Archiv der Kategorie: soziale Verantwortung

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Online-event: Health Systems and Humanitarian Aid: The Race Against COVID-19

Das Team des Humanitarian Congress Vienna lädt zu einer Diskussion mit internationalen Vertreter*innen der Humanitären Hilfe, Politik und Zivilgesellschaft.

Sie werden unter anderem darüber diskutieren, wie sich die Pandemie gegenwärtig und zukünftig auf die Bedürfnisse marginalisierter und vulnerabler Menschen, auf die Widerstandsfähigkeit der Gesundheitssysteme und die Rolle der Humanitären Hilfe auswirkt.

1. April 2022, 11:00 – 13:00 Uhr
online (Zoom), kostenlos

Anmeldung und mehr Informationen

PA: Katar-WM: Amnesty International übergibt Petition an FIFA

Amnesty International hat mehr als 280.000 Unterschriften von Fußballfans aus aller Welt an die FIFA übergeben, um diese aufzufordern, mehr für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmenden zu tun, die die Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar ermöglichen.

Wien/ Zürich, 14.03.2022. Die FIFA muss die Bedenken der Fußballfans ernst nehmen und konkrete Maßnahmen ergreifen, um die Rechte von Arbeitsmigrant*innen zu verbessern. Die FIFA muss dazu ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen und ihren ganzen Einfluss geltend machen, um Katar dazu zu bringen, sein Programm für Arbeitsreformen vor Beginn der Fußballweltmeisterschaft in weniger als acht Monaten umzusetzen.

Im März 2021 hat Amnesty die FIFA in einem ausführlichen vierseitigen Schreiben an FIFA-Präsident Gianni Infantino aufgefordert, ihren internationalen menschenrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. Gemäß den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte muss die FIFA sicherstellen, dass die Menschenrechte bei der Organisation und Durchführung der Weltmeisterschaft geachtet werden, u. a. durch eine eigene, unabhängige und regelmäßige Überwachung der WM-Projekte und -Standorte sowie durch die Wahrung der Sorgfaltspflicht, um Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit dem Turnier zu erkennen und zu verhindern.

Als Ausrichterin der WM ist die FIFA nach internationalen Standards dafür verantwortlich, die mit dem Turnier verbundenen Menschenrechtsrisiken zu minimieren. Je näher das Turnier rückt, desto dringender müssen wir unsere Aufmerksamkeit auf die Tausende von Hotelangestellten, Kellner*innen, Taxifahrer*innen, Reinigungskräften und Sicherheitskräften richten, die sowohl an den offiziellen Austragungsorten der Weltmeisterschaft als auch an anderen Standorten tätig sind und entscheidend dazu beitragen, dass alle Fußballspieler, Funktionäre und Fans die WM 2022 in Katar genießen können.

Die in dieser Woche stattfindenden Qualifikationsspiele sind eine Mahnung, dass das Zeitfenster, in dem die FIFA Einfluss auf Katar nehmen kann, immer kleiner wird – sie muss jetzt handeln, um sicherzustellen, dass die Weltmeisterschaft 2022 ein Turnier ist, auf das man stolz sein kann, und nicht eines, das in erster Linie durch Arbeitsrechtsverletzungen von sich reden macht.

Amnesty würdigt die Schritte, die von der FIFA in den letzten Jahren unternommen wurden, um ihren Verpflichtungen nachzukommen. Allerdings zeigen laufende Recherchen von Amnesty, dass es noch etliche Defizite gibt und schwere Arbeitsrechtsverletzungen nach wie vor weit verbreitet sind. Dies macht deutlich, dass noch viel zu tun ist. Die FIFA könnte einen echten Beitrag für die Rechte von Arbeitsmigrant_innen in Katar leisten – aber die Zeit drängt.

Die FIFA und Katar müssen einen soliden Aktionsplan aufstellen, um sicherzustellen, dass Arbeitsmigrant_innen in allen mit der Weltmeisterschaft verbundenen Sektoren angemessen bezahlt und fair behandelt werden und nicht der Willkür ausbeuterischer Arbeitgeber_innen ausgeliefert sind. Insbesondere trägt die FIFA die Verantwortung dafür, dass für alle Schäden, die Arbeitnehmende im Rahmen der bisherigen WM-Projekte erlitten haben, in Zusammenarbeit mit den katarischen Behörden und anderen relevanten Interessengruppen angemessene Abhilfe durch Rechtshilfe und Entschädigungen geschaffen wird.

