Archiv der Kategorie: Gesundheit

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Interviewmöglichkeit: Update – Humanitäre Lage in der Türkei nach Erdbeben

International-Nothilfekoordinator Heinz Wegerer live aus dem Katastrophengebiet in der Türkei am Donnerstag, den 23.03 und Freitag, den 24.03.2023.

Die humanitäre Situation nach dem Erdbeben in der Türkei verschlechtert sich weiterhin. Mehr als 55.000 Menschen sind bei dem Erdbeben am 6. Februar ums Leben gekommen, mindestens 200.000 Gebäude wurden zerstört, 24 Millionen Menschen sind betroffen, Hunderttausende wurden obdachlos.

Heinz Wegerer live vor Ort im Katastrophengebiet in der Hatay Region
Der Hilfswerk International Nothilfekoordinator, Heinz Wegerer, ist derzeit in Iskenderun, in der Hatay Region in der Türkei und begleitet die Verteilung der Hilfswerk International-Hilfspakete. Die Situation beschreibt Wegerer auch fast eineinhalb Monate nach der Erdbebenkatastrophe als dramatisch: „An Alltag ist hier nicht zu denken. Es fehlt den Menschen an Unterkünften, ausreichend Nahrung und Hygieneartikeln.“

Möglichkeit von Live-Interviews mit Nothilfekoordinator vor Ort
Heinz Wegerer steht am Donnerstag, 23.03.2024 und am Freitag, 24.03.2024 für telefonische oder Video-Interviews direkt aus dem Erdbebengebiet zur Verfügung. Für die Koordination der Interviews wenden Sie sich bitte an: 

Christian Zacharnik
corporate identity prihoda gmbh
christian.zacharnik@cip.at | +43 676 4333 731

Hilfswerk International Soforthilfe in der Türkei und in Syrien
Das Hilfswerk International ist seit dem Erdbeben am 6. Februar 2023 vor Ort und hilft der betroffenen Bevölkerung rasch und zielgerichtet. Das Hilfswerk International verteilt Zelte, Hygieneartikel und Nahrungsmittel an die Bevölkerung in der Hatay Region und in Idlib. Damit werden 14.700 Menschen erreicht.

Weitere Informationen finden Sie unter: https://www.hilfswerk.at/international/

PA: Pestizidfreie Ernährungssysteme stärken Geschlechtergerechtigkeit

Menschenrechtsorganisation für das Recht auf Nahrung zum internationalen Frauentag am 8. März:
Besserer Zugang von Frauen zu Land und natürlichen Ressourcen, das Ende der Abhängigkeit von chemischen Pestiziden, die Stärkung kleinbäuerlicher Saatgutsysteme und der Umstieg auf agrarökologische Landwirtschaft fördern sowohl Geschlechter- als auch Klimagerechtigkeit.

Die Verletzlichkeit und Marginalisierung von Frauen in ländlichen Gebieten des globalen Südens nimmt mit anhaltender Abhängigkeit von chemischen Inputs zu. Zugleich haben Frauen eine entscheidende Rolle bei der Minimierung von Pestizidschäden und Umweltzerstörung. Die Stärkung von Frauen und Mädchen trägt daher wesentlich zu klimagerechten Ernährungssystemen bei.

Weltweit 385 Millionen akute Pestizidvergiftungen jährlich

Es gibt keine genauen Daten dazu, wie hoch der Frauenanteil unter den rund 385 Millionen Bäuer*innen und Landarbeiter*innen ist, die jährlich akute Pestizidvergiftungen erleiden. Mit dem enormen Anstieg des weltweiten Pestizideinsatzes müssen die besonderen Auswirkungen auf Frauen und Mädchen jedoch klar berücksichtigt werden: In einigen Regionen des Globalen Südens arbeitet mehr als die Hälfte der erwerbstätigen Frauen in der Landwirtschaft. Dabei sind sie häufig zum Teil hochgefährlichen Pestiziden ausgesetzt, deren Anwendung in der EU zwar verboten ist, die aber dennoch hier hergestellt und gewinnbringend exportiert werden.

Den giftigen Auswirkungen durch Pestizide sind Frauen direkt und indirekt ausgesetzt: Direkt, indem sie entweder als Landarbeiterinnen die Mittel meist mit mangelhafter oder gar keiner Schutzausrüstung aufbringen, oder indem sie daran beteiligt sind, die Pestizide zu mischen, die behandelten Pflanzen zu ernten oder pestizidgetränkte Kleidung zu waschen. Indirekt, da sie zumeist aufgrund zugewiesener traditioneller Geschlechterrollen für die Pflege erkrankter Familienmitglieder zuständig sind und daher pestizidvergiftete Personen in der Gemeinschaft versorgen müssen.

Frauen besonders beeinträchtigt

Pestizide beeinträchtigen die körperliche, psychische und reproduktive Gesundheit von Frauen in besonderer Weise. Mehrere Studien belegen, dass der Kontakt mit Pestiziden bei Frauen zu Abweichungen ihres Monatszyklus, höheren Tot- und Fehlgeburten sowie verschiedenen Schäden bei ungeborenen Kindern führt. Häufig arbeiten Schwangere bis zum 6. Monat auf den Feldern weiter ohne Schutz vor giftigen Chemikalien.

