für die Freiheit des Journalismus kräftig am Lodern zu halten.“

Zugleich sind die Gedanken der Vorstandsmitglieder und wohl auch die der Unterstützer*innen von „Reporter ohne Grenzen Österreich“ bei den Kindern von Rubina Möhring, die ihre großartige Mutter und Freundin viel zu früh vermissen müssen.

“Wir verlieren mit ihr eine aktive Vorkämpferin für Presse- und Medienfreiheit und Transparenz. Mein Mitgefühl und mein Beileid gilt nun ihren Angehörigen”, reagierte SPÖ-Mediensprecher Jörg Leichtfried auf den Tod Möhrings. Auch NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter zollte der langjährigen ROG-Präsidentin Respekt. “Mit ihr verlieren wir eine über die Maßen engagierte Kämpferin für Presse- und Medienfreiheit. In Zeiten, wo einerseits die unabhängige, freie und kritische Berichterstattung weltweit wohl wichtiger denn je ist, andererseits jedoch die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten immer mehr unter Druck gerät, wird die Tatkraft und das Engagement von Rubina Möhring besonders schmerzlich fehlen.”

Bitte entnehmen Sie den beruflichen Werdegang aus dem „Austria-Forum“:

PA: Entfremdung von Mensch und Natur: zentraler Faktor für Hunger- und Umweltkrisen

Brot für die Welt und FIAN legen Jahrbuch zum Recht auf Nahrung vor

Welternährung, Klimagerechtigkeit, Menschenrechte und der Schutz der Biodiversität gehören zusammen. Die evangelische Aktion für Entwicklungszusammenarbeit Brot für die Welt und die Menschenrechtsorganisation FIAN legen zum morgigen Welternährungstag das „Jahrbuch zum Recht auf Nahrung“ vor. Darin beleuchten sie die Ursachen von Umweltzerstörung, Hunger und Ausbeutung und stellen Handlungsalternativen vor. Gleichzeitig fordern sie von der Bundesregierung eine Kehrtwende bei der Bekämpfung von Hunger und Mangelernährung.

„Die industrielle Landwirtschaft ist mit dem Versprechen angetreten, den Hunger zu besiegen. Doch die Zahl der Menschen, die an Hunger leiden, steigt seit fünf Jahren kontinuierlich an – trotz stark wachsender Agrarproduktion“, sagt Aleksandra Kolodziejczyk, Referentin bei Brot für die Welt. „Parallel dazu wird unsere Ernährung immer einseitiger. Nur drei Pflanzen – Mais, Reis und Weizen – sichern heute 60 Prozent der weltweiten pflanzlichen Kalorien und Proteine.“ Das neue Jahrbuch legt dar, wie dies zusammenhängt: die Zunahme des Hungers mit dem Klimawandel, mit dem Verlust der Biodiversität, mit der Verbreitung von Infektionskrankheiten wie Zoonosen – und dies wiederum mit der Verdrängung der bäuerlichen Landwirtschaft durch die industrielle Agrarproduktion.

Getrennte Regulierungssysteme für Mensch und Natur blockieren ganzheitliche Lösungsansätze

Ein großes Problem bei der Bewältigung der globalen Herausforderungen: Mensch und Natur werden immer weniger zusammen gedacht. Die Menschenrechtspakte schweigen sich weitgehend über Umweltfragen aus, und die UN-Umweltabkommen zu Biodiversität und Klima äußern sich nicht zu Menschenrechten. „Mit Blick auf die 2021 anstehenden UN-Konferenzen zu Ernährung, Biodiversität und Klima besteht die Chance, diese Kluft zu überwinden. Die Bundesregierung muss sich an den Bedürfnissen marginalisierter Bevölkerungsgruppen in den Ländern des Südens orientieren und diese bei der Vorbereitung der Gipfel substantiell einbinden“, so Tina Wirnsberger von FIAN Österreich.

