Archiv der Kategorie: Afghanistan

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PA: UN-Landminenaktionstag: Leben wie in einem unsichtbaren Gefängnis

Der Internationale Tag zur Aufklärung über die Minengefahr am 4. April erinnert an eine heimtückische, unsichtbare Gefahr. Eine Gefahr, die Millionen Menschen bedroht und ihre Bewegungsfreiheit über Jahre, sogar Jahrzehnte einschränkt, berichtet die Hilfsorganisation Gemeinsam gegen Landminen, GGL Austria.

Die Gefahr ist unsichtbar. Sie schränkt die Bewegungsfreiheit massiv ein. Falsches Verhalten kann zum Tod führen. Die gegenwärtige Gesundheitskrise lässt uns bei diesen Sätzen sofort an das Coronavirus denken. Für Millionen Menschen gelten Einschränkungen der persönlichen Bewegungsfreiheit aber schon seit Jahren, oft sogar Jahrzehnten: Der Grund ist die Verseuchung ihres Lebensumfeldes mit Landminen und nicht explodierten Kriegsrelikten.

Aktuell zählt der Landminenmonitor der Internationalen Kampagne für das Verbot von Landminen (ICBL) 60 Staaten und Gebiete, in denen die lokale Bevölkerung unter einer Kontamination mit Minen und explosiven Kriegsrelikten zu leiden hat. Einige Staaten gelten als besonders betroffen, darunter z. B. Afghanistan, der Irak und Jemen, aber auch Bosnien und Herzegowina, Kroatien und die Türkei. Auch das von Marokko besetze Gebiet der Westsahara zählt dazu.

2018 wurden 6.897 Opfer im Landminenmonitor erfasst. Laut ICBL ist davon auszugehen, dass die Dunkelziffer bis zu drei Mal höher ist. Mit 71 % stammte auch 2018 der Großteil der Opfer von Landminen aus der Zivilbevölkerung. Opfer von Landminen und explosiven Kriegsrelikten sind aber nicht nur jene, die direkt einen Minenunfall erleiden, sondern auch deren Familienangehörige. Und Opfer sind all jene, die in einem minenverseuchten Gebiet leben müssen. Ihr täglicher Leidensdruck ist enorm.

Die Betroffenen leben in der ständigen Angst, ein Familienmitglied durch einen Minenunfall zu verlieren oder selbst zu verunglücken. Wolfgang Schachinger, Präsident der österreichischen Hilfsorganisation Gemeinsam gegen Landminen, kennt die massiven Einschränkungen. „Menschen in verminten Gebieten leben wie in einem unsichtbaren Gefängnis, was eine große psychische Belastung darstellt. Oft beginnt der Gefahrenbereich bereits am Rand des Dorfes. Ein Bauer in Burma zeigte mir sein Feld gleich hinter seinem Haus und erzählte, dass er dieses seit vielen Jahren nicht mehr bestellen kann. Auch unmittelbar neben frequentierten Wegen kann ein falscher Schritt verheerende Auswirkungen haben. Millionen Menschen müssen so enorme wirtschaftliche Nachteile hinnehmen. Viele leben deshalb in absoluter Armut.“

Es ist eine besondere Tragik, dass mit 54 % Kinder die größte Gruppe unter den zivilen Opfern stellen. „Auch nach 18 Jahren, in denen wir uns bei Gemeinsam gegen Landminen für Minenopfer und Menschen, die durch Landminen bedroht werden, einsetzen, erschüttern mich Berichte über den Tod von Kindern zutiefst. So verunglückten im Mai letzten Jahres in unserem Projektland Afghanistan neun Kinder, die neben einer stark befahrenen Hauptstraße spielten. Sieben Kinder, vier davon aus einer Familie, starben! Es ist ein unglaubliches Leid, das diese Menschen erdulden müssen“, so Schachinger.

„Die derzeitige Gesundheitskrise schränkt auch unsere Bewegungsfreiheit massiv ein. Das lässt uns jetzt vielleicht besser erahnen, mit welchen Beschränkungen die Menschen in mit Landminen kontaminierten Regionen leben. Es ist mir besonders wichtig, dass wir gerade jetzt diese Menschen und ihr Leid nicht aus den Augen verlieren. “

Es darf kein Aufweichen des Landminenverbots geben!
Anfang Februar hat US-Präsident Donald Trump das von seinem Vorgänger Barack Obama 2014 erlassene Verbot des unbegrenzten Einsatzes von Landminen durch das US-Militär aufgehoben. Wie alle involvierten Organisationen hat auch Gemeinsam gegen Landminen auf diese Entscheidung empört reagiert und verurteilt diese vehement.

