PA: Iran: Sicherheitskräfte foltern inhaftierte Kinder mit Peitschenhieben, Elektroschocks und sexualisierter Gewalt

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Sechs Monate nach dem Beginn der landesweiten Proteste im Iran, ausgelöst durch den Tod von Mahsa (Zhina) Amini, veröffentlicht Amnesty International Belege über die Gewalt an Kindern, die während und nach den Protesten festgenommen wurden. 

Die Untersuchungen decken Foltermethoden auf, die die die Revolutionsgarden, die paramilitärischen Basij, die Polizei für öffentliche Sicherheit und andere Sicherheits- und Geheimdienstkräfte gegen inhaftierte Kinder im Alter von 12 Jahren angewandt haben, um sie zu bestrafen und um erzwungene „Geständnisse“ zu erlangen. Dazu gehören Schläge, Auspeitschungen, Elektroschocks, Vergewaltigungen und anderer sexualisierte Gewalt. So wird etwa berichtet, dass mehrere Buben gezwungen wurden, sich mit gespreizten Beinen in eine Reihe mit erwachsenen Häftlingen zu stellen, und ihnen Elektroschocks im Genitalbereich verabreicht wurden.

„Iranische Staatsangestellte haben Kinder aus ihren Familien gerissen und sie unvorstellbaren Grausamkeiten ausgesetzt. Es ist abscheulich, dass Beamt*innen verletzlichen und verängstigten Kindern und ihren Familien solch massive Schmerzen zufügen und sie mit schweren körperlichen und seelischen Narben zurücklassen. Diese Gewalt gegen Kinder offenbart eine gezielte Strategie, um den lebendigen Geist der Jugend des Landes zu unterdrücken und sie davon abzuhalten, Freiheit und Menschenrechte einzufordern“, sagte Diana Eltahawy, stellvertretende Regionaldirektorin von Amnesty International für den Nahen Osten und Nordafrika.

Forderung nach Freilassung der Kinder und nach universeller Gerichtsbarkeit durch die Staaten

„Die Behörden müssen sofort alle Kinder freilassen, die nur wegen ihres friedlichen Protestes inhaftiert worden sind. Es gibt keine Aussicht auf wirksame unparteiische Ermittlungen zur Folterung von Kindern im Iran. Daher fordern wir alle Staaten auf, die universelle Gerichtsbarkeit über iranische Beamt*innen auszuüben, einschließlich denjenigen mit Befehlsgewalt oder höherer Verantwortung, die im begründeten Verdacht stehen, für Verbrechen nach internationalem Recht wie der Folterung von Kindern strafrechtlich verantwortlich zu sein.“

Masseninhaftierung von Kindern

Die iranischen Behörden haben zugegeben, dass im Zusammenhang mit den Protesten insgesamt mehr als 22.000 Menschen festgenommen wurden. Genaue Angaben zu der Anzahl festgenommener Kinder fehlen. Laut staatlichen Medien machten Kinder aber einen erheblichen Teil der Demonstrant*innen aus. Amnesty International schätzt, dass Tausende Kinder unter den Verhafteten gewesen sein könnten. Diese wurden wie Erwachsene zunächst − oft mit verbundenen Augen − in Haftanstalten gebracht, die von den Revolutionsgarden, dem Geheimdienstministerium, der Polizei für öffentliche Sicherheit, der Ermittlungseinheit der iranischen Polizei (Agahi) oder den paramilitärischen Basij betrieben werden. Nach tage- oder wochenlanger Isolationshaft oder gewaltsamem Verschwindenlassen wurden sie in anerkannte Gefängnisse verlegt.

Entführungen und Folter

Außerdem entführten Agent*innen in Zivil Kinder während oder im Anschluss an Proteste von der Straße, brachten sie an inoffizielle Orte wie in Lagerhäuser, wo sie sie folterten, bevor sie sie an abgelegenen Orten aussetzten. Diese Entführungen erfolgten ohne ordnungsgemäßes Verfahren und dienten dazu, Kinder zu bestrafen, einzuschüchtern und von der Teilnahme an den Protesten abzuhalten. 

Freilassungen gegen Kaution oder „Reue“

Die meisten der in den letzten sechs Monaten verhafteten Kinder wurden offenbar wieder freigelassen, manchmal gegen Kaution, bis die Ermittlungen abgeschlossen sind oder ein Gerichtsverfahren eingeleitet wird. Viele wurden erst freigelassen, nachdem sie ein „Reue“-Schreiben unterzeichnet und versprochen hatten, sich von „politischen Aktivitäten“ fernzuhalten und an regierungsfreundlichen Kundgebungen teilzunehmen.

Vergewaltigungen und Schläge

Viele der Kinder wurden geschlagen; weitere Foltermethoden sind Auspeitschungen, die Verabreichung von Elektroschocks, die erzwungene Verabreichung unbekannter Pillen und das Halten der Köpfe der Kinder unter Wasser. Staatliche Bedienstete haben außerdem Vergewaltigung und andere sexualisierte Gewalt, einschließlich Elektroschocks an den Genitalien, Berühren der Genitalien und Drohungen mit Vergewaltigung, als Waffe gegen inhaftierte Kinder eingesetzt, um ihren Willen zu brechen, sie zu demütigen und zu bestrafen.

Unmenschliche Haftbedingungen, keine medizinische Versorgung

Zahlreiche Kinder wurden unter grausamen und unmenschlichen Haftbedingungen festgehalten, etwa extreme Überbelegung, unzureichender Zugang zu Toiletten und Waschgelegenheiten, Mangel an ausreichender Nahrung und Trinkwasser, extreme Kälte und längere Einzelhaft. Mädchen wurden von ausschließlich männlichen Sicherheitskräften festgehalten, die keine Rücksicht auf ihre geschlechtsspezifischen Bedürfnisse nahmen. Kindern wurde eine angemessene medizinische Versorgung verweigert, auch für Verletzungen, die sie unter der Folter erlitten hatten.

