Archiv der Kategorie: Mittelamerika

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Einladung zu Interviews: Guatemala: Kinderschutz und Ausbildung

Im Vorfeld der Sternsingeraktion 2024 stehen Projektpartner*innen der Dreikönigsaktion, dem Hilfswerk der Katholischen Jungschar, für Interviews zur Verfügung.

Obwohl in Guatemala nach langen Jahren des Bürgerkriegs nun Frieden herrscht, lebt etwa 60 Prozent der Bevölkerung in Armut. Der Zugang zu sauberem Trinkwasser ist begrenzt, die Preise für Grundnahrungsmittel steigen und Mangelernährung verursacht gesundheitliche Probleme. Besonders Kinder und Jugendliche leiden unter Armut und Ausbeutung, was häufig zu Schulabbrüchen führt. Doch gerade Bildung und berufliche Ausbildungen sind wichtig für gesicherte Zukunftsperspektiven.

Unsere Partner*innen in Guatemala – die Organisationen ODHAG (Oficina de Derechos Humanos del Arzobispado de Guatemala, Menschenrechtsbüro der Erzdiözese Guatemala) und FTN (Fundación Tierra Nuestra) – setzen sich tatkräftig für Kinder und Jugendliche ein und sind auf Einladung der Dreikönigsaktion in Österreich.

Wir laden Sie herzlich dazu ein, diese aktuelle Interviewmöglichkeit für Ihre Berichterstattung zu nutzen und bitten um möglichst rasche Terminvereinbarung!

Wann:
30.11.2023, Nachmittag, Uhrzeit nach Vereinbarung (Team von ODHAG, Matthias Fichtenbauer)
04.12.2023, Nachmittag, Uhrzeit nach Vereinbarung (Team von FTN)

Ort:
Dreikönigsaktion, Wilhelminenstraße 91/2f, 1160 Wien
Die Gäste sprechen Spanisch. Wir organisieren gerne eine Übersetzung.

 Gäste und mögliche Themen:

  • Roxana Coronado (Sozialpädagogin und Ausbilderin, ODHAG) und Mario Chávez Contreras, (Projektmitarbeiter, ODHAG)
    Situation von Kindern und Jugendlichen in Guatemala, Kinderrechte und Kinderschutz, Sensibilisierung und Bewusstseinsarbeit, Gewaltschutz und Prävention, aktuelle politische Situation Guatemala
  • Karla Lizeth Coronado (Projektleiterin, Fundación Tierra Nueva)
    Lebenssituation ländliche Bevölkerung, Situation von Kleinbauern und -bäuerinnen, indigene Bevölkerung, Situation und Perspektiven junger Menschen, insbesondere Frauen und Mädchen, aktuelle politische Situation Guatemala
  • Ander José Díaz Len (lokaler Jugendarbeiter, Fundación Tierra Nueva)
    Perspektive von Jugendlichen und Hintergrund zur Tätigkeit von FTN, z.B. Bildung und Berufsausbildungen, Migration, Perspektiven durch einkommensschaffende Projekte und Bildung
  • Dina López Velásquez und Orelio Godinez Velásquez (Fundación Tierra Nueva)
    Alltag und Perspektiven von jungen Menschen, persönliche Erfahrungen im Ausbildungsprogramm und eigenes einkommensschaffendes Kleinprojekt
  • Matthias Fichtenbauer (Projektreferent der Dreikönigsaktion)Zusammenarbeit mit der Dreikönigsaktion

Mehr Infos
Infos zu den Projekten in Guatemala
Fotos (Flickr)
Infos zum Sternsingen: www.sternsingen.at/presse 

Rückfragen und Terminvereinbarung:
Elisabeth Holzner
Öffentlichkeitsarbeit 

Dreikönigsaktion, Hilfswerk der Katholischen Jungschar
A-1160 Wien, Wilhelminenstraße 91/2F
M: +43 676 880 11-1000
E: elisabeth.holzner@dka.at
www.dka.at I www.sternsingen.at 

Veranstaltungseinladung: „Beyond Panic“ – eine Südwind-Studie zum Thema Klimagerechtigkeit

Südwind lädt zum Pressefrühstück mit Juan Jose Hurtado Paz y Paz, Geschäftsführer der Asociación Pop No’j in Guatemala am 9. Juni 2022.

Anfang Mai hat Südwind die aufsehenerregende Studie „Beyond Panic“  veröffentlicht. In Kooperation mit der Universität Bologna wurde anhand von vier Länderbeispielen – Senegal, Guatemala, Kambodscha und Kenia – gezeigt, inwiefern ausbeuterische Arbeits- und Wirtschaftspraktiken in Ländern, die besonders von der Klimakrise betroffen sind, die Ungleichheit weiter verschärfen.

Indigene Völker bewahren die biologische Vielfalt in diesen Regionen, leiden aber unter den Folgen der Naturzerstörung im Zuge einer zunehmend kapitalistischen Entwicklung.

Die Klimakrise nimmt ihnen den Lebensraum und zwingt sie zu fliehen, um zu überleben. Vor welchen Herausforderungen stehen indigene Communities in Guatemala jetzt angesichts der Klimakrise?

Juan José Hurtado ist Geschäftsführer der Asociación Pop No’j, einer gemeinnützigen Organisation in Guatemala, die mit der indigenen Maya-Bevölkerung arbeitet, insbesondere mit Frauen, Jugendlichen und Kindern. Der Auftrag der Organisation lautet: Förderung der Organisation, (Aus-)Bildung und Beteiligung der Mayas durch einen Ansatz, der auf Identität, Kultur und spezifischen Rechten beruht.

Auf seiner Reise durch Österreich bis hin zum Menschenrechtsrat in Genf macht Juan José Hurtado Station in Wien.

Wann: Donnerstag, 9. Juni 2022, 9.30 Uhr
Wo: Café Museum, Operngasse 7, 1010 Wien

Das Pressefrühstück findet auf Englisch statt. Wir bitten höflich um Anmeldung und freuen uns auf einen regen Austausch.

Anmeldung und Rückfragehinweis:

Silvia Haselhuhn, M.A.
Pressesprecherin
silvia.haselhuhn@suedwind.at
0680 1583016

NEWSLETTER 2/2021: SDG 1: „Armut“, u.v.m.

Diesmal mit Recherchematerial zum Nachhaltigkeitsziel 1 „Armut“, einer Vorberichterstattung zu den anstehenden Wahlen in Nicaragua, einem Überblick zu kommenden Wahlen weltweit, Gedenk- und Aktionstagen, sowie Terminen.

