Archiv der Kategorie: Asien

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PA: 10 Jahre Rana Plaza. Südwind und die Clean Clothes Kampagne kritisieren anhaltende Missstände in der Textilindustrie.

Menschenrechtsorganisation sieht trotz Verbesserungen in der Gebäudesicherheit große Herausforderungen in der globalen Bekleidungsproduktion und fordert ein starkes EU-Lieferkettengesetz

Anlässlich des zehnten Jahrestages des Einsturzes der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch verweisen Südwind und die Clean Clothes Kampagne auf bleibende strukturelle Probleme in der Modeindustrie. Trotz wichtiger Verbesserungen in der Fabriksicherheit zählen Hungerlöhne und Arbeitsrechtsverletzungen immer noch zum Alltag in der Kleidungsproduktion. „Die Anzahl an tödlichen Unglücken konnte zwar vermindert werden, ein Ende der Ausbeutung von Mensch und Natur für Billig-Mode ist aber weiterhin nicht in Sicht. Die Branche wird immer noch dominiert vom Fast Fashion-Konzept, das Arbeiter:innen unterdrückt und mit einer enormen Ressourcenverschwendung einhergeht“, sagt Gertrude Klaffenböck, Südwind-Expertin für globale Lieferketten und Koordinatorin der Clean Clothes Kampagne in Österreich. „Um Unternehmen für Missstände in die Pflicht zu nehmen, braucht es endlich ein starkes Lieferkettengesetz. Weder die freiwillige Selbstverpflichtung noch der aktuelle EU-Gesetzesentwurf reichen dafür aus“, so Klaffenböck. „Rana Plaza selbst ist das beste Beispiel dafür. Dort gab es eine Sicherheitsüberprüfung, laut der keine Gefahr bestand. Wenige Monate später stürzte das Gebäude ein.“

Punktuelle Verbesserungen in der Gebäudesicherheit

Am 24. April 2013 stürzte die Textilfabrik Rana Plaza in Dhaka, Bangladesch, ein. 1.175 Menschen starben, über 2.000 wurden verletzt. Rana Plaza gilt als schwerste Katastrophe der Textilindustrie und sorgte für einen weltweiten Aufschrei. Mindestens 29 weltweit tätige Marken ließen in Fabriken von Rana Plaza Kleidung produzieren, darunter Primark, Mango oder Kik. Als Reaktion wurde der so genannte Bangladesh Accord ins Leben gerufen, ein verbindliches Abkommen zwischen Unternehmen und Gewerkschaften, das Brandschutz- und Sicherheitsvorkehrungen vorschreibt. Die Anzahl tödlicher Unfälle konnte dadurch gesenkt werden. Lücken blieben dennoch: Denn der Beitritt zum Abkommen ist freiwillig, der Geltungsbereich auf Bangladesch und Pakistan beschränkt.

Um ständige Neuverhandlungen und Aufweichversuche zu verhindern, fordert Südwind, die Gültigkeit des Abkommens ohne Ablauffrist zu verlängern und auf alle textilproduzierenden Länder auszuweiten: „Es ist ein Skandal, dass europäische Textilkonzerne weiterhin mit Menschenleben pokern. Sämtliche Bekleidungs-Unternehmen sind dringend gefordert, Mindeststandards für die Sicherheit und Unversehrtheit ihrer Arbeiter:innen zu garantieren – ohne Bedingungen oder Zeitlimits“, sagt Südwind-Expertin Klaffenböck. 

Hungerlöhne bleiben strukturelles Problem

Der extrem niedrige Mindestlohn in Bangladesch von etwa 8.000 Taka (70 Euro) pro Monat ist ein anhaltendes Problem. Gewerkschaften fordern Mindestlöhne zwischen 22.000 und 25.000 Taka (bis zu 217 Euro). Laut Berechnungen der Asia Floor Wage Alliance bräuchte es sogar das Doppelte, damit Arbeiter:innen ihren mit ihren Familien ein menschenwürdiges Leben führen können. „Existenzsichernde Löhne sind ein Menschenrecht. Verantwortungsvolle Modekonzerne müssen eine menschenwürdige Bezahlung entlang ihrer gesamten Lieferkette garantieren. Alles andere kann nicht als nachhaltig bezeichnet werden”, sagt Gertrude Klaffenböck.

Begünstigt werden diese Missstände durch unseriöse Kontrollen und fehlende Transparenz in den Lieferketten. Genau in diesen Bereichen sieht Südwind noch große Schlupflöcher im aktuellen Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz. Darin ist die Sorgfaltspflicht der Unternehmen auf „etablierte Geschäftsbeziehungen” beschränkt und die Frage der Kontrollen noch ungeklärt. „Es braucht verbindliche Sorgfaltspflichten entlang der gesamten Lieferkette und unabhängige Kontrollen unter Einbeziehung von Gewerkschaften und NGOs sowie eine Haft- und Entschädigungspflicht, um künftigen Katastrophen vorzubeugen.”, betont Klaffenböck.

Download: Hintergrundinformationen – 10 Jahre Rana Plaza
Download: 
Fotos in Druckqualität (honorarfreie Verwendung unter Angabe des Fotocredits)

Interview-Möglichkeit mit Gewerkschaftsführer Rashedul Alam Raju, Generalsekretär der Gewerkschaft Bangladesh Independent Garment Union Federation BIGUF, die stetig Repressionen ausgesetzt ist. 2017 wurden mehrere BIGUF-Führer verhaftet, darunter auch Rashedul Alam Raju.
Do., 20. April 2023, 15:00 – 16:00 Uhr (CEST) bzw. 19:00 – 20:00 Uhr (Bangladesh) 

Gedenkkundgebung: „10 Jahre Rana Plaza” in Wien
Mo., 24. April 2023, 17:30 – 19:30 Uhr, Platz der Menschenrechte, Museumsquartier, 1070 Wien. 

Rückfragehinweis:                                                 
Gertrude Klaffenböck
Koordinatorin Clean Clothes Kampagne bei Südwind
T +43 140555 15 331
M +43 676 44 608 33
gertrude.klaffenboeck@suedwind.at

Stefanie Marek
Pressesprecherin Südwind
T: +43 680 1583016
Mail: stefanie.marek@suedwind.at 

Aviso: Gedenkkundgebung „10 Jahre Rana Plaza“ am 24. April in Wien

Ein Breites Bündnis der Clean Clothes Kampagne erinnert an 1.175 Tote beim Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch und lädt zum Aktionstag ein: 24. April, 17:30 Uhr.

