Rana Plaza-Gedenktag: Südwind erinnert an leere Versprechen der Modeindustrie

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12 Jahre nach dem Einsturz-Textilfabrik bleiben nachhaltige Fortschritte überschaubar – Südwind: Meilensteine wie das EU-Lieferkettengesetz dürfen nicht kippen.

Am 24. April 2025 jährt sich der Einsturz des Fabrikgebäudes Rana Plaza in Bangladesch zum zwölften Mal. Mehr als 1.138 Menschen verloren damals ihr Leben, überwiegend Textilarbeiter:innen, die unter prekären Bedingungen für globale Modemarken produzierten. Der Vorfall brachte die systemischen Missstände in der globalen Bekleidungsindustrie zum Vorschein. Die Menschenrechtsorganisation Südwind und die Clean Clothes Kampagne haben sich von Anfang an für eine Wiedergutmachung des Schadens und effektive Schutzmechanismen eingesetzt und bessere rechtliche Rahmenbedingungen für Textil-Arbeiter:innen eingefordert.

„Obwohl Modemarken nach Rana Plaza Besserung gelobten, blieb die nachhaltige Trendwende aus. Die Modebranche bleibt bis heute eine Risikobranche für Menschenrechte und Umwelt“, sagt Gertrude Klaffenböck, Koordinatorin der Clean Clothes Kampagne bei Südwind.

Anlässlich des Jahrestags der Katastrophe erinnert Südwind an die offenen Versprechen nach der Katastrophe und fordert eine ambitionierte Umsetzung des EU-Lieferkettengesetzes.

Fortschritte mit Lücken
Rana Plaza war kein Einzelfall, sondern die Folge tief verwurzelter systemischer Probleme. Trotz einer Evakuierung am Vortag mussten Arbeiter:innen am nächsten Tag weiterarbeiten, unter der Androhung sonst keinen Lohn zu erhalten. Gewerkschaftliche Organisation war kaum möglich. Fortschritte gab es erst auf Druck der Öffentlichkeit: Nach einer Petition mit über einer Million Unterschriften unterzeichneten Marken das rechtlich bindende Abkommen zur Gebäudesicherheit, den so genannten „Bangladesch Accord“. „Das Abkommen brachte wichtige Verbesserungen bei Brandschutz und Gebäudesicherheit in Bangladeschs Textilfabriken. Dennoch haben viele Unternehmen, darunter Amazon, Tom Tailor oder IKEA das potenziell lebensrettende Abkommen bis heute nicht unterzeichnet und viele Produktionsländer werden davon nicht erfasst“, sagt Südwind-Expertin Klaffenböck.

Hungerlöhne und Repression
Infolge der Katastrophe kündigten mehrere Modemarken gerechte Löhne für ihre Textilarbeiter:innen an. Beispielsweise formulierte H&M das Ziel, innerhalb von fünf Jahren existenzsichernde Löhne zu zahlen. Tatsächlich liegen die Löhne bis heute weit unter dem Existenzminimum. „Gerechte Löhne und sichere Arbeitsbedingungen sind kein Entgegenkommen, sondern menschenrechtliche Pflicht. Die Ankündigung von existenzsichernden Löhnen für Textilarbeiter:innen in Bangladesch bleibt ein bis heute nicht eingelöstes Versprechen“, sagt Gertrude Klaffenböck. Zwei Versuche, den Mindestlohn anzuheben, scheiterten an der mangelnden Unterstützung durch die Modemarken. Es kam zu Protesten und Gewalt gegen Gewerkschafter:innen und Arbeiter:innen. Im Juni 2023 wurde der Bekleidungs-Gewerkschafter Shahidul Islam bei Ausübung seiner Gewerkschaftsarbeit totgeschlagen.

Ohne verbindliche Gesetze, keine Besserung
„Rana Plaza konnte passieren, weil Ausbeutung toleriert und Kontrolle verweigert wurde. Ohne verbindliche gesetzliche Regeln bleibt das Risiko bestehen“, warnt Kalpona Akter, Gründerin des Bangladesh Centre for Worker Solidarity.

Opfer und Angehörige der Katastrophe hatten keine Möglichkeit, Wiedergutmachung einzuklagen. Erst nach jahrelangen zivilgesellschaftlichen Bemühungen gab es ein Entgegenkommen der Modekonzerne. Genau hier sollte das 2023 verabschiedete EU-Lieferkettengesetz ansetzen, um Geschädigten einen Weg zu ihrem Recht zu ermöglichen. Doch gerade jetzt droht es durch politische Abschwächungen ausgehöhlt zu werden. Südwind und die Clean Clothes Kampagne appellieren an Abgeordnete des EU-Parlaments sowie die österreichische Bundesregierung, die Richtlinie ohne weitere Verzögerungen umzusetzen und die vorgebrachten Abschwächungsvorschläge abzulehnen.

Mit einer E-Mailkampagne an Wirtschaftsminister Wolfang Hattmannsdorfer und Justizministerin Anna Sporrer setzt sich Südwind für eine Beibehaltung des Lieferkettengesetzes ein. Teilnahme unter: suedwind.at/lieferkettengesetz-in-gefahr 

Rückfragehinweis:
Vincent Sufiyan
Kommunikationsleiter Südwind
Tel.: 0650 9677577
E-Mail: vincent.sufiyan@suedwind.at

PA: Internationale Entwicklungsfinanzierung: NGOs fordern Ende der Verwässerung und Widersprüche

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OECD präsentiert Entwicklungshilfeleistungen 2024: „Wer heute spart, zahlt morgen den vielfachen Preis in Form größerer Konflikte, Krisen und wachsender Ungleichheit“


“Infolge der multiplen Krisen und Katastrophen in den vergangenen Jahren haben viele Länder Zusammenhalt mit den Menschen in Ländern des Globalen Südens und in Krisengebieten demonstriert. Doch nun droht die internationale Zusammenarbeit – und mit ihr der weltweite Kampf gegen Hunger, Gewalt, Armut und Ungleichheiten – den Sparkursen vieler Regierungen zum Opfer fallen”, warnt Michael Opriesnig, Generalsekretär des Österreichischen Roten Kreuzes, anlässlich der Präsentation der vorläufigen öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen (Official Development Assistance, ODA) der OECD-Mitgliedsstaaten für das Jahr 2024.