Pestizide gehören zu den Hauptfaktoren, die die Zerstörung biologischer Vielfalt und die Klimakrise befeuern. Deren Auswirkungen der treffen Frauen in ländlichen Gebieten erwiesenermaßen besonders empfindlich, gerade in Regionen, in denen sie ohnedies stärker unter Hunger und Mangelernährung leiden. Frauen sind aber nicht nur Betroffene, sondern sie haben auch eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, nachhaltige Lösungen für klimaresistente und vielfältige Ernährungssysteme zu entwickeln, da häufig sie es sind, die traditionelle und biodiverse Saatgutsysteme wahren, ökologische Anbaumethoden wählen und durch abwechslungsreiche Ernährung wesentlich zur Gesundheit ihrer Gemeinschaften beitragen.

Pestizidfreie Ernährungssysteme stärken Geschlechter- und Klimagerechtigkeit

„Besserer Zugang von Frauen zu Land und natürlichen Ressourcen, das Ende der Abhängigkeit von chemischen Pestiziden, die Stärkung kleinbäuerlicher Saatgutsysteme und der Umstieg auf agrarökologische Landwirtschaft fördern sowohl Geschlechter-, als auch Klimagerechtigkeit“, weist Tina Wirnsberger, FIAN-Referentin für Klima und Frauen auf die Schnittstelle von Frauen, Pestiziden, Klima und Ernährung hin.

Es braucht daher entschlossene Maßnahmen, um die Pestizidbelastung von Frauen in ländlichen Gebieten zu minimieren. Das schließt das weltweite Verbot aller hochgefährlichen Pestizide (HHP) ebenso ein wie einheitliche strenge Regulierungen für den Export von chemischen Mitteln, deren Anwendung in der EU aus gutem Grund verboten ist.

Lieferkettengesetz: Agrochemiekonzerne in Verantwortung nehmen

„Österreich und die EU-Staaten müssen ihren menschenrechtlichen Pflichten nachkommen und Agrochemiekonzerne für die Schäden an Gesundheit und Umwelt und die Menschenrechtsverletzungen, die sie mit synthetischen Pestiziden anrichten, durch ein Lieferkettengesetz in die Verantwortung nehmen“, schließt Wirnsberger an das Netzwerk für Soziale Verantwortung (NeSoVe) und WIDE an, deren Mitglied FIAN Österreich ist und die am heutigen internationalen Frauentag gemeinsam die Verankerung von Frauenrechten im Lieferkettengesetz fordern.


Rückfragen an: 
Tina Wirnsberger
FIAN Österreich
Int. Menschenrechtsorganisation für das Recht auf Nahrung
Schwarzspanierstraße 15/3/1, 1090 Wien, Austria
Tel: 01 – 2350239
office@fian.at www.fian.at 

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PA: Cox’s Bazar/Bangladesch: Lebensmittel-Kürzungen bedrohen Gesundheit der Rohingya

Ärzte ohne Grenzen befürchtet schwere gesundheitliche Folgen durch Kürzungen von Lebensmittelrationen für rund eine Million geflüchtete Rohingya im Distrikt Cox’s Bazar in Bangladesch. Das Risiko für Mangelernährung und andere Krankheiten steigt dadurch deutlich an.

Das Welternährungsprogramm (WFP) hatte am Mittwoch unter Berufung auf fehlende Finanzmittel die Rationen um 17 Prozent gekürzt. Dadurch ist die Kalorienzahl pro Person unter den anerkannten Mindeststandard von 2.100 Kalorien pro Tag gesunken.

Die geflüchteten Rohingya, die in der weltweit größten Ansammlung von Geflüchteten-Camps im Distrikt Cox’s Bazar leben, sind fast vollständig auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Ihr Aufenthalt ist auf die Lager beschränkt, und sie dürfen keiner formellen Beschäftigung nachgehen. Dadurch können sie ihre geringen Nahrungsmittelrationen auch nicht selbstständig aufstocken.

„Ärzte ohne Grenzen unterstützt die Rohingya so lange wie nötig, aber die Deckung des steigenden medizinischen Bedarfs in den Lagern in Cox’s Bazaar übersteigt die Kapazitäten”, sagt Claudio Miglietta, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Bangladesch. „Die finanziellen Mittel sind gesunken und die Anzahl der Hilfsorganisationen in Cox’s Bazar ist um fast 80 Prozent zurückgegangen.”

Die Gesundheitsversorgung in den Lagern ist bereits jetzt herausfordernd. Die Menschen in den Camps leben unter prekären Lebensbedingungen und leiden unter Krankheiten wie Krätze, Dengue-Fieber und Cholera.

Aufgrund der geringeren Kalorienzufuhr sind die Menschen nun der Gefahr von Mangelernährung und Anämie ausgesetzt. Zudem wird ihr Immunsystem geschwächt, was das Risiko für Ausbrüche von Infektionskrankheiten, wie Masern und Cholera, erhöht.

Viele Schwangere, die in den Gesundheitseinrichtungen von Ärzte ohne Grenzen zur Vorsorge betreut werden, sind bereits mangelernährt. Im vergangenen Jahr wurde bei 12 Prozent der Schwangeren im Kutupalong-Krankenhaus und in der Balukhali-Klinik akute Mangelernährung und bei 30 Prozent Anämie diagnostiziert. Frauen, die mangelernährt und anämisch sind, haben ein höheres Risiko, während der Geburt Komplikationen zu erleiden, und ihre Neugeborenen haben ein höheres Risiko für einen schlechten Gesundheitszustand.

