Am kommenden Montag treffen sich in Brüssel die Handelsminister:innen der EU-Mitgliedsstaaten. Auf der Agenda des Ministerrats steht unter anderem das Assoziierungsabkommen der EU mit Chile. Das zwanzig Jahre alte Abkommen soll erweitert werden, jedoch droht nicht nur ein im Sinne globaler Gerechtigkeit und ökologischer Nachhaltigkeit problematisches Weiter wie bisher, so eine Aussendung von „Diskurs. Das Wissenschaftsnetz“.
Die geplante Ausweitung des Abkommens komme vor allem großindustriellen Interessen zugute, während die Rechte von indigenen und anderen benachteiligten Gruppen sowie der Schutz lokaler Ökosysteme und Lebensgrundlagen auf der Strecke bleiben, warnen die renommierten Wissenschafter Werner Raza und René Kuppe.
Die EU möchte die Überarbeitung des Abkommens 2024 abschließen – entsprechend wichtig ist das kommende Ratstreffen. “Das Abkommen trägt nicht zu einer nachhaltigen ökonomischen Entwicklung in Chile bei, sondern vertieft das auf der Ausbeutung und dem Export von Rohstoffen basierende chilenische Entwicklungsmodell.
Zusätzlich sollen ausländische Konzerne das Recht auf Sonderklagemöglichkeiten und Paralleljustiz bekommen, was zu einer noch stärkeren Durchsetzung ihrer Interessen führen würde“, sagt Dr. Werner Raza von der Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE).
Besonders die schon jetzt am stärksten benachteiligten Gruppen in Chile werden durch das erweiterte Abkommen verlieren. „Die Rechte und Interessen indigener Völker werden im Textentwurf des Abkommens nicht erwähnt. Dabei leiden sie am meisten durch den neokolonialen Raubbau an Ressourcen in der Region. Das gilt besonders für die Förderung von Lithium und Kupfer, die massiv ausgeweitet werden soll. Dabei sind in Chile jetzt schon rund 50 Konflikte bekannt, in denen Bergbauprojekte indigene Gemeinschaften schädigen.
Die Rohstoffe werden für Produkte verwendet, die am Ende hierzulande zu einem vermeintlichen Klimaschutz beitragen sollen. Um glaubwürdig zu sein, muss die Europäische Union auch in ihrer internationalen Handels- und Wirtschaftspolitik Menschenrechte gerade auch für marginalisierte Gruppen und Menschen fördern und schützen“, so Dr. René Kuppe von der Universität Wien und der International Work Group for Indigenous Affairs
Die Podiumsdiskussion am 13. November geht der Frage nach, wie Menschenrechte und nachhaltige Entwicklung zusammenhängen. Da Menschenrechte weltweit immer mehr unter Druck geraten, ist der Einsatz für sie wichtiger denn je. Unter anderem berichtet der peruanische Menschenrechtsanwalt Javier Jahncke über Menschenrechtsverletzungen im Bergbau, der eigentlich als Wirtschaftsmotor gilt.
Menschenrechte sind für die Beendigung von Armut, für Entwicklung und Frieden und somit für ein menschenwürdiges Leben unerlässlich – in allen Ländern dieser Welt. Auf Grundlage dieses Verständnisses diskutieren am 13. November in Graz:
Javier Jahncke, ein auf Bergbau spezialisierter Menschenrechtsanwalt aus Peru Markus Meister, Geschäftsführer beim Welthaus Graz Sophie Veßel, Fachreferentin für Menschenrechte bei der AG Globale Verantwortung
Welche Bedeutung haben Menschenrechte heute angesichts der multiplen Krisen für die Erreichung der Agenda 2030 und ihrer 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) weltweit?
Welche Bedeutung haben die Ergebnisse der Wiener Weltkonferenz für Menschenrechte 1993 und der dort entstandenen Wiener Erklärung heute?
Wie kann Entwicklungszusammenarbeit Menschenrechte stärken und was bringt das? Was können konkrete Projekte zum Beispiel in Tansania erreichen?
Kann Bergbau als Wirtschaftsmotor zu nachhaltiger Entwicklung in Peru beitragen? Inwiefern kollidiert er mit Rechten der indigenen Völker oder den Rechten von peruanischen Kleinbauern und -bäuerinnen?