Die österreichische und viele weitere Regierungen bekennen sich zum Ziel, 0,7% des jährlichen Bruttonationaleinkommens (BNE) für ihre ODA bereitzustellen. Erreicht haben es erst wenige. Österreichs vorläufige ODA für 2024 ist stark gesunken, und zwar von 0,38% auf 0,34% des BNE. Opriesnig stellt klar: “Jeder noch so kleine Prozentpunkt kann Menschen vor weiteren Krisen schützen, ihr Überleben sichern und ihre Zukunftschancen verbessern. Wer hingegen heute spart, zahlt morgen den vielfachen Preis in Form von größeren Konflikten, langwierigeren Krisen und wachsender Ungleichheit.

OECD-Länder verwässern Entwicklungshilfeleistungen

Doch auch die zusätzliche Vereinbarung, 0,2% des BNE für die ärmsten Länder bereitzustellen, halten viele OECD-Länder nicht ein. Das seien Gelder, die etwa in der Bildung fehlen, ergänzt Reinhard Heiserer, Geschäftsführer von Jugend Eine Welt. „In den ärmsten Ländern unserer EINEN Welt ist eine qualitative Schul- und Berufsausbildung unerlässlich, damit Kinder und Jugendliche der Armutsspirale entkommen und ein Leben in Würde führen. Studien zeigen eindeutig: Bildung überwindet Armut!

Die Zivilgesellschaft kritisiert zudem seit Jahren, dass OECD-Mitgliedern erlaubt wird, beispielsweise die Unterbringungskosten für schutzsuchende Menschen im Inland in die ODA einzuberechnen. “Diese Gelder kommen nicht bei benachteiligten und gefährdeten Menschen weltweit an, sondern verbleiben in den wohlhabendsten Ländern. Sie verwässern die Entwicklungshilfeleistungen und vermitteln einen falschen Eindruck der Unterstützung”, erläutert Andreas Knapp, Generalsekretär Internationale Programme der Caritas Österreich. In den letzten Jahren machten solche Ausgaben rund 27% der österreichischen ODA aus.

Internationale Konferenz soll Weichen für gerechte Entwicklungsfinanzierung stellen

Die Weichen für eine gerechte wie treffsichere Entwicklungsfinanzierung könnten auf der Financing for Development-Konferenz der UNO vom 30. Juni bis 3. Juli 2025 in Sevilla gestellt werden, meint Martina Neuwirth, Steuer- und Wirtschaftsexpertin vom VIDC. Denn zu allem Übel haben die Corona-Krisenjahre viele Länder des Globalen Südens auch noch in eine Schuldenkrise gestürzt. “Über 80 Staaten sind überschuldet. 2024 zahlten sie so viel Schuldendienst an ihre ausländischen Gläubiger wie nie zuvor: eine Milliarde US-Dollar pro Tag! Gelder, die ihnen für eine nachhaltige Entwicklung fehlen”, erklärt Neuwirth und fordert tragfähige Entschuldungen.

Da es aber auch Maßnahmen auf der Einnahmenseite brauche, solle Österreich seine Skepsis gegenüber der derzeit verhandelten UN-Steuerkonvention dringend überdenken, betont Neuwirth. “Lange wurden Steuerspielregeln hinter den verschlossenen Türen der OECD verhandelt. Auf Druck der Länder des Globalen Südens sollen diese Entscheidungen zur UNO verlagert werden, wo sie gleichberechtigt mitbestimmen können. Gerechte Regeln für alle würden Machtasymmetrien abbauen und sind für Hochsteuerländer wie Österreich eine Chance, sich Verbündete zu suchen, um Steuerschlupflöcher zu schließen.”

Klimagerechtigkeit fördern und widersprüchliche Maßnahmen beenden

Die bedrohlichen Folgen der Erderhitzung haben die Rufe nach systemischen Veränderungen und nach einer Entwicklungsfinanzierung, die Klimagerechtigkeit födert, in den letzten Jahren weiter verstärkt”, gibt Andrea Barschdorf-Hager, Geschäftsführerin von CARE Österreich, zu bedenken. “Hitze, Dürren, Fluten und andere Wetterextreme zerstören bereits jetzt die Lebensgrundlagen vieler Menschen, verursachen Nahrungsmittel- und Wasserknappheit und führen zu Vertreibung sowie Konflikten um Ressourcen. Gezielte Unterstützung im Rahmen der internationalen Entwicklung und Humanitären Hilfe kann die Situation deutlich verbessern.”

Länder des Globalen Nordens sind also gefordert, als verlässliche Partner aufzutreten und widersprüchlichen Zielen und Maßnahmen ein Ende zu setzen, welche die nachhaltige Entwicklung von Ländern des Globalen Südens untergraben. Zum Beispiel in der Handels-, Rohstoff-, Steuer-, Landwirtschafts- und Migrationspolitik. Davon würden benachteiligte und gefährdete Menschen, etwa Menschen mit Behinderungen, besonders profitieren – und langfristig die Geberländer selbst”, fasst Alex Buchinger, Geschäftsführer von Licht für die Welt, zusammen.

Appell an Regierung: Ambitionierte Entwicklungsfinanzierung im Doppelbudget 2025 und 2026

Forderungen nach einer widerspruchsfreien Politik und nach einem Stopp der ODA-Verwässerungen könnten auf der Konferenz in Sevilla neuen Rückenwind erhalten, richtet sich Lukas Wank, Geschäftsführer der AG Globale Verantwortung, abschließend an die österreichische Außenministerin Beate Meinl-Reisinger. „Auf der Entwicklungsfinanzierungskonferenz kann Österreich sein internationales Profil als engagierter Akteur schärfen. Wir hoffen, dass Österreich an dieser mitwirkt und deren Ergebnisse umsetzt. Und wir appellieren, dass sich im angekündigten Doppelbudget 2025 und 2026 das Bekenntnis der Bundesregierung zu einer ambitionierten Entwicklungsfinanzierung widerspiegelt, und zwar durch bedarfsgerechte Mittel für internationale Entwicklung und Humanitäre Hilfe. Je schwerer die Zeiten sind, desto mehr sind Länder gefordert, zusammenzuarbeiten: für eine weltweit friedliche, stabile und gerechte Zukunft.


Die AG GLOBALE VERANTWORTUNG ist der Dachverband von 38 österreichischen NGOs der internationalen Entwicklung und Humanitären Hilfe. Unsere Mitgliedsorganisationen führen jährlich 1.000 Projekte in über 120 Ländern der Welt durch und tragen zu einem menschenwürdigen Leben für alle auf einem gesunden Planeten bei.

