Archiv der Kategorie: Globalisierung

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Veranstaltungseinladung: „Beyond Panic“ – eine Südwind-Studie zum Thema Klimagerechtigkeit

Südwind lädt zum Pressefrühstück mit Juan Jose Hurtado Paz y Paz, Geschäftsführer der Asociación Pop No’j in Guatemala am 9. Juni 2022.

Anfang Mai hat Südwind die aufsehenerregende Studie „Beyond Panic“  veröffentlicht. In Kooperation mit der Universität Bologna wurde anhand von vier Länderbeispielen – Senegal, Guatemala, Kambodscha und Kenia – gezeigt, inwiefern ausbeuterische Arbeits- und Wirtschaftspraktiken in Ländern, die besonders von der Klimakrise betroffen sind, die Ungleichheit weiter verschärfen.

Indigene Völker bewahren die biologische Vielfalt in diesen Regionen, leiden aber unter den Folgen der Naturzerstörung im Zuge einer zunehmend kapitalistischen Entwicklung.

Die Klimakrise nimmt ihnen den Lebensraum und zwingt sie zu fliehen, um zu überleben. Vor welchen Herausforderungen stehen indigene Communities in Guatemala jetzt angesichts der Klimakrise?

Juan José Hurtado ist Geschäftsführer der Asociación Pop No’j, einer gemeinnützigen Organisation in Guatemala, die mit der indigenen Maya-Bevölkerung arbeitet, insbesondere mit Frauen, Jugendlichen und Kindern. Der Auftrag der Organisation lautet: Förderung der Organisation, (Aus-)Bildung und Beteiligung der Mayas durch einen Ansatz, der auf Identität, Kultur und spezifischen Rechten beruht.

Auf seiner Reise durch Österreich bis hin zum Menschenrechtsrat in Genf macht Juan José Hurtado Station in Wien.

Wann: Donnerstag, 9. Juni 2022, 9.30 Uhr
Wo: Café Museum, Operngasse 7, 1010 Wien

Das Pressefrühstück findet auf Englisch statt. Wir bitten höflich um Anmeldung und freuen uns auf einen regen Austausch.

Anmeldung und Rückfragehinweis:

Silvia Haselhuhn, M.A.
Pressesprecherin
silvia.haselhuhn@suedwind.at
0680 1583016

PA: EU-Lieferkettengesetz: Ohne Nachschärfungen wird sich Rana Plaza wiederholen

Der Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza jährt sich am Sonntag zum neunten Mal – Unternehmen müssten mit dem EU-Lieferkettengesetz in seiner aktuellen Form kaum  Konsequenzen fürchten , die Zivilgesellschaft fordert dringende Nachschärfung, so NGOs und Kalpona Akter, Arbeitsrechtsaktivistin aus Bangladesch bei einem Pressegespräch.

Wien, 21.04.2022: Am 24. April 2022 jährt sich der Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch zum neunten Mal. Mehr als 1.100 Menschen verloren 2013 in dem als einsturzgefährdet bekannten Gebäudekomplex ihr Leben, weit über 2.000 wurden verletzt. Der Gebäudeeinsturz gilt als schwerste Katastrophe der Textilindustrie. In der Fabrik ließen namhafte europäische Unternehmen produzieren u.a. Inditex, der Mutterkonzern von ZARA, Primark und C&A. Ende Februar präsentierte die EU-Kommission den lang erwarteten Vorschlag für ein EU-Lieferkettengesetz. Vertreter:innen der zivilgesellschaftlichen Kampagne “Menschenrechte brauchen Gesetze!” analysierten beim gemeinsamen Pressegespräch mit Kalpona Akter, Arbeitsrechtsaktivistin und Gründerin der „Bangladesh Center for Workers Solidarity“, die politischen Fortschritte seit dem Einsturz von Rana Plaza. „Der Richtlinienentwurf der EU ist nicht adäquat, um die Arbeiter:innen vor Ort ausreichend zu schützen. Wenn ein Unglück passiert, sollen Arbeiter:innen das Recht haben, das Unternehmen in dem Land zu verklagen, in dem es ansässig ist. Alle Arbeiter:innen entlang der Lieferkette müssen geschützt werden!”