Welchen Beitrag können Lieferkettengesetze in der EU, aber auch in Ländern des Globalen Südens leisten, die Unternehmen zu menschenrechtlicher Sorgfalt entlang ihrer Liefer- und Wertschöpfungsketten verpflichten? Wie müssen sie ausgestaltet sein, um Wirkung zu zeigen?
Mineralische Rohstoffe sind einer der Themen der Zukunft. Denn auf dem Abbau dieser Rohstoffe basiert die Herstellung von Technologieprodukten und der Ausbau von IT-Infrastruktur. Die ISJE bietet dazu gemeinsam mit Südwind Wien Journalist:innen und Redaktionen ein Online-Hintergrundgespräch mit einem spannenden internationalen Experten an:
Am Dienstag, 17. Oktober 2023, ab 12 Uhr, können sich Medienvertreter:innen online zuschalten und Fragen stellen: Zoomlink
Der Gast: Pablo Villegas Nava vom Dokumentations- und Informationszentrum Bolivien – CEDIB. Er ist Forscher mit Schwerpunkt Ressourcen, Geopolitik, Extraktivismus und indigene Völker.
Um Anmeldung wird gebeten (auch spontane Teilnahmen sind aber möglich):office@isje.at
Pablo Villegas Nava ist für die Entwicklungspolitische Tagung von Südwind Wien und der Stadt Wien in der österreichischen Bundeshauptstadt. Ebenfalls am 17. Oktober, ab 16 Uhr, sprechen im Wiener Rathaus sechs internationale, spannende Gäste zu Klimaschutz im Kontext globaler Gerechtigkeit. Alle Infos zur Tagung
Auch am 18. Oktober, 18 – 20 Uhr wird Pablo Villegas an der Veranstaltung „‘Grüner‘ Extraktivismus für die Energie- und Verkehrswende“ teilnehmen – und zwar im C3 – Centrum für Internationale Entwicklung, Sensengasse 3, 1090 Wien. Alle Infos dazu
Bio Pablo Villegas Nava hat Anthropologie (UMSA) und Public Health (MSC, Universität Malmö) studiert. Er begann seine Zusammenarbeit mit dem Centro de Documentación e Información Bolivia (CEDIB) im Jahr 2008 mit der Veröffentlichung einer allgemeinen Studie über erneuerbare natürliche Ressourcen in Bolivien und ist derzeit Forscher am CEDIB im Bereich der Politik der natürlichen Ressourcen mit Schwerpunkt auf Geopolitik, Extraktivismus und indigenen Völkern. Er ist Autor und Mitautor von u. a. „Geopolitik der Straßen und der Plünderung der natürlichen Ressourcen“, CEDIB (2013); „Indigene und Umweltrechte angesichts des Extraktivismus in Bolivien“ (2019); „China und Lateinamerika von IIRSA bis zur Seidenstraße“ (2023).
CEDIB ist eine langjährige Partnerorganisation der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar.
Dieser Medientermin wird in Kooperation mit dem Projekt #Rohstoffwende von der AG Rohstoffe durchgeführt und von der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit gefördert. Partner: Forum Journalismus und Medien (fjum).
Diskussion mit Pablo Villegas, Rohstoffexperte aus Bolivien und Vertreter*innen verschiedener Organisationen aus Österreich.
Um die Klimakrise zu bekämpfen, ist ein rascher Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energien nötig. Energie aus Erdöl, Kohle und Gas soll durch Wind, Wasser, Sonne und Erdwärme ersetzt werden. Die dafür nötigen Turbinen, Photovoltaikanlagen und Batterien benötigen jedoch eine große Menge an mineralischen Rohstoffen. Diese Rohstoffe sind zu größten Teilen nicht in Europa vorhanden und die Nachfrage danach wird in den nächsten Jahren stark steigen.
International gibt es daher einen zunehmenden Wettbewerb um den Zugang zu diesen Rohstoffen, die vor allem in Ländern des Globalen Südens abgebaut werden. Auch die EU versucht, sich mithilfe von Handels- und Rohstoffpolitik, verstärkt den Zugriff darauf zu sichern.