Amnesty International hat die Fälle von sieben Kindern im Detail dokumentiert und Zeugenaussagen und Berichte von Betroffenen und Familien gesammelt und auf  www.amnesty.at veröffentlicht.

Rückfragen:
Presseteam Amnesty International Österreich
Eleonore Rudnay
+43-664-400 10 56
E-Mail: eleonore.rudnay@amnesty.at

Veranstaltungshinweis: Online Discussion Forum – Socially Just Climate Policies at a Global Scale – Which Way forward?

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The effects of the climate crisis, as well as those of the COVID-19 pandemic and the war in Ukraine are having global impacts. However, the ability to adapt and mitigate the consequences is unevenly distributed between the Global North and the Global South. The Global South, which is most affected, still does not have a strong voice in international discussions.

While there is a consensus on the need for socially just climate policies globally, it is still unclear how to achieve this. Several internationally discussed topics, such as carbon pricing or the debates around loss and damage, point to important ethical questions and potential trade-offs. Will developing and emerging countries need to choose between industrial development and climate goals? Will the poor have to pay the bill for the reduction of global greenhouse gases? Is it fair that many poor countries, who have contributed little to human-induced climate change, are experiencing severe loss and damage? How will their financing needs be met, given their limited technical and financial capacity to address the impacts of climate change?

We would like to invite you to an online discussion forum. The aim is to draw attention to the effects of the current polycrisis while focusing on the Global South. There is an urgent need to address the consequences in the form of renewed and solidary multilateral cooperation. The discussion will feature our latest “Austrian Development Cooperation 2022” flagship report, which addresses these issues and will also be presented there.

Speakers:
Farah Mohammadzadeh Valencia (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change),
Rueanna Haynes (Climate Analytics Caribbean and Team Lead of Alliance of Small Island States Support) and
Gertraud Wollansky (BMK – Federal Ministry for Climate Action, Environment, Energy, Mobility, Innovation and Technology).

Programme (pdf)

Please register at: registration@oefse.at

After Registration the access code will be sent to you. By participating in this event, you consent to the publication of photographs and film footage that are produced by the organizers during the event.

Veranstaltungshinweis: Globale Verantwortung – Chancen und Risiken eines EU-Lieferkettengesetzes

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Ein europaweites Lieferkettengesetz: Welche Hürden sind noch zu bewältigen, um den Richtlinienentwurf zur Gewährleistung von Menschen- und Umweltrechten entlang der Lieferketten umzusetzen und welche Auswirkungen sind durch die rechtliche Lieferkettenverantwortung für österreichische Unternehmen zu erwarten?

Der vorliegende Richtlinienentwurf zur Gewährleistung von Menschen- und Umweltrechten entlang der Lieferketten (Proposal for a Directive on Corporate Sustainability Due Diligence – 2022/0051 COD) wird aus unterschiedlichen Blickwinkeln mit Vertreter:innen aus Wissenschaft, Politik, Zivilgesellschaft und Wirtschaft diskutiert. In der inhaltlichen Debatte sollen mögliche Handelseffekte, ökonomische, menschenrechtliche und ökologische Auswirkungen auf Länder des globalen Südens sowie gleichermaßen Chancen und Risiken für österreichische Unternehmen zur Sprache kommen.

Am Podium diskutieren:

• Mag.a Evelyn Regner (Vize-Präsidentin des EU-Parlaments, SPÖ)

• Univ.-Prof. MMag. Gabriel Felbermayr, PhD (Direktor WIFO)

• Mag. Lukas Schmidt (Geschäftsleiter FIAN Österreich)

• Prof. (FH) Dr. Andreas Breinbauer (Rektor und Studiengangsleiter, FH BFI Wien)

Datum und Uhrzeit: Do, 23.03.23 | 18:30 Uhr
Adresse: Festsaal | Erdgeschoß der Fachhochschule des BFI Wien, Wohlmutstraße 22, 1020 Wien

Um Anmeldung wird gebeten: https://www.fh-vie.ac.at/de/seite/lieferkette

PA: Pestizidfreie Ernährungssysteme stärken Geschlechtergerechtigkeit

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Menschenrechtsorganisation für das Recht auf Nahrung zum internationalen Frauentag am 8. März:
Besserer Zugang von Frauen zu Land und natürlichen Ressourcen, das Ende der Abhängigkeit von chemischen Pestiziden, die Stärkung kleinbäuerlicher Saatgutsysteme und der Umstieg auf agrarökologische Landwirtschaft fördern sowohl Geschlechter- als auch Klimagerechtigkeit.

Die Verletzlichkeit und Marginalisierung von Frauen in ländlichen Gebieten des globalen Südens nimmt mit anhaltender Abhängigkeit von chemischen Inputs zu. Zugleich haben Frauen eine entscheidende Rolle bei der Minimierung von Pestizidschäden und Umweltzerstörung. Die Stärkung von Frauen und Mädchen trägt daher wesentlich zu klimagerechten Ernährungssystemen bei.