Wien, 17. April 2023. Der verheerende Einsturz des Rana Plaza-Gebäudes in Savar/Bangladesch am 24. April 2013 war der traurige Gipfel von vielen Bränden und Unfällen in der Textilproduktion in Ländern des Globalen Südens, bei denen immer wieder zahlreiche Menschen ums Leben kamen oder verletzt wurden. Die gefährlichen Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie waren damit in aller Munde und die weltweite Betroffenheit groß. Trotz wichtiger Schritte bei der Verbesserung der Gebäudesicherheit sind die Arbeitsbedingungen in der globalen Textilproduktion nach wie vor prekär, gefährlich und die Löhne noch immer nicht existenzsichernd für die Arbeiter:innen. Die Partner der Clean Clothes Kampagne fordern daher ein strenges EU-Lieferkettengesetz, das Unternehmen menschenrechtliche Sorgfaltspflichten entlang der gesamten Lieferketten vorschreibt.

1.175 Tote mahnen! Die Clean Clothes Kampagne – bestehend aus 13 Plattform-Organisationen – und weitere Vertreter:innen der Zivilgesellschaft laden zum gemeinsamen Gedenken an die verunglückten Arbeiter:innen ein:   

Gedenken: #NieWiederRanaPlaza 
Mit Rede- und Musikbeiträgen und symbolischer Erinnerung an 1.175 Texilarbeiter:innen. 

Wann: Montag, 24. April 2023, 17:30 – 19:30 Uhr 
Wo: Platz der Menschenrechte, Museumsquartier, 1070 Wien 

Redebeträge kommen unter anderem von Zeitzeug:innen, Vertreter:innen von Südwind, GLOBAL 2000, der Gewerkschaft PRO-GE, weltumspannend arbeiten (ÖGB), den Nationalratsabgeordneten Michel Reimon und Julia Herr sowie der ehemaligen EU-Parlamentarierin Ulrike Lunacek. 

Am Nachmittag des 24. Aprils informieren Aktivist:innen von Südwind auf der Mariahilfer Straße über 10 Jahre Rana Plaza und die Notwendigkeit für ein strenges Lieferkettengesetz.

Medienvertreter:innen sind herzlich eingeladen! Auf Nachfrage vermittelt die Clean Clothes Kampagne gerne auch exklusive Hintergrundgespräche mit Expert:innen und Betroffenen in Bangladesch.

Rückfragehinweis:
Vincent Sufiyan, Kommunikationsleiter Südwind,
Tel.: +43 650 96 77 577, E-Mail: vincent.sufiyan@suedwind.at

Gertrude Klaffenböck, Clean Clothes Kampagne Österreich,
Tel.: +43 (0)1 405 55 15 331, E-Mail: gertrude.klaffenboeck@suedwind.at
www.cleanclothes.at

PA: Appell an die UN: Einrichtung eines unabhängigen Ermittlungsmechanismus in Afghanistan

Amnesty International fordert, dass die anhaltenden „erbarmungslosen Menschenrechtsverstöße“ der Taliban im UN-Menschenrechtsrat behandelt werden. Beweissicherung sei die Grundlage für internationaler Gerechtigkeit.

London / Wien (6.3.2023) Anlässlich des neuen Berichts des UN-Sonderberichterstatters zur Lage der Menschenreche in Afghanistan im Zuge der heute stattfindenden Sitzung des UN-Menschenrechtsrats fordert Amnesty International die UN-Mitgliedstaaten auf, ein Ende der Straflosigkeit anzustreben und Gerechtigkeit für die Betroffenen von Menschenrechtsverstößen durch die Taliban zu gewährleisten. Der UN-Menschenrechtsrat muss dringend und möglichst bald einen unabhängigen Ermittlungsmechanismus in Afghanistan einrichten, der sich auf die Beweissicherung konzentriert, um internationale Gerechtigkeit anzustreben. Ähnlich wie in Ländern wie Äthiopien, dem Iran und Myanmar sollte ein solcher Mechanismus mit einem mehrjährigen Mandat sowie Mitteln ausgestattet werden, um für die im ganzen Land verübten Menschenrechtsverletzungen und -verstöße Beweise zu finden, zu sammeln und zu dokumentieren.

Rasant verschlechternde Menschenrechtslage

In den vergangenen Monaten haben die Taliban zahlreiche Frauenrechtler*innen, Akademiker*innen und Aktivist*innen rechtswidrig inhaftiert. Viele wurden willkürlich festgenommen, ohne Rechtsbehelf oder Zugang zu ihren Angehörigen. Vermutlich wurden sie inhaftiert, weil sie öffentlich die Politik der Taliban kritisiert haben. „Die Menschenrechtslage in Afghanistan verschlechtert sich rasant und die erbarmungslosen Menschenrechtsverstöße der Taliban gehen Tag für Tag weiter“, sagte Agnès Callamard, die internationale Generalsekretärin von Amnesty International. „In letzter Zeit wurden Personen, die sich in der Öffentlichkeit kritisch über die missbräuchlichen Vorschriften der Taliban geäußert haben, ohne Angabe von Gründen festgenommen. Außerdem schränkten die Taliban weiterhin die Rechte von Frauen und Mädchen ein und konnten Angehörige der ethnischen Hazara gezielt töten, ohne dafür belangt zu werden. Es ist offensichtlich, dass die Taliban weder bereit noch imstande sind, Handlungen ihrer Mitglieder zu untersuchen, die die Menschenrechte der afghanischen Bevölkerung schwer verletzen.“

 Sammeln und Sichern von Beweisen für Gerechtigkeit

„Auch wenn der Sonderberichterstatter unter extrem schwierigen Bedingungen weiter wertvolle Arbeit leistet, ist jetzt mehr erforderlich, um der gewaltigen Herausforderung gerecht zu werden, die Menschenrechtsverstöße in Afghanistan zu dokumentieren. Dazu muss dringend eine Ermittlungsmission eingerichtet werden, die sich auf das Sammeln und Sichern von Beweisen konzentriert, um für Gerechtigkeit zu sorgen.“

Während der UN-Sonderberichterstatter prinzipiell damit betraut ist, kontinuierliche Menschenrechtsverstöße zu dokumentieren, bestünde ein zentraler Beitrag des geforderten Mechanismus darin, die Fakten und Umstände schwerwiegender Verstöße abzuklären, potenzielle Straftäter*innen zu identifizieren sowie für die zukünftige strafrechtliche Verfolgung im Rahmen der internationalen Gerichtsbarkeit Beweise zu sichern und dokumentieren. Ein solcher Mechanismus ist unerlässlich, um zu gewährleisten, dass Straftaten nach dem Völkerrecht sowie Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan nicht der internationalen Kontrolle entgehen, sowie zu gewährleisten, dass alle diejenigen, die strafrechtlicher Verantwortung verdächtig sind, in fairen Gerichtsverfahren vor ordentlichen Zivilgerichten oder internationalen Strafgerichten zur Rechenschaft gezogen werden.