Presseteam Amnesty International Österreich
Lerchenfelder Gürtel 43/4/3, 1160 Wien
Antonio Prokscha
Tel.: +43-664-621 10 31
E-Mail: antonio.prokscha@amnesty.at

PA: Feministische Ernährungspolitik: Mit Frauenrechten gegen Hunger

Die 11. Filmtage zum Recht auf Nahrung zeigen inspirierende Beispiele von Frauen, die für eine positive Ernährungs- und Klimawende kämpfen, so FIAN.

Die Klimakrise nimmt dramatisch an Fahrt auf und die Zahl der hungernden Menschen nimmt zu. Umso mehr müssen wir angesichts dieser Tatsachen der Rolle von Frauen besondere Aufmerksamkeit schenken. Sie sind sowohl unverhältnismäßig stark von Hunger betroffen, als auch von den Auswirkungen der Klimakrise – und das, obwohl sie ein entscheidender Teil der Lösung dieser Probleme sind.„Die Autonomie von Frauen im Ernährungssystem zu stärken, bedeutet eine Stärkung der Ernährungssicherheit für alle“, hält Tina Wirnsberger, Koordinatorin für Kleinbäuer*innenrechte, Frauen und Klima bei FIAN Österreich, fest.

„Frauen sind Pionierinnen in der Entwicklung und Durchsetzung von nachhaltigen landwirtschaftlichen Praktiken, die eine Alternative zur konzerndominierten Agrarindustrie darstellen.“Von welcher zentralen Bedeutung solche Alternativen für die notwendige Ernährungs- und Klimawende sind, erkennt man an der verheerenden Bilanz der aktuellen Ernährungspolitik: Mindestens ein Viertel der weltweiten Treibhausgas-Emissionen sind auf industrielle Landwirtschaft zurückzuführen und die Hungerzahlen sind in den letzten sechs Jahren kontinuierlich gestiegen. Und das, obwohl so viele Lebensmittel produziert werden, dass rund 1,3 Milliarden Tonnen davon jährlich in der Mülltonne landen. 

In vielen Gesellschaften dieser Welt haben Frauen jedoch nur über Männer Zugang zu Land, Wasser, Saatgut, Technologie, Bildung und Krediten. Über diese Ressourcen selbstbestimmt verfügen zu können, ist jedoch entscheidende Grundlage für die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung – daher muss der Kampf gegen Hunger und Mangelernährung feministisch geführt werden!

Mit „Rezepte für politische Teilhabe“, dem feministischen Handbuch für das Recht auf Nahrung, hat FIAN eine praktische Anleitung herausgegeben, wie Frauen insbesondere in ländlichen Gebieten ihre eigene Agenda für das Recht auf Nahrung auf der Grundlage aktueller internationaler Menschenrechtsnormen erstellen können. „Frauen machen Politik und engagieren sich jeden Tag rund um den Globus im politischen Widerstand. Ihr Wissen und ihre Fähigkeiten sind der Ausgangspunkt, um feministische Ernährungspolitik zu machen“, so Wirnsberger.

„Hunger.Macht.Profite“, die Filmtage für das Recht auf Nahrung, bringen von März bis Mai vier Filme als Österreich-Premieren in sechs Bundesländer. Drei der Filme zeigen in den Hauptrollen Frauen, die auf von Frankreich über Malawi bis nach Peru Widerstand leisten gegen ein profitgesteuertes Wirtschaftssystem, das Mensch und Natur ausbeutet. Die inspirierenden Kämpfe der Protagonistinnen eröffnen Lösungswege, wie wir gemeinsam positive Veränderungen schaffen können. Die Filmtage werden von FIAN Österreich, ÖBV – Via Campesina, attac Österreich und normale.at veranstaltet, das ganze Programm der Vorführungen mit anschließenden Filmgesprächen finden Sie online auf www.hungermachtprofite.at.