Weltweit 385 Millionen akute Pestizidvergiftungen jährlich

Es gibt keine genauen Daten dazu, wie hoch der Frauenanteil unter den rund 385 Millionen Bäuer*innen und Landarbeiter*innen ist, die jährlich akute Pestizidvergiftungen erleiden. Mit dem enormen Anstieg des weltweiten Pestizideinsatzes müssen die besonderen Auswirkungen auf Frauen und Mädchen jedoch klar berücksichtigt werden: In einigen Regionen des Globalen Südens arbeitet mehr als die Hälfte der erwerbstätigen Frauen in der Landwirtschaft. Dabei sind sie häufig zum Teil hochgefährlichen Pestiziden ausgesetzt, deren Anwendung in der EU zwar verboten ist, die aber dennoch hier hergestellt und gewinnbringend exportiert werden.

Den giftigen Auswirkungen durch Pestizide sind Frauen direkt und indirekt ausgesetzt: Direkt, indem sie entweder als Landarbeiterinnen die Mittel meist mit mangelhafter oder gar keiner Schutzausrüstung aufbringen, oder indem sie daran beteiligt sind, die Pestizide zu mischen, die behandelten Pflanzen zu ernten oder pestizidgetränkte Kleidung zu waschen. Indirekt, da sie zumeist aufgrund zugewiesener traditioneller Geschlechterrollen für die Pflege erkrankter Familienmitglieder zuständig sind und daher pestizidvergiftete Personen in der Gemeinschaft versorgen müssen.

Frauen besonders beeinträchtigt

Pestizide beeinträchtigen die körperliche, psychische und reproduktive Gesundheit von Frauen in besonderer Weise. Mehrere Studien belegen, dass der Kontakt mit Pestiziden bei Frauen zu Abweichungen ihres Monatszyklus, höheren Tot- und Fehlgeburten sowie verschiedenen Schäden bei ungeborenen Kindern führt. Häufig arbeiten Schwangere bis zum 6. Monat auf den Feldern weiter ohne Schutz vor giftigen Chemikalien.

Pestizide gehören zu den Hauptfaktoren, die die Zerstörung biologischer Vielfalt und die Klimakrise befeuern. Deren Auswirkungen der treffen Frauen in ländlichen Gebieten erwiesenermaßen besonders empfindlich, gerade in Regionen, in denen sie ohnedies stärker unter Hunger und Mangelernährung leiden. Frauen sind aber nicht nur Betroffene, sondern sie haben auch eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, nachhaltige Lösungen für klimaresistente und vielfältige Ernährungssysteme zu entwickeln, da häufig sie es sind, die traditionelle und biodiverse Saatgutsysteme wahren, ökologische Anbaumethoden wählen und durch abwechslungsreiche Ernährung wesentlich zur Gesundheit ihrer Gemeinschaften beitragen.

Pestizidfreie Ernährungssysteme stärken Geschlechter- und Klimagerechtigkeit

„Besserer Zugang von Frauen zu Land und natürlichen Ressourcen, das Ende der Abhängigkeit von chemischen Pestiziden, die Stärkung kleinbäuerlicher Saatgutsysteme und der Umstieg auf agrarökologische Landwirtschaft fördern sowohl Geschlechter-, als auch Klimagerechtigkeit“, weist Tina Wirnsberger, FIAN-Referentin für Klima und Frauen auf die Schnittstelle von Frauen, Pestiziden, Klima und Ernährung hin.

Es braucht daher entschlossene Maßnahmen, um die Pestizidbelastung von Frauen in ländlichen Gebieten zu minimieren. Das schließt das weltweite Verbot aller hochgefährlichen Pestizide (HHP) ebenso ein wie einheitliche strenge Regulierungen für den Export von chemischen Mitteln, deren Anwendung in der EU aus gutem Grund verboten ist.

Lieferkettengesetz: Agrochemiekonzerne in Verantwortung nehmen

„Österreich und die EU-Staaten müssen ihren menschenrechtlichen Pflichten nachkommen und Agrochemiekonzerne für die Schäden an Gesundheit und Umwelt und die Menschenrechtsverletzungen, die sie mit synthetischen Pestiziden anrichten, durch ein Lieferkettengesetz in die Verantwortung nehmen“, schließt Wirnsberger an das Netzwerk für Soziale Verantwortung (NeSoVe) und WIDE an, deren Mitglied FIAN Österreich ist und die am heutigen internationalen Frauentag gemeinsam die Verankerung von Frauenrechten im Lieferkettengesetz fordern.


Rückfragen an: 
Tina Wirnsberger
FIAN Österreich
Int. Menschenrechtsorganisation für das Recht auf Nahrung
Schwarzspanierstraße 15/3/1, 1090 Wien, Austria
Tel: 01 – 2350239
office@fian.at www.fian.at 

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PA: Frauenrechte ins EU-Lieferkettengesetz!

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WIDE: Die spezifischen Risiken und Lebensrealitäten von arbeitenden Frauen* müssen in der EU-Richtlinie berücksichtigt werden

Anlässlich des internationalen Frauentags 2023 haben mehr als 140 Organisationen, darunter WIDE, in einem offenen Brief ihre Enttäuschung über das Fehlen einer Geschlechterperspektive im geplanten EU-Lieferkettengesetz geäußert. Sie machen speziell darauf aufmerksam, dass in der Stellungnahme des EU-Rats, dem Gremium der EU-Mitgliedsstaaten, der Verweis auf die Frauenrechte (CEDAW – die Menschenrechtskonvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau) aus dem materiellen Geltungsbereich der Richtlinie gestrichen worden ist – ein No-Go für WIDE!

Durch ein Lieferkettengesetz sollen Unternehmen dazu verpflichtet werden, Menschenrechte und die Umwelt entlang ihrer globalen Lieferketten zu schützen. Ein EU-Lieferkettengesetz hat großes Potenzial, sofern Unternehmen tatsächlich Verantwortung übernehmen müssen und es auf breiter Basis gültig ist. Das Gesetz muss eine geschlechtsspezifische Perspektive inkludieren, fordert WIDE, das entwicklungspolitische Netzwerk für Frauenrechte mit 21 Mitgliedsorganisationen in Österreich, sonst bleiben frauen*spezifische Lebensrealitäten, wie sexuelle Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz, ausgeblendet.