Viele Geflüchtete in den Lagern leiden an chronischen Krankheiten wie Herzleiden, Bluthochdruck und Diabetes Typ II. Für Betroffene von nicht-übertragbaren Krankheiten ist eine gesunde Ernährung ein entscheidender Faktor.

Ärzte ohne Grenzen befürchtet, dass eine Kürzung der Lebensmittelrationen die Verzweiflung in den Lagern verstärken und weitere Menschen dazu bringen könnte, sich in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft auf extrem gefährlichen See- und Landrouten zu begeben.

Ärzte ohne Grenzen leistet seit 1992 medizinische Hilfe in den Flüchtlingslagern in Cox’s Bazar. Im vergangenen Jahr führten die Teams von Ärzte ohne Grenzen mehr als 750.000 ambulante Konsultationen durch und nahmen mehr als 22.000 Patient:innen stationär auf.

Für Rückfragen | Vermittlung von Interviews | Fotomaterial wenden Sie sich bitte an:
Patricia Otuka-Karner
patricia.otuka-karner@aertze-ohne-grenzen.at
Tel.: +43 (1) 409 72 76 – 28

Eva Hosp
eva.hosp@vienna.msf.org
Tel.: +43 (1) 409 72 76 – 29

PA: Alle 4,4 Sekunden starb ein Kind oder Jugendliche/r im Jahr 2021 laut UN-Bericht

Weitere 1,9 Millionen Babys wurden im selben Zeitraum auf tragische Weise tot geboren, wie aus einem separaten UN-Bericht hervorgeht.

New York/Genf/Washington D.C./Wien, 10. Januar 2023 – Im Jahr 2021 starben schätzungsweise fünf Millionen Kinder vor ihrem fünften Geburtstag, und weitere 2,1 Millionen Kinder und Jugendliche im Alter von fünf bis 24 Jahren verloren ihr Leben. Dies geht aus den jüngsten Schätzungen der UN IGME („Interinstitutionelle Gruppe für die Schätzung der Kindersterblichkeit“) hervor.

In einem separaten Bericht, der ebenfalls heute veröffentlicht wurde, stellte die Gruppe fest, dass im selben Zeitraum 1,9 Millionen Babys totgeboren wurden. Viele dieser Todesfälle hätten durch einen fairen Zugang und eine hochwertige Gesundheitsversorgung für Mütter, Neugeborene, Jugendliche und Kinder verhindert werden können.

„Jeden Tag sind viel zu viele Eltern mit der Angst konfrontiert, ihre Kinder zu verlieren, manchmal sogar, noch bevor diese den allerersten Atemzug machen“, sagt Vidhya Ganesh, UNICEF-Direktorin der Abteilung für Datenanalyse, Planung und Überwachung. „Solche weit verbreiteten, vermeidbaren Tragödien sollten niemals als unvermeidlich akzeptiert werden. Fortschritte sind mit einem stärkeren politischen Willen und gezielten Investitionen in einen gerechten Zugang zur medizinischen Grundversorgung für alle Frauen und Kinder möglich.“

Die Berichte zeigen vermehrt positive Ergebnisse: Seit 2000 ist das Sterberisiko in allen Altersgruppen weltweit gesunken. Des Weiteren ist die allgemeine Sterblichkeitsrate bei Kindern unter fünf Jahren seit Anfang des Jahrhunderts um 50 Prozent gesunken, während die Sterblichkeitsrate bei älteren Kindern und Jugendlichen um 36 Prozent und die Totgeburtenrate um 35 Prozent zurückgegangen sind. Dies ist auf die verstärkten Investitionen in die Stärkung der primären Gesundheitssysteme zum Wohle von Frauen, Kindern und Jugendlichen zurückzuführen.

Allerdings sind die Fortschritte seit 2010 deutlich zurückgegangen, und 54 Länder werden das Ziel der Nachhaltigen Entwicklungsziele, für die Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren, nicht erreichen. Organisationen warnen, dass bis 2030 fast 59 Millionen Kinder und Jugendliche sterben und fast 16 Millionen Babys durch Totgeburten ihr Leben verlieren werden, wenn nicht rasch Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung ergriffen werden.

„Es ist zutiefst ungerecht, dass die Überlebenschancen eines Kindes allein durch seinen Geburtsort bestimmt werden können und dass es beim Zugang zu lebensrettenden Gesundheitsdiensten so große Ungleichheiten gibt“, sagt Dr. Anshu Banerjee, Direktor für Gesundheit von Müttern, Neugeborenen, Kindern und Jugendlichen sowie Alterung bei der Weltgesundheitsorganisation. „Kinder brauchen überall starke primäre Gesundheitssysteme, die ihren Bedürfnissen und denen ihrer Familien gerecht werden, damit sie – egal wo sie geboren werden – sowohl den besten Start als auch Hoffnung für die Zukunft haben.“

Die Überlebenschancen von Kindern sind nach wie vor sehr unterschiedlich, je nachdem, wo sie geboren werden. Berichte zeigen, dass Afrika südlich der Sahara und Südasien die größte Last zu tragen haben. Obwohl die afrikanischen Länder südlich der Sahara nur 29 Prozent der weltweiten Lebendgeburten verzeichneten, entfielen im Jahr 2021 56 Prozent aller Todesfälle bei Kindern unter fünf Jahren auf diese Region, und auf Südasien 26 Prozent der Gesamtzahl. Kinder, die in diesen afrikanischen Ländern geboren werden, sind weltweit dem höchsten Risiko ausgesetzt, im Kindesalter zu sterben – ihr Risiko ist in etwa 15 Mal höher als jenes für Kinder in Europa und Nordamerika.

