Archiv der Kategorie: Menschenrechte

image_pdfimage_print

Bericht: Afrika: Kulturinitiativen gegen Jihadismus im Sahel

Am 27. Mai 2021 veranstaltete das VIDC ein Webinar mit prominenten Sprecher*innen aus Westafrika und widmete sich darin der Frage, welche Rolle Musik, Film und Kunst angesichts der multiplen Krisen in der Sahel Region spielen. Nun wurde die Dokumentation dazu veröffentlicht.

Jihadistische und ethnische Milizen, Klimakrise, COVID-19 Pandemie stellen die Bevölkerung vor enorme Herausforderungen. Davon sind auch Kulturschaffende betroffen. Auftritte wurden in manchen Regionen zum Sicherheitsrisiko, Tourneen und Festivals mussten abgesagt werden.

Für die senegalesische Soziologin Aminata Ndiaye sind Kunst und Kultur zentral für diverse und inklusive Gesellschaften. Frauen seien zudem die effektiveren Friedenspolitikerinnen, so die Genderbeauftragte der Militärallianz G5 Sahel. Der Theatermacher Alioume Ndiaye aus Mali setzt sich bei seiner Arbeit für die Vermittlung von demokratischen Grundwerten und die Kritikfähigkeit der Jugend ein. So will er der Radikalisierung von Jugendlichen entgegenwirken. François A. Akouabo Adiana ist Programmleiter des größten afrikanischen Filmfestivals FESPACO. Er betonte ebenfalls die gesellschaftspolitische Wirkung von Kunst und Kultur, da sie den sozialen Zusammenhalt stärkten und kollektive Traumabewältigung in Krisen unterstützten.

Hier finden Sie die Links zum  Veranstaltungsbericht sowie das gesamte Webinar zum Nachsehen.
Die Diskussion fand anlässlich von Culture X Change # Mini Fespaco de Vienne 2021 statt.

PA: Reporter ohne Grenzen veröffentlicht neue Feinde der Pressefreiheit

Reporter ohne Grenzen (RSF) hat heute eine neue Liste mit den weltweit größten „Feindinnen und Feinden der Pressefreiheit veröffentlicht. Sie umfasst 37 Staats- und Regierungsoberhäupter, die in besonders drastischer Weise die rücksichtslose Unterdrückung der Pressefreiheit verkörpern.

Mit Viktor Orbán steht zum ersten Mal ein EU-Ministerpräsident auf der Liste, der seit seiner Rückkehr an die Macht im Jahr 2010 Pluralismus und Unabhängigkeit der Medien in Ungarn angreift. Ebenfalls neu dabei sind der immer wieder gegen Reporterinnen und Reporter hetzende brasilianische Präsident Jair Bolsonaro und der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman, dem RSF unter anderem wegen des Mordes an Jamal Khashoggi Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorwirft.

Auch die Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam steht neu auf der Liste. In der chinesischen Sonderverwaltungszone musste mit der Zeitung Apple Daily im Juni ein Symbol der Pressefreiheit ihren Betrieb einstellen.

Daneben finden sich auf der Liste viele langjährige „Feinde der Pressefreiheit“. Zu ihnen gehören etwa Eritreas Präsident Isaias Afewerki, Chinas Staats[1]und Parteichef Xi Jinping, Syriens Machthaber Baschar al-Assad und der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko. „In allen Weltregionen sind neue Namen hinzugekommen. Ihre Unterdrückungsmethoden sind verschieden, dienen aber demselben Zweck: Kritische Berichterstattung um jeden Preis zu verhindern. Darunter leiden die Journalistinnen und Journalisten, die trotzdem mutig weiterrecherchieren, aber auch die Bevölkerung, der damit der gerade in Zeiten einer globalen Pandemie so wichtige Zugang zu unabhängigen Informationen verwehrt wird“, sagte RSF[1]Geschäftsführer Christian Mihr.

„Erschreckend ist auch, dass die Verantwortlichen trotz brutaler Verbrechen oft straflos davonkommen.“ Die Liste der „Feindinnen und Feinde der Pressefreiheit“ erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie prangert jedoch besonders gravierende Beispiele für die Einschränkung journalistischer Arbeit an. Reporter ohne Grenzen veröffentlicht die Liste in unregelmäßigen Abständen seit 2001, zuletzt am 2. November 2016 zum UN-Welttag gegen Straflosigkeit für Verbrechen an Journalistinnen und Journalisten. RSF wird zu einem späteren Zeitpunkt eine Liste mit nichtstaatlichen Gruppen wie Extremisten- und Verbrecherorganisationen veröffentlichen.

Asien-Pazifik
Die meisten Neuzugänge in diesem Jahr verzeichnet die Region Asien-Pazifik, in der allein 13 der insgesamt 37 „Feindinnen und Feinde der Pressefreiheit“ regieren.
In Hongkong unterstützt Regierungschefin Carrie Lam mittlerweile offen die repressive Politik des chinesischen Präsidenten Xi Jinping gegen die Medien. Das führte zum Aus der kritischen Tageszeitung Apple Daily und zur Inhaftierung des Verlegers Jimmy Lai, der unter dem sogenannten, von Peking aufgezwungenen Sicherheitsgesetz angeklagt wurde. Er muss mit einer lebenslangen Haftstrafe rechnen.
Auf den Philippinen haben die Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten und auf unabhängige Medien seit dem Amtsantritt von Präsident Rodrigo Duterte 2016 stark zugenommen. Mindestens vier Medienschaffende wurden dort im vergangenen Jahr wegen ihrer Arbeit getötet. Der wichtigste nationale Sender ABS-CBN musste schließen, weil seine Lizenz nicht erneuert worden war. Das Duterte-Regime hat außerdem die preisgekrönte Journalsitin Maria Ressa und die von ihr gegründete Nachrichtenseite Rappler im Visier. Gegen Ressa laufen mehrere Verfahren und in weniger als zwei Jahren wurden zehn Haftbefehle gegen sie ausgestellt.
In Myanmar hat Anfang Februar das Militär unter Juntachef Min Aung Hlaing wieder die Macht übernommen. Mit dem Putsch wurde die Pressefreiheit im Land innerhalb weniger Tage um zehn Jahre zurückgeworfen. Dutzende Journalistinnen und Journalisten wurden festgenommen und unabhängigen Medien die Lizenz entzogen. RSF ist äußerst besorgt, dass die neue Militärdiktatur zu ähnlich drakonischen Mitteln zurückgreifen könnte, wie es die Junta in den Jahren 1967 bis 2011 tat, als Journalistinnen und Journalisten gefoltert und in Hundekäfigen eingesperrt wurden.
Zu den weiteren Neuzugängen gehören der seit 1985 an der Macht stehende kambodschanische Ministerpräsident Hun Sen, der pakistanische Premierminister Imran Khan, Indiens Premier Narendra Modi, Sri Lankas Präsident Gotabaya Rajapaksa und Bangladeschs Premierministerin Sheikh Hasina.

