Archiv der Kategorie: Menschenrechte

image_pdfimage_print

PA: Menschenrechte massiv unter Druck. Politik aber auch Zivilgesellschaft müssen reagieren

Die Österreichische Liga für Menschenrechte legt anlässlich des Internationalen Tags der Menschenrechte am 10. Dezember ihren jährlichen Befund zur Lage der Grund- und Menschenrechte in Österreich vor. Der Bericht zeigt Menschenrechte im Jahr 2024 massiv unter Druck. Noch selten war die Lage so besorgniserregend. Die Liga fordert einen verstärkten gesellschaftlichen Dialog und konkrete Maßnahmen zur Wahrung der Menschenrechte und sozialen Gerechtigkeit.

„Die Situation 2024 ist nicht einfacher geworden“, so Barbara Helige, Präsidentin der Österreichischen Liga für Menschenrechte bei der heutigen Präsentation des diesjährigen Menschenrechtsbefundes. „Die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten forderten zahlreiche zivile Opfer. Nicht genug damit gewinnen weltweit Parteien an Einfluss, die demokratische Institutionen infrage stellen. Revolutionen finden in demokratischen Staaten mittlerweile an der Wahlurne statt! In Österreich wurde im Wahlkampf 2024 von der letztendlich stimmenstärksten Partei auf fremdenfeindliche Rhetorik gesetzt und die Wut der Bevölkerung geschürt. Wir müssen die Frustration so vieler Menschen über die Teuerung, den Mangel an leistbarem Wohnraum und die Probleme in den Schulen ernst nehmen. Wir dürfen das Feld nicht jenen überlassen, die am demokratischen Rechtsstaat rütteln. Es braucht eine überzeugende Vermittlung der Vorteile des politischen Systems Demokratie, das Diskriminierung verbietet und die Menschenrechte wahrt. Wem fällt diese Aufgabe zu? Tragen wir als Mitglieder der (Zivil-)Gesellschaft nicht auch Verantwortung für die weitere Gestaltung des Lebens in Österreich und wie können wir dieser Verantwortung gerecht werden? Es wird für uns alle notwendig sein, den Dialog in der Gesellschaft zu fördern und ein tieferes Verständnis für unterschiedliche Perspektiven zu entwickeln. Es ist unabdingbar, sich der Diskussion zu stellen und sich nicht nur in der jeweiligen Blase über die jeweils anderen zu erzürnen. Das gilt wohl für Alle. Die Situation ist nicht einfacher geworden. Aber es liegt auch in unser aller Hand, die Zukunft zu gestalten, uns für Demokratie und Menschenrechte einzusetzen und einer weiteren Spaltung der Gesellschaft entgegenzuwirken.“

Gewalt als Systemproblem
Im Jahr 2024 wurde viel über die Gefahr berichtet, die von Kindern und Jugendlichen ausgehen soll. Thematisiert wurden Jugendbanden, Kinderdelinquenz oder Gewalt an Schulen. Gerade im Bildungsbereich hat sich mit der gesetzlichen Verankerung der Kinderschutzkonzepte die Chance aufgetan, das Schulleben neu zu gestalten und Gewaltprävention zu fördern. „Professionist:innen zu stärken ist wichtig, junge Menschen zu kriminalisieren, ist es nicht“, so Sebastian Öhner, Kinder- und Jugendanwalt der Stadt Wien, in seinem Beitrag für den diesjährigen Menschenrechtsbefund. Doch Ressourcenmangel und Fachkräfteengpässe im Bildungssystem stellen zentrale Herausforderungen dar. „Lehrpersonen sind mit zahlreichen Aufgaben konfrontiert, die außerhalb der Wissensvermittlung liegen. Es fehlen die Möglichkeiten, junge Menschen in ihrer Entwicklung zu unterstützen. Wichtig ist daher, dass es nicht um Kriminalisierung, sondern um eine von allen Seiten geführte Auseinandersetzung über die besten Regeln für das Schulleben geht. Gemeinsam kann hier etwas bewegt werden,“ sagt Öhner.

Energiearmut: Essen oder Heizen?
Energiearmut ist in Österreich ein zunehmendes Problem. So konnten sich im ersten Quartal 2023 14 % der 18- bis 74-Jährigen Heizen und/oder Strom nicht ausreichend leisten (Quelle: Statistik Austria). Besonders leiden armutsbetroffene Familien und Frauen darunter. Eine Umfrage der Volkshilfe zeigt, dass über die Hälfte der befragten Klient:innen ihre Kinder nur eingeschränkt vor Kälte in der Wohnung schützen kann – mit weitreichenden Folgen für deren physische und psychische Gesundheit. Auch müssen sich knapp 60 % der Familien aufgrund der steigenden Heizkosten bei den Bedürfnissen ihrer Kinder (Freizeitaktivitäten, Kleidung oder Essen) einschränken. Gleichzeitig sind viele Eltern psychisch durch die kältebezogenen Sorgen belastet. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. „Es braucht strukturelle Lösungen, um Energiearmut nachhaltig zu beseitigen, wie etwa eine Energiesicherung, die ein leistbares Grundkontingent an Energie für alle garantiert“, fordert Marie Chahrour, Vertreterin vom Verein Volkshilfe. Zentral bleibt die grundsätzliche Beseitigung von Armut durch Maßnahmen wie eine armutsfeste Sozialhilfe, eine Kindergrundsicherung und die Erhöhung des Arbeitslosengeldes.“

Messenger-Überwachung und Handysicherstellung
Bedenken lösen auch die Initiativen zur Ausweitung der Befugnisse von Sicherheitsbehörden bezüglich Handysicherstellung und Messenger-Überwachung im Jahr 2024 aus. Obwohl diese vor Ende der Legislaturperiode nicht umgesetzt wurden, wird eine Fortsetzung erwartet. Florian Horn, Rechtsanwalt und Vorstandsmitglied der Österreichischen Liga für Menschenrechte, kritisiert insbesondere die geplante Messenger-Überwachung als Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben nach Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Eine demokratische Rechtsordnung muss die grundsätzliche Freiheit ihrer Bürger:innen respektieren und darf diese nicht scheinbar zugunsten der Verbrechensbekämpfung aushebeln. „Populistische Scheinargumente dürfen nicht dazu dienen, letzten Endes faktisch in einem Polizei- bzw. Überwachungsstaat zu enden“, so Florian Horn.