HINTERGRUND – jüngste Entwicklungen

Nachdem die Taliban im August 2021 die Kontrolle über Afghanistan übernommen hatten, erklärten sie, die Menschenrechte in Afghanistan wahren und respektieren zu wollen. Amnesty International hat jedoch seit damals wiederholt von Taliban verübte Verbrechen gegen das Völkerrecht sowie Menschenrechtsverletzungen dokumentiert.

In jüngster Zeit kam es zu einer Festnahmewelle, bei der unter anderem die Frauenrechtlerin Narges Sadat, Professor Ismail Mashal, ein Verfechter von Bildung für Frauen, der Bürgerrechtler Fardin Fedayee, der Autor und Aktivist Zekria Asoli, der afghanisch-französische Journalist Mortaza Behboudi, der frühere Senator Qais Khan Wakili und der afghanische Journalist Muhammad Yar Majroh inhaftiert wurden. Aktuell geht Amnesty International davon aus, dass lediglich Professor Mashal inzwischen wieder freigekommen ist. Bei vielen Inhaftierungen gibt es keine Informationen über den Grund für die Festnahme der betreffenden Personen, und deren Aufenthaltsort bleibt häufig unbekannt, was dem Verschwindenlassen gleichkommt.

Neue Beweise für Verbrechen in Pandschschir

Nach wie vor gibt es auch zahlreiche Menschenrechtsverstöße gegen Zivilpersonen in Pandschschir – darunter Entführungen und Verschwindenlassen –, da der Konflikt zwischen den Taliban und der Nationalen Widerstandsfront von Afghanistan (NRF) anhält. Das Crisis Evidence Lab von Amnesty International hat Fotos und Videos von mindestens acht Vorfällen für authentisch erklärt, die zwischen Mai und August 2022 in den Sozialen Medien gepostet worden waren und auf denen zu sehen ist, wie große Gruppen von Männern in Pandschschir willkürlich von den Taliban festgenommen und ohne Gerichtsverfahren inhaftiert werden. Insgesamt zeigen diese Videos mindestens 87 Personen in verschiedenen Stadien des Inhaftierungsprozesses, die meisten von ihnen mit gefesselten Händen. In einem Video erklärt ein Kämpfer der Taliban: „Wenn es nach mir ginge, würde ich sie gleich hier töten.“

Hartes Durchgreifen gegen Frauen und Mädchen sowie Angriffe auf ethnische Minderheiten

Bereits in einem Juli 2022 veröffentlichten Bericht dokumentierte Amnesty International, wie die Leben von Frauen und Mädchen in Afghanistan durch die Taliban zerstört werden. Ihr Recht auf Bildung, Arbeit und Bewegungsfreiheit wird dauernd verletzt, die Möglichkeiten für Schutz und Unterstützung bei häuslicher Gewalt wurden massiv reduziert, Frauen und Mädchen wurden wiederholt und laufend wegen geringfügiger Nichteinhaltung diskriminierender Vorschriften inhaftiert und das System hat zu einem Anstieg der Zahl von Kinder-, Früh- und Zwangsehen in Afghanistan beigetragen.

Auch die Angriffe auf ethnische Minderheiten gehen unvermindert weiter. In drei Fällen hat Amnesty Massentötungen von Hazara durch die Taliban in den Provinzen Ghazni, Ghor und Daikondi untersucht, die Kriegsverbrechen gleichkommen könnten. In allen drei Fällen haben die De-facto-Behörden der Taliban in Afghanistan weder Ermittlungen eingeleitet noch die Tatverdächtigen zur Rechenschaft gezogen.

Rückfragehinweis:
Presseteam Amnesty International Österreich
Eleonore Rudnay
+43-664-400 10 56
E-Mail: eleonore.rudnay@amnesty.at

PA: Cox’s Bazar/Bangladesch: Lebensmittel-Kürzungen bedrohen Gesundheit der Rohingya

Ärzte ohne Grenzen befürchtet schwere gesundheitliche Folgen durch Kürzungen von Lebensmittelrationen für rund eine Million geflüchtete Rohingya im Distrikt Cox’s Bazar in Bangladesch. Das Risiko für Mangelernährung und andere Krankheiten steigt dadurch deutlich an.

Das Welternährungsprogramm (WFP) hatte am Mittwoch unter Berufung auf fehlende Finanzmittel die Rationen um 17 Prozent gekürzt. Dadurch ist die Kalorienzahl pro Person unter den anerkannten Mindeststandard von 2.100 Kalorien pro Tag gesunken.

Die geflüchteten Rohingya, die in der weltweit größten Ansammlung von Geflüchteten-Camps im Distrikt Cox’s Bazar leben, sind fast vollständig auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Ihr Aufenthalt ist auf die Lager beschränkt, und sie dürfen keiner formellen Beschäftigung nachgehen. Dadurch können sie ihre geringen Nahrungsmittelrationen auch nicht selbstständig aufstocken.

„Ärzte ohne Grenzen unterstützt die Rohingya so lange wie nötig, aber die Deckung des steigenden medizinischen Bedarfs in den Lagern in Cox’s Bazaar übersteigt die Kapazitäten”, sagt Claudio Miglietta, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Bangladesch. „Die finanziellen Mittel sind gesunken und die Anzahl der Hilfsorganisationen in Cox’s Bazar ist um fast 80 Prozent zurückgegangen.”