Europäische Union
Auch innerhalb der Europäischen Union regiert ein Feind der Pressefreiheit. Seit Viktor Orbán und seine Fidesz-Partei 2010 an die Regierung gekommen sind, haben sie Ungarns Medienlandschaft Schritt für Schritt unter ihre Kontrolle gebracht. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunksender wurden in der staatlichen Medienholding MTVA zentralisiert, zu der auch Ungarns einzige Nachrichtenagentur MTI gehört. Die regionale Presse ist seit dem Sommer 2017 vollständig im Besitz Orbán-freundlicher Unternehmer. Im Herbst 2018 wurden fast 500 regierungsnahe Medienunternehmen in einer Holding zusammengefasst, um ihre Berichterstattung zentral zu koordinieren. Wichtige unabhängige Medien wurden ausgeschaltet. Zuletzt traf es das landesweit größte Nachrichtenportal Index.hu und den kritischen Radiosender Klubrádió. Auch die überregionalen Zeitungen Népszabadság und Magyar Nemzet wurden eingestellt. Regierungskritische und investigative Berichte finden über kleinere Online-Medien nur noch geringe Verbreitung. Wiederholt haben regierungsnahe Medien „schwarze Listen“ unliebsamer Journalistinnen und Journalisten veröffentlicht.

Lateinamerika
Erstmals auf der Liste der „Feinde der Pressefreiheit“ steht der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro. Schon seit seinem Wahlkampf im Jahr 2018 setzt Bolsonaro vor allem auf die sozialen Netzwerke und umgeht die traditionellen Medien. Kritische Journalistinnen und Journalisten beleidigt, verunglimpft, stigmatisiert und demütigt er und bedient sich dabei bisweilen äußerst geschmackloser und vulgärer Sprache, besonders gegenüber weiblichen Medienschaffenden. Dass manche Medien „schlimmer als Müll“ seien, „weil Müll recyclebar“ sei, ist dabei noch eins der harmloseren Beispiele. Unterstützt wird Bolsonaro dabei von seinem engen Umfeld und vor allem seinen Söhnen, die ebenfalls Politiker sind und ihm in punkto aggressiver Rhetorik in nichts nachstehen. In den sozialen Medien fährt eine ganze Armee von Anhängerinnen, Anhängern und Bots Hetzkampagnen gegen die Presse. S
Seit Nicaraguas Staatspräsident Daniel Ortega 2016 zum dritten Mal in Folge ins Amt gewählt wurde, wird die unabhängige Presse im Land mit Drohungen, Verfolgungen, Verleumdungskampagnen, willkürlichen Festnahmen, dem Entzug von Werbegeldern und dem „Gesetz zur Regulierung ausländischer Agenten“ gegängelt. Seit 2018 wurde zudem die Lieferung von Tinte, Papier und Kautschuk so stark eingeschränkt, dass die meisten gedruckten Zeitungen des Landes ihr Erscheinen einstellen mussten. Vor der Präsidentenwahl im November 2021 hat das Ortega-Regime sein Zensurarsenal noch einmal verstärkt, indem gegen oppositionelle Politikerinnen, Politiker und Medien Gerichtsverfahren eingeleitet wurden.
Erstmals auf der Liste vertreten ist Miguel Díaz-Canel, seit Oktober 2019 Staatspräsident von Kuba. Unter ihm wird die Null-Toleranz-Politik der Castros gegenüber unabhängigen Medien unvermindert fortgesetzt, auch wenn durch die Ausbreitung des Internets vereinzelt Freiräume entstanden sind.
Wie schon 2016 ist auch in diesem Jahr Venezuelas Staatspräsident Nicolás Maduro auf der Liste vertreten.

Naher Osten und Nordafrika
Zu den Neuzugängen zählt der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman. Aller Reformrhetorik zum Trotz hat der starke Mann im Staat seit seiner Ernennung 2017 die Repression vor Ort noch verstärkt. Mehr als 30 Journalistinnen und Journalisten, Bloggerinnen und Blogger sind derzeit in Saudi-Arabien im Gefängnis, weil sie kritisch über die Politik des Königreichs oder über die Zustände im Land berichtet haben. Mehrere sollen im Gefängnis gefoltert worden sein oder sind schwer krank und werden unzureichend medizinisch versorgt.
Die Ermordung des Exil-Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul 2018 hat gezeigt, dass Kritikerinnen und Kritiker selbst im Ausland nicht sicher sind. Vor dem Hintergrund hat RSF beim Generalbundesanwalt Strafanzeige gegen Mohammed bin Salman wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit erstattet.
Unverändert katastrophal ist die Situation unabhängiger Journalistinnen und Journalisten auch unter Syriens kürzlich im Amt betätigtem Präsidenten Baschar al-Assad, Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi, Bahrains König Hamad bin Isa Al Chalifa und Irans religiösem Führer Ali Chamenei.
Im Iran wurde 2020 der Journalist Ruhollah Sam hingerichtet – die erste staatliche Exekution eines Medienschaffenden seit 30 Jahren.