Ein Recht auf Anpassung an die Klimakrise
Die Klimakrise bedroht längst fundamentale Menschenrechte. Aus diesem Grund etablierte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) im Fall der Schweizer Klimaseniorinnen im April 2024 ein Menschenrecht auf Klimaschutz. Angesichts der bereits spürbaren Folgen wie Extremwetterereignisse und gesundheitsbedrohliche Hitzewellen stellt sich zunehmend die Frage nach einem Recht auf Anpassung an die Klimakrise. „Gerichte haben bereits mehrere Staaten zu stärkerem Klimaschutz verpflichtet“, so Judith Fitz, Umweltjuristin in der Abteilung Klima, Umwelt und Verkehr der Arbeiterkammer Wien. „Neben Klimaschutzmaßnahmen, die in erster Linie für die künftige Entwicklung entscheidend sind, müssten Staaten aber auch Maßnahmen ergreifen, um die bereits eingetretenen Folgen der Klimakrise für Einzelne zu lindern. Bisherige Bemühungen reichen jedoch bei weitem nicht aus und kommen deutlich zu spät.“ Auch Österreich ist daher aufgerufen, diesbezügliche Anstrengungen schnellstmöglich zu forcieren. Denn die nächsten Hitzewellen und Überschwemmungen stehen bereits vor der Tür.

Grundversorgung für Schutzsuchende
Vor 20 Jahren wurde die Grundversorgung für Geflüchtete in Österreich eingeführt und gilt als Meilenstein der Asylpolitik. Sie gewährleistet u. a. eine einheitliche Betreuung und Versorgung sowie einen Rechtsanspruch auf Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Asylwerber:innen. Trotz der Erfolge lassen sich nach wie vor Problembereiche identifizieren, wie die unzureichende Finanzierung für Beratung und Betreuung, die fehlende Kapazitätenplanung, die definierten Zielgruppen, die im Grundversorgungssystem subsummiert sind, sowie fehlende qualitätsvolle Betreuungsstandards. „Je nach Aufenthaltsstatus wird die Grundversorgung auf verschiedenem Wege gewährt oder nicht gewährt“, kritisiert Dani Krois, Sozialarbeiterin, Büroleitung der Stabsstelle Ukraine Flüchtlingskoordination der Bundesregierung und Lehrende an der FH Campus Wien. „Das System ist nicht flexibel genug, es wird zur Inaktivitätsfalle und wirkt desintegrativ.“ Eine sachliche, faktenbasierte Diskussion über die Zukunft der Grundversorgung sowie eine pragmatische Orientierung und Einordnung von Fluchtmigration sind dringend notwendig.

Bildung? Bildung!
Österreichs Bildungssystem steht vor großen Herausforderungen: hohe Kosten bei mäßigen Ergebnissen im Bildungsvergleich, eine starke Bildungsvererbung und akuter Fachkräftemangel bei gleichzeitig starkem Anwachsen der Schüler:innenzahlen (teils ohne Sprachkenntnisse). Um diese Probleme anzugehen, sind tiefgreifende Reformen nötig. Eine spätere Trennung der Bildungswege, der Ausbau von Ganztagsschulen und mehr Fokus auf Sprachförderung etwa könnte die Chancengleichheit, Integration und Förderung von Kindern verbessern. „Jede demokratisch und humanistisch geprägte Gesellschaft benötigt Menschen, die fähig sind, gut zuzuhören und nachzudenken. Die genügend faktisches Wissen haben, um Gehörtes auch einordnen zu können. Menschen, die ihre Meinung artikulieren können, mit Anstand und Respekt anderen begegnen“, betont Daniel Landau, Diplompädagoge für Musik und Mathematik und Gründer zahlreicher Initiativen wie Bildungsvolksbegehren, zukunft.bildung und jedesK!ND. Er appelliert dabei an die gesamte Gesellschaft. „Wir müssen den Fokus auf ganzheitliche Bildung legen, die Selbstbewusstsein, soziale Kompetenzen und kritisches Denken fördert. Nur so schaffen wir es, unsere Kinder optimal auf die Zukunft vorzubereiten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken.“

Straf- und Maßnahmenvollzug: Viele Baustellen ohne echte Reformen
Auch im Straf- und Maßnahmenvollzug in Österreich ist die Situation der Menschenrechte problematisch. Die Belegung mit Inhaftierten erreichte 2024 einen neuen Höchststand, gleichzeitig reduzieren Umbauarbeiten die verfügbaren Haftplätze und es herrscht akuter Personalmangel. Der resultierende Überbelag führt zu beengten Verhältnissen und eingeschränkten Beschäftigungsmöglichkeiten für Insassen. „Wegen Überbelag können in den Haftanstalten gesetzlich vorgeschriebene Trennungen, etwa von erstmalig Inhaftierten und Wiederkehrern, nicht mehr umgesetzt werden“, kritisiert Veronika Hofinger, stv. Leiterin des Instituts für angewandte Rechts- und Kriminalsoziologie an der Universität Innsbruck. Trotz dringendem Reformbedarfs blieben wesentliche Verbesserungen aus. Hofinger fordert daher dringend Maßnahmen zur Reduzierung der Haftzahlen und zur Verbesserung der Haftbedingungen, um die Menschenrechte zu wahren und die Resozialisierung zu fördern.

Die Achillesfersen der Demokratie: Desinformation und gezielte Falschmeldungen
Desinformationen und gezielte Falschmeldungen stellen besondere Gefahren für die Demokratie und die Wahrung der Menschenrechte dar. Seit 2014 nutzen autoritäre Akteure verstärkt hybride Kriegsführung, die gezielt nicht-militärische Mittel wie Fake News, Cyberangriffe und Manipulation einsetzt, um geopolitische Ziele zu erreichen. „Staaten wie Russland oder China perfektionieren digitale Einflussnahme und schaffen parallele Informationswelten, die Fakten durch sogenannte alternative ‚Wahrheiten‘ ersetzen“, erklärt Andre Wolf vom Verein Mimikama, der sich der Aufklärung über Internetmissbrauch widmet. „Das untergräbt das Vertrauen in Institutionen und spaltet die Gesellschaften, was sich in Wahlergebnisse wie Trumps Wiederwahl 2024 und Erfolge der AfD und FPÖ widerspiegelt. Die Folgen für Menschenrechte sind gravierend: Meinungsfreiheit wird eingeschränkt, kritische Stimmen verstummen und die Versammlungsfreiheit ist bedroht. Politik, Zivilgesellschaft und Medien müssen gemeinsam gegen diese Entwicklungen vorgehen, um demokratische Strukturen und Grundrechte zu schützen.“

LGBTIQ+: Menschenrechte unter Druck
Die Rechte von LGBTIQ+ Personen stehen weltweit unter Druck. Der Wahlsieg Donald Trumps in den USA verstärkt anti-queere Tendenzen auch in liberalen Demokratien. In den USA drohen Rückschritte bei Frauen- und Minderheitenrechten, insbesondere für Trans- und Inter-Personen. Dieser Rechtsruck strahlt international aus und verstärkt die Ablehnung durch reaktionäre religiöse Strömungen. „In Österreich wurden viele entscheidende rechtliche Änderungen nicht von der Politik, sondern durch Urteile der Höchstgerichte durchgesetzt“, beschreibt Andreas Brunner, Co-Leiter von QWIEN – Zentrum für queere Geschichte. „Konservative Politiker:innen machen weiter gegen Diversität und geschlechtliche Vielfalt mobil und stellen Menschenrechtsstandards in Frage.“ Der Angriff auf Menschenrechtsstandards erfolgt aber auch durch linke politische Gruppierungen, wenn sie im Nahostkonflikt offen antisemitisch agieren. Die politischen Strömungen bedrohen die Menschenrechte queerer Personen 2024 somit von verschiedenen Seiten.