„In der Entwicklungszusammenarbeit erleben wir ständig, wie Frauen und Mädchen in untergeordneter, ausbeuterischer Form in die globale Wirtschaft eingebunden sind. Das wird besonders im Textilsektor oder in der Landwirtschaft sichtbar, wo der Anteil von Frauen hoch ist. Solche Arbeitsplätze sichern oft nicht mehr als gerade mal das Überleben“, kritisiert Katharina Auer von Brot für die Welt. „Das Lieferkettengesetz ist eine Chance, um weltweit Frauen und Mädchen in prekären Arbeitsverhältnissen vor Ausbeutung, Diskriminierung und Gewalt zu schützen“, so Auer.

Derzeit erarbeitet das EU-Parlament eine Position zum vorgeschlagenen Lieferkettengesetz, danach beginnen die Trilog-Verhandlungen. „Der Kampf um ein effektives EU-Lieferkettengesetz ist noch lange nicht vorbei! Gerade in den nächsten Monaten wird es darum gehen, dass sich engagierte EU-Parlamentarier*innen für Nachschärfungen einsetzen und die Schlupflöcher im EU-Lieferkettengesetz stopfen“, fordert Bettina Rosenberger, Koordinatorin der Kampagne „Menschenrechte brauchen Gesetze!“

WIDE moniert, dass im EU-Lieferkettengesetz der Verweis auf die internationalen Frauenrechte enthalten sein muss und konkret auch die Empfehlung des CEDAW-Komitees (Nr. 30 aus 2013) in Bezug auf die Tätigkeit von internationalen Unternehmen in Konfliktgebieten. Laut CEDAW besteht eine Staatenverpflichtung dahingehend, dass nichtstaatliche Akteur*innen (Unternehmen), die extraterritorial (im Ausland) operieren, dafür zur Verantwortung zu ziehen sind, wenn ihre Aktivitäten in Konfliktgebieten zu Verstößen gegen die Rechte von Frauen führen. Eine klare Aussage für eine länderübergreifende Staatenverantwortung!

„Die Suche nach Lebensmitteln und Wasser infolge von Dürren und Überschwemmungen zwingt Frauen dazu, sich riskanten Situationen auszusetzen. Oft sind es Männer, die in Extremsituationen die knappen Ressourcen verwalten und über ihre Zugangsbedingungen bestimmen“, so die Gender-Beauftragte des lateinamerikanischen Fairtrade-Produzent*innen-Netzwerks CLAC, Rubidia Escobar. „Viele Frauen auf dem Land sind in solchen Situationen sexuellen Belästigungen, Ausbeutung und allgemeiner Gewalt ausgesetzt. Die Stärkung ihres Selbstbewusstseins und die Verbesserung ihrer Kenntnisse über Umweltzusammenhänge kann sie in die Lage versetzen, sich effektiver für alternative Lösungen einzusetzen.“

Die Verknappung von Rohstoffen und der Bedarf an neuen Energiequellen und -trägern führt zu immer mehr Druck auf die Umwelt und auf Subsistenz-Bäuer*innen im Globalen Süden, die versuchen, sich gegen den Verlust ihrer Existenzgrundlagen wegen Bergbau, Fracking oder dem Niederbrennen des Regenwalds zu verteidigen. Landraub und Gewalt gegen Umweltschützer*innen stehen eng mit Wirtschaftsinteressen im Energie- und Rohstoff-Sektor in Zusammenhang.

Frauen, die sich gegen Umweltzerstörung engagieren, riskieren mancherorts ihr Leben: so die indigene Umweltschützerin Berta Cáceres, die 2016 in Honduras ermordet wurde, oder die Mapuche-Umweltschützerin Macarena Valdés Muñoz, die im selben Jahr mutmaßlich wegen ihres Widerstands gegen den Bau eines Wasserkraftwerks in Chile ermordet wurde – die Ermittlungen verliefen im Sand. Zwei von vielen weltweit, die für ihr Engagement mit dem Leben bezahlten.

In Anbetracht der starken Betroffenheit indigener Gemeinschaften fordert WIDE, dass auch die jüngste Empfehlung des UN-Frauenrechtskomitees CEDAW (Nr. 39, 2022) berücksichtigt werden muss. Sie besagt, dass vor jeder eventuellen Genehmigung von Wirtschafts-, Entwicklungs-, Bergbau-, aber auch von Klimaschutz- und Klimaanpassungsprojekten auf indigenem Gebiet die freie und informierte Zustimmung indigener Frauen und Mädchen eingeholt werden muss. Auch diese Vorgabe muss explizit in das EU-Lieferkettengesetz einfließen!

„Als einer der größten Handelsblöcke hat die EU die Möglichkeit und die Verantwortung, ihr Engagement für die Menschenrechte unter Beweis zu stellen“, so Hannah Angerbauer von der KOO – Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz.

Die wichtigsten Forderungen des WIDE-Netzwerks sind, dass die gesamte Wertschöpfungskette durch das künftige EU-Lieferkettengesetz abgedeckt werden muss. Unternehmen aller Größenordnung müssen erfasst sein. Die international anerkannten Frauenrechte müssen klar einbezogen sein, und Betroffene von Arbeitsrechtsverletzungen oder von Umweltzerstörung müssen Zugang zur Justiz haben, sodass die Richtlinie keine neue Version einer Form von freiwilliger Unternehmensverantwortung wird, sondern einen Rechtsrahmen mit einklagbarer Haftbarkeit schafft.

