Archiv der Kategorie: Globalisierung

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Kommentar: All Time High“ bei der ODA 2020. Kein Grund zum Jubeln!

Von Michael Obrovsky (ÖFSE), April 2021. Die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (ODA) aller Mitglieder des Development Assistance Committee (DAC) der OECD erreichte 2020 rund 160 Mrd US$. Angesichts der Folgen der COVID-Krise für den globalen Süden braucht es aber dringend weitere Erhöhungen der ODA.

Das Development Assistance Committe (DAC) der OECD hat für das Jahr 2020 ein „all time high“ der internationalen Entwicklungszusammenarbeit (ODA) in ihrer Pressemitteilung anlässlich der Präsentation der vorläufigen Leistungen des Jahres 2020 gemeldet. Mit 161,2 Mrd US$ (0,32% des Bruttonationaleinkommens (BNE) aller DAC-Mitgliedsländer) weist die Statistik um rund 10 Mrd US$ mehr als 2019 aus. Diese Jubelmeldung ist aber mit Vorsicht zu genießen, denn die Steigerungen der ODA sind sowohl im Kontext der unmittelbaren Folgen der Pandemie, als auch im Kontext der Auswirkungen auf die Finanzflüsse in den globalen Süden gering.

COVID-19 Folgen für die Umsetzung der SDGs
Sowohl die Einkommenssituation im globalen Süden, der internationale Handel, die Direktinvestitionen, als auch die Remittances (Rücküberweisungen von Gastarbeiter*innen) sind im Jahr 2020 laut OECD signifikant zurückgegangen. Die OECD schätzt, dass 2020 durch die COVID-19 Pandemie die gesamten privaten externen Finanzmittel um rund 700 Mrd US$ gefallen sind. Der Bedarf an finanziellen Mittel zur Umsetzung der Sustainable Development Goals (SDGs) nach der COVID-19 Krise wird von der OECD auf insgesamt 4.200 Mrd US$ geschätzt. Das sind 1.700 Mrd US$ mehr als noch 2019. 

ODA – krisenresistent, aber zu wenig
Die neuen DAC-Daten für das vergangene Jahr zeigen zwar, dass ODA-Finanzierungen auch in Krisenzeiten relativ stabil sind, jedoch sind die Leistungen insgesamt – angesichts der Folgen der Pandemie auf die Situation der Länder des globalen Südens – zu gering. Die gesamte öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (ODA) aller DAC-Mitgliedsländer betrug im Jahr 2020 im Vergleich zu den von diesen mobilisierten Geldern zur Überwindung der COVID-19 Krise in den eigenen Ländern nur rund 1%. Der OECD-Generalsekretär Angel Gurría betonte in diesem Zusammenhang, dass etwa das globale Impfprogramm COVAX nach wie vor unterfinanziert sei. Die geringen Steigerungen der ODA gleichen derartige Finanzierungslücken sowie die Ausfälle beim Handel und bei den Rücküberweisungen bei weitem nicht aus.

Methodische Schwächen der ODA-Statistik
Die Steigerungen gehen auch nur teilweise auf zusätzliche Maßnahmen für die Hilfe anlässlich der COVID-19 Pandemie zurück. Zusätzliche Mittel für die Bewältigung der COVID-19 Krise wurden vor allem von Frankreich, Deutschland, Japan und Großbritannien aufgestellt. Die Steigerungen sind auch eine Folge der Modernisierung der ODA-Statistik und der Umstellung des Meldesystems von „financial flows“ auf das „grant equivalent“-System. Dies ermöglicht den Meldern auch kommerzielle Kredite, Investitionen, Garantien und Beteiligungen an Unternehmen als ODA zu melden. Dies hat nicht nur eine methodisch unsaubere statistische Erhebung und Darstellung der Daten und somit auch mittelfristig den Verlust der Glaubwürdigkeit der internationalen EZA-Leistungen zur Folge, sondern vor allem auch eine schrittweise Verschiebung der Ausrichtung der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) von Armutsbekämpfung auf Finanzierung durch Instrumente des Privatsektors. Das DAC weist auch eine signifikante Erhöhung der bilateralen Leistungen für die „lower middle income countries“ (6,9%) und die „upper middle income countries“ (36,1%) aus, während die Steigerungen für die „least developed countries“ (1,8%) eher moderat ausfallen.

Insgesamt sind die DAC-Mitgliedsländer damit nach wie vor weit von ihren selbst gesetzten Zielen entfernt. Nur sechs DAC-Länder (Dänemark, Deutschland, Luxemburg, Norwegen, Schweden und Großbritannien) haben die ODA-Quote von 0,7% des BNE im Jahr 2020 erreicht oder sogar überschritten. Die Steigerung der ODA-Quote aller DAC-Mitgliedsländer von 0,30% auf 0,32% des BNE geht auch darauf zurück, dass 2020 das BNE in den meisten DAC-Ländern gesunken ist.

Die ODA Österreichs ist – trotz Erhöhung – unterdurchschnittlich
Die ODA Österreichs betrug 2020 – trotz Steigerungen der Humanitären Hilfe – nur 0,29% des BNE (2019: 0,28% des BNE) und liegt damit nicht nur unter dem DAC-Durchschnitt, sondern auch im EU-Vergleich (EU-Mitgliedsländer: 0,50% des BNE) abgeschlagen. Österreich meldete vorab 1,268 Mrd US$ als ODA an das DAC. Davon entfallen rund 515 Mio US$ (rund 41%) auf die bilaterale ODA, während fast 60% auf multilaterale ODA entfallen. Der Beitrag Österreichs an EU-Maßnahmen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit stellt mit rund 414 Mio US$ den größten Anteil dar.

Die Erhöhung des Auslandskatastrophenfonds (AKF) von 25 Mio € auf 50 Mio € sowie die Anhebung des Budgets der Austrian Development Agency (ADA) von 103 Mio € auf 114 Mio € im Jahr 2020 ist zwar als Schritt in die richtige Richtung anerkannt worden, die ODA-Quote zeigt aber deutlich, dass nur signifikante dauerhafte Erhöhungen der ODA-Leistungen Auswirkungen auf die ODA-Quote haben. Das im Regierungsprogramm der türkis-grünen Koalitionsregierung festgehaltene Ziel „Schrittweise Erhöhung der Entwicklungsgelder Richtung 0,7% des BNP“ (sic) wird so wohl kaum erreichbar sein, da das für die ODA-Quote des Jahres 2020 zugrundeliegende Bruttonationaleinkommen Steigerungen von mindestens 38 Mio € benötigt, um eine Erhöhung der ODA-Quote von 0,01% zu erreichen.