Die Gesundheitsversorgung in den Lagern ist bereits jetzt herausfordernd. Die Menschen in den Camps leben unter prekären Lebensbedingungen und leiden unter Krankheiten wie Krätze, Dengue-Fieber und Cholera.

Aufgrund der geringeren Kalorienzufuhr sind die Menschen nun der Gefahr von Mangelernährung und Anämie ausgesetzt. Zudem wird ihr Immunsystem geschwächt, was das Risiko für Ausbrüche von Infektionskrankheiten, wie Masern und Cholera, erhöht.

Viele Schwangere, die in den Gesundheitseinrichtungen von Ärzte ohne Grenzen zur Vorsorge betreut werden, sind bereits mangelernährt. Im vergangenen Jahr wurde bei 12 Prozent der Schwangeren im Kutupalong-Krankenhaus und in der Balukhali-Klinik akute Mangelernährung und bei 30 Prozent Anämie diagnostiziert. Frauen, die mangelernährt und anämisch sind, haben ein höheres Risiko, während der Geburt Komplikationen zu erleiden, und ihre Neugeborenen haben ein höheres Risiko für einen schlechten Gesundheitszustand.

Viele Geflüchtete in den Lagern leiden an chronischen Krankheiten wie Herzleiden, Bluthochdruck und Diabetes Typ II. Für Betroffene von nicht-übertragbaren Krankheiten ist eine gesunde Ernährung ein entscheidender Faktor.

Ärzte ohne Grenzen befürchtet, dass eine Kürzung der Lebensmittelrationen die Verzweiflung in den Lagern verstärken und weitere Menschen dazu bringen könnte, sich in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft auf extrem gefährlichen See- und Landrouten zu begeben.

Ärzte ohne Grenzen leistet seit 1992 medizinische Hilfe in den Flüchtlingslagern in Cox’s Bazar. Im vergangenen Jahr führten die Teams von Ärzte ohne Grenzen mehr als 750.000 ambulante Konsultationen durch und nahmen mehr als 22.000 Patient:innen stationär auf.

Für Rückfragen | Vermittlung von Interviews | Fotomaterial wenden Sie sich bitte an:
Patricia Otuka-Karner
patricia.otuka-karner@aertze-ohne-grenzen.at
Tel.: +43 (1) 409 72 76 – 28

Eva Hosp
eva.hosp@vienna.msf.org
Tel.: +43 (1) 409 72 76 – 29

PA: Südwind und Clean Clothes: Historischer Schritt für Textilarbeiter:innen in Pakistan

Einigung beim „Pakistan Acccord“ bringt verbindliche Regeln für sichere und gesunde Arbeitsplätze in Bekleidungsfabriken – Südwind und die Clean Clothes Kampagne fordern Österreichs Unternehmen auf, diesem Pakt beizutreten.

Nach jahrelangem Bemühen um bessere Sicherheitsstandards in pakistanischen Textilfabriken wurde diese Woche ein wichtiger Meilenstein erreicht. Denn mit dem Beschluss des so genannten „Pakistan Accords“ gelten ab Jänner 2023 verbindliche Sicherheitsmaßnahmen in Textilfabriken. Konkret wird damit garantiert, dass die Fabriken inspiziert und überwacht werden. Zusätzlich können sich die Arbeiter:innen bei Gesundheits- und Sicherheitsproblemen an einen neuen Beschwerdemechanismus wenden. „Das neue Sicherheitsabkommen in Pakistan hat das Potenzial, die Arbeitsplätze für Millionen Menschen in der Textilindustrie sicherer zu machen und so weitreichend zu verbessern“, sagt Gertrude Klaffenböck, Südwind-Sprecherin für faire Lieferketten und Koordinatorin der Clean Clothes Kampagne in Österreich. „Modekonzerne, die in Pakistan einkaufen, müssen jetzt beweisen, dass sie ihre unternehmerische Verantwortung ernstnehmen und ihren Beitrag dazu leisten. Auch österreichische Unternehmen sind dringend gefordert, diesem wichtigen Abkommen zu beizutreten.“

Beim Pakistan Acccord handelt es sich um ein rechtlich verbindliches Gesundheits- und Sicherheitsabkommen zwischen Gewerkschaften und Modeunternehmen nach dem Vorbild des Bangladesch-Abkommens („Bangladesh Accord“). Dieses wurde das nach dem Einsturz der Rana-Plaza-Fabrik 2013 unterzeichnet und hat wichtige Verbesserungen für die hochprekäre Sicherheitslage in mehr als 1.600 Textilfabriken mit rund 2,5 Millionen Arbeiter:innen gebracht. 

„Seit Jahren wurde daran gearbeitet, dieses Abkommen auch auf andere Länder mit ähnlichen Risikosektoren auszudehnen. Nach dem langerwarteten Pakistan Accord sollte als nächstes Indien dem Beispiel Bangladeschs und Pakistans folgen“, sagt Gertrude Klaffenböck. „Auch vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um ein EU-Lieferkettengesetz bildet das Abkommen eine wichtige Grundlage, um zumindest dieses eine Arbeitsrecht – nämlich einen sicheren und gesunden Arbeitsplatz – zu gewährleisten.“

Wie in Bangladesch haben auch in Pakistan freiwillige Auditsysteme die Arbeitnehmer:innen nicht vor Unfällen und Todesgefahr geschützt. Trotz wiederholter Prüfungen blieben effektive Maßnahmen aus, wie etwa der Fabriksbrand von Ali Enterprises in Karatschi 2012 zeigte, bei dem 250 Arbeiter:innen ums Leben kamen. Allein im vergangenen Jahr 2022 kam es bei Fabriksunglücken in Pakistan zu mindestens 19 Toten und zahlreichen Verletzten.

Eckpunkte des  International Accords in Pakistan
Das Abkommen ist für Textilunternehmen rechtsverbindlich. Es schreibt umfassende Gesundheits- und Sicherheitsinspektionen vor, um Gefahren aufdecken, sowie zeitgebundene Renovierungspläne zur Beseitigung dieser Gefahren. Gleichzeitig sieht das Abkommen einen Schutz für alle Arbeitnehmer:innen in der gesamten Lieferkette vor und eine vertrauliche Möglichkeit, Sicherheits- und Gesundheitsprobleme anzusprechen, um für rasche Abhilfemaßnahmen zu sorgen.