Links:

European Coalition for Corporate Justice: Over 140 organisations call for gender-responsive corporate sustainability legislation, 6.3.2023

Netzwerk Soziale Verantwortung: “Menschenrechte brauchen Gesetze” WIDE-Mitglieder: https://wide-netzwerk.at/mitgliedsorganisationen/

PA: Empowering Migrant Voices: Migrant:innenbeirat Graz und Südwind präsentieren Pionierprojekt für politische Teilhabe

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Premiere für Graz-gemeinsam-gestalten.at beim Elevate Festival – Neues Tool für E-Partizipation fördert politische Teilhabe von Migrant:innen in Graz.

Graz, am 6. März 2023. Laut Statistik Austria sind rund 1,5 Millionen Menschen, die in Österreich leben, aufgrund ihrer Staatsbürgerschaft vom bundesweiten Wahlrecht ausgeschlossen. Das ist fast jede:r fünfte Erwachsene und damit ein enormes demokratiepolitisches Defizit. Die österreichische Menschenrechtsorganisation Südwind, der Migrant:innenbeirat Graz und das mitgestalten Partizipationsbüro starten ein neues Pilotprojekt zur Förderung der politischen Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund in Österreich. Das neue E-Partizipationstool Graz-gemeinsam-gestalten.at wurde zum Wochenende bei einem Workshop am Elevate Festival erstmals präsentiert.

„Die Beteiligung von Migrant:innen ist ein Schlüsselfaktor für eine inklusive und demokratische Stadt. Wir wollen mit dem E-Partizipationstool den Zugang zu politischen Entscheidungsprozessen erleichtern und den Dialog zwischen Migrant:innen und der Stadtverwaltung fördern”, erklärt Lena Gruber von Südwind Steiermark. Das neue E-Partizipationstool ist das erste seiner Art in Österreich und ermöglicht einen direkten Austausch zwischen der Stadtregierung und allen in Graz wohnhaften Bürger:innen. Für Menschen mit Migrationshintergrund kann dadurch die politische Teilhabe wesentlich gestärkt werden.

„Der Weg zum österreichischen Wahlrecht ist für Menschen mit Migrationshintergrund mit hohen finanziellen Hürden und mit langen Wartezeiten verbunden. Umso wichtiger ist es, auch andere Wege zu schaffen, um direkt mit der Stadtverwaltung in Austausch zu treten und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten“, sagt Godswill Eyawo vom Migrant:innenbeirat Graz. „Wir haben in Graz einen sehr aktiven Migrant:innenbeirat und eine tolle Kooperation mit der Stadtregierung. Gemeinsam sind wir sehr engagiert darin, Migrant:innen stärker in die politische Gestaltung der Stadt einzubinden. Mit dem neuen E-Partizipationstool wird ein wichtiger Schritt dafür gesetzt. Wir hoffen, dass es auch in anderen Städten und Regionen als Vorbild dienen wird.“

„Dem mitgestalten Partizipationsbüro ist es eine große Ehre mit der Beteiligungsplattform ‚Graz Gemeinsam Gestalten‘ allen in Graz lebenden Menschen einen besseren Zugang zu politischen Entscheidungsprozessen zu geben. Gerade Migrant:innen sind oft Thema der Politik, allerdings selten in deren Gestaltung eingebunden. Daher haben wir in Kooperation mit Südwind und dem Migrant:innenbeirat besonderen Wert auf die Mehrsprachigkeit des Portals gelegt“, betont Romy Grasgruber-Kerl, Geschäftsführerin vom mitgestalten Partizipationsbüro.

Am Samstag, 4. März konnten sich Teilnehmer:innen des Workshops Elevate Migrant Voices selbst ein Bild vom Mehrwert des neuen Tools machen. Die Veranstaltung bot eine Plattform für den Austausch zwischen Migrant:innen und der Stadtverwaltung mit dem Ziel, gemeinsam neue Wege der politischen Teilhabe zu eröffnen. An verschiedenen Tischen wurden Ideen und Vorschläge zwischen Politik und Grazer:innen mit und ohne Migrationshintergrund diskutiert.

Bewusstseinsarbeit für Inklusion auf allen Ebenen

Die österreichische Menschenrechtsorganisation Südwind engagiert sich seit vielen Jahren im Bereich Migration und Inklusion. Ein Teil dieser Arbeit ist es, Menschen, die nach Österreich kommen, beim Einleben in unsere Gesell­schaft zu unterstützen und gleichzeitig die lokale Bevölkerung für die besonderen Lebensumstände von Migrant:innen zu sensibilisieren – von ehrenamtlich Engagierten bis hin zu Vertreter:innen von Behörden, Bildungseinrichtungen, Politik und Wirtschaft. Mit dem Südwind-Projekt EMVI (Empowering Migrants Voices on Integration and Inclusion Policies) wird die po­litische Teilhabe von Migrant:innen gestärkt, indem sie ermutigt werden, sich selbst als Handelnde inklusiver Politik zu verstehen. Gleichzeitig werden lokale und regionale Behörden sowie Institutionen bei der Kontaktaufnahme mit Migrant:innen unterstützt. In Österreich ist Südwind gemeinsam mit dem Migrant:innenbeirat Graz und der Partnergemeinde Lustenau aktiv. Auf internationaler Ebene ver­netzt das Projekt Initiativen aus Italien, Slowenien, Griechenland, Deutschland und Österreich.