Die vollständigen Beiträge können im Menschenrechtsbefund 2024 unter http://www.liga.or.at/projekte/menschenrechtsbefund nachgelesen werden.

Veranstaltungshinweis zum Tag der Menschenrechte: PRESSEFREIHEITS- MENSCHENRECHTS- KUNSTPROJEKT

Anlass für die Veranstaltungen am 9. Und 10. Dezember ist die alarmierende Einschränkung der Pressefreiheit und die Gefährdung von Journalistinnen und Journalisten in vielen Teilen der Welt, zunehmend auch in Europa. 

Demokratien müssen aktiver gegen diese Entwicklung vorgehen und das Bewusstsein aller dafür schärfen, dass Pressefreiheit ein unverzichtbares Gut für jede demokratische Gesellschaft ist. 
Das Projekt „Freiheit für Dawit! Pressefreiheit!“ greift diese Thematik beispielhaft anhand des Schicksals des schwedisch-eritreischen Journalisten und Schriftstellers Dawit Isaak, eines weltweit ikonischen Gefangenen der Presse-Unfreiheit, auf.

Dawit Isaak ist seit 23 Jahren ohne Gerichtsverfahren und Kontakt zur Außenwelt in Eritrea inhaftiert, vermutlich in einem Container. Ein Opfer der massivsten Presseunfreiheit in einem Land, in dem Menschenrechtsverbrechen an der Tagesordnung sind.

Eine Veranstaltungserie von Wolfgang Martin Roth, in Kooperation mit dem PEN Eritrea, dem Österreichischen PEN-Club, der Theodor Kramer Gesellschaft und Vienna Master of Arts in Applied Human Rights, Universität für Angewandte Kunst. Bürgermeister Dr. Michael Ludwig hat den Ehrenschutz für das Projekt übernommen.

Kunstinstallation am Platz der Menschenrechte
„Dawit Isaak. Eine Stimme aus dem Gefängnis.“
Tagesprogramm
Montag, 9. Dezember 2024, 10.00 – 18.00 Uhr und
Dienstag, 10. Dezember 2024, 10.00 – 16.00 Uhr
Platz der Menschenrechte, Mariahilferstraße 1, 1070 Wien

Ein 20 Fuß Schiffs-Container steht am Platz der Menschenrechte als Symbol für Dawit Isaaks Gefangenschaft. Aus dem Inneren erklingt Dawits Monolog.
Parallel dazu wird am Anfang und Ende des Platzes aus Schriften Dawit Isaacs gelesen. Darüber hinaus werden Menschen, die gerade den Platz frequentieren, angesprochen und eingeladen innezuhalten, die Installation auf sich wirken zu lassen, zuzuhören und sich aktiv zu beteiligen, indem sie auch lesen.
Interaktive Veranstaltung. Keine Anmeldung nötig.

Abendprogramm
Montag, 9. Dezember 2024, 19.00 – 21.00 Uhr
Öffentliche Literaturveranstaltung

„Lyrik aus dem eritreischen Exil und Vortrag/ Reflexionen zur aktuellen Entwicklung der Pressefreiheit und Situation von JournalistInnen.“
Republikanischer Klub, Fischerstiege 1-7, 1010 Wien

Dienstag, 10. Dezember 2024, 19.30 – 21.00 Uhr
Theater Uraufführung

„Dawit oder Jedes Jahrhundert hat seine Fratze“
Schauspielhaus, Porzellangasse 19, 1090 Wien
https://www.schauspielhaus.at/dawit

Mehr Info
https://www.wolfgangmartinroth.at/dawit

Pressetermin: Präsentation Menschenrechtsbefund 2024

Anlässlich des Human Rights Day am 10. Dezember lädt die Österreichische Liga für Menschenrechte zur alljährlichen Präsentation des Menschenrechtsbefundes ein.

Die beim Pressegespräch präsentierten Themen:

  • Gefährdet die politische Entwicklung die Menschenrechte und was können wir dagegen tun?
  • Essen oder Heizen? Energiearmut, soziale Ungleichheit und sozialpolitische Antworten.
  • LGBTIQ+ Rechte unter Druck: Wie politische Strömungen Menschenrechte queerer Personen in Frage stellen.

Wann: Montag, 9. Dezember, 10 Uhr
Wo: Café Museum, 1010 Wien, Operngasse 7

Podium:

Barbara Helige: Präsidentin Österreichische Liga für Menschenrechte
Marie Chahrour: Vertreterin vom Verein Volkshilfe
Andreas Brunner: Vertreter von QWIEN – Zentrum für queere Geschichte

Wir bitten um Anmeldung bis zum 5. Dezember.

Anmeldung & Kontakt:
Vera Krischke, Österreichische Liga für Menschenrechte
Tel.: 0676 360 9463
E-Mail: admin@liga.or.at

Österreichische Liga für Menschenrechte
Die Österreichische Liga für Menschenrechte setzt sich für die Umsetzung und Einhaltung der Menschenrechte ein. Sie greift aktuelle Themen auf und setzt sich in Veranstaltungen, Projekten und durch Öffentlichkeitsarbeit mit menschenrechtlich relevanten Themen auseinander. Das Büro steht überdies allen Ratsuchenden als Anlaufstelle bei individuellen Anliegen im Bereich von Menschenrechten zur Verfügung und bietet Orientierungshilfe bei Rechtsfragen.
www.liga.or.at 

PA: Aktion gegen den Hunger verurteilt eskalierende Gewalt in Haiti

In Haiti zwingt die eskalierte Bandengewalt zehntausende Menschen zur Flucht aus ihren Häusern in Port-au-Prince. Der Zugang zu humanitärer Hilfe wird für die Menschen vor Ort immer wichtiger, doch die Angriffe auf Hilfsorganisationen nehmen zu. Aktion gegen den Hunger fordert ein Ende der Gewalt und den Schutz von humanitären Helfer*innen.

„Es ist schockierend, dass in den letzten zehn Tagen 40.000 Menschen aufgrund von Gewalt neu vertrieben wurden. Der sichere Raum schrumpft immer weiter. Die Menschen bewegen sich in Richtung Stadtzentrum. Wir werden von der Gewalt umzingelt. Die Zahl der Binnenvertriebenen wird weiter steigen, und die verschiedenen Stadtteile von Port-au-Prince werden noch stärker auf humanitäre Hilfe angewiesen sein“, sagte Martine Villeneuve, Landesdirektorin von Aktion gegen den Hunger in Haiti.