Rückfragen: tina.wirnsberger@fian.at

PA: Südwind: Globaler Norden muss Verantwortung für Schäden im Globalen Süden übernehmen

Alarmierender Bericht des Weltklimarats warnt vor humanitärer Katastrophe für Millionen – Südwind fordert globalen Pakt für Klimagerechtigkeit: Emissionen müssen reduziert,  Anpassungsfähigkeit ärmerer Weltregionen gestärkt werden.

Wien, am 28. Februar 2022. Der heute präsentierte zweite Teil des sechsten Sachstandsberichts des Weltklimarats (IPCC) warnt davor, dass insbesondere in ärmeren Ländern und Weltregionen die Grenzen der Anpassungsfähigkeit an die Klimakrise schon bald erreicht sein könnten. Die österreichische Menschenrechtsorganisation Südwind fordert daher dringend einen politischen Klimagerechtigkeitspakt. „Die Klimakrise ist ein Brandbeschleuniger für viele andere Vulnerabilitäten, wie Armut, Unterversorgung und Ressourcenmangel. Um humanitäre Katastrophen als Folge der Klimakrise zu verhindern, braucht es jetzt konkrete politische Maßnahmen, sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene“, sagt Isabella Szukits, Sprecherin für Klimagerechtigkeit bei Südwind. „Die Länder des Globalen Nordens haben als Hauptverursacherinnen eine besondere Verantwortung, ärmere Länder bei Schutz- und Anpassungsmaßnahmen zu unterstützen. Bisher bleiben die reichen Länder vieles schuldig – etwa bei den Zahlungen für Official Development Assistance oder bei der Klimafinanzierung.“

Zusätzlich zu mehr Tempo in der nationalen Klimaschutzpolitik und einer rapiden Reduktion der Treibhausgasemissionen fordert Südwind einen umfassenden Wandel hin zu einer sozial und ökologisch gerechten Wirtschaft. Das bedeutet konkrete Reduktionsziele beim Rohstoffverbrauch, eine konsequent öko-soziale Förder- und Steuerpolitik und eine strenge Haftung für Unternehmen für die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards entlang globaler Lieferketten.

„Die Klimakrise ist auch eine soziale Krise. Die Zunahme von Trockenheit, Hitzeperioden und Wetterextremen werden vor allem dort existenzbedrohend, wo die notwendigen Mittel und Ressourcen zur Anpassung fehlen. Gleichzeitig fehlt ein rechtlicher und politischer Rahmen, der Menschen Schutz bietet, die aufgrund der Klimakrise ihr Zuhause verlassen müssen. Die Länder Europas inklusive Österreich müssen ihrer Verantwortung nachkommen und dürfen die Hauptbetroffenen der Klimakrise nicht weiter auf sich allein gestellt lassen“, so Szukits. „Es braucht es einen fairen Ausgleich für die entstandenen Schäden und Verluste sowie strukturelle personelle und finanzielle Unterstützung für Menschen, die von klimabedingter Migration betroffen sind.“

Rückfragehinweis:
Vincent Sufiyan
Südwind Kommunikationsleitung
Tel.: 0650 96 77 577
Email: vincent.sufiyan@suedwind.at

Kommentar: COVID-19 und Bildung: Alte Rezepte gegen neue globale Ungleichheit?

Von Margarita Langthaler (ÖFSE), Jänner 2022. Die COVID-19 Pandemie hat globale Bildungsungleichheit massiv verschärft. Es drohen schwere langfristige soziale und ökonomische Folgen vor allem in den Ländern des Globalen Südens. Der Schlüssel zur Bewältigung der aktuellen Bildungskrise liegt in der Stärkung öffentlicher Bildungssysteme und nicht in verstärkter Privatisierung.

COVID-19 Pandemie verstärkt Bildungsungleichheit

Die Wissenschaft ist sich weitgehend einig: Die COVID-19 Pandemie hat Bildungsungleichheit weltweit vergrößert. Dabei hat sie sich in unterschiedlichen Teilen der Welt unterschiedlich auf Bildungssysteme ausgewirkt. Die Gemeinsamkeit ist allerdings, dass die einkommensschwächsten Bevölkerungsgruppen die Auswirkungen am schwersten zu spüren bekommen.

