Archiv der Kategorie: Gesundheit

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Recherchematerial: SDG 3 – Gesundheit und Wohlergehen

Infos, Bezug zu den Sustainable Develoment Goals der Vereinten Nationen, menschenrechtliche Aspekte und Kontakte, sowie Veranstaltungshinweise zum Thema.

800 Frauen sterben weltweit täglich bei einer Geburt. Fast jeder dieser Todesfälle wäre vermeidbar. Die Sterbefälle von Müttern sind, laut dem Weltbevölkerungsbericht 2024, im Zeitraum 2016 bis 2020 praktisch nicht zurückgegangen. Der Bericht wird vom Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen erstellt und macht deutlich, dass Müttersterblichkeit auch in einkommensstarken Ländern ein Problem ist.

Seit die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 1946 gegründet wurde, ist ihr Ziel: „Gesundheit für alle“. Mit dem UN-Sozialpakt 1966 ist das Menschenrecht auf den „höchsten erreichbaren Stand an körperlicher und geistiger Gesundheit“ Teil des Internationalen Rechts geworden. Doch bis heute sind diese eindeutig definierten Rechte nicht für alle Menschen verwirklicht.

Das dritte Ziel der Agenda 2030 lautet daher: „Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern.“ Das erste Unterziel ist die Reduzierung der Müttersterblichkeit. Neben Senkung der Kindersterblichkeit und Verwirklichung sexueller und reproduktiver Gesundheit konnten sich die UN-Mitgliedsstaaten in der Agenda auch auf die Beendigung von Epidemien wie HIV und eine allgemeine Gesundheitsversorgung einigen. Derzeit ist die Welt jedoch weit davon entfernt, die gesundheitsbezogenen nachhaltigen Entwicklungsziele bis 2030 zu erreichen.

Vollständiger Text der Agenda 2030

Ziel 3 mit seinen Unterzielen

Good to know – Infografiken und Infos auf einen Blick

Auf der Website Our World in Data sind Daten und Visualisierungen zu Gesundheit verfügbar, wie etwa Daten zur Lebenserwartung. Und es gibt Good News: Die weltweite Lebenserwartung hat sich in den letzten zwei Jahrhunderten weltweit verdoppelt. Der Gesundheitsbereich zeigt im Vergleich der Lebenserwartung jedoch deutlich globale Ungleichheiten.

Mit den Triple Billion Targets hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) drei Ziele bis 2023 definiert, die jeweils eine Milliarde Menschen betreffen und die globale Gesundheit verbessern sollten. Die Targets zielen ebenfalls auf die Umsetzung der SDGs.

Die Statistik Austria Broschüre zum Monitoring der Agenda 2030 liefert Kernaussagen für Österreich im Zeitraum 2010 – 2022. Hier die Infografiken zu den 17 Ziele. So stiegen etwa alkoholbedingte Todesursachen in Österreich um +7% an. Auch die Reduzierung von Alkohol und Tabak wird in den Unterzielen des SDG 3 thematisiert.

Aspekte & Fragestellungen rund um SDG 3

Gesundheit und Gerechtigkeit

  • Vernachlässigte Tropenkrankheiten (NTDs) umfassen Ebola, Vogelgrippe, Bilharziose, Schlafkrankheit, Lepra, Tollwut, aber auch Schlangenbissvergiftungen. Die Krankheiten führen nicht immer zum Tod, sondern auch zu Behinderung, Arbeitsunfähigkeit und Ausgrenzung. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO)  sind über eine Milliarde Menschen von NTDs betroffen.
  • Mental Health gewinnt global an Bedeutung. Ein Unterziel von SDG 3 sieht vor, psychische Gesundheit und Wohlergehen zu fördern. 2022 war laut WHO die Suizidrate in Afrika höher als der globale Durchschnitt. Hier der World Mental Health Report (2022).
  • Wer kann sich einen gesunden Lebensstil leisten? Wer kann sich medizinische Versorgung leisten?
    • Einkommen, Bildung und Geschlecht haben auch in Österreich einen deutlichen Einfluss auf die Lebenserwartung. Laut Sozialministerium haben Männer und Frauen mit Pflichtschulabschluss eine Lebenserwartung von 76,7 bzw. 82,7 Jahren, Personen mit Matura oder höherem Bildungsabschluss eine von 83,2 bzw. 86,4 Jahren.

Gesundheit und Umwelt

  • Mpox, Ebola, Dengue und West-Nil-Fieber sind Zoonosen. Krankheiten, die von Tieren auf Menschen überspringen, nehmen weiter zu. Wie können Menschen besser mit Zoonosen umgehen? One Health ist ein integrativer Ansatz, der darauf abzielt, die Gesundheit von Menschen, Tieren und Ökosystemen ins Gleichgewicht zu bringen.
  • Wie wirkt sich die Klimakrise auf die Gesundheit aus? Zunahme an Hitzetagen, durch Stechmücken oder Zecken übertragene Infektionskrankheiten und Allergien.
  • Wie wirkt sich Feinstaubbelastung auf Gesundheit und Lebenserwartung aus?
  • Antibiotikaresistenzen stellen eine der größten Gesundheitsbedrohungen weltweit dar.

Gesundheit und Digitalisierung

  • Potentiale und Gefahren von Digital Health: Digitale Gesundheitsplattformen, Schutz von Gesundheitsdaten, Zugänglichkeit von Technologien (Stichwort Digitale Ungleichheit)

Weiterführende Infos

Der Weltbevölkerungsbericht (2024) der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung ist eine deutsche Kurzversion des vom Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) herausgegebenen State of World Population Report. Der Bericht gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der sexuellen und reproduktiven Rechte und Gesundheit der Menschen weltweit.

Der Oxfam Bericht “Carbon Inequality Kills” (2024) macht deutlich, wie ungerecht die Klimakrise ist. Die 50 reichsten Menschen der Welt stoßen innerhalb von 90 Minuten mehr CO2 aus als eine durchschnittliche Person in ihrem ganzen Leben. Während die Reichen gut gegen die negativen Folgen der Klimakrise geschützt sind, trägt die einkommensschwache Hälfte der Weltbevölkerung die Konsequenzen.

Der The Lancet Bericht “The 2024 report of the Lancet Countdown on health and climate change: facing record-breaking threats from delayed action” (2024) stellt fest, dass der rasche Klimawandel für die Bevölkerung in allen Ländern der Welt eine Bedrohung darstellt. Von den 15 Indikatoren, die klimawandelbedingte Gesundheitsgefahren, Belastungen und Auswirkungen messen, erreichten 10 besorgniserregende neue Rekordwerte.

Ö1-Radiobeitrag über das Recht auf medizinische Versorgung und kulturelle Wahrnehmung von Gesundheit und Krankheit. Die Medizinanthropologin Doris Burtscher war für Ärzte ohne Grenzen in Indien, Kirgisistan, Sierra Leone, dem Irak und im Südsudan im Einsatz.