Die Sustainable Development Goals brauchen mehr Engagement
Die COVID-19 Pandemie ist – nach den Worten des OECD-Generalsekretärs Angel Gurría – nicht nur ein Test für den Multilateralismus und das Konzept der Entwicklungszusammenarbeit an sich, sondern wird in den nächsten Jahren ein verstärktes Engagement in der internationalen Zusammenarbeit erfordern, um global die Pandemie überwinden zu können. Denn eines steht fest: Solange die Pandemie nicht auch im globalen Süden nachhaltig bekämpft wird und überwunden ist, stellt sie eine globale Bedrohung für die nachhaltige globale Entwicklung dar. Die Bekämpfung des Klimawandels und die Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele, deren Relevanz und Dringlichkeit durch die COVID-19 Pandemie noch stärker sichtbar wurde, braucht – auch in Österreich – deutlich mehr öffentliche und private finanzielle Mittel.

Dr. Michael Obrovsky, Stellvertretender Leiter der ÖFSE
Arbeitsschwerpunkte: Österreichische und internationale Entwicklungspolitik und Entwicklungszusammenarbeit, Zivilgesellschaft und Entwicklung

Recherchehinweis: Neue Rubrik zur COVID-19-Pandemie auf oefse.at

In Kommentaren, Briefing Papers, Auftragsstudien, Journal-Artikeln und Blog-Beiträgen haben sich ÖFSE-WissenschaftlerInnen mit verschiedensten Fragen rund um die globalen Auswirkungen der Pandemie auseinandergesetzt.

Die COVID-19-Pandemie stellt die globale Gemeinschaft vor vielfältige und teilweise dramatische Herausforderungen. Sie hat zu einer schweren wirtschaftlichen Krise geführt und Schwachstellen der internationalen Zusammenarbeit offengelegt. Die Krise droht bestehende soziale Ungleichheiten zu vertiefen – zum einen innerhalb nationaler Grenzen, besonders drastisch aber auch im globalen Vergleich. Sie zeigt aber auch, dass globale Kooperation und Zusammenarbeit zur ihrer Überwindung dringend nötig sind.

Auf der Seite www.oefse.at/forschung/covid-19-pandemie findet sich ein Überblick über die Arbeit der ÖFSE zur Thematik.

PA: Clean Clothes Kampagne berechnet notwendigen Basis-Existenzlohn für Näher*innen in Süd- und Osteuropa

Mindestlöhne in Europas Billiglohnländern müssten im Schnitt viermal höher sein – Südwind und Clean Clothes Kampagne fordern Schließung der Lohn-Lücke sowie Gesetze gegen die Ausbeutung in der Textilbranche.

Wien, 8. April 2021. In Österreich gibt es kaum Bekleidungshersteller, die ohne Fertigungsschritt in Ost- oder Südosteuropa auskommen. Gleichzeitig bekommen Näherinnen und Näher, die in europäischen Billiglohnländern wie Bulgarien, Rumänien oder der Ukraine für große Modemarken arbeiten, nur Hungerlöhne und oft sogar weniger als Textilarbeitende in Asien bezahlt. Zu diesem Ergebnis kommt ein neuer Bericht der Clean Clothes Kampagne (CCK). „Beschäftigte der Modeindustrie brauchen einen Lohn, von dem sie leben können. Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass in Europa der gesetzliche Mindestlohn vielerorts nicht bezahlt wird. Gleichzeitig ist auch der Mindestlohn für Arbeiterinnen und Arbeiter im Bekleidungssektor meist weit davon entfernt, vor Armut zu schützen“, sagt Gertrude Klaffenböck, von der Clean Clothes Kampagne bei Südwind. Mitglieder und Clean Clothes-Partner in Süd- und Osteuropa haben zusammen mit Textilarbeiterinnen und -arbeitern eine länderübergreifende Berechnung eines existenzsichernden Lohns für europäische Produktionsländer vorgelegt, den sogenannten Europe Floor Wage. „Adidas, Otto, H&M, Hugo Boss, Zalando & Co. haben sich jahrelang hinter dem Argument versteckt, nicht zu wissen, wie hoch ein existenzsichernder Lohn sein müsse. Diese Ausrede gilt jetzt nicht mehr. Die Modehäuser müssen die errechnete Lohn-Kluft unmittelbar schließen“, sagt Gertrude Klaffenböck: „Auch die Politik steht sowohl auf EU-Ebene als auch in Österreich in der Pflicht, um existenzsichernde Löhne zu garantieren. Der Praxis von miserabler Entlohnung und chronischer Ausbeutung in internationalen Lieferketten muss mit Gesetzen und Bestrafungen wirksam begegnet werden.“

Der neue Bericht der Clean Clothes Kampagne stellt erstmals einen Ansatz für die länderübergreifende Berechnung eines Basis-Existenzlohnes für Europa vor. Eine Näherin in Rumänien verdient im Schnitt 208 Euro monatlich und damit 41 Euro weniger, als es das Gesetz vorsieht. Um davon leben zu können, also auch Geld für Miete und Urlaub zu haben, müsste sie laut neuer Berechnung 1.061 Euro verdienen – mehr als das Fünffache. In Bulgarien liegt der Basis-Existenzlohn bei 1.026 Euro pro Monat, in Nordmazedonien bei 734 Euro und in der Slowakei bei 1.558 Euro. Der Mindestlohn in europäischen Textilproduktionsländern kommt im Schnitt nur auf rund ein Viertel des Existenzlohnes. Die Berichte der Betroffenen sind entsprechend dramatisch: „Es gibt Tage, da haben wir nichts zu essen“, berichtet eine Näherin in der Ukraine, die für einen Lieferanten von Esprit und Gerry Weber arbeitet. „Wenn Du krank bist, kannst Du Dich gleich erschießen – denn krank zu sein, können wir uns schlichtweg nicht leisten“, meint eine junge Frau aus Kroatien, die für Hugo Boss fertigt.

