WIDE kritisiert die geplante Kürzung von Entwicklungszusammenarbeit und humanitärer Hilfe.
Das entwicklungspolitische Netzwerk WIDE kritisiert die von Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) angekündigten massiven Budgetkürzungen für Entwicklungszusammenarbeit (EZA) und den Auslandskatastrophenfond scharf.
Eine Kürzung um ein Viertel bis 2026 (im Vergleich zu 2024) ist eine absolut unverhältnismäßige Maßnahme und würde eine Sanierung des österreichischen Budgets auf Kosten von besonders benachteiligten Menschen auf dieser Welt bedeuten. Diese Vorgehensweise hat der sozialdemokratische Finanzminister gemeinsam mit Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) und Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) zu verantworten.
Die Kürzung der EZA und internationalen humanitären Hilfe kommt in einem Moment, in dem die internationale Zusammenarbeit durch die Zerschlagung von USAID (der US-amerikanischen Entwicklungsagentur) durch die Regierung Trump massiv geschwächt ist. Die USAID-Mittel fehlen bereits an vielen Orten, wo Menschen unter besonders schwierigen Bedingungen leben. So gab kürzlich das World Food Programme bekannt, aufgrund ausbleibender Gelder die Nahrungsmittelhilfe für eine Million Geflüchtete, die Uganda aus Nachbarländern aufgenommen hat, einstellen zu müssen. Es ist ein Beispiel von vielen, wo Maßnahmen zur Unterstützung von Menschen in besonders prekären Lagen gestoppt werden (siehe auch WIDE-Update 1/2025).
War die österreichische Entwicklungszusammenarbeit schon immer unterdurchschnittlich dotiert, so fällt sie mit dieser Entscheidung weit hinter bisherige Ambitionen und internationale Verpflichtungen zurück.
Julia Günther, WIDE-Obfrau, weist darauf hin, dass EZA-Kürzungen in der Vergangenheit immer zulasten von Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter gegangen sind. Auch jetzt werden Kürzungen im angekündigten hohen Volumen direkte Auswirkungen auf die in den letzten Jahren ausgebauten Programme haben, die auf das Empowerment von Frauen* und Mädchen* gesetzt haben, sei es im Bereich der Ernährungssicherheit, Anpassung an veränderte Umweltbedingungen aufgrund des Klimawandels, Berufsbildung, Gewaltschutz, oder die Stärkung der Rechte im (ideologisch umkämpften) Bereich von Sexualität und Reproduktion.
Die Kürzungen treffen Menschen im Globalen Süden, die absolut nichts mit dem österreichischen Budgetdefizit zu tun haben. Sie haben nicht im Geringsten von den Corona-Wirtschaftsfördermaßnahmen profitiert, und sie leiden unter Wirtschaftskrisen – und in ihrem Gefolge Verarmung, Kriminalität und Gewalt – noch in ganz anderem Ausmaß.
In einer Aussendung zur „Alternativen Budgetrede 2025“ der Plattform FAIRsorgen, die von WIDE mitgetragen wird, wird vorgerechnet, wie es stattdessen gehen kann:
„Auf der Einnahmenseite zeigt das Zukunftsbudget ein Einnahmenpotenzial von 15 bis 25 Milliarden Euro jährlich: Eine Steuer auf hohe Vermögen bringt – je nach Ausgestaltung – 10 bis 20 Milliarden Euro jährlich; eine Steuer auf Erbschaften und Schenkungen rund 2 Milliarden Euro pro Jahr. Durch die Rücknahme der Senkung der Körperschaftssteuer und ein progressives Steuermodell können konservativ geschätzt 5 Milliarden Euro zusätzlich eingenommen werden. Allein die Banken haben in den letzten zwei Jahren 23 Milliarden Euro Gewinn erzielt. Zusätzlich sind Übergewinne und klimaschädliche Energiequellen dringend höher zu besteuern, um die Ökologisierung voranzubringen.“
Gerade in Anbetracht der riesigen Finanzierungslücke, die die US-Politik in der Finanzierung humanitärer Programme verursacht hat, aber auch vor dem Hintergrund der fortschreitenden Klimakrise ist Kontinuität in der Programmfinanzierung und eine längerfristige Aufstockung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe im derzeitigen Kontext – nicht zuletzt auch für die Friedenssicherung und globale Stabilität – die einzig richtige Antwort.
WIDE fordert die Rücknahme der angekündigten Kürzungen von EZA und Auslandskatastrophenfond!
Für Rückfragen:
Claudia Thallmayer, WIDE-Koordinatorin, thallmayer@wide-netzwerk.at
WIDE – Entwicklungspolitisches Netzwerk für Frauenrechte und feministische Perspektiven
Tel: (++43-1) 317 40 31, office@wide-netzwerk.at, www.wide-netzwerk.at
Quellen:
- Der Spiegel (8.5.2025): Ende von USAID. WFP stellt Lebensmittelhilfen für eine Million Menschen in Uganda ein https://www.spiegel.de/ausland/uganda-wfp-stellt-lebensmittelhilfen-fuer-eine-million-menschen-ein-a-43d3b3ad-5d07-42f6-a34a-af1f77163187
- FAIRsorgen! Wirtschaften fürs Leben (12.5.2025): Presseaussendung „Alternative Budgetrede 2025“ https://fairsorgen.at/alternative-budgetrede-2025/
- Marterbauer, Markus (2011): Zahlen bitte! Die Kosten der Krise tragen wir alle (Zsolnay Verlag)
- ORF News (13.5.2025): Budgetrede. Die Einschnitte in den wichtigsten Bereichen. https://orf.at/stories/3393335/
- WIDE-Update 1/2025: WIDE-Update: Frontalangriff auf „Gender“ und Entwicklungszusammenarbeit, https://wide-netzwerk.at/wp-content/uploads/2025/03/WIDE-Update-1-2025-Peking30.pdf