Rückfragen & Kontakt

AG Globale Verantwortung
Hannah Hauptmann, MA
Telefon: +43 699/172 042 07
E-Mail: presse@globaleverantwortung.at

Veranstaltungshinweis: „Die Aufklärung vor Europa retten“

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Nikita Dhawan Professorin für Politikwissenschaft, TU Dresden, über ihr Buch im Gespräch mit Martina Neuwirth, Projektreferentin bei VIDC Global Dialogue.

Mittwoch, 7. Mai 2025, 18:00 bis 19:30 Uhr
Diplomatische Akademie Wien, Favoritenstraße 15a, 1040 Wien

Globale wirtschaftliche und politische Verwerfungen, die Zunahme an Konflikten und Kriegen. Der schärfer werdende Ton zwischen dem „Westen“ und dem – wahlweise – „Osten“ oder dem „(Globalen) Süden“. Das Infragestellen „aufgeklärt-westlicher Werte“ und die Krise der Demokratie. Und über allem die existenzbedrohende Umwelt- und Klimakrise.
Ist die Art, wie wir auf Krisen reagieren, schon Teil der Krise? Können wir am Erbe der Aufklärung, der Basis der Moderne, festhalten? Denn die Aufklärung steht nicht nur für Vernunft und Freiheit, sondern auch für die Idee einer Zivilisierungsmission Europas, die die brutale Kolonisierung der „Unzivilisierten“ in Afrika, Asien und Lateinamerika rechtfertigen sollte. Der Kolonialismus, so Dhawan, hinterlässt nach wie vor „seine Spuren in den geopolitischen, sozialen und wirtschaftlichen Fragen der Gegenwart“. Höchste Zeit also, „blinde Flecken“ zu hinterfragen und das „giftige Erbe“ der Aufklärung mitzudenken.
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PA: Schoko-Osterhasen Check: Orientierung im Siegel-Labyrinth

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Osterzeit ist Schokohasen-Zeit. Auch in diesem Jahr bündeln die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 und die Menschenrechtsorganisation Südwind wieder ihre Kräfte und testen Schoko-Osterhasen aus Österreichs Supermärkten auf soziale und ökologische Kriterien – inklusive Bewertung über das bewährte Ampelsystem. Insgesamt 36 Schoko-Hasen durchliefen heuer den Nachhaltigkeits-Check.

Auch dieses Jahr gibt es wieder sechs Testsieger, die in beiden Kategorien mit Bestnote bedacht wurden: Sie tragen sowohl das FAIRTRADE Siegel als auch das EU-Biosiegel. Die doppelt grünen Testsieger sind der EZA-Schokohase aus den Weltläden, die Billa Bio Osterhasen sowie der vegane Vegavita Hase, die Veggie und Natur Pur Bio-Osterhasen von Spar und der BIO Natura Schoko-Hase von Hofer. 

„Unsere diesjährigen Testsieger sind fast schon ‘alte Bekannte’. Ein konstantes Bekenntnis zu ökologisch und sozial verantwortungsbewussten Schoko-Osterhasen wird honoriert. Nicht nur in unserem Test, sondern auch von den Konsument:innen, denen nachvollziehbare und unabhängige Kontrolle offensichtlich ein Anliegen ist. Das scheint auch den Unternehmen bewusst zu sein: Das Angebot von Hasen mit ökologischen und sozialen Zertifikaten wird größer“, sind sich Gudrun Glocker, Lieferketten-Expertin bei Südwind und Anna Leitner, Ressourcen-Sprecherin bei GLOBAL 2000, einig.


Unabhängige Zertifizierungen sind ein Muss
„Sorgenkinder“ bleiben die Branchenriesen Lindt und Mondelez. Insgesamt bekamen acht Hasen eine doppelt „rote“ Bewertung – das ist auch darauf zurückzuführen, dass sich große Unternehmen auf hauseigene, anstatt unabhängige Nachhaltigkeitsinitiativen berufen.

„Konsument:innen müssen nachvollziehen können, unter welchen Bedingungen die Schokolade hergestellt wird. Unternehmenseigene Programme sind kein Ersatz für unabhängige Zertifizierungen. Leider sind die Konzerninitiativen oft intransparent und häufig wird nicht unabhängig kontrolliert, ob die Kriterien bei der Produktion eingehalten werden“,sagt Gudrun Glocker, Lieferketten-Expertin bei Südwind.
 Einige Hasen sind zwar unabhängig zertifiziert, die Unternehmen führen die Siegel aber nicht auf der Verpackung an. Dadurch ist es für Konsument:innen schwierig zu erkennen, ob das Produkt nachhaltig ist.

„Unternehmen müssen gesetzlich zu Maßnahmen gegen Menschenrechtsverletzungen wie Kinderarbeit und Umweltzerstörung verpflichtet werden. Auf die Freiwilligkeit der Konzerne können sich Konsument:innen offensichtlich nicht verlassen“, mahnt Anna Leitner fehlende Regeln  ein. 

Faire Schokolade als Kinderschutz
Die meisten Kakaobohnen, die österreichische Betriebe einkaufen, stammen aus Ghana und der Elfenbeinküste. In beiden Ländern stellen Kinder- und Zwangsarbeit große Probleme dar, ebenso wie extrem niedrige Einkommen für Kakaobäuer:innen. Denn obwohl die Kakaopreise letztes Jahr empfindlich stiegen, müssen die Bäuer:innen Ausfälle aufgrund von Pflanzenkrankheiten und den Folgen der Klimakrise beklagen. FAIRTRADE schreibt von einem 30-prozentigen Rückgang der Ernte in den beiden wichtigsten Kakaoanbauländern Ghana und Côte d’Ivoire. Ein sozial-fairer und nachhaltiger Kakaoanbau sichert so nicht nur das menschenwürdige Auskommen der Kakaobäuer:innen und -arbeiter:innen, sondern auch die weltweite Nachfrage. 

„Sowohl auf EU-Ebene als auch in Österreich wird aktuell unter dem Deckmantel der Vereinfachung massiv an gemeinsamen Spielregeln für Konzerverantwortung und Transparenz  gesägt. Das erst letztes Jahr beschlossene und dringend notwendige Lieferkettengesetz droht nun aufgehoben zu werden. Doch der Osterhasen-Check zeigt, dass faires und ökologisch verträgliches Handeln möglich ist. Die Bundesregierung muss sich jetzt für verpflichtende ökologische und soziale Standards einsetzen“, fordert Leitner abschließend. 