Kommende Wahlen in Lateinamerika, Asien und Afrika
24. Okt. Usbekistan: Parlamentswahl und Präsidentschaftswahl
7. Nov. Nicaragua: Parlamentswahl und Präsidentschaftswahl
21. Nov. Chile: Parlamentswahl und Präsidentschaftswahl
28. Nov. Honduras: Parlamentswahl und Präsidentschaftswahl
4. Dez. Gambia: Präsidentschaftswahl
12. Dez. Neukaledonien: Unabhängigkeitsreferendum
24. Dez. Libyen: Parlamentswahl

Internationale Gedenk- und Aktionstage

·         24. Okt.: Welttag der Vereinten Nationen und der Information über Entwicklungsfragen. An diesem Tag ist 1945 die Charta der Vereinten Nationen in Kraft getreten. Die Vereinten Nationen sind ein zwischenstaatlicher Zusammenschluss von 192 Staaten, ihre wichtigsten Aufgaben sind die Sicherung des Weltfriedens, die Einhaltung des Völkerrechts, der Schutz der Menschenrechte und die Förderung der internationalen Zusammenarbeit. Der Welttag der Information über Entwicklungsfragen findet seit 1972 auf Beschluss der UN mit dem Ziel statt, die weltweite Aufmerksamkeit auf die Entwicklungsprobleme zu lenken sowie auf die Notwendigkeit der Stärkung internationale Zusammenarbeit, um diese globalen Ungerechtigkeiten zu lösen.

·         2. Nov.: Internationaler Tag gegen Straflosigkeit für Verbrechen an JournalistInnen, 2013 von den Vereinten Nationen im Andenken an zwei in 2013 in Mali getötete JournalistInnen initiiert.

·         15. Nov.: Writers in Prison Day, initiiert 1980 durch das 1960 gegründete „Writers in Prison“-Kommittee der Schriftstellervereinigung P.E.N., in dem über 150 Schriftstellerorganisationen aus mehr als 100 Nationen vereinigt sind. An diesem Tag wird an verfolgte, inhaftierte und ermordete SchriftstellerInnen sowie JournalistInnen erinnert.

·         16. Nov.: Internationaler Tag für Toleranz. Am 16. November 1995 unterzeichneten 185 Mitgliedsstaaten der UNESCO die Erklärung der Prinzipien zur Toleranz. Seitdem erinnert die UNESCO jährlich an jene Regeln, die ein menschenwürdiges Zusammenleben der unterschiedlichen Kulturen und Religionen ermöglichen.

·         29. Nov.: Buy Nothing Day. Der Buy Nothing Day (deutsch: Kauf-Nix-Tag) ist ein konsumkritischer Aktionstag am letzten Freitag im November. Er wird mittlerweile in 80 Ländern – auch in Österreich – organisiert. Er ist die Antwort auf den Black Friday, der in den USA traditionell die Kaufsaison für Weihnachten einleitet.

·         2. Dez.: Internationaler Tag zur Abschaffung der Sklaverei, von den Vereinten Nationen zur Abschaffung der Sklaverei initiiert in Erinnerung an die 1949 verabschiedete Konvention zur Bekämpfung des Menschenhandels und der Ausbeutung von Personen. Weltweit leben immer noch mehr als 20 Millionen Menschen in Sklaverei oder sklavenähnlichen Verhältnissen.

·         2. Dez.: Internationaler Tag des Ehrenamtes zur Anerkennung und Förderung ehrenamtlichen Engagements. Der Tag wurde 1985 von den Vereinten Nationen (UN) beschlossen.

·         10. Dez.: Tag der Menschenrechte. Seit 1948 wird an diesem Tag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte gedacht und von Menschenrechtsorganisationen genutzt, um auf Verletzungen dieser Rechte hinzuweisen.

·         18. Dez.: Internationaler Tag der MigrantInnen. 2000 hat die UNO diesen Tag ausgerufen, 1990 wurde die Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Migranten und ihrer Familienangehörigen von der UN-Vollversammlung angenommen.

Veranstaltungs-Termine

22. Okt.: Online-Talk: Elektroschrott in Europa und Ghana
Warum gelangt E-Schrott trotz Verboten nach Ghana? Was bedeutet das für Menschen & Umwelt? Wie kann illegale Verschiffung verhindert werden? Der Umweltjournalist Mike Anane berichtet in diesem Online-Talk von Südwind und ISJE über die aktuellen Entwicklungen in Ghana. Er stellt notwendige politische Lösungsansätze und Regulierungsmaßnahmen zur Diskussion, welche den illegalen Export von Elektroschrott unterbinden und die schädlichen Auswirkungen von elektronischen und elektrischen Geräten am Ende ihrer Nutzungsdauer reduzieren können.
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Bis 24. Okt.: Ausstellung World Press Photo 21 in Wien
Zum 20. Mal präsentiert das WestLicht die wichtigste Leistungsschau der internationalen Pressefotografie. 
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27. Okt.: Online: Global Inequality Talk #6: Gender – SDGs – Österreich
Was kann Österreich tun, um Geschlechtergleichstellung als eine der zentralen Forderungen der Nachhaltigen Entwicklungsziele weltweit durchzusetzen? Darüber diskutiert um 16 Uhr Henrike Brandstötter (Entwicklungspolitische Sprecherin der NEOS) mit Claudia Thallmayer (Entwicklungspolitisches Netzwerk für Frauenrechte und feministische Perspektiven WIDE). 
Nähere Infos & Anmeldung

29. bis 31. Okt.: WeFair in Linz
Die Messe für einen nachhaltigen Lebensstil.
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4. Nov.: Klimakrise befeuert Vertreibung
Podiumsdiskussion um 19 Uhr mit Adil Najam, Raya Muttarak und Jane Linekar in der Hauptbücherei am Gürtel, Wien.
Die Veranstaltung geht der Frage nach, wie sich die Klimakrise auf Konflikte und Vertreibungen im Globalen Süden auswirken.
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8. bis 30. Nov.: Entwicklungspolitische Hochschulwochen in Linz und Salzburg
Entwicklung wohin? Kontinuitäten unterbrechen – Nord-Süd verbinden – Neues verhandeln. Darum geht es bei der Veranstaltungsreihe von Südwind, die heuer erstmals auch in Linz stattfindet.
Programm und Anmeldung für Linz und Salzburg

16. bis 19. Nov.: YOUKI in Wels
Im Zentrum steht der Internationale Kurzfilmwettbewerb. Jährlich reichen dazu junge Regisseur*innen aus aller Welt ihre Filme bei uns ein.
Mehr dazu

19. bis 21. Nov.: ÖKO FAIR 2021 in Innsbruck
Bei der dritten Tiroler Nachhaltigkeitsmesse 2021 werden ökofaire Produkt- und Dienstleistungsangebot aus den Bereichen Mode & Textilien, Ernährung, Lifestyle und Tourismus und ein buntes Rahmenangebot präsentiert.
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Bis 15. März 2022: Ausstellung: Re:present Unlearning Racism im Weltmuseum Wien
Gezeigt werden die Arbeiten von zwölf Künstler*innen und Künstlern aus drei Kontinenten, die sich mit Fragen von Rassismus und Identität auseinandersetzen.
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Wahlkarussell in Nicaragua

Am 7. November ist Präsidentschaftswahl in Nicaragua. Seit Anfang Juni wurden etliche führenden oppositionellen Akteure*innen und Kandidat*innen festgenommen oder unter Hausarrest gestellt.