„Europas Mode-Konzerne haben jetzt erstmals einen konkreten Richtwert, welche Löhne sie in den Kalkulationen mit ihren Zulieferfirmen berücksichtigen müssten“, sagt Bettina Musiolek von der Clean Clothes Campaign in Deutschland, die den Basis-Existenzlohn für Europa mitentwickelt hat. „Sie können sich nicht mehr darauf berufen, nur den im Land gültigen Mindestlohn, der meist ein Hungerlohn ist, zu bezahlen.“

Der Basis-Existenzlohn bildet auch für die Gesetzgebung eine wichtige Richtschnur sein. „Nicht nur die Modeunternehmen blockieren durch ihre Preispolitik vor Ort die Zahlung höherer Löhne, auch die EU hat durch Auflagen verbunden mit Kreditvergaben an Osteuropa die Setzung höherer Mindestlöhne behindert“, kritisiert Gertrude Klaffenböck von Südwind. Die österreichische Menschenrechtsorganisation fordert von der EU die neuen Berechnungsverfahren in der Gesetzgebung zu berücksichtigen. Klaffenböck: „Ein existenzsicherndes Einkommen ist ein Menschenrecht. Der Lohn muss demnach ausreichen, um die Grundbedürfnisse einer Familie nach Ernährung, Kleidung, Wohnung, Mobilität, Hygiene und Kultur zu befriedigen sowie Rücklagen ermöglichen, um etwa Pandemiezeiten zu überstehen.“

Hintergrund: Basisexistenzlohn für Europas Arbeiter*innen in der Textil- und Bekleidungsindustrie

In der Bekleidungsindustrie weltweit sind die extrem niedrigen Löhne treibende Kraft im Wettlauf nach unten. Die Clean Clothes Kampagne hat im vorliegenden Bericht berechnet, was einer Arbeiterin in der Bekleidungsindustrie an Lohn zusteht, wenn ihr grundlegendes Recht auf existenzsichernde Entlohnung als Basis genommen wird. Existenzsichernde Löhne sind als Menschenrecht international anerkannt und völkerrechtlich verbrieft und müssen Grundbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung, Wohnen, Gesundheit, Bildung sowie kulturelle Teilhabe abdecken und sollten bescheidene Rücklagen für kleinere Notfälle im Leben ermöglichen. Modeunternehmen und ihre Zulieferbetriebe sind aufgerufen, in ihren Kalkulationen und Zahlungen den Europa Basis Existenzlohn (Europe Floor Wage) zugrunde zu legen.

Bericht zum Downloaden

Rückfragehinweis:
Vincent Sufiyan, Pressesprecher Südwind, Tel.: +43 650 9677577, E-Mail: vincent.sufiyan@suedwind.at
Gertrude Klaffenböck, Koordinatorin Clean Clothes Kampagne Österreich, Südwind, Tel.: +43 676 4460833, Gertrude.Klaffenboeck@suedwind.at
Dr. Bettina Musiolek, Leiterin der European Production Country Focus Group bei Clean Clothes Campaign, +49 176 577 13 247, bettina.musiolek@einewelt-sachsen.de

PA: Digitalisierung: Zugpferd für Entwicklung?

Der digitale Wandel prägt die Arbeitswelt sowie das private und öffentliche Leben – und das weltweit. Mit dem technologischen Fortschritt sind große Chancen verbunden, speziell für die Länder des Globalen Südens. Aber er bringt auch Risiken mit sich. All das zeigt die aktuelle Ausgabe der Weltnachrichten, des Magazins der Austrian Development Agency (ADA).

Wien, 23. März 2021 – 86 Prozent der Bevölkerung des Globalen Nordens haben Zugang zum Internet, im Globalen Süden sind es dagegen nur 47 Prozent. In den am wenigsten entwickelten Ländern sind laut der International Telecommunication Union gar nur 19 Prozent der Bevölkerung ans Internet angebunden. Der „Digital Divide“ zeigt sich aber auch zwischen Stadt und Land, zwischen den Geschlechtern oder zwischen Einkommens- und Altersgruppen. COVID-19 hat diese Diskrepanz noch verschärft: Der fehlende Zugang zum Internet macht in Entwicklungsländern Homeoffice und Distanzunterricht deutlich schwieriger – die soziale Ungleichheit nimmt weiter zu.
 
Schwer wiegt für Entwicklungs- und Schwellenländer auch die Tatsache, dass der Anteil der digitalen Ökonomie an den Volkswirtschaften ungleich verteilt ist. Große Technologieunternehmen konzentrieren sich in den OECD-Ländern, die Wertschöpfung findet also großteils außerhalb der Grenzen des Globalen Südens statt.
 
Großes Potenzial und Schattenseiten
„Mit zahlreichen spannenden Beiträgen macht die erste Ausgabe unseres Magazins in diesem Jahr zum einen das große Potenzial, zum anderen aber auch die Schattenseiten von Digitalisierung deutlich“, betont Martin Ledolter, Geschäftsführer der Austrian Development Agency, der Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit.
 
So sind digitale Technologien ein wichtiger Hebel, um die Globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung, die SDGs, zu erreichen. Zentral ist daher, dass alle Menschen Zugang zu Zukunftstechnologien bekommen. Nur so lässt sich das Entwicklungspotenzial der Digitalisierung im Sinne erhöhter Produktivität und der Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen nutzen.
 
Außerdem können internetbasierte Managementsysteme die Wasserversorgung und Ernährungssicherheit verbessern. In der Landwirtschaft helfen Apps, Erträge zu steigern und besser zu vermarkten. Auch der Zugang zu Finanzdienstleistungen und Gesundheitsangeboten kann sich mittels digitaler Technologien deutlich verbessern. Katastrophenvorsorge und humanitäre Hilfe sind ohne digitale Tools mittlerweile undenkbar.
 
Die Digitalisierung hat aber auch dunkle Seiten: Dazu zählen der Verlust von Arbeitsplätzen, Datenmissbrauch oder die Anhäufung von Elektroschrott und intensivierte Ressourcenausbeutung gerade in Ländern des Globalen Südens.
 
Ungleichheiten mindern
Projekte und Programme internationaler Entwicklungszusammenarbeit sollten daher darauf achten, Ungleichheiten zu mindern, lokale Beschäftigung zu schaffen und die Kapazitäten der lokalen Partnerorganisationen zu stärken. Gleichzeitig muss Entwicklungszusammenarbeit auf ökologische Faktoren Rücksicht nehmen und sich etwa dafür engagieren, dass der Ressourcenausbeutung verantwortungsvoll gegengesteuert wird.
 
Denn einerseits kann Digitalisierung mithelfen, die Folgen des Klimawandels zu mildern. Andererseits tragen viele Produkte und Nutzungssysteme zur Verschärfung der Situation bei, zum Beispiel durch den hohen Energieverbrauch von Internet-Rechenzentren, beim Schürfen von Kryptowährungen oder für großflächiges Streamen. Digitalisierung muss deshalb ganzheitlich betrachtet und in all ihren ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Aspekten erfasst werden.

Best Practice
Ein Beispiel für ein erfolgreiches Digitalisierungsprojekt: In Moldau setzt das Bildungszentrum Pro Didactica mit Unterstützung der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit darauf, digitale Skills an Ausbildungsstätten zu verankern. An sieben Institutionen für berufliche Aus- und Weiterbildung gibt es nun digitale Technologien im Unterricht. Damit die Absolventinnen und Absolventen für die Berufswelt vorbereitet sind und dort leichter Fuß fassen können.