Weiterführende Infos

Disclaimer zum Osterhasen-Check
Dieser Check bezieht sich auf Schokoladen-Hohlfiguren, die bis 21.03.2025 in österreichischen Supermärkten erhältlich waren und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Jeder Hase wurde nur einmal aufgenommen – auch wenn er im Handel in unterschiedlichen Varianten erhältlich ist. Zur Bewertung: Grün bedeutet, das Produkt trägt ein Gütesiegel mit weitreichenden ökologischen/sozialen Kriterien. Gelb bedeutet, das Produkt trägt ein und rot bedeutet das Produkt trägt kein Gütesiegel mit grundlegenden ökologischen/sozialen Kriterien oder positiven ökologischen/sozialen Auswirkungen.

Rückfragen & Kontakt: 

Marcel Ludwig, Pressesprecher GLOBAL 2000, +43 699 142000 20, marcel.ludwig@global2000.at  Vincent Sufiyan, Kommunikationsleiter Südwind, +43 650 96 77577, vincent.sufiyan@suedwind.at

PA: Jahresbericht zur Todesstrafe weltweit: Höchste Zahl dokumentierter Hinrichtungen seit 2015

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Die Zahl der weltweiten Hinrichtungen hat den höchsten Stand seit 2015 erreicht: Im Jahr 2024 wurden in 15 Ländern über 1.500 Menschen hingerichtet, so Amnesty International heute bei der Veröffentlichung des Jahresberichts über die weltweite Anwendung der Todesstrafe.

  • Iran, Irak und Saudi-Arabien verantwortlich für 91 Prozent der Hinrichtungen
  • Staaten gehen mit der Todesstrafe gezielt gegen Protestierende und ethnische Minderheiten vor
  • Anstieg von Hinrichtungen in Verbindung mit Drogendelikten
  • In den USA steigt die Zahl der Hinrichtungen stetig; Präsident Trump bezeichnet Todesstrafe als Schutzmaßnahme gegen „brutale Vergewaltiger, Mörder und Monster“

Dem Amnesty-Bericht „Death Sentences and Executions 2024“ zufolge wurden 2024 insgesamt 1.518 Hinrichtungen dokumentiert – die höchste Zahl seit 2015 (mindestens 1.634). Die fünf Länder mit der höchsten Zahl an dokumentierten Hinrichtungen 2024 waren China, Iran, Saudi-Arabien, Irak und Jemen. Die meisten Hinrichtungen fanden im Nahen Osten statt. Die Zahl der Länder, in denen die Todesstrafe vollstreckt wurde, blieb jedoch im zweiten Jahr in Folge auf dem niedrigsten Stand in der Geschichte.

China ist nach wie vor das Land mit den meisten Hinrichtungen. Doch konnten in den bekannten Gesamtzahlen weder die Tausende von Menschen erfasst werden, die vermutlich in China hingerichtet wurden, noch die in Nordkorea und Vietnam. In beiden Ländern wird mutmaßlich ebenfalls in großem Umfang auf die Todesstrafe zurückgegriffen. Aufgrund der andauernden Krisen in Palästina und in Syrien kann Amnesty International hier keine zuverlässigen Zahlen nennen.

Iran, Irak und Saudi-Arabien waren für den Anstieg der bekannten Hinrichtungen maßgeblich verantwortlich. Insgesamt entfiel auf diese drei Länder die erschütternde Zahl von 1.380 registrierten Hinrichtungen. Während der Irak die Zahl seiner Hinrichtungen nahezu vervierfachte (von mindestens 16 auf mindestens 63) und Saudi-Arabien seine jährliche Gesamtzahl verdoppelte (von 172 auf mindestens 345), wurden im Iran 119 Personen mehr hingerichtet als im Vorjahr (ein Anstieg von mindestens 853 auf mindestens 972). Damit entfielen 64 Prozent aller bekannten Hinrichtungen auf den Iran.

 „Die Todesstrafe ist ein verabscheuungswürdiges Verbrechen, das in der heutigen Welt keinen Platz mehr hat. Auch wenn einige Länder weiterhin Tausende von Hinrichtungen im Geheimen vollstrecken, ist klar, dass die Staaten, die an der Todesstrafe festhalten, eine isolierte Minderheit sind. Im Jahr 2024 haben nur 15 Länder Hinrichtungen vollstreckt – das ist zum zweiten Jahr in Folge die niedrigste Zahl in der Geschichte, was auf eine Abkehr von dieser grausamen, unmenschlichen und erniedrigenden Bestrafung hinweist“, so Agnès Callamard, Internationale Generalsekretärin von Amnesty International.

„Iran, Irak und Saudi-Arabien waren für den drastischen Anstieg der Todeszahlen im vergangenen Jahr verantwortlich, denn sie haben 91 Prozent der bekannten Hinrichtungen vollstreckt – unter Verstoß gegen die Menschenrechte und indem sie Menschen aufgrund von Drogen- und Terrorismusvorwürfen rücksichtslos das Leben nahmen.“

Todesstrafe als Repressionsinstrument

Wie Amnesty International 2024 beobachtete, haben Staats- und Regierungschefs die Todesstrafe instrumentalisiert, sei es unter dem Vorwand, die öffentliche Sicherheit zu erhöhen, oder um die Bevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzen.

In den USA, die seit dem Ende der Coronapandemie einen stetigen Aufwärtstrend bei den Hinrichtungen verzeichnen, wurden 25 Menschen hingerichtet (im Jahr 2023 waren es 24). Der neu gewählte Präsident Trump bezeichnete die Todesstrafe wiederholt als Instrument, um Menschen vor „brutalen Vergewaltigern, Mördern und Monstern” zu schützen. Seine entmenschlichenden Äußerungen förderten ein falsches Narrativ, dem zufolge die Todesstrafe eine einzigartige abschreckende Wirkung bei Verbrechen hat.

In einigen Ländern des Nahen Ostens wurden Todesurteile eingesetzt, um Menschenrechtsverteidiger*innen, Dissident*innen, Protestierende, Oppositionelle und ethnische Minderheiten zum Schweigen zu bringen.

 „Wer es wagt, die Autoritäten herauszufordern, sieht sich der grausamsten aller Strafen ausgesetzt. Insbesondere im Iran und in Saudi-Arabien wird die Todesstrafe eingesetzt, um all jene zum Schweigen zu bringen, die mutig genug sind, ihre Meinung zu sagen“, sagt Agnès Callamard.

Im Iran wurde die Todesstrafe auch 2024 weiterhin zur Bestrafung von Menschen eingesetzt, die im Zuge der „Frauen Leben Freiheit“-Bewegung das System der Islamischen Republik infrage stellten. Zwei dieser Personen, darunter ein Jugendlicher mit einer psychischen Erkrankung, wurden nach unfairen Gerichtsverfahren und durch Folter erzwungenen „Geständnissen“ hingerichtet.