„Als in Frankreich 2017 das erste Lieferkettengesetz weltweit beschlossen wurde, sprach man vom „Rana Plaza Gesetz“ – und alle wussten sofort, warum es so ein Gesetz geben muss. Eine Schwäche des französischen Gesetzes, und leider auch des neuen EU Richtlinienvorschlags, ist allerdings, das Betroffene von Menschenrechtsverletzungen noch immer massive Hürden zu überwinden haben, um tatsächlich zu ihrem Recht zu kommen. Eine der größten Hürden ist dabei die Beweislast. Sie darf nicht allein auf den Schultern der Betroffenen liegen.“ erklärt Claudia Saller, Geschäftsführerin der European Coalition for Corporate Justice (ECCJ). 

Das EU-Lieferkettengesetz – ein Anfang, aber bei weitem nicht genug

„Damit sich Rana Plaza nie wieder wiederholt, braucht das EU-Lieferkettengesetz klare Nachschärfungen. Nur ein effektives Lieferkettengesetz, das alle Unternehmen betrifft, schafft ein Fundament für sichere Textilfabriken. Der derzeitige Vorschlag würde 99% aller EU-Unternehmen nicht betreffen, kritisiert Kampagnenkoordinatorin Bettina Rosenberger.  „Der Entwurf verschriftlicht zwar Ansätze der unternehmerischen Verantwortung, die Unternehmen in der Vergangenheit im Rahmen freiwilliger Selbstverpflichtungen bereits umgesetzt haben. Allerdings haben sich diese Ansätze meist als ineffektiv oder Greenwashing herausgestellt. Nicht trotz, sondern wegen weniger Arbeitsrechten lassen europäische Unternehmen in Bangladesch produzieren. Umso wichtiger ist ein strenger Rechtsrahmen für die gesamte Lieferkette“, sagt Stefan Grasgruber-Kerl, Lieferketten-Experte bei Südwind.

„Wurden ausbeuterische Praktiken und fehlende Umweltstandards in der Vergangenheit von Unternehmen oft genutzt, um sich einen Kostenvorteil zu verschaffen, so ist ein zukünftiges EU-Lieferkettengesetz endlich eine Möglichkeit, dieses Ungleichgewicht zu beenden. Wir begrüßen ein starkes Lieferkettengesetz und fordern daher, dass die Anerkennung und Umsetzung existenzsichernder Löhne und Einkommen, Vereinigungsfreiheit und Kollektivverhandlungen als unteilbare Menschenrechte sowie das Mitspracherecht aller Rechteinhaber:innen im vorliegenden Gesetzesentwurf verankert werden“, betont Hartwig Kirner, Geschäftsführer von FAIRTRADE Österreich. .

Der EU-Entwurf muss nachgebessert werden

Hierbei spielt die Einbindung von Gewerkschaften und Arbeitnehmer:innenvertretungen eine große Rolle: “Das EU-Lieferkettengesetz setzt sich zum Ziel, Arbeitnehmer:innen weltweit besser zu schützen. Es geht um ihre Arbeitsbedingungen, ihre Sicherheit. Der vorliegende Entwurf bindet Gewerkschaften und Arbeitnehmer:innenvertretungen aber völlig unzureichend ein. Das ist inakzeptabel“, fordert Julia Wegerer, Juristin der Arbeiterkammer Wien, Nachbesserungen ein.

Nur ein effektives Lieferkettengesetz kann das Zeitalter der einstürzenden Textilfabriken beenden. Daher fordern die Vertreter:innen der Kampagne Justizministerin Zadic, Wirtschaftsministerin Schramböck, die EU Kommissare Reynders und Breton sowie die EU Parlamentarier:innen dazu auf, sich für die notwendigen Änderungen einzusetzen. 

Die Kampagne „Menschenrechte brauchen Gesetze!“ wird vom Bündnis der Treaty Alliance getragen und fordert ein Lieferkettengesetz in Österreich und in der EU sowie Unterstützung für das UN-Abkommen zu Wirtschaft und Menschenrechten. Das Netzwerk Soziale Verantwortung (NeSoVe) koordiniert die Kampagne und ist österreichisches ECCJ-Mitglied. 