Eine Reihe von Studien (bspw. hier und hier) belegen für OECD-Länder, dass Kinder aus sozioökonomisch schwachen oder benachteiligten Haushalten tendenziell größere Lernverluste in Folge der COVID-19 bedingten Schulschließungen aufweisen als solche aus besser gestellten Familien. Die wesentlichen Gründe hierfür sind fehlender oder eingeschränkter Zugang zu digitalen Hilfsmitteln sowie ungünstige Lernbedingungen und fehlende Unterstützung zu Hause. Dazu kommt der Wegfall von Unterstützungsleistungen wie Lernhilfe oder Schulpsychologie. Mittelfristig zeichnet sich ein massives Ansteigen vorzeitiger Schulabbrüche ab. Die längerfristigen wirtschaftlichen und sozialen Folgen sind noch nicht einschätzbar. Allerdings zeigen die Statistiken, etwa in Österreich, einen deutlich steileren Anstieg der Arbeitslosenquote von Personen mit Pflichtschulabschluss als von jenen mit Sekundarabschluss. Eine hohe Zahl an vorzeitigen Schulabbrüchen kann daher längerfristig zu erheblichen volkswirtschaftlichen Auswirkungen führen.

Globaler Süden besonders stark betroffen

In globaler Perspektive wirkt die ungleiche Verteilung der negativen Effekte auf Bildung in noch viel höherem Maße. Das ist sowohl zwischen einkommensschwachen und -starken Ländern als auch innerhalb einkommensschwacher Länder der Fall. Insbesondere zwei der bereits genannten Gründe, die auch für OECD-Länder gelten, kommen im Globalen Süden viel schwerwiegender zum Tragen. Erstens ist der Zugang zu technischer Ausstattung im Globalen Süden insgesamt stärker eingeschränkt und zudem sehr ungleich verteilt. Das erschwert die Teilnahme am Fernunterricht. Laut eines Berichts von UNICEF, UNESCO und Weltbank haben in West- und Zentralafrika nicht einmal 5% der Schulkinder Zugang zum Internet. In Süd-und Ostafrika sowie in Südasien sind es ca. 12%, in Lateinamerika ca. 52%. Noch niedrigere Prozentsätze zeigen sich dabei für die Landbevölkerungen. In Lateinamerika haben nur ca. 22% der ländlichen Bevölkerung Zugang zum Internet. In den Städten sind es über 60%. Vor allem in Sub-Sahara Afrika stellt sich zudem das Problem, dass nur 47% der Bevölkerung Zugang zu Elektrizität hat. Dadurch ist die Verwendung von Radio oder Fernsehen für den Fernunterricht ebenfalls eingeschränkt.

Wie in den OECD-Ländern ist der zweite wesentliche Faktor für steigende Bildungsungleichheit die stark unterschiedliche Unterstützungssituation für Lernende in den Haushalten. In vielen Ländern des Globalen Süden betrifft fehlende Unterstützung allerdings nicht eine Minderheit, sondern die Mehrheit der Schulkinder. Grund dafür sind die im Globalen Süden sehr viel niedrigeren Alphabetisierungs- und Sekundarabschlussraten unter Erwachsenen, insbesondere unter Frauen.

Ein weiterer Grund für den Anstieg von Bildungsungleichheit ist, dass die Wirtschaftskrise in Folge der COVID-19 Pandemie die Länder des Globalen Südens ungleich stärker trifft. Dadurch sind die Möglichkeiten der Staaten, die Folgen mit Unterstützungsprogrammen abzufedern, entsprechend geringer. Grundsätzlich ist auch hier zu sehen, dass Menschen in manuellen, informellen und prekären Tätigkeiten von der Wirtschaftskrise am stärksten betroffen sind. Laut Schätzungen der Weltbank sanken im Jahr 2020 in Folge der Pandemie zusätzlich 119-124 Millionen Menschen in extreme Armut ab.

Armut als verstärkender Faktor

Ein Rückgang des Haushaltseinkommens hat jedoch stärkere negative Auswirkungen auf den Bildungsfortschritt von Kindern, wenn das Einkommen davor schon niedrig war. Ökonomische Armut kann verschiedene schädigende Entwicklungen hervorrufen oder verstärken, die das Lernvermögen von Kindern einschränken. Beispiele sind Mangelernährung und Gesundheitsprobleme. Der Bericht von UNESCO, UNICEF und Weltbank zeigt, dass in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen durch die Schulschließungen Ernährungs- und Gesundheitsprogramme um 30% zurückgegangen sind. Entsprechende Prognosen besagen, dass das zu zusätzlich rund 40 Millionen untergewichtigen Kindern führen wird. Paradoxerweise hat in anderen Teilen der Welt der Wegfall von Schulspeisungen eine Zunahme von Fettleibigkeit unter Kindern hervorgerufen.