Fotos von der Veranstaltung unter: www.suedwind.at/presse

Rückfragehinweis:
Lena Gruber
Projektleiterin Südwind
Tel.: +43 316 323212
E-Mail: lena.gruber@suedwind.at

Vincent Sufiyan
Kommunikationsleiter Südwind
Tel.: +43 650 96 77577
E-Mail: vincent.sufiyan@suedwind.at

PA: Appell an die UN: Einrichtung eines unabhängigen Ermittlungsmechanismus in Afghanistan

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Amnesty International fordert, dass die anhaltenden „erbarmungslosen Menschenrechtsverstöße“ der Taliban im UN-Menschenrechtsrat behandelt werden. Beweissicherung sei die Grundlage für internationaler Gerechtigkeit.

London / Wien (6.3.2023) Anlässlich des neuen Berichts des UN-Sonderberichterstatters zur Lage der Menschenreche in Afghanistan im Zuge der heute stattfindenden Sitzung des UN-Menschenrechtsrats fordert Amnesty International die UN-Mitgliedstaaten auf, ein Ende der Straflosigkeit anzustreben und Gerechtigkeit für die Betroffenen von Menschenrechtsverstößen durch die Taliban zu gewährleisten. Der UN-Menschenrechtsrat muss dringend und möglichst bald einen unabhängigen Ermittlungsmechanismus in Afghanistan einrichten, der sich auf die Beweissicherung konzentriert, um internationale Gerechtigkeit anzustreben. Ähnlich wie in Ländern wie Äthiopien, dem Iran und Myanmar sollte ein solcher Mechanismus mit einem mehrjährigen Mandat sowie Mitteln ausgestattet werden, um für die im ganzen Land verübten Menschenrechtsverletzungen und -verstöße Beweise zu finden, zu sammeln und zu dokumentieren.

Rasant verschlechternde Menschenrechtslage

In den vergangenen Monaten haben die Taliban zahlreiche Frauenrechtler*innen, Akademiker*innen und Aktivist*innen rechtswidrig inhaftiert. Viele wurden willkürlich festgenommen, ohne Rechtsbehelf oder Zugang zu ihren Angehörigen. Vermutlich wurden sie inhaftiert, weil sie öffentlich die Politik der Taliban kritisiert haben. „Die Menschenrechtslage in Afghanistan verschlechtert sich rasant und die erbarmungslosen Menschenrechtsverstöße der Taliban gehen Tag für Tag weiter“, sagte Agnès Callamard, die internationale Generalsekretärin von Amnesty International. „In letzter Zeit wurden Personen, die sich in der Öffentlichkeit kritisch über die missbräuchlichen Vorschriften der Taliban geäußert haben, ohne Angabe von Gründen festgenommen. Außerdem schränkten die Taliban weiterhin die Rechte von Frauen und Mädchen ein und konnten Angehörige der ethnischen Hazara gezielt töten, ohne dafür belangt zu werden. Es ist offensichtlich, dass die Taliban weder bereit noch imstande sind, Handlungen ihrer Mitglieder zu untersuchen, die die Menschenrechte der afghanischen Bevölkerung schwer verletzen.“

 Sammeln und Sichern von Beweisen für Gerechtigkeit

„Auch wenn der Sonderberichterstatter unter extrem schwierigen Bedingungen weiter wertvolle Arbeit leistet, ist jetzt mehr erforderlich, um der gewaltigen Herausforderung gerecht zu werden, die Menschenrechtsverstöße in Afghanistan zu dokumentieren. Dazu muss dringend eine Ermittlungsmission eingerichtet werden, die sich auf das Sammeln und Sichern von Beweisen konzentriert, um für Gerechtigkeit zu sorgen.“

Während der UN-Sonderberichterstatter prinzipiell damit betraut ist, kontinuierliche Menschenrechtsverstöße zu dokumentieren, bestünde ein zentraler Beitrag des geforderten Mechanismus darin, die Fakten und Umstände schwerwiegender Verstöße abzuklären, potenzielle Straftäter*innen zu identifizieren sowie für die zukünftige strafrechtliche Verfolgung im Rahmen der internationalen Gerichtsbarkeit Beweise zu sichern und dokumentieren. Ein solcher Mechanismus ist unerlässlich, um zu gewährleisten, dass Straftaten nach dem Völkerrecht sowie Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan nicht der internationalen Kontrolle entgehen, sowie zu gewährleisten, dass alle diejenigen, die strafrechtlicher Verantwortung verdächtig sind, in fairen Gerichtsverfahren vor ordentlichen Zivilgerichten oder internationalen Strafgerichten zur Rechenschaft gezogen werden.

HINTERGRUND – jüngste Entwicklungen

Nachdem die Taliban im August 2021 die Kontrolle über Afghanistan übernommen hatten, erklärten sie, die Menschenrechte in Afghanistan wahren und respektieren zu wollen. Amnesty International hat jedoch seit damals wiederholt von Taliban verübte Verbrechen gegen das Völkerrecht sowie Menschenrechtsverletzungen dokumentiert.

In jüngster Zeit kam es zu einer Festnahmewelle, bei der unter anderem die Frauenrechtlerin Narges Sadat, Professor Ismail Mashal, ein Verfechter von Bildung für Frauen, der Bürgerrechtler Fardin Fedayee, der Autor und Aktivist Zekria Asoli, der afghanisch-französische Journalist Mortaza Behboudi, der frühere Senator Qais Khan Wakili und der afghanische Journalist Muhammad Yar Majroh inhaftiert wurden. Aktuell geht Amnesty International davon aus, dass lediglich Professor Mashal inzwischen wieder freigekommen ist. Bei vielen Inhaftierungen gibt es keine Informationen über den Grund für die Festnahme der betreffenden Personen, und deren Aufenthaltsort bleibt häufig unbekannt, was dem Verschwindenlassen gleichkommt.