Mehr Infos zur Kampagne: www.menschenrechtebrauchengesetze.at

Die Aufzeichnung des Pressegespräch kann auf Anfrage gerne zur Verfügung gestellt werden: bettina.rosenberger@nesove.at 

Diese Aussendung wird im Rahmen des Projekts Clean Clothes Kampagne mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union und der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit durchgeführt. Die darin vertretenen Standpunkte geben die Ansicht von Südwind wieder und stellen somit in keiner Weise die offizielle Meinung der Fördergeber dar.

Weltsozialforum: weltweite Demilitarisierung

Die neue Kampagne des Weltsozialforums ist heute notwendiger denn je, berichtet Journalist und Mitglied des Internationalen Rat des Weltsozialforums, Leo Gabriel.

Ende Januar 2021 fand das seit 20 Jahren bestehende Weltsozialforum (WSF) zum ersten Mal im virtuellen Raum statt. Obwohl es von der Öffentlichkeit relativ unbemerkt vonstattenging, hat es nachhaltig Spuren hinterlassen. Eine der wichtigsten war und ist eine Kampagne für eine weltweite Demilitarisierung und Abrüstung u.a. mit dem Ziel, die Ressourcen der Verteidigungsbudgets sozialen und ökologischen Projekten, vor allem in den Ländern des Globalen Südens, zu Gute kommen zu lassen.

Diese Kampagne war das Ergebnis von monatelangen Diskussionen innerhalb der internationalen Friedensbewegung unter Federführung des International Peace Bureau mit Sitz in Berlin.
Das Ziel: Die Unterstützung der sozialen und ökologischen Bewegungen für das Friedensthema zu gewinnen.

Denn, so in der Abschlusserklärung der virtuellen Friedensversammlung: „Die verschiedenen Themenbereiche sind miteinander verbunden: Frieden kann nicht ohne soziale Gerechtigkeit erreicht werden, die Umwelt kann nicht ohne Frieden erhalten werden und die Wirtschaft kann nicht reformiert werden, ohne die Umwelt, den Frieden und die soziale Gerechtigkeit zu erhalten, die gegenwärtig durch einseitige Profitinteressen verletzt werden.“

Zu diesem Zeitpunkt ahnte noch niemand, wie sehr diese Überlegungen Anfang des Jahres 2022 im Zentrum der Weltöffentlichkeit stehen sollten. Spätestens ab dem 24. Februar und dem Einmarsch Russlands in der Ukraine ist vielen klar geworden, dass Friede – auch in Europa – keine Selbstverständlichkeit ist.
In Lateinamerika etwa, wo normalerweise militärische Auseinandersetzungen außerhalb des Kontinents nur von einem interessierten Publikum registriert wird, erregte der Krieg in der Ukraine schlagartig eine große Betroffenheit in einer breiten Öffentlichkeit und verdrängte sogar die COVID-19 Pandemie zeitweise aus den Schlagzeilen.

Beim heurigen Weltsozialforum, das von 1. bis 6. Mai 2022 in Mexiko-Stadt stattfinden soll – diesmal nicht nur virtuell, sondern auch physisch – wird der Krieg in der Ukraine zum Ziel der friedenspolitischen Bemühungen und Aktionen gemacht. Dabei spielt auch die Erinnerung an den 15. Februar 2003 eine nicht zu unterschätzende Rolle. An diesem Tag gingen 40 Millionen Menschen weltweit auf die Straßen, um gegen den unmittelbar bevorstehenden Krieg der Koalition unter Führung des damaligen US-Präsidenten George W. Bush zu protestieren. Sogar die New York Times vermerkte damals, dass „eine neue Weltmacht“ geboren wäre: die weltweite Zivilgesellschaft.