„Wenn wir das Recht auf Nahrung umsetzen wollen und Ernährung ausgewogen gestalten wollen, müssen wir die Ernährungssysteme in Richtung Agrarökologie entwickeln. So erhalten wir die Vielfalt der Sorten, und die Landwirtschaft kann sich besser an die Folgen des Klimawandels anpassen“, sagt Kolodziejczyk. „Hierfür müssen die Rechte von Bauern, indigenen Völkern und all jenen Gemeinschaften, die sich um lokale Ökosysteme kümmern und mittels der Agrarökologie nachhaltig Nahrungsmittel produzieren, im Mittelpunkt stehen“, ergänzt Wirnsberger.  Kleinbäuerinnen und -bauern und Indigene sind Vorreiter eines solchen Wandels, denn sie produzieren jetzt schon bis zu 80 Prozent der Lebensmittel im globalen Süden, obwohl sie nur über 25 Prozent der Agrarfläche verfügen.
Das Jahrbuch fordert eine grundsätzliche Umgestaltung der Art und Weise, wie wir Lebensmittel produzieren, verteilen und konsumieren – aber auch, wie wir uns kollektiv gegen die Ausbeutung der Natur wehren. Notwendig ist eine viel engere Zusammenarbeit der Bewegungen für Klimagerechtigkeit, Ernährungssouveränität und Menschenrechte.
 
Hinweise für Redaktionen:
Das aktuelle Jahrbuch zum Recht auf Nahrung – der Right to Food and Nutrition Watch – mit dem diesjährigen Titel „Overcoming Ecological Crises: Reconnecting Food, Nature and Human Rights” wird bei der Aktionswoche des Welternährungsrats (Committee on World Food Security, CFS) in Rom offiziell vorgestellt. Es erscheint in englischer, französischer, portugiesischer und spanischer Sprache, die Autorinnen und Autoren sind Teil des Global Network for the Right to Food and Nutrition. Diesem Netzwerk gehören 49 Organisationen aus aller Welt an.

Eine gedruckte Ausgabe senden wir gerne zu. Sie können das Jahrbuch hier abrufen: https://www.righttofoodandnutrition.org/files/rtfn_watch12-2020_eng.pdf

Hintergrund

  • 23 % des globalen Ausstoßes von Treibhausgasen sind auf die Landwirtschaft zurückzuführen.
  • Nach Angaben der UN könnten durch die COVID-Pandemie 132 Millionen Menschen zusätzlich akuter Hungersnot ausgesetzt sein.
  • Unsere Ernährung wird immer einseitiger und stärker der industrielle Produktion angepasst: Nur drei Pflanzen – Mais, Reis und Weizen – bilden heute die Grundlage für 60% der pflanzlichen Kalorien und Proteine.
  • Nur noch 4 % der etwa 300.000 essbaren Pflanzen nutzt der Mensch tatsächlich für die Ernährung.
  • Kleinbauern und Kleinbäuerinnen bewirtschaften nur etwas 25% des Agrarlandes weltweit. Sie produzieren jedoch im Globalen Süden bis zu 80 % der Nahrungsmittel.


Rückfragen:
Tina Wirnsberger, FIAN Österreich, tina.wirnsberger@fian.at
Martina Mathe, Brot für die Welt Österreich, 01 4026764-1110, m.mathe@brot-fuer-die-welt.at

Für die Zukunft, gegen die Ungleichheit

Warum wir einen Corona-Lastenausgleich der Reichsten brauchen. Von David Walch, Attac Österreich

Auf unsere Gesellschaft kommen gigantische Lasten zu, weil Corona-Krise und die Maßnahmen zu seiner Bewältigung eine tiefe Wirtschaftskrise auslösen. Die Arbeitslosigkeit ist in Österreich heute höher als je zuvor in der Zweiten Republik. Diese Lasten werden uns noch jahrelang verfolgen – und jemand wird sie tragen müssen.