Von Leo Gabriel

Man stelle sich ein Fußballspiel vor, in dem eine Mannschaft mit allen elf Spieler*innen antreten darf und die andere mit nur einer Person. Dieses Bild illustriert die politischen Entwicklungen in Nicaragua im Vorfeld der Präsidentschaftswahl.
Präsident Daniel Ortega hat das Land mehrmals als gewählter Präsident regiert, aktuell amtiert er seit 2007. Er ist langjähriger Vorsitzender der Frente Sandinista de Liberación Nacional (FSLN), die 1979 Diktator Anastasio Somoza gestürzt hatte. 
Nun scheint er um seine Macht zu bangen und greift zu repressiven Maßnahmen. Die rechtliche Basis dafür wurde Ende 2020 durch eine Reihe restriktiver Gesetze gelegt. Dazu zählt etwa das Gesetz „zur Verteidigung der Rechte des Volkes auf Unabhängigkeit, Souveränität und Selbstbestimmung für den Frieden“. Eine Strafprozessreform ermöglicht es, Personen für 90 Tage ohne Anklage in Untersuchungshaft zu behalten.

Viele Festnahmen. Seit Anfang Juni wurden etliche führenden oppositionellen Akteure*innen und Kandidat*innen festgenommen oder unter Hausarrest gestellt, zivilgesellschaftlicher Widerstand wurde unterdrückt. Insbesondere der über Cristiana Chamorro wegen angeblicher Geldwäsche verhängte Hausarrest sorgte für internationales Aufsehen. Sie war die aussichtsreichste Herausforderin und Vorkandidatin der oppositionellen Allianz Ciudadanos por la Libertad (CxL) und ist die Tochter von Ex-Präsidentin Violeta Chamorro (1991-1996).

In den folgenden Tagen wurden weitere oppositionelle Akteur*innen festgenommen, darunter Arturo Cruz (CxL) sowie führende Figuren des Bündnis Unidad Azul y Blanco (UNAB). Schon im Mai hatte das Regime um Ortega und dessen Ehefrau und Vizepräsidentin Rosario Murillo Parteien wie die Partido de Restauración Democrática (PRD) von den Wahlen ausgeschlossen.

Breite Unterdrückung. Die Repression geht über die aktuellen oppositionellen Kräfte hinaus und zeugt von einer breiten politischen Unterdrückung. Der 76-jährigen Ex-Guerillero Hugo Torres, der einst sein Leben riskierte, als er die Freilassung Ortegas während der Somoza-Diktatur erzwang, wurde genauso festgenommen wie die Feministinnen Tamara Dávila, Ana Margarita Vijil, Suyén Barahona und auch die historischen Revolutionsfigur Dora María Téllez.
Insgesamt wurden bis zum 20. Juni diesen Jahres 17 Oppositionelle festgenommen. Die Anschuldigungen reichen von Geldwäsche bis zu Hochverrat.

Diese offene Willkür überrascht insofern, als die Gefahr eines Regierungswechsels de facto nicht gegeben ist. Das Regime hat durch Wahlrechtsreformen und die Kontrolle über den zentralen Wahlrat alles in der Hand und wird notfalls, wie schon zuvor, zum Wahlbetrug schreiten.

Opposition uneins. Die Opposition ist alles andere als geeint. Bereits im Vorfeld der aktuellen Ereignisse kam es zu Abspaltungen. Keine politische Partei ist in Nicaragua mehrheitsfähig derzeit. Laut Inter-American Dialogue Survey 2020 würden 60% keine der vorhandenen politischen Optionen wählen. Die FSLN kommt gerade einmal auf 20% Unterstützung.

Die Frage bleibt: Warum hat sich Präsident Ortega auf eine repressive Eskalation eingelassen? Der unabhängige Investigativ-Journalist Carlos Fernando Chamorro hat dazu zwei Thesen: Eine ist, dass das Regime eine Niederlage befürchtet. Die andere, dass das Regime eine langfristige Staatsordnung schaffen will, in der die FSLN bis auf weiteres ungestört bzw. autoritär regieren kann. International ist das Ortega-Murillo-Regime seit langem isoliert.

Leo Gabriel ist freier Journalist, Lateinamerika-Experte und seit Jahren in Nicaragua bestens vernetzt. Von 2.-12.11. ist er während der Wahl vor Ort und steht für Interviews zur Verfügung: lgabriel@gmx.net

Nicaragua hat mehrere Bezüge zu Österreich: Lange war das mittelamerikanische Land Schwerpunktland der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. In den 1980er Jahren entstand die Solidaritätsbewegung von Österreich nach Nicaragua. Bis heute sind mehrere NGOs vor Ort, die Kultureinrichtung „Casa des los Tres Mundos“ (Haus der drei Welten) in Granada wurde vom Priester und Dichter Ernesto Cardenal und dem österreichischen Schauspieler und Moderator Dietmar Schönherr initiiert.

PA: Trotz Corona-Pandemie setzten einige Länder Hinrichtungen und Todesurteile gnadenlos fort

BERICHT ZUR TODESSTRAFE 2020, SPERRFRIST: Mittwoch, 21. APRIL 2021, 02:01 MESZ – frei für Mittwochsausgaben. Amnesty International berichtet:  Ägypten verdreifachte Zahl der jährlichen Hinrichtungen; China verhängte Todesurteile wegen mutmaßlicher Verstöße gegen Corona-Maßnahmen; ehemalige US-Regierung ließ innerhalb von sechs Monaten zehn Menschen hinrichten, 2020 mit weltweit niedrigster Zahl von Hinrichtungen seit 10 Jahren.