Die Frage ist, mit welchem Konzept und welcher Strategie diese globale Zivilgesellschaft nun auftreten soll, um den von der ukrainischen Bevölkerung ersehnten Frieden herbeizuführen.
In Vorbereitung auf das WSF 2022 wurde von einer Fraktion eine Erklärung verabschiedet: die sogenannten „Erneuerer“ sind einer Strömung innerhalb des WSF, die das WSF nicht nur – wie bisher – als Treffpunkt der sozialen Bewegungen zwecks Erfahrungsaustausch versteht, sondern als eine organisatorische Einheit , welche bei der Schlussversammlung des Weltsozialforums am 6. Mai die Grundlage für einen weltweiten Aktionsplan bilden soll.
Der Vorschlag dabei: Eine Neutralität der Ukraine nach dem Vorbild Finnlands oder Österreichs. Föderalismus und Selbstbestimmung, vor allem für den Donbass, der das eigentliche Ziel der russischen Militärintervention ist. Dazu braucht es der Erklärung zufolge eine grundlegende ukrainische Verfassungsreform, so wie sie bereits im Minsker Abkommen vorgesehen war.
Auch hier: Parallelen zu Österreich im Sinne einer bundesstaatlichen Struktur und der Autonomie in Südtirol.
Die Strategie der WSF-Fraktion ist in erster Linie, durch Massenmobilisierungen insbesondere im Westen, politische Kräfte zu sammeln, mit dem Ziel, politisch aktiv in den Konflikt einzugreifen.

Weiterführende Links bzw. Ansprechpersonen:
www.wsf2022.org
International Peace Bureau: https://www.ipb.org/contact/ 
Leo Gabriel: lgabriel@gmx.net

EU: Hungerbekämpfung darf nicht als trojanisches Pferd der Agrarindustrie dienen

Die Menschenrechtsorganisation FIAN für das Recht auf Nahrung: Green Deal, Farm to Fork und Biodiversitätsstrategie sind Beitrag zu langfristiger Ernährungssicherheit

Der Einfluss des russischen Angriffskrieges auf den Getreide-, Ölsaat- und Düngermarkt wird besonders jene Länder treffen, welche in den letzten Jahrzehnten in eine Abhängigkeit von Importgetreide und landwirtschaftlichen Inputs gedrängt worden sind. Die EU-Kommission ist daher gefordert, Lösungen zu unterstützen, welche die Unabhängigkeit und Ernährungssouveränität der Betroffenen stärken. „Das Recht auf Nahrung stellt unmissverständlich klar, dass es Menschen möglich sein muss, sich selbständig ernähren zu können“, so Tina Wirnsberger, FIAN-Referentin für Klima und kleinbäuerliche Rechte. „Hungerbekämpfung darf kein trojanisches Pferd für die Interessen der Agrarindustrie sein. Alle Maßnahmen gegen eine drohende Ernährungskrise müssen die Stärkung kleinbäuerlicher Produzent*innen und regionaler Ernährungssysteme in den Mittelpunkt stellen.“

Lokale Märkte im Globalen Süden bedroht

Von den aktuellen Vorschlägen wie der Intensivierung der industriellen Landwirtschaft, einer Flut von Cash Crops am Markt und der Abkehr von nachhaltigen Zielen wie der strikten Reduktion von Pestiziden werden jedoch nicht die hungernden Menschen im Globalen Süden profitieren. Vielmehr ist zu befürchten, dass eine „Hungerhilfe“ der europäischen Agrarindustrie durch Exportwaren die lokalen Märkte in den Zielländern weiter zerstört, statt die Nahrungsmittelproduzierenden vor Ort zu stärken. Unter dem Deckmantel der „globalen Verantwortung“ opfert die Europäische Union jedoch gerade alle Bemühungen für ein nachhaltiges und gerechtes Ernährungssystem.

Zunahme von Landgrabbing befürchtet

Der Zugang zu Land ist essenziell für die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung. Doch werden weltweit im Namen der „Hungerkrisenbewältigung“ und Produktivitätssteigerung täglich tausende Bäuer*innen, Nomad*innen, Indigene und Fischer*innen von ihrem Land vertrieben. Die Forderung der Agrarministerin Elisabeth Köstinger, Biodiversitätsflächen freizugeben, lässt in diesem Zusammenhang aufhorchen und schürt Befürchtungen, dass mit diesem Vorwand Landgrabbing Tür und Tor geöffnet werden.