Der International Accord for Health and Safety wurde von 187 Marken unterzeichnet, von denen mindestens die Hälfte ihre Waren aus Pakistan bezieht. Hunderte Bekleidungs- und Textilfabriken fallen mit der Unterschrift der einkaufenden Unternehmen unter die Vereinbarung. Aus Österreich hat bisher noch kein Unternehmen unterzeichnet.

Rückfragehinweis:
Vincent Sufiyan
Kommunikationsleiter Südwind
Tel.: 0676 96 77577
E-Mail: vincent.sufiyan@suedwind.at

PA: Armutsfalle Mikrokredite: OECD-Beschwerde gegen Oikocredit

Mikrokredite gelten in der Entwicklungszusammenarbeit als Finanzinstrument, das Unabhängigkeit durch ein eigenständiges Einkommen ermöglichen soll. In Kambodscha entpuppen sie sich jedoch als Schuldenfalle. Während sie europäischen Investoren Profite bringen, führen sie vor Ort zu Landverlust, Armut und Menschenrechtsverletzungen. Trotzdem hat der sogenannte „ethische“ Investor Oikocredit seine Investitionen in Kambodscha sogar noch erhöht. Drei NGOs legen daher nun Beschwerde gegen Oikocredit bei der OECD ein, berichtet FIAN in einer Aussendung.

Kambodscha hat den größten Pro-Kopf-Mikrofinanzsektor der Welt. Die durchschnittliche Kredithöhe beträgt mehr als das Dreifache des jährlichen Durchschnittseinkommens. In den letzten fünf Jahren haben laut einer vom deutschen Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanzierten Studie mehr als 160.000 Menschen ihr Land verloren, weil sie es für Kredite als Sicherheit hinterlegen mussten. Ein Bericht der kambodschanischen Menschenrechtsorganisationen LICADHO und Equitable Cambodia zeigt weitere Folgen der Überschuldung und aggressiven Inkassopraktiken im Mikrofinanzsektor auf: Ernährungsunsicherheit, erzwungene Landverkäufe, Kinderarbeit und Migration.

OECD-Beschwerde gegen Oikocredit

Die Menschenrechtsorganisationen LICADHO, Equitable Cambodia und FIAN Deutschland haben am 12.12.2022 bei der Nationalen Kontaktstelle für OECD-Leitsätze der niederländischen Regierung Beschwerde gegen Oikocredit International eingereicht. Dem ethischen Investor mit Hauptsitz in den Niederlanden wird vorgeworfen, weiter in großem Stil in kambodschanische Mikrofinanzinstitute (MFI) investiert zu haben, obwohl die weitverbreitete Überschuldung und deren absehbare negative Folgen vom UN-Generalsekretär, von lokalen und internationalen Menschenrechtsgruppen, Journalist:innen und sogar von einer durch Oikocredit selbst unterstützten Studie bereits 2017 bestätigt wurden. Trotzdem erhöhte Oikocredit das Kambodscha-Portfolio von EUR 50 Millionen im Jahr 2017 auf mehr als EUR 67 Millionen im September 2022. Kambodscha ist damit nach Indien nun das zweitgrößte Investitionsland für Oikocredit.

Oikocredit-Mitgliederkapital: 129 Millionen Euro aus Österreich

Rund 11,5 Prozent bzw. EUR 129 Millionen des Mitgliederkapitals Oikocredits stammt von österreichischen Anleger:innen, die guten Gewissens glauben, mit ihrer Investition die Lebensbedingungen vor Ort zu verbessern. Auch Oikocredit Austria wurde über die negativen Entwicklungen für die Betroffenen in Kambodscha informiert, zuletzt bei einem persönlichen Gespräch mit FIAN im November. „Oikocredit und andere private und staatliche Investoren haben die vielen Belege für die weitverbreitete Überschuldung und Missstände in Kambodscha ignoriert und pumpen weiterhin Geld in den hiesigen Mikrofinanzmarkt“, kritisiert Lukas Schmidt, Geschäftsleiter der Menschenrechtsorganisation FIAN Österreich.

Menschenrechtskrise: Investoren müssen Missstände beheben

„Oikocredit behauptet, ein sozialer Investor zu sein, aber ihre Investitionen nach Kambodscha haben zu irreparablen Schäden an Kreditnehmer:innen geführt“, so Naly Pilorge, Outreach Director bei LICADHO. Gemeinsam mit Eang Vuthy, Executive Director von Equitable Cambodia erwartet sie, dass die OECD-Beschwerde Oikocredit und andere ‚ethische‘ oder ‚Impact‘-Investoren, die diese Menschenrechtskrise mitverursacht haben, dazu bringen werde, die Missstände zu beheben und den kambodschanischen Kreditnehmer:innen wirklich zu helfen. Die Menschenrechtsorganisationen sind jederzeit zu einer Zusammenarbeit mit Investoren bereit, die daran interessiert sind, echte Lösungen für die in Not geratenen Kreditnehmer:innen zu finden.

Foto: FIAN/Mathias Pfeifer


Links:

OECD-Beschwerde: https://fianat-live-7318544636224c40bb0b0af5b09-745b6a8.divio-media.net/filer_public/dc/88/dc888c32-4b75-469a-80b7-5dab618c476f/specific-instance_dutchncp-licadho_ec_fian-v-oikocredit.pdf

Studie des INEF: https://www.licadho-cambodia.org/reports/files/INEFReport-MicrofinanceInCambodia2022.pdf

Berichte von LICADHO und Equitable Cambodia: https://www.mficambodia.com/?lang=de

FIAN-Fallarbeit Mikrofinanz in Kambodscha: https://fian.at/de/faelle/kambodscha-mikrofinanz/


Kontakt:

  • Lukas Schmidt, Geschäftsleiter FIAN Österreich, Tel: +43 (0)1/2350 239-13, E-Mail: lukas.schmidt@fian.at
  • Eang Vuthy, Executive Director of Equitable Cambodia, per Signal: +855 12791700 (Englisch)
  • Naly Pilorge, Outreach Director of LICADHO, per Signal: +855 12214454 (Englisch)
  • Mathias Pfeifer, Referent FIAN Deutschland, Tel: +49 17654113988, E-Mail: m.pfeifer@fian.de

Podiumsgespräch: Fluchtursache Klimawandel?! 