Download Bericht (Englisch); Download Zahlen & Fakten (Deutsch)

London/Wien, am 21. April 2021 – Während weltweit die Zahl der Hinrichtungen weiter zurückgeht, werden in einigen Ländern stetig oder sogar zunehmend Todesurteile vollstreckt. Trotz großer Herausforderungen angesichts der Corona-Pandemie setzten 18 Länder Hinrichtungen auch im Jahr 2020 weiter fort. Das zeigt der alljährliche Bericht über die Anwendung der Todesstrafe, den Amnesty International heute veröffentlicht.

„Während sich die Welt darauf konzentriert, Menschen vor COVID-19 zu schützen, machten sich mehrere Regierungen mit schockierender Härte daran, die Todesstrafe anzuwenden und Menschen hinzurichten“, so Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International in Österreich, und sagt weiter:

„Wir appellieren an die Staats- und Regierungschefs jener Länder, die die Todesstrafe als unmenschlichste Bestrafung noch nicht aufgehoben haben, sich 2021 endgültig davon zu verabschieden. Wir werden unsere Kampagne so lange weiterführen, bis die Todesstrafe überall ein für alle Mal abgeschafft wird!“

Weltweit liegt die Zahl der erfassten Hinrichtungen für 2020 bei mindestens 483 – die niedrigste von Amnesty International erhobene Anzahl an Hinrichtungen seit mindestens zehn Jahren.

Im starken Kontrast zu diesem positiven Trend stehen die Zahlen in Ägypten: Dort wurden 2020 dreimal so viele Hinrichtungen vollzogen wie noch im Vorjahr. Auch die US-Regierung unter Präsident Trump begann im Juli 2020 wieder Hinrichtungen auf Bundesebene zu vollziehen, nachdem diese 17 Jahre lang ausgesetzt worden waren. In einem Zeitraum von nur sechs Monaten wurden zehn Männer exekutiert. Indien, Oman, Katar und Taiwan nahmen vergangenes Jahr Hinrichtungen wieder auf. In China wurde mindestens ein Mann zum Tode verurteilt und hingerichtet, nachdem die Behörden angekündigt hatten, scharf gegen Straftaten vorgehen zu wollen, die Maßnahmen zur Bekämpfung von COVID-19 beeinträchtigen.

Mittlerweile unterstützen 123 Staaten die Forderung der UN-Generalversammlung nach einem Hinrichtungsmoratorium – mehr Staaten als je zuvor. Der Druck auf die übrigen Länder wächst, sich diesem Weg anzuschließen. Weltweit geht der Trend zur Abkehr von der Todesstrafe weiter.

„Zwar gab es 2020 noch Länder, die an der Todesstrafe festhielten, doch das Gesamtbild war positiv. Die Zahl der erfassten Hinrichtungen ging weiter zurück – was bedeutet, dass die Welt immer weiter von der grausamsten und erniedrigendsten aller Strafen abrückt“, sagt Annemarie Schlack.

Vor wenigen Wochen schaffte Virginia als erster Südstaat der USA die Todesstrafe ab. Im Jahr 2020 wurde im Tschad und im US-Bundesstaat Colorado ebenfalls die Todesstrafe abgeschafft, Kasachstan verpflichtete sich völkerrechtlich zur Abschaffung, und Barbados setzte Reformen zur Aufhebung der verpflichtenden Anwendung der Todesstrafe.

Mit Stand April 2021 haben 108 Länder die Todesstrafe für alle Straftaten abgeschafft. 144 Länder haben die Todesstrafe per Gesetz oder in der Praxis abgeschafft – ein Trend, der nicht umgekehrt werden darf.

Erschwerter Zugang zu Rechtsbeistand
Die Corona-Pandemie hat Folgen für den Zugang zu rechtlicher Vertretung und das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren. Aus den USA berichten Verteidiger*innen, nicht in der Lage gewesen zu sein, wichtige Recherchearbeiten durchzuführen oder sich persönlich mit ihren Mandant*innen zu treffen.

„Die Todesstrafe ist eine furchtbare Form der Bestrafung. Es ist unter normalen Umständen schwer genug, gegen eine Hinrichtung zu kämpfen. Doch aufgrund der Corona-Pandemie hatten Menschen im Todestrakt plötzlich keine Möglichkeit, sich mit Rechtsbeiständen zu treffen und Anwält*innen, die Unterstützung bereitstellen wollten, waren erheblichen Gesundheitsrisiken ausgesetzt. Unter solchen Umständen ist die Anwendung der Todesstrafe ein besonders ungeheuerlicher Angriff auf die Menschenrechte“, kritisiert Annemarie Schlack.

Fünf Länder mit höchster Hinrichtungsrate
In China wird die Zahl der Hinrichtungen und Todesurteile als Staatsgeheimnis behandelt. Jegliche unabhängige Prüfung wird verhindert, weswegen Hinrichtungen in China nicht in den Zahlen von Amnesty International enthalten sind. Man geht davon aus, dass China mit Tausenden vollstreckten Todesurteilen pro Jahr weltweit die meisten Menschen hinrichtet, vor dem Iran (mindestens 246 Hinrichtungen), Ägypten (mind. 107), dem Irak (mind. 45) und Saudi-Arabien (mind. 27). Diese vier Länder waren 2020 für 88% aller bekannten Exekutionen verantwortlich.

Niedrigste Hinrichtungsrate seit zehn Jahren
Weltweit wurden 2020 mindestens 483 Menschen hingerichtet, die niedrigste von Amnesty International erhobene Zahl seit mindestens zehn Jahren. Sie repräsentiert einen Rückgang um 26% verglichen mit 2019 und eine Reduzierung um 70% im Vergleich zum Jahr 2015, das mit 1.634 bekannten Hinrichtungen ein trauriges Ausnahmejahr darstellt.

Nicht enthalten sind Zahlen aus Ländern, in denen Informationen über vollstreckte Todesurteile als Staatsgeheimnis gelten, oder die nur eingeschränkte Daten zur Verfügung stellen – dies gilt für China, Nordkorea, Syrien und Vietnam.

Die Recherchen von Amnesty zeigen, dass der Rückgang der Hinrichtungen auf niedrigere Vollstreckungsraten in manchen Ländern zurückzuführen ist. In geringerem Ausmaß beruht der Rückgang auf einer pandemiebedingten Aussetzung von Exekutionen in einigen Ländern.

Die erfassten Hinrichtungen in Saudi-Arabien gingen um 85% zurück. Waren es 2019 noch 184, fiel die Zahl im Jahr 2020 auf 27. Im Irak halbierte sich die Zahl der Exekutionen, von 100 auf 45. In Bahrain, Belarus, Japan, Pakistan, Singapur und im Sudan waren 2020 anders als 2019 keine Hinrichtungen zu verzeichnen.