Expert:innen aus der Wissenschaft

Hans-Peter Hutter ist Umweltmediziner und beschäftigt sich in seiner Forschung mit gesundheitlichen Auswirkungen von Umwelteinflüssen rund um die Themenfelder Klimawandel, Luftverunreinigungen, elektromagnetische Felder (Mobilfunk), Green Spaces sowie Lärm und Auswirkungen von Umweltchemikalien, wie z.B. Pestizide auf die Gesundheit. 

Alena Buyx ist Professorin für Ethik in der Medizin und Gesundheitstechnologien und Direktorin des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin an der Technischen Universität München. 

Janina Kehr ist Professorin für Medizinanthropologie und Global Health am Institut für Kultur- und Sozialanthropologie der Universität Wien sowie Co-Leiterin des neuen Forschungsverbundes „Gesundheit in Gesellschaft“ an der Universität Wien. 

Dr. Robert Böhm ist Professor für Sozialpsychologie und befasst sich in seiner Forschung mit Prosozialem Verhalten zur Überwindung globaler Herausforderungen, insbesondere Infektionskrankheiten und Klimakrise. 

Martin McKee forscht an der London School of Hygiene and Tropical Medicine zur Gesundheitspolitik. Er geht davon aus, dass die zweite Trump-Präsidentschaft für die globale Gesundheit disruptiv sein wird. So leitete Trump in seiner ersten Amtszeit mitten in der Pandemie den Austritt der USA aus der WHO ein. Biden stoppt den Austritt. Hier ein Kommentar: Trump 2.0: what implications for global health? | The BMJ

Organisationen

Medico International ist eine Organisation, die sich global dafür einsetzt, das Ziel Menschenrecht auf Gesundheit zu erreichen. Die medico-Partnerorganisationen helfen in Palästina, Israel, Libanon und Syrien. Pressereferent ist Timo Dorsch. 

Ärzte ohne Grenzen hilft überparteilich in über 70 Ländern weltweit. Beispielsweise ist die Organisation seit Jahren im Nordwesten und Nordosten Syriens tätig und leistet dort medizinische Nothilfe. Sie sind aktuell in Kontakt mit den neuen Akteuren in Damaskus und evaluieren, wo sie Hilfe leisten können. Pressereferent ist Werner Reiter.

UNICEF unterstützt Kinder und Mütter weltweit mit Gesundheits- und Ernährungsprogrammen. Für 2025 benötigt die UN-Organisation 9,9 Mrd. US-Dollar, um Kinder in Konflikt- und Krisengebieten in einer zunehmend instabilen Welt zu unterstützen.

Bücher zum Thema Gesundheit und Gesellschaft

Ökonomie der Fürsorge. Warum wir Wohlstand, Gesundheit und Arbeit neu denken müssen. (2025) Der Ökonom Tim Jackson formuliert in dieser Neuerscheinung eine inspirierende Vision für eine Wirtschaft der Fürsorge, des Handwerks und der Kreativität. Ein Pfeiler seiner Vision lautet, dass es beim menschlichen Wohlstand in erster Linie um Gesundheit geht, nicht um Reichtum.

Regenerativ. Aufbruch in ein neues ökologisches Zeitalter (2024) Der Mediziner und Biologe Martin Grassberger zeigt, wie ein fundamentaler Wertewandel menschliche Gesundheit, Gesellschaft und Wirtschaft regenerieren kann, damit diese langfristig gedeihen können. 

Termine zu Veranstaltungen mit Fokus Gesundheit 2025

13. Jänner 2025: Universität Wien Podiumsdiskussion mit Alena Buyx um 18 Uhr im Großen Festsaal.  Die Semesterfrage hat sich dem Thema gewidmet: „Wie gerecht ist Gesundheit?“

30. Jänner 2025: Welttag der vernachlässigten Tropenkrankheiten

13. und 14. März 2025: Health Days in der Wirtschaftskammer Österreich. Gemeinsam mit nationalen und internationalen Expert:innen wird das Thema „One Health“ beleuchtet.

17. bis 19. September 2025: Planetary Health Konferenz der Hochschule Burgenland. Die Konferenz widmet sich den Herausforderungen und Chancen, die der Klimawandel und die damit einhergehenden ökosozialen Veränderungen für die Gesundheitsförderung mit sich bringen.

PA: Aktion gegen den Hunger verurteilt eskalierende Gewalt in Haiti

In Haiti zwingt die eskalierte Bandengewalt zehntausende Menschen zur Flucht aus ihren Häusern in Port-au-Prince. Der Zugang zu humanitärer Hilfe wird für die Menschen vor Ort immer wichtiger, doch die Angriffe auf Hilfsorganisationen nehmen zu. Aktion gegen den Hunger fordert ein Ende der Gewalt und den Schutz von humanitären Helfer*innen.

„Es ist schockierend, dass in den letzten zehn Tagen 40.000 Menschen aufgrund von Gewalt neu vertrieben wurden. Der sichere Raum schrumpft immer weiter. Die Menschen bewegen sich in Richtung Stadtzentrum. Wir werden von der Gewalt umzingelt. Die Zahl der Binnenvertriebenen wird weiter steigen, und die verschiedenen Stadtteile von Port-au-Prince werden noch stärker auf humanitäre Hilfe angewiesen sein“, sagte Martine Villeneuve, Landesdirektorin von Aktion gegen den Hunger in Haiti.

Aktion gegen den Hunger fordert Schutz von humanitären Helfer*innen

In den letzten Monaten hat die Brutalität im Land weiter zugenommen. Instabilität und bewaffnete Banden haben zu einer landesweiten Hungerkrise geführt. Angesichts von fünf Millionen Menschen, die sich in einer Hungerkrise befinden, ist der Zugang zu humanitärer Hilfe wichtiger denn je. Dennoch nehmen bedrohliche und sogar tödliche Angriffe auf Mitarbeitende des Gesundheitswesens zu. Bei einem Angriff auf einen Krankenwagen von Ärzte ohne Grenzen am 11. November töteten Gewalttäter zwei Patienten und griffen Mitarbeitende der Organisation gewaltsam an.