Die saudischen Behörden setzten die Todesstrafe auch weiterhin ein, um politisch Andersdenkende zum Schweigen zu bringen und Angehörige der schiitischen Minderheit des Landes, die zwischen 2011 und 2013 „regierungsfeindliche“ Proteste unterstützt hatten, zu bestrafen. Die Regierung richtete etwa Abdulmajeed al-Nimr hin, der ursprünglich wegen Beteiligung an Protesten verurteilt worden war, in späteren Anklagen jedoch mit Terrorismus in Verbindung gebracht wurde.

Todesstrafe bei Drogendelikten

Mehr als 40 Prozent der 2024 dokumentierten Hinrichtungen erfolgten im Zusammenhang mit Drogendelikten. Hinrichtungen im Zusammenhang mit Drogendelikten waren weit verbreitet in China, Iran, Saudi-Arabien, Singapur und, was nicht bestätigt werden konnte, wahrscheinlich auch in Vietnam. Die Verhängung der Todesstrafe für Drogendelikte betrifft unverhältnismäßig viele Menschen aus benachteiligten Verhältnissen.

Die Todesstrafe für Drogendelikte steht in klarem Widerspruch zu internationalen Menschenrechtsstandards, die vorschreiben, dass die Todesstrafe nur für „schwerste Verbrechen“ verhängt werden darf. Drogendelikte erfüllen diese Voraussetzung nicht.

Einsatz gegen die Todesstrafe zeigt Wirkung

Trotz eines Anstiegs der Zahl der Hinrichtungen sind nur 15 Länder bekannt, die sie vollstreckt haben – das ist zum zweiten Jahr in Folge die niedrigste Zahl seit Beginn der Aufzeichnungen. Bis heute haben 113 Länder die Todesstrafe vollständig abgeschafft. 145 Länder haben die Todesstrafe per Gesetz oder in der Praxis abgeschafft.

Darüber hinaus hat der Einsatz gegen die Todesstrafe weltweit Wirkung gezeigt. So wurde Iwao Hakamada, der in Japan fast 50 Jahre in der Todeszelle verbracht hatte, im September 2024 freigesprochen. Dieser Trend setzte sich auch Anfang 2025 fort. Im März wurde Rocky Myers, ein Schwarzer Mann, der in Alabama trotz schwerwiegender Verfahrensmängel zum Tode verurteilt worden war, nach intensiven internationalen Protesten begnadigt.

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PA: Bündnis präsentiert Faktencheck zu Lieferkettengesetz und Omnibus

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Zum EU-Lieferkettengesetz kursieren viele Mythen. Das Bündnis „Menschenrechte brauchen Gesetze“, zu dem auch Südwind gehört, hält mit einem Faktencheck dagegen.

Rund um das EU-Lieferkettengesetz (CSDDD) kursieren zahlreiche Fehlinformationen. Die Kampagne “Menschenrechte brauchen Gesetze”, ein Zusammenschluss aus Arbeitnehmer:innenvertretungen und NGOs, setzt dem einen kompakten Faktencheck entgegen. Morgen, am Donnerstag, dem 3. April, stimmt das EU-Parlament über die Verschiebung des Lieferkettengesetzes um ein weiteres Jahr ab. Der Faktencheck soll dabei helfen, die aktuell laufende Omnibus-Debatte besser einordnen zu können.

“Echte Entbürokratisierung erfordert konkrete Regeln, die auf Fakten beruhen. Das EU-Lieferkettengesetz ist eine historische Chance für faire und nachhaltige Globalisierung”, sagt Stefan Grasgruber-Kerl, Lieferkettenexperte bei Südwind. “Die aktuellen Deregulierungspläne gefährden nicht nur Menschenrechte und Klima, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit verantwortungsvoller Unternehmen”, ergänzt Bettina Rosenberger, Geschäftsführerin des Netzwerks Soziale Verantwortung.

Durch den Faktencheck wird unter anderem deutlich, dass das EU-Lieferkettengesetz Vorteile für kleine und mittlere Unternehmen bringt, weil es gleiche Regeln für alle schafft. Unternehmen (meist KMU), die bereits jetzt nachhaltig handeln und auf faire Produktionsbedingungen achten, haben derzeit einen wirtschaftlichen Nachteil. Durch das Lieferkettengesetz müssen künftig auch große Konzerne nachziehen. KMU selbst sind nur indirekt vom EU-Lieferkettengesetz betroffen. Für jene, die selbst als Produzenten in der Lieferkette großer Unternehmen tätig sind, sind Unterstützungen vorgesehen.

Rückfragen & Kontakt

Stefanie Marek
Pressesprecherin Südwind
+43 (0)680 1583016
stefanie.marek@suedwind.at
https://www.suedwind.at“ target=“_blank“>www.suedwind.at

PA: Dramatische Verschärfung der Krise: Vertreibung und Versorgungsengpässe im Westjordanland

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Die humanitäre Lage im nördlichen Westjordanland hat sich aufgrund anhaltender Gewalt, Vertreibungen und Militäroperationen dramatisch verschlechtert. Seit Januar hat sich die Zahl der vertriebenen Palästinenser*innen im Westjordanland innerhalb weniger Wochen im Vergleich zu den Vormonaten verdreifacht. Mehr als 42.000 Menschen mussten die Flüchtlingslager in Jenin, Tulkarem, Nur Shams und El Far’a verlassen. Viele Gemeinden sind von der Grundversorgung abgeschnitten.  

„Es muss sofort gehandelt werden, um den Zugang zu sauberem Wasser, sanitären Einrichtungen, Hygieneartikeln und sicheren Unterkünften für die vertriebene und betroffene Bevölkerung zu gewährleisten. Viele Vertriebene haben kein Zuhause und müssen vorübergehend in Sammelunterkünften untergebracht werden. Zehntausende leben in nahezu unbewohnbaren Verhältnissen. Der fehlende Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen verschärft die Gesundheitsrisiken, und viele Gemeinden haben Schwierigkeiten, die Hygienestandards einzuhalten”, erklärt Vincent Stehli, Leiter Programme von Aktion gegen den Hunger.

Der Zugang zu lebenswichtiger Hilfe ist blockiert

Militäroperationen, Bewegungseinschränkungen, Zwangsvertreibungen und Straßensperren behindern den Zugang zu humanitärer Hilfe. Notunterkünfte sind überfüllt und unzureichend ausgestattet – in 70 Prozent fehlen grundlegende Hygieneartikel, was ein hohes Gesundheitsrisiko darstellt. Verzögerungen an Checkpoints und verweigerte Genehmigungen erschweren humanitäre Einsätze zusätzlich. Die Situation erinnert zunehmend an die militärischen Taktiken, die aus Gaza bekannt sind.