Anzahl der verhängten Todesurteile stark zurückgegangen
Auch die Anzahl der weltweit verhängten Todesurteile (mindestens 1.477) ist im Vergleich zu 2019 um 36% zurückgegangen. Amnesty International stellte in 30 von 54 Ländern, in denen bekanntermaßen Todesurteile verhängt wurden, einen Rückgang fest. Allem Anschein nach hat dies in mehreren Fällen mit Verzögerungen und vertagten Verfahren aufgrund der Pandemie zu tun.

Erwähnenswerte Ausnahmen stellen Indonesien und Sambia dar. In Indonesien lag die Zahl der erfassten Todesurteile für 2020 bei 117, was einen Anstieg um 46% darstellt. Sambia verhängte 119 Todesurteile, 18 mehr als 2019. Das ist die höchste erfasste Zahl in Afrika südlich der Sahara.

BITTE BEACHTEN SIE DIE SPERRFRIST: 21. APRIL 2021, 02:01 MESZ – frei für Mittwochsausgaben

Rückfragen:
Presseteam Amnesty International Österreich
Lerchenfelder Gürtel 43/4/3, 1160 Wien
Martina Powell
Tel.: +43 664 2359138
E-Mail: presse@amnesty.at

Recherchematerial: #OrangeTheWorld: über die Schattenpandemie der COVID-19-Krise

Die diesjährige 16-tätige UNO-Kampagne anlässlich des Internationalen Tags zur Beseitigung der Gewalt an Frauen vom 25. November bis 10. Dezember hat gewaltsame und geschlechtsbezogene Übergriffe einmal mehr in die Wahrnehmung der Menschen gerückt. Die COVID-19-Pandemie schwächte viele Errungenschaften der letzten Jahre, deutlich mehr Frauen waren 2020 Gewalt ausgesetzt. Mehr Infos dazu von der Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe.

Die meisten Aktions- und Gedenktage der Vereinten Nationen haben eines gemein: Sie verlieren ihre Daseinsberechtigung, sollten ihre Forderungen endlich umgesetzt sein. 2020 hat gezeigt: Die Umsetzung der Ziele des Internationalen Tages zur Beseitigung der Gewalt an Frauen und Mädchen liegt in weiter Ferne. Die verhängten Lockdowns zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie hatten eine sogenannte „Schattenpandemie“ zur Folge, weltweit meldeten Hilfsorganisationen, Ombudsstellen und Medien einen rasanten Anstieg häuslicher Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Im letzten Jahr wurden etwa 137 Frauen täglich von ihrem Partner oder einem Familienmitglied getötet, 18 % erlebten körperliche oder sexuelle Gewalt1. Laut den Vereinten Nationen widerfährt weltweit jeder dritten mindestens einmal in ihrem Leben ein gewaltsamer, geschlechtsbezogener Übergriff2.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind ebenso enorm: Frauen sind in einem höheren Ausmaß auf informelle Arbeit angewiesen, um sich und ihre Familien zu versorgen. So arbeiten etwa 80 % aller Uganderinnen bspw. als Straßenverkäuferin oder Haushälterin3. Während der verschärften Ausgangsbeschränkungen fallen diese Einnahmequellen weg.

Frauen und Mädchen im Fokus: Ziel 5 der Agenda 2030

Die Beseitigung von Gewalt kann nur gelingen, wenn Frauen und Mädchen auf allen Ebenen gleichberechtigt sind – ein Vorhaben, das auch in wohlhabenden Staaten auf Widerstand stößt. Im Rahmen der staatenübergreifenden Agenda 2030 erklärten die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen im September 2015 die Gleichberechtigung und Ermächtigung von Frauen und Mädchen zu einem von 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, kurz SDGs). Das ihnen gewidmete Ziel 5 umfasst4:

  • Die Eliminierung aller Formen von Diskriminierung, Gewalt sowie von schädlichen und gefährlichen Praktiken, z.B.: Menschenhandel, Zwangsverheiratung oder weibliche Genitalverstümmelung.
  • Die Anerkennung unbezahlter Care-Arbeit durch die Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen, Infrastruktur und sozialer Absicherung.
  • Die Chancengleichheit auf Führungspositionen und die volle Einbindung von Frauen auf allen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ebenen.
  • Den uneingeschränkten Zugang zur reproduktiven Gesundheitsversorgung und den damit einhergehenden Rechten.
  • Die Einführung von Gesetzen und die Umsetzung von Reformen, um Frauen das gleiche Recht auf wirtschaftliche und natürliche Ressourcen, Bildung, finanzielle Dienstleistungen, Eigentum und Erbschaft zu garantieren.
  • Die verstärkte Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien, welche die Selbstermächtigung von Frauen und Mädchen fördern.

Was hat sich getan?

Die Weltbank dokumentierte zwischen 2017 und 2019 in 62 Staaten die Einführung von Reformen zur Förderung der Geschlechtergerechtigkeit, darunter Indien, Pakistan, Burkina Faso, Uganda und Südsudan. Somit gibt es heute in mindestens 155 Ländern Gesetze gegen häusliche Gewalt, in 140 Ländern gilt sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz als Straftat. Der resultierende Bericht „Women, Business and the Law 2020“5, der dieses Jahr erschienen ist, macht aber auch auf Rückschläge aufmerksam: In Moldavien, Bosnien-Herzegowina, Westbank und Gaza haben Pensionsreformen zu einer Benachteiligung von Frauen geführt.

Gewalt gegen Frauen: seit 39 Jahren im internationalen Bewusstsein

Anstoß für den Internationalen Tag zur Beseitigung der Gewalt an Frauen gab die Ermordung dreier politischer Aktivistinnen, den Mirabal Schwestern in der Dominikanischen Republik, durch Diktator Rafael Trujillo am 25. November 1960. Ausgehend von Lateinamerika gedenken feministische und Menschenrechtsorganisationen seit 1981 den weiblichen Opfern häuslicher und politischer Gewalt. Im Jahr 1999 nahmen die Vereinten Nationen den Internationalen Tag zur Beseitigung der Gewalt an Frauen in ihren Kalender der internationalen Aktions- und Gedenktage auf6.

2016 folgte mit Orange eine eigene Kampagnenfarbe, die eine Zukunft ohne Gewalt gegen Frauen und Mädchen zum Ausdruck bringen soll. Schließlich erweiterten die Vereinten Nationen den 25. November in diesem Jahr zu einer 16-tägigen Kampagne, um den prekären Lebensweisen vieler Frauen – insbesondere in Zeiten der Pandemie – zusätzliche Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Zivilgesellschaftliche Organisationen veranstalteten Diskussionen und Events, Persönlichkeiten aus aller Welt bekannten sich zum Ziel 5 der SGDs und öffentliche Gebäude, Social-Media-Kanäle und Websites erstrahlten in Orange. Die Vereinten Nationen haben ein Best-Of-Fotoalbum zusammengestellt.

