Archiv der Kategorie: Flucht

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Online-Gespräch: Kolumbien hinter den Kulissen

Im Gespräch mit Ulla Ebner (Ö1) zeichnen drei AktivistInnen der kolumbianischen Friedensbewegung auf Einladung des Welthaus ein aktuelles Bild abseits von Medienberichten.

Der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos erhielt 2016 den Friedensnobelpreis für die Beendigung des jahrzehntelangen Bürgerkriegs in seinem Land. Fünf Jahre nach Unterzeichnung des Friedensabkommens ist es aber noch ein weiter Weg, um den sozialen Zusammenhalt wiederherzustellen: Der Friede ist brüchig: jene, die sich für die Umsetzung des Abkommens auf lokaler Ebene einsetzen, laufen Gefahr ermordet zu werden. Corona und die Ankunft von 1,7 Millionen venezolanischen Flüchtlingen haben das Land weiter destabilisiert. Seit Monaten protestiert vor allem die Jugend in landesweiten Großstreiks für bessere Lebensbedingungen. Gesellschaftliche Gräben tun sich aber auch zunehmend in Europa auf; das Friedensprojekt EU bröckelt. Wie schafft man sozialen Zusammenhalt? Wie bringt man Menschen an einen Tisch, die nichts miteinander zu tun haben wollen? Wie können wir Zukunft gemeinsam gestalten?  

Diese Fragen diskutieren Nelson Restrepo, Soziologe,  Fabio Alonso, Politikwissenschafter und Berater in der öffentlichen und lokalen Verwaltung  und Luisa Acosta, Historikerin und engagierte Slow-Food Köchin in Kolumbien.

Online-Gespräch
Mittwoch, 1.12.2021 von 15.30-17.00
Infos und Zoom-Anmeldung

Online-Veranstaltung und Interviewmöglichkeit: Wie wird Frieden hergestellt?

5 Jahre Friedensvertrag in Kolumbien. Ist die Gewalt verschwunden? Reicht ein Friedensvertrag, um die Gewalt zu stoppen? Diesen Fragen geht die kolumbianische Menschenrechtsverteidigerin Maria Jackeline Rojas Castañeda im Gespräch mit Ulrike Lunacek (Obfrau Frauen*solidarität) am Mittwoch, 24. November 2021, nach.

Mehr als 50 Jahre tobte in Kolumbien ein blutiger Konflikt. 220.000 Tote – 80% davon Zivilist_innen – mehr als sechs Millionen Binnenvertriebene, 25.000 Vermisste, fast 2.000 Massaker: grausame Verbrechen, die von allen Konfliktparteien – rechten Paramilitärs, Drogenkartellen, linken Guerrillas und staatlichen Militärs – seit 1958 verübt wurden. Mehr als die Hälfte aller Opfer sind laut UN Women Colombia Frauen. Doch im November 2016, nach mehr als 5 Jahren zäher Verhandlungen und einem fehlgeschlagenen Referendum, endlich große Euphorie: Ein Friedensvertrag, in dessen Erstellung auch zahlreiche Frauenorganisationen involviert waren, wird am 24. November unterzeichnet, die Hoffnung auf wirklichen Frieden im Land ist endlich da.

5 Jahre danach: Ist die Gewalt verschwunden? Reicht ein Friedensvertrag, um die Gewalt zu stoppen?

Diesen Fragen geht die kolumbianische Menschenrechtsverteidigerin Maria Jackeline Rojas Castañeda im Gespräch mit Ulrike Lunacek (Obfrau Frauen*solidarität) nach.

Wann: 24. November, 18:00 – 20:00 Uhr
Anmeldung für Zoom-Teilnahme: anmeldung@frauensolidaritaet.org  (Link wird zugeschickt)
Dolmetsch: Spanisch-Deutsch: Gabriele Gallo

Maria Jackeline Rojas Castañeda war viele Jahre lang Mitarbeiterin der bekannten Organización Femenina Popular in Barrancabermeja, die sich für Frauenrechte und gegen alle Formen von Gewalt einsetzt, und mit der die Frauen*solidarität und KFBÖ seit 1985 in Kontakt stehen. Jackeline Rojas ist selbst direktes Opfer des bewaffneten Konflikts in Kolumbien; drei ihrer Familienmitglieder wurden ermordet; sie selbst wurde im Jahr 2000 von den Paramilitärs zur militärischen Zielscheibe erklärt. Sie wurde immer wieder verfolgt, eingeschüchtert und war gezwungen zu übersiedeln, um ihr Leben und das ihrer Familie zu schützen. 2012 wurde sie mit einem Menschenrechtspreis der Europäischen Union ausgezeichnet. 2014 war sie Teil des Friedensprozesses zwischen dem kolumbianischen Staat und der FARC-EP-Guerilla. Derzeit ist sie Begünstigte eines Programms zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger_innen, die in Kolumbien Opfer von Gewalt sind.

Eine Veranstaltung von:

  • Amnesty International – Netzwerk Arbeit, Wirtschaft und soziale Rechte
  • Frauen*solidarität
  • IGLA
  • Katholische Frauenbewegung Wien
  • LEFÖ
  • ÖGB-weltumspannend arbeiten
  • Referat Genderforschung der Universität Wien
  • WIDE

Einladung: Klimakrise befeuert Vertreibung

VIDC-Podiumsdiskussion mit Adil Najam, Raya Muttarak und Jane Linekar am 4. November 2021, 19:00 – 21:00 Uhr in der Hauptbücherei Wien.