Aktion gegen den Hunger fordert Schutz von humanitären Helfer*innen

In den letzten Monaten hat die Brutalität im Land weiter zugenommen. Instabilität und bewaffnete Banden haben zu einer landesweiten Hungerkrise geführt. Angesichts von fünf Millionen Menschen, die sich in einer Hungerkrise befinden, ist der Zugang zu humanitärer Hilfe wichtiger denn je. Dennoch nehmen bedrohliche und sogar tödliche Angriffe auf Mitarbeitende des Gesundheitswesens zu. Bei einem Angriff auf einen Krankenwagen von Ärzte ohne Grenzen am 11. November töteten Gewalttäter zwei Patienten und griffen Mitarbeitende der Organisation gewaltsam an.

„Angesichts der Verschärfung des Konflikts ist es wichtiger denn je, das humanitäre und medizinische Personal  zu schützen. Alle Akteure müssen das humanitäre Recht einhalten und unsere Unabhängigkeit und Neutralität achten“, erklärt Martine Villeneuve. „Die Situation ist sehr angespannt und sehr riskant, und angesichts der wiederholten Vorfälle bei unseren Kolleginnen und Kollegen von Ärzte ohne Grenzen wissen wir nicht, wem wir trauen können.“

Die seit Monaten grassierende Gewalt hat zu einer der schlimmsten Hungerkrisen der Welt geführt

Im ganzen Land hat sich zudem die Hungersituation verschärft. Fast 6.000 Haitianer*innen leiden an einer Hungerkatastrophe bis hin zur Hungersnot (IPC-Phase 5). Diesen Menschen fehlt es an allem: Nahrungsmitteln, Wasser, grundlegender Hygiene. Etwa zwei Millionen Menschen befinden sich in einer Notsituation (IPC-Phase 4) und 30 Prozent der Bevölkerung – etwa 3,4 Millionen Menschen – sind in einer Hungerkrise (IPC-Phase 3).

Seit Jahren leidet Haiti unter großer politischer Unsicherheit, Gewalt und Naturkatastrophen, die das Land in einen Strudel der Instabilität ziehen. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze. Die Gewalt hat die Ungleichheit noch verschärft. Bewaffnete Banden kontrollieren bis zu 90 Prozent von Port-Au-Prince und verhindern, dass Nahrungsmittel, Treibstoff und andere lebensnotwendige Güter die Menschen erreichen, die sie am dringendsten benötigen. In vielen Teilen des Landes kommt es zu Entführungen, Plünderungen und sexueller Gewalt. Besonders gefährdete Gruppen wie Frauen und Kinder tragen die Hauptlast.

Aktion gegen den Hunger hilft seit 1985

Aktion gegen den Hunger ist seit 1985 in Haiti tätig und setzt sich für eine Verbesserung der Ernährungssituation und der Gesundheit ein. Unsere Programme reichen von Ernährung über Wasser, sanitäre Einrichtungen und Hygiene (WASH) bis hin zu Geschlechtergerechtigkeit und Schutz von Frauen und Mädchen. Wir tragen dazu bei, dass nachhaltigere Lebensgrundlagen geschaffen werden, die den Hunger verhindern und das Wohlbefinden fördern. Darüber hinaus arbeiten wir derzeit mit anderen Partnern zusammen, um die Cholera-Epidemie zu bekämpfen.

Die Unterfinanzierung von Hilfsprojekten in Haiti hat jedoch zu einem erheblichen Mangel an Behandlungskapazitäten geführt. Die gewaltsamen Konflikte erschweren darüber hinaus unsere Hilfsmaßnahmen und die Möglichkeit, bedürftige Familien zu erreichen. Aktion gegen den Hunger verurteilt alle Angriffe auf humanitäres und medizinisches Personal und fordert alle Konfliktparteien zum Schutz der Zivilbevölkerung auf.

Über Aktion gegen den Hunger

Aktion gegen den Hunger ist eine humanitäre und entwicklungspolitische Hilfsorganisation, die weltweit in 56 Ländern und Regionen aktiv ist und über 21 Millionen Menschen unterstützt. Seit über 40 Jahren kämpft Aktion gegen den Hunger gegen Mangelernährung, schafft Zugang zu sauberem Wasser und gesundheitlicher Versorgung. 8.987 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten Nothilfe und unterstützen Menschen beim Aufbau nachhaltiger Lebensgrundlagen. 

Pressekontakt

Vassilios Saroglou / Markus Winkler
Tel. 030 – 279 099 776
E-Mail presse@aktiongegendenhunger.de
Website www.aktiongegendenhunger.de

PA: Haiti: Anzahl der in bewaffnete Gruppen rekrutierten Kinder steigt um 70%

Die Zahl der Kinder, die in Haiti von bewaffneten Gruppen rekrutiert wurden, ist laut den neuesten Schätzungen von UNICEF im vergangenen Jahr um 70 % gestiegen.

Der Kreislauf des Leidens setzt sich fort, da bewaffnete Gewalt Teile des Landes ins Chaos stürzt.
Die Zahl der Kinder, die in Haiti von bewaffneten Gruppen rekrutiert wurden, ist laut den neuesten Schätzungen von UNICEF im vergangenen Jahr um 70 % gestiegen.
Der beispiellose Anstieg, der zwischen dem zweiten Quartal 2023 und 2024 verzeichnet wurde, weist auf eine sich verschärfende Schutzkrise für Kinder auf der von Gewalt geplagten Karibikinsel hin. Derzeit machen Kinder bis zu der Hälfte aller Mitglieder bewaffneter Gruppen aus.

„Kinder in Haiti sind in einem Teufelskreis gefangen – rekrutiert von genau den bewaffneten Gruppen, die ihre Verzweiflung anheizen, und die Zahlen steigen weiter“, sagte Catherine Russell, UNICEF-Exekutivdirektorin und Hauptadvokatin des Inter Agency Standing Committee für Haiti. „Dieser inakzeptable Trend muss gestoppt werden, indem die Sicherheit und das Wohlergehen der Kinder von allen Parteien priorisiert werden.“

Der Anstieg der Rekrutierung von Kindern durch bewaffnete Gruppen wurde durch eskalierende Gewalt, weit verbreitete Armut, fehlende Bildung und den nahezu vollständigen Zusammenbruch kritischer Infrastrukturen und sozialer Dienste in Haiti befeuert. Kinder werden oft gezwungen, sich anzuschließen, um ihre Familien zu unterstützen, oder unter Androhung von Gewalt rekrutiert. Viele werden rekrutiert, nachdem sie von ihren Betreuern getrennt wurden und ohne Schutz- und Überlebensmöglichkeiten dastehen.

Gleichzeitig werden Kinder, die in den zunehmend weniger werdenden Gebieten außerhalb der Kontrolle bewaffneter Gruppen leben, oft mit Misstrauen betrachtet und riskieren, als Spione gebrandmarkt oder von Selbstjustiz-Bewegungen getötet zu werden. Wenn sie desertieren oder sich weigern, der Gewalt beizutreten, sind ihr Leben und ihre Sicherheit sofort gefährdet.