Mütter in diesen beiden Regionen erleiden auch den schmerzhaften Verlust von Babys durch Totgeburten in einer außergewöhnlich hohen Rate: 77 Prozent aller Totgeburten im Jahr 2021 ereigneten sich in Afrika südlich der Sahara und in Südasien, wobei die Hälfte aller Totgeburten allein in Subsahara-Afrika stattfanden. Das Risiko einer Frau, eine Totgeburt zu erleiden, ist in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara siebenmal höher als in Europa und Nordamerika.

„Hinter diesen Zahlen stehen Millionen Kinder und Familien, denen ihr Grundrecht auf Gesundheit verwehrt wird“, sagt Juan Pablo Uribe, globaler Direktor für Gesundheit, Ernährung und Bevölkerung der Weltbank und Direktor der Global Financing Facility. „Wir brauchen politischen Willen und Führungsstärke für eine nachhaltige Finanzierung der primären Gesundheitsversorgung, welche eine der besten Investitionen ist, die Länder und Entwicklungspartner tätigen können.“

Der Zugang zu und die Verfügbarkeit von qualitativ hochwertiger Gesundheitsversorgung sind für Kinder weltweit nach wie vor eine Frage von Leben und Tod. Die meisten Todesfälle bei Kindern ereignen sich in den ersten fünf Jahren, die Hälfte davon innerhalb des ersten Lebensmonats. Bei diesen Kleinkindern sind Frühgeburten und Komplikationen während der Geburt die häufigsten Todesursachen. Auch mehr als 40 Prozent der Totgeburten ereignen sich während der Wehen – die meisten davon sind vermeidbar, wenn Frauen während der Schwangerschaft und der Geburt Zugang zu einer hochwertigen Versorgung haben. Für Kinder, die die ersten 28 Tage überleben, stellen hingegen Infektionskrankheiten wie Lungenentzündung, Durchfall und Malaria die größte Gefahr dar.

Auch wenn COVID-19 die Kindersterblichkeit nicht direkt erhöht hat – die Wahrscheinlichkeit, an der Krankheit zu sterben, ist bei Kindern geringer als bei Erwachsenen –, könnte die Pandemie ihr Überleben in Zukunft stärker gefährden. In den Berichten wird insbesondere auf die Besorgnis über die Unterbrechung von Impfkampagnen, Ernährungsdiensten und den Zugang zur medizinischen Grundversorgung hingewiesen, die die Gesundheit und das Wohlergehen der Kinder über viele Jahre hinweg gefährden könnten. Darüber hinaus hat die Pandemie zu dem größten Rückgang der Impfquoten seit drei Jahrzehnten geführt, weshalb die am meisten gefährdeten Neugeborenen und Kinder einem höheren Risiko ausgesetzt sind, an vermeidbaren Krankheiten zu sterben.

In den Berichten wird auch auf Datenlücken hingewiesen, die die Wirkung von Maßnahmen und Programmen zur Verbesserung der Überlebensrate und des Wohlbefindens von Kindern entscheidend beeinträchtigen könnten.

„Die neuen Schätzungen unterstreichen die bemerkenswerten weltweiten Fortschritte, die seit dem Jahr 2000 bei der Senkung der Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren erzielt wurden“, sagt John Wilmoth, Direktor der Bevölkerungs-Abteilung der UN DESA (Hauptabteilung Wirtschaftliche und Soziale Angelegenheiten der Vereinten Nationen). „Trotz dieses Erfolges muss noch mehr getan werden, um die nach wie vor großen Unterschiede in der Überlebensrate von Kindern in verschiedenen Ländern und Regionen, insbesondere in Subsahara-Afrika, zu beseitigen. Nur durch die Verbesserung des Zugangs zu einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung, insbesondere zum Zeitpunkt der Geburt, werden wir in der Lage sein, diese Ungleichheiten zu verringern und dem vermeidbaren Tod von Neugeborenen und Kindern weltweit ein Ende zu setzen.“

Die beiden Berichte – „Levels & Trends in Child Mortality“ und „Never Forgotten“ – sind die ersten einer Reihe wichtiger Datensätze, die im Jahr 2023 veröffentlicht werden. Die UN-Zahlen zur Müttersterblichkeit werden noch in diesem Jahr veröffentlicht.

Eine Auswahl an Multimedia-Inhalten erhalten Sie hier.

Den Bericht über die Kindersterblichkeit finden Sie hier und den Bericht über Totgeburten hier.

Über UN IGME

Die United Nations Inter-agency Group for Child Mortality Estimation (UN IGME) wurde 2004 gegründet, um Daten zur Kindersterblichkeit zu verbreiten, die Methoden zur Schätzung der Kindersterblichkeit zu verbessern, über die Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele für das Überleben von Kindern zu berichten und die Kapazitäten der Länder zur Erstellung zeitnaher und korrekt ausgewerteter Schätzungen der Kindersterblichkeit zu verbessern. Die UN IGME wird von UNICEF geleitet und umfasst die Weltgesundheitsorganisation, die Weltbankgruppe und die Abteilung für wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten der Vereinten Nationen, Abteilung Bevölkerung.