Außerdem in den Weltnachrichten 1/2021 zu lesen:

  • Algorithmische Vorurteile: Warum Technik nicht frei von Diskriminierung ist.
  • Landwirtschaft 4.0: Wie der digitale Wandel die Landwirtschaft von Grund auf verändern kann.
  • Smartphone, Internet & Co verändern das Leben von Menschen mit Behinderungen positiv.
  • Außenminister Alexander Schallenberg im Interview über das internationale Engagement Österreichs und die Notwendigkeit, Entwicklungszusammenarbeit, humanitäre Hilfe und Friedensförderung besser zu verzahnen.

Die Weltnachrichten berichten vierteljährlich über entwicklungspolitische Themen. Herausgeber ist die Austrian Development Agency. Alle Beiträge, Reportagen, Interviews und Geschichten sind auch online nachzulesen. Die Weltnachrichten sind kostenlos. Bestellungen unter oeza.info@ada.gv.at.

Austrian Development Agency
Die Austrian Development Agency, die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, unterstützt Länder in Afrika, Asien, Südost- und Osteuropa bei ihrer nachhaltigen Entwicklung. Gemeinsam mit öffentlichen Einrichtungen, Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen setzt die ADA derzeit Projekte und Programme mit einem Gesamtvolumen von über 550 Millionen Euro um.

Rückfragehinweis:
Austrian Development Agency (ADA),
die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit
Mag. Katharina Schreiber
Tel.: +43 1 90399-2414
katharina.schreiber@ada.gv.at
www.entwicklung.at

PA: AG Globale Verantwortung begrüßt Mittel aus dem Auslandskatastrophenfonds

Ausschüttung von 13,5 Mio. Euro für Soforthilfemaßnahmen in Krisenregionen beschlossen – planbares Vorgehen endlich möglich

Mit den Mitteln sollen humanitäre Hilfsprogramme österreichischer Nichtregierungsorganisationen in Krisenländern finanziert werden. „Wir freuen uns, dass die Bundesregierung mit ihrem heutigen Beschluss langanhaltende Krisen ins Visier nimmt. Sie sind eine große Herausforderung für die Humanitäre Hilfe, für die es planbare Mittel braucht. Bislang war weder bekannt, ob, wann und wie viel aus dem Auslandskatastrophenfonds ausgeschüttet wird. Mit der Freigabe der Mittel zu Beginn des Jahres können humanitäre Organisationen ihre Maßnahmen – Personaleinsätze, Materialressourcen, etc. – nun frühzeitig planen. Ein wichtiger Schritt, den wir schon lange empfohlen haben. Wir hoffen, dass diese Planbarkeit auch in die in Erarbeitung befindliche Strategie für die Humanitäre Hilfe Österreichs einfließen wird“, begrüßt Annelies Vilim, Geschäftsführerin der AG Globale Verantwortung, dem Dachverband von 34 Organisationen aus den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe, den heutigen Ministerratsbeschluss.

COVID-19 heizt bestehende Krisen weiter an

„Die Auswirkungen von COVID-19 und der Lockdowns sind nicht nur bei uns dramatisch, sondern ganz besonders in Ländern des Globalen Südens. Die Pandemie verstärkt bereits bestehende Herausforderungen in Entwicklungsländern, wie Armut, bewaffnete Konflikte oder die Auswirkungen der Klimakatastrophe. Mit den Mitteln aus dem Katastrophenfonds können humanitäre Organisationen Tausenden Menschen direkt helfen und präventive Maßnahmen setzen, lokale Gesundheitseinrichtungen stärken, Menschen mit Wasser sowie Hygieneprodukten versorgen“, fährt Vilim fort. Konkret kämen die 13,5 Mio. Euro humanitären Hilfsprogrammen für Menschen in der Ukraine, Jordanien und im Libanon sowie in den afrikanischen Staaten Äthiopien, Burkina Faso, Mosambik und Uganda zugute.

Zwei Jahre sei es her, als die Zyklone Idai und Kenneth 600 Tote in Mosambik forderten, 565.000 Menschen gelten laut ECHO noch heute als vertrieben. Jordanien und dem Libanon, die rund 752.000 und 1,5 Mio. syrische Schutzsuchende aufgenommen hätten, fehle es nach 10 Jahren Syrienkrieg an wirtschaftlicher und sozialer Stabilität. Sie seien nicht in der Lage, die Versorgung der Menschen zu sichern. Seit Beginn des bewaffneten Konflikts in der Ostukraine 2014 seien nach Angaben von ECHO 30.000 Menschen verletzt und 13.000 getötet worden. 3,4 Mio. Menschen würden sich in einer andauernden humanitären Notlage befinden.

Laut UNOCHA ist die Zahl jener, die Humanitäre Hilfe benötigen, weltweit auf 235 Mio. Menschen angestiegen – Tendenz weiter steigend. „COVID-19 ist ein Grund dafür. Erst wenn wir COVID-19 weltweit im Griff haben, erst wenn Menschen überall geimpft sind, sinkt das Risiko neuer Varianten, die den Impfschutz unterlaufen können. COVID-19 besiegen wir nur weltweit oder gar nicht. Humanitäre Organisationen sind überall dort, wo Menschen in Not sind. Wir stehen mit unserer Expertise zur Verfügung, danken der Bundesregierung und ermuntern zu weiteren Schritten, um Menschen Lebensperspektiven zu ermöglichen“, schließt Vilim.

Rückfragen und Kontakt
AG Globale Verantwortung
Hannah Hauptmann
Referentin für Presse und Öffentlichkeitsarbeit
+43 1/522 44 22 – 15 | +43 699/17 20 42 07
presse@globaleverantwortung.at
www.globaleverantwortung.at

Veranstalungshinweis: 20 Jahre Faire Wochen in Niederösterreich

Von 15. April bis 30. Mai präsentieren die Fairen Wochen zum 20. Mal zahlreiche Events und Aktionen im Zeichen der globalen Gerechtigkeit.

St. Pölten/ Wiener Neustadt, 11.03.2021. Seit 2001 thematisiert die Menschenrechtsorganisation Südwind im Rahmen der Fairen Wochen gemeinsam mit dem Land Niederösterreich, Gemeinden, Schulen und Partnerorganisationen den Fairen Handel und globale Gerechtigkeit bei Bildungsveranstaltungen, Gemeinderatssitzungen, Ausstellungspräsentationen, FAIRkostungen sowie Online-Talks und Webinaren. 