Kinderarbeit ist ein weiteres Phänomen, das während der Pandemie und den damit verbundenen Lockdowns insbesondere in einkommensschwachen Haushalten stark zugenommen hat. Dasselbe gilt für Haus- und Pflegearbeit für Mädchen. Vor allem Mädchen leiden auch unter der Zunahme von häuslicher Gewalt, sexueller Belästigung, Kinderehen und frühen Schwangerschaften. Diese Phänomene führen unter anderem dazu, dass die betroffenen Kinder und Jugendlichen oft nicht mehr in die Schulen zurückkehren, sobald diese nach dem Lockdown wieder öffnen.

Die Chancen, Lernverluste aufzuholen, sind ebenso ungleich verteilt, wie die Lernverluste selbst. Kinder aus finanziell besser abgesicherten Haushalten, die meist gut ausgestattete Schulen besuchen, erhalten in der Regel weit öfter ausreichend Unterstützung, um die erlittenen Rückstände auszugleichen. Hingegen werden Kinder aus ökonomisch ärmeren und benachteiligten Haushalten, insbesondere im Globalen Süden, langfristige, manchmal über Generationen anhaltende, negative Auswirkungen auf ihre Berufs- und Einkommensaussichten sowie auf ihre Gesundheit spüren.

Geringe Resilienz privater Schulen während COVID-19

Die relative Schwäche und Fragmentierung der öffentlichen Bildungssysteme in vielen Ländern des Globalen Südens hat ebenfalls Bildungsungleichheit befördert. In vielen dieser Länder haben sich in den letzten fünfzehn Jahren so genannte ‚low cost private schools‘ massiv ausgebreitet. Ihre Qualität und Bedeutung für die notwendige Bildungsexpansion waren schon vor der Pandemie umstritten. Während der Pandemie hat sich gezeigt, dass diese Schulen die geringste Resilienz aufwiesen, ihre Lehrkräfte nicht mehr bezahlen konnten, nicht in der Lage waren, Ersatzunterricht anzubieten, und am ehesten schließen mussten.

Eine weitere Entwicklung ist in diesem Zusammenhang von Bedeutung: Aufgrund der Notwendigkeit, kurzfristig auf Fernunterricht umzustellen, hat weltweit der Einfluss privater Unternehmen auf den Bildungssektor stark zugenommen. Dadurch entstehen insbesondere in Ländern mit fragmentierten öffentlichen Bildungssystemen und schwachen Regulierungskapazitäten eine Reihe von bildungspolitischen Risiken, vor denen die UN-Sondergesandte für das Menschenrecht auf Bildung, Koumbou Boly Barry, eindringlich warnt. Private Bildungsakteure könnten staatlichen Bildungsbudgets in unverhältnismäßigem Ausmaß beanspruchen und dadurch die Unterfinanzierung der öffentlichen Schulsysteme weiter verschärfen. Das gilt insbesondere für Länder mit niedrigen Budgets. Die stärkere Rolle privater Akteure birgt auch Risiken hinsichtlich der Beeinflussung von Lehrplänen bzw. -methoden sowie von Datenmissbrauch.

Stärkung öffentlicher Bildungssysteme ist zentral

Nicht zuletzt diese Entwicklungen machen deutlich, dass die Bildungskrise und insbesondere die Bildungsungleichheit nur mithilfe starker öffentlicher Bildungssysteme überwunden werden können. Diese müssen hochwertige Bildung für alle Lernenden garantieren. Diese offensichtliche Lehre aus der Pandemie scheint jedoch bei vielen einflussreichen Akteuren nicht angekommen zu sein. Organisationen wie die Weltbank oder die UNESCO warnen in ihren Politikempfehlungen zwar vor steigender Bildungsungleichheit. Gleichzeitig interpretieren sie die Bildungskrise aber als Chance, durch Partnerschaften mit privaten Akteuren sowohl das Problem der Unterfinanzierung zu lösen als auch pädagogische Innovationen wie etwa breite Digitalisierung zu bewerkstelligen.