Unter dem Motto „Uniting the world to tackle climate change” findet in Glasgow vom 31. Oktober bis 12. November 2021 die 26. UN-Klimakonferenz (COP26) statt. Die Konferenz vollzieht sich vor dem Hintergrund einer immer schneller und folgenschwerer voranschreitenden Klimakrise – das haben die Waldbrände in den Mittelmeerregionen sowie die Überschwemmungen in Deutschland in diesem Sommer sehr deutlich gezeigt. Auch der Sachstandsbericht des Weltklimarats der Vereinten Nationen vom August dieses Jahres spricht eine eindeutige Sprache: Der Bericht geht davon aus, dass die Klimaveränderungen in den kommenden Jahrzehnten in allen Regionen zunehmen werden. Bei einer globalen Erwärmung von 1,5°C wird es immer mehr Hitzewellen, längere warme und kürzere kalte Jahreszeiten geben.  Bei 2°C globaler Erwärmung würden Hitzeextreme häufiger und kritische Toleranzschwellen für Landwirtschaft und Gesundheit erreicht, so der Bericht.

Menschen in den Ländern des Globalen Südens sind von den kurzfristigen und langfristigen Auswirkungen des Klimawandels besonders betroffen. Die Weltbank geht in einem aktuellen Bericht von bis zu 216 Millionen Binnenvertriebenen aufgrund des Klimawandels bis zum Jahr 2050 aus. Diese Menschen können sich vor den häufigen und intensiver werdenden wetterbedingten Ereignissen, wie Überschwemmungen, Feuer, Dürren und Stürmen weniger schützen und sind immer häufiger gezwungen ihre Herkunftsorte zu verlassen und ein neues Zuhause zu suchen.

Die Veranstaltung geht der Frage nach, wie sich die Klimakrise auf Konflikte und Vertreibungen im Globalen Süden auswirken.
Was wären notwendige Anpassungsstrategien zur Katastrophenrisikominderung in den ärmeren und besonders bedrohten Ländern des Globalen Südens? Wie können Länder mit hohem Risiko und geringer Kapazität gezielt dabei unterstützt werden, sich vor den Auswirkungen des Klimawandels besser zu schützen? Wie ist der Status Quo in Bezug auf Klimawandel und Vertreibung? Welcher Zusammenhang besteht zwischen Konflikten und der Klimakrise? Wer ist von Vertreibungen besonders betroffen? Ist klimabedingte Vertreibung weiblich? 

Mehr Infos und Anmeldung

PA: Syrien: Neuer Amnesty-Bericht zeigt Folter, Vergewaltigung und Verschwindenlassen zurückgekehrter Geflüchteter

WIEN, 07.09.2021 – Syrische Sicherheitskräfte haben Syrer*innen, die nach ihrer Flucht in ihre Heimat zurückgekehrt sind, inhaftiert, verschwinden lassen und gefoltert, so Amnesty International in einem aktuellen Bericht heute. Die Menschenrechtsorganisation fordert die internationale Staatengemeinschaft dazu auf, Menschen aus Syrien internationalen Schutz zu gewähren und keine Abschiebungen nach Syrien durchzuführen.

Unter dem Titel „You’re going to your death“ dokumentiert die Menschenrechtsorganisation eine ganze Reihe von Menschenrechtsverletzungen, die von syrischen Geheimdienstangehörigen gegen 66 Rückkehrende, darunter 13 Kinder, begangen wurden. Unter anderem werden fünf Fälle beschrieben, bei denen die Betroffenen nach ihrer Rückkehr in Haft starben; in 17 Fällen von Verschwindenlassen ist der Verbleib der Vermissten nach wie vor nicht bekannt.

Die Rückkehrer*innen berichteten, dass Geheimdienstangehörige es gezielt auf sie abgesehen hätten, weil sie aus Syrien geflohen seien. Ihnen sei Illoyalität und „Terrorismus“ vorgeworfen worden. Das bestätigt auch Marie Forestier, Expertin für die Rechte von Geflüchteten und Migrant*innen bei Amnesty International: „Die militärischen Feindseligkeiten mögen nachgelassen haben, aber massive Menschenrechtsverletzungen der syrischen Regierung sind weiterhin an der Tagesordnung. Allein die Tatsache, aus Syrien geflohen zu sein, genügt, um von den Behörden ins Visier genommen zu werden.“ Ins Visier genommen, weil sie geflohen sind Rückkehrer*innen werden oft von den Behörden des Verrats oder der Unterstützung des „Terrorismus“ beschuldigt – allein in dem Bericht dokumentiert Amnesty 24 Fälle, in denen Männer, Frauen und Kinder aufgrund solcher Anschuldigungen zur Zielscheibe wurden. Sie waren massiven Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt, darunter Vergewaltigungen und weitere Formen sexualisierter Gewalt, willkürlicher und rechtswidriger Inhaftierung sowie Folter und anderen Formen der Misshandlung.

Sexualisierte Gewalt
Die Bestrafungen derjenigen, die das Misstrauen der Regierung erregen, sind brutal. In dem Amnesty-Bericht werden 14 Fälle von sexualisierter Gewalt durch Sicherheitskräfte beschrieben, in sieben Fällen davon handelte es sich um Vergewaltigungen, unter anderem bei einem Teenager und einem fünfjährigen Mädchen. Klar ist: Frauen sind bei ihrer Rückkehr nach Syrien genauso gefährdet wie Männer und sollten das gleiche Maß an Schutz erhalten.

Folter und Verschwindenlassen
Insgesamt dokumentierte Amnesty International 59 Fälle von Männern, Frauen und Kindern, die nach ihrer Rückkehr in Syrien willkürlich festgenommen wurden, meist aufgrund von weit gefassten Terrorismus-Anschuldigungen. 33 Menschen wurden in Haft oder während eines Verhörs gefoltert oder anderweitig misshandelt. In dem Bericht dokumentiert wurden außerdem 27 Fälle von Verschwindenlassen. In fünf davon wurden die Familienangehörigen schließlich informiert, dass ihre Angehörigen in Haft gestorben waren. Fünf weitere Personen wurden freigelassen. Der Verbleib der anderen 17 Menschen ist nach wie vor unbekannt. In 27 dokumentierten Fällen wurden Rückkehrende festgehalten, um Lösegeld für sie zu erpressen. Durchschnittlich bezahlten Angehörige zwischen drei und fünf Millionen syrische Pfund (das entspricht 1.000 bis 1.700 Euro) für ihre Freilassung.