Auch die AG Globale Verantwortung unterstützte die Aktion #OrangeTheWorld. Wir sind davon überzeugt, dass zusätzliche internationale Programme und Projekte, die nicht nur Frauen schützen, sondern Männer in die Verantwortung nehmen, einen Ausweg aus Benachteiligung und Gewalt bieten. Veraltete Vorstellungen setzen Männlichkeit mit Macht sowie mit körperlicher und geistiger Stärke gleich, während sie Frauen ebenso wie queere Personen abwerten. Holen wir das Thema Gewalt gegen Frauen und Mädchen vor den Vorhang und setzen uns gemeinsam gegen Gewalt von Männern und unzeitgemäße Vorstellungen von Geschlecht ein.

(hh)

1 UN Women 2020: Facts and figures: Ending violence against women

2 United Nations 2020: The Shadow Pandemic

3 Womankind 2020: How is COVID-19 affecting women and girls?

4 United Nations: Goal 5: Achieve gender equality and empower all women and girls

5 Weltbank-Bericht: Women, Business and the Law 2020

6 United Nations: Taking a Stand Against Gender-Based Violence

PA: Manfred Nowak, Ulrich Brand & Zivilgesellschaft: “Menschenrechte brauchen Gesetze!”

Ein Bündnis aus NGOs und ArbeitnehmerInnenvertretungen fordert gemeinsam mit Ulrich Brand, Manfred Nowak und weiteren ExpertInnen am internationalen Tag der Menschenrechte, dem 10.12., ein Lieferkettengesetz in Österreich und der EU.

Die Einhaltung der Menschenrechte und der Schutz der Umwelt müssen selbstverständlich sein. Doch die Arbeitsbedingungen, die hinter unserer Schokolade, unserer Kleidung und unseren Smartphones stecken, sind oft menschenunwürdig. Kinderarbeit, Zwangsarbeit und die Verfolgung von GewerkschafterInnen stehen noch immer an der Tagesordnung. Die Ausbeutung der ArbeiterInnen geht zudem mit massiven Umweltschäden einher. “Im Jahr 2020 müssen auf westafrikanischen Kakaoplantagen  noch immer rund 1,5 Millionen Kinder unter ausbeuterischen Bedingungen für unsere Weihnachtsschokolade schuften.  Damit in unseren Weihnachtsgeschenken unter dem Christbaum weder Kinderarbeit noch Zwangsarbeit stecken, braucht es endlich verbindliche Regeln für Konzerne!”, fordert Bettina Rosenberger Koordinatorin der zivilgesellschaftlichen Kampagne “Menschenrechte brauchen Gesetze!”. 

 „Österreich muss sicherstellen, dass Betroffene von Menschenrechtsverletzungen effektiven Zugang zum Recht haben und sich nötigenfalls, so auch gegen mächtige Konzerne wehren können. Dafür braucht es einen verbindlichen rechtlichen Rahmen, der Menschen und Umwelt entlang der gesamten Lieferkette schützt.“, erklärt Menschenrechtsexperte Manfred Nowak. 

Seit Oktober mobilisiert das zivilgesellschaftliche Bündnis für eine verbindliche Regulierung von Unternehmen, damit diese entlang ihrer internationalen Lieferketten Menschenrechte und Umweltstandards achten. Die Forderungen der Kampagne beziehen sich auf drei Ebenen: Ein Lieferkettengesetz auf nationaler und europäischer Ebene und einen verbindlichen UN-Vertrag. In Frankreich gibt es schon ein entsprechendes Gesetz, in der Schweiz votierten 50,7 % der Stimmberechtigten im Zuge einer Volksabstimmung dafür und in Deutschland wird bereits seit Monaten auf Regierungsebene über ein Lieferkettengesetz diskutiert. „Der Globalisierungsprozess ging bislang weitgehend zu Lasten vieler Beschäftigter, insbesondere in den Ländern des globalen Südens, und der Natur. Der Verstoß gegen Menschenrechte und Umweltstandards ist eine Voraussetzung, damit die ‘imperiale’ Produktions- und Lebensweise weiterhin aufrecht erhalten wird. Deshalb sollte endlich ein Lieferkettengesetz in Österreich ausgearbeitet und verabschiedet werden.“ fordert der Politikwissenschaftler Ulrich Brand.

Auf EU- und UNO-Ebene gibt es bereits laufende Prozesse, in die sich Österreich aktiv und konstruktiv einbringen muss. Österreich ist derzeit nicht nur Mitglied des UN-Menschenrechtsrates, sondern stellt sogar die Präsidentin und trägt daher besonders Verantwortung sich aktiv in den laufenden UN-Prozess für ein verbindliches UN-Abkommen zu Wirtschaft und Menschenrechten einzubringen.

Website der Kampagne „Menschenrechte brauchen Gesetze!“: www.menschenrechtebrauchengesetze.at 

Rückfragehinweis:
Bettina Rosenberger
Kampagne Menschenrechte brauchen Gesetze
Treaty Alliance Österreich
c/o NeSoVe
Tel.: +43 660 8835409
bettina.rosenberger@nesove.at

Kommentar: „Menschenrechte: Internationaler Schulterschluss notwendig“

Hartwig Kirner, Geschäftsführer von Fairtrade Österreich zum Tag der Menschenrechte, am 10.12.2020.  

Die Angst um die eigene Gesundheit und die unserer Lieben, wirtschaftliche Unsicherheiten und persönliche Einschränkungen – 2020 wird nicht als grandioser Start ins neue Jahrzehnt in die Geschichtsbücher eingehen. Gerade darum sollte der Tag der Menschenrechte am 10. Dezember zu einer Mahnung für uns werden. In Zeiten der Krise ist es besonders wichtig, Menschenrechte nicht als vernachlässigbaren Luxus zu betrachten, sondern als Herzstück unserer Gesellschaft und das weltweit.

