Schutz in Europa

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Stellen Sie sich vor, PolitikerInnen in der EU würden alles in ihrer Macht stehende unternehmen um legale und sichere
Wege nach Europa zu schaffen. Um Flüchtenden Schutz in europäischen Ländern zu bieten und weitere Tragödien im Mittelmeer und im Zusammenhang mit Schlepperei zu verhindern, ist dies unumgänglich. Stattdessen kritisieren Mitgliedstaaten Rettungsaktionen im Mittelmeer, weil so noch mehr Menschen kommen würden und errichten neue Grenzzäune an den EU-Außengrenzen, die auch für Flüchtlinge verschlossen bleiben.

Ein aktuelles Positionspapier des Ludwig Boltzmann Instituts für Menschenrechte befasst sich mit den rechtlichen Verpflichtungen in der gegenwärtigen Flüchtlingssituation und ruft in Erinnerung, dass Menschenrechte für alle Menschen gelten. Dabei werden auch die globalen Dimension von Flucht in den Blick genommen.

Link zum Download: BIM Position Nr. 6: Menschenrechtliche Verpflichtungen in der aktuellen Flüchtlingssituation 

What is a people without land?

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Der neue Dokumentarfilm von Erwin Schweitzer, Kathrin Gradt und Martin Lintner erzählt vom langen Atem der Griqua, einer indigenen Gruppe in Südafrika, die für die Rückgabe des Landes ihrer Ahnen kämpft.

film„What is a people without land? Griqua und ihr Kampf um Land im Neuen Südafrika“
Premiere: 15. Oktober, 19.00 Uhr, Österreichisches Museum für Volkskunde, Gartenpalais Schönborn, Laudongasse 15-19, 1080 Wien

Viele SüdafrikanerInnen betrachten Land als Grundlage für ökonomische Entwicklung, kulturelle Entfaltung und selbstbestimmte Identität. Seit der Einführung der Demokratie in Südafrika 1994 können Menschen, deren Land durch Kolonialismus und Apartheid geraubt wurde, dieses wieder zurückfordern. Der Dokumentarfilm zeigt wie die Griqua, eine indigene Gruppe, die neuen rechtlichen Möglichkeiten nutzen, um für die Rückgabe des Landes ihrer Ahnen zu kämpfen. Anhand mehrerer Fallbeispiele in verschiedenen Regionen Südafrikas illustriert der Film die starke emotionale Bindung einzelner Griqua an ihr Land. Gleichzeitig verdeutlichen diese Fälle den Zusammenhang zwischen Landrechten und der Ausübung der eigenen Kultur, entwicklungspolitischer Themen, Bildung, Einkommensmöglichkeiten sowie Spiritualität.

Eine Veranstaltung von SADOCC in Kooperation mit dem Ethnocineca Filmklub und dem Österreichischen Museum für Volkskunde im Rahmen des Europäischen Jahres für Entwicklung 2015.

Zur Facebookseite des Films geht’s hier.

FairStyria-Tag im Zeichen des Europäischen Jahres für Entwicklung 2015

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Die steirische Initiative FairStyria lädt am Mittwoch, den 30. September, in die Grazer Burg zum FairStyria-Tag ein. Mehr als 30 Projekte, die sich in unterschiedlicher Weise mit dem Motto des Europäischen Jahres für Entwicklung (EYD 2015) – „Unsere Welt – Unsere Würde – Unsere Zukunft“ – beschäftigen, werden dort vorgestellt.

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Newsletter 2/2015: SDGs, Nicaragua, Ägypten & Syrien

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  • cropped-ISJE_Farb.jpg17 Ziele: Alles für alle – oder die Erfolgsstrategie für eine bessere Welt? Friedbert Ottacher über die Nachhaltigen Entwicklungsziele 2016-2030. mehr
  • Sonne, Wasser, Wind und Biomasse: Nicaragua setzt in Zeiten des Klimawandels auf erneuerbare Energien, berichtet Leo Gabriel. mehr
  • Vier Jahre danach: Was ist in Ägypten vom Arabischen Frühling übrig geblieben? Nermin Ismail hat sich in Kairo umgesehen. mehr
  • Kommentar: Stoppt die Kriege! Leo Gabriel über eine notwendige Bedingung zur Überwindung des Flüchtlingselends. mehr
  • Nachruf: In Erinnerung an Werner Hörtner. mehr

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Stoppt die Kriege!

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Foto: privat

Aus der Sicht des globalen Südens ist diese Forderung eine notwendige Bedingung zur Überwindung des Flüchtlingelends.

Ein aktueller Kommentar von Leo Gabriel

Es ist noch nicht allzu lange her, da fanden Zigtausende EuropäerInnen Zuflucht vor Faschismus und Krieg in Mexiko, Kolumbien und Argentinien – unter anderem sogar einige prominente Nazis. Aber auch heute steigt die Zahl der so genannten „Wirtschaftsflüchtlinge“ aus Europa, meist qualifizierte Arbeitslose der jüngeren Generation aus Frankreich, Italien oder Spanien, die in Lateinamerika einen ihnen entsprechenden Arbeitsplatz suchen.