Syrien ist nicht sicher
Die erschütternden Aussagen im Bericht sind laut Amnesty ein Beweis dafür, dass es in Syrien keinen sicheren Ort für gibt. „Jede Regierung, die behauptet, Syrien sei jetzt sicher, ignoriert vorsätzlich die schreckliche Situation vor Ort und lässt die Geflüchtete erneut um ihr Leben fürchten. Wir fordern die europäischen Regierungen auf, Menschen aus Syrien den Flüchtlingsstatus zu gewähren und sofort jede Praxis einzustellen, die Menschen direkt oder indirekt zur Rückkehr nach Syrien zwingt. Auch die Regierungen des Libanon, der Türkei und Jordaniens müssen im Einklang mit ihren internationalen Verpflichtungen syrische Geflüchtete vor Abschiebung oder anderen erzwungenen Rückführungsmaßnahmen schützen.“

HINTERGRUND: Druck zur Rückkehr
Die Kämpfe in Syrien haben in den letzten drei Jahren deutlich abgenommen und die syrische Regierung kontrolliert inzwischen mehr als 70 Prozent des Landes. Vor diesem Hintergrund haben die syrischen Behörden Geflüchtete öffentlich zur Rückkehr aufgefordert. Viele Aufnahmeländer haben angefangen, ihre Schutzmaßnahmen für Menschen aus Syrien zu überdenken. Im Libanon und in der Türkei, wo Geflüchtete unter prekären Bedingungen leben und Diskriminierung ausgesetzt sind, üben die Regierungen zunehmend Druck auf Syrer*innen aus, damit sie zurückkehren. Anhand der im Bericht dokumentierten Forschungsergebnisse kommt Amnesty International jedoch zu dem Schluss, dass es für Rückkehrende nirgendwo in Syrien sicher ist. Diejenigen, die Syrien seit Beginn des Konflikts verlassen haben, sind einem hohen Risiko ausgesetzt, nach ihrer Rückkehr verfolgt zu werden – sei es aufgrund der ihnen zugeschriebenen politischen Ansichten oder einfach als Strafe dafür, dass sie aus dem Land geflohen sind. „Die Assad-Regierung versucht, Syrien als ein Land im Aufschwung darzustellen. In Wirklichkeit begehen Angehörige syrischer Behörden nach wie vor systematisch Menschenrechtsverletzungen – ein Grund, weswegen Millionen von Menschen überhaupt im Ausland Schutz suchen“, sagte Marie Forestier.

In dem Bericht dokumentiert Amnesty International schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen durch die syrische Regierung an Geflüchteten, die zwischen Mitte 2017 und Frühjahr 2021 aus dem Libanon, Rukban (einer informellen Siedlung zwischen der jordanischen und der syrischen Grenze), Frankreich, Deutschland, der Türkei, Jordanien und den Vereinigten Arabischen Emiraten nach Syrien zurückgekehrt sind. Er basiert auf Interviews mit 41 Syrer*innen, darunter Rückkehrende, deren Angehörige und Freund*innen sowie mit Anwält*innen, Mitarbeiter*innen von Hilfsorganisationen und Syrien-Expert*innen.

Für Interviewanfragen und Rückfragen wenden Sie sich bitte an presse@amnesty.at.

Presseteam Amnesty International Österreich
Lerchenfelder Gürtel 43/4/3, 1160 Wien
Mag. Eleonore Rudnay
+43 664 400 10 56
E-Mail: eleonore.rudnay@amnesty.at

PA: Amnesty-Bericht zu Libyen

Neue Beweise für schwere Menschenrechtsverletzungen in Haftzentren für Geflüchtete – Europa muss Rückführungen stoppen. BITTE BEACHTEN SIE DIE SPERRFRIST FÜR DIE VERÖFFENTLICHUNG DIESES BERICHTS: Donnerstag, 15. Juli 2021, 00:01 GMT.

Wien, 14. Juli 2021. Männer, Frauen und Kinder, die bei der Überquerung des Mittelmeers aufgegriffen und unter Zwang in libysche Haftzentren zurückgebracht werden, sind dort schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Dazu zählt auch sexualisierte Gewalt. Das zeigen neue Beweise, die Amnesty International in einem heute veröffentlichten Bericht vorlegt, der die furchtbaren Folgen der Zusammenarbeit Europas mit Libyen im Bereich Migration und Grenzkontrolle verdeutlicht. Der Bericht ‚No one will look for you‘: Forcibly returned from sea to abusive detention in Libya dokumentiert, wie die jahrzehntelangen Menschenrechtsverletzungen gegen Geflüchtete und Migrant*innen in libyschen Haftzentren auch in den ersten sechs Monaten des Jahres 2021 unvermindert weitergingen, trotz der wiederholten Versprechen der Behörden, gegen diese vorzugehen.

Verschwindenlassen und Vergewaltigungen durch Wärter in libyschen Haftzentren
Im Rahmen der Recherchen zum Bericht stellte sich auch heraus, dass Libyens Amt für die Bekämpfung illegaler Migration (DCIM), eine Abteilung des Innenministeriums, seit Ende 2020 diesen Missbrauch sogar noch legitimiert hat: Seitdem sind der Behörde zwei neue Haftzentren unterstellt, in denen in den vergangenen Jahren Hunderte von Geflüchteten und Migrant*innen durch die Hand von Milizen dem Verschwindenlassen zum Opfer fielen. In einem der kürzlich unbenannten Zentren sagten Überlebende, dass die Wärter Frauen vergewaltigten und sie sexualisierter Gewalt aussetzten, unter anderem indem sie sie im Austausch für Essen oder ihre Freiheit zu Sex zwangen.