In der Wirtschaftskrise nach 2008 war das die breite Bevölkerung. Auch jetzt besteht die Gefahr, dass nach der Krise Arme und Arbeitslose draufzahlen, ebenso wie jene, deren unverzichtbare Arbeit zu Beginn der Pandemie so gepriesen wurde – Supermarktkassierer*innen, Pflegekräfte, Putzpersonal, Erntehelfer*innen und Ärzt*innen.

Doch das Geld zur Bewältigung der Krise ist da. Der extreme Reichtum einiger weniger hat in Österreich astronomische Ausmaße erreicht. Das reichste 1 Prozent in Österreich besitzt über 40 Prozent des gesamten Privatvermögens, das sind 500 Milliarden Euro.

Deswegen fordert Attac einen „Corona-Lastenausgleich“ von den Reichsten.Konkret bedeutet das: Vermögen ab 5 Millionen Euro sollen einen gerechten Beitrag zur Bewältigung der Krise leisten. Und so funktioniert der Corona-Lastenausgleich im Detail:

  • Der Lastenausgleich hat einen Freibetrag von 5 Millionen Euro pro Person.
  • Der Eingangssatz beträgt 10 Prozent (ab 5 Millionen Euro), der mittlere Satz Euro 30 Prozent (ab 100 Millionen) und ab 1 Milliarde Euro 60 Prozent.
  • Gegenstand des Ausgleichs ist das Nettovermögen, d.h. alle Vermo?gensarten werden abzüglich eventueller Schulden in die Berechnung einbezogen.
  • Der Lastenausgleich wird in Raten über fünf Jahre bezahlt, bei Betriebsvermögen über 15 Jahre.
  • Bei Betriebsvermögen werden jährlich Lohn- und Sozialabgaben für angestelltes Personal in Österreich abgezogen. Das sichert, ja fördert sogar Arbeitsplätze und Neuanstellungen.
  • Um Ausweichreaktionen zu vermeiden, wird für die Berechnung des Corona-Lastenausgleichs ein Stichtag in der Vergangenheit (Mitte März 2020) festgesetzt.
  • Ein gemeinsames internationales oder zumindest europäisches Vorgehen wäre am besten. Ist das nicht möglich, muss Österreich als Pionier vorangehen.

Mit dem Lastenausgleich könnten rund 70 bis 80 Milliarden Euro eingenommen werden – mehr als ein Drittel davon allein von Milliardär*innen.

Das ermöglicht dringend notwendige Zukunftsinvestitionen, etwa in Bildung, Gesundheit öffentliche Infrastruktur und die notwendige sozial-ökologische Umgestaltung der Wirtschaft. Der Lastenausgleich senkt zudem die krasse und jahrzehntelang gestiegene Ungleichheit und er bildet den Einstieg in eine gerechtere Besteuerung von Vermögen.

Historisches Vorbild: Der deutsche Lastenausgleich 1949

Der Corona-Lastenausgleich mag radikal erscheinen, doch es gibt historische Vorbilder. Das bekannteste Beispiel ist der deutsche Lastenausgleich nach dem Zweiten Weltkrieg. 1949 erhob der Staat eine Abgabe von 50 Prozent auf Grund-, Betriebs- und Finanzvermögen. Der Lastenausgleich trug wesentlich zum Wiederaufbau bei.

Bereits 10.000 Einzelpersonen und zahlreiche prominente Ökonom*innen unterstützen den Corona-Lastenausgleich unter www.attac.at/lastenausgleich.

Rechercheliste zum Nachhaltigen Entwicklungsziel – SDG 10 Ungleichheit verringern

Infos und Input rund um SDG 10 Weniger Ungleichheiten – Ungleichheit in und zwischen Ländern verringern.

SDG 10 hat es in Zeiten der Corona-Pandemie und der wirtschaftlichen Folgen in sich: Auch unterschiedlichen Ebenen trifft die Krise die Ärmeren stärker als die Wohlhabenden.
Umso wichtiger ist es zu fragen, wie Individuen und Staaten nicht nur die Krise akut überstehen können, sondern wie langfristig die Ungleichheit in und zwischen Ländern verringert werden kann.
Auch das wieder sehr aktuelle Thema Migration spielt eine Rolle, besagt SDG 10 doch u.a. als Ziel „geordnete, sichere, reguläre und verantwortungsvolle Migration und Mobilität von Menschen (zu) erleichtern“.