Nach Ende des zweiten Weltkriegs hat man das bereits erkannt und gemeinsam an einem Ideal gearbeitet, das drei Jahre später von den Vereinten Nationen verabschiedet wurde. 1948 wurden die Menschenrechte definiert und verlangen nichts Unmögliches: genügend Nahrung, das Recht auf Bildung, Meinungsfreiheit, ein Verbot von Sklavenarbeit und andere Dinge, die wir hierzulande für selbstverständlich halten, sind darin definiert. Ein Blick in andere Länder zeigt aber, dass sie das nicht sind. Eine im Herbst erschienene Studie berichtet über Millionen von Kindern, die nach wie vor im Kakaoanbau arbeiten, anstatt in der Schule zu sitzen. Kaffeebäuerinnen und -bauern leiden weltweit so sehr unter der seit Jahren anhaltenden Preiskrise, dass sie oft nicht wissen, wie sie ihre Familien ernähren sollen. Der Konkurrenzkampf bei Produkten wie Bananen nimmt Dimensionen an, wo um niedrige Cent-Kommastellen gefeilscht wird, um den Gewinn zu maximieren, ohne jegliche Rücksicht auf das Leben der Menschen im Ursprung.

Aber nicht nur in sogenannten Entwicklungsländern sind Menschenrechte nach wie vor in Gefahr. Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise sind in den USA derzeit so verheerend, dass rund 50 Millionen Menschen von einer Hungerkrise erfasst sind. Zum Vergleich: Ganz Spanien hat etwas mehr als 46 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner. Aber nicht nur weit weg gefährden die aktuellen Zeichen der Zeit Menschenleben. In Österreich, einem der reichsten Länder der Welt, sind fast 1,5 Million Menschen von Armut gefährdet, darunter auch rund 300.000 Kinder.

Die drohende Wirtschaftskrise nach Corona lässt darum Schlimmes erahnen. Zusammen mit dem Klima-wandel, der längst große Herausforderungen weltweit mit sich bringt, warten Probleme auf uns, die kein Land dieser Welt alleine bewältigen kann. Wenn wir jetzt wegsehen, verspielen wir die Chance auf eine Neuausrichtung unserer Wirtschaft, bei der ein gutes Leben für alle die oberste Priorität sein sollte. Faire Löhne, der Erhalt unserer Böden und eine nachhaltige Ausrichtung von Unternehmen sind Eckpfeiler einer zukunftsfähigen Globalisierung, die wir jetzt einfordern müssen. Wir sehen in Österreich seit Jahren einen positiven Trend bei fair gehandelten Lebensmitteln. Eine wachsende Öffentlichkeit nimmt Ungerechtigkeiten im Welthandel nicht mehr schweigend hin, sondern fordert Veränderungen aktiv ein. Das alleine reicht aber noch nicht.

Es wird in den kommenden Jahren den politischen Willen benötigen, die wirtschaftlichen Folgen von Corona nicht auf dem Rücken der schwächeren Mitglieder unserer Gesellschaft auszutragen. Einsparungen und neue Steuern werden nötig sein, um die Schulden, die in diesem Jahr weltweit angehäuft wurden, wieder zurück zu zahlen. Wir können aber entscheiden welchen Weg wir dafür einschlagen. Die meisten Staaten – darunter auch Österreich – haben die Wahrung der Menschenrechte in ihre Verfassung aufgenommen. Darauf sollten wir uns in den nächsten Jahren besinnen, wenn es darum geht, verantwortungsvoll und zukunftsorientiert zu handeln.

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Bernhard Moser
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PA: Forschen ohne Grenzen

ADA und OeAD feiern 10 Jahre Partnerschaften der Hochschulbildung und Forschung für nachhaltige Entwicklung

Das Hochschulkooperationsprogramm der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit „APPEAR“ wird heuer zehn Jahre alt. Seit dem ersten Aufruf zu Projekteinreichungen im Frühjahr 2010 sind 43 mehrjährige Partnerschaften zwischen österreichischen Universitäten oder Fachhochschulen und wissenschaftlichen Institutionen in 20 Ländern des globalen Südens entstanden. 126 internationale Master- oder PhD-Studierende konnten mit einem Stipendium eine Hochschule in Österreich besuchen. Anfang Dezember starten die Austrian Development Agency und der OeAD, der für die Umsetzung verantwortlich ist, in die dritte Phase des österreichischen Vorzeigeprogramms.
 
Wien, 3. Dezember 2020 – Nachhaltiges Management von Gewässern und Fischerei in Burkina Faso, verbesserte Gesundheit von Müttern und Neugeborenen in Äthiopien, sanfter Tourismus in Georgien und Armenien oder der Aufbau von Gender Studies an der Islamischen Universität Gaza – das ist nur eine Auswahl jener Themen, zu denen das Hochschulkooperationsprogramm der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit internationale Forschung und Lehre stärkt. Die Partnerschaften zwischen österreichischen Universitäten bzw. Fachhochschulen und akademischen Institutionen in Afrika, Asien, Lateinamerika sowie im arabischen Raum haben alle dasselbe Ziel: Einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung und zur Internationalisierung im Hochschulbereich leisten.
 
In den vergangenen zehn Jahren förderte die Austrian Development Agency (ADA), die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, das Programm mit dem klingenden Akronym „APPEAR“ mit rund 20 Millionen Euro. 43 universitäre Kooperationsprojekte und 126 Stipendien wurden so ermöglicht, 691 wissenschaftliche Publikationen veröffentlicht. Knapp 11.000 Studierende und Lehrende profitierten bisher von den Hochschulpartnerschaften. Im Dezember 2020 starten die ADA und der OeAD, der die Initiative betreut und umsetzt, in die dritte Phase ihrer Zusammenarbeit. Insgesamt 18,7 Millionen Euro stellt die Austrian Development Agency bis Ende 2027 dafür zur Verfügung. Sie fließen in mindestens 30 weitere akademische Kooperationsprojekte sowie 54 PhD- und zehn Master-Stipendien.
 
Österreichisches Aushängeschild mit internationaler Vorbildwirkung
„Bildung ist ein wesentlicher Faktor für die Reduzierung von Armut und eine dezidierte Priorität der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. Mit unserem Hochschulkooperationsprogramm leisten wir einen erheblichen Beitrag zur Stärkung von Lehre, Forschung und institutionellen Kapazitäten in unseren Schwerpunktländern und darüber hinaus – über die Grenzen von Staaten, Kulturen und Disziplinen hinweg. Unsere Erfolgsbilanz der vergangenen zehn Jahre macht Mut und zeigt deutlich: Für bessere Lebensbedingungen weltweit sind die Beiträge der Wissenschaft von enormer Bedeutung. APPEAR ist zu Recht das Vorzeigeprogramm der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit“, betont ADA-Geschäftsführer Martin Ledolter.
 