„Die Coronakrise hat die Bruchlinien unserer vernetzten Welt deutlich aufgezeigt. Lieferketten wurden gekappt und die globalisierte Wirtschaft vor große Herausforderungen gestellt. Daher braucht es heute mehr denn je Aufklärung und Lösungen für mehr globale Gerechtigkeit“, sagt Dr. Ingrid Schwarz, Regionalstellenleiterin von Südwind Niederösterreich. „Wir sind besonders stolz, dass wir heuer bereits zum 20. Mal die Fairen Wochen durchführen können und laden alle Gemeinden, Schulen und Interessierten in Niederösterreich herzlich dazu ein.“ Anmeldungen sind ab sofort online möglich.

Nach 20 Jahren aktuell wie nie
Neben Bewusstseinsbildenden Maßnahmen für Bürger*innen braucht es vor allem gesetzliche Lösungen für Unternehmen. Ob für Mode, Kakao, Lebensmittel oder Elektronik – Menschenrechtsverletzungen stehen bei globalen Lieferketten weiterhin an der Tagesordnung. Gleichzeitig ist es für Konsument*innen fast unmöglich nachzuvollziehen, unter welchen Bedingungen Produkte hergestellt wurden. „Fairer Konsum braucht strenge Regeln! Die Politik muss einen wirksamen Rechtsrahmen vorlegen gegen Menschenrechtsverletzungen internationaler Konzerne, sagt Stefan Grasgruber-Kerl, Experte für faire Lieferketten bei Südwind. „Es ist absurd, dass im Jahr 2021 immer noch Produkte in unseren Supermarktregalen stehen, die mithilfe von Kinderarbeit und Ausbeutung hergestellt wurden.“

Neue Petition „Menschenrechte brauchen Gesetze!
Um Menschenrechtsverletzungen und Naturzerstörung entlang globaler Lieferketten rechtlich zu bekämpfen, richtet Südwind die neue Petition „Menschenrechte brauchen Gesetze!“ an die Österreichische Bundesregierung. Diese wird darin aufgefordert, einen Entwurf für ein bindendes Lieferkettengesetz in Österreich zu erarbeiten, ein entsprechendes EU-Gesetz zu unterstützen sowie auf Ebene der Vereinten Nationen das verbindliche UN-Abkommen zu Wirtschaft und Menschenrechten zu forcieren.
Jetzt Petition unterschreiben: 
https://www.suedwind.at/handeln/petitionen/menschenrechte-brauchen-gesetze/

Kooperationsanfragen zu den Fairen Wochen, Anmeldungen oder Rückfragen bis 31. März 2021 an Jana Teynor von Südwind Niederösterreich: jana.teynor@suedwind.at
Online-Anmeldung: 

https://www.suedwind.at/niederoesterreich/angebote/faire-wochen/faire-wochen-2021/
Rückfragehinweis:
Mag.a Jana Teynor, MA, E-Mail: jana.teynor@suedwind.at, Tel.: 0680 1507798
Dr.in Ingrid Schwarz, E-Mail: ingrid.schwarz@suedwind.at

PA: Weltfrauentag: Keine Zeit mehr zu verlieren

Abgebrochene Schulbildung, sinkender Zugang zu reproduktiver Gesundheit sowie eine alarmierende Zunahme von Zwangsehen und geschlechtsspezifischer Gewalt: Mädchen und Frauen in entlegenen, von Armut gezeichneten Regionen leiden besonders unter den Auswirkungen der Coronapandemie. Vor allem in Kriegssituationen verstärkt COVID-19 die Belastungen für Mädchen und Frauen enorm. Die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit fördert Geschlechtergleichstellung und die aktive Beteiligung von Mädchen und Frauen an allen Entscheidungsprozessen – nicht zuletzt an Friedensverhandlungen.

Wien, 5. März 2021 – Kein anderer internationaler Tag betrifft weltweit mehr Menschen als der 8. März. Egal ob im Globalen Norden oder im Globalen Süden, in Städten oder auf dem Land: Der Weltfrauentag schlägt jedes Jahr aufs Neue Wellen, wenn es um die Themen Geschlechtergleichstellung und Frauenrechte geht. Denn trotz signifikanter Errungenschaften in den vergangenen Jahrzehnten müssen Frauen über den Globus hinweg weiterhin gegen strukturelle Ungleichbehandlung kämpfen.

In Entwicklungsländern stehen Mädchen und Frauen vor drastischen Herausforderungen. Mit einem bewusst frauenfreundlichen Förderansatz und verpflichtenden Kriterien zur Geschlechtergleichstellung trägt die Austrian Development Agency (ADA) systematisch dazu bei, ihnen zu ihrem Recht zu verhelfen: Alle von der Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit geförderten Projekte und Programme müssen „Gender Mainstreamen“ – also die Gleichstellung von Frauen und Männern in ihren Aktivitäten berücksichtigen. Gerade in bewaffneten Konflikten ist dies dringender denn je.

COVID-19: Noch mehr Herausforderungen für Mädchen und Frauen in Krisensituationen
„Wir haben im wahrsten Sinne des Wortes keine Zeit mehr zu verlieren, wenn es um die Wahrung von Frauenrechten und ein Ende jeglicher Art der Ungleichbehandlung geht. Besonders in bewaffneten Konflikten erschwert COVID-19 die belastende Situation von Mädchen und Frauen um ein Vielfaches. Hier wird einmal mehr deutlich: Ohne die Beteiligung von Frauen sind Bemühungen für anhaltenden Frieden und bessere Lebensbedingungen auf Dauer zum Scheitern verurteilt. Gerade jetzt müssen wir alle Kräfte daransetzen, dass die Pandemie bereits erreichte Erfolge nicht wieder zunichtemacht“, betont ADA-Geschäftsführer Martin Ledolter.

So erhöht sich in Kriegs- und Krisensituationen – und verstärkt nun durch die Ausbreitung des Coronavirus – die Müttersterblichkeit bei der Geburt oder während der Schwangerschaft, da bereits fragile Gesundheitssysteme zusätzlich belastet werden. Zusätzlich kümmern sich in erster Linie Frauen um kranke Angehörige, und das neben ihren regulären familiären Fürsorgepflichten. In der Regel sind es ihre Töchter, die aus der Schule genommen werden, wenn die Mütter selbst infiziert sind oder Unterstützung benötigen. Daran reihen sich ein Mehr an häuslicher Gewalt während Lockdowns sowie massive wirtschaftliche Einbußen für all jene Frauen, die im informellen Sektor beschäftigt sind. Zu alledem droht die Coronakrise bis 2025 zusätzliche 2,5 Millionen Mädchen aus der Schule und in Zwangsehen zu treiben, so die Organisation Save the Children.