Durch die zunehmende Verknappung natürlicher Ressourcen in der Klimakrise sind Menschen in ländlichen Gebieten ohnehin besonders betroffen – jene Personen, die am wenigsten zur globalen Erwärmung beitragen, bekommen sie als erste zu spüren. Ein Drittel der weltweit ausgestoßenen Treibhausgasemissionen geht derzeit auf die industrielle Lebensmittelproduktion zurück. Auch der Weltklimarat warnt in seinem neuesten Bericht, dass eine „nicht nachhaltige landwirtschaftliche Expansion die Anfälligkeit der Ökosysteme und der Menschen erhöht.“

Langfristige Sicherheit nur durch Ernährungswende 

„Die wahre globale Verantwortung der Europäischen Union läge nun umso mehr darin, den eigenen CO2-Fußabdruck drastisch zu reduzieren“, so Wirnsberger abschließend. „Die Folgen des Kriegs in der Ukraine sind kein Grund, den Green Deal und die Strategien Farm to Fork und Biodiversität auf Eis zu legen. Im Gegenteil: Die Umstellung auf Agrarökologie, ökologischen Landbau und Agroforstwirtschaft sind der einzige Weg zu langfristiger Ernährungssicherheit.“ FIAN hat daher gemeinsam mit 100 weiteren europäischen und internationalen Organisationen die zuständigen EU-Kommissar*innen aufgefordert, an den nachhaltigen Strategien festzuhalten und die Bemühungen für eine ökologische und soziale Ernährungswende im Lichte der Ukrainekrise zu verstärken.

Hintergrund: Bis zu 811 Millionen Menschen sind laut UN-Agrarorganisation FAO zurzeit unterernährt, die Hungerzahlen sind in den vergangenen sechs Jahren kontinuierlich gestiegen. Nicht nur die FAO und Menschenrechtsorganisationen schlagen deshalb Alarm. Auch der Weltklimarat (IPCC) warnt in seinem neuesten Bericht, dass bis 2050 bis zu 183 Millionen Menschen zusätzlich unterernährt sein könnten. 3,3 bis 3,6 Milliarden der knapp acht Milliarden Menschen weltweit sind bereits „sehr anfällig“ für die Folgen der Klimakrise. 80 Prozent der Hungernden sind selbst Lebensmittelproduzent*innen, paradoxerweise hungern also jene am meisten, die Nahrung erzeugen. Die Ursachen dafür liegen vor allem in der Diskriminierung der ländlichen Bevölkerung.

Rückfragehinweis:
Tina Wirnsberger 
FIAN Österreich
Int. Menschenrechtsorganisation für das Recht auf Nahrung
Schwarzspanierstraße 15/3/1, 1090 Wien, Austria
Tel: 01 – 2350239
office@fian.at
www.fian.at

Online-Veranstaltung: Digitalisierung und emanzipatorische Bildung – ein Widerspruch?

Das Phänomen der Digitalisierung wird mit einem Fokus auf Bildung aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. Die drei Diskutant*_innen bringen dabei ihre Erfahrungen aus der formellen und informellen Bildung, aus Kunst und sozialen Bewegungen ein.

Während Digitalisierung seit ihren Anfängen einerseits mit der Hoffnung auf Demokratisierung verbunden war, werden viele Phänomene der digitalen Kommunikation immer stärker als Bedrohung für die Demokratie wahrgenommen. Die größten Anbieter*_innen digitaler Technologien gehorchen einer Profitlogik, die wenig Spielraum für jene lässt, die sich ihr nicht unterwerfen wollen.

Dazu kommt, dass gerade in sozialen Medien Kommunikation nicht von einer Bewertungslogik zu trennen ist, und diese negativen Folgen für die psychische Gesundheit der Nutzer*_innen hat. Zu beobachten ist, dass demgegenüber gerade im Bildungsbereich der Digitalisierung nicht erst seit der COVID-19-Pandemie großes Potenzial zugeschrieben wird. Wenig beachtet bleibt, welche negativen Auswirkungen Digitalisierung auf die emanzipatorische Funktion von Bildung haben könnte und wie Lernende und Lehrende durch die veränderte Kommunikation im Aufbau von Informationskompetenz davon betroffen sind.