Eines der Länder, in denen sowohl fossile als auch mineralische Rohstoffe vorkommen, ist Bolivien. Bolivien ist hochgradig von Rohstoffexporten abhängig: Rohstoffe machen etwa 95% der bolivianischen Exporte aus, die Hälfte davon sind mineralische Rohstoffe, v.a. Gold, Silber, Zink, Zinn und Blei. Die ökologischen Auswirkungen des Bergbaus sind bereits heute beträchtlich. Was die Exportzahlen jedoch nicht ausdrücken: Bolivien gehört auch zu den Ländern mit den größten Reserven an Lithium. Lithium soll zum Schlüssel für die Energie- und Verkehrswende in Europa werden, da es zentraler Bestandteil von Batterien ist. Der Abbau dieser Reserven steht seit Jahren in den Startlöchern. Er könnte für das Land hohe Einnahmen, aber gleichzeitig eine ökologische Katastrophe bedeuten.
Wie werden diese Entwicklungen in Bolivien diskutiert? Welche sozialen und ökologischen Auswirkungen haben Bemühungen zur Energiewende in rohstoff-exportierenden Ländern? Welche Form der sozial-ökologischen Transformation ist nötig, damit die Energiewende nicht auf Kosten des Globalen Südens geht? Wie können Bewegungen in Österreich diese Themen aufgreifen?
Zum Referenten: Pablo Villegas, Centro de Documentación e Información Bolivia (CEDIB), forscht und publiziert zu Rohstoffpolitiken und Geopolitik. CEDIB ist eine langjährige Partnerorganisation der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar. Ein Wien-Aufenthalt auf Einladung von Südwind ermöglicht es, mit Pablo Villegas ins Gespräch zu kommen.
Organisiert von: AG Rohstoffe, Anders Handeln, NeSoVe (Netzwerk Soziale Verantwortung), Treaty Alliance, in Kooperation mit ÖFSE (Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung)
Gefördert duch die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit.
Derzeit läuft die mehrtägige Veranstaltung der österreichischen Bundesverwaltung, des Ban Ki-moon Centre for Global Citizens und der zivilgesellschaftlichen Plattform SDG Watch Austria. Eine umfassende mediale Berichterstattung ist von entscheidender Bedeutung, um die Umsetzung der Agenda 2030 zu beschleunigen. Ihre 17 Nachhaltigkeitsziele bieten vielfältige soziale, ökologische und ökonomische Chancen und wirken den miteinander verknüpften globalen Krisen entgegen.
Staatliche und nichtstaatliche Stakeholder*innen einer nachhaltigen Entwicklung erarbeiten gemeinsam in Diskussionen Strategien und Lösungsansätze zu (1) Skills für 2023, (2) Niemanden zurücklassen, (3) Schutz der Biosphäre und (4) Resilienz in der Ernährungssicherheit, mit denen Österreich in den verbleibenden sieben Jahren bis 2030 zum Erreichen der SDGs innerhalb und jenseits seiner Grenzen beitragen kann.
Zwei Expert:innen aus Ländern des Globalen Südens werden beim Dialogforum dabei sein:
Der Agrarökologe Million Belay wird bei einem Workshop am 10. Oktober aufzeigen, weshalb es dringend eine Transformation der Nahrungsmittelsysteme in afrikanischen Ländern braucht.
Am 11. Oktober stellen sich Million Belay und die ugandische Kleinbäuer*innen-Vertreterin Elizabeth Nsimadala der Stakeholder-Diskussion Resilienz in der Ernährungssicherheit im Globalen Süden, zu der das BMEIA, die Universität für Bodenkultur, die Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz und AG Globale Verantwortung ein interessiertes Publikum einladen.
Tags darauf werden die Ergebnisse aller Stakeholder-Diskussionen vier österreichischen Minister*innen sowie Elizabeth Nsimadala bei einem High-Level-Event präsentiert, die sie daraufhin mit Blick auf die Umsetzung der Agenda 2030 und ihrer 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung in und durch Österreich debattieren.