Systematische Folger, sexualisierte Gewalt und Zwangsarbeit
Der Amnesty-Bericht beschreibt detailliert die Erfahrungen von 53 Geflüchteten und Migrant*innen, die zuvor in Zentren festgehalten wurden, die nominell unter der Kontrolle des DCIM stehen. 49 von ihnen wurden direkt nach ihrem Aufgreifen auf See inhaftiert. „Dieser erschreckende Bericht wirft ein neues Licht auf das Leid der Menschen, die auf See aufgegriffen und nach Libyen zurückgebracht werden, wo sie sofort in willkürliche Haft genommen und systematisch Folter, sexualisierter Gewalt, Zwangsarbeit und anderer Ausbeutung ausgesetzt werden, und das bei völliger Straffreiheit der Täter. Währenddessen belohnen die libyschen Behörden diejenigen, die unter begründetem Verdacht stehen, solche Menschenrechtsverletzungen zu begehen, mit Machtpositionen und höheren Dienstgraden. Das bedeutet, dass wir Gefahr laufen, dass sich dieses schreckliche Szenario fortsetzt“, sagte Diana Eltahawy, stellvertretende Direktorin für den Nahen Osten und Nordafrika bei Amnesty International.

Komplizenschaft Europas und Straflosigkeit der Täter*innen
„Der Bericht wirft auch ein Schlaglicht auf die anhaltende Komplizenschaft europäischer Staaten, die es der libyschen Küstenwache weiterhin ermöglicht und sie dabei unterstützt, Menschen auf See abzufangen und sie gewaltsam in die Gefangenschaft in Libyen zurückzuschicken, obwohl sie genau wissen, welche Schrecken sie dort erwarten.“ Amnesty International fordert die europäischen Staaten auf, die Zusammenarbeit mit Libyen in den Bereichen Migration und Grenzkontrollen auszusetzen. In dieser Woche wird das italienische Parlament über die Fortsetzung der Bereitstellung von militärischer Unterstützung und Ressourcen für die libysche Küstenwache debattieren.

Informelle Gefangenenlager wurden „legitimiert“
Die libyschen Behörden hatten zugesichert, die DCIM-Zentren zu schließen, in denen es regelmäßig zu Misshandlungen kam; allerdings haben sich ähnliche Muster von Menschenrechtsverletzungen in neu eröffneten oder wieder eröffneten Zentren wiederholt. Ein Beispiel für die fest verwurzelte Straflosigkeit sind die informellen Gefangenenlager, die ursprünglich von Milizen betrieben wurden und nun legitimiert und in das DCIM integriert worden sind. Im Jahr 2020 waren Hunderte von Menschen, die zuvor nach Libyen zurückgebracht worden waren, an einem informellen Ort, der damals von einer Miliz kontrolliert wurde, „verschwunden“. Inzwischen haben die libyschen Behörden den Ort in das DCIM integriert, ihm den Namen „Tripoli Gathering and Return Centre“ gegeben, umgangssprachlich auch als „Al-Mabani“ bekannt, und darüberhinaus den ehemaligen Direktor und andere Mitarbeiter*innen des nun geschlossenen DCIM-Zentrums Tajoura mit der Leitung betraut. Tajoura, das für Folter und andere Misshandlungen berüchtigt war, wurde im August 2019 geschlossen, einen Monat nach Luftangriffen, bei denen mindestens 53 Gefangene getötet wurden.

Anhaltende Misshandlungen, Zwangsarbeit und Selbstmordversuche
In der ersten Hälfte des Jahres 2021 wurden mehr als 7.000 auf See abgefangene Menschen zwangsweise nach Al-Mabani gebracht. Die dort inhaftierten Personen berichteten Amnesty International, dass sie Folter und anderen Misshandlungen, grausamen und unmenschlichen Haftbedingungen, Erpressung und Zwangsarbeit ausgesetzt waren. Einige berichteten auch, dass sie invasiven, erniedrigenden und gewalttätigen Leibesvisitationen unterzogen wurden.

Das Zentrum Shara‘ al-Zawiya in Tripolis ist eine Einrichtung, die früher ebenfalls von Milizen betrieben und vor kurzem in das DCIM integriert wurde. Das Zentrum ist für besonders schutzbedürftige Personen bestimmt. Ehemalige Inhaftierte dort sagten, dass die Wärter Frauen vergewaltigten und einige von ihnen im Austausch für ihre Freilassung oder für lebenswichtige Dinge wie sauberes Wasser zu Sex gezwungen wurden.

„Grace“ sagte, dass sie schwer geschlagen wurde, weil sie sich weigerte, einer solchen Forderung nachzukommen: „Ich sagte [dem Wärter] Nein. Er benutzte eine Pistole, um mich zu schlagen. Er benutzte einen ledernen Soldatenschuh … um mich gegen die Hüfte zu [treten].“ Zwei junge Frauen in der Einrichtung versuchten aufgrund solcher Misshandlungen, sich das Leben zu nehmen.

Drei Frauen berichteten auch, dass zwei Babys, die mit ihren Müttern nach einer versuchten Überfahrt über das Meer festgehalten wurden, Anfang 2021 starben, nachdem das Wachpersonal sich geweigert hatte, sie zu einer wichtigen medizinischen Behandlung in ein Krankenhaus zu bringen.

Der Bericht von Amnesty International dokumentiert ähnliche Muster von Menschenrechtsverletzungen, darunter schwere Schläge, sexualisierte Gewalt, Erpressung, Zwangsarbeit und unmenschliche Bedingungen in sieben DCIM-Zentren in Libyen. Im Abu-Issa-Zentrum in der Stadt al-Zawiya berichteten Inhaftierte, dass ihnen gehaltvolle Nahrung verweigert wurde, bis manche von ihnen verhungerten.

In Al-Mabani und zwei weiteren DCIM-Zentren dokumentierte Amnesty International den rechtswidrigen Einsatz tödlicher Gewalt, als Wachleute und andere bewaffnete Männer auf Inhaftierte schossen und es dabei zu Verletzten und Toten kam.

„Das gesamte Netz der libyschen Haftzentren für Geflüchtete ist durch und durch verrottet und muss abgeschafft werden. Die libyschen Behörden müssen alle Gefängnisse sofort schließen und die Inhaftierung von Geflüchteten und Migrant*innen beenden“, sagte Diana Eltahawy.