Damit wird für die Pandemie und ihre Folgen bzw. das, was viele als die größte weltweite Bildungskrise bezeichnen, ein alt bekanntes Gegenrezept empfohlen: die weitere Liberalisierung eines öffentlichen Sektors für private Anbieter und ein Staat, dessen Rolle vorrangig darin bestehen soll, durch Regulierung die Qualität zu sichern und unerwünschte soziale Probleme, wie Bildungsungleichheit, hintanzuhalten. Zahlreiche Studien und jahrzehntelange Erfahrungen haben die geringe Erfolgsquote dieses Rezepts bewiesen; zumindest, wenn es darum geht, Dienstleistungen für alle, auch von Armut betroffene, bereitzustellen. Die COVID-19 Pandemie hat stattdessen gezeigt, dass sowohl Digitalisierungs- als auch Privatisierungs- und Kommerzialisierungsprozesse gesellschaftliche Asymmetrien tendenziell verstärken, anstatt sie zu mindern

Das Gebot der Stunde zur Überwindung der globalen Bildungsungleichheitskrise kann deswegen nur sein, das Konzept von Bildung als öffentlichem Gut zentral zu setzen. Das bedeutet, resiliente öffentliche Bildungssysteme (wieder)aufzubauen und diese chancengerecht zu gestalten. Auch wenn der Globale Norden diese Aufgabe in den eigenen Ländern bei weitem noch nicht erfüllt hat, kann er zur Bewältigung der viel größeren Herausforderungen im Globalen Süden einiges beitragen. Nicht zuletzt durch gerechte globale Steuer- und Schuldenregulierungen, die es den Staatshaushalten im Globalen Süden ermöglichen würden, adäquate Bildungsbudgets zu erstellen.

Dr.in Margarita Langthaler, Senior Researcher (ÖFSE)
Arbeitsschwerpunkte: Bildungsstrategien in der EZA, Berufliche Bildung und Skills Development, Bildung und die Sustainable Development Goals (SDGs), Entwicklungsforschung in Österreich

PA: Olympia 2022: AMNESTY INTERNATIONAL fordert von China die Einhaltung der Menschenrechte

Die internationale Gemeinschaft muss die Olympischen und Paralympischen Winterspiele in Peking zum Anlass nehmen, um Verbesserungen der Menschenrechtslage in China zu fordern. Das fordert Amnesty International im Vorfeld der Olympischen Spiele, die am 4. Februar 2022 beginnen.

Amnesty kritisiert, dass die Sportveranstaltung vor dem Hintergrund beständiger Menschenrechtsverletzungen im Land stattfindet: „Die Olympischen Spiele in Peking versprechen ein denkwürdiges Sportereignis, doch die Zuschauer*innen aus aller Welt dürfen nicht willentlich die Augen vor den Ereignissen anderswo in China verschließen: die Anwält*innen und Aktivist*innen, die aufgrund ihrer friedlichen Tätigkeiten inhaftiert werden; Überlebende sexualisierter Gewalt, die bestraft werden, weil sie nicht schweigen; Tausende Menschen, die Schätzungen zufolge jedes Jahr hingerichtet werden; die muslimischen ethnischen Gruppen (Uigur*innen), die systematisch und massenhaft inhaftiert, gefoltert und verfolgt werden“, mahnt Alkan Akad, Experte für China bei Amnesty International. „Die Olympischen Spiele dürfen die Aufmerksamkeit nicht von der haarsträubenden Menschenrechtsbilanz der chinesischen Regierung ablenken. Im Gegenteil: Sie sollten Gelegenheit bieten, China in dieser Hinsicht zu Verbesserungen zu bewegen.“