SDG 10 im Detail
SDG Watch Austria ist sowas wie der SDG-Watchdog in Österreich, ein Zusammenschluss von mehr als 180 zivilgesellschaftlichen und gemeinnützigen Organisationen, die sich gemeinsam für eine ambitionierte Umsetzung der Agenda 2030 einsetzen. Die Plattform beschreibt das Ziel 10 im Detail im Sinne der Vereinten Nationen wie folgt:

10.1 Bis 2030 nach und nach ein über dem nationalen Durchschnitt liegendes Einkommenswachstum der ärmsten 40 Prozent der Bevölkerung erreichen und aufrechterhalten

10.2 Bis 2030 alle Menschen unabhängig von Alter, Geschlecht, Behinderung, Rasse, Ethnizität, Herkunft, Religion oder wirtschaftlichem oder sonstigem Status zu Selbstbestimmung befähigen und ihre soziale, wirtschaftliche und politische Inklusion fördern

10.3 Chancengleichheit gewährleisten und Ungleichheit der Ergebnisse reduzieren, namentlich durch die Abschaffung diskriminierender Gesetze, Politiken und Praktiken und die Förderung geeigneter gesetzgeberischer, politischer und sonstiger Maßnahmen in dieser Hinsicht

10.4 Politische Maßnahmen beschließen, insbesondere fiskalische, lohnpolitische und den Sozialschutz betreffende Maßnahmen, und schrittweise größere Gleichheit erzielen

10.5 Die Regulierung und Überwachung der globalen Finanzmärkte und -institutionen verbessern und die Anwendung der einschlägigen Vorschriften verstärken

10.6 Eine bessere Vertretung und verstärkte Mitsprache der Entwicklungsländer bei der Entscheidungsfindung in den globalen internationalen Wirtschafts- und Finanzinstitutionen sicherstellen, um die Wirksamkeit, Glaubwürdigkeit, Rechenschaftslegung und Legitimation dieser Institutionen zu erhöhen

10.7 Eine geordnete, sichere, reguläre und verantwortungsvolle Migration und Mobilität von Menschen erleichtern, unter anderem durch die Anwendung einer planvollen und gut gesteuerten Migrationspolitik

10.a Den Grundsatz der besonderen und differenzierten Behandlung der Entwicklungsländer, insbesondere der am wenigsten entwickelten Länder, im Einklang mit den Übereinkünften der Welthandelsorganisation anwenden

10.b Öffentliche Entwicklungshilfe und Finanzströme einschließlich ausländischer Direktinvestitionen in die Staaten fördern, in denen der Bedarf am größten ist, insbesondere in die am wenigsten entwickelten Länder, die afrikanischen Länder, die kleinen Inselentwicklungsländer und die Binnenentwicklungsländer, im Einklang mit ihren jeweiligen nationalen Plänen und Programmen

10.c Bis 2030 die Transaktionskosten für Heimatüberweisungen von Migranten auf weniger als 3 Prozent senken und Überweisungskorridore mit Kosten von über 5 Prozent beseitigen

Zum vollständigen Resolutionstext in deutscher Übertragung

Aspekte & Fragestellungen rund um SDG 10:

  • Wie kann angesichts von COVID-19 das Entwicklungsziel SDG 10 erreicht werden?
  • Was bedeutet Solidarität, was stärkt bzw. was mindert in der Pandemie die Zusammenarbeit über Länder- und Kontinentalgrenzen hinweg?
  • Wie kann Ungleichheit in der Gesundheitsversorgung – jetzt so zentral – möglichst rasch aber auch nachhaltig bekämpft werden?
  • Wie kann eine geregelte, verantwortungsvolle Migrations- und Mobilitätspolitik aussehen?
  • Wie können Frauen, in Europa und nicht zuletzt im Globalen Süden, gestärkt werden?
  • Das Problem mit den Daten – wie können verlässliche Daten für die Ungleichheitsforschung geschaffen werden?
  • Stichwort Vermögen: Wie kann gegen die immer größere Schere zwischen Arm und Reich entgegengewirkt werden?