Eine Veranstaltung des VIDC mit den Klima- und Migrationsexpert*innen Paula Banerjee, Pato Kelesitse, Simon Bunchuay-Peth und Daniela Paredes Grijalva.

Do., 10. November 2022, 19:00 – 21:00 Uhr
Hauptbücherei am Gürtel, Urban Loritz-Platz 2a, 1070 Wien
Veranstaltungssprachen: Englisch und Deutsch mit Simultandolmetschung

Auch wenn wir alle den Klimawandel spüren, wirkt er sich doch ungleich aus, je nachdem, wo wir leben. Besonders betroffen sind ärmere Länder im Globalen Süden, die sich weniger vor den Auswirkungen der Klimakatastrophe schützen können. Diese Problematik ist auch Thema der 27. Weltklimakonferenz (Cop 27), die vom 7. – 18. November im ägyptischen Sharm El Sheikh stattfindet. Bei der Konferenz geht es darum, die globalen Klimaschutzmaßnahmen durch Emissionsreduzierung zu beschleunigen und verstärkt Anpassungsbemühungen in den ärmsten Ländern dieser Welt auf den Weg zu bringen. 

Die indische Migrationsforscherin Paula Banerjee, Pato Kelesitse vom South African Climate Action Network und der Wiener Forscher Simon Bunchuay-Peth werden über Migration im Kontext des Klimawandels diskutieren, ausgehend von Ansätzen, die auf Klima-, Gender- und soziale Gerechtigkeit ausgerichtet sind.

Mehr Info und Anmeldung

PA: Myanmar: Facebook-Algorithmen haben Gewalt gegen Rohingya vorangetrieben

Die gefährlichen Algorithmen des Facebook-Inhabers Meta und dessen rücksichtslose Gewinnmaximierung haben wesentlich zu den Gräueltaten des myanmarischen Militärs gegen die ethnische Gruppe der Rohingya im Jahre 2017 beigetragen. Zu diesem Schluss kommt Amnesty International in einem heute veröffentlichten neuen Bericht.

Wien / London (29. September 2022). Der englischsprachige Bericht „The Social Atrocity: Meta and the right to remedy for the Rohingya“ zeigt, dass Meta wusste – oder zumindest hätte wissen müssen – dass die Algorithmen von Facebook die Verbreitung von gegen Rohingya gerichteten Beiträgen in Myanmar stark vorangetrieben haben. Trotz dieses Wissens blieb das Unternehmen untätig.

Die ethnische Gruppe der Rohingya ist eine mehrheitlich muslimische Minderheit, die vornehmlich im nördlichen Bundesstaat Rakhine lebt. Im August 2017 flohen mehr als 700.000 Rohingya aus Rakhine, als myanmarische Sicherheitskräfte in einer gezielten und großangelegten Offensive systematisch Angehörige der Minderheit töteten, vergewaltigten und ihre Häuser niederbrannten. Dieser Gewalt waren jahrzehntelange staatlich gestützte Diskriminierung, Strafverfolgungsmaßnahmen und Unterdrückung vorangegangen, die einem System der Apartheid gleichkommen.

Facebook: „Anti-Rohingya-Echokammer

Newsfeeds, Platzierungen, Empfehlungen und Gruppen-Funktionen werden bei Facebook durch ein interaktionsbasiertes Algorithmussystem gesteuert, durch das bestimmt wird, was auf der sozialen Plattform sichtbar ist. Meta profitiert davon, wenn Nutzer*innen möglichst lange auf der Plattform aktiv sind, da so mehr Gewinn aus personalisierten Werbeanzeigen erzielt werden kann. Aufhetzerische Inhalte – darunter auch solche, die Hass verbreiten und zu Gewalt, Feindseligkeit und Diskriminierung anstiften – sind eine wirksame Möglichkeit, Menschen dazu zu bewegen, mehr Zeit auf Facebook zu verbringen. Das Bewerben und Weiterverbreiten solcher Inhalte ist daher von grundlegender Bedeutung für das Geschäftsmodell von Facebook. 

In den Monaten und Jahren vor dem gewaltsamen Vorgehen der Streitkräfte war Facebook in Myanmar zu einer Echokammer für gegen Rohingya gerichtete Inhalte geworden, heißt es in dem Bericht. Akteur*innen mit Verbindungen zum myanmarischen Militär und radikalen nationalistischen buddhistischen Gruppen fluteten das soziale Netzwerk mit anti-muslimischen Beiträgen. Sie verbreiteten Falschinformationen zu einer bevorstehenden Machtübernahme durch Muslim*innen und stellten die Angehörigen der Rohingya als „Eindringlinge“ dar.

Facebooks Untätigkeit

Der Bericht von Amnesty International stellt detailliert da, wie Meta es in Bezug auf seine Tätigkeiten in Myanmar immer wieder versäumt hat, seiner Verantwortung gemäß internationalen Standards nachzukommen und unternehmerische Sorgfaltspflichten im Hinblick auf die Menschenrechte umzusetzen.

Interne Untersuchungen aus dem Jahr 2012 legen nahe, dass Meta bewusst war, dass die eingesetzen Algorithmen zu schwerwiegenden Problemen in der realen Welt führen könnten. 2016 wurde im Rahmen eigener Recherchen in Bezug auf Extremismus eingeräumt, dass „unsere Empfehlungs-Systeme das Problem verstärken“.

Örtliche zivilgesellschaftliche Aktivist*innen haben sich zwischen 2012 und 2017 schriftlich und bei Besuchen mehrfach an Meta gewandt und davor gewarnt, dass das Unternehmen zu extremer Gewalt in der analogen Welt beitragen könnte. 2014 blockierten die myanmarischen Behörden kurzzeitig Facebook wegen der Rolle der Plattform bei einem Ausbruch ethnischer Gewalt in Mandalay. Meta ignorierte jedoch wiederholt die Warnungen und versäumte es zudem durchweg, seine Richtlinien zu Hate Speech anzuwenden. 