Im Rahmen der Podiumsdiskussion mit Rocío Rueda Ortiz (Bildungswissenschafterin, Universidad Pedagógica Nacional, Bogotá), Dunia Khalil (Rechtsberaterin und Trainerin, Universität Wien) und Raphael Perret (Medienkünstler, Zürich), geht es um Fragen, wie: Kann digitale Bildung emanzipatorisch sein? Welche Voraussetzungen braucht es dafür? Welche positiven Beispiele gibt es? Wo liegen die Gefahren, und wie kann diesen begegnet werden?

Online: 29.03. 2022, 18:00 – 19:30 Uhr
Mehr Informationen und Anmeldung

Eine Veranstaltung der fünf im C3-Centrum für Internationale Entwicklung vertretenen entwicklungspolitischen Organisationen ÖFSE, BAOBAB, Frauen*solidarität, Paulo Freire Zentrum und Mattersburger Kreis für Entwicklungspolitik.

Recherchehinweis: Ukraine-Invasion: Folgen für Afrika

Wirtschaftlich macht der Krieg in Osteuropa manchen afrikanischen Staaten Probleme, andere könnten als Öl- und Gas-Alternativen zum Zug kommen. Das Südwind-Magazin gibt einen Überblick zum Thema.

Seit 24. Februar, als die Russische Föderation in der Ukraine einmarschierte, blickt die ganze Welt auf den Osten Europas: Krieg hat den Kontinent erreicht. Doch der Konflikt hat weitreichende Folgen auch für andere Weltregionen, nicht zuletzt auf wirtschaftlicher Ebene: Die Ukraine gehört zu den wichtigsten Weizen-Exporteuren, und beliefert damit afrikanische Länder. Das könnte verheerende Folgen für die Menschen bringen, die Preise explodieren.
Ähnliches gilt für Russland, das jetzt von harten Sanktionen getroffen ist: Laut der in Südafrika erscheinenden Online-Zeitung „The Continent“ bezieht Ägypten die Hälfte seiner Weizen-Importe aus Russland. Und das in einer Zeit, in der Nordafrika mit Dürren zu kämpfen hat.

Europa sucht Gas
Auf der anderen Seite könnte es Profiteure der neuen Situation geben: Afrikanische Länder mit Öl- und Gas-Vorkommen, etwa Angola oder Nigeria, hoffen darauf zum Zug zu kommen, wenn sich europäische Staaten nach Alternativen abseits von Russland umsehen.
Tansania etwa vermeldet verstärktes Interesse aus Europa in Sachen Gas.

Ein Beitrag des paneuropäischen Mediennetzwerkes Euractiv fasst zusammen, welche Chancen Afrika und Europa nun beim Gas in einer verstärkten wirtschaftlichen Kooperation sehen. Von einer „golden oppurtunity“ ist u.a. die Rede.
Allerdings seien zuerst Investitionen in Infrastruktur in afrikanischen Ländern nötig, um Gas in einem Ausmaß nach Europa fördern zu können, das einen Unterschied machen kann. Und eine echte Alternative zu Russland bedeuten würde.

Sorge vor Domino-Effekt

Politisch gesehen machen sich viele afrikanische Regierungen aktuell Sorgen, – wieder einmal – in einen internationalen Konflikt hineingezogen zu werden, in dem sie eigentlich keine Rolle spielen. Erinnerungen an Stellvertreter-Kriege auf afrikanischem Boden, etwa zur Zeit des Kalten Krieges, werden dieser Tage wieder wach.
Russland baute seine Aktivitäten in Afrika in den vergangenen Jahren immer weiter aus. Nicht nur wirtschaftlich: In Konfliktregionen tauchten mehr und mehr russische Söldner auf. Beobachter*innen sahen darin den Versuch Moskaus, seinen Einfluss auszubauen.