Fakten

Prekär beschäftigt:
Laut Internationaler Arbeitsorganisation (ILO) arbeiten 53 Prozent der LateinamerikanerInnen im informellen Sektor. In einigen Ländern Asiens und fast im gesamten Sub-Sahara-Afrika sind mehr als zwei Drittel der Bevölkerung im informellen Sektor tätig.


Die Schere klafft weiter auf:
Einer neuen Studie des deutschen Versicherungskonzern Allianz zu Folge habe sich die Kluft zwischen reichen und armen Ländern wieder vergrößert – auch die Corona-Krise scheint dieser Entwicklung keinen Abbruch zu tun: Demnach besitzen aktuell die reichsten zehn Prozent – 52 Millionen Menschen in den 57 untersuchten Ländern – zusammen rund 84 Prozent des gesamten Vermögens. Und das eine Prozent der Superreichen darunter besitzt fast 44 Prozent der Gesamtsumme.

Ärmere werden ärmer: Nach Angaben der Bank Credit Suisse ist das gemeinsame Vermögen der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung von rund 154 Milliarden US-Dollar 2017 auf 136,962 Milliarden US-Dollar 2018 zurückgegangen. Das sind über 17 Mrd. US-Dollar innerhalb eines Jahres, knapp 500 Millionen US-Dollar am Tag oder 11%.
Quelle: Oxfam

Gini-Koeffizient: Eine Möglichkeit, Ungleichheit zu dokumentieren, ist der sogenannte Gini-Koeffizient. Eine Herausforderung sind dabei die Daten der Länder, denn sie sind teils aus sehr unterschiedichen Jahren. In jedem Fall deutlich wird die Differenz zwischen Globalen Norden und Süden. Viele afrikanische Staaten verzeichnen einen hohen Gini-Koeffizienten – also eine hohe Ungleichheit bezüglich Einkommen im Land – europäische Staaten schneiden hier gut ab.
Vgl. https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/rankorder/2172rank.html

Übrigens, Reichtum ist ein Klimakiller: Laut einem Oxfam-Bericht sind die reichsten zehn Prozent – im Jahresschnitt 630 Millionen Menschen – für über die Hälfte (52 Prozent) der Treibhausgas-Emissionen verantwortlich, die in dem Vierteljahrhundert ausgestoßen wurden.
Das reichste eine Prozent alleine schädigte das Klima sogar doppelt so stark wie die ärmere Hälfte der Welt: Es verantwortete 15 Prozent der Gesamtemissionen, die ärmere Hälfte hingegen nur rund sieben Prozent.

Weiterführendes & Ansprechpersonen

Warum wir einen Corona-Lastenausgleich der Reichsten brauchen.
Ein Kommentar von David Walch, Attac Österreich

Generell muss man zwischen Ungleichheit zwischen Staaten und innerhalb von Ländern unterscheiden. Einen generellen Überblick gibt die deutsche Bundeszentrale für politische Bildung.
https://www.bpb.de/veranstaltungen/netzwerke/teamglobal/67430/globale-ungleichheiten

INEQ-Institut der WU Wien: Die Suche nach den Ursachen und Auswirkungen der steigenden Ungleichverteilung von Arbeits-, Einkommens-, Vermögens- und Lebenschancen hat sich in den vergangenen Jahren zu einem der bedeutendsten Forschungsgebiete der Sozialwissenschaften entwickelt. Das Forschungsinstitut des INEQ-Instituts hat das Ziel, gesellschaftliche Ungleichheit in ihren vielschichtigen Facetten zu analysieren – auf nationaler wie internationaler Ebene.
www.wu.ac.at/ineq
www.wu.ac.at/ineq/ineq/team