Für weitere Informationen besuchen Sie: http://www.childmortality.org/

Rückfragen und Kontakt:
UNICEF Österreich, Mag. Lisa Heidegger Haber, MA., +43 1 879 21 91-45 oder +43 660 34 83 653 haber@unicef.at

Pressegespräch von Ärzte Ohne Grenzen: Südsudan

Der Südsudan ist eines jener Länder, in dem Ärzte ohne Grenzen seit Jahrzehnten die umfangreichsten Hilfsprogramme durchführt, das für Journalist:innen jedoch schwer erreichbar ist. Wir laden Sie daher zu einer Live-Schaltung nach Lankien ein:

Sigrid Lamberg, Projektkoordinatorin, wird direkt von vor Ort über ihre Arbeit und die Lage im Land berichten. Die Oberösterreicherin ist seit Oktober in Lankien. Es ist bereits ihr vierter Einsatz im Südsudan.

Rund 7,5 Millionen Menschen im Südsudan – etwa zwei Drittel der gesamten Bevölkerung – sind derzeit auf humanitäre Hilfe angewiesen. Wiederholt kommt es zu heftigen Kämpfen und Konflikten. Hunderttausende Südsudanes:innen leiden darunter, viele sind aus Angst um ihr Leben vor der Gewalt geflohen. Hinzu kommen die Folgen der Klimakrise wie langanhaltende Dürren oder heftige Überschwemmungen.

Online-Pressegespräch: Mittwoch, 14. Dezember, 10.00 Uhr mit:

Sigrid Lamberg, Projektkoordinatorin Südsudan, Ärzte ohne Grenzen Österreich 


Das Gespräch findet auf ZOOM statt.   

Sie können sich direkt unter diesem Link registrieren. Bei Anmeldung erhalten Sie den Link zum ZOOM Meeting: https://us06web.zoom.us/meeting/register/tZ0qce-urzojEtHc_b-2Y0VxoOH1wmjKejpd

Für Rückfragen:
Patricia Otuka-Karner
patricia.otuka-karner@aertze-ohne-grenzen.at
Tel.: +43 (1) 409 72 76 – 28

Eva Hosp
eva.hosp@vienna.msf.org
Tel.: +43 (1) 409 72 76 – 29

Veranstaltungseinladung: Globale Ungleichheiten – die Entwicklungstagung #ET2022

Zwei VIDC-Foren zu Steuern und Klimagerechtigkeit und eine VIDC-Aktion rund um den EU-„Klimazoll“ am 12. November 2022.

Die ungleiche Verteilung von Einkommen, Vermögen und Lebenschancen ist kein neues Phänomen. Doch die derzeitigen Krisen verschärfen bereits vorhandene Ungleichheiten. Dazu zählen die durch die COVID19-Pandemie verstärkten Schieflagen, die Klimakatastrophe und die aktuellen militärischen Konflikte wie der Aggressionskrieg Russlands gegen die Ukraine.

Diesen globalen Ungleichheiten ist die 8. Österreichische Entwicklungstagung gewidmet. Sie bietet als österreichweit größte Veranstaltung zu Entwicklungspolitik Raum für Debatte und Reflexion – zwischen engagierter Wissenschaft und kritischer Zivilgesellschaft zum einen, und zwischen globalem Norden und Süden zum anderen.

Bei der #ET2022 wird das VIDC in Kooperation mit WIDE zwei Foren gestalten. Ein Forum ist Steuern gewidmet, die Ungleichheiten verstärken aber auch stark vermindern können.

Das zweite Forum widmet sich dem Thema Ungleichheit im Kontext von Migration und Klimawandel. Zu beiden Foren haben wir interessante Expert*innen aus dem Globalen Süden eingeladen. Mehr lesen …

12. November , 14:30 – 19:00 Uhr
Johannes Kepler University Linz, Altenberger Straße 69, 4040 Linz
Anmeldung bis 8. November hier.


Zur Klimadebatte haben wir noch einen anderen Beitrag geleistet: Gemeinsam mit anderen NGOs aus Europa und Afrika haben wir uns in die Verhandlungen um den künftigen EU-„Klimazoll“ eingemischt. Dazu haben wir auch einen brandneuen VIDC Policy Brief veröffentlicht. Mehr dazu hier.

Veranstaltungseinladung zu ÖFSE Development Lecture 20: Food for all? What it takes to secure global supplies with nutrition and basic needs

Extreme price volatilities in global commodity and energy markets, droughts in large parts of Africa, supply shortages of grain and fertilizers in the wake of the Ukraine war, as well as in medical goods during the Covid-19 crisis: Global turbulences are increasing.

Above all, they raise the fundamental question of how essential goods can be secured for all. Are commodity and energy exchanges and other market mechanisms useful instruments for coordinating supply and demand? Or do they lead to price instabilities and thus contribute to supply insecurities in Europe and to hunger in the countries of the Global South? What does it actually take to secure future supplies with food and energy other basic goods against the backdrop of the climate crisis? Which national and international policies are needed?