Frauen müssen Teil der (Friedens-)Lösung sein
Was es für die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit in Reaktion auf Corona in bewaffneten Konflikten und humanitären Krisen braucht? Die aktive Beteiligung von Frauen und die Berücksichtigung ihrer individuellen Bedürfnisse – ganz im Sinne der Sicherheitsratsresolution 1325 der Vereinten Nationen. Sie fordert seit ihrem Beschluss im Jahr 2000 die aktive Miteinbeziehung von Frauen bei jeglichen Friedensbemühungen, sei es in Friedensverhandlungen, in der humanitären Hilfe oder beim Wiederaufbau nach Konflikten. Denn es sind gerade Frauen, die Gemeinschaften zusammenhalten, wenn die Männer an der Front kämpfen. Ihre Perspektive ist unabdingbar für langfristigen Frieden: Die Vereinten Nationen bestätigen, dass Friedensabkommen länger halten, wenn Frauen in die Verhandlungen miteinbezogen werden.

Wie dieses Ziel erreicht werden kann, zeigt die mutige Arbeit von über 100 Frauenrechtsorganisationen und Friedensaktivistinnen aus mehr als 40 von Konflikten oder humanitären Krisen betroffenen Ländern. Gemeinsam bilden sie das Global Network of Women Peacebuilders. Die ADA unterstützt das Netzwerk seit 2017 mit über 1,7 Millionen Euro dabei, die Rolle von Frauen bei der friedlichen Beilegung von kriegerischen Auseinandersetzungen zu stärken – und damit die Umsetzung der Sicherheitsratsresolution 1325 in Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Kenia, Moldau, dem Südsudan, Uganda und in der Ukraine voranzutreiben.

Gestärkte Rolle von Frauen bei Friedensverhandlungen wichtiger denn je
Laut der Frauenorganisation der Vereinten Nationen UN Women beinhalteten 2019 lediglich 26 Prozent aller Friedensvereinbarungen dezidierte Regelungen, die auf Frauen eingehen. Eine Stärkung der Rolle von Frauen bei Friedensverhandlungen ist daher wichtiger denn je.

Das von der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit geförderte Projekt beobachtet und überprüft sämtliche friedensfördernde Maßnahmen in den acht beteiligten Ländern. Aktivistinnen stärken das Wissen rund um die Resolution. Sie arbeiten mit lokalen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern, Ministerinnen und Ministern, Parlamentsabgeordneten, Mediatorinnen und Mediatoren sowie mit Journalistinnen und Journalisten zusammen. So wollen sie breites Bewusstsein und Zustimmung für die Zielsetzungen der Resolution gewinnen. Auch regionale und internationale Organisationen wie die Afrikanische Union, die Intergovernmental Authoritiy on Development, die OSZE und Europäische Union sowie die NATO und UN Women sind an der Initiative beteiligt.

Austrian Development Agency (ADA)
Die Austrian Development Agency, die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, unterstützt Länder in Afrika, Asien, Südost- und Osteuropa bei ihrer nachhaltigen Entwicklung. Gemeinsam mit öffentlichen Einrichtungen, Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen setzt die ADA derzeit Projekte und Programme mit einem Gesamtvolumen von 500 Millionen Euro um.

Rückfragehinweis:
Austrian Development Agency (ADA),
die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit
Mag. Georg Keri
Tel. 01-90399-2402
georg.keri@ada.gv.at
www.entwicklung.at

Interview: Friedvoller Journalismus

Das „Global Network of Women Peacebuilders“ besteht aus über 100 Frauenorganisationen, die in den Bereichen der humanitären Krise arbeiten. Im Online-Interview mit Tania Napravnik berichten Victoria Balleza (VB), Chief Executive Officer des Netzwerkes und ihre Programmkoordinatorin Agnieszka-Fal Dutra Santos (AS) über internationale Friedensbemühungen. Die Expertinnen teilen ihre Einschätzungen zu den Rollen von Frauen, Journalismus und den SDGs (Sustainable Development Goals) zur Erreichung einer friedvollen Welt.

TN: Wie definieren Sie Frieden?
AS: Auf diese Frage gibt es keine einfache Antwort, da dieser Begriff unterschiedlich gedeutet werden kann. In einer erst kürzlich durchgeführten Studie unseres Netzwerks zeigte sich, dass viele der 1600 Befragten Frieden durch die Abwesenheit von Krieg oder Gewalt definierten. Jedoch greift die Erklärung zu kurz. Denn Frieden existiert nicht bloß so, sondern ist ein dynamischer Prozess, der erhalten und kultiviert werden muss. Für mich persönlich hat er eine geschlechtsspezifische Konnotation, da ich Frieden mit Gender Equality verbinde: Frauen und Männer sollen gleichberechtigt darin eingebunden sein.

VB: Für mich ist Frieden ein humanitäres Recht. In diesem Sinn bedeutet er, Gerechtigkeit und Gleichberechtigung. Frieden impliziert eine demokratische Gesellschaft, in der eine diverse Bevölkerung durch funktionierende Instrumente politisch partizipiert und dadurch Ressourcen gleichmäßig verteilt werden können. Für Frieden ist Entwicklung, wie sie die SDGs vorschreiben, eine Voraussetzung, wobei deren siebzehn Zielerreichungen bis 2030 unrealistisch erscheinen. Das lässt sich schon daran ablesen, wie wenig Geld Staaten dafür budgetieren.

TN: Welche Rolle spielen Journalist*innen in Bezug auf Frieden?
VB: Um Frieden zu gewährleisten müssen Rechte und internationale Abkommen effektiv umgesetzt werden. Dies passiert durch eine erfolgreiche Kommunikation. Insofern sind Journalist*innen wichtig in der Vermittlung über Friedensagenden. Sie können sicherstellen, dass die Bevölkerung ausreichend über aktuelle Geschehnisse informiert ist und darüber hinaus Bewusstsein für Themen schaffen, was speziell wichtig ist für Frauenrollen außerhalb von stereotypisierten Gendernormen.

AS: Wenn es gelingt, Frauen als aktive Friedensagentinnen in Medien darzustellen, dann verändert sich die öffentliche Meinung und auch die private. Dieser Normierungsprozess kann so weit gehen, dass Frauen einen anderen gesellschaftlichen Status erhalten und sie sich im Zuge dessen auch selbst anders wahrnehmen. Noch dazu können Journalist*innen ihren Beitrag zu einem friedvollen Klima schaffen, indem sie auf Fehlinformationen verzichten und stattdessen über konstruktive Handlungsmöglichkeiten berichten.