Forderung an Meta nach Entschädigungszahlungen

Mit der heutigen Veröffentlichung des Berichts startet Amnesty International eine Kampagne, mit der Meta Platforms, Inc. aufgefordert wird, den von Vertreter*innen der Rohingya gestellten Forderungen nach Entschädigung nachzukommen. Gruppen geflüchteter Rohingya fordern von Meta Gelder in Höhe von 1 Million USD für die Finanzierung eines Bildungsprojekts im Flüchtlingslager in Cox´s Bazar in Bangladesch. Diese Summe entspricht lediglich ca. 0,002 Prozent des 2021 von Meta erzielten Gewinns von 46,7 Milliarden USD. Im Februar 2021 lehnte Meta den Antrag ab mit der Begründung, „Facebook beteiligt sich nicht direkt an philanthropischen Aktivitäten.“

Derzeit werden mit mindestens drei verschiedenen Klagen Entschädigungen von Meta für die Rohingya gefordert. Im Dezember 2021 wurden sowohl in den USA als auch in Großbritannien zivilgerichtliche Verfahren gegen das Unternehmen eingeleitet. Jugendgruppen geflüchteter Rohingya haben zudem bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Klage gegen Meta eingereicht. Diese wird derzeit vor der Nationalen Kontaktstelle für die OECD-Leitsätze in den USA überprüft.

Die heutige Präsentation des Berichts signalisiert auch den ersten Jahrestag der Ermordung des bekannten Aktivisten Mohib Ullah, Vorsitzender der Organisation Arakan Rohingya Society for Peace and Human Rights. Mohib Ullah stand bei den Bemühungen der Rohingya-Gemeinschaft, Meta zur Verantwortung zu ziehen, in erster Reihe.

Presseteam Amnesty International Österreich
Eleonore Rudnay
+43-664-400 10 56
E-Mail: eleonore.rudnay@amnesty.at

PA: Neue Studie von Südwind-Partner in Bangladesch zeigt erschreckende Arbeitsbedingungen in der Lederindustrie

75 Prozent der Befragten arbeiten ohne angemessene Schutzausrüstung, 63 Prozent leiden unter gesundheitlichen Folgen aufgrund unsicherer Arbeitsbedingungen, mehr als die Hälfte erhält Löhne unterhalb des nationalen Mindestlohns, wird berichtet.

Eine neue Studie der Südwind-Partnerorganisation  Bangladesh Labour Foundation (BLF) zeigt nach wie vor große Risiken für Arbeiter:innen sowie eine enorme ökologische Belastung in der exportorientierten Lederindustrie des südasiatischen Landes auf. Dazu zählen extrem niedrige Löhne, Gesundheitsrisiken durch unsichere Arbeitsbedingungen, massive Umweltverschmutzung und erzwungene Überstunden. In die Recherche vor Ort wurden 120 Gerbereiarbeiter:innen aus 26 Gerbereien einbezogen. „Einkäufer, die Waren aus Bangladesch beziehen, scheinen alle Sicherheitsrisiken, Arbeitnehmerrechte und Umweltrisiken zu ignorieren. Leder-Arbeiter werden dadurch in höchst prekäre Situationen gebracht“, sagt Ashraf Uddin Mukut, geschäftsführender Direktor der BLF. „Abnehmer von Lederwaren müssen ihre Lieferketten offenlegen und eine faire Beschaffungspolitik garantieren.“

Fehlende Schutzkleidung und große Gesundheitsrisiken

Aus der Umfrage geht hervor, dass 111 der 120 befragten Arbeitnehmer:innen keinen Arbeitsvertrag haben. Das sind 95 Prozent aller Befragten die ohne formellen Beschäftigungsnachweis tätig sind. 75 Prozent der Befragten arbeiten ohne angemessene Schutzausrüstung und 79 Prozent sind nicht darin geschult, wie man Chemikalien sicher verwendet. Eine große Anzahl der Befragten leidet unter gesundheitlichen Problemen: 28 Prozent geben an, unter Hautkrankheiten zu leiden, 13 Prozent unter Kurzatmigkeit, 32 Prozent unter Magenbeschwerden und 63 Prozent unter Kopfschmerzen. Der nationale Mindestlohn für Gerbereiarbeit liegt bei 13.500 Taka, umgerechnet etwa 143 Euro, pro Monat. Mehr als die Hälfte (56%) der Befragten gibt an, unterhalb dieses Minimums bezahlt zu werden.

„Gerade in einem Risikosektor wie der Leder- und Schuhherstellung, wo teils unter gefährlichen Bedingungen gearbeitet wird, müssen Unternehmen ihre Verantwortung wahrnehmen und höchste Sicherheitsstandards sowie eine seriöse Überprüfung garantieren“, so Lieferketten-Expertin Gertrude Klaffenböck von Südwind. „Leider ist viel zu oft das Gegenteil der Fall: Anstatt Menschenrechtsvergehen aktiv vorzubeugen und dagegen vorzugehen, bedienen sich Modeunternehmen der Missstände, die durch intransparente Lieferketten noch begünstigt werden.“ Gemeinsam mit der internationalen Initiative Togehter for Decent Leather fordert Südwind daher verbindliche Sorgfaltspflichten für Unternehmen in Form eines strengen Lieferkettengesetzes. Klaffenböck: „Für einen wirksamen Schutz von Umwelt und Menschenrechten entlang globaler Lieferketten muss die Politik einen strengen Rechtsrahmen vorgeben.“

Starke Umweltverschmutzung bei den untersuchten Gerbereien

Für die Studie befragten BLF und die gemeinnützige Forschungsorganisation RAPID insgesamt 120 Arbeiter:innen aus 26 Gerbereien im Gerberei-Zentrum Savar in Dhaka. Dieses Industriegebiet wurde neu entwickelt nach schwerwiegenden Umwelt- und Gesundheitsproblemen im ehemaligen Zentrum in Hazaribagh. Mit dem deklarierten Ziel, internationale Umweltstandards erfüllen zu wollen, kündigte die Regierung die Umsiedlung an und versprach dabei bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen für die Arbeiter:innen. Nach nur kurzer Zeit sind die Umweltauswirkungen auch in Savar enorm. Der Grund sind nicht funktionierende Kläranlagen. Im März 2022 sah sich das Umweltministerium gezwungen, aufgrund der massiven Verschmutzung des Dhaleshwari-Flusses die Schließung von gleich sieben Gerbereien anzuordnen.