„Kinder in vielen Teilen Haitis sind Gräueltaten ausgesetzt, die kein Kind jemals erleben sollte, und bleiben mit psychologischen und emotionalen Narben zurück, die sie ein Leben lang verfolgen könnten“, fügte Russell hinzu. „Chaos und Schrecken sind Teil des täglichen Lebens geworden.“

In der Hauptstadt Port-au-Prince leben 1,2 Millionen Kinder unter der Bedrohung durch bewaffnete Gewalt. Schätzungsweise 25 % der 703.000 Binnenvertriebenen des Landes – 365.000 Kinder – befinden sich derzeit in der Stadt und leben unter äußerst prekären Bedingungen und vielfachen Be

Sexuelle Übergriffe und Vergewaltigungen sind in Haiti weit verbreitet. Laut dem Büro des Sonderbeauftragten des Generalsekretärs für Kinder und bewaffnete Konflikte hat sich die Zahl der Kinder, die sexueller Gewalt ausgesetzt sind, allein in diesem Jahr verzehnfacht.

Im Jahr 2024 hat UNICEF über 25.000 Menschen mit Dienstleistungen und Unterstützung im Zusammenhang mit sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt erreicht, darunter interdisziplinäres Fallmanagement, psychosoziale Unterstützung und Sensibilisierung der Gemeinschaft.

Als Reaktion auf die Schutzkrise, die Kinder betrifft, die von bewaffneten Gruppen rekrutiert wurden oder von einer Rekrutierung bedroht sind, hat UNICEF Sicherheitskräfte und zivilgesellschaftliche Organisationen in Schutzmaßnahmen für Kinder geschult, um ihre Rechte zu sichern.

Darüber hinaus hat UNICEF vorübergehende Betreuung für Kinder bereitgestellt, die zuvor mit bewaffneten Gruppen in Verbindung standen, einschließlich psychosozialer Unterstützung, Nahrungsmittelhilfe sowie Familienrückverfolgung und -zusammenführung.

UNICEF fordert alle Parteien in Haiti, einschließlich der Sicherheitskräfte und der Regierung, auf:
Die Sicherheit und den Schutz aller Kinder zu priorisieren und sicherzustellen, dass sie in erster Linie als Kinder betrachtet werden. Es müssen alle Maßnahmen ergriffen werden, um weiteres Töten und Verletzen von Kindern, einschließlich der rekrutierten Kinder, zu vermeiden.

Die sofortige Freilassung von Kindern, die von bewaffneten Gruppen rekrutiert wurden, und ihre Übergabe an zivile Kinderschutzakteure für ihre Genesung und Wiedereingliederung zu unterstützen.

Die Rechte und den Schutz aller Kinder in Haiti ins Zentrum aller aktuellen und zukünftigen Agenden zu stellen. Kinder müssen vor Rekrutierung, sexueller Gewalt und anderen Formen der Gewalt geschützt werden und sicheren Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Bildung, Gesundheit, Ernährung und Kinderschutz haben.

Anmerkungen für Redaktionen:

Fotomaterial passend zum Thema.

Die Rekrutierung und Nutzung von Kindern durch bewaffnete Gruppen sowie sexuelle Ausbeutung und Missbrauch stellen schwere Verletzungen ihrer Rechte dar. Die Einbindung von Kindern jeglichen Alters in bewaffnete Gruppen ist ein Verstoß gegen internationales Recht. Alle während Sicherheitsoperationen angetroffenen Kinder sollten gemäß dem Übergabeprotokoll für Kinder, das im letzten Jahr vom Staat, UN-Agenturen und zivilgesellschaftlichen Organisationen validiert wurde, an staatlich geführte Kinderschutzakteure übergeben werden. Dies soll sicherstellen, dass Kinder, die tatsächlich oder mutmaßlich mit bewaffneten Gruppen in Verbindung stehen, einschließlich solcher, die beschuldigt werden, Verbrechen begangen zu haben, in erster Linie als Opfer von Verletzungen internationalen Rechts oder Missbrauch betrachtet werden, und nicht als Täter solcher Vergehen – im Einklang mit einschlägigem internationalen Recht.

Für Rückfragen:
UNICEF Österreich
Michael Blauensteiner
Telefon: +43 660 38 48 821
E-Mail: blauensteiner@unicef.at
Website: https://unicef.at

PA: Interreligiöse Fachtagung 2024: „Religionen – Friedenspotenzial oder Konfliktfaktor?“

Unter dem Titel „Religionen – Friedenspotenzial oder Konfliktfaktor“ versammelten sich im Grazer Rathaus am 19. und 20. November 2024 Wissenschaftler*innen, Religionsvertreter*innen und zahlreiche Interessierte zur jährlichen Fachtagung, die das Projekt ComUnitySpirit des Afro-Asiatischen Instituts Graz in Kooperation mit der Privaten Pädagogischen Hochschule Augustinum durchführt.

Die Veranstaltung wurde von Eva Wenig, Projektleiterin von ComUnitySpirit, eröffnet. Sie unterstrich die Aktualität des Tagungsthemas angesichts globaler Konflikte und Kriege wie in der Ukraine und im Nahen Osten, die auch die Gesellschaft hierzulande beeinflussen. Markus Ladstätter von der Privaten Pädagogischen Hochschule Augustinum betonte in seinem Eröffnungsstatement, dass Religionen durchaus ambivalent wirkten: Sie böten einerseits ein starkes Friedenspotenzial, könnten andererseits aber auch Motivationen für Auseinandersetzung und Gewalt verstärken. Im hiesigen Umgang mit Konflikten wie dem im Nahen Osten stelle sich die Frage, wie hilfreich einseitige Solidarisierungen seien, mit welchem Part und aus welchen Motiven auch immer.

„Der Israel-Palästina-Konflikt ist nur bedingt religiös und hat nur bedingt mit Antisemitismus zu tun.“

Michael Kramer (Institut für Islamisch-theologische Studien, Universität Wien) thematisierte theologische Dimensionen aus Judentum und Islam sowie juristische und historische Begriffsdifferenzierungen, etwa zum Stichwort Zionismus. Livia Erdösi (Jüdisches Museum Wien) stellte praktische Ansätze der Friedensarbeit anhand der Ausstellung Frieden im Jüdischen Museum Wien vor. In der Diskussion betonte sie die Notwendigkeit, Narrative von Schwarz-Weiß-Denken zu überwinden. Initiativen wie Peace Camps, die Jugendliche aus unterschiedlichen Hintergründen zusammenbringen, seien Beispiele dafür, wie abseits von politischen Spannungen neue Verständigungsmöglichkeiten geschaffen werden können.

„Das Öl der religiösen Erfahrung muss verwendet werden, um die Wunden zu heilen, und nicht, um das Feuer zu entfachen.“

Mit diesem markanten Statement kritisierte der griechisch-orthodoxe Theologe Grigorios Larentzakis (ehem. Universität Graz) die Unterstützung des russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill für den Krieg Russlands in der Ukraine. Er argumentierte aus der orthodoxen Tradition, warum die Position des Moskauer Patriarchen, der im konkreten, blutigen Geschehen einen „Krieg des Guten gegen das Böse“ sehe und den gefallenen russischen Soldaten das Paradies als Lohn verspreche, in seiner Sicht nichts anderes als eine Irrlehre darstelle.