Auf der Seite www.suedwind-magazin.at/ukraine-invasion-folgen-fuer-afrika/ wird dieser Beitrag ggf. ergänzt.

PA: Südwind: Globaler Norden muss Verantwortung für Schäden im Globalen Süden übernehmen

Alarmierender Bericht des Weltklimarats warnt vor humanitärer Katastrophe für Millionen – Südwind fordert globalen Pakt für Klimagerechtigkeit: Emissionen müssen reduziert,  Anpassungsfähigkeit ärmerer Weltregionen gestärkt werden.

Wien, am 28. Februar 2022. Der heute präsentierte zweite Teil des sechsten Sachstandsberichts des Weltklimarats (IPCC) warnt davor, dass insbesondere in ärmeren Ländern und Weltregionen die Grenzen der Anpassungsfähigkeit an die Klimakrise schon bald erreicht sein könnten. Die österreichische Menschenrechtsorganisation Südwind fordert daher dringend einen politischen Klimagerechtigkeitspakt. „Die Klimakrise ist ein Brandbeschleuniger für viele andere Vulnerabilitäten, wie Armut, Unterversorgung und Ressourcenmangel. Um humanitäre Katastrophen als Folge der Klimakrise zu verhindern, braucht es jetzt konkrete politische Maßnahmen, sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene“, sagt Isabella Szukits, Sprecherin für Klimagerechtigkeit bei Südwind. „Die Länder des Globalen Nordens haben als Hauptverursacherinnen eine besondere Verantwortung, ärmere Länder bei Schutz- und Anpassungsmaßnahmen zu unterstützen. Bisher bleiben die reichen Länder vieles schuldig – etwa bei den Zahlungen für Official Development Assistance oder bei der Klimafinanzierung.“

Zusätzlich zu mehr Tempo in der nationalen Klimaschutzpolitik und einer rapiden Reduktion der Treibhausgasemissionen fordert Südwind einen umfassenden Wandel hin zu einer sozial und ökologisch gerechten Wirtschaft. Das bedeutet konkrete Reduktionsziele beim Rohstoffverbrauch, eine konsequent öko-soziale Förder- und Steuerpolitik und eine strenge Haftung für Unternehmen für die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards entlang globaler Lieferketten.

„Die Klimakrise ist auch eine soziale Krise. Die Zunahme von Trockenheit, Hitzeperioden und Wetterextremen werden vor allem dort existenzbedrohend, wo die notwendigen Mittel und Ressourcen zur Anpassung fehlen. Gleichzeitig fehlt ein rechtlicher und politischer Rahmen, der Menschen Schutz bietet, die aufgrund der Klimakrise ihr Zuhause verlassen müssen. Die Länder Europas inklusive Österreich müssen ihrer Verantwortung nachkommen und dürfen die Hauptbetroffenen der Klimakrise nicht weiter auf sich allein gestellt lassen“, so Szukits. „Es braucht es einen fairen Ausgleich für die entstandenen Schäden und Verluste sowie strukturelle personelle und finanzielle Unterstützung für Menschen, die von klimabedingter Migration betroffen sind.“

Rückfragehinweis:
Vincent Sufiyan
Südwind Kommunikationsleitung
Tel.: 0650 96 77 577
Email: vincent.sufiyan@suedwind.at

Die Afrika-EU Partnerschaft zwischen Anspruch und Realität

Von Franz Schmidjell, VIDC. Afrikas Staats- und Regierungschefs kommen mit einiger Kritik zum Gipfeltreffen mit ihren europäischen Partner*innen am 17. und 18. Februar 2022. Der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa spricht von einer „Impfstoff-Apartheid“. Während der bisherige institutionelle Kooperationsrahmen sowie die Gipfeltreffen stark von europäischen Interessen geprägt waren, ist Afrika durch neue „Partnerschaften“ mit China, Russland oder den Golfstaaten selbstbewusster geworden. Ob der von EU-Ratspräsident Emmanuel Macron formulierte Neustart der Beziehungen ausreichen wird, bleibt abzuwarten. 