Osteuropa und Zentralasien
In Osteuropa zählt RSF den russischen Präsidenten Wladimir Putin sowie Alexander Lukaschenko in Belarus bereits seit mehr als 20 Jahren zu rigorosen „Feinden der Pressefreiheit“.
In Russland brachte Putin nach seinem Amtsantritt im Jahr 2000 das Fernsehen sowie die wichtigsten unabhängigen Verlage unter die Kontrolle des Kreml. Seit den Massenprotesten im Winter 2011/12 verschärfte die Staatsmacht unter seiner Führung die Zensur auch im Internet massiv. Kritische Medienschaffende riskieren ihr Leben: Seit Putins Amtsantritt wurden mindestens 37 Reporterinnen und Reporter wegen ihrer Arbeit ermordet, kaum eines dieser Verbrechen wurde aufgeklärt. Nach den Protesten zur Unterstützung des Oppositionspolitikers Alexej Nawalny und wenige Monate vor der Duma-Wahl im September hat sich die Situation für unabhängige Medienschaffende in diesem Jahr noch einmal deutlich verschärft. Sie laufen Gefahr, willkürlich zu ausländischen Agentinnen und Agenten erklärt zu werden. Mehrere kremlkritische Nachrichtenportale mussten deshalb in den vergangenen Wochen ihre Arbeit einstellen oder kämpfen ums finanzielle Überleben.
Noch düsterer ist die Lage in der nordkaukasischen Teilrepublik Tschetschenien, wo Präsident Ramsan Kadyrow jeden Widerspruch mit brutaler Gewalt unterdrückt und seit 2016 zu den größten „Feinden der Pressefreiheit“ weltweit zählt.
In Belarus unterdrückt Alexander Lukaschenko, der das Land seit 1994 diktatorisch regiert, die freie Verbreitung von Informationen auf brutale Weise. Mehr als 500 Journalistinnen und Journalisten wurden seit Beginn der Proteste gegen seine Herrschaft im vergangenen Sommer festgenommen und im Gefängnis zum Teil schwer misshandelt. 25 von ihnen sind nach wie vor in Haft. Ausländische Medienschaffende haben kaum noch die Möglichkeit, legal in Belarus zu arbeiten. Der wichtigsten unabhängigen Nachrichtenseite Tut.by wurde die Lizenz entzogen, Chefredakteurin Maryna Solatawa sitzt im Gefängnis, der Zugang zur Seite ist inzwischen gesperrt. Am 23. Mai sorgte Lukaschenko für internationale Empörung, als er ein Passagierflugzeug nach Minsk umleiten und zwangslanden ließ, um den im Exil lebenden regimekritischen Blogger Roman Protassewitsch (Raman Pratassewitsch) verhaften zu lassen.
Neu auf der Liste der Pressefreiheit steht seit diesem Jahr Tadschikistans Präsident Emomali Rachmon. Die wichtigsten unabhängigen Medien mussten unter dem Druck der Staatsmacht schließen, unabhängige Webseiten und soziale Netzwerke werden blockiert. Die meisten Journalistinnen und Journalisten üben sich in strenger Selbstzensur. Wer kritisch über Korruption in der herrschenden Elite berichtet, riskiert jahrelange Gefängnisstrafen.
Ähnlich schwierig ist die Lage in Turkmenistan und im südkaukasischen Aserbaidschan. Die Präsidenten Gurbanguli Berdimuchamedow und Ilcham Alijew werden von RSF ebenfalls als „Feinde der Pressefreiheit“ eingestuft. Afrika südlich der Sahara
Einer der größten „Feinde der Pressefreiheit“ in Afrika ist Eritreas Präsident Isaias Afewerki, der seit 1993 regiert und seit Beginn der Auflistung im Jahr 2001 durchgehend vertreten ist. Das Regime hat jede freie Medienberichterstattung unterbunden. Im Zuge einer Verhaftungswelle vor nunmehr 20 Jahren kam auch der schwedisch-eritreische Journalist Dawit Isaak ins Gefängnis. RSF fordert unvermindert, dass er freikommt. Viele seiner Mitstreiter sind inzwischen gestorben.
Ebenso lange gelten Paul Kagame, der 1994 erst Vizepräsident und im Jahr 2000 Präsident Ruandas wurde, und der Staatschef von Äquatorialguinea, Teodoro Obiang Nguema Mbasogo, als erwiesene „Feinde der Pressefreiheit“. Kagame kann durch eine Verfassungsänderung für eine dritte Amtszeit kandidieren und theoretisch bis 2034 im Amt bleiben.
Neu hinzu gekommen sind die Präsidenten Paul Biya in Kamerun, Ismael Omar Guelleh in Dschibuti und Yoweri Museveni in Uganda.

Link zur Liste von RSF: https://www.reporter-ohne[1]grenzen.de/fileadmin/Redaktion/Downloads/Feinde_der_Pressefreiheit/RSF_Feinde_der_Pressefrei heit_2021.pdf  

Lesung: Körper als Erinnerungsort

mit Julia Cimafiejeva, Ricardo Domeneck und Fiston Mwanza Mujila.

Wenn der Himmel sich verdunkelt, die Meinungsfreiheit eingeschränkt ist, die Menschenrechte mit Füßen getreten werden, die Demokratie in den letzten Zügen liegt, Korruption mit Wohlwollen verwechselt wird und die Dämonen der Kolonisation und Sklaverei aufsteigen, dient der Körper als einzig verbliebener Wall einer Festung und als Rettung gegen Intoleranz. Er ist ein Ort des Wissens und der Subjektivität, und er erzählt seine eigene Geschichte.

Für die drei Autor*innen steht der Körper im Mittelpunkt ihrer Literatur. In ihrem Minsk.Tagebuch und sämtlichen Gedichten kartografiert die Lyrikerin und Übersetzerin Julia Cimafiejeva die staatliche Gewalt in Belarus. Die Gedichte von Ricardo Domeneck (São Paulo|Berlin) sind eine ausführliche Archäologie des Körpers, als Materialität und Essenz. Der in Graz lebende Schriftsteller Fiston Mwanza Mujila beschäftigt sich mit den Themen Kolonialismus und Ausbeutung.