International experts will take a critical look at how global commodity markets work and discuss political solutions needed to ensure the provision of essential basic goods – not only but particularly in the Global South.

Keynote Speaker
Jomo Kwame Sundaram (former United Nations assistant secretary-general for economic development in the United Nations Department of Economic and Social Affairs (DESA) during 2005–2012, senior adviser at the Khazanah Research Institute, visiting fellow at the Initiative for Policy Dialogue, Columbia University, and an adjunct professor at the International Islamic University (IIUM))

Comments
Sofía Monsalve Suárez (Secretary General of FIAN International) and Faith Lumonya (Economic Justice and Climate Action Programme Officer at Akina Mama wa Afrika in Kampala, Uganda)

20.10.2022, 17:00 – 19:00
C3 – Centre for International Development
Alois Wagner Saal, Sensengasse 3, 1090 Wien

Programme (pdf)
Registration: registration@oefse.at
More Information

Conference Language: English
Conference Format: Hybrid event (physical conference and Zoom/Facebook event)

PA: Neue Studie von Südwind-Partner in Bangladesch zeigt erschreckende Arbeitsbedingungen in der Lederindustrie

75 Prozent der Befragten arbeiten ohne angemessene Schutzausrüstung, 63 Prozent leiden unter gesundheitlichen Folgen aufgrund unsicherer Arbeitsbedingungen, mehr als die Hälfte erhält Löhne unterhalb des nationalen Mindestlohns, wird berichtet.

Eine neue Studie der Südwind-Partnerorganisation  Bangladesh Labour Foundation (BLF) zeigt nach wie vor große Risiken für Arbeiter:innen sowie eine enorme ökologische Belastung in der exportorientierten Lederindustrie des südasiatischen Landes auf. Dazu zählen extrem niedrige Löhne, Gesundheitsrisiken durch unsichere Arbeitsbedingungen, massive Umweltverschmutzung und erzwungene Überstunden. In die Recherche vor Ort wurden 120 Gerbereiarbeiter:innen aus 26 Gerbereien einbezogen. „Einkäufer, die Waren aus Bangladesch beziehen, scheinen alle Sicherheitsrisiken, Arbeitnehmerrechte und Umweltrisiken zu ignorieren. Leder-Arbeiter werden dadurch in höchst prekäre Situationen gebracht“, sagt Ashraf Uddin Mukut, geschäftsführender Direktor der BLF. „Abnehmer von Lederwaren müssen ihre Lieferketten offenlegen und eine faire Beschaffungspolitik garantieren.“

Fehlende Schutzkleidung und große Gesundheitsrisiken

Aus der Umfrage geht hervor, dass 111 der 120 befragten Arbeitnehmer:innen keinen Arbeitsvertrag haben. Das sind 95 Prozent aller Befragten die ohne formellen Beschäftigungsnachweis tätig sind. 75 Prozent der Befragten arbeiten ohne angemessene Schutzausrüstung und 79 Prozent sind nicht darin geschult, wie man Chemikalien sicher verwendet. Eine große Anzahl der Befragten leidet unter gesundheitlichen Problemen: 28 Prozent geben an, unter Hautkrankheiten zu leiden, 13 Prozent unter Kurzatmigkeit, 32 Prozent unter Magenbeschwerden und 63 Prozent unter Kopfschmerzen. Der nationale Mindestlohn für Gerbereiarbeit liegt bei 13.500 Taka, umgerechnet etwa 143 Euro, pro Monat. Mehr als die Hälfte (56%) der Befragten gibt an, unterhalb dieses Minimums bezahlt zu werden.

„Gerade in einem Risikosektor wie der Leder- und Schuhherstellung, wo teils unter gefährlichen Bedingungen gearbeitet wird, müssen Unternehmen ihre Verantwortung wahrnehmen und höchste Sicherheitsstandards sowie eine seriöse Überprüfung garantieren“, so Lieferketten-Expertin Gertrude Klaffenböck von Südwind. „Leider ist viel zu oft das Gegenteil der Fall: Anstatt Menschenrechtsvergehen aktiv vorzubeugen und dagegen vorzugehen, bedienen sich Modeunternehmen der Missstände, die durch intransparente Lieferketten noch begünstigt werden.“ Gemeinsam mit der internationalen Initiative Togehter for Decent Leather fordert Südwind daher verbindliche Sorgfaltspflichten für Unternehmen in Form eines strengen Lieferkettengesetzes. Klaffenböck: „Für einen wirksamen Schutz von Umwelt und Menschenrechten entlang globaler Lieferketten muss die Politik einen strengen Rechtsrahmen vorgeben.“

Starke Umweltverschmutzung bei den untersuchten Gerbereien

Für die Studie befragten BLF und die gemeinnützige Forschungsorganisation RAPID insgesamt 120 Arbeiter:innen aus 26 Gerbereien im Gerberei-Zentrum Savar in Dhaka. Dieses Industriegebiet wurde neu entwickelt nach schwerwiegenden Umwelt- und Gesundheitsproblemen im ehemaligen Zentrum in Hazaribagh. Mit dem deklarierten Ziel, internationale Umweltstandards erfüllen zu wollen, kündigte die Regierung die Umsiedlung an und versprach dabei bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen für die Arbeiter:innen. Nach nur kurzer Zeit sind die Umweltauswirkungen auch in Savar enorm. Der Grund sind nicht funktionierende Kläranlagen. Im März 2022 sah sich das Umweltministerium gezwungen, aufgrund der massiven Verschmutzung des Dhaleshwari-Flusses die Schließung von gleich sieben Gerbereien anzuordnen.