Den Vorträgen folgte die Eröffnung einer Begleitausstellung von Schüler*innen der Modellschule Graz zum Thema „Brücken bauen“ sowie die feierliche Übergabe eines gemeinsamen Statements zum Erhalt des Friedens von Grazer Religionsgemeinschaften an Bürgermeisterin Elke Kahr. Der hier abrufbare Text war vom Interreligiösen Beirat der Stadt Graz, in dem mittlerweile 19 anerkannte Bekenntnis- und Glaubensgemeinschaften vertreten sind, initiiert und ausgearbeitet worden und konnte von dessen Repräsentantinnen Inge Brenner (Buddhistische Religionsgesellschaft Österreich) und Lilian Suppan (Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage) überreicht werden.

Im Zentrum steht der Appell, die religionsübergreifende Zusammenarbeit zu fördern und das Friedenspotenzial aller Religionsgemeinschaften aktiv zu nutzen. Die Gemeinschaften verwehren sich ausdrücklich gegen jede Instrumentalisierung von Religion für Gewalt und partikulare Interessen. Vielmehr sehen sie sich in der Pflicht, Menschenrechte, Religionsfreiheit und demokratische Werte als Basis einer offenen Gesellschaft zu schützen und zu stärken.

„Wir rufen dazu auf und setzen uns selbst dafür ein, Religionsfreiheit sowie die demokratischen Rechte und Pflichten als unverzichtbare Grundpfeiler einer offenen Gesellschaft zu respektieren und zu fördern. Als Religionsgemeinschaften leisten wir unseren Beitrag, dass in Graz niemand diskriminiert wird. Wir stehen ein für eine Stadt, in der alle Bürgerinnen und Bürger die gleichen Chancen und Rechte genießen,“ heißt es in der Erklärung.

Am Folgetag beleuchteten Livia Erdösi und Lajos Harsányi (Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Wien) in einem Forum „Jüdische Perspektiven zum Thema Frieden“ anhand von ausgewählten Texten aus der jüdischen Tradition. Ein zweites Forum widmete sich der interreligiösen Solidarität in Graz. Hier wurden konkrete Herausforderungen und Erfolge der interreligiösen Zusammenarbeit in der Stadt beleuchtet. Es wurde deutlich, dass Solidarität nicht nur in Krisenzeiten, sondern als kontinuierlicher Prozess gepflegt werden muss. Pfarrer Paul Nitsche erinnerte an den Vorfall im Jahr 2023, als die Kreuzkirche mit nationalsozialistischen Parolen beschmiert wurde, und berichtete von der erlebten Solidarität, auch von muslimischen Jugendlichen. Inge Brenner betonte die Notwendigkeit, Solidarität proaktiv zu organisieren, „denn nur im Einander-Begegnen können wir Brücken schlagen“. Imam Fikret Fazlić fügte hinzu, dass „Solidarität bei den Nachbarn beginnt, die trotz religiöser Unterschiede füreinander da sind.“

Im Anschluss stellte der Religionswissenschaftler Franz Winter (Universität Graz) das Spannungsfeld zwischen Gewalt und Dialog kontrastiv anhand von zwei Szenarien aus der indischen Religionsgeschichte vor. In einer eigenen Podiumsdiskussion thematisierten Vertreterinnen und Vertreter der Grazer Religionsgemeinschaften ihre eigenen Initiativen für den Erhalt des Friedens auf lokaler Ebene.

Den Abschluss bildete ein Vortrag von Alexander Rieger, dem Leiter des Referats Interkultureller und Interreligiöser Dialog im BMEIA, der interessante Einblicke in die Bedeutung von Religion und interreligiösem Dialog als ein „soft tool“ der österreichischen Außenpolitik gab. Rieger betonte die Bedeutung der Auseinandersetzung mit Religionen – auch in einem säkularen Staat wie Österreich – da Religion weltweit eine zentrale Rolle spielt und Diplomaten nicht darauf verzichten können, um erfolgreich interkulturellen Dialog und extremismuspräventive Maßnahmen zu fördern.

Die Vorträge und Diskussionen, das Friedensstatement sowie die begleitende Ausstellung verdeutlichten, welchen Beitrag Religionen im Streben nach einer friedlichen Gesellschaft leisten können. Der Weg zu einem gemeinsamen Miteinander führt nicht nur durch den Dialog zwischen den Religionen, sondern auch durch das aktive Eintreten aller für Solidarität und Verständnis in einer von Konflikten geprägten Welt.

Eine Veranstaltung von ComUnitySpirit, einem Projekt des Afro-Asiatisches Institut Graz und Privater Pädagogischer Hochschule Augustinum

Fotos der Fachtagung hier.

Rückfragehinweis:
Mag. Eva Wenig PhD
Projektkoordinatorin ComUnitySpirit, Afro-Asiatisches Institut Graz
 +43 316 32443458
e.wenig@aai-graz.at

PA: Aushöhlung der Entwaldungsverordnung ist umweltpolitische Bankrotterklärung

Abänderungen an bestehendem Gesetz waren nie vorgesehen – Südwind: EU-Kommission muss Vorschlag auf Verschiebung zurückziehen

Die österreichische Menschenrechtsorganisation Südwind übt scharfe Kritik an der vom EU-Parlament beschlossenen Aufweichung und Verschiebung der EU-Entwaldungsverordnung. „Die Aushöhlung der bereits beschlossenen Entwaldungsverordnung ist eine umweltpolitische Bankrotterklärung der Europäischen Union“, sagt Maria Hammer, Südwind-Sprecherin für Waldschutz und fordert: „Die EU Kommission muss jetzt ihr Wort halten und ihren Vorschlag zur Verschiebung zurückziehen.“

Die angenommene Abänderung ermöglicht es EU-Staaten, sich selbst aus der Verantwortung zu nehmen. Auf dem europäischen Markt entstehen dadurch neue Schlupflöcher für Produkte, die auf Waldzerstörung und Menschenrechtsverletzungen zurückgehen.

Die EU-Mitgliedstaaten sind die zweitgrößten Importeure von Produkten aus Waldzerstörung. „Anstatt Verantwortung zu übernehmen, knicken Parlament und Kommission vor der Forst-Lobby ein. Gleichzeitig ist es ein verheerendes Signal an die Staaten des Globalen Südens. Warum sollte sich irgendjemand an die EUDR halten, wenn die EU nicht bereit ist, ihre eigenen Regeln zu befolgen? Die Glaubwürdigkeit der EU nimmt damit großen Schaden”, sagt Südwind-Sprecherin Hammer.

Südwind sieht zusätzlich in der Vorgangsweise ein schwerwiegendes demokratiepolitisches Problem: Die EVP hat eines der wegweisendsten Gesetze für den globalen Waldschutz mit ihren Änderungsanträgen quasi unbrauchbar gemacht, nachdem es schon längst fertig verhandelt und von allen Instanzen verabschiedet wurde.