IOC muss die Einhaltung der Zusagen von China einfordern
Die chinesische Regierung machte vor den Olympischen Winterspielen eine Reihe menschenrechtlicher Zusagen. So wurden unter anderem in den Bereichen Medienfreiheit und Arbeitsrechte sowie bei Zwangsräumungen und der Möglichkeit auf friedliche Demonstrationen Verbesserungen zugesichert. Amnesty International fordert nun das Internationale Olympische Komitee (IOC) auf, die menschenrechtlichen Sorgfaltspflichtgrundsätze und -praktiken, die es im Vorfeld und während der Olympischen Spiele anwendet, vollständig umzusetzen und öffentlich zu machen. „Das Recht auf freie Meinungsäußerung wird in China systematisch mit Füßen getreten. Deshalb ist es so wichtig, dass das IOC und die unterschiedlichen Nationalen Olympischen Komitees es hinreichend respektieren, wenn Athlet*innen und Sportfunktionär*innen sich bei den Spielen zu den Menschenrechten äußern möchten. Dies gilt auch für Themen, die von den Behörden als „politisch sensibel“ eingestuft werden“, so Alkan Akad. „Das IOC muss zudem darauf bestehen, dass die chinesische Regierung ihr Versprechen zur Gewährleistung der Medienfreiheit einhält, was uneingeschränkten Internetzugang für chinesische und internationale Journalist*innen miteinschließt. Darüber hinaus müssen Personen, die während der Olympischen Spiele friedlich protestieren möchten, diese Möglichkeit erhalten.“

Kein Sportswashing – Fehler aus 2008 nicht wiederholen
Amnesty International appelliert an Regierungsvertreter*innen, einschließlich derjenigen, die bei den Olympischen Spielen anwesend sein werden, in ihren Gesprächen mit den chinesischen Behörden den Menschenrechten oberste Priorität einzuräumen. „Die Welt muss aus den Olympischen Spielen 2008 in Peking lernen, denn damals hat China seine menschenrechtlichen Zusicherungen nie umgesetzt“, erinnert Alkan Akad. „Die Olympischen Winterspiele in Peking dürfen den chinesischen Behörden keinen Anlass zum Sportswashing geben, und die internationale Gemeinschaft darf keinesfalls eine chinesische Propagandaübung unterstützen.“

Für  Interviewanfragen und Rückfragen wenden Sie sich bitte an presse@amnesty.at.

Presseteam Amnesty International Österreich
Lerchenfelder Gürtel 43/4/3, 1160 Wien
Mag. Eleonore Rudnay
+43 664 400 10 56
E-Mail: eleonore.rudnay@amnesty.at

Online-Vortrag: Es ginge auch anders – Utopien eines anderen Ernährungssystems

Landwirtschaft ist die Basis unserer Ernährung. Wir haben uns über Jahrzehnte an das derzeitige System der industriellen Landwirtschaft und einen Lebensmitteleinzelhandel bestehend aus wenigen Großkonzernen gewöhnt. Höfe sterben, Förderungen, Monokulturen und billige z.T stark verarbeitete Lebensmittel sind die heutige Normalität. Gibt es faire Alternativen um die Gesundheit von Natur, Mensch und damit unsere Zukunft zu sichern?

Mi., 2. Februar 2022, 19:00-21:30 Uhr
Moderation: Thomas Mohrs (Vorsitzender Südwind OÖ).
Bitte um Anmeldung

Martin Grassberger ist Facharzt für Gerichtsmedizin, Biologe, landwirtschaftlicher Facharbeiter und Ernährungsmediziner. Er betreibt universitäre Lehre an der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien und an der Medizinischen Fakultät der Sigmund Freud Universität Wien. Sein Buch „Das leise Sterben“ wurde Wissenschaftsbuch des Jahres 2020 in der Kategorie Naturwissenschaft/Technik.

Der Vortrag ist Teil der Veranstaltungsreihe Denk.Mal.Global 2022 – Herausforderungen der Ernährungswenden von Südwind Oberösterreich.

Online-Vortrag: MENSCHEN- UND ARBEITSRECHTE IM ERNÄHRUNGSSYSTEM

Tina Wirnsberger beleuchtet, welche Menschenrechtsverletzungen in unserem Ernährungssystem begangen werden und geht darauf ein, welche Veränderungen es braucht um der globalen Ungleichheit entgegenzusteuern.

Weltweit versuchen Agrar- und Ernährungsindustrie ihre Kontrolle über die Wertschöpfungskette von Nahrungsmitteln auszuweiten. Nicht nur in Europa ist ihr Einfluss auf Agrar- und Handelspolitik deutlich spürbar, sondern auch in neuen Bereichen wie der Entwicklungspolitik wächst der Einfluss des Privatsektors. Auf der Strecke bleiben zumeist die Menschenrechte und die Rechte von Kleinbäuer*innen und anderen Personen, die in ländlichen Bereichen arbeiten. 