„Angesichts der Verschärfung des Konflikts ist es wichtiger denn je, das humanitäre und medizinische Personal  zu schützen. Alle Akteure müssen das humanitäre Recht einhalten und unsere Unabhängigkeit und Neutralität achten“, erklärt Martine Villeneuve. „Die Situation ist sehr angespannt und sehr riskant, und angesichts der wiederholten Vorfälle bei unseren Kolleginnen und Kollegen von Ärzte ohne Grenzen wissen wir nicht, wem wir trauen können.“

Die seit Monaten grassierende Gewalt hat zu einer der schlimmsten Hungerkrisen der Welt geführt

Im ganzen Land hat sich zudem die Hungersituation verschärft. Fast 6.000 Haitianer*innen leiden an einer Hungerkatastrophe bis hin zur Hungersnot (IPC-Phase 5). Diesen Menschen fehlt es an allem: Nahrungsmitteln, Wasser, grundlegender Hygiene. Etwa zwei Millionen Menschen befinden sich in einer Notsituation (IPC-Phase 4) und 30 Prozent der Bevölkerung – etwa 3,4 Millionen Menschen – sind in einer Hungerkrise (IPC-Phase 3).

Seit Jahren leidet Haiti unter großer politischer Unsicherheit, Gewalt und Naturkatastrophen, die das Land in einen Strudel der Instabilität ziehen. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze. Die Gewalt hat die Ungleichheit noch verschärft. Bewaffnete Banden kontrollieren bis zu 90 Prozent von Port-Au-Prince und verhindern, dass Nahrungsmittel, Treibstoff und andere lebensnotwendige Güter die Menschen erreichen, die sie am dringendsten benötigen. In vielen Teilen des Landes kommt es zu Entführungen, Plünderungen und sexueller Gewalt. Besonders gefährdete Gruppen wie Frauen und Kinder tragen die Hauptlast.

Aktion gegen den Hunger hilft seit 1985

Aktion gegen den Hunger ist seit 1985 in Haiti tätig und setzt sich für eine Verbesserung der Ernährungssituation und der Gesundheit ein. Unsere Programme reichen von Ernährung über Wasser, sanitäre Einrichtungen und Hygiene (WASH) bis hin zu Geschlechtergerechtigkeit und Schutz von Frauen und Mädchen. Wir tragen dazu bei, dass nachhaltigere Lebensgrundlagen geschaffen werden, die den Hunger verhindern und das Wohlbefinden fördern. Darüber hinaus arbeiten wir derzeit mit anderen Partnern zusammen, um die Cholera-Epidemie zu bekämpfen.

Die Unterfinanzierung von Hilfsprojekten in Haiti hat jedoch zu einem erheblichen Mangel an Behandlungskapazitäten geführt. Die gewaltsamen Konflikte erschweren darüber hinaus unsere Hilfsmaßnahmen und die Möglichkeit, bedürftige Familien zu erreichen. Aktion gegen den Hunger verurteilt alle Angriffe auf humanitäres und medizinisches Personal und fordert alle Konfliktparteien zum Schutz der Zivilbevölkerung auf.

Über Aktion gegen den Hunger

Aktion gegen den Hunger ist eine humanitäre und entwicklungspolitische Hilfsorganisation, die weltweit in 56 Ländern und Regionen aktiv ist und über 21 Millionen Menschen unterstützt. Seit über 40 Jahren kämpft Aktion gegen den Hunger gegen Mangelernährung, schafft Zugang zu sauberem Wasser und gesundheitlicher Versorgung. 8.987 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten Nothilfe und unterstützen Menschen beim Aufbau nachhaltiger Lebensgrundlagen. 

Pressekontakt

Vassilios Saroglou / Markus Winkler
Tel. 030 – 279 099 776
E-Mail presse@aktiongegendenhunger.de
Website www.aktiongegendenhunger.de

PA: Schoko-Nikolocheck 2024: Anhaltender Nachhaltigkeitstrend bei stabilen Preisen

GLOBAL 2000 & Südwind testen Schoko-Nikolos auf soziale und ökologische Verträglichkeit: Sieben Produkte erhalten Bestnoten – Durchschnittspreise bei bio-fairen-Nikolos gesunken.

Rechtzeitig zur Adventszeit präsentieren die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 und die Menschenrechtsorganisation Südwind den bewährten Schoko-Nikolo-Check als Entscheidungshilfe für den Süßigkeiten-Einkauf. Insgesamt 29 Schokoladen-Nikolos & Weihnachtsmänner, die bis 14. November österreichweit in Supermärkten erhältlich waren, wurden nach bewährten Kriterien getestet. Die Bewertung der sozialen und ökologischen Kriterien der jeweiligen Gütesiegel erfolgte über das bekannte Ampelsystem: grün, gelb oder rot.

Schokolade-Industrie unter verschärften Bedingungen
Die Anbaubedingungen für Kakao haben sich in den letzten Jahren verschärft. Klimaerhitzung, steigende Produktionskosten und schwankende Erträge setzen Kakaobäuerinnen und -bauern unter immensen Druck. Gleichzeitig werden Regenwälder weiterhin abgeholzt und gefährliche Pestizide belasten Umwelt und Gesundheit. „Die Herausforderungen im Kakaoanbau sind größer denn je. Umso wichtiger ist es, dass Konsument:innen bewusst zu Bio- und Fairtrade-Produkten greifen“, erklärt Anna Leitner, Nachhaltigkeitsexpertin bei GLOBAL 2000. „Diese garantieren umweltschonende Anbaumethoden und bieten den Menschen im Globalen Süden eine faire Grundlage für ihre Arbeit.“

Weiterhin hinter den Erwartungen zurück bleiben ausgerechnet die Produkte der großen Schokoladenkonzerne. Gudrun Glocker, Lieferketten-Expertin bei Südwind, betont: „Ohne einen klaren gesetzlichen Rahmen im Sinne eines Lieferkettengesetzes können Unternehmen weiterhin Menschenrechte und Umweltstandards ignorieren. Konsument:innen haben das Recht zu wissen, woher ihre Schokolade kommt – und die Arbeiter:innen auf ein Leben ohne Ausbeutung.“

Bemerkenswert: Trotz erschwerter Bedingungen sind die Preise für bio-faire Schokolade stabil geblieben. Der Durchschnittspreis in diesem Segment ist sogar leicht gesunken. Das zeigt: Nachhaltigkeit, Fairness und leistbare Schokolade können Hand in Hand gehen.

Sieben Testsieger und großes Mittelfeld

Die großen Supermarktketten setzen bei ihren Eigenmarken weiterhin auf hohe Nachhaltigkeitsstandards. Auch das über die letzten Jahre etablierte vegane Angebot wird heuer beibehalten und weiß zu überzeugen. Wie auch schon in den vorherigen Tests geht der Nikolo der Marke EZA als Sieger hervor. Kundinnen und Kunden können sowohl Kakao als auch Rohrzucker bis zu den Ursprungskooperativen zurückverfolgen.

Mit doppelt-grüner Bestnoten punkten außerdem der GEPA Bio Schoko-Nikolaus (erhältlich bei Müller), der Bio natura Schoko-Nikolo von Hofer sowie die Bio-Eigenmarken von Spar und Billa, die sowohl mit ihrem veganen als auch dem herkömmlichen Schoko-Nikolaus überzeugen.