Rückfragehinweis:
Vincent Sufiyan
Kommunikationsleitung Südwind
Tel.: +43 650 96 77577
E-Mail: vincent.sufiyan@suedwind.at

Interviewmöglichkeit: Nepal: Kampf gegen Kinderarbeit und Menschenhandel

Kinder und Jugendliche leiden in Nepal besonders unter Armut und Ausbeutung. Statt Schulbesuch sind viele von ihnen zur Arbeit gezwungen, z.B. als Haushälterinnen, auf Baustellen oder bei der Ziegelproduktion. Kriminelle Banden betreiben Menschenhandel. Kinder und Jugendliche werden durch Versprechungen in die Stadt gelockt und dann in Tanzbars und Massagesalons ökonomisch und sexuell ausgebeutet.

Mit ihrem Engagement stehen Yuwalaya und Opportunity Village Nepal (als Partnerorganisationen der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar) den betroffenen Kindern und Jugendlichen zur Seite. Im Vorfeld des Sternsingens 2025 berichten Projektleiter*innen und Jugendliche, die sich mit dieser Unterstützung eine bessere Zukunft verschafft haben, im Interview von ihren Erfahrungen.

Terminvereinbarung für Interviews:
Georg Bauer
georg.bauer@dka.at
0676 88011 1073

Wann: 15.11.2024, Uhrzeit nach Vereinbarung
Ort: Dreikönigsaktion, Wilhelminenstraße 91/2f, 1160 Wien

Info zu den Interviewpartner*innen: 
Sr. Anthonia Soosai war von 2019 bis 2021 als Projektkoordinatorin in Pokhara tätig, aktuell ist sie die Direktorin von Opportunity Village Nepal (OVN). 

Mr. Govinda Bhattarai engagiert sich seit 2019 als Programmmanager von OVN für Jugendliche, die von Ausbeutung und Menschenhandel betroffen sind.

Niruta B K und Babita Gurung wurden beide vom Partnerprojekt OVN unterstützt und berichten davon, wie sie dadurch eine neue Perspektive für ihr Leben gefunden haben. Ihre Erfahrungen geben sie nun an andere betroffene Jugendliche weiter. Niruta ist übrigens auf dem Plakat zum Sternsingen 2025 zu sehen.

Dharma Raj Rimal ist als Präsident von Yuwalaya intensiv an Kampagnen und Lobbyarbeit beteiligt, um die Rechte von Kindern und Jugendlichen zu fördern. Diese umfassende Erfahrung hat ihn zu einer prominenten Stimme in diesem Bereich gemacht.

Sanjeev Adhikari hat als geschäftsführender Direktor von Yuwalaya ein fundiertes Wissen über das Projekt und ist aktiv an den von der Dreikönigsaktion unterstützten CSSC-Projekten (Creating Safer Space for Children) beteiligt. 

Sumitra Aryal (19 Jahre) und Premeeka Maharjan (20 Jahre) sind energiegeladene Absolventinnen der Child Club von Yuwalaya und tragen das Engagement für Kinderschutz und Kinder-/Jugendrechte weiter, zum Beispiel im Adolescent Girls Network oder im Jugendclub-Netzwerk in Lalitpur.

Infos zu den Partnerprojekten in Nepal: www.sternsingen.at/sternsingen-hilft

Fotos (Flickr) zu den Nepalprojekten: https://flic.kr/s/aHBqjBFYGM
Infos zum Sternsingen 2025: www.sternsingen.at/presse

PA und Interviewmöglichkeit: COP29: Aktion gegen den Hunger fordert verstärkte Klimafinanzierung und Maßnahmen gegen Mangelernährung

Anlässlich der UN-Klimakonferenz COP29 in Baku fordert Aktion gegen den Hunger entschlossene Maßnahmen zur Bekämpfung der Mangelernährung, die durch die Klimakrise weltweit weiter verschärft wird. Die humanitäre und entwicklungspolitische Organisation, die in 56 Ländern Hunger und Mangelernährung bekämpft, hebt hervor, dass die zunehmende Zahl klimabedingter Extremwetterereignisse wie Dürren, Überschwemmungen und Hitzewellen die Ernährungssicherheit von Millionen Menschen bedroht und dabei besonders Frauen und Kinder trifft. Bereits heute leiden 733 Millionen Menschen an Hunger.

„Die Klimakrise erhöht das Risiko von Hunger und Mangelernährung weltweit – besonders in Ländern, die bereits stark von Konflikten und Armut betroffen sind. Bis 2050 könnten bis zu 183 Millionen Menschen zusätzlich von Hunger bedroht sein, wenn nicht rechtzeitig gehandelt wird. Maßnahmen gegen Hunger und Mangelernährung müssen ein zentraler Bestandteil der Klimapolitik werden“, sagt Jan Sebastian Friedrich-Rust, Geschäftsführer von Aktion gegen den Hunger. Er fügt hinzu: „Es sind in der Regel die wirtschaftlich schwächsten Gemeinden, die am meisten unter den Auswirkungen leiden. Die COP29 muss sicherstellen, dass Klimafinanzierung direkt den Menschen zugutekommt, die am stärksten betroffen sind.“

Klimafinanzierung: Jährliche Zuschüsse von einer Billion Dollar nötig

Aktion gegen den Hunger fordert, dass die reichen Verursacherstaaten ihrer historischen Verantwortung gerecht werden und ausreichend Finanzmittel bereitstellen, um die von der Klimakrise betroffenen Regionen zu unterstützen. Diese Mittel sollen zusätzlich zu bisherigen Finanzierungsströmen bereitgestellt und den betroffenen Gemeinden direkt zugänglich gemacht werden.

Das auf der COP29 zu beschließende neue Klimafinanzierungziel (New Collective Quantified Goal on Climate Finance, NCQG) muss deshalb mindestens eine Billion US-Dollar pro Jahr an öffentlichen Mitteln als Zuschüsse – und nicht als Kredite, die zu einer weiteren Verschuldung beitragen würden   – umfassen. Diese sollen unter anderem durch die Nutzung neuer klimagerechter Finanzierungsquellen wie Steuern und Abgaben auf die fossile Brennstoffindustrie sowie andere stark umweltverschmutzende Industrien finanziert werden.

Das Recht auf angemessene Ernährung umsetzen

Die Teilnehmenden der COP29-Konferenz sollen Maßnahmen für das Recht auf angemessene Ernährung in den Fokus rücken. Die Harmoniya-Initiative der aserbaidschanischen Präsidentschaft und die Sharm-el-Sheikh Joint Work zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen in Landwirtschaft und Ernährungssicherheit müssen diesen rechtebasierten Ansatz widerspiegeln. Sie sollten sich auf eine geschlechtergerechte Transformation der Ernährungssysteme konzentrieren, bei der die Agrarökologie im Zentrum steht.