Neue Beweise für Verbrechen in Pandschschir

Nach wie vor gibt es auch zahlreiche Menschenrechtsverstöße gegen Zivilpersonen in Pandschschir – darunter Entführungen und Verschwindenlassen –, da der Konflikt zwischen den Taliban und der Nationalen Widerstandsfront von Afghanistan (NRF) anhält. Das Crisis Evidence Lab von Amnesty International hat Fotos und Videos von mindestens acht Vorfällen für authentisch erklärt, die zwischen Mai und August 2022 in den Sozialen Medien gepostet worden waren und auf denen zu sehen ist, wie große Gruppen von Männern in Pandschschir willkürlich von den Taliban festgenommen und ohne Gerichtsverfahren inhaftiert werden. Insgesamt zeigen diese Videos mindestens 87 Personen in verschiedenen Stadien des Inhaftierungsprozesses, die meisten von ihnen mit gefesselten Händen. In einem Video erklärt ein Kämpfer der Taliban: „Wenn es nach mir ginge, würde ich sie gleich hier töten.“

Hartes Durchgreifen gegen Frauen und Mädchen sowie Angriffe auf ethnische Minderheiten

Bereits in einem Juli 2022 veröffentlichten Bericht dokumentierte Amnesty International, wie die Leben von Frauen und Mädchen in Afghanistan durch die Taliban zerstört werden. Ihr Recht auf Bildung, Arbeit und Bewegungsfreiheit wird dauernd verletzt, die Möglichkeiten für Schutz und Unterstützung bei häuslicher Gewalt wurden massiv reduziert, Frauen und Mädchen wurden wiederholt und laufend wegen geringfügiger Nichteinhaltung diskriminierender Vorschriften inhaftiert und das System hat zu einem Anstieg der Zahl von Kinder-, Früh- und Zwangsehen in Afghanistan beigetragen.

Auch die Angriffe auf ethnische Minderheiten gehen unvermindert weiter. In drei Fällen hat Amnesty Massentötungen von Hazara durch die Taliban in den Provinzen Ghazni, Ghor und Daikondi untersucht, die Kriegsverbrechen gleichkommen könnten. In allen drei Fällen haben die De-facto-Behörden der Taliban in Afghanistan weder Ermittlungen eingeleitet noch die Tatverdächtigen zur Rechenschaft gezogen.

Rückfragehinweis:
Presseteam Amnesty International Österreich
Eleonore Rudnay
+43-664-400 10 56
E-Mail: eleonore.rudnay@amnesty.at

Veranstaltungshinweis: „Frau, Leben, Freiheit“ Iranische Frauen im Aufbruch. Podiumsdiskussion am Internationalen Weltfrauentag

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Anlässlich des Internationalen Weltfrauentages zeigt sich die VHS Wiener Urania solidarisch mit der Widerstandsbewegung der Frauen im Iran und diskutiert mit Expert*innen über die Proteste gegen das Regime, was sich gegenüber den Forderungen der iranischen Revolution von 1979 verändert hat und wie die Frauen ihre Zukunft im Iran sehen.

Dabei wird auch ein Blick darauf geworfen, wie der Protest vor dem Hintergrund des arabischen Frühlings und der Entwicklung in anderen islamischen Ländern einzuordnen ist und was wir in Europa tun können.

Begrüßung: Prof.in Mag.a Doris Zametzer, Direktorin der VHS Wiener Urania und Landstraße

Keynote: Dr. Homayoun Alizadeh, Gründer des Personenkomitees zur Unterstützung der Frauen und Jugendbewegung im Iran – die Mahsa Jina Amini Initiative

Moderation: Siobhan Geets, Journalistin im Ressort Außenpolitik bei „Profil“

Am Podium:
Mag.a jur.Shoura Zehetner Hashemi, Juristin im diplomatischen Dienst

Prof.in Mag.a Art. Mitra Shahmoradi-Strohmaier, iranisch-österreichische Malerin und Poetin

Shiva Badihi, ehrenamtliches Mitglied des Frauenrechtsnetzwerks von Amnesty International

Teilnehmer:inneninfos:
Aufgrund von begrenzten Raumkapazitäten wird vorab um Anmeldung persönlich, telefonisch oder per E-Mail gebeten.

PA: Cox’s Bazar/Bangladesch: Lebensmittel-Kürzungen bedrohen Gesundheit der Rohingya

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Ärzte ohne Grenzen befürchtet schwere gesundheitliche Folgen durch Kürzungen von Lebensmittelrationen für rund eine Million geflüchtete Rohingya im Distrikt Cox’s Bazar in Bangladesch. Das Risiko für Mangelernährung und andere Krankheiten steigt dadurch deutlich an.

Das Welternährungsprogramm (WFP) hatte am Mittwoch unter Berufung auf fehlende Finanzmittel die Rationen um 17 Prozent gekürzt. Dadurch ist die Kalorienzahl pro Person unter den anerkannten Mindeststandard von 2.100 Kalorien pro Tag gesunken.

Die geflüchteten Rohingya, die in der weltweit größten Ansammlung von Geflüchteten-Camps im Distrikt Cox’s Bazar leben, sind fast vollständig auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Ihr Aufenthalt ist auf die Lager beschränkt, und sie dürfen keiner formellen Beschäftigung nachgehen. Dadurch können sie ihre geringen Nahrungsmittelrationen auch nicht selbstständig aufstocken.

„Ärzte ohne Grenzen unterstützt die Rohingya so lange wie nötig, aber die Deckung des steigenden medizinischen Bedarfs in den Lagern in Cox’s Bazaar übersteigt die Kapazitäten”, sagt Claudio Miglietta, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Bangladesch. „Die finanziellen Mittel sind gesunken und die Anzahl der Hilfsorganisationen in Cox’s Bazar ist um fast 80 Prozent zurückgegangen.”