Gerade die großen Schokolade-Marken haben in puncto Transparenz weiterhin Aufholbedarf, während einige Supermarktketten mit ihren Eigenmarken bereits eine Vorreiterrolle für Nachhaltigkeit und faire Arbeitsbedingungen einnehmen. Südwind und GLOBAL 2000 fordern daher mit Nachdruck die rasche und umfassende Umsetzung des EU-Lieferkettengesetzes in Österreich.

Wachsendes Mittelfeld

Zusätzlich zu den sieben Testsiegern gibt es gleich 12 Produkte, die in mindestens einer Kategorie strenge Kriterien aufweisen, 11 von 28 Nikolos tragen das Bio-Siegel. Auch Handelsketten wie dm, Lidl und Penny setzen zunehmend auf Produkte mit strengen Zertifizierungen.

Die hinteren Plätze sind wie schon in den Vorjahren dominiert von den großen Marken wie Ferrero, Milka und Nestlé. Die Schokoladeriesen setzen weiterhin nur auf hausinterne Initiativen. „Bei allen Fortschritten ist es bedauerlich zu sehen, dass vor allem die großen globalen Schokoladekonzerne weiterhin auf oft intransparente Eigeninitiativen setzen. Statt unabhängiger, überprüfbarer Kriterien bleibt es beim Marketingversprechen“, kritisiert Südwind-Expertin Glocker.

Ausbeutung und weltweite Waldzerstörung sind immer noch eng verbunden mit der Schokoladeindustrie. Allein in Ghana und der Elfenbeinküsten, den Hauptanbauländern von Kakao, arbeiten immer noch 1,5 Millionen Kinder unter ausbeuterischen Verhältnissen auf Kakaofarmen.

Konventioneller Kakaoanbau mit Gesundheitsrisiken

„Im konventionellen Kakaoanbau werden nach wie vor Pestizide eingesetzt, die extrem gefährlich für Mensch und Natur sind. Dabei kann Kakao traditionell in einem sehr umweltfreundlichen Anbausystem produziert werden, ganz ohne Pestizide und mit einem Mehrwert für die Artenvielfalt“, so Anna Leitner von GLOBAL 2000. „Wer bewusst kauft, setzt ein wichtiges Zeichen gegen Umweltzerstörung und Ausbeutung. Darüber hinaus braucht es aber auch die Politik: Nachhaltigkeit darf nicht nur vom freiwilligen Engagement alleine abhängen.“

Südwind und GLOBAL 2000 fordern daher eine rasche und lückenlose Umsetzung des Lieferkettengesetzes, das Unternehmen dazu verpflichtet, soziale und ökologische Standards entlang der gesamten Lieferkette einzuhalten. „Nur so kann sichergestellt werden, dass fairer Handel und nachhaltiger Kakaoanbau zum Standard im Supermarktregal werden“, sind sich Gudrun Glocker und Anna Leitner sicher.

Pressefotos zum Download (Einzelbilder auf Anfrage

PA und Interviewmöglichkeit: COP29: Aktion gegen den Hunger fordert verstärkte Klimafinanzierung und Maßnahmen gegen Mangelernährung

Anlässlich der UN-Klimakonferenz COP29 in Baku fordert Aktion gegen den Hunger entschlossene Maßnahmen zur Bekämpfung der Mangelernährung, die durch die Klimakrise weltweit weiter verschärft wird. Die humanitäre und entwicklungspolitische Organisation, die in 56 Ländern Hunger und Mangelernährung bekämpft, hebt hervor, dass die zunehmende Zahl klimabedingter Extremwetterereignisse wie Dürren, Überschwemmungen und Hitzewellen die Ernährungssicherheit von Millionen Menschen bedroht und dabei besonders Frauen und Kinder trifft. Bereits heute leiden 733 Millionen Menschen an Hunger.

„Die Klimakrise erhöht das Risiko von Hunger und Mangelernährung weltweit – besonders in Ländern, die bereits stark von Konflikten und Armut betroffen sind. Bis 2050 könnten bis zu 183 Millionen Menschen zusätzlich von Hunger bedroht sein, wenn nicht rechtzeitig gehandelt wird. Maßnahmen gegen Hunger und Mangelernährung müssen ein zentraler Bestandteil der Klimapolitik werden“, sagt Jan Sebastian Friedrich-Rust, Geschäftsführer von Aktion gegen den Hunger. Er fügt hinzu: „Es sind in der Regel die wirtschaftlich schwächsten Gemeinden, die am meisten unter den Auswirkungen leiden. Die COP29 muss sicherstellen, dass Klimafinanzierung direkt den Menschen zugutekommt, die am stärksten betroffen sind.“

Klimafinanzierung: Jährliche Zuschüsse von einer Billion Dollar nötig

Aktion gegen den Hunger fordert, dass die reichen Verursacherstaaten ihrer historischen Verantwortung gerecht werden und ausreichend Finanzmittel bereitstellen, um die von der Klimakrise betroffenen Regionen zu unterstützen. Diese Mittel sollen zusätzlich zu bisherigen Finanzierungsströmen bereitgestellt und den betroffenen Gemeinden direkt zugänglich gemacht werden.

Das auf der COP29 zu beschließende neue Klimafinanzierungziel (New Collective Quantified Goal on Climate Finance, NCQG) muss deshalb mindestens eine Billion US-Dollar pro Jahr an öffentlichen Mitteln als Zuschüsse – und nicht als Kredite, die zu einer weiteren Verschuldung beitragen würden   – umfassen. Diese sollen unter anderem durch die Nutzung neuer klimagerechter Finanzierungsquellen wie Steuern und Abgaben auf die fossile Brennstoffindustrie sowie andere stark umweltverschmutzende Industrien finanziert werden.

Das Recht auf angemessene Ernährung umsetzen

Die Teilnehmenden der COP29-Konferenz sollen Maßnahmen für das Recht auf angemessene Ernährung in den Fokus rücken. Die Harmoniya-Initiative der aserbaidschanischen Präsidentschaft und die Sharm-el-Sheikh Joint Work zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen in Landwirtschaft und Ernährungssicherheit müssen diesen rechtebasierten Ansatz widerspiegeln. Sie sollten sich auf eine geschlechtergerechte Transformation der Ernährungssysteme konzentrieren, bei der die Agrarökologie im Zentrum steht.

Die Indikatoren für das globale Anpassungsziel (Global Goal on Adaptation, GGA) müssen auch Nahrungs- und Ernährungssicherheit umfassen, indem sie zum Beispiel die Kosten einer gesunden Ernährung, den Zugang zu medizinischer Versorgung und Fortschritte in Richtung Agrarökologie messen. In fragilen Kontexten bedarf es den Aufbau von Frühwarnsystemen.