All das war und ist nicht vergleichbar mit dem Elend derjenigen, die nach Europa oder die USA fliehen. Die meisten von ihnen haben die Hoffnung, dass es ihnen in den Metropolen jenes Systems, das heute die Welt beherrscht, besser gehen wird als in ihrer von Kriegen und Gewalt zerrütteten Heimat.

500 Jahre Kolonialgeschichte
Dabei vergessen die Flüchtlinge aus dem globalen Süden oft, dass im Norden die Verantwortlichen für Politik und Wirtschaft längst verlernt haben in politisch-historischen Kategorien zu denken. Denn sonst wüssten sie, dass die MigrantInnen – ob sie jetzt AsylwerberInnen sind oder nicht – vor genau jenem diskriminierenden, ausbeuterischen und gewaltbereiten System fliehen, das schon ihre Vorväter erleiden mussten.

Sind 500 Jahre Kolonialismus und Postkolonialismus etwa nicht genug, um festzustellen, dass die Welt gespalten ist? Und zwar nicht in Links und Rechts, sondern in Zentrum und Peripherie; nicht in „entwickelte“ und „unterentwickelte“ Länder, sondern in Täter und Opfer einer Geschichte, die letztendlich an den Schaltstellen des Nordens verändert werden kann.

Haben sich diejenigen, die heute nach mehr Kontrolle, Abschottung, Polizei und Militär schreien und nach einem „starken Mann“ rufen, der die überkommene Ordnung wieder herstellen kann, schon einmal gefragt, was sie selbst tun könnten, um die Kriege in Syrien, Afghanistan, Pakistan und der Ukraine zu beenden? Nein, denn das überlassen sie lieber den Totengräbern der Macht, die selbst an der weltweiten Armut und Gewalt noch verdienen.

Katastrophe Syrien
Seit drei Jahren versucht etwa das UNHCR der Weltöffentlichkeit klar zu machen, dass der Krieg in Syrien „die größte humanitäre Katastrophe seit dem 2. Weltkrieg“ hervorgebracht hat: seither war es noch nie der Fall, dass in der Folge eines Krieges mehr als die Hälfte der Bevölkerung eines Landes in die Flucht geschlagen wurde – 4,5 Millionen allein in die Nachbarländer Türkei, Libanon und Jordanien.

Doch das kümmerte die Regierungen im Norden kaum. Großzügig stellten sie zur Linderung des Flüchtlingselends ein paar Hundert Millionen zur Verfügung, während sie Hunderte Milliarden zur Rettung ihres Finanzsystems freigegeben hatten. Erst als Terrorakte wie das Massaker in den Redaktionsräumen von „Charlie Hebdo“ und die Ermordung von westlichen Journalisten stattfanden, begann sich die Weltöffentlichkeit für den so genannten Islamischen Staat zu interessieren, der bereits seit 2013 Tausende von ZivilistInnen in Syrien und dem Irak erbarmungslos liquidiert hatte.

Konzertierte Aktionen für den Frieden
Auch jetzt geht wieder ein Ruck durch die europäische Öffentlichkeit angesichts der vielen neu angekommenen Flüchtlinge in Europa. Doch darf bei aller Hochachtung, die den humanitären FlüchtlingshelferInnen hierzulande und anderswo gezollt werden muss, nicht vergessen werden, dass diese massive Fluchtbewegung nicht abreißen wird, solange es nicht gelingt, die Kriege zu stoppen, welche die eigentliche Ursache für die Fluchtbewegung aus Syrien, der Ukraine oder Afghanistan darstellen. Dabei muss man sich im Klaren sein, dass diese Massaker schon aufgrund des Kräfteverhältnisses in und um die betroffenen Länder nicht durch militärische Interventionen, sondern nur durch konzertierte Aktionen der Zivilgesellschaft in- und außerhalb dieser Länder gestoppt werden können.

In diesem Sinne sind auch die Flüchtlinge, die nach Europa kommen, als potentielle MitstreiterInnen für einen anhaltenden Frieden in den betroffenen Regionen anzusehen.

Aber auch in den Ländern des globalen Nordens ist es heute notwendiger denn je, jene Friedensbewegung wiederzubeleben, die am 15. Februar 2003 in allen Teilen der Welt millionenfach auf die Straße gegangen ist, um gegen den damals herannahenden Krieg im Irak zu protestieren. Hätte die Staatengemeinschaft damals auf die Zivilgesellschaft gehört, anstelle nach der Pfeife von George W. Bush zu tanzen, gäbe es heute keinen Islamischen Staat und auch keine humanitären Katastrophen.


Leo Gabriel ist Journalist, Anthropologe und Mitglied des Internationalen Rates des Weltsozialforums. Er ist auch Mitbegründer der international-syrischen Initiative www.peaceinsyria.org, die 2013 im Rahmen des Weltsozialforum entstand und im März 2014 ein Treffen mit RepräsentatInnen der syrischen Zivilgesellschaft auf der Friedensburg Schlaining organisierte. Die dort verabschiedete gemeinsame Erklärung für einen dauerhaften Frieden in Syrien lesen Sie hier.