TN: Können Frauen generell als Friedensagentinnen bezeichnet werden?
VB: Ja. Frauen sind diejenigen, die Resolutionen in Konfliktsituationen finden, da sie einander zuhören und lösungsorientiert arbeiten.

AS: Ich möchte auf diesem Argument aufbauen und erklärend hinzufügen, dass wir uns für die Aufwertung von Frauenrollen und -bildern in konflikthaften Auseinandersetzungen einsetzen: Frauen sollen sich als aktive Friedensagentinnen wahrnehmen und nicht als passive Opfer. Als globale Gemeinschaft stellen wir sicher, dass Frauen ihre Ansichten bzw. Bedürfnisse in den Friedensverhandlungen deklarieren, wodurch oft ungehörte Anliegen zur Sprache gebracht werden.

TN: Können Sie bitte diesbezügliche Best Practice-Beispiele nennen?
VB: Das ist jetzt schwierig. Ein gutes Beispiel ist wohl Ruanda, wo mehr als 50% der Parlamentarier*innen Frauen sind. Hier zeigt sich, dass ein politischer Willen für das Investment in Frauen existiert, welcher bei Ländern des Globalen Nordens nicht immer leicht zu finden ist. Ruanda hat sich sogar freiwillig für den SDG-voluntary report gemeldet, da es die Ziele der nachhaltigen Entwicklung in vielen Bereichen vorbildhaft implementiert!

AS: Ich denke, dass uns die Beantwortung der Frage schwerfällt, da Frauen oft diejenigen sind, welche von den Auswirkungen von Krisen besonders hart getroffen sind, wobei das nicht automatisch registriert bzw. dokumentiert wird. Daher ist es wichtig, internationale Abkommen in nationale Kontexte zu übersetzen, um somit die spezifischen Bedürfnisse und Interessen von bestimmten Gruppen heraus zu filtern. Durch den Local Action Plan ist es uns mitunter schon gelungen, dass Frauen über ihre sexualisierten Gewalterfahrungen sprechen konnten.
Ein anderes gutes Beispiel für unsere Vorgehensweise ist die Ukraine: Hier zeigte sich, dass Frauen in entlegenen Gebieten keine öffentlichen Verkehrsmittel zur Verfügung stehen und sie somit auf das Einkommen ihrer mobilen Männer angewiesen waren. Mittlerweile gibt es in dieser Gegend eine Buslinie, wodurch Frauen zur Arbeit fahren können.

NEWSLETTER 1/2021: SDG 5: „Geschlechtergleichstellung, Termine

Diesmal mit Recherchematerial und einem Gastbeitrag zum Nachhaltigkeitsziel 5 „Geschlechtergleichstellung“, Infos zu anstehenden Wahlen, Gedenk- und Aktionstagen, sowie Terminen.

Geplante Wahlen in Ländern des Südens
Peru: 11. April: Parlamentswahl und Präsidentschaftswahl
Chile: 11. April: Kommunalwahlen in Chile    
Ecuador: 11. April: Stichwahl der Präsidentschafts- und Parlamentswahl
Kap Verde: 18. April: Präsidentschaftswahl und Parlamentswahl

Internationale Gedenk- und Aktionstage
8. März: Der Internationale Frauentag (International Women’s Day) wird seit mehr als 100 Jahren begangen. Am Internationalen Frauentag (teilweise auch Weltfrauentag, Frauenkampftag, Frauenwelttag oder einfach Frauentag genannt) demonstrieren Frauen weltweit für Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung von Frauen.
20. März: Internationaler Nouruz-Tag
Der 2010 durch die Vereinten Nationen (UN) ausgerufene Internationale Nouruz-Tag wurde durch einige Mitgliedsstaaten der UN initiiert, die diesen gemeinsam feiern, u.a. Afghanistan, Albanien, Aserbaidschan, Mazedonien, Indien, Iran, Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Türkei und Turkmenistan. Nouruz, heißt übersetzt „Neuer Tag“. Das Alt-Iranische Neujahrs- und Frühlingsfest wird von mehr als 300 Millionen Menschen am 20. oder 21. März gefeiert und wurde 2009 von der UNESCO in die Liste der Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit aufgenommen.
22. März.: Weltwassertag
Er wurde in der Agenda 21 der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janeiro vorgeschlagen und von der UN-Generalversammlung in einer Resolution am 22. Dezember 1992 beschlossen. Die UN lädt ihre Mitgliedsstaaten dazu ein, diesen Tag zur Einführung von UN-Empfehlungen zu nutzen und konkrete Aktionen zu fördern, bei denen es um die Ressource Wasser geht.
24. März: Internationaler Tag für das Recht auf Wahrheit über schwere Menschenrechtsverletzungen und für die Würde der Opfer
Der Tag wurde durch die Vereinten Nationen zu Ehren des Erzbischofs Oscar Arnulfo Romero initiiert, der 1980, an diesem Tag in San Salvador ermordet wurde. Es sollen zudem die Opfer von Menschenrechtsverletzungen und all jene geehrt werden, die sich für die Einhaltung der Menschenrechte einsetzen beziehungsweise in diesem Zusammenhang gestorben sind. Erzbischof Romero trat für soziale Gerechtigkeit und politische Reformen in seinem Land ein und stellte sich damit in Opposition zur damaligen Militärdiktatur in El Salvador. Er gilt als einer der prominentesten Verfechter der Befreiungstheologie.
25. März.: Internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer der Sklaverei und des transatlantischen Sklavenhandels
Mit diesem Tag setzen sich die Vereinten Nationen dafür ein, der Bevölkerung die Gefahren von Rassismus und Vorurteilen bewusst zu machen.
Der transatlantische Sklavenhandel stellt die größte erzwungene Migration in der Geschichte dar, die sich in einem Zeitraum von über 400 Jahren abspielte. Auch heutzutage ist die Sklaverei ein aktuelles Thema. Viele Millionen Menschen, darunter auch Kinder, fallen dem Menschenhandel zum Opfer und werden als Zwangsarbeiter missbraucht.
27. März: Earth Hour
2021 findet diese ab 20:30 Uhr statt. „Earth Hour“, „Stunde der Erde“ oder auch „Licht aus“ ist der Name einer Umweltschutzaktion, die das Umweltbewusstsein erhöhen sowie Energiesparen und die Reduzierung von Treibhausgasen symbolisch unterstützen soll. Dazu sollen während der Earth Hour die Lichter ausgeschaltet werden. Zahlreiche Städte aus verschiedenen Ländern beteiligen sich an dieser Aktion.
7. April: Weltgesundheitstag
Dieser Tag wurde 1948 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) beschlossen und findet am 7. April statt. Jedes Jahr wird auf ein global relevantes Gesundheitsthema hingewiesen.
7. April: Internationaler Tag des Gedenkens an den Völkermord in Ruanda
1994 kamen beim Genozid an den Tutsi zwischen 500.000 und einer Million Menschen ums Leben.
22. April: Tag der Erde
Er findet in über 175 Ländern statt. Die Idee hinter dem auch als Earth Day bezeichneten Aktionstag ist, für einen ökologischen bzw. umweltbewussten Lebensstil zu werben.
12. April: Ramadan
Der islamische Fastenmonat findet 2020 von 12. April bis 12. Mai statt. Das Fest des Fastenbrechens im unmittelbaren Anschluss an den Fastenmonat zu Beginn des Folgemonats Schawwal ist nach dem Opferfest der zweithöchste islamische Feiertag.
3. Mai: Internationaler Tag der Pressefreiheit
Mit diesem Tag wird seit 1994 jährlich am 3. Mai auf Verletzungen der Pressefreiheit sowie auf die grundlegende Bedeutung freier Berichterstattung für die Existenz von Demokratien aufmerksam gemacht.
17. Mai. Internationaler Tag gegen Homophobie und Transphobie
Die Initiative zum diesem Tag ging von Louis-George Tin aus, der heute der französischen Sektion der International Lesbian and Gay Association vorsteht. Das Datum wurde zur Erinnerung an den 17. Mai 1990 gewählt, den Tag, an dem die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Homosexualität aus ihrem Diagnoseschlüssel strich.