Geschlechtergerechte Maßnahmen und Unterstützung marginalisierter Gruppen

Die Auswirkungen der Klimakrise treffen Frauen und andere marginalisierte Gruppen besonders hart. Sie haben oft weniger Zugang zu Ressourcen, müssen aber Nahrungsmittel, Wasser und Brennholz für ihre Familien beschaffen. Viele leben von der Landwirtschaft, sodass durch die Klimakrise verursachte schwierige Vegetationsperioden oder Missernten sie besonders schwer treffen. Mit der Klimakrise steigt das Konfliktrisiko sowie die Gefahr von geschlechtsspezifischer Gewalt. Dies wiederum hat nachweislich negative Auswirkungen auf die Ernährungssituation von Frauen und Mädchen. Die COP29 sollte deshalb die geschlechtsspezifischen Auswirkungen der Klimakrise berücksichtigen und gezielte Maßnahmen zur Unterstützung von Frauen und marginalisierten Gruppen verabschieden.

Alle Forderungen und Empfehlungen von Aktion gegen den Hunger an die Regierungen auf der Klimakonferenz COP29 finden sich in unserem aktuellen Positionspapier:

https://www.aktiongegendenhunger.de/sites/default/files/2024-10/aktion-gegen-den-hunger-positionspapier-cop-2024.pdf

Hinweis an die Redaktionen:

Folgende Mitarbeitende von Aktion gegen den Hunger werden vor Ort auf der COP29 anwesend sein und für Interviews zur Verfügung stehen:

  • Emma Beelen, Advocacy-Referentin von Aktion gegen den Hunger (Interviewsprachen: DE, ENG, FR. Vor Ort: 11.-16. November)
  • Ahmed Khalif, Landesdirektor Aktion gegen den Hunger Somalia (Interviewsprache: ENG. Vor Ort: 15.-22. November)
  • Alvin Munyasia, Advocacy-Referent von Aktion gegen den Hunger in Ostafrika und Horn von Afrika (Interviewsprache: ENG. Vor Ort: 18.-22. November)

Über Aktion gegen den Hunger

Aktion gegen den Hunger ist eine humanitäre und entwicklungspolitische Hilfsorganisation, die weltweit in 56 Ländern und Regionen aktiv ist und über 21 Millionen Menschen unterstützt. Seit über 40 Jahren kämpft Aktion gegen den Hunger gegen Mangelernährung, schafft Zugang zu sauberem Wasser und gesundheitlicher Versorgung. 8.987 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten Nothilfe und unterstützen Menschen beim Aufbau nachhaltiger Lebensgrundlagen. 

Pressekontakt
Vassilios Saroglou / Markus Winkler
Tel. 030 – 279 099 776
E-Mail presse@aktiongegendenhunger.de
Website www.aktiongegendenhunger.de

PA: NGOs fordern Einsatz für Stabilität, gegen Armut und Hunger

Diakonie, Jungschar, Globale Verantwortung, World Vision appellieren zu Welternährungs- und Weltarmutstag an Parteien, die Welt im Blick zu behalten und die globalen Krisen entschlossen anzupacken.

„Im Nationalratswahlkampf haben globale Krisen wie Hunger, Armut und Klimakrise kaum eine Rolle gespielt. Die Parteien fokussierten auf Themen wie Migration und Teuerung als nationale Herausforderungen, ohne deren globale Zusammenhänge zu benennen. Doch lassen sich globale Krisen nur durch Dialogführung und internationale Zusammenarbeit lösen“, erklärt Lukas Wank, Geschäftsführer der AG Globale Verantwortung, am Welternährungstag, auf den morgen der Weltarmutstag folgt. So tra-gen Industriestaaten wie Österreich massiv zur Klimakrise bei, die insbesondere in ärmeren Ländern verheerende Dürreperioden und Überschwemmungen nach sich zieht und Ernte nach Ernte vernichtet. Werden Lebensmittel knapp und teuer, kann das insbesondere in fragilen Staaten ganze Gesellschaften destabilisieren und dazu führen, dass Menschen anderswo nach Sicherheit suchen.

EZA, Humanitäre Hilfe und Klimaschutz im Kampf gegen Hunger und Armut
Weltweit haben bis zu 757 Mio. Menschen nicht genug zu essen, über eine Milliarde gelten als multidimensional arm und laut einem aktuellen Bericht der Weltbank sind die 26 ärmsten Länder so hoch verschuldet wie seit 2006 nicht mehr. Die internationale Gemeinschaft ist weiter denn je von den Zielen kein Hunger und keine Armut der Agenda 2030 entfernt. „Die Klimakrise erschwert die Landwirtschaft in Ländern des Globalen Südens dramatisch. Frauen, Kinder, Menschen mit Behinderungen und alte Menschen leiden besonders daran. Zum einen müssen wir endlich konsequenten Klimaschutz betreiben, zum anderen den jetzt schon betroffenen Menschen im Globalen Süden zur Seite stehen“, fordert Sigrid Kickingereder, Geschäftsführerin der Katholischen Jungschar und ihrer Dreikönigsaktion.

Zudem hängt in immer mehr Weltregionen das Überleben der Menschen von Humanitärer Hilfe ab, deren Finanzierungsbedarf laut Vereinten Nationen aktuell nur zu 33% gedeckt ist. „Anhaltende Konflikte, Wirtschaftskrisen und der Klimawandel haben dazu geführt, dass in den vergangenen Jahren auch wie-der deutlich mehr Kinder hungern und unter Mangelernährung leiden. So werden drei Millionen Mädchen im Säuglingsalter ihren fünften Geburtstag nicht erleben. Besonders gravierend ist die Situation in Krisengebieten, wie in Nahost oder dem Sudan. Humanitäre Hilfe muss vor allem dort die Kinder erreichen, um langfristige Folgen von Unterernährung zu verhindern. Dafür braucht es ausreichend Mittel,“ erklärt Sebastian Corti, Geschäftsführer von World Vision Österreich.