 

Nicaragua setzt in Zeiten des Klimawandels auf erneuerbare Energien

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Von Leo Gabriel

Nicaragua zählt nicht nur zu den vom Klimawandel am meisten betroffenen Ländern, sondern ist auch das Land mit den meisten Ressourcen an erneuerbarer Energie. Trotz des noch immer drohenden Baus eines interozeanischen Kanals und trotz der kostengünstigen Erdöllieferungen aus Venezuela hat sich Nicaragua zum ökologischen Spitzenreiter im mittelamerikanischen Raum gemausert.

Davon war allerdings nicht die Rede, als wir uns mit einer Spitzengeschwindigkeit von 40 km/h bei Salinas de Nahualapa im Departamento Rivas der Pazifikküste näherten. Bei über 40 Grad im Schatten schien es als hätten die BewohnerInnen dieser Indígena-Gemeinde außer ihrem eigenen Schweiß noch nie einen Tropfen Wasser gesehen. Es war nun schon das dritte Jahr, dass die Ernte nicht ausreichte, um die Bevölkerung mit den notwendigsten Grundnahrungsmitteln zu versorgen. Kein Wunder, dass selbst das Salzwerk, das dem Ort den Namen gegeben hatte, in Konkurs gegangen war.

Versammlung der Indígena-Gemeinde in Salinas de Nahualapa
Versammlung der Indígena-Gemeinde in Salinas de Nahualapa

„Nichts geht mehr“, klagte der alte Gemeindevorsteher, der sichtlich schon bessere Zeiten erlebt hatte, „wenn nicht bald der Kanal kommt und Arbeitsplätze schafft, gehen wir hier vor die Hunde.“ Doch der interozeanische Kanal, dessen Mündung im nahegelegenen Brito gebaut werden sollte, läßt auf sich warten. Und warten ist auch die Hauptbeschäftigung der Indígenas, die zu Millionen im trópico seco leben, seitdem der Klimawandel in Zentralamerika voll zugeschlagen hat.

Versalzte Erde in Salinas
Versalzte Erde in Salinas

Der cambio climático (Klimawandel) war seit Jahrzehnten allseits bekannt und ist unter den Bauern zum geflügelten Wort geworden, doch dagegen etwas unternommen hat kaum jemand – mit einer Ausnahme: Bereits bald nach der Wiederwahl des Sandinistenkommandanten Daniel Ortega zum nicaraguanischen Staatspräsidenten im Jahr 2007 machte sich die Regierung daran, das an erneuerbarer Energie (Sonne, Wasser, Wind und Biomasse) reich dotierte Land umzupolen. Während Nicaragua als Mitglied der vom verstorbenen venezolanischen Präsidenten Hugo Chavez ins Leben gerufenen ALBA (Alianza Bolivariana de las Americas) einerseits in den Genuss billigen Erdöls kam, begann die sandinistische Regierung mit dem Bau von Wasserkraftwerken im Norden und den so genannten „Windparks“ (parques eólicos) im Süden des Landes. Etwas später wurde mit Hilfe dänischer EntwicklungsexpertInnen auch die thermische Energie der vulkanreichen Erde genutzt und auch die Solarpannels kamen in Mode.

Windenergie in Rivas
Windenergie in Rivas

Unabhängigen Quellen zufolge wird derzeit 81,7 Prozent des Bedarfs an Elektrizität durch erneuerbare Energien gedeckt. Davon entfallen auf die Windenergie 31 Prozent, Wasserenergie 27,5 Prozent und Geothermik 23,2 Prozent.

Als der Generalsekretär der Vereinten Nationen Ban Ki-moon Ende Juli 2014 Nicaragua besuchte, war er so begeistert, dass er sagte, die ganze Welt möge sich ein Beispiel an Nicaragua nehmen und bis zum Jahr 2030 ihren Energiebedarf hauptsächlich mit erneuerbaren Energien abdecken. Die nicaraguanische Regierung wiederum erklärt, bis 2017 90 Prozent des Energiebedarfs mit erneuerbaren Energien abdecken zu können. Bis dahin soll nämlich das Wasserkraftwerk El Tumarín fertiggestellt sein, dessen Bau im Vorjahr begonnen hat.

Wie dem immer auch sei: es bleibt zu hoffen, dass die enormen Wasserressourcen, über die das Land verfügt, auf Umwegen auch der verarmten Indígena-Gemeinde von Salinas de Nahualapa zu Gute kommen wird. Ein erstes Zeichen dafür ist jedenfalls das strategische Projekt, in Bobobké an der von Indígenas besiedelten Atlantikküste Nicaraguas, ein weiteres Wasserkraftwerk zu errichten.


Leo Gabriel ist Journalist, Anthropologe und Mitglied des Internationalen Rates des Weltsozialforums.