Die Indikatoren für das globale Anpassungsziel (Global Goal on Adaptation, GGA) müssen auch Nahrungs- und Ernährungssicherheit umfassen, indem sie zum Beispiel die Kosten einer gesunden Ernährung, den Zugang zu medizinischer Versorgung und Fortschritte in Richtung Agrarökologie messen. In fragilen Kontexten bedarf es den Aufbau von Frühwarnsystemen.

Geschlechtergerechte Maßnahmen und Unterstützung marginalisierter Gruppen

Die Auswirkungen der Klimakrise treffen Frauen und andere marginalisierte Gruppen besonders hart. Sie haben oft weniger Zugang zu Ressourcen, müssen aber Nahrungsmittel, Wasser und Brennholz für ihre Familien beschaffen. Viele leben von der Landwirtschaft, sodass durch die Klimakrise verursachte schwierige Vegetationsperioden oder Missernten sie besonders schwer treffen. Mit der Klimakrise steigt das Konfliktrisiko sowie die Gefahr von geschlechtsspezifischer Gewalt. Dies wiederum hat nachweislich negative Auswirkungen auf die Ernährungssituation von Frauen und Mädchen. Die COP29 sollte deshalb die geschlechtsspezifischen Auswirkungen der Klimakrise berücksichtigen und gezielte Maßnahmen zur Unterstützung von Frauen und marginalisierten Gruppen verabschieden.

Alle Forderungen und Empfehlungen von Aktion gegen den Hunger an die Regierungen auf der Klimakonferenz COP29 finden sich in unserem aktuellen Positionspapier:

https://www.aktiongegendenhunger.de/sites/default/files/2024-10/aktion-gegen-den-hunger-positionspapier-cop-2024.pdf

Hinweis an die Redaktionen:

Folgende Mitarbeitende von Aktion gegen den Hunger werden vor Ort auf der COP29 anwesend sein und für Interviews zur Verfügung stehen:

  • Emma Beelen, Advocacy-Referentin von Aktion gegen den Hunger (Interviewsprachen: DE, ENG, FR. Vor Ort: 11.-16. November)
  • Ahmed Khalif, Landesdirektor Aktion gegen den Hunger Somalia (Interviewsprache: ENG. Vor Ort: 15.-22. November)
  • Alvin Munyasia, Advocacy-Referent von Aktion gegen den Hunger in Ostafrika und Horn von Afrika (Interviewsprache: ENG. Vor Ort: 18.-22. November)

Über Aktion gegen den Hunger

Aktion gegen den Hunger ist eine humanitäre und entwicklungspolitische Hilfsorganisation, die weltweit in 56 Ländern und Regionen aktiv ist und über 21 Millionen Menschen unterstützt. Seit über 40 Jahren kämpft Aktion gegen den Hunger gegen Mangelernährung, schafft Zugang zu sauberem Wasser und gesundheitlicher Versorgung. 8.987 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten Nothilfe und unterstützen Menschen beim Aufbau nachhaltiger Lebensgrundlagen. 

Pressekontakt
Vassilios Saroglou / Markus Winkler
Tel. 030 – 279 099 776
E-Mail presse@aktiongegendenhunger.de
Website www.aktiongegendenhunger.de

PA: COP29: Amnesty fordert Aufstockung der Klimafinanzierung und vollständigen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen

Im Vorfeld der Weltklimakonferenz (COP29) in Aserbaidschan fordert Amnesty International die teilnehmenden Staats- und Regierungschef*innen auf, die Menschenrechte ins Zentrum ihrer Entscheidungsfindung zu rücken und eine massive Aufstockung der bedarfsorientierten Klimafinanzierung zu garantieren. Der vollständige, schnelle, faire und ausreichend finanzierte Ausstieg aus fossilen Brennstoffen in allen Industriezweigen sei Top Priorität. Dies betont die Menschenrechtsorganisation auch in ihren vor Kurzem veröffentlichten Empfehlungen an die Vertragsparteien des UNFCCC zu menschenrechtskonformen Klimaschutzmaßnahmen im Jahr 2024.

„Die weltweite Klimakrise ist die größte Bedrohung, der sich die Menschheit heute gegenübersieht. Aus dem jährlichen Emissionsbericht des UN-Umweltprogramms geht hervor, dass der Welt bis Ende des Jahrhunderts ein katastrophaler Temperaturanstieg von 2,6 bis 3,1°C bevorsteht, falls keine einschneidenden Maßnahmen ergriffen werden. Wenn wir heute nicht mutig, entschlossen und vereint handeln, wird die Welt von morgen unbewohnbar sein“, warnt Shoura Hashemi, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich.

„Katastrophen wie Dürren, heftige Stürme, Starkregen und Überschwemmungen werden in Umfang, Reichweite und Intensität noch zunehmen, auch hier in Österreich, weit mehr Menschenleben fordern und Lebensgrundlagen zerstören“, so Hashemi. Amnesty warnt in diesem Zusammenhang auch vor einem nie dagewesenen Ausmaß an Hungersnöten und unfreiwilliger Migration.

1 Billion US-Dollar pro Jahr

Umso mehr müssen die Staaten auf dem Abkommen der COP28 aufbauen und sich zu einem vollständigen, schnellen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen verpflichten. Dazu braucht es die Einigung auf eine weitaus höhere Klimafinanzierung, damit der Übergang zu einer kohlenstofffreien Wirtschaft in Staaten mit niedrigerem Einkommen finanziert werden kann – gebraucht wird mindestens eine Billion US-Dollar pro Jahr. Das mag viel erscheinen, doch die menschenrechtlichen und wirtschaftlichen Kosten der Aufrechterhaltung des Status quo sind unkalkulierbar.

Amnesty fordert von den Staaten auch mehr Mittel für den Fonds zur Bewältigung von Verlusten und Schäden, um jenen zu helfen, die am stärksten von den Auswirkungen der globalen Erwärmung betroffen sind.

Hintergrund

Aserbaidschan wird vom 11. – 22. November in der Hauptstadt Baku die 29. Weltklimakonferenz (COP29) des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) ausrichten. Dabei kommen mehr als 190 Vertragsparteien, darunter auch Österreich, zusammen, um u. a. ein neues globales Ziel für die Klimafinanzierung festzulegen, Ziele für die Beendigung von Treibhausgasemissionen bzw. den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen zu stecken und gerechte Übergänge zu einer kohlenstofffreien Wirtschaft zu erörtern. Auch soll ausgelotet werden, wie in Staaten mit niedrigerem Einkommen, die die Hauptlast der Klimaschäden tragen und gleichzeitig am wenigsten zu deren Entstehung beigetragen haben, Maßnahmen zur Verringerung von Klimaschäden und zur Bewältigung unvermeidbarer Verluste und Schäden unterstützt werden können.

Amnesty International wird vom 9. bis 24. November mit einer Delegation auf der COP29 vertreten sein und für Interviews zur Verfügung stehen. Thema kann auch die anhaltende Unterdrückung der aserbaidschanischen Zivilgesellschaft durch die Regierung sein.