Wann: Donnerstag, 1. Juli 2021, 18:00 Uhr

Wo: Afro-Asiatisches Institut Graz, StAAIr im Garten, Leechgasse 22-24, 8010 Graz

Im Anschluss ca. 19:00 Ausstellungseröffnung Entanglement (Co-Creation Workshop).

Eine Veranstaltung des Afro-Asiatischen Instituts Graz mit Unterstützung der Kulturvermittlung Steiermark.

PA: Gesundheit als Basis für Entwicklung

Gesundheit ist eine Grundvoraussetzung für nachhaltige Entwicklung. Umgekehrt ist nachhaltige Entwicklung unverzichtbar für ein gesundes Leben. Denn Armut ist einer der gravierendsten Krankheitstreiber. Was es braucht, um diesem Teufelskreis zu entkommen, und wie Österreich dabei seine Partnerländer unterstützt, zeigt die aktuelle Ausgabe der Weltnachrichten, des Magazins der Austrian Development Agency (ADA).

Wien, 21. Juni 2021 – Armut führt zu Hunger, Unter- oder Mangelernährung und ist damit eine der häufigsten Krankheitsursachen. Faktoren wie Arbeitslosigkeit, mangelnde Schulbildung oder fehlende Möglichkeiten zur Familienplanung wirken sich zusätzlich negativ auf die Gesundheit aus.
 
Gesundheit ist das Recht jedes Menschen, sie ist aber auch unerlässlich für die Entwicklung von Gesellschaften. Das verdeutlichen die 17 Globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDGs), von denen sich mehr als ein Dutzend auf Gesundheit beziehen. SDG 3 zielt explizit auf Gesundheit und Wohlergehen für alle ab.
 
Ungleich verteilt
Wie benachteiligt viele Regionen der Welt noch immer sind, zeigen folgende Zahlen der Weltbank: Lag die durchschnittliche Lebenserwartung in Österreich 2018 bei 82 Jahren, so betrug sie etwa in Uganda nur 63 und in Burkina Faso 61 Jahre. Auch bei der Säuglingssterblichkeit gibt es große Unterschiede. Während in Österreich 2019 drei Säuglinge pro 1.000 Geburten nicht überlebten, waren es in Mosambik 55 und in Bhutan 24. Bei der Versorgung mit Spitalsbetten gibt es ebenfalls eine große Kluft. In Österreich stehen für 1.000 Einwohnerinnen und Einwohner 7,3 Spitalsbetten zur Verfügung (2018), in Äthiopien etwa nur 0,3 (2016).
 
Außerdem mangelt es Ländern des Globalen Südens an Geld und qualifiziertem Personal für ein funktionierendes Gesundheitssystem. Allein in Afrika fehlen rund 3 Millionen Gesundheitsfachkräfte. Hinzu kommt vielerorts die überalternde Bevölkerung, auf die die Gesundheits- und Sozialsysteme meist nicht ausgerichtet sind.
 
Schlüssel zum Erfolg
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Umsetzung der SDGs. Damit Ziel 3 „Gesundheit und Wohlergehen für alle“ erreicht wird, braucht es eine integrierte Entwicklung, die die Wechselwirkung zwischen Gesundheit und sozialen, ökonomischen und ökologischen Faktoren wie Einkommen, Bildung, Transport, Handel, Landwirtschaft oder Umwelt und Klima berücksichtigt.
 
Die Schwächsten unterstützen
Die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit setzt dort an, wo sie über langjährige Expertise verfügt. Im Flüchtlingscamp Imvepi im Norden Ugandas etwa unterstützt sie das Rote Kreuz dabei, die hygienische Situation zu verbessern. Denn verschmutztes Wasser, mangelnde oder unsichere Toiletten sowie unhygienische Verhältnisse sind eine Brutstätte für Krankheiten. In den Schulen und am Markt des Camps gibt es nun Latrinen anstatt „fliegender Toiletten“ – so wurden die Plastiktüten genannt, in denen davor oft die Notdurft entsorgt werden musste. Ein Zentrum für Abfallmanagement ist am Entstehen.
 
Bereits seit 2011 beteiligt sich die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit an einem Programm der Vereinten Nationen, das sich für die medizinische Grundversorgung palästinensischer Flüchtlinge einsetzt. Bisher hat sie dazu 12,6 Millionen Euro beigetragen. Damit konnten 2,7 Millionen Menschen erreicht werden.
 
In Nepal arbeitet Österreich gemeinsam mit der zivilgesellschaftlichen Organisation PHASE daran, dass Schwangere, stillende Mütter und Kinder in ländlichen Gemeinden besser versorgt und ernährt sind. Denn ausreichende und ausgewogene Ernährung gilt als Grundvoraussetzung für ein gesundes Leben.
 
Außerdem in den Weltnachrichten 2/2021 zu lesen:

  • Zwischen Terror und Virus: Burkina Faso im Würgegriff zweier Gefahren
  • Vernachlässigte Tropenkrankheiten: Problem der Armen. Ein Interview mit Mwelecele Ntuli Malecela, Leiterin der Abteilung für die Kontrolle vernachlässigter Tropenkrankheiten der Weltgesundheitsorganisation
  • Damit das Lächeln zurückkehrt: In der kenianischen Region Kisumu steht es nicht gut um reproduktive Gesundheit und Frauenrechte. Durch Aufklärung, Verhütungsangebote und Rechtshilfe soll sich das ändern.

Die Weltnachrichten berichten vierteljährlich über entwicklungspolitische Themen. Herausgeber ist die Austrian Development Agency. Alle Beiträge, Reportagen, Interviews und Geschichten sind auch online nachzulesen. Die Weltnachrichten sind kostenlos. Bestellungen unter oeza.info@ada.gv.at.
 