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Dieser Artikel wurde im VIDC Online Magazin Spotlight Dezember 2021 veröffentlicht.

Online-Vortrag: GLOBALE KLIMAGERECHTIGKEIT

Während Industriestaaten den Klimawandel am stärksten befördern, leidet der Globale Süden am stärksten darunter. Extreme Wetterlagen vernichten Ernten und zerstören Lebensräume, so dass Menschen hungern oder flüchten müssen.

Im Vortrag informiert Kerstin Plaß vom Klimabündnis Österreich über den Klimawandel, seine Ursachen und globalen Folgen und über den Regenwald in Ländern des Südens. Sie erfahren, welche Beiträge wir zur klimagerechten Entwicklung leisten können.

Do, 17.02.2022, 19:00 Uhr über Zoom
Die Teilnahme ist kostenlos, Anmeldung erforderlich.

Die Veranstaltung ist eine Kooperation zwischen der VHS Linz, dem Klimabündnis OÖ, der PH OÖ und Südwind OÖ.

BRIEFINGPAPIER: Klimakrise, Vertreibung & Entwicklungspolitik

Entwicklungspolitik ist auch Klimapolitik. Durch die voranschreitende Klimakrise werden Rufe nach Klimagerechtigkeit – also dem Zusammenwirken nachhaltiger Entwicklung und sozialer Gerechtigkeit – immer lauter. Dieses Briefingpapier, das von der Arbeitsgruppe Migration & Entwicklung der AG Globale Verantwortung ausgearbeitet worden ist, beleuchtet die Wechselwirkungen zwischen Klimakrise und Vertreibung1 (als negative Folge der Klimakrise) und welche Rolle Entwicklungspolitik dabei einnimmt.

Wie passen sich Menschen an unumkehrbare Folgen der Klimakrise an und wie können sie ihr Katastrophenrisiko mindern? Ende des Jahres 2020 zählten rund 7 Millionen Menschen in 104 Ländern und Regionen infolge von Naturkatastrophen als Vertriebene – Tendenz steigend.

Umweltveränderungen, Naturkatastrophen und bewaffnete Konflikte zählen seit jeher zu den Hauptursachen erzwungener Migration, doch verschärfen sie die globale Klimakrise zusätzlich. Prognosen zur Klimakrise deuten darauf hin, dass im Laufe des 21. Jahrhunderts noch mehr Menschen migrieren müssen: Extreme wetterbedingte Ereignisse wie Überschwemmungen, Dürren und Stürme könnten noch häufiger und intensiver auftreten,2 veränderte Niederschlags- und Temperaturmuster sich auf die Sicherheit oder gar Existenz unzähliger Menschen auswirken.3

Menschen in Ländern des Globalen Südens sind von diesen Veränderungen besonders betroffen, weshalb die Frage nach Klimagerechtigkeit zentral für Entwicklungspolitik ist. Für Entwicklungspolitik gilt, der Klimakrise vorzubeugen beziehungsweise Anpassungsmaßnahmen zu forcieren, mit denen sie bewältigt werden kann. Laut Allianz für Klimagerechtigkeit bedeutet ebendiese, „die notwendige ökologische Transformation von Gesellschaft und Wirtschaft konsequent zu verwirklichen und gleichzeitig diese einzigartige Chance zu nützen, um mittels Klimaschutz friedenssichernd zu agieren und eine ökologisch und sozial gerechte Gesellschaft zu entwickeln, die auf ihre schwächsten Gruppen besonders Rücksicht nimmt.

Klimagerechtigkeit heißt auch, dass entwickelte Industrienationen vorangehen. Entwicklungsländer, die wenig zur Klimakrise beigetragen haben, aber jetzt schon massiv von den Folgen betroffen sind, gilt es zu unterstützen“.4  Klimagerechtigkeit bedeutet auch, Menschen, die aufgrund der Klimakrise flüchten müssen, im Sinne des menschenrechtsbasierten Ansatzes internationalen Schutz zu bieten.

Zum Download: Briefingpapier (Jän. 2022): Klimakrise, Vertreibung & Entwicklungspolitik