Mi, 26.1.2022, 19:00 bis 20:30 Uhr
Moderation: Gudrun Glocker (Südwind OÖ)
Bitte um Anmeldung.

Tina Wirnsberger ist diplomierte Sozialpädagogin und Erwachsenentrainerin und arbeitet als Projektkoordinatorin für FIAN Österreich. Ihre Arbeitsbereiche sind Kleinbäuer*innenrechte, Frauen, Fallarbeit und das Recht auf Nahrung.

Der Vortrag ist Teil der Veranstaltungsreihe Denk.Mal.Global 2022 – Herausforderungen der Ernährungswenden von Südwind Oberösterreich.

Online-Veranstaltung: ÖSTERREICH-PRÄSENTATION DES UNESCO-WELTBILDUNGSBERICHTS: NICHT-STAATLICHE AKTEURE IM BILDUNGSWESEN

Die Bildungsagenda 2030 unterstreicht in SDG 4 „Hochwertige Bildung“ die wichtige Rolle nicht-staatlicher Akteure. Doch wie steht es um nicht-staatliche Bildungseinrichtungen in Österreich?

Wie sind nicht-staatliche Bildungseinrichtungen an der Bereitstellung von grundlegenden und unterstützenden Bildungsgütern und -dienstleistungen beteiligt? Welche Auswirkungen hat die nicht-staatliche Bereitstellung von Bildung auf Zugang, Chancengleichheit, Integration, Qualität, Lernen und Effizienz? Welchen Einfluss üben nicht-staatliche Akteure und Bildungseinrichtungen auf Bildungssysteme aus?

Diesen Fragen geht der Global Education Monitoring Report (GEM) 2021/22 nach. Er wird jährlich von einem bei der UNESCO angesiedelten, unabhängigen Team aus Expert*innen herausgegeben und überprüft die Fortschritte bei der Erreichung des internationalen Bildungsziels. Die aktuelle Ausgabe ist dem Thema „Nicht-staatliche Bildungsakteure“ gewidmet.

Am 20. Jänner wird der UNESCO-Weltbildungsbericht zum Thema „Nicht-Staatliche Akteure im Bildungswesen“ online präsentiert und anschließend mit Expert*innen auf globaler und österreichischer Ebene diskutiert.

Online: 20.01.2022, 10:00 – 12:30 Uhr
Liveübersetzung in Deutsch, Englisch und ÖGS
Programm
Anmeldung

Eine Veranstaltung der Österreichischen UNESCO-Kommission in Kooperation mit der Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE).


Online-Vortrag: Auswirkungen unseres Ernährungssystems auf die Klimakrise und Biodiversität

Die Ernährung zeichnet für 29% der globalen, vom Menschen gemachten Treibhausgase und für einen großen Teil des Artenverlustes verantwortlich. 

Im Vortrag werden die Auswirkungen von Ernährungsstilen auf ihre Klimawirksamkeit und ihren Landverbrauch aufgezeigt, sowie auf die Folgen des Anbaus von Sojafuttermittel und Palmöl auf die Biodiversität und die Menschen in den Anbauregionen im globalen Süden eingegangen.

Martin Schlatzer ist Ernährungsökologe und arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) sowie am Zentrum für globalen Wandel und Nachhaltigkeit an der Universität für Bodenkultur in Wien. Seine Schwerpunkte liegen auf interdisziplinären Forschungsprojekten im Zusammenhang mit Landwirtschaft, Klimawandel und Ernährungssicherung. Er ist Autor des 2010 erstmals erschienen Buches „Tierproduktion und Klimawandel – ein wissenschaftlicher Diskurs zum Einfluss der Ernährung auf Umwelt und Klima“.

Online-Vortrag: 19.01.2022, 19:00 – 21:30 Uhr
Moderation: Birgit Mock (Vorstand Südwind OÖ).
Zur Anmeldung

Der Vortrag ist Teil der Veranstaltungsreihe Denk.Mal.Global 2022 – Herausforderungen der Ernährungswenden von Südwind Oberösterreich.