Export ins Ausland ohne Transparenz

Mit einem Wert von 1,24 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022 ist der Export von Leder, Lederwaren und Schuhen die drittgrößte Quelle für Exporteinnahmen für Bangladesch, nach Konfektionskleidung und Wohntextilien. Zwar ist China der wichtigste Abnehmermarkt für Lederwaren aus Bangladesch aber auch Europa ist ein wichtiges Exportziel.  In welchem Markensortiment das in Bangladesch produzierte Leder genau landet ist aufgrund mangelnder Transparenz in internationalen Lieferketten oft schwierig nachzuvollziehen.  

Together for Decent Leather

Die österreichische Menschenrechtsorganisation Südwind ist einer von sieben Partnern des europäisch-asiatischen Konsortiums Together for Decent Leather. Dieses hat sich zum Ziel gesetzt, die Arbeitsbedingungen entlang der internationalen Lieferketten von Lederwaren zu verbessern und zu einem Ende von ausbeuterischer Arbeit beizutragen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Zentren der Lederproduktion in Südasien, insbesondere in den Bezirken Vellore und Chennai in Tamil Nadu in Indien, im Großraum Karachi in Pakistan und im Großraum Dhaka in Bangladesch. Together for Decent Leather setzt sich dafür ein, dass Unternehmen ihre menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten erfüllen und Regierungen wirksame Schutzmaßnahmen und Regelungen einführen, um die Einhaltung internationaler Arbeitsnormen zu verbessern.

Gesamtbericht zum Download: „Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen in der Lederindustrie von Bangladesch“ (deutsche Übersetzung)

Über die Bangladesh Labour Foundation (BLF):
BLF ist eine nichtstaatliche, gemeinnützige, überparteiliche Organisation, die die Interessen der arbeitenden Bevölkerung in Bangladesch vertritt. Weitere Informationen:  www.blfbd.com

Über Research and Policy Integration for Development Society (RAPID)
RAPID ist eine private, gemeinnützige und überparteiliche Forschungsorganisation in Bangladesch. Weitere Informationen: http://www.rapidbd.org

Rückfragehinweis:
Vincent Sufiyan
Kommunikationsleiter Südwind
Mail: vincent.sufiyan@suedwind.at
Tel.: 0650 96 77577
 
Ashraf Uddin Mukut (BLF)
Geschäftsführender Direktor, BLF
E-Mail: ashraf@blfbd.com
Tel.: +88 0182 0312 276

PA: ADA: 579 Projekte und Programme wurden 2021 umgesetzt

Die Austrian Development Agency (ADA), die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, veröffentlicht den Geschäftsbericht 2021.

Wien, 21. Juli 2022 – Der Geschäftsbericht der Austrian Development Agency (ADA), der Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit wurde veröffentlicht und veranschaulicht anhand von vielen Projektbeispielen, was die ADA mit ihren Partnern in den Schwerpunktländern der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit 2021 bewirken konnte.

Der ADA-Geschäftsbericht 2021 ist online hier abrufbar.

Auch das vergangene Jahr stellte die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit wieder vor große Herausforderungen und war besonders von den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie geprägt. Diese führte weltweit zu einer Verschärfung der Armut und Ungleichheit und hat die Lebensbedingungen vieler Menschen insbesondere in den Ländern des Globalen Südens verschlechtert. Weiters haben politische Instabilität, Nahrungsmittelunsicherheit sowie Dürren und Überschwemmungen als Folgen des Klimawandels mehr Menschen in die Flucht beziehungsweise Migration getrieben. Bewaffnete Konflikte haben in zahlreichen Ländern bereits Erreichtes wieder zunichte gemacht.

Gemeinsam gegen die Pandemie
Zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie unterstützte die ADA die COVAX-Initiative mit 7,5 Millionen Euro. Im Rahmen dieser Initiative wurden über die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bis Ende Dezember 2021 933 Millionen Impfstoffdosen gegen COVID-19 an 92 Länder mit schlechter Einkommens- und Gesundheitsversorgungssituation geliefert, darunter acht Schwerpunktländer der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit.

Hunger aktiv bekämpfen
Weiters konnte die ADA auf humanitäre Krisen und Konflikte mit hoher Flexibilität reagieren und 2021 56,34 Millionen Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds abwickeln. Im Kampf gegen den weltweiten Hunger kamen davon 4,6 Millionen Euro dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) zugute.

Umwelt- und Klimaschutz im Fokus
Die thematischen Schwerpunkte sind auch weiterhin der Kampf gegen Armut und Hunger, Friedensförderung sowie Umwelt- und Klimaschutz.
„Im Sinne der Agenda 2030 war und ist unser oberstes Ziel, ökologisch verantwortungsvoll zu handeln und die nachhaltige Entwicklung in unseren Schwerpunktländern zu fördern. Wir unterstützen und begleiten daher Entwicklungsprogramme mit einem klaren Umwelt- und Klimaschutzfokus und setzen auch entsprechende Projekte der Europäischen Kommission um“, so ADA-Geschäftsführer, Dr. Friedrich Stift.

Erfolgreich Brücken bauen
Der ADA Geschäftsbericht 2021 zeigt anhand von zahlreichen Projektbeispielen, was die ADA im vergangenen Jahr mit der Unterstützung aller Partner der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, insbesondere den zivilgesellschaftlichen Organisationen, öffentlichen und wissenschaftlichen Einrichtungen, den Unternehmen und all jenen, die vor Ort und auch in Österreich die Projekte und Programme der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit umsetzen, erreicht hat.
Insgesamt hat die ADA 2021 579 Projekte und Programme mit einem Gesamtvolumen von knapp 644 Millionen Euro umgesetzt.

„Die Erfolge, die wir als Österreichische Entwicklungszusammenarbeit gemeinsam mit unseren Partnern erreicht haben, bestätigen uns auf unserem Weg, bessere Lebensbedingungen für die Menschen in unseren Partnerländern Realität werden zu lassen“, so Stift.

Austrian Development Agency
Die Austrian Development Agency, die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, unterstützt Länder in Afrika, Asien, Südost- und Osteuropa bei ihrer nachhaltigen Entwicklung. Gemeinsam mit öffentlichen Einrichtungen, Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen setzt die ADA derzeit Projekte und Programme mit einem Gesamtvolumen von über 640 Millionen Euro um.

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Rückfragehinweis:
Austrian Development Agency,
die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit
Mag. (FH) Dagmar Achter
Fachreferentin Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: +43 (0)1 90399-2413
Mobil: +43 (0) 676/839 03 413
dagmar.achter@ada.gv.at
 www.entwicklung.at