Export ins Ausland ohne Transparenz

Mit einem Wert von 1,24 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022 ist der Export von Leder, Lederwaren und Schuhen die drittgrößte Quelle für Exporteinnahmen für Bangladesch, nach Konfektionskleidung und Wohntextilien. Zwar ist China der wichtigste Abnehmermarkt für Lederwaren aus Bangladesch aber auch Europa ist ein wichtiges Exportziel.  In welchem Markensortiment das in Bangladesch produzierte Leder genau landet ist aufgrund mangelnder Transparenz in internationalen Lieferketten oft schwierig nachzuvollziehen.  

Together for Decent Leather

Die österreichische Menschenrechtsorganisation Südwind ist einer von sieben Partnern des europäisch-asiatischen Konsortiums Together for Decent Leather. Dieses hat sich zum Ziel gesetzt, die Arbeitsbedingungen entlang der internationalen Lieferketten von Lederwaren zu verbessern und zu einem Ende von ausbeuterischer Arbeit beizutragen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Zentren der Lederproduktion in Südasien, insbesondere in den Bezirken Vellore und Chennai in Tamil Nadu in Indien, im Großraum Karachi in Pakistan und im Großraum Dhaka in Bangladesch. Together for Decent Leather setzt sich dafür ein, dass Unternehmen ihre menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten erfüllen und Regierungen wirksame Schutzmaßnahmen und Regelungen einführen, um die Einhaltung internationaler Arbeitsnormen zu verbessern.

Gesamtbericht zum Download: „Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen in der Lederindustrie von Bangladesch“ (deutsche Übersetzung)

Über die Bangladesh Labour Foundation (BLF):
BLF ist eine nichtstaatliche, gemeinnützige, überparteiliche Organisation, die die Interessen der arbeitenden Bevölkerung in Bangladesch vertritt. Weitere Informationen:  www.blfbd.com

Über Research and Policy Integration for Development Society (RAPID)
RAPID ist eine private, gemeinnützige und überparteiliche Forschungsorganisation in Bangladesch. Weitere Informationen: http://www.rapidbd.org

Rückfragehinweis:
Vincent Sufiyan
Kommunikationsleiter Südwind
Mail: vincent.sufiyan@suedwind.at
Tel.: 0650 96 77577
 
Ashraf Uddin Mukut (BLF)
Geschäftsführender Direktor, BLF
E-Mail: ashraf@blfbd.com
Tel.: +88 0182 0312 276

Veranstaltungshinweis: „Corona & Arbeitsausbeutung im Globalen Süden“

Welchen Beitrag kann ein EU-Lieferkettengesetz leisten, um Arbeiter:innen in Zukunft besser zu schützen? Wie wirkte sich die Pandemie auf Arbeiter:innen in unterschiedlichen Sektoren aus? Diese und viele weitere spannende Fragen werden im Zuge der Veranstaltung von Netzwerk Soziale Verantwortung, Clean Clothes und Südwind diskutiert.

Der Ausbruch der Covid19-Pandemie und die damit einhergehenden Folgen stellten unsere Welt auf den Kopf. Weltweit hatte die Krise verheerende Folgen für Arbeiter:innen, insbesondere für jene, die bereits vor der Krise von Ausbeutung betroffen waren und keinen Zugang zum Gesundheitssystem hatten. Die Pandemie verschärfte die bereits bestehenden Missstände eklatant: so stornierten zahlreiche Modemarken ihre Bestellungen bei ihren Zulieferbetrieben im Globalen Süden oder weigerten sich für bereits produzierte Waren zu zahlen. In weiterer Folge verloren tausende Arbeiter:innen ihren Arbeitsplatz. Arbeiter:innen weltweit sind von Lohndiebstahl betroffen, werden nicht ausreichend vor Corona geschützt und Proteste von Gewerkschaften werden mit Gewalt beantwortet.

Mit Inputs von:
Tina Rosenberger (NeSoVe)
Gertrude Klaffenböck (Clean Clothes Kampagne)

Datum & Uhrzeit: 31.5., 18:30
Ort: VHS Praterstern, Heinestraße 41, 1020 Wien, (Zugang zum Saal durch den Hof)

Anmeldung: office@nesove.at

PA: Amnesty: Sexualisierte Gewalt an indigenen Frauen in den USA nimmt epidemische Ausmaße an

In den USA sind indigene Frauen in hohem Maße sexualisierter Gewalt ausgesetzt, ohne dass die Überlebenden eine Möglichkeit haben, Gerechtigkeit zu erlangen. Ein neuer Bericht von Amnesty International legt offen, wie die US-Regierung darin versagt, indigene Frauen vor Gewalt und Missbrauch zu schützen.

Wien/London/Washington, 17.05.2022 – Die US-Regierung verstößt weiterhin gegen ihre Verpflichtungen, die Menschenrechte indigener Frauen zu schützen. Das dokumentiert ein aktueller Bericht von Amnesty International, der heute veröffentlicht wurde. Danach hat die sexualisierte Gewalt gegen indigene Frauen sowohl in Alaska als auch im US-amerikanischen Kernland epidemische Ausmaße erreicht.