Libysche „Rettungs“-Einsätze gefährden Leben
Zwischen Januar und Juni 2021 hat die von der EU unterstützte libysche Küstenwache im Rahmen so genannter „Rettungs“-Missionen rund 15.000 Menschen auf See abgefangen und nach Libyen zurückgeschickt – mehr als im gesamten Jahr 2020. Von Amnesty International befragte Personen beschrieben das Verhalten der libyschen Küstenwache durchweg als fahrlässig und missbräuchlich. Überlebende schilderten, wie die libysche Küstenwache ihre Boote absichtlich beschädigte und in einigen Fällen zum Kentern brachte, was dazu führte, dass Geflüchtete und Migrant*innen in mindestens zwei Fällen ertranken. Ein*e Augenzeuge*in sagte, dass libysche Küstenwächter mit ihren Handys filmten, nachdem sie ein Schlauchboot zum Kentern gebracht hatten, anstatt alle Überlebenden zu retten.

In den ersten sechs Monaten des Jahres 2021 sind mehr als 700 Geflüchtete und Migrant*innen entlang der zentralen Mittelmeerroute ertrunken. Geflüchtete und Migrant*innen berichteten Amnesty International, dass sie bei ihren Versuchen, das Meer zu überqueren, häufig Flugzeuge über dem Meer oder Schiffe in der Nähe sahen. Doch diese boten ihnen vor dem Eintreffen der libyschen Küstenwache keine Hilfe an. Die europäische Grenzschutzagentur Frontex überwacht das Mittelmeer aus der Luft, um Boote von Geflüchteten und Migrant*innen auf See zu identifizieren. Seit Mai 2021 setzt sie außerdem eine Drohne über dieser Route ein. Europäische Marineboote haben das zentrale Mittelmeer weitgehend verlassen, um Flüchtlings- und Migrant*innenboote in Seenot nicht retten zu müssen. Italien und andere EU-Mitgliedsstaaten gewähren der libyschen Küstenwache weiterhin materielle Unterstützung, darunter Schnellboote, und arbeiten an der Einrichtung eines maritimen Koordinationszentrums im Hafen von Tripolis, das größtenteils aus dem EU-Treuhandfonds für Afrika finanziert wird.

„Trotz überwältigender Beweise für rücksichtsloses, fahrlässiges und rechtswidriges Verhalten der libyschen Küstenwache auf See und systematischer Menschenrechtsverletzungen in den Haftzentren nach der Ausschiffung unterstützen die europäischen Partner die libysche Küstenwache weiterhin dabei, Menschen gewaltsam genau zu den Misshandlungen zurückzubringen, vor denen sie in Libyen geflohen sind“, sagte Diana Eltahawy. „Es ist längst an der Zeit, dass die europäischen Staaten die unhaltbaren Konsequenzen ihres Handelns anerkennen. Sie müssen die Zusammenarbeit mit Libyen in Sachen Migration und Grenzkontrollen aussetzen und stattdessen den Tausenden schutzbedürftigen Menschen, die derzeit dort festsitzen, dringend benötigte Wege in die Sicherheit öffnen.“

BITTE BEACHTEN SIE DIE SPERRFRIST FÜR DIE VERÖFFENTLICHUNG DIESES BERICHTS: Donnerstag, 15. Juli 2021, 00:01 GMT.

Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an eleonore.rudnay@amnesty.at
Presseteam Amnesty International Österreich
Lerchenfelder Gürtel 43/4/3, 1160 Wien
E-Mail: presse@amnesty.at

AVISO: Pressegespräch von Südwind und Greenpeace: Welchen politischen Rahmen braucht es für Klimagerechtigkeit?

Im Vorfeld aktueller politischer Weichenstellungen fordern die Umweltschutzorganisation Greenpeace und die Menschenrechtsorganisation Südwind die konsequente öko-soziale Ausrichtung der europäischen und österreichischen Umwelt-, Wirtschafts- und Sozialpolitik.

Die Organisationen analysieren dabei aktuelle politische Entscheidungsprozesse rund um Klimaschutzgesetz, ökosoziale Steuerreform, Lastenverteilung der Emissionsreduktion in der EU, Lieferkettengesetz und Klimagerechtigkeits-Mechanismen. Gemeinsam mit Roman Hoffmann, Migrationsforscher an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sowie am International Institute for Applied Systems Analysis, werden folgende Fragen diskutiert:
– Inwiefern trägt kurzsichtige Klimapolitik zu einer Verschärfung der globalen Ungleichheit bei?
– Welche politischen Maßnahmen in Österreich und Europa helfen den Betroffenen der Klimakrise im Globalen Süden und stärken eine gerechte Bewältigung der Klimakrise auch in Europa und Österreich?
– Welche Rolle spielt die Klimakrise für Migration und welche Herausforderungen können hierdurch entstehen?

Pressegespräch:
Wo: Presseclub Concordia, 1010 Wien
Wann: 2. Juni 2021
Zeit: 9.30 Uhr


Ihre Gesprächspartner*innen sind:
– Isabella Szukits, Sprecherin für Klimagerechtigkeit bei Südwind
– Jasmin Duregger, Klima-Expertin bei Greenpeace
– Roman Hoffmann, Migrationsforscher an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und dem International Institute for Applied Systems Analysis

Aufgrund der derzeitigen Covid-19 Regelungen ist nur eine begrenzte Anzahl an Teilnehmer*innen erlaubt.
Eine Anmeldung ist erforderlich.
Für den Zutritt gilt die 3-G-Regel (bitte Nachweis mitbringen) und die FFP2-Masken-Pflicht.
Bitte beachten Sie: Wir können ausschließlich angemeldete und nachweislich getestete, genesene oder geimpfte Personen einlassen.

Wir bitten daher um Anmeldung vorab an vincent.sufiyan@suedwind.at; +43 650 96 77577

PA: Europaweite Jugend-Umfrage

Südwind berichtet: Für Österreichs Jugend ist Klimaschutz das wichtigste Anliegen. Die große Mehrheit findet Wirtschaftssystem ungerecht.