Thema Ungleichheit – das Problem mit den Daten:
https://www.derstandard.at/story/2000119936834/die-ungleichheit-beim-einkommen-und-das-problem-mit-den-daten

Als Fallbeispiel in Bezug auf afrikanische Länder:
https://www.suedwind-magazin.at/das-dilemma-mit-dem-zahlenwerk


Yannick Lefang
ist Gründer der Datenfirma Kasi Insight, die zu dem Thema arbeitet:
https://www.kasiinsight.com/about-us

World Inequality Database
https://wid.world
Thomas Piketty, französischer Starökonom zum Thema Ungleichheit und Autor des Bestsellers „Das Kapital im 21. Jahrhundert“, hat zusammen mit dem Wissenschaftler Lucas Chancel eine Datenbank zu globalen Ungleichheiten aufgesetzt.

2019 erschien im Mandelbaumverlag das Buch „Globale Ungleichheit“ von Karin Fischer und Margarete Grandner (Hrsg.).

Das Institut für Nachhaltiges Wirtschaften, das u.a. auf die SDGs fokussiert, setzt sich für wirtschaftliche Kooperation in Zeiten der Corona-Krise ein.
https://nachhaltiges-wirtschaften.at/institut

Geht es überhaupt nur durch alternative Wirtschaftsansätze? Dieser Frage stellt sich die Degrowth-Bewegung, die derzeit besonders in Wissenschaft & Forschung verortet ist:
https://www.degrowth.info

PA: Tag des Denkmals: Österreich unterstützt den Wiederaufbau nepalesischer Kulturstätten

8 Millionen Menschen – fast ein Drittel der Bevölkerung – waren von den verheerenden Erdbeben betroffen, die Nepal im Frühjahr 2015 erschütterten. Gemeinsam mit der Universität für angewandte Kunst Wien unterstützt die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit den Wiederaufbau historischer Bauten in Patan – ein Beitrag für den Erhalt des UNESCO-Weltkulturerbes und für bessere Perspektiven in einem Land, das zu den ärmsten Staaten der Welt zählt.

Wien/Patan, 28.09.2020 – Jedes Jahr am 29. September öffnen österreichische Denkmäler, die regulär nicht öffentlich zugänglich sind, ihre Türen. Auch wenn sein Programm in Zeiten von Corona wohl etwas anders ausfallen wird als sonst, verdeutlicht der Tag des Denkmals einmal mehr die identitätsstiftende Kraft von Kunst und Kultur – und das nicht nur in Österreich. Denn bei dem massiven Erdbeben, das Nepal am 25. April 2015 erschütterte, geriet auch diese Kraft ins Wanken. Große Teile des Kathmandu-Tals lagen in Schutt und Asche, mehr als 9.000 Menschen verloren ihr Leben, 22.000 Menschen wurden verletzt. Zweieinhalb Wochen später bebte die Erde erneut, was die Zahl der Verstorbenen nochmals in die Höhe trieb und die Zerstörung im Land verschlimmerte.
 
Besonders am Durbar-Platz in Patan, einem der drei sogenannten „Königsplätze“ im Kathmandu-Tal, und an seinen historischen Bauten, die seit 1979 Teil des UNESCO-Weltkulturerbes sind, wurde das Ausmaß der Katastrophe sichtbar: Tempel und Säulen waren eingestürzt oder stark beeinträchtigt, reich verzierte Dachaufbauten und Teile des Königspalastes schwer beschädigt. Neben unmittelbarer humanitärer Hilfe war Nepal auch beim Wiederaufbau der zerstörten Kulturstätten auf rasche Unterstützung angewiesen. Sie kam unter anderem über die Universität für angewandte Kunst Wien und die Austrian Development Agency (ADA).
 