Million Belay und Elizabeth Nsimadala stehen zwischen 10. und 13. Oktober für Interviews zur Verfügung. Mitglieder von SDG Watch Austria, die die Stakeholder-Diskussionen mitorganisieren, auch im Vorfeld oder nach dem High-Level-Event. Darunter der Geschäftsführer der AG Globale Verantwortung und Mitorganisator der vierten Diskussion: Lukas Wank kann die Positionen der beiden internationalen Expert:innen durch die der entwicklungspolitischen Zivilgesellschaft ergänzen und erläutern, mit welchen Maßnahmen österreichische Nichtregierungsorganisationen (NROs) schon heute Resilienz in der Ernährungssicherheit fördern. Aber auch, welche Unterstützung es vonseiten der österreichischen Politik braucht, um diese langfristig und den globalen Krisen entsprechend auszubauen.
Generalsekretärin von Pax Christi International ist zu Gast in Wien: Die Kolumbianerin Martha Inés Romero ist eine der Spezialistinnen, wenn es um Fragen der aktiven Gewaltfreiheit in Konfliktsituationen geht – so auch Rohstoffkonflikten.
Die Projektpartnerin der Dreikönigsaktion, Martha Inés Romero ist eine Wegbereiterin aktiver Friedensarbeit (s. CV im Anhang). Seit Jahrzehnten führt sie Trainings mit Gemeinden und Organisationen durch und begleitet anwaltschaftliche Initiativen in verschiedenen Ländern Lateinamerikas.
Lateinamerika ist ein wichtiger Rohstofflieferant – auch für Europa. Seltene Erden, Lithium, Kupfer und andere Metalle werden als kritisch für Energiewende und Digitalisierung eingeschätzt. Die Nachfrage nach diesen Rohstoffen steigt gewaltig und Zugang zu Rohstoffen ist hoch auf der politischen Agenda. Die EU arbeitet derzeit an einem eigenen Gesetz zu kritischen Rohstoffen. Rohstoffabbau schafft aber Konflikte: Die Beobachtungsstelle für Bergbau-Konflikte in Lateinamerika (OCMAL) dokumentiert derzeit über 250 Fälle. Mitunter kommt es auch zu Gewalt. Seit Jahren führt der extraktive Sektor die traurigen Statistiken des Berichts über getötete Umwelt- und Land-Aktivist*innen von Global Witness an.
Angesichts der Klimakrise gibt es weltweit immer mehr Konflikte um Rohstoffe, Wasser und Nahrung. Was bedeutet die Botschaft von Frieden und Gewaltfreiheit in einer Weltsituation, die von neuen Kriegen, geopolitischen Umwälzungen und neuem (auch atomaren) Aufrüsten bestimmt ist? Welche Rolle können und sollen Christinnen allgemein und die katholische Kirche im Speziellen übernehmen?
Martha Inés Romero steht am Montag 2.10. im Zeitraum von 11-14 Uhr für Interviews zur Verfügung.
Ort: Büro der Dreikönigsaktion, Wilhelminenstraße 91/II 1160 Wien Für Dolmetsch ins Deutsche ist gesorgt.
Wie Europas Energie- und Mobilitätswende Ökosysteme und die Lebensgrundlagen von Indigenen bedroht und wie sie für ihre Rechte kämpfen.
Mehr als 75 Prozent des weltweiten Lithiumvorkommens befindet sich in den Salzseen von Chile, Argentinien und Bolivien, dem „weißen Dreieck“. Die weltweit steigende Nachfrage nach Lithium wird stark angetrieben von der Energie- und Mobilitätswende. Gleichzeitig geht der Abbau mit erheblicher Umweltzerstörung und großem Wasserverbrauch einher. Dadurch ergeben sich neue Konflikte und Fragestellungen: Was bedeutet der weltweite Rohstoffhunger für die indigene Bevölkerung und die lokale Landwirtschaft? Welche Rolle spielen die völkerrechtlich verankerten Rechte indigener Gemeinschaften? Und: Mit welchen Herausforderungen sind speziell Frauen konfrontiert?