Der Schlüssel einer wirksamen Entwicklungszusammenarbeit (EZA) und Humanitären Hilfe liegt aller-dings in der Stärkung der lokalen Zivilgesellschaft, ergänzt Maria Katharina Moser, Direktorin von Di-akonie und Brot für die Welt. „Um die Armut in den ärmsten Ländern des Globalen Südens zu bekämp-fen, brauchen wir langfristige und lokal angepasste Lösungen, die die Klimaerhitzung mitbedenken. Eine neue Bundesregierung muss eine Koalition gegen Armut und Hunger und für eine starke Zivilgesellschaft bilden. Denn lokale Organisationen haben Hunger, Armut und Klimawandel gleichermaßen im Blick.“

Österreich profitiert von stabiler, friedlicher und gerechter Weltordnung
Im Vorfeld der Koalitionsverhandlungen und des Bundesbudgets 2025 appelliert Lukas Wank daher an die Parteien, die Welt im Blick zu behalten und die Krisen entschlossen anzupacken: „Die nächste Bundesregierung ist gefordert, die Mittel für EZA, Humanitäre Hilfe und internationalen Klimaschutz deutlich zu erhöhen. Wir brauchen eine Politik, die das humanitäre Völkerrecht stärkt und die Zivilgesellschaft unterstützt. Entscheiden Sie sich gegen nationale Alleingänge, die eine weltweite nachhaltige Entwicklung behindern, und setzen Sie sich für eine gerechte, friedliche und stabile Weltordnung ein. Davon profitieren Menschen in armen Ländern genauso wie wir in Österreich und Europa.“

Link: Entwicklungspolitische Forderungen der AG Globale Verantwortung zur NR-Wahl 2024

Für Rückfragen
Hannah Hauptmann
Referentin für Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Globale Verantwortung – Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe
Apollogasse 4/9, 1070 Wien
Tel: 01/522 44 22-15
Mobil: +43 699/17 20 42 07
www.globaleverantwortung.at
www.facebook.com/globaleverantwortung
www.linkedin.com/company/globaleverantwortung

PA: Ein trauriger Meilenstein in Gaza: Hunger prägt das Kriegsjahr

Aktion gegen den Hunger und Insecurity Insight haben einen Bericht veröffentlicht, der die verheerenden Folgen der Gewalt im Gazastreifen für die Ernährungssituation der Menschen aufzeigt. Zudem dokumentiert der Bericht Vorfälle, bei denen Hunger als Kriegswaffe unter Verletzung des humanitären Völkerrechts eingesetzt worden sein könnte.

Vor über einem Jahr haben die Hamas und ihr nahestehende bewaffnete Gruppen mehr als 1.000 israelische und ausländische Staatsangehörige, darunter 22 Mitarbeiter*innen des Gesundheitswesens, getötet und über 220 Menschen als Geiseln genommen. Die Bevölkerung in Gaza leidet seitdem unter unerbittlicher Gewalt: Unablässige Bombardierungen und die Zerstörung ziviler Wohnhäuser sowie wichtiger Infrastrukturen wie Krankenhäuser, landwirtschaftliche Flächen oder Brunnen kennzeichnen das Kriegsjahr in Gaza. Mehr als 42.000 Menschen, viele von ihnen Frauen und Kinder, wurden getötet. Der Hunger nimmt zu, und die humanitäre und medizinische Hilfe wird behindert.

Der aktuelle Bericht zeigt die verheerenden Folgen der Gewalt für die Nahrungsmittelproduktion, -verarbeitung und -verteilung in Gaza auf. Darüber hinaus dokumentiert er Beispiele und Vorfälle, bei denen Hunger als Kriegswaffe unter Verletzung des humanitären Völkerrechts eingesetzt wurde. Insecurity Insight hat in Gaza seit dem 8. Oktober 2023 Berichte über mindestens folgende Fälle dokumentiert:

  • 22 Fälle, in denen Bäckereien oder ihre Umgebung von Sprengkörpern aus der Luft getroffen wurden. Die führte häufig zu schweren Schäden oder Zerstörungen und machte die Einrichtungen unbrauchbar.
  • 151 Fälle, in denen landwirtschaftliche Flächen von Sprengkörpern getroffen wurden, und
  • 24 Fälle, in denen Märkte und Marktbereiche mit Sprengstoff angegriffen wurden.[1]

Zugangsbeschränkungen und Einschränkungen in der Telekommunikation lassen vermuten, dass diese Zahlen die katastrophalen Bedingungen nur teilweise widerspiegeln.

Der Bericht weist zudem auf die gravierenden Auswirkungen des Zusammenbruchs des Gesundheitssystems in Gaza auf die Behandlung von Unterernährung hin. Fast die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens ist von einer Hungersnot bedroht. Unhygienische Bedingungen sowie die Verbreitung von Krankheiten schwächen die Menschen weiter.

„Hunger wird in Gaza als Kriegswaffe eingesetzt. Die Zerstörung der zivilen Infrastruktur und der landwirtschaftlichen Flächen in Verbindung mit der Blockade von Hilfsgütern zeigt eine klare Missachtung des humanitären Völkerrechts. Es ist dringend notwendig, dass die Zivilbevölkerung geschützt wird, und dass Schutzmechanismen für humanitäre Helferinnen und Helfer gewährleistet werden“, sagte Natalia Anguera, Programmleiterin für den Nahen Osten bei Aktion gegen den Hunger.

Der Bericht empfiehlt Folgendes:

  1. Alle Konfliktparteien sollen einem sofortigen und anhaltenden humanitären Waffenstillstand zustimmen sowie alle Geiseln und zivilen Gefangenen freilassen.
  2. Alle Konfliktparteien müssen humanitäre Hilfe und Gesundheitseinrichtungen aktiv schützen. Alle notwendigen Vorkehrungen zum Schutz der Zivilbevölkerung und der zivilen Infrastruktur müssen im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht erfolgen.
  3. Die Konfliktparteien sollen sich strikt an die Protokolle zur Konfliktentschärfung halten, um den sicheren Transport von Hilfsgütern innerhalb des Gazastreifens zu gewährleisten. Fälle, in denen möglicherweise gegen die Protokolle verstoßen wurde, sollen von einer unabhängigen Behörde rasch und unparteiisch untersucht werden.
  4. Es sollen zusätzliche Hilfskorridore eingerichtet werden, um die kontinuierliche und verstärkte Versorgung des Gazastreifens mit humanitärer Hilfe und lebenswichtigen Gütern zu gewährleisten, insbesondere in Vorbereitung auf die Winterregenfälle und Überschwemmungen.
  5. Vertreibungsanordnungen und wiederholte Zwangsevakuierungen sollen beendet werden, um eine weitere Verschlechterung der ausgewiesenen ‘humanitären Zonen’ zu verhindern. Frühere Vertreibungsanordnungen sollen zurückgenommen werden, um den Palästinenser*innen die Rückkehr in ihre Häuser zu erleichtern, sobald dies sicher ist.

Der vollständige Bericht kann hier eingesehen werden:
https://www.aktiongegendenhunger.de/sites/default/files/2024-10/A-Grim-Milestone-in-Gaza-and-Israel-One-Year-of-Life-Lost-to-Horror-and-Hunger.pdf

Der vorherige ausführliche Bericht von Insecurity Insight, der im Juni 2024 über konfliktbedingten Hunger in Gaza veröffentlicht wurde, ist hier abrufbar.