Die Gesundheitsversorgung in den Lagern ist bereits jetzt herausfordernd. Die Menschen in den Camps leben unter prekären Lebensbedingungen und leiden unter Krankheiten wie Krätze, Dengue-Fieber und Cholera.

Aufgrund der geringeren Kalorienzufuhr sind die Menschen nun der Gefahr von Mangelernährung und Anämie ausgesetzt. Zudem wird ihr Immunsystem geschwächt, was das Risiko für Ausbrüche von Infektionskrankheiten, wie Masern und Cholera, erhöht.

Viele Schwangere, die in den Gesundheitseinrichtungen von Ärzte ohne Grenzen zur Vorsorge betreut werden, sind bereits mangelernährt. Im vergangenen Jahr wurde bei 12 Prozent der Schwangeren im Kutupalong-Krankenhaus und in der Balukhali-Klinik akute Mangelernährung und bei 30 Prozent Anämie diagnostiziert. Frauen, die mangelernährt und anämisch sind, haben ein höheres Risiko, während der Geburt Komplikationen zu erleiden, und ihre Neugeborenen haben ein höheres Risiko für einen schlechten Gesundheitszustand.

Viele Geflüchtete in den Lagern leiden an chronischen Krankheiten wie Herzleiden, Bluthochdruck und Diabetes Typ II. Für Betroffene von nicht-übertragbaren Krankheiten ist eine gesunde Ernährung ein entscheidender Faktor.

Ärzte ohne Grenzen befürchtet, dass eine Kürzung der Lebensmittelrationen die Verzweiflung in den Lagern verstärken und weitere Menschen dazu bringen könnte, sich in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft auf extrem gefährlichen See- und Landrouten zu begeben.

Ärzte ohne Grenzen leistet seit 1992 medizinische Hilfe in den Flüchtlingslagern in Cox’s Bazar. Im vergangenen Jahr führten die Teams von Ärzte ohne Grenzen mehr als 750.000 ambulante Konsultationen durch und nahmen mehr als 22.000 Patient:innen stationär auf.

Für Rückfragen | Vermittlung von Interviews | Fotomaterial wenden Sie sich bitte an:
Patricia Otuka-Karner
patricia.otuka-karner@aertze-ohne-grenzen.at
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PA: Patentrechtsnovelle: Schritt zur Stärkung der kleinbäuerlichen Rechte

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Zugang zu Saatgut muss nun auch für Kleinbäuer:innen im Globalen Süden gesichert werden, so FIAN.

FIAN, die Menschenrechtsorganisation für das Recht auf Nahrung, begrüßt die Patentrechts-Novelle, welche die Bundesregierung auf den Weg gebracht hat. Demnach dürfen natürliche Pflanzen bei konventioneller Züchtung nicht patentiert werden – ein wichtiger Schritt, um der zunehmenden Monopolisierung von Saatgut in Händen der Agrarchemiekonzerne entgegenzutreten und nachhaltige, kleinbäuerliche Saatgutsysteme zu stärken.

Nur vier Agrochemieunternehmen – Bayer-Monsanto, DowDuPont/Corteva, ChemChina-Syngenta und BASF – kontrollieren mehr als die Hälfte desweltweiten Saatgutmarktes und zugleich drei Viertel des weltweiten Pestizidmarktes. Bestimmungen zum geistigen Eigentum haben massiv dazu beigetragen, ihre Dominanz über Saatgut und Nahrungsmittelsysteme im Allgemeinen zu festigen.

Grund dafür ist das lukrative Geschäftsmodell der Unternehmen, Pestizid- und Saatgutverkäufe zu kombinieren. Die negativen Auswirkungen davon lasten besonders auf den Schultern der Kleinbäuer:innen und Landarbeiter:innen im Globalen Süden sowie indigener Völker. Regionale Saatgutsysteme werden sukzessive abgelöst von Saatgut, welches nur in Kombination mit chemischen Düngemitteln und giftigen Pestiziden ertragreich ist und nicht vermehrt werden kann. Dies führt in eine negative Abhängigkeitsspirale für die Lebensmittelproduzent:innen, schadet der Gesundheit und verletzt das Recht auf Nahrung.

„Der Zugang zu Saatgut ist die Grundlage der Ernährung. Dass Bäuerinnen und Bauern die Kontrolle über ihr Saatgut haben, ist eine zentrale Voraussetzung für die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung. Traditionelle kleinbäuerliche Saatgutsysteme bilden das Fundament für nachhaltige, agrarökologische Anbaumethoden, die Biodiversität erhalten, für eine gesunde und abwechslungsreiche Ernährung sorgen und besser an die Auswirkungen der Klimakrise angepasst sind“, betont Tina Wirnsberger, FIAN-Referentin für kleinbäuerliche Rechte und Klimagerechtigkeit.

FIAN sieht in der österreichischen Novelle eine Stärkung kleinbäuerlicher Rechte, die in weiterer Folge durch entsprechende handels- und entwicklungspolitische Maßnahmen auch über die Staatsgrenzen hinausgetragen werden muss. „Der Wandel zu einem krisensicheren globalen Ernährungssystem kann nur gelingen, wenn Kleinbäuer:innen und ihre Rechte im Mittelpunkt stehen“, so Wirnsberger abschließend.

Rückfragehinweis:

FIAN Österreich
Int. Menschenrechtsorganisation für das Recht auf Nahrung
Schwarzspanierstraße 15/3/1, 1090 Wien, Austria
Tel: 01 – 2350239
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