Austrian Development Agency
Die Austrian Development Agency, die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, unterstützt Länder in Afrika, Asien, Südost- und Osteuropa bei ihrer nachhaltigen Entwicklung. Gemeinsam mit öffentlichen Einrichtungen, Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen setzt die ADA derzeit Projekte und Programme mit einem Gesamtvolumen von über 550 Millionen Euro um.

Rückfragehinweis:
Austrian Development Agency (ADA),
die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit
Mag. Georg Keri
Tel.: +43 1 90399-2402
georg.keri@ada.gv.at
www.entwicklung.at

PA: Amnesty International zur verheerenden COVID-19-Welle in Nepal

Nepals Politiker*innen müssen ihre Differenzen überwinden und in den kommenden Wochen entschiedene Maßnahmen ergreifen, um Tausende von Leben zu retten, während das Land eine tödliche zweite Welle von COVID-19 erleidet. Das mahnt Amnesty International in einem heute veröffentlichten Briefing unter dem Titel “Struggling to Breathe: The Second Wave of COVID-19 in Nepal” ein, in dem auch eine verstärkte Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft gefordert wird.

Während sich die nepalesische Führung in Machtkämpfe verstrickt hat, die dazu führten, dass das Parlament des Landes in den letzten fünf Monaten zweimal aufgelöst wurde, hat COVID-19 überhandgenommen. Nepal hat derzeit eine der höchsten Infektionsraten der Welt, und im April rechnete das Gesundheitsministerium des Landes mit weiteren 300.000 Fällen bis Juli. Die nepalesische Infrastruktur leidet bereits jetzt unter den aktuellen Fallzahlen, es mangelt an Sauerstoff, Intensivbetten, persönlicher Schutzausrüstung und Impfstoffen. Laut einem UN-Bericht, der am 14. Mai veröffentlicht wurde, hat Nepal weltweit die höchste „effektive Reproduktionsrate“ und die höchste Rate an positiven Tests. Die aktuelle Krise wird durch ein mutiertes Virus verschärft, das zu einer höheren Sterblichkeitsrate und zusätzlichen Komplikationen wie Lungenentzündungen führt, was den Bedarf an Sauerstoff erhöht. Auch der Mangel an COVID-19-Impfstoffen hat die Bemühungen des Landes, die Belastung des Gesundheitssystems zu reduzieren und die Ausbreitung des Virus einzudämmen, stark behindert.

„Wir erleben derzeit in Nepal die gleiche verzweifelte Situation, die wir in den letzten Monaten in Indien gesehen haben. Das Gesundheitssystem des Landes steht auf der Kippe, die Krankenhäuser stoßen an ihre Kapazitätsgrenzen, und das überlastete und hoffnungslos unterfinanzierte Personal ist nicht in der Lage, mit der überwältigenden Nachfrage Schritt zu halten“, sagte Yamini Mishra, Direktorin von Amnesty International für den asiatisch-pazifischen Raum. „Um Tausende von Leben zu retten, müssen die nepalesischen Behörden jetzt der Beschaffung und Lieferung von Sauerstoff Priorität einräumen, die bisher durch Untätigkeit und bürokratisches Gerangel aufgehalten wurde. Die internationale Gemeinschaft muss ihrerseits dringend Sauerstoff, Beatmungsgeräte, Impfstoffe und andere lebensrettende Produkte bereitstellen.“

Unterfinanziertes Gesundheitssystem, unzureichende Reaktion der Behörden
Der aktuelle Bericht “Struggling to Breathe: The Second Wave of COVID-19 in Nepal“ untersucht die verheerenden Auswirkungen des Virus auf das unterfinanzierte Gesundheitssystem des Landes und die Folgen des Mangels an Medikamenten und Ausrüstung für Krankenhauspersonal und COVID-19-Patient*innen. Das Briefing befasst sich auch mit der bisher unzureichenden Reaktion der nepalesischen Behörden und den besonders harten Auswirkungen der Pandemie auf die am meisten marginalisierten Gruppen des Landes.

COVID-19 hat sich in den letzten Monaten schnell in Nepal ausgebreitet und ist derzeit in allen sieben Provinzen des Landes verbreitet. Obwohl Gesundheitsexpert*innen glauben, dass die Zahl der Todesfälle unterschätzt wird, wurden bis zum 7. Juni nach Angaben der Regierung 7.990 COVID-19-Todesfälle in Nepal registriert, wobei das Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) bis zum 1. September 2021 eine Gesamtzahl von 34.887 Todesfällen prognostiziert.

„Wie in einem Kriegsgebiet“
Ein Mitarbeiter des Gesundheitswesens, mit dem Amnesty International sprach, fasste das Ausmaß der Situation in seinem Krankenhaus als „wie in einem Kriegsgebiet“ zusammen. Ein anderer beschrieb die Krise als schlimmer als das verheerende Erdbeben, das Nepal im April 2015 heimsuchte und bei dem fast 9.000 Menschen getötet und fast 22.000 verletzt wurden.

Weniger als 10 Prozent der Bevölkerung geimpft
Wie andere Länder in Südasien hat auch Nepal mit einem drastischen Mangel an COVID-19-Impfstoffen zu kämpfen. Bis zum 10. Mai 2021 hatten weniger als 2,5 Millionen der 30 Millionen Einwohner*innen Nepals auch nur eine Impfung erhalten – weniger als einer von zehn Menschen. COVAX, eine globale Initiative zur Unterstützung von Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen beim Zugang zu Impfstoffen, kann ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, und die reicheren Länder horten weiterhin überschüssige Vorräte weit über ihren Bedarf hinaus.

„Nepal braucht dringend mehr Impfstoffe, um diese tödliche zweite Welle von COVID-19 zu bekämpfen. Länder wie China und die USA haben jetzt zugesagt, Impfstoffe für Nepal zu liefern, doch das reicht nicht aus. Die internationale Gemeinschaft muss sich zusammentun und globale Mechanismen wie COVAX unbedingt unterstützen, um einen gerechten Zugang zu Impfstoffen zu gewährleisten und den Ressourcen- und Technologietransfer zur Herstellung von Impfstoffen vor Ort zu priorisieren“, so Yamini Mishra.