[1] Die Daten decken den Zeitraum vom 7. Oktober 2023 bis zum 27. September 2024 ab. Sie beruhen auf Vorfällen, die aus offenen Quellen wie Nachrichtenartikeln und Beiträgen von Partnern ermittelt wurden. Die Vorfälle wurden nicht unabhängig überprüft. Die Zahlen werden wahrscheinlich durch Meldesperren beeinflusst und können sich ändern, wenn mehr Informationen verfügbar werden.

Hinweis an die Redaktionen

Sprecher*innen verfügbar: Gerne vermitteln wir Interviews, liefern Gastbeiträge oder führen Hintergrundgespräche.  

Über Aktion gegen den Hunger

Aktion gegen den Hunger ist eine humanitäre und entwicklungspolitische Hilfsorganisation, die weltweit in 56 Ländern und Regionen aktiv ist und über 21 Millionen Menschen unterstützt. Seit über 40 Jahren kämpft Aktion gegen den Hunger gegen Mangelernährung, schafft Zugang zu sauberem Wasser und gesundheitlicher Versorgung. 8.987 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten Nothilfe und unterstützen Menschen beim Aufbau nachhaltiger Lebensgrundlagen. 

Pressekontakt

Vassilios Saroglou / Markus Winkler
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PA: Sudan: Bericht von Ärzte ohne Grenzen zeigt dramatische Mütter- und Kindersterblichkeit in Süd-Darfur

Eine der dramatischsten Situationen weltweit für werdende Mütter und ihre Kinder herrscht im sudanesischen Süd-Darfur. Schwangere, Gebärende, Wöchnerinnen und ihre Kinder sterben an vermeidbaren Krankheiten, wie ein am Mittwoch veröffentlichter Bericht von Ärzte ohne Grenzen zeigt. Der medizinische Bedarf übersteigt bei weitem, was die Organisation leisten kann.

Der Bericht Driven to oblivion: the toll of conflict and neglect on the health of mothers and children in South Darfur zeigt allein für zwei von Ärzte ohne Grenzen unterstütze Kliniken in Süd-Darfur zwischen Januar und August eine derart hohe Müttersterblichkeit, dass die dortigen Fälle mehr als sieben Prozent aller Fälle von Müttersterblichkeit in den von Ärzte ohne Grenzen unterstützten Einrichtungen weltweit im Jahr 2023 ausmachen. Eine Untersuchung von Kindern auf Mangelernährung zeigte ebenfalls Raten weit über dem Schwellenwert für Notlagen.  

„Eine derartige Krise habe ich in meiner Laufbahn nicht gesehen“, sagt Gillian Burkhardt, Expertin für sexuelle und reproduktive Gesundheit von Ärzte ohne Grenzen in Nyala, Süd-Darfur. „Hier spielen sich mehrere Gesundheitskrisen gleichzeitig ab, aber internationale Hilfen der UN und anderer sind kaum zu sehen. Neugeborene, Schwangere und junge Mütter sterben in schockierender Zahl. Ihr Tod wäre in vielen Fällen vermeidbar, aber hier ist fast alles zusammengebrochen.“ 

„Das hier sichtbare Missverhältnis, der enorme Bedarf an medizinischer Versorgung, Nahrungsmitteln und grundlegenden Dienstleistungen auf der einen Seite und die durchweg fehlenden internationalen Hilfen auf der anderen Seite, ist beschämend. Wir fordern die Geber, die Vereinten Nationen und die internationalen Organisationen auf, die finanziellen Mittel für die medizinische Versorgung und die Versorgung mit Lebensmitteln für Mütter dringend aufzustocken und ihr Angebot vor Ort stark auszuweiten“, so Gillian Burkhardt. 

Im Zeitraum Januar bis August starben 46 Mütter im Nyala Teaching Hospital und im Kas Rural Hospital, in denen Teams von Ärzte ohne Grenzen unter anderem Geburtshilfe anbieten. Weil funktionierende Gesundheitseinrichtungen fehlen und die Transportkosten für viele Mütter unbezahlbar sind, erreichen sie die Kliniken häufig in kritischem Zustand. Von den dort verstorbenen Müttern starben etwa 78 Prozent innerhalb der ersten 24 Stunden nach Aufnahme. Häufigste Todesursache bei den Müttern in allen von Ärzte ohne Grenzen unterstützten Einrichtungen in Süd-Darfur war eine Sepsis. Weil nur noch wenige Gesundheitseinrichtungen arbeiten können, sind viele Frauen gezwungen, ihr Kind unter unhygienischen Bedingungen zur Welt zu bringen – ohne grundlegende Dinge wie Seife, saubere Entbindungsmatten oder sterile Instrumente.  

„Eine schwangere Patientin, die aus einer ländlichen Gegend kam, brauchte zwei Tage, um das nötige Geld für eine Behandlung aufzutreiben”, beschreibt Maria Fix, medizinische Koordinatorin in Süd-Darfur. „Als sie ein Gesundheitszentrum aufsuchte, gab es dort aber keine Medikamente und sie ging wieder nach Hause. Nach drei Tagen verschlechterte sich ihr Zustand. Sie musste fünf Stunden auf einen Transport warten. Als sie zu uns kam, lag sie bereits im Koma. Sie starb an einer vermeidbaren Infektion.“  

Tausende Kinder in Süd-Darfur sind vom Hungertod bedroht, viele sterben an vermeidbaren Todesursachen. Allein im Nyala Teaching Hospital und Kas Rural Hospital starben 48 Neugeborene von Januar bis Juni 2024 an einer Sepsis. Das heißt jedes fünfte Neugeborene mit einer Sepsis überlebte nicht.  

Fast 30.000 Kinder unter zwei Jahren wurden im August in Süd-Darfur auf Mangelernährung untersucht – jedes Dritte war akut mangelernährt. Damit liegen die Werte weit jenseits der 15 Prozent, die die Weltgesundheitsorganisation als Notlage definiert.    

Vor dem Krieg war Süd-Darfurs Hauptstadt Nyala ein Zentrum für humanitäre Organisationen. Die meisten sind nicht zurückgekehrt und auch die UN haben noch immer kein internationales Personal vor Ort. Ärzte ohne Grenzen ist eine der wenigen Organisationen, die humanitäre Hilfe leistet. Von Januar bis August führte die Organisation in Süd-Darfur 12.600 prä- und postnatale Konsultationen durch und unterstützte 4.330 Entbindungen. 

Die Krise im Land könnte Familien über Generationen hinweg in einen Kreislauf von Mangelernährung, Krankheit und Gesundheitsrisiken ziehen.

Für Rückfragen | Vermittlung von Interviews | Fotomaterial
Eva Hosp
eva.hosp@vienna.msf.org
Tel.: +43 (1) 409 72 76 – 29

Online-Pressekonferenz: Ärzte ohne Grenzen zu humanitärer Situation im Sudan

In der Pressekonferenz wird auch ein Bericht von Ärzte ohne Grenzen über den inzwischen mehr als ein Jahr andauernden Krieg vorgestellt.