Wien, 21. April 2021. Einen weitreichenden Vertrauensverlust der Jugend in das aktuelle Wirtschaftssystem sowie einen konkreten Handlungsauftrag an die Politik für mehr Klimaschutz zeigt eine neue europaweite Umfrage zu Klimagerechtigkeit unter 15- bis 35-Jährigen im Auftrag von Südwind und Partnerorganisationen. In Österreich sehen mehr als die Hälfte (55%) der jungen Befragten im Klimawandel die größte globale Herausforderung, gefolgt von Umweltzerstörung (44%). Drei Viertel (75%) sind der Meinung, „dass wir unsere Konsumgewohnheiten nicht aufrechterhalten können, wenn wir gleichzeitig die Umwelt schützen wollen“. Sieben von zehn (70%) denken, dass die „Wirtschaft in Österreich zum Vorteil der Reichen und Mächtigen ausgerichtet ist“ und zwei Drittel (66%) sehen bei Wirtschaft und Industrie die größte Verantwortung, um die Klimakrise zu bewältigen. Die Menschenrechtsorganisation Südwind sieht in den Umfrageergebnissen einen klaren Auftrag an die Politik für mehr Ambition beim Klimaschutz sowie für eine Wende hin zu einem sozial und ökologisch gerechten Wirtschaftssystem, von dem Alle profitieren. „Die Klimakrise ist eine soziale Krise. Wir brauchen daher eine Politik im Sinne der Klimagerechtigkeit. Junge Menschen wissen, dass sie die Hauptbetroffenen der Klimakrise sein werden und erwarten sich von den politischen Verantwortlichen konkrete Maßnahmen und Zukunftsperspektiven“, sagt Isabella Szukits, Sprecherin für Klimagerechtigkeit bei Südwind. Denn laut Umfrageempfinden 73 Prozent von Österreichs Jugend es als „Zeichen falscher Prioritäten einer Regierung, wenn Umweltverschmutzung und Klimawandel nicht bekämpft werden“ und 70 Prozent halten es sogar für „unverantwortlich und gefährlich“, wenn die Politik Umweltverschmutzung und Klimakrise nicht in Angriff nimmt.

Auch im Bereich der Migrationspolitik zeigt die Umfrage einen Wunsch nach Veränderung:Mehr als die Hälfte (54%) der jungen Bevölkerung ist der Meinung, „dass es Menschen möglich sein sollte, nach Österreich zu migrieren, um vor extremen Wetter- und Umweltveränderungen zu fliehen“. 83 Prozent geben an, Politiker*innen zu wählen, die den Themen Klimawandel, Migration und Klima-Migration Vorrang geben. Etwa die Hälfte (47%) ist gar der Meinung, dass Klimamigrant*innen denselben rechtlichen Schutz erhalten sollten wie Menschen, die vor Krieg oder Verfolgung fliehen.

„Das reichste 1 Prozent der Weltbevölkerung ist verantwortlich für doppelt so viele Emissionen wie die ärmere Hälfte der Welt. Gleichzeitig sind ausgerechnet diejenigen, die kaum zur Klimakrise beigetragen haben, besonders stark von den Auswirkungen betroffen. Zusätzlich zu einer ambitionierten Klimapolitik braucht es dringend eine effektive Unterstützung für die Länder des Globalen Südens und internationale Schutzmechanismen für Menschen, die aufgrund der Klimakrise ihre Lebensgrundlage und ihr Zuhause verlieren“, sagt Südwind-Expertin Isabella Szukits.

Gerechter Wirtschaftswandel statt Wachstumswahn
Basierend auf den Umfrageergebnissen fordert Südwind gemeinsam mit 16 Partnerorganisationen aus der Zivilgesellschaft und Wissenschaft aus 13 Ländern im Rahmen der Initiative Climate Of Change einen politischen Klimagerechtigkeits-Pakt. Dieser müsste zusätzlich zur konsequenten Einhaltung der Pariser Klimaschutzziele auch ein wirtschaftspolitisches Umdenken umfassen. Südwind fordert von der Politik auf nationaler sowie europäischer Ebene einen Wirtschaftswandel, hin zu einem Modell, in dem nicht immer neue Wachstumsziele, sondern das menschliche Wohlbefinden sowie die soziale und ökologische Gerechtigkeit im Mittelpunkt stehen. Demnach braucht es als konkrete Eckpfeiler einen strengen Rechtsrahmen für die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutz entlang globaler Lieferketten, eine Migrationspolitik im Einklang mit den Menschenrechten sowie ein ausbeutungsfreies Wirtschaftssystem mit gerechten Handels- und Arbeitsbeziehungen.

Hintergrund: Europaweite Jugendstudie in 23 Ländern
Das Marktforschungsunternehmen Ipsos hat im Auftrag von Südwind und ihren Partnerorganisationen von 29. Oktober bis 19. November 2020 eine repräsentative Stichprobe von Menschen im Alter von 15 bis 35 Jahren in 23 europäischen Ländern mittels Computer Assisted Web Interviewing befragt. Insgesamt wurden 22.377 Personen interviewt, in Österreich waren es insgesamt 1.019. Climate of Change ist eine europaweite Initiative für Klimagerechtigkeit von 16 Organisationen in  13 Ländern, unter anderem mit Südwind, Oxfam, EEB – The European Environmental Bureau, WeWorld und vielen mehr.

Rückfragehinweis:
Vincent Sufiyan
Kommunikationsleitung Südwind
Tel.: 0650 96 77 577
E-Mail: vincent.sufiyan@suedwind.at

Presse-Einladung: Die Auswirkungen von zehn Jahren Krieg in Syrien auf Kinder und ihre Kindheit

Virtueller Feldbesuch in Syrien und Jordanien mit anschließendem Pressegespräch

Wer: Ted Chaiban, UNICEF-Regionaldirektor für den Nahen Osten und Nordafrika, sowie Juliette Touma, UNICEF-Regionalleiterin für Kommunikation, Naher Osten und   Nordafrika

Wann: Donnerstag, 11. März 2021 um 14:00 Uhr (CET)
Wo: Zoom Webinar: https://unicef.zoom.us/j/93935909193, Kennwort: 087469

*Englische Übersetzung wird verfügbar sein.