Epizentren kultureller Identität
„Die Bewahrung und Restaurierung des nepalesischen Weltkulturerbes und der Wiederaufbau der Kulturstätten in Patan sind wichtig, da sie eng mit den Traditionen, der Lebensweise und kulturellen Identität Nepals verknüpft sind. Dass unser Institut seit 2010 einen Teil dazu beitragen und sich hier besonders nach den verheerenden Erdbeben 2015 verstärkt einbringen kann, ist für mich persönlich wie beruflich enorm bereichernd“, sagt Universitätsprofessorin Gabriela Krist, die das Institut für Konservierung und Restaurierung an der Universität für angewandte Kunst Wien und das Projekt in Nepal leitet.
 Seit August 2015 wurden sieben Denkmäler und Bauwerke sowie zahlreiche Kunstwerke und Museumsexponate wie etwa der Königsthron im Museum von Patan restauriert. Ebenso konnten die komplett eingestürzten Pagodentempel großteils wiederaufgebaut werden.  
 
Mit- und voneinander lernen
Die Restaurierung lebendigen Kulturerbes erfordert besonderes Einfühlungsvermögen und Sensibilität für die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung. Restauratorinnen und Restauratoren aus Österreich arbeiten hier eng mit dem Kathmandu Valley Preservation Trust und lokalen Fachkräften zusammen. Nepalesische Handwerker, Architektinnen und Architekten, Studierende der Museologie, Museumspersonal sowie Lehrende und Studierende des Wiener Instituts lernen dabei gleichermaßen von- und miteinander.
Planmäßig sollen die Restaurierungsarbeiten und der Wiederaufbau bis Oktober 2021 abgeschlossen sein. Doch auch in Nepal hat die Corona-Pandemie vieles zum Erliegen gebracht.
 
Beitrag von Kunst und Kultur für nachhaltige Entwicklung
„Die Bewältigung einer Katastrophe von dem Ausmaß, wie wir es vor fünfeinhalb Jahren in Nepal erlebt haben, ist für jedes Land eine immense Herausforderung. Umso mehr ist sie das für ein Land, in dem mehr als jede Dritte und jeder Dritte pro Tag mit lediglich 3,20 US-Dollar auskommen muss. Ich bin daher besonders dankbar, dass wir mit diesem Projekt nicht nur einen Beitrag zur Wahrung der kulturellen Identität Nepals leisten, sondern dass damit auch bis zu 100 lokale Arbeitsplätze geschaffen werden“, betont ADA-Geschäftsführer Martin Ledolter.
 
Expertise und finanzielle Unterstützung aus Österreich
Die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit fördert die Restaurierungsarbeiten in Patan, der heute drittgrößten Stadt Nepals, mit 440.000 Euro. Weitere finanzielle Unterstützung kommt vom Bundeskanzleramt, dem Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten, dem Universitätsnetzwerk Eurasia-Pacific Uninet und der Universität für angewandte Kunst Wien.
 Österreich verbindet eine lange Beziehung mit Nepal, wo wegen der COVID-19-Krise zuletzt rückläufige Armutszahlen ersten Prognosen zufolge wieder im Steigen begriffen sind. Mit dem Tag des Denkmals leistet Österreich jedes Jahr einen Beitrag zu den Europäischen Tagen des Kulturerbes, die das öffentliche Bewusstsein für Vielfalt schärfen und den Wert kulturellen Erbes vertiefen wollen.

Fotos zum kostenlosen Download

Austrian Development Agency 
Die Austrian Development Agency, die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, unterstützt Länder in Afrika, Asien, Südost- und Osteuropa bei ihrer nachhaltigen Entwicklung. Gemeinsam mit öffentlichen Einrichtungen, Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen setzt die ADA derzeit Projekte und Programme mit einem Gesamtvolumen von 500 Millionen Euro um. 

Rückfragehinweis:
Austrian Development Agency,
die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit
Zelinkagasse 2, 1010 Wien
Mag. Katharina Schreiber
Tel.: +43 (0)1 90399 – 2414 
katharina.schreiber@ada.gv.at
 www.entwicklung.at