Zu diesen und anderen Fragen laden die beiden entwicklungspolitischen Organisationen Südwind und WIDE am Do., 27. Juli 2023, 17:00 Uhr, zu einem Online-Vortrag mit anschließender Diskussion:
Gesprächspartner:innen:
Ercilia Araya Altamirano, indigene Anführerin vom Maricunga-Salzsee in der Atacamawüste, Chile
Ariel León Bacián, Rechtsexperte zu indigenen Rechten und extraktivem Bergbau
Patricia Muñoz Cabrera, Wissenschaftlerin und Beraterin zu Gleichheit und Intersektionalität im Kontext internationaler Zusammenarbeit
Moderation: Joachim Raich, Sprecher für globale Lieferketten bei Südwind
Sprache: Englisch, Spanisch (mit Übersetzung ins Englische) Wann: Donnerstag, 27. Juli 2023, 17 Uhr Anmeldung und Registrierung via Zoom
Hintergrund: Ercilia Araya Altamirano, Anwohnerin des Maricunga-Salzsees in der Atacamawüste in Chile, zeigt, wie rechtliche Maßnahmen helfen können, die Ausbeutung natürlicher Ressourcen zu stoppen, die für das Überleben der lokalen Gemeinschaften unerlässlich sind. Basierend auf der ILO-Konvention 169 und dem Recht indigener Gemeinschaften, selbstbestimmt über ihr Leben und ihr Land entscheiden zu können, ordnete das Gericht im Jahr 2022 an, den Lithiumabbau in ihren Gebieten zu stoppen.
Patricia Muñoz Cabrera ist Forscherin und Beraterin für Gleichstellung und Intersektionalität in der internationalen Zusammenarbeit. Ihr Fokus liegt auf den Auswirkungen von Handels- und Entwicklungsrichtlinien auf die Graswurzel-Ebene. Sie promovierte an der Universität von Brüssel und führte postdoktorale Forschungen in Soziologie in Chile, Belgien und Brasilien durch. Ihre jüngsten Forschungsarbeiten konzentrieren sich auf den Kampf von Frauen gegen Gewalt und für Geschlechtergerechtigkeit in Lateinamerika, insbesondere in Bezug auf wirtschaftliche und soziale Gerechtigkeit sowie internationale Beziehungen. Sie hat für verschiedene NGOs gearbeitet, darunter das WIDE-Netzwerk.
Ariel León Bacián ist chilenischer Anwalt für Menschenrechte, indigene Rechte und Bergbau. Er war tätig als Berater des chilenischen Senats, Berater des Verfassungskonvents, Berater der Selk’nam Chile Corporation, Mitverfasser des Gesetzesentwurfs zur Anerkennung des Selk’nam-Volkes in Chile, Verfasser der Klage, die von 17 Senatoren gegen das Monsanto-Gesetz (Upov-91-Vertrag) vor dem chilenischen Verfassungsgericht eingereicht wurde, Verfasser des Schutzantrags, der die Ausschreibung für Lithium stoppte, die vom ehemaligen Präsidenten Sebastián Piñera gefördert wurde.
Rückfragehinweis: Vincent Sufiyan Kommunikationsleitung Südwind Tel.: 0650 9677577 E-Mail: vincent.sufiyan@suedwind.at
Fehlende Entschädigungen und weitreichende Naturzerstörung bei Goldabbau – Gold aus dubiosen Quellen auch in österreichischen Handys möglich – Südwind fordert seriöse Rückverfolgbarkeit.
Metalle für die weltweite Elektronikindustrie werden oft unter prekären Bedingungen abgebaut. Eine Südwind-Recherche in Ecuador zeigt auf, wie durch intransparente Vergabe von Goldabbau-Konzessionen die Lebensgrundlagen von Menschen am Fluss Napo bedroht sind und kostbare Regenwälder zerstört werden. Ariana Martín Lobera hat als Aktivistin der Menschenrechtsorganisation Südwind Betroffene in der Provinz Napo interviewt. Die Befragten geben an, dass Umweltauflagen beim Goldabbau in Ecuador und Kontrollen ebenso vernachlässigt werden wie Entschädigungszahlungen an die lokale Bevölkerung. Kritisiert wird außerdem, dass Lizenzen für den Goldabbau in einem rechtlichen Graubereich zwischen den Bergbaukonzernen und der Regierung ausverhandelt werden.
Die hohe Nachfrage nach billigen Rohstoffen am Weltmarkt macht Gold aus zweifelhaften Minen begehrt. Auch für Produkte in Österreich kann eine illegale Rohstoffgewinnung nicht ausgeschlossen werden. So werden wegen seiner guten Leitfähigkeit erhebliche Mengen an Gold in Smartphones und SIM-Karten verbaut.