Veranstaltungen
9. März 2021, 17:00 – 19:00 Uhr: Online-Veranstaltung: Wirtschaftliches Empowerment von Frauen im Globalen Süden. Unterschiedliche Startpositionen – verschärfte Rahmenbedingungen von Oikocredit Austria, ega: frauen im zentrum & WIDE.
Drei entwicklungspolitische Akteurinnen geben Einblick in ihr Verständnis von wirtschaftlichem Empowerment und ihre Projektarbeit zur Einkommensstärkung von Frauen in Ländern des Globalen Südens. Welche Erfolge gibt es und welches sind die größten Herausforderungen auf dem Weg zur Umsetzung des Frauenrechts auf Selbstbestimmung? Welche Rahmenbedingungen dürfen nicht außer Acht gelassen werden, um einen nachhaltigen Beitrag zur Geschlechtergleichstellung zu leisten? Was bedeutet die Corona-Krise für ihre Arbeit?
Registrierung unter diesem Link 
11. März 2021 – 13. April 2021: Ausstellung: Hair Salon, Afro-Asiatisches Institut Graz, Ql-Galerie, Leechgasse 24, 8010 Graz
Im Hair Salon haben sich Künster*innen von uniT mit Workshopteilnehmer*innen kreativ dem Thema gewidmet, Geschichten, Ideen und Erinnerungen gesammelt und künstlerisch bearbeitet. Ergänzt wird die Ausstellung durch Beiträge von Künstler*innen aus der regionalen Kunstszene. Die entstandenen Werke laden zu einer Auseinandersetzung mit den vielfältigen Perspektiven ein und machen Bezüge zu kulturellen und gesellschaftspolitischen Themen sichtbar.
Mehr Infos
25. März, 9:30 – 17:00 Uhr: Online Re-Use-Konferenz zum Thema Textilien Bei der heurigen österreichischen Re-Use-Konferenz von der ARGE Abfallvermeidung und RepaNet steht die Wiederverwendung von Textilien im Fokus.
Details zu Programm, Vorträgen und Teilnahmegebühren
9. bis 11. April: Nachhaltigkeitsmesse WeFair, Marx-Halle, Wien.
Im Mittelpunkt der Messe (bisher WearFair) stehen Angebote und Lösungen für einen ökofairen Lebensstil aus den Bereichen: Mode, Kosmetik, Lebensmittel, Reisen, Innovationen, u.v.m.
Mehr Infos     
Save the date: 6. & 20. & 27. Mai 2021, jeweils ab 17 Uhr (bis ca. 19 Uhr): Online- bzw. Hybrid-Veranstaltungen: Frauen im Tourismus, Veranstaltungsreihe (online bzw. hybrid) von respect_NFI & fairunterwegs.Gemeinsam mit nationalen und internationalen Expertinnen und Praktikerinnen wird beleuchtet, wie sich die Rollen der Frauen im Laufe der letzten Jahrzehnte verändert haben, warum Frauen-Power für eine nachhaltige Entwicklung des Tourismus so wichtig ist und wie die COVID-19-Pandemie insbesondere Frauen (be)trifft.Weitere Details folgen! Voranmeldungen sind bereits möglich unter: cornelia.kuehhas@respect.at

Online-Veranstaltung: Unerhört?! Starke Frauen in der Diaspora

Als Beitrag zum internationalen Frauentag 2021 feiert das VIDC, in Kooperation mit Seti Women, IGASUS, Okto TV und das Biber, Frauen aus der Diaspora als wichtige Akteurinnen für eine emanzipatorische gesellschaftliche Veränderung in Österreich.

Montag, 1. März 2021, 19:00 – 21:00 Uhr
Live auf Okto TV und auf dem Facebook Kanal des VIDC

Es gibt viele großartige Frauen, die in Österreich ihre neue Heimat gefunden haben und heute als Künstlerinnen, Politikerinnen, Lehrerinnen, Ärztinnen, Journalistinnen, Unternehmerinnen, Menschenrechtsaktivistinnen, Wissenschaftlerinnen etc. tätig sind. Sie inspirieren und sind Vorbilder für viele Frauen in den migrantischen Communities.   Sie spielen bei der Durchsetzung von positiven gesellschaftlichen Veränderungen, eine zentrale Rolle. Allerdings sind diese beeindruckenden Erfolgsgeschichten der Frauen aus den Diasporas in der Gesellschaft wenig sichtbar.

Am Podium
Esther Maria Kürmayr
Anti Diskriminierungsexpertin , Sozialarbeiterin, Lehrerin, Obfrau des Vereins Schwarze Frauen Community
Ishraga Mustafa Hamid
Politologin, Autorin und Menschenrechtaktivistin, 2020 erhielt sie das Goldenen Verdienstzeichen des Landes Wien
Rojin Ali
Soziologin, Dolmetscherin und Sozialarbeiterin, Diakonie Frauenberatung, Wien
Noreen Mughal
Maturantin, Black Lives Matter, Vorarlberg
Aadilah Amin
Studentin an der Universität Wien, Gründungsmitglied des afghanischen Studenten*innenvereins IGASUS
Moderation: Delna Antia-Tatić
Chefredakteurin, Das Biber

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