Im Lager Jenin wurden mehr als 15 Kilometer Straßen und 21 Kilometer Wasserleitungen zerstört. In den Lagern Tulkarem und Nur Shams sind fast 400 Häuser vollständig und weitere 2.500 teilweise zerstört. Alle Lager sind mit Erdwällen und Barrieren abgeriegelt Das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten schätzt, dass es im gesamten Westjordanland über 849 mögliche Hindernisse wie zum Beispiel Straßensperren gibt. Verweigerte Genehmigungen und Sicherheitsrisiken erschweren die humanitäre Hilfe zusätzlich.

Wie Aktion gegen den Hunger im Westjordanland hilft

Aktion gegen den Hunger ist seit 2002 vor Ort tätig. Seit Beginn der jüngsten Militäroperationen hat Aktion gegen den Hunger Tausende Lebensmittelpakete, Hygienesets und Trinkwasser an vertriebene Familien in Jenin, Tubas und Tulkarem verteilt. Darüber hinaus wurden Öfen, Küchenutensilien und Heizgeräte bereitgestellt und mobile Latrinen in den Vertriebenenzentren errichtet.

„Tausende Menschen sind obdachlos und haben keinen Zugang zur Grundversorgung. Unser Team arbeitet unermüdlich, um Nothilfe zu leisten. Aber die Einschränkungen und Risiken machen unsere Arbeit extrem schwierig”, sagt Vincent Stehli. „Aktion gegen den Hunger benötigt 4 Millionen US-Dollar, um auf die Folgen der Militäroperationen zu reagieren und die Grundversorgung nach der Rückkehr der Menschen in ihre Häuser und Gemeinden sicherzustellen. Diese Schätzung beinhaltet die Verteilung von Lebensmittelpaketen, Non-Food-Artikeln, Hygienekits, die Verteilung von Wasserflaschen, Wassertransporte, Bargeld-Nothilfe sowie die Reparatur von Unterkünften, Wasser- und Sanitäranlagen”, erläutert Stehli.

Aktion gegen den Hunger führt weiterhin Schadens- und Bedarfsanalysen durch, um zukünftige Nothilfemaßnahmen zu planen. Aufgrund der Massenvertreibungen besteht weiterhin ein dringender Bedarf an lebensnotwendigen Gütern wie Bettzeug, Hygieneartikeln und Babypflegeprodukten. Darüber hinaus sind alle vertriebenen Familien in den Unterkünften auf externe Nahrungsmittelhilfe angewiesen.  

Hinweis an die Redaktionen

Sprecher*innen verfügbar: Gerne vermitteln wir Interviews, Gastbeiträge oder Hintergrundgespräche.

Über Aktion gegen den Hunger

Aktion gegen den Hunger ist eine humanitäre und entwicklungspolitische Hilfsorganisation, die weltweit in 56 Ländern und Regionen aktiv ist und über 21 Millionen Menschen unterstützt. Seit mehr als 45 Jahren kämpft Aktion gegen den Hunger gegen Mangelernährung, schafft Zugang zu sauberem Wasser und gesundheitlicher Versorgung. 8.987 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten Nothilfe und unterstützen Menschen beim Aufbau nachhaltiger Lebensgrundlagen.

Pressekontakt

Vassilios Saroglou / Markus Winkler
Tel. 030 – 279 099 776
E-Mail presse@aktiongegendenhunger.de
Website www.aktiongegendenhunger.de

Online: Peace&Justice-Talk #2 – Der große Umbruch

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Wie wirkt sich die aktuelle Geopolitik auf Entwicklungsfinanzierung aus und inwiefern sind Frieden und Konflikttransformation davon betroffen?

Die neue Gesprächsreihe zum SDG 16, Thema der Entwicklungstagung 2025 in Innsbruck, organisiert vom Paulo Freire Zentrum, diskutiert Perspektiven von Akteur*innen aus Forschung und Zivilgesellschaft auf je einen zentralen Aspekt der Tagung.

Am Montag, 7. April 2025, um 15 Uhr live am Instagram-Account der Entwicklungstagung sowie als Aufzeichnung auf YouTube.

Es spricht:

  • Lukas Schlögl (Senior Researcher der ÖFSE – Österreichische Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung mit Schwerpunkt Entwicklungsfinanzierung)

Eine neue Unruhe hat die Welt der Entwicklungspolitik erfasst: Seit Donald Trumps Ankündigung, die US-Entwicklungsagentur US-Aid zu schließen, ist so manche Gewissheit ins Wanken geraten. Auch Großbritannien und die Niederlande haben beschlossen, Gelder der Entwicklungszusammenarbeit direkt für Rüstung umzuwidmen. Das Prophetenwort von den „Schwertern, die zu Pflugscharen gemacht werden“, wird derzeit in sein Gegenteil umgekehrt.

Für die Umsetzung der Sustainable Development Goals verheißt dies nichts Gutes, war zuletzt ohnehin bereits abzusehen, dass die 17 Ziele nicht erreicht werden können. Insbesondere das SDG 16 wirkt aktuell etwas aus der Zeit gefallen. Wird es EZA-finanzierte Prozesse der Konflikttransformation in Zukunft noch geben? Und was wird aus den österreichischen UN-Blauhelmmissionen, ein ohnehin umstrittener Teil der EZA-Ausgaben?

Im Gespräch mit Gerald Faschingeder wird Lukas Schlögl die aktuellen Herausforderungen im Feld der internationalen Entwicklungsfinanzierung benennen und dabei auf globale, wie auch auf nationale Trends eingehen.

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PA: Syrien: Massaker an alawitischen Zivilpersonen müssen als Kriegsverbrechen untersucht werden

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Der neuen syrischen Regierung nahestehende Milizen haben nach Informationen von Amnesty International am 8. und 9. März 2025 in der Küstenstadt Banias mehr als 100 Menschen getötet. Die Organisation hat 32 der Tötungen untersucht und ist zu dem Schluss gekommen, dass sie vorsätzlich gegen die alawitische Minderheit gerichtet und rechtswidrig waren. Die Regierung muss sicherstellen, dass die Verantwortlichen für diese Gräueltaten zur Rechenschaft gezogen werden, fordert Amnesty International. Zudem müssen sofort Schritte unternommen werden, um sicherzustellen, dass Personen nicht aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit verfolgt werden. 