„Österreicher:innen besitzen über 11 Millionen Handys und 21,6 Millionen angemeldete SIM-Karten. Ohne Nachvollziehbarkeit der Lieferketten ist schwer zu sagen, ob das in unseren Handys verbaute Gold legal gewonnen wurde“, sagt René Schuster, Südwind-Experte für Elektronik-Lieferketten. Südwind fordert daher eine transparente Rückverfolgbarkeit von Rohstoffen und eine Rohstoffpolitik, die Reduktion und Wiederverwertbarkeit in den Mittelpunkt stellt. Pro Jahr werden weltweit 1,21 Milliarden Smartphones produziert, darin werden 41 140 Kilo Gold verbaut. Dafür müssen rund 121 Millionen Tonnen Gestein bewegt werden.
Bedrohte Natur, fehlende Kontrolle
Die Regen- und Nebelwälder Ecuadors sind sensible Ökosysteme, die aufgrund von Übernutzung immer stärker unter Druck geraten und von Bergbauprojekten weiterhin stark bedroht sind. Die im Goldabbau verwendeten Chemikalien belasten Fauna, Flora und die Gesundheit der lokalen Bevölkerung. Auch die sozialen Strukturen und Gefüge werden durch die Ansiedlung der Bergbaukonzerne gestört. Eines der größten Projekte in der Provinz Napo ist das Tena-Minenprojekt auf einer Fläche von 7.125 Hektar. Viele Menschen stellen sich dagegen, da das Wasser der lokalen indigenen Bevölkerung verschmutzt wird, wie der Menschenrechts- und Umweltanwalt Andrés Rojas gegenüber Südwind erzählt. Laut Rojas sind die Kontrollämter mit der Anzahl der illegalen Minen überfordert.
Eine Lösung für das Problem wäre, laut Andrés Rojas, mehr in den gemeinschaftlichen Tourismus, welcher die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung und der Umwelt berücksichtigt, zu investieren um auf diesem Weg die Wirtschaft anzukurbeln. „Durch die Eingriffe in die Region werden Bewohner:innen gedrängt, in die Städte zu migrieren. Leider ist das auch ganz im Sinne der Regierung, die das Amazonasgebiet möglichst ungestört für ihren eigenen Profit ausbeuten möchte“, so der Menschenrechtsanwalt Rojas.
Verschmutzte Landwirtschaft, gefälschte Verträge
„Die Firmen kaufen die Gebiete der Gemeinden. Aber meist sind diese Verträge gefälscht und das Geld kommt nie bei den Gemeinden an“, erklärt Jose Moreno, in dessen Gemeinde chinesische und nordamerikanische Unternehmen vier Konzessionen halten. „Da die Unternehmen nach dem Gesetz für Umweltschäden bezahlen müssten, führen sie den Abbau illegal durch. Wenn sie dann abwandern, sind die Böden nicht mehr fruchtbar und in den Flüssen gibt es keine Fische mehr. Mit den Kosten für die Umweltschäden wäre das Geschäftsmodell nicht rentabel“, so Moreno.
Über fatale Auswirkungen in ihrer Gemeinde am Fluss Napo klagt auch Elsa Cerda, Präsidentin der Yuturi Warmi (indigene Wächterinnen). „Verschmutzung durch Bergbauarbeiten haben in der Gemeinde Serena Landwirtschaft und Fischfang unmöglich gemacht. Viele Menschen gehen dennoch zu den Bergbauunternehmen, da sie anders ihre Familie nicht ernähren können“, sagt Cerda. Die Yuturi Warmi wurden vor zwei Jahren gegründet, um ein Bergbauunternehmen in ihrer Gemeinde zurückzuweisen. Die indigenen Wächterinnen wollen auch aufzeigen, dass man auch über andere Wege, wie zum Beispiel Kunsthandwerk, Geld verdienen kann.
Seriöse Umweltverträglichkeitsprüfung ist Muss für jedes Projekt
Abbaugebiete erholen sich nach der Schließung von Minen nur sehr langsam von den enormen Schäden. Um Golderz aus der Erde zu holen, werden viele Tonnen Gestein umgegraben. Um das Gold aus dem Golderz zu lösen, werden oft Schadstoffe wie Quecksilber oder Zyanid eingesetzt, die in der Umgebung und im Wasser landen.