Die Veranstaltung wird am Montag, den 22. Juli 2024, ab 10.00 Uhr deutscher Zeit, unter diesem Link auf dem Youtube-Kanal von Ärzte ohne Grenzen Jordanien gestreamt.
Sie findet auf Englisch und Arabisch statt. 
 
Sprecher:innen sind: 
 Vickie Hawkins, Geschäftsführerin von Ärzte ohne Grenzen in den Niederlanden (Englisch) 
Enass Abu Khalaf, Leitung Kommunikation Nahost von Ärzte ohne Grenzen (Arabisch)  

Bei Rückfragen wenden Sie sich gerne an die Pressestelle in Berlin (presse@berlin.msf.org). 

PA: Welt-Aids-Konferenz: Ärzte ohne Grenzen fordert besseren Zugang zu Medikamenten für die Prävention von HIV

Einer HIV-Infektion lässt sich heute mit Medikamenten sehr gut vorbeugen. Aber nur ein Bruchteil derer, die sie benötigen, hat Zugang zu diesen hochwirksamen Arzneimitteln. Im Vorfeld der am Montag beginnenden Welt-Aids-Konferenz 2024 in München fordert Ärzte ohne Grenzen von Pharmakonzernen, für besseren Zugang und Bezahlbarkeit von Medikamenten zu sorgen. Expert*innen stehen für Interviews zur Verfügung. 

Eines der wirksamsten Medikamente zur HIV-Prävention, die derzeit auf dem Markt sind, ist Cabotegravir (CAB-LA) des Herstellers ViiV. Im Gegensatz zu antiretroviralen Medikamenten muss es nicht täglich eingenommen, sondern nur alle zwei Monate gespritzt werden, was seine Anwendung für Betroffene sehr erleichtert. Doch obwohl sich jährlich etwa 1,3 Millionen Menschen neu mit HIV infizieren, hat das Pharmaunternehmen ViiV im vergangenen Jahr sein Medikament nur für einen kleinen Prozentsatz bereitgestellt – den Großteil in Ländern mit hohem Einkommen. Um die Wirkung von CAB-LA auszuschöpfen, müsste ViiV das Medikament in weit mehr Ländern registrieren, die dortige Anwendung zu einem bezahlbaren Preis anbieten und die Produktion von Generika zulassen.    
Effektive Prävention von HIV-Infektionen erfordert besseren Zugang zu langwirksamen HIV-Medikamenten wie CAB-LA. Sie sind der Schlüssel zum Erreichen der globalen Ziele zur HIV-Prävention. Solange sich Menschen weiterhin mit dem Virus infizieren, wird die Epidemie nicht enden“, so Jasmin Behrends, Expertin für globale Gesundheit von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland.  

Ein weiteres Medikament, das einen sehr hohen Schutz vor neuen Infektionen bietet, ist Lenacapavir des Herstellers Gilead Sciences. In klinischen Studien in Südafrika und Uganda schützte es die Teilnehmerinnen zu 100 Prozent vor einer Ansteckung mit HIV. Lenacapavir könnte in der Eindämmung von HIV einen Wendepunkt einleiten – allerdings nur, wenn Gilead Sciences einen umfassenden Zugang über bezahlbare Preise ermöglicht und Generika zulässt.  
Es darf nicht wie bei CAB-LA Jahre dauern, bis ein wirksames Produkt bei den Menschen ankommt, die es am meisten brauchen. Jetzt ist der Zeitpunkt, an dem Gilead die Verantwortung für einen gerechten und schnellen Zugang übernehmen muss“, so Jasmin Behrends.  

Ärzte ohne Grenzen behandelt seit den 1990er Jahren Patient*innen mit HIV/Aids. Dabei konzentriert sich die Organisation auf den Schutz besonders gefährdeter Personen. Die Organisation setzt sich außerdem für die Erforschung von HIV und Aids ein, für die Entwicklung von Medikamenten und den gerechten Zugang zu Arzneimitteln und Diagnostika.  

Expert:innen von Ärzte ohne Grenzen sind auf der Welt-Aids-Konferenz in München vom 22. bis 26. Juli vor Ort. Für Fragen und Interviews zur stehen sie gerne zur Verfügung.  

Nadja Leoni Nolting
Pressereferentin / Press Officer Ärzte ohne Grenzen e. V. / Médecins Sans Frontières
Mobil: +49 173 625 94 60
Email: nadja.nolting@berlin.msf.org
www.aerzte-ohne-grenzen.de

Talk und Diskussion: Die menschlichen Kosten der EU-Asyl- und Migrationspolitik. Ärzte ohne Grenzen im Gespräch

Im Vorfeld des Weltflüchtlingstages, der am 20. Juni begangen wird, diskutieren Gerald Knaus (Europäische Stabilitätsinitiative), Nora Ramirez Castillo (Hemayat) und Marcus Bachmann (Ärzte ohne Grenzen) am 18. Juni im MuseumsQuartier Wien.

Aktuell sind weltweit mehr Menschen auf der Flucht als je zuvor. Was zunehmend ignoriert wird: Hinter den Zahlen stehen einzelne Menschen und ihre Geschichten. Viele dieser Menschen tragen die Kosten einer brutalen Asyl- und Migrationspolitik: In Italien und Griechenland, am Westbalkan, oder auch in Libyen oder Niger – fast täglich erleben die Teams von Ärzte ohne Grenzen, wie Menschen sterben oder eingesperrt werden. Sie versorgen die Schutzsuchenden medizinisch und psychologisch. Und sehen die verheerenden Folgen der Politik an ihren Patient:innen. 

Die gerade auf europäischer Ebene beschlossenen Asylreformen werden die Gewalt und die damit verbundenen Verletzungen und Traumatisierungen der Menschen nicht beenden. Im Gegenteil: Sie werden die Dynamik verschärfen, die zu dieser Gewalt führt, ohne die legitimen Sicherheitsinteressen der Menschen in Europa zu fördern. Der Versuch einer Abschottung der EU wird die Menschen zwingen, auf immer gefährlichere Routen auszuweichen, was zu noch mehr Elend und Tod führen wird. 

Wo: MuseumsQuartier Wien/Raum D, Museumsplatz 1/5, 1070 Wien 

Wann: 18. Juni 2024, 18 Uhr, Einlass: ab 17.00 Uhr  

Eintritt frei!   

Vor dem Talk können Besucher:innen ab 17 Uhr mit Virtual Reality Brillen an Bord unseres Rettungsschiffs Geo Barents auf dem Mittelmeer gehen.

Bitte um Anmeldung bis spätestens 16.06.

Anmeldung für die Teilnahme im MuseumsQuartier

Anmeldung für die Teilnahme per Livestream