„Die Verantwortlichen für diese brutalen Massentötungen müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Unsere Beweise deuten darauf hin, dass regierungsnahe Milizen in grausamen Vergeltungsangriffen gezielt Zivilist*innen der alawitischen Minderheit ins Visier genommen und kaltblütig aus nächster Nähe erschossen haben. Zwei Tage lang haben die Behörden nicht eingegriffen, um das Morden zu beenden. Wieder einmal hat die syrische Zivilbevölkerung die höchsten Kosten zu tragen, da die Konfliktparteien versuchen, ihre Rechnungen zu begleichen“, so Agnès Callamard, Internationale Generalsekretärin von Amnesty International.

Kriegsverbrechen müssen rasch und unabhängig untersucht werden

Sie betont: „Die vorsätzliche Tötung von Zivilist*innen, von Verletzten, von Kämpfer*innen die sich ergeben haben oder gefangen genommen wurden ist ein Kriegsverbrechen. Die Staatengemeinschaft ist verpflichtet, die Vorwürfe rechtswidriger Tötungen rasch unabhängig und unparteiisch zu untersuchen.“

Bewaffnete Männer fragten die Menschen, ob sie Alawit*innen seien, bevor sie sie bedrohten oder töteten. In einigen Fällen schienen sie sie für die von der früheren Regierung begangenen Verbrechen verantwortlich zu machen, wie Zeug*innen Amnesty International berichteten. Die Familien der Opfer wurden von den Behörden gezwungen, ihre Angehörigen in Massengräbern ohne religiöse Rituale oder eine öffentliche Zeremonie zu bestatten.

„Die jüngsten Massaker an der alawitischen Minderheit hinterlassen neue Narben in einem Land, das jahrzehntelang unter schweren Menschenrechtsverstößen durch die Assad-Regierung und bewaffnete Gruppierungen zu leiden hatte. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die neue Regierung für Gerechtigkeit sorgt und diese Verbrechen aufdeckt, um einen Bruch mit der Vergangenheit und Nulltoleranz gegenüber Angriffen auf Minderheiten aufzuzeigen. Ohne Gerechtigkeit besteht die Gefahr, dass Syrien in einen Kreislauf aus weiteren Gräueltaten zurückfällt.“

Zum Geschehen:

Rechtswidrige Tötungen von Alawit*innen

Am 6. März 2025 verübten bewaffnete Gruppen, die mit der ehemaligen Regierung von Präsident Baschar al-Assad verbunden waren, mehrere koordinierte Angriffe auf Sicherheits- und Militäreinrichtungen in den Küstengouvernements Latakia und Tartus. Daraufhin leiteten das Verteidigungs- und das Innenministerium der neuen syrischen Regierung, unterstützt von mehreren Milizen, eine Gegenoffensive ein, die zu einer erheblichen Eskalation der Gewalt führte. Am 8. März gaben die Behörden bekannt, dass sie die Kontrolle über alle betroffenen Gebiete wiedererlangt hatten. In den darauffolgenden Tagen töteten mit der derzeitigen Regierung verbundene Milizen gezielt alawitische Zivilist*innen in Städten entlang der Küste. Darunter war auch die Stadt Banias, die 2013 Schauplatz eines Massakers der Regierung von Bashar al-Assad war. 

Untersuchungsausschuss muss ausreichend Ressourcen haben

Am 9. März versprach Präsident Ahmad al-Sharaa, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, setzte einen Untersuchungsausschuss ein, der die Ereignisse an der Küste untersuchen soll, und bildete einen Ausschuss zur Wahrung des inneren Friedens. Während der Untersuchungsausschuss ein positiver Schritt zur Aufklärung der Ereignisse und zur Identifizierung der mutmaßlichen Täter zu sein scheint, müssen die Behörden sicherstellen, dass der Ausschuss über das Mandat, die Befugnisse, das Fachwissen und die Ressourcen verfügt, um diese Morde wirksam zu untersuchen. Dazu gehören der Zugang zu Zeug*innen und Familien der Opfer und die Möglichkeit, diese zu schützen, sowie der Zugang zu den Massengräbern und die erforderliche forensische Expertise. Die Regierung sollte auch sicherstellen, dass der Ausschuss ausreichend Zeit hat, um seine Ermittlungen abzuschließen. 

Zu den Untersuchungen von Amnesty International vor Ort:

Amnesty International befragte 16 Personen, darunter fünf in der Stadt Banias und sieben in anderen Gebieten an der Küste, zwei in anderen Teilen Syriens und zwei außerhalb Syriens. Das Crisis Evidence Lab von Amnesty International überprüfte zudem neun Videos und Fotos, die zwischen dem 7. und 21. März 2025 mit Researcher*innen geteilt oder in sozialen Medien gepostet wurden, führte Waffenanalysen durch und analysierte Satellitenbilder. 

Die fünf Bewohner*innen der Stadt Banias, die Amnesty International befragte, berichteten, dass 32 ihrer Verwandten und Nachbar*innen, darunter 24 Männer, sechs Frauen und zwei Kinder, zwischen dem 8. und 9. März 2025 von regierungsnahen Milizen vorsätzlich getötet worden waren. Von den 32 Getöteten wurden 30 im Viertel al-Qusour getötet. Amnesty International erhielt zudem die Namen von 16 Zivilist*innen, deren Angehörige berichteten, dass sie in Latakia und im Umland von Tartus vorsätzlich getötet wurden.

Die UNO konnte insgesamt 111 Tötungen von Zivilpersonen in den Gouvernements Tartous, Latakia und Hama dokumentieren. Die UNO geht jedoch davon aus, dass die Zahl der an der Küste getöteten Menschen deutlich höher ist. Nach Angaben des Hochkommissariats für Menschenrechte handelte es sich in vielen der dokumentierten Fälle um „außergerichtliche Hinrichtungen, die auf sektiererischer Grundlage durchgeführt wurden, angeblich von nicht identifizierten bewaffneten Personen, die die Sicherheitskräfte der Übergangsregierung unterstützen, und von Gruppierungen, die mit der früheren Regierung in Verbindung stehen“. Das Syrian Network for Human Rights (SNHR) dokumentierte die rechtswidrige Tötung von 420 Zivilpersonen und entwaffneten Kämpfer*innen (hors de combat), darunter 39 Kinder, zumeist durch mit den Behörden verbundene Milizen. 

Zeugenberichte: Tötungen in Wohnhäusern

Vier Bewohner*innen des Viertels al-Qusour in Banias berichteten, dass sie am 7. März 2025 Schüsse hörten. Am nächsten Tag drangen Dutzende von Milizionären, die mit der derzeitigen Regierung verbunden sind, in das Viertel ein. Dann begannen die Tötungen. Sie setzten sich am 8. und 9. März fort.