Hintergrund:
Der aktuelle Bericht von Amnesty International untersuchte den Zeitraum von 29. April bis 21. Mai 2021. Die COVID-19-Situation in Nepal ändert sich täglich, und die Zahl der verzeichneten Infektionen scheint seit dem 7. Juni zu sinken. Die in diesem Briefing genannten dringenden Forderungen bleiben jedoch für Nepal relevant, da es weiterhin mit einer hohen Anzahl von Fällen im ganzen Land zu kämpfen hat.

Rückfragen:
Presseteam Amnesty International Österreich
Lerchenfelder Gürtel 43/4/3, 1160 Wien
Eleonore Rudnay +43 664 400 10 56
E-Mail: presse@amnesty.at

PA Südwind: Ohne verbindliche Regeln für Konzerne droht der Kampf gegen Kinderarbeit zu scheitern

Kinderarbeit steigt erstmals seit 20 Jahren an – Menschenrechtsorganisation Südwind fordert verbindliche Konzernverantwortung in Form eines strengen Lieferkettengesetzes.

Wien, am 10. Juni 2021. Im Vorfeld des Welttags gegen Kinderarbeit verweist die Menschenrechtsorganisation Südwind auf verfehlte Ziele und fordert verbindliche Regeln für Unternehmen und Konzerne. Wie ein neuer UNICEF-Bericht zeigt, steigt die Zahl ausgebeuteter Kinder erstmals seit 20 Jahren auf über 160 Millionen. Rund 70 Millionen Kinder sind von der schlimmsten Form der Kinderarbeit betroffen und arbeiten in Sklaverei oder sklavenähnlichen Abhängigkeiten. Für Südwind sind mangelhafte wirtschaftspolitische Gegenstrategien mitverantwortlich für die verschärfte Lage. „Für Menschenrechtsvergehen muss es harte Strafen setzen. Die freiwillige Selbstverpflichtung von Unternehmen greift viel zu kurz. Auch Österreichs Supermarktregale werden erst dann frei von Ausbeutung und Kinderarbeit sein, wenn Unternehmen für ihre Lieferketten haften müssen“, so Stefan Grasgruber-Kerl, Menschenrechtsexperte bei Südwind. „Die österreichische Bundesregierung muss hier endlich aktiv werden und ein strenges Lieferkettengesetz vorlegen. Die Ausbeutung von Kindern für Genussmittel wie Schokolade darf nicht länger hingenommen werden.“

Der größte Problemsektor im Kampf gegen die weltweite Kinderarbeit ist die Landwirtschaft. Besonders prekär ist etwa die Lage im Kakaoanbau. „Die großen Schokoladekonzerne haben sich schon vor 20 Jahren Ziele selbst vorgegeben, diese wenig später dennoch verwässert und am Ende verfehlt. Gleichzeitig üben internationale Marken oftmals gewaltigen Preisdruck auf die Produzentinnen und Produzenten aus und befeuern damit Missstände wie Kinderarbeit, Hungerlöhne und gesundheitsschädigende Arbeit“, sagt Stefan Grasgruber-Kerl.

Im Jahr 2001 haben die großen Schokolade-Konzerne versprochen, Kinderarbeit bis 2020 um 70 Prozent zu reduzieren. Laut einer Studie der Universität Chicago aus 2020 müssen alleine in der Elfenbeinküste und Ghana immer noch etwa 1,5 Millionen Kinder unter besonders ausbeuterischen Bedingungen arbeiten. Beide Länder sind zusammen für 60 Prozent der globalen Kakaoproduktion verantwortlich und beliefern auch in Österreich namhafte Marken. Für die Kinder bedeutet das in der Regel, dass sie nicht regelmäßig zur Schule gehen können und ihre Gesundheit gefährdet wird durch den Einsatz von Pestiziden, das Hantieren mit scharfen Werkzeugen oder das Tragen schwerer Lasten.

„Damit Konzerne endlich Verantwortung für die Ausbeutung in ihren Lieferketten übernehmen, braucht es ein Gesetz, das eine zivilrechtliche Haftung vorschreibt für möglichst alle Zulieferer von Unternehmen aller Größen“, so Stefan Grasgruber-Kerl. Gemeinsam mit der breiten zivilgesellschaftlichen Allianz Netzwerk Soziale Verantwortung macht sich Südwind im Rahmen der Petition „Menschenrechte brauchen Gesetze!“ stark für ein rechtlich bindendes Lieferkettengesetz in Österreich sowie einem strengen Rechtsrahmen für Konzernverantwortung auf EU- und UN Ebene.

Die Petition „Menschenrechte brauchen Gesetze“ kann unterschrieben werden unter: www.suedwind.at/petition

Rückfragehinweis:
Vincent Sufiyan
Kommunikationsleiter Südwind
Tel.: 0650 96 77577
E-Mail: vincent.sufiyan@suedwind.at

Amnesty International Bericht zur Klimakrise: Ausstieg aus der fossilen Brennstoffindustrie gefordert

Die reichsten Regierungen der Welt verurteilen durch ihre anhaltende Unterstützung der fossilen Brennstoffindustrie Millionen von Menschen zu Hunger, Dürre und Vertreibung. Das zeigt der aktuelle Bericht „Stop Burning Our Rights!„, den Amnesty International gestern veröffentlicht hat. Der Bericht zieht eine vernichtende Bilanz über das globale Versagen beim Schutz der Menschenrechte vor der Klimakrise und zeigt auf, wie entsprechende Menschenrechtsbestimmungen helfen können, Regierungen und Unternehmen zur Verantwortung zu ziehen.