Vielfach wird zu wenig oder nichts zur Renaturierung des genutzten Gebietes von den Bergbaukonzernen unternommen. In Ecuador setzen sich daher viele lokale Organisationen, teilweise mit Unterstützung von europäischen NGOs, für die Erhaltung der Lebensgrundlagen und gegen Minenprojekte ein.
„Bergbau ist untrennbar verbunden mit weitreichenden Landschaftseingriffen. Daher sind seriöse Umweltverträglichkeitsprüfungen und die Einbeziehung der lokalen Bevölkerung essentielle Auflagen für jedes einzelne Bergbauprojekt. Wenn Behörden im Abbauland bei Naturzerstörung und Menschenrechtsverletzungen wegsehen, ist es umso wichtiger, dass die Abnehmer genau hinsehen“, sagt Südwind-Experte René Schuster und fordert: „Es braucht strenge gesetzliche Regeln für eine menschenwürdige und möglichst umweltverträgliche Rohstoffgewinnung sowie eine verbindliche Unternehmenshaftung für die gesamte Wertschöpfungskette.“
Rückfragehinweis: Stefanie Marek Pressesprecherin Südwind stefanie.marek@suedwind.at +43 (0) 680 1583016
René Schuster Südwind-Experte für Elektronik-Lieferketten rene.schuster@suedwind.at +43 (0) 680 30 21 345 (erreichbar bis inklusive 7. Juli 2023; am 20. und 21. Juli; sowie ab 16. August)
Andreas Müller Südwind-Experte für Elektronik-Lieferketten andreas.mueller@suedwind.at +43 (0) 665 65149361 (erreichbar ab 10. Juli 2023 – 14. August)
Gespräch über die kommenden Wahlen und Konzert von José Chamalé, organisiert von Guatemala Solidarität Österreich.
Anlässlich der Wahlen in Guatemala am 25. Juni sprechen Soziologin Susanne Gauster und Historiker Harald Waxenecker über die politische Lage im Land und darüber, wie aktuelle Entwicklungen, bspw. die Einschränkung der Justiz, die demokratische Legitimität der Wahlen infrage stellen.
15.06.2023, 19:00 Uhr Kulturzentrum 7Stern Siebensterngasse 31, 1070 Wien
Am 4. und 5. Oktober 2022 werden Sayda Jadis Arteaga Guerra und José Roviro Lopez Rivera, Mitglieder der Friedensgemeinde San José de Apartadó/ Antioquia/ Kolumbien, im Rahmen einer Europatour in Wien sein.
Die Friedensgemeinde engagiert sich mit gewaltfreien Mitteln gegen Krieg, Gewalt und Vertreibung und für ein friedliches Miteinander im Einklang mit der Natur. Die Gemeinde liegt im Nordwesten Kolumbiens, eine Region, die wegen ihres natürlichen Reichtums und ihrer wichtigen strategischen Lage seit Jahrzehnten heiß umkämpft wird. Insbesondere illegale bewaffnete Gruppen bedrohen die Gemeinde seit Jahrzehnten.
Der Versöhnungsbund unterstützt die Gemeinde seit 2006, vor allem durch politische und physische Schutzbegleitung. Zurzeit wird diese Aufgabe von Michaela Söllinger, Friedensfachkraft aus Oberösterreich, vor Ort wahrgenommen.
Im Rahmen eines Interviews können Sayda Jadis Arteaga Guerra und José Roviro Lopez Rivera über die Situation ländlicher Gemeinden, die von Gewalt durch bewaffnete Akteure, aber auch von wirtschaftlichen Interessen nationaler und multinationaler Unternehmen bedroht sind, berichten.
Interviewvereinbarung und Rückfragen: Irmgard Ehrenberger Internationaler Versöhnungsbund – österreichischer Zweig Fellowship of Reconciliation Austria Lederergasse 23/3/27 A – 1080 Wien Tel. +43 (0)1 408 53 32 Email: irmgardehrenberger@versoehnungsbund.at www.versoehnungsbund.at