Gleichberechtigte Partnerschaft
Partnerschaft auf Augenhöhe ist ein Grundprinzip von APPEAR. Das Programm setzt auf akademische Gleichberechtigung statt auf einseitigen Wissenstransfer. Die Partnerinstitutionen im globalen Süden definieren den entwicklungspolitischen und institutionellen Bedarf sowie die Forschungsfragen selbst. Gemeinsam mit österreichischen Universitäten oder Fachhochschulen erarbeiten sie nachhaltige Lösungen, indem sie unterschiedliche Methoden, kulturelle Systeme und Interpretationsweisen zusammenführen. Der freie Zugang zu Forschungsergebnissen und, wo möglich, zu generierten Datenbeständen („Open Access, Open Data“) ist ein weiteres Charakteristikum von APPEAR.
 
Effiziente Umsetzung durch langjährigen Partner OeAD
Der OeAD, die nationale Agentur für Bildung und Internationalisierung, ist seit Anbeginn für die Betreuung und Umsetzung des Programms zuständig. Dabei greift der langjährige ADA-Partner auf seine breite Expertise sowohl im Bereich der internationalen Kooperation im tertiären Bildungssektor als auch in der Durchführung von Forschungs- und Stipendienprogrammen zurück.
 
„Dem OeAD ist die Zusammenarbeit zwischen österreichischen Hochschulen und Universitäten sowie wissenschaftlichen Einrichtungen in den Partnerländern der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit besonders wichtig“, resümiert OeAD-Geschäftsführer Jakob Calice. „Die Stärkung von wissenschaftlichen Kompetenzen, institutionellem Lernen und wissenschaftlicher Forschung tragen zur schrittweisen Realisierung der Globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung bei. Ergebnisse werden vor Ort umgesetzt und verbessern die Lebenssituation in strukturschwachen Regionen. Daraus ergeben sich vielfältige Erfahrungen lösungsorientierter Forschung, von denen auch die heimische Wissenschaft maßgeblich profitiert“, so Calice.
 
Beitrag zu qualitätsvoller Hochschulbildung für alle
APPEAR trägt in erster Linie zu Ziel 4.3 der 17 Globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) bei. Es lautet: Bis 2030 den gleichberechtigten Zugang aller Frauen und Männer zu einer erschwinglichen und hochwertigen fachlichen, beruflichen und tertiären Bildung einschließlich universitärer Bildung gewährleisten. Über Veranstaltungen, die Kooperation mit dem Wiener Filmfestival „this human world“ oder die OeAD-Podcast-Reihe „Welt im Ohr“ auf Ö1 Radio Campus bindet APPEAR auch in Österreich möglichst viele Akteure ein. Diese Aktivitäten vertiefen das Verständnis für globale Verflechtungen und machen Wissenschaft im entwicklungspolitischen Kontext erlebbar.
 
Hier geht es zu Fotos von vier ausgewählten Hochschulpartnerschaften in Ost- und Westafrika.

Austrian Development Agency (ADA)
Die Austrian Development Agency, die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, unterstützt Länder in Afrika, Asien, Südost- und Osteuropa bei ihrer nachhaltigen Entwicklung. Gemeinsam mit öffentlichen Einrichtungen, Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen setzt die ADA derzeit Projekte und Programme mit einem Gesamtvolumen von 500 Millionen Euro um.
 
OeAD
Der OeAD, die Agentur für Bildung und Internationalisierung, fördert und vernetzt mit seinen Programmen Menschen und Institutionen aus Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur. Als Agentur der Republik Österreich leistet der OeAD damit einen Beitrag zur inklusiven, gleichberechtigten und hochwertigen Bildung. Als wichtigste Instrumente dienen der europäische und internationale Austausch sowie die grenzüberschreitende Mobilität. So ist der OeAD unter anderem für die Umsetzung von „Erasmus+ Bildung“ in Österreich verantwortlich.
 
Rückfragehinweise:
Austrian Development Agency,
die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit 

Mag. Katharina Schreiber
Tel.: +43 676 83903414      
katharina.schreiber@ada.gv.at
https://www.entwicklung.at/

OeAD-GmbH – Agentur für Bildung und Internationalisierung
Mag. Ursula Hilmar
presse@oead.at
www.oead.at

PA: Schweizer Abstimmung zeigt: Menschenrechte brauchen Gesetze

Das zivilgesellschaftliche Bündnis der Treaty Alliance Österreich begrüßt das Ja der Schweizer Stimmberechtigten, die in der Abstimmung am Sonntag mit 50,7 % für die Konzernverantwortungsinitiative stimmten.

29.11.2020 Wien/Bern –  “Die Mehrheit der Schweizer Stimmberechtigten sprachen sich am Sonntag für die verbindliche Regulierung von Konzernen aus. Dies ist ein bedeutender Meilenstein, auch wenn die Konzernverantwortungsinitiative aufgrund der fehlenden Mehrheit der Kantone abgelehnt wurde.”,  erklärt Bettina Rosenberger, Koordinatorin der Treaty Alliance Österreich und Geschäftsführerin des Netzwerks Soziale Verantwortung (NeSoVe).

“Nach der Volksabstimmung in der Schweiz und dem seit 2017 bestehenden Gesetz in Frankreich ist es Zeit, dass es auch in Österreich endlich ein Lieferkettengesetz gibt, damit Unternehmen entlang ihrer globalen Lieferketten Menschenrechte und Umweltstandards einhalten”, fordert Rosenberger. Aus diesem Grund initiierte das zivilgesellschaftliche Bündnis der Treaty Alliance Österreich die Kampagne “Menschenrechte brauchen Gesetze – Damit Lieferketten nicht verletzen!”. Die Kampagne fordert, dass es sowohl in Österreich, als auch auf Ebene der EU sowie der UNO verbindliche Regeln für Unternehmen gibt. Auf EU- und UNO-Ebene gibt es bereits laufende Prozesse, in die sich Österreich aktiv und konstruktiv einbringen muss. Nur durch verbindliche Regeln werden Unternehmen für die Verletzung von Menschenrechten und Umweltstandards Verantwortung übernehmen  müssen.

“Die Arbeitsbedingungen, die hinter unseren T-Shirts, unseren Smartphones und unserer Schokolade stecken, sind oft menschenunwürdig. Damit Ausbeutung in der Textilindustrie kein Leiberl hat und uns Kinderarbeit nicht in die Tüte kommt, brauchen wir ein Lieferkettengesetz.”, so Rosenberger abschließend.

Nähere Informationen: www.menschenrechtebrauchengesetze.at

Rückfragehinweis:
Bettina Rosenberger
Treaty Alliance Koordinatorin
+43 660 8835409
bettina.rosenberger@nesove.at