Im Vorfeld des G7-Gipfels der Staats- und Regierungschefs (11.-13. Juni) macht Amnesty darauf aufmerksam, dass die G7-Mitglieder immer noch die Kohle-, Öl- und Gasindustrie subventionieren und keine glaubwürdigen Pläne für einen signifikanten Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen in diesem Jahrzehnt haben. Alle G7-Mitglieder haben sich verpflichtet, bis 2050 keine Kohlenstoffemissionen mehr zu verursachen, doch bislang hat keines der Länder eine angemessene Strategie zur Reduzierung der Emissionen bis 2030 vorgelegt – dem Zeitpunkt, bis zu dem die globalen Emissionen halbiert werden müssen, um die schlimmsten Klimaszenarien abzuwenden.

Forderung nach strengen Vorschriften für Unternehmen
Die unambitionierten Klimapläne, die von den G7-Mitgliedern vorgelegt wurden, stellen eine Verletzung der Menschenrechte von Milliarden von Menschen dar. Es handelt sich nicht um administrative Versäumnisse, sondern um einen verheerenden, flächendeckenden Angriff auf die Menschenrechte„, sagte Chiara Liguori, Expertin für Menschenrechte und Umweltpolitik bei Amnesty International, und weiter: „Auf dem G7-Gipfel der Staats- und Regierungschefs müssen sich die Regierungen zu einem bedingungslosen Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen verpflichten. Sie müssen mit strengen Vorschriften Unternehmen dazu verpflichten, auf erneuerbare Energien umzusteigen und aufhören, mit unseren Steuern die tödliche Industrie für fossile Brennstoffe zu subventionieren.“

Gerechter Übergang
Amnesty International fordert in dem Bericht alle Regierungen auf, nicht nur ehrgeizige nationale, an ihre individuelle Verantwortung und Kapazität angepasste Klimapläne zu verabschieden und umzusetzen, sondern auch einen gerechten Übergang für die vom Klimawandel und dem Ausstieg aus der Karbonindustrie betroffenen Menschen und Gemeinden sicherzustellen und Schritte zu unternehmen, um Armut zu verringern und bestehende Ungleichheiten in der Ausübung der Menschenrechte zu korrigieren. Dazu gehört es, Investitionen in verantwortungsvoll produzierte erneuerbare Energien und sozialen Schutz verstärkt zu fördern und gleichzeitig die Schaffung neuer, grüner und menschenwürdiger Arbeitsplätze zu unterstützen.

Menschenrechte als Leitfaden
Der Bericht „Stop Burning Our Rights!“ zeigt umfassend auf, was Staaten und Unternehmen tun müssen, um die Klimakrise zu bewältigen, den betroffenen Menschen zu helfen und Wiedergutmachung für den von ihnen verursachten Schaden zu gewährleisten. Dabei sind Menschenrechte ein Leitfaden für Regierungen, Unternehmen und Aktivisten im Kampf gegen die Klimakrise, denn nach internationalem Menschenrecht müssen die Staaten alles in ihrer Macht stehende tun, um Emissionen so schnell wie möglich zu reduzieren – eine Verpflichtung, der allerdings laut Amnesty zahlreiche Regierungen nicht nachkommen.

G20-Staaten: 80 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen
So haben von den G20-Staaten, die zusammen für fast 80 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, nur sieben den Vereinten Nationen Ziele zur Emissionsreduktion bis 2030 vorgelegt. Diese reichen derzeit allesamt nicht aus, um den Temperaturanstieg unter 1,5 Grad zu halten. Tatsächlich ist die Unterstützung der fossilen Brennstoffindustrie seit dem Inkrafttreten des Pariser Abkommens fast unvermindert fortgesetzt worden. Viele G20-Staaten haben während der Pandemie bedingungslose Konjunkturprogramme für fossile Brennstoff- und Luftfahrtunternehmen bereitgestellt – obwohl sie genau wissen, dass die Subventionierung dieser Industrien Millionen von Menschen schadet.

Versagen der wohlhabenden Staaten
Amnesty sieht auch ein Versagen der wohlhabenderen Staaten in ihrer Pflicht, einkommensschwächere Länder zu unterstützen, unter anderem durch die Bereitstellung angemessener Finanzmittel, um den Umstieg auf erneuerbare Energien zu fördern. Bisher, so der Bericht, wurden mindestens drei Viertel der internationalen Klimafinanzierungsgelder als Kredite und nicht als Zuschüsse bereitgestellt – mit dem Ergebnis, dass einkommensschwächere Länder ihre eigenen Ressourcen nutzen müssen, um klimabedingte Kosten zu decken, die ihnen von anderen auferlegt werden, was gegen die Verpflichtungen zur internationalen Hilfe verstößt.

Menschenrechte oder fossile Brennstoffe – beides ist nicht möglich
„Benachteiligte Gruppen dürfen nicht den Preis für die Untätigkeit reicher Regierungen und deren Duldung der fossilen Brennstoffindustrie zahlen“, sagte Chiara Liguori in dem Bericht. „Es gibt keine Abkürzungen, um den Planeten und die Menschheit zu retten. Die einzige Option ist, die Ära der fossilen Brennstoffe schnell zu beenden. Wir können Menschenrechte oder fossile Brennstoffe haben – wir können nicht beides haben.“

Zusammenfassung: Klimakrise ist Menschenrechtskrise
Der Klimanotstand ist eine Menschenrechtskrise von noch nie dagewesenem Ausmaß. Der aktuelle Amnesty-Bericht zeigt auf, wie die Klimakrise bereits jetzt verheerende Auswirkungen auf das Leben von Millionen von Menschen hat und wie sie Ungleichheiten und Diskriminierung verschärft. Die Klimakrise bedroht einen Großteil unserer Rechte und die Zukunft der Menschheit. Die Bemühungen der Staaten, den Klimawandel zu bekämpfen, bleiben weit hinter dem zurück, was erforderlich ist, um die verheerendsten Auswirkungen für die Menschen und den Planeten zu vermeiden. Trotz ihrer völkerrechtlichen Verpflichtungen gelingt es der großen Mehrheit der reichen Industrieländer nicht, die Emissionen schnell genug zu reduzieren und den Entwicklungsländern ausreichende Finanzmittel und Unterstützung für einen gerechten Übergang zu einer kohlenstofffreien Wirtschaft und widerstandsfähigen Gesellschaft zur Verfügung zu stellen. Der neue Amnesty-Bericht verdeutlicht die menschenrechtlichen Verpflichtungen von Staaten und die Verantwortung von Unternehmen bei der Bewältigung der Klimakrise und zeigt, dass die Menschenrechte für eine schnelle und faire Dekarbonisierung unserer Wirtschaft und Gesellschaft unerlässlich sind.