Der englischsprachige Bericht The Never-ending Maze: Continued failure to protect Indigenous women from sexual violence in the USA zeigt, dass die Politik der US-Regierung die Autorität indigener Selbstverwaltungsbehörden untergräbt, indigene Gesundheitsdienste und Strafverfolgungsbehörden chronisch unterfinanziert sind und die Rechtsprechung absichtlich kompliziert gestaltet ist. Rechtlich macht es einen großen Unterschied, ob eine Straftat auf einem Gebiet der indigenen Bevölkerung stattgefunden hat oder nicht und auch, ob die Täter*innen und/oder Opfer aus der indigenen Bevölkerung stammen oder nicht. Beides hat Auswirkungen auf die juristische Zuständigkeit, wie der Bericht deutlich herausarbeitet.

„Beschämendes Erbe von tief verwurzeltem Missbrauch und Verfolgung“

Sexualisierte Gewalt gegen indigene Frauen ist kein neues Phänomen. Seit der europäischen Kolonisierung bis heute sind indigene Frauen in hohem Maße von Gewalt betroffen. „Das Versagen der US-Regierung, indigene Frauen vor diesem Ausmaß sexualisierter Gewalt zu schützen, beruht auf einem beschämenden Erbe von tief verwurzelter Marginalisierung, Missbrauch und Verfolgung“, sagte Tarah Demant, Interimsdirektorin für programmatische Arbeit, Advocacy und Regierungsangelegenheiten bei Amnesty International USA. „Die indigenen Frauen können nicht länger auf Gerechtigkeit warten. Die US-Regierung muss die notwendigen Ressourcen und den politischen Willen mobilisieren, um dieses kaputte System zu reparieren.“

Für Opfer sexualisierter Gewalt ist es nahezu unmöglich, Gerechtigkeit zu erlangen. Bereits 2007 hatte Amnesty International USA in einem Bericht darauf hingewiesen, dass indigenen Frauen oftmals das Recht auf Gerechtigkeit und das Recht auf Freiheit vor Gewalt verwehrt werden. Auch 15 Jahre später haben vereinzelte Gegenmaßnahmen kaum etwas an der erschreckend hohen Rate sexualisierter Gewalt geändert.

Doppelt so hohe Rate an sexualisierter Gewalt als im nationalen Durchschnitt

Daten der US-Regierung belegen, dass mehr als die Hälfte der indigenen Frauen in Alaska und im US-Kernland sexualisierte Gewalt erlebt haben – das übertrifft den nationalen Durchschnitt um mehr als das Doppelte. Tatsächlich könnten die Zahlen der Fälle von sexualisierter Gewalt sogar noch höher liegen: da die US-Regierung keine angemessenen und einheitlichen Daten über Gewalttaten an indigenen Frauen erhebt, ist das nicht belegbar. So bleiben bei den Erhebungen oft relevante Faktoren unklar, beispielsweise die Frage, ob Betroffene und/oder Beschuldigte Angehörige einer staatlich anerkannten ethnischen Gruppe sind oder ob die Straftat auf dem Gebiet einer indigenen Bevölkerung begangen wurde. Die daraus resultierenden unklaren Zuständigkeiten und Unsicherheiten bei Polizei, Rechtsbeiständen und Gerichten gehen soweit, dass letztendlich niemand tätig wird und den Überlebenden sexualisierter Gewalt der Zugang zur Justiz verwehrt bleibt.

Unklare Zuständigkeiten führen zu Straflosigkeit der Täter*innen

Darüber hinaus wirkt sich die Geschichte der systematischen Diskriminierung und Voreingenommenheit gegenüber der indigenen Bevölkerung in den USA negativ auf das Vertrauensverhältnis zwischen den indigenen Gemeinschaften und den Strafverfolgungsbehörden aus. Viele Überlebende zeigen ihren Missbrauch gar nicht an. Außerdem sind angemessene und rechtzeitige gerichtsmedizinische Untersuchungen im Falle eines sexualisierten Übergriffs bei weitem nicht garantiert. So wird die zuständige Behörde des Indian Health Service durch die US-Regierung nicht ausreichend finanziert, und die Gesundheitseinrichtungen sind unterbesetzt.

Amnesty-Forderung: Indigene Gerichtsbarkeit muss wiederhergestellt werden

Amnesty International fordert die US-Regierung auf, die notwendigen Schritte einzuleiten, um die sexualisierte Gewalt gegen indigene Frauen zu beenden. Dazu gehört die vollständige Wiederherstellung der indigenen Gerichtsbarkeit über Verbrechen, die in den Gebieten der indigenen Bevölkerung begangen werden. Außerdem müssen die entsprechenden Bundesmittel aufgestockt werden, um sicherzustellen, dass Strafverfolgung und Gerichtsverfahren zu Gerechtigkeit führen. Die US-Regierung muss dafür sorgen, dass die indigenen Gemeinschaften über angemessene Mittel und Ressourcen verfügen, um die Strafverfolgung, die Gesundheitsversorgung und die Datenerhebung zu sexualisierter Gewalt gegen indigene Frauen sicherstellen zu können.

Zum Weiterlesen:
Protecting Native American Women and Ensuring Justice for Survivors (Statement, March 16, 2022)
Maze of Injustice: The failure to protect Indigenous women from sexual violence in the USA (Report, April 24, 2007)

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