Um zehn lange Jahre des Krieges in Syrien zu markieren und die Folgen des Konflikts für Kinder innerhalb Syriens und in den Nachbarländern darzustellen. Der jahrzehntelange Krieg in Syrien hat verheerende Auswirkungen auf Kinder und ihre Kindheit. Innerhalb Syriens gibt es mehr als sechs Millionen hilfsbedürftige Kinder. Viele von ihnen wurden in den Krieg hineingeboren und kennen nichts anderes als Konflikt, Vertreibung und Verluste.

Allein im letzten Jahr hat sich die Zahl der Kinder in psychischen Notlagen verdoppelt – ein Hinweis auf die lebenslangen Folgen, die der Krieg auf die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden der Kinder in Syrien hat. Die Hälfte der syrischen Kinder geht nicht in die Schule, ihnen wird Bildung vorenthalten. Eine von drei Schulen innerhalb Syriens kann nicht genutzt werden, weil sie beschädigt oder zerstört wurden, vertriebene Familien beherbergen oder für militärische Zwecke genutzt werden.

Die COVID-19-Pandemie hat die Situation der Kinder in Syrien weiter verschärft. Die Zahl jener, die Hilfe benötigen, ist allein im letzten Jahr um 20 Prozent gestiegen. 65 Prozent der Familien gaben an, dass sie ihre Grundbedürfnisse nicht befriedigen können und fast 80 Prozent der Menschen in Syrien leben in Armut.

Mehr als 10.000 Kinder wurden nachweislich getötet oder verletzt, fast 700 Bildungseinrichtungen und -personal sind unter Beschuss geraten, während die Hälfte der Gesundheitseinrichtungen nicht funktioniert. Diese Zahlen sind die Spitze des Eisbergs. Sie ergeben, was die UN seit 2014, als der Verifizierungsprozess eingeführt wurde, belegen konnte.

UNICEF-Regionaldirektor, Ted Chaiban, hat kürzlich Syrien besucht und dort Kinder und Familien getroffen. Auf seiner Reise besuchte er auch das Lager Al-Hol im Nordosten Syriens, wo 22.000 ausländische Kinder in Lagern und Gefängnissen ausharren.

Der Krieg wirkt sich auch auf die Nachbarländer Syriens aus. 2,5 Millionen Kinder aus Syrien sind dort als Flüchtlinge registriert. Jordanien, der Libanon, die Türkei, der Irak und Ägypten beherbergen mehr als 80 Prozent aller syrischen Flüchtlinge auf der Welt.

Die Reaktion auf die Krise in Syrien in den letzten zehn Jahren ist eine der größten humanitären Operationen in der Geschichte von UNICEF. Allein im letzten Jahr erreichte UNICEF mit Partnern über 3,7 Millionen Kinder mit Lernangeboten, 900.000 Kinder erhielten Routine-Immunisierungen oder Impfungen und 400.000 Kinder psychosoziale Unterstützung in Syrien und den Nachbarländern. Dies ist ein Höhepunkt der Hilfsmaßnahmen, die die UNICEF-Teams vor Ort durchführen.

Um die Hilfe für Kinder und Familien in Syrien und den Nachbarländern im Jahr 2021 fortzusetzen, bittet UNICEF um 1,4 Milliarden US-Dollar.

Über UNICEF
UNICEF, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, setzt sich in mehr als 190 Ländern und Territorien für jedes Kind weltweit ein. Wir arbeiten effizient, transparent und nachhaltig, für das Überleben und Wohlergehen jedes Kindes – ohne Wenn und Aber. UNICEF finanziert sich ausschließlich durch freiwillige Beiträge und wird in Österreich durch das Österreichische Komitee für UNICEF vertreten. Seit 1962 setzt sich UNICEF Österreich für Kinder ein – im Ausland wie im Inland. Um unsere Arbeit fortsetzen zu können, benötigen wir dringend Ihre Unterstützung.

Zur Bestätigung Ihrer Teilnahme, für Fragen im Vorfeld oder für Interviewwünsche: presse@unicef.at   

Rückfragen und Kontakt:
UNICEF Österreich, Mag. Lisa Haber, MA., +43 1 879 21 91-45, haber@unicef.at

UNICEF Österreich/UNICEF Austria | Für jedes Kind.
Mariahilfer Straße 176/10
A-1150 Wien/Vienna
T +43 1 879 21 91 – 45
M +43 660 380 74 59
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Podcast: Reporter Ohne Grenzen zum Brennpunkt “Afrika” im Gespräch mit Margit Maximilian

Wenn vom Corona-Virus berichtet wird, dann liegt der Schwerpunkt häufig auf Europa, den USA und Asien. Weniger im Mittelpunkt steht Afrika. Doch das Virus kennt keine Grenzen und grassiert auch dort. Einige ExpertInnen sagen aber, dass Afrika leichter durch die Corona-Krise kommt.

Warum das so ist und wie sie den aktuellen Konflikt in Äthiopien sieht, darüber spricht „Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich“-Präsidentin Rubina Möhring in dieser neuen Ausgabe der Podcast-Reihe „Perspektiven ohne Grenzen“ mit der ORF-Afrika-Expertin Margit Maximilian, die aus Nairobi (Kenia) zugeschaltet ist.

Weitere Aspekte im Gespräch: Welche Bedeutung haben die Menschenrechte und dabei speziell der Artikel 19, der der Medienfreiheit gewidmet ist und das Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit besagt, gerade in diesem schwierigen Jahr? Und welche Bilanz zieht Margit Maximilian, 1998 Gründungsmitglied von „Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich“, was Pressefreiheit und die Lage von JournalistInnen international heute betrifft?