Rückfragen und Interviewvereinbarungen:
Presseteam Amnesty International Österreich
Lerchenfelder Gürtel 43/4/3, 1160 Wien
Eleonore Rudnay +43 664 400 10 56
E-Mail: presse@amnesty.at




EINLADUNG ZUM ONLINE-WEBINAR: GLOBAL INEQUALITY TALK #3

Ob die Visionen eines „Green New Deal“ und einer Regionalisierung (reshoring) von Industrie dem Ziel 10 der SDGs („Ungleichheiten in und zwischen Ländern verringern“) entsprechen, diskutieren Julia Eder (Mattersburger Kreis) und Heinz Högelsberger (Arbeiterkammer Wien) mit Gerald Faschingeder (Paulo Freire Zentrum) beim Global Inequality Talk #4 am 9. Juni 2021.

Die Corona-Pandemie hat – wie schon die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 – weitreichende staatliche Eingriffe in die Wirtschaft wieder salonfähig gemacht. Mit einer Industriepolitik, die neoliberale Tabus brach, wurde der drohenden Massenarbeitslosigkeit und Verarmung sowie einer massiven Kapitalentwertung entgegen gewirkt. Könnte darin ein Lerneffekt liegen, in Zukunft auch die Klimakrise mit einer ähnlich entschlossenen Industriepolitik anzugehen? Würden wir damit bereits zu einer progressiven Industriepolitik gelangen?

Industriepolitik gehört in NGO-Kreisen nicht zum Feld fortschrittlicher Agenden, und doch fußt ein großer Teil unserer sozialen und ökonomischen Realität darauf, was wo und wie in Fabriken hergestellt wird. Was skeptisch beäugt wird, hat aber großes Potential.

Zeit: Mi., 9. Juni 2021, 16.00 – 16.45 Uhr.
Ort: Zoom Webinar; Zoom-Link wird den Angemeldeten kurzfristig zugesendet.
Nähere Infos & Anmeldung

Bei den Global Inequality Talks beschäftigen wir uns mit zentralen Fragen der Debatte um Globale Ungleichheit. Multiperspektivisch und interdisziplinär stellen wir uns so einer der größten Herausforderungen der Menschheit. Fast alle alten Zivilisationen sind an extremer Ungleichheit zugrunde gegangen.



KOMMENTAR DER ÖFSE: Gesundheit als globales öffentliches Gut denken!

Die Ankündigung der US-Regierung, die Gespräche in der WTO zu einem TRIPS-Waiver zu unterstützen, hat Bewegung in die internationale COVID-19 Krisenpolitik gebracht. Besonders die EU mit ihrer Blockadehaltung ist unter Zugzwang geraten. Die eilige Ankündigung, dass die EU den afrikanischen Ländern 1 Mrd. € für den Aufbau von pharmazeutischen Produktionskapazitäten zur Verfügung stellen wird, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass nur strukturelle Veränderungen des globalen Gesundheitssystems nachhaltige Verbesserungen bringen können. Es gilt, jetzt die richtigen Lehren aus der COVID-19 Pandemie zu ziehen.

Kommentar Werner Raza (ÖFSE), Mai 2021:
https://www.oefse.at/publikationen/aktueller-kommentar/aktueller-kommentar-mai-2021/

AVISO: Pressegespräch von Südwind und Greenpeace: Welchen politischen Rahmen braucht es für Klimagerechtigkeit?

Im Vorfeld aktueller politischer Weichenstellungen fordern die Umweltschutzorganisation Greenpeace und die Menschenrechtsorganisation Südwind die konsequente öko-soziale Ausrichtung der europäischen und österreichischen Umwelt-, Wirtschafts- und Sozialpolitik.

Die Organisationen analysieren dabei aktuelle politische Entscheidungsprozesse rund um Klimaschutzgesetz, ökosoziale Steuerreform, Lastenverteilung der Emissionsreduktion in der EU, Lieferkettengesetz und Klimagerechtigkeits-Mechanismen. Gemeinsam mit Roman Hoffmann, Migrationsforscher an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sowie am International Institute for Applied Systems Analysis, werden folgende Fragen diskutiert:
– Inwiefern trägt kurzsichtige Klimapolitik zu einer Verschärfung der globalen Ungleichheit bei?
– Welche politischen Maßnahmen in Österreich und Europa helfen den Betroffenen der Klimakrise im Globalen Süden und stärken eine gerechte Bewältigung der Klimakrise auch in Europa und Österreich?
– Welche Rolle spielt die Klimakrise für Migration und welche Herausforderungen können hierdurch entstehen?

Pressegespräch:
Wo: Presseclub Concordia, 1010 Wien
Wann: 2. Juni 2021
Zeit: 9.30 Uhr


Ihre Gesprächspartner*innen sind:
– Isabella Szukits, Sprecherin für Klimagerechtigkeit bei Südwind
– Jasmin Duregger, Klima-Expertin bei Greenpeace
– Roman Hoffmann, Migrationsforscher an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und dem International Institute for Applied Systems Analysis

Aufgrund der derzeitigen Covid-19 Regelungen ist nur eine begrenzte Anzahl an Teilnehmer*innen erlaubt.
Eine Anmeldung ist erforderlich.
Für den Zutritt gilt die 3-G-Regel (bitte Nachweis mitbringen) und die FFP2-Masken-Pflicht.
Bitte beachten Sie: Wir können ausschließlich angemeldete und nachweislich getestete, genesene oder geimpfte Personen einlassen.

Wir bitten daher um Anmeldung vorab an vincent.sufiyan@suedwind.at; +43 650 96 77577