Samira* berichtete Amnesty International, dass eine Gruppe bewaffneter Männer am 9. März gegen 10 Uhr morgens in ihr Haus eindrang und ihren Mann mit einem Kopfschuss tötete. Einer der Männer fragte sie und ihren Mann, ob sie Alawit*innen seien, und gab dann der alawitischen Gemeinschaft die Schuld am Tod seines Bruders. Sie sagte: „Ich habe sie angefleht, [meinen Mann] nicht zu entführen. Ich erklärte ihnen, dass wir nichts mit den Morden in der Vergangenheit oder dem Tod seines Bruders zu tun hätten.“ Samira sagte, die Männer hätten ihren Mann auf das Dach gebracht und ihm gesagt, sie würden ihm zeigen, wie Alawit*innen Sunnit*innen getötet hätten. „Nachdem sie gegangen waren, ging ich auf das Dach und sah seine Leiche. Ich musste fliehen und flehte meinen Nachbar*innen an, die Leiche zu beschützen.“ Amnesty International hat sechs Bilder ausgewertet, auf denen die Leiche des Mannes, der eine sichtbare Kopfwunde hatte, in einer Blutlache liegt. Samira sagte, dass neben ihrem Mann auch der Ehemann ihrer Nachbarin und ihr Schwager getötet wurden.

Gegen 11 Uhr am 8. März erhielt Ahmad* einen Anruf von einem Verwandten, der ihm mitteilte, dass bewaffnete Männer sein Haus gestürmt und seinen Vater erschossen hätten. Ahmad sagte Amnesty International: „Meine Mutter erzählte mir, dass vier bewaffnete Männer am frühen Morgen unser Haus betraten. Ihre erste Frage war, ob [meine Familienmitglieder] Alawit*innen seien.“ Die Männer begannen, Ahmads Bruder zu verprügeln, sein Vater versuchte, sie aufzuhalten. „Meinem Vater wurde befohlen, sich wegzudrehen. Als er das tat, schoss ihm ein bewaffneter Mann in den Rücken, wobei die Kugel aus seiner Brust austrat. 20 Minuten später kamen sie zurück und nahmen die Leiche mit.“ Amnesty International hat sich ein Video angesehen, auf dem Blut auf dem Boden verstreut ist, das laut Ahmad seinem Vater gehörte. 

Saed* war über das Wochenende zu Besuch bei seinen Eltern. Gegen 10 Uhr am 9. März betrat eine Gruppe bewaffneter Männer das Gebäude. „Ich rief meiner Familie zu, mir zu folgen, und rannte durch die Tür auf das Dach. Sie waren hinter mir. Ich erreichte das Dach, aber meine Familie war nicht da… Dann hörte ich, wie die bewaffneten Männer meinen Bruder fragten, ob er Alawit oder Sunnit sei. Mein Bruder antwortete, aber seine Stimme zitterte. Mein zweiter Bruder griff ein und sagte zu ihnen: ‚Nehmt alles, was ihr wollt, aber lasst uns in Ruhe‘. Dann hörte ich die Stimme meines Vaters und dann klang es, als würden sie sie nach unten bringen. Danach hörte ich Schüsse.“ Wenige Minuten später fand Saed die Leichen seines Vaters und seiner Brüder erschossen am Eingang des Gebäudes. Amnesty International prüfte Bilder, auf denen drei Leichen außerhalb eines Gebäudes zu sehen waren, bei dem es sich offenbar um ein Wohnhaus handelte. Ein medizinischer Mitarbeiter eines nahe gelegenen Krankenhauses bestätigte Amnesty International, sie hätten von Milizen und Zivilschutzteams Dutzende von Leichen erhalten, die im Krankenhaus in Banias, meist außerhalb des Kühlschranks der Leichenhalle, in Stapeln aufbewahrt wurden. Die Familien mussten die Leichen durchsuchen, um ihre Angehörigen zu finden.

In Massengräbern aufgestapelt

Zeug*innen berichteten Amnesty International, dass viele der an den Morden beteiligten Männer Syrer waren, dass sich aber auch einige Ausländer unter ihnen befanden. Nach Angaben von Anwohner*innen griffen die Behörden weder ein, um das Morden zu beenden, noch boten sie den Anwohner*innen sichere Wege, um vor den bewaffneten Männern zu fliehen.

Zwei Anwohner*innen berichteten Amnesty International, dass sie mindestens 15 km durch die Wälder laufen mussten, um sich in Sicherheit zu bringen. Drei andere sagten, die einzige Möglichkeit zu fliehen sei gewesen, mit der HTS mitzugehen, einer ehemaligen bewaffneten Gruppe, die in die Regierungsstreitkräfte integriert ist.

Sieben Befragte berichteten Amnesty International, dass es ihnen oder ihren Angehörigen von den Behörden nicht gestattet wurde, die im Viertel al-Qusour getöteten Familienmitglieder nach religiösen Riten, an einem Ort ihrer Wahl oder in einer öffentlichen Zeremonie zu bestatten. Stattdessen wurden die Leichen auf einem leeren Grundstück neben dem Sheikh-Hilal-Friedhof in der Nähe des Viertels aufgestapelt. 

Saed* sagte, die Sicherheitskräfte hätten einen leeren Platz neben dem Friedhof ausgehoben und die Leichen dort aufgereiht. Ihm war es nicht erlaubt, Fotos zu machen oder andere Familienmitglieder bei der Beerdigung dabei zu haben: „Ich habe Hunderte von Leichen gesehen. Ich war allein bei der Beerdigung meiner Brüder. Die Leichen lagen neben- und übereinander.

Das Crisis Evidence Lab von Amnesty International hat vier Bilder der Begräbnisstätte im Stadtteil al-Qusour verifiziert, auf denen die Gräber inoffiziell markiert sind. Satellitenbilder bestätigen, dass der Boden in dem Gebiet zwischen dem 8. und 10. März 2025 abgetragen wurde.

Nach dem humanitären Völkerrecht sollten die Toten nach Möglichkeit nach den Riten der Religion, der sie angehörten, und grundsätzlich in Einzelgräbern bestattet werden. 

*Name aus Sicherheitsgründen geändert

Rückfragen
Presseteam Amnesty International Österreich
Eleonore Rudnay
+43-664-400 10 56
presse@amnesty.at

Veranstaltungshinweis: Entwicklungspolitik in der Zeitenwende

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