Mehr Infos und Podcast: https://www.rog.at/pm/afrika-der-wenig-beachtete-kontinent-in-der-corona-krise


PA: Katar: Hausangestellte ausgebeutet und missbraucht

SPERRFRIST: Dienstag, 20. Oktober, 02:01 Uhr MESZ, frei für Dienstagsausgaben. Neuer Amnesty-Bericht deckt Misshandlungen, Erniedrigungen und schwere Straftaten gegen Hausangestellte auf. Amnesty International fordert ein Ende der Straflosigkeit für verantwortliche Arbeitgeber*innen.

London/Wien, am 20. Oktober 2020 – In Katar werden Hausangestellte trotz jüngster Reformen weiterhin misshandelt, erniedrigt und gezwungen, bis zur völligen Erschöpfung zu arbeiten. Das zeigt ein neuer Bericht von Amnesty International, der heute veröffentlicht wird. Einige Frauen gaben an, Opfer schwerer Straftaten, darunter sexualisierter Gewalt, geworden zu sein.

Bericht zum Downloaden

„In Katar herrscht nach wie vor ein System vor, das es Arbeitgeber*innen erlaubt, Hausangestellte nicht als Menschen, sondern als Besitz zu behandeln. Hausangestellte erzählten uns, dass sie durchschnittlich 16 Stunden pro Tag arbeiteten, an jedem Tag der Woche – weit mehr, als das Gesetz erlaubt. Andere berichteten, dass sie ihre Gehälter nicht erhielten und bösartigen Beleidigungen und Übergriffen ausgesetzt waren“, sagt Steve Cockburn, Leiter der Abteilung wirtschaftliche und soziale Gerechtigkeit bei Amnesty International, und sagt weiter:

„Die Einführung des Gesetzes über Hausangestellte im Jahr 2017 war ein wichtiger Schritt zum Schutz der Arbeitsrechte in Katar. Leider wird durch die Berichte der Frauen, mit denen wir gesprochen haben, offensichtlich, dass diese Reformen nicht richtig umgesetzt oder durchgesetzt wurden.“

Amnesty International fordert ein Ende der Straflosigkeit für verantwortliche Arbeitgeber*innen und die Einführung zusätzlicher Maßnamen, um den Schutz der Rechte von Arbeiter*innen in Katar zu stärken.

Die im Amnesty-Bericht dokumentierten Missstände sind das Resultat mehrerer Faktoren, darunter fehlende Kontrollmechanismen, um die Einhaltung des Gesetzes für Hausangestellte sicherzustellen. Auch das Sponsorensystem, das Arbeitgebenden in Katar unverhältnismäßig viel Macht über ihre Angestellten einräumt, führt nach wie vor zu Missständen.

Viele Frauen begegnen Hindernissen, wenn sie Misshandlungen und Straftaten ihrer Arbeitgebenden bei den Behörden anzeigen wollen, außerdem herrscht weitgehend Straflosigkeit bei Verstößen. In Katar arbeiten rund 173.000 Migrant*innen als Hausangestellte. Einige der von Amnesty International interviewten Frauen sind weiterhin bei ihren Arbeitgebenden tätig, andere haben ihre Arbeit aufgegeben, sind aber in Katar geblieben, weitere sind in ihre Heimatländer zurückgekehrt. Ebenso wie die Frauen, kommen auch die Arbeitgeber*innen aus verschiedenen Ländern.

Reformen unzureichend

2017 führte Katar das Gesetz über Hausangestellte ein, in dem die Begrenzung der Arbeitszeit, obligatorische tägliche Pausen, ein freier Tag pro Woche und bezahlter Urlaub festgeschrieben sind. Erst kürzlich führte Katar einen Mindestlohn ein und schaffte die Regelung ab, dass Arbeiter*innen die Erlaubnis ihrer Arbeitgebenden benötigen, um die Stelle zu wechseln oder das Land zu verlassen.

Diese rechtlichen Reformen mögen es Arbeiter*innen erleichtern, ausbeuterischen Arbeitgebenden zu entkommen; es ist jedoch unwahrscheinlich, dass dadurch der Missbrauch signifikant zurückgeht oder sich die Arbeitsbedingungen von Hausangestellten deutlich verbessern. Dafür bräuchte es die Einführung zusätzlicher Maßnamen, um den Schutz der Rechte der Arbeitnehmenden zu stärken und ihre Durchsetzung sicherzustellen.

Jetzt, drei Jahre später, berichten 90 von 105 Frauen, mit denen Amnesty Kontakt aufgenommen hat, dass sie regelmäßig mehr als 14 Stunden am Tag arbeiten. 87 Frauen sagen, dass ihr Arbeitgeber ihren Pass einbehalten. Einige Frauen berichteten, dass sie nicht angemessen oder gar nicht bezahlt würden. 40 der interviewten Frauen beschrieben, wie sie beleidigt, geschlagen oder angespuckt wurden. Praktiken wie Einbehaltung der Pässe und Nichtauszahlung der Löhne weisen auf Zwangsarbeit hin.

Weit verbreitete Straflosigkeit

Für die meisten Frauen ist es keine Option, Anzeige zu erstatten. Während der Bearbeitungszeit laufen sie Gefahr, ihren rechtlichen Status, ihr Einkommen und die Unterkunft zu verlieren. Aus diesem Grund werden auch Fälle von körperlicher und sexualisierter Gewalt oftmals nicht angezeigt. Die Betroffenen benötigen eine sichere Unterkunft und ein gesichertes Auskommen für die Dauer des Prozesses. Die staatlichen Unterkünfte, die dafür sorgen sollen, sind jedoch noch nicht vollumfänglich in Betrieb.

BITTE BEACHTEN SIE DIE SPERRFRIST: Dienstag, 20. Oktober, 02:01 Uhr MESZ, frei für Dienstagsausgaben

Fragen oder zur Vermittlung von Interviews:
Presseteam Amnesty International Österreich
Martina Powell / Gesine Schmidt-Schmiedbauer
Tel.: +43 664 2359138 / +43 664 4001056
E-Mail: presse@amnesty.at