Denn die Entscheidung des US-Präsidenten ist ein besorgniserregender Rückschritt und untergräbt die jahrelangen Bemühungen der zahlreichen Staaten und Organisationen, die sich für die Umsetzung der Ottawa-Konvention und gegen den Gebrauch und die Herstellung von Landminen stark machen. Zudem spielt sie anderen Akteuren in die Hände, die ebenfalls von Landminen Gebrauch machen oder sich weigern, der Ottawa-Konvention beizutreten, da diese nun die Entscheidung der USA als Rechtfertigung für ihr eigenes Tun nutzen können.

„In dieser schwierigen Zeit steht GGL weiterhin an der Seite der Betroffenen und appelliert an die Entscheidungsträger, sowohl in Österreich als auch in den USA, gegen die Aufhebung des Verbots durch Präsident Trump zu wirken“, führt Schachinger aus. „Aus diesem Grund haben wir eine Petition gestartet, die sich an den österreichischen Außenminister Alexander Schallenberg richtet. Dieser will Österreich verstärkt als „Speerspitze der Abrüstung“ positionieren. Hier wollen wir ihn beim Wort nehmen und fordern ihn auf, gegen diese Entscheidung des US-Präsidenten Protest einzulegen und zu verlangen, dass das Verbot weiterhin bestehen bleibt. Ich appelliere an alle, uns dabei zu unterstützen und diese Petition zu unterschreiben.“ Alle Infos zur Petition sind unter www.landmine.at abrufbar.

Der Internationale Tag zur Aufklärung über die Minengefahr
Der „Internationale Tag zur Aufklärung über die Minengefahr und zur Unterstützung bei Antiminenprogrammen“ wird am 4. April zum 15. Mal begangen. Die Vereinten Nationen möchten mit diesem Aktionstag auf die anhaltende Gefahr durch Landminen und explosive Kampfmittelrückstände aufmerksam machen. In einigen Gebieten stellen diese eine noch größere Gefahr als Landminen dar. Hierzu zählt z.B. Streumunition, die beim Einschlag nicht detoniert ist. Aber auch Blindgänger und andere Explosivstoffe, die von abziehenden Streitkräften zurück gelassen und häufig vergraben wurden, sind für die Bevölkerung vor Ort eine ständige Bedrohung. Der 4. April soll die Öffentlichkeit für dieses Thema sensibilisieren.

Weiterführende Informationen: www.landmine.at sowie www.facebook.com/landmine.at

Bildmaterial können Sie unter folgendem Link downloaden:
GGL Pressebilder 2020

Rückfragen und Kontakt

Mag. Iwona Tscheinig
Gemeinsam gegen Landminen
+43 664 4011233
iwona.tscheinig@ggl-austria.at

 

Podiumsdiskussion und Storytelling-Workshop: Fakt oder Fiktion?

Südwind präsentiert neue Zahlen zu Bewertung und Stereotypen von Migration und den Einfluss der Medien darauf.

Wien, 3. Oktober 2019 – Migration ist ein fixer Bestandteil einer globalisierten Gesellschaft. Gleichzeitig polarisiert das Thema ungemein und wird sowohl gesellschaftlich als auch medial heiß diskutiert. Die entwicklungspolitische Organisation Südwind präsentiert dazu eine Studie, bei der Menschen in Österreich, Ungarn, Italien und Griechenland zur Wahrnehmung, Bewertung und Stereotypen sowie Wissenslücken zum Thema Migration befragt wurden. Außerdem wurde beleuchtet, welchen Einfluss die Medien mit ihrer Berichterstattung darauf haben. Die Studie wurde im Rahmen des EU geförderten Projekts CIAK MigrACTION durchgeführt. Anschließend an die Präsentation der wichtigsten Ergebnisse werden diese von führenden ExpertInnen aus dem Bereich Migration und Medien diskutiert und eingeordnet.

Eckdaten: 
Datum: 11. Oktober 2019, Studienpräsentation und Podiumsdiskussion von 10.00 Uhr bis ca. 11.30 Uhr, Storytelling Workshop von 13.00 Uhr bis 17.00 Uhr
Ort: C3 Centrum für Internationale Entwicklung, Sensengasse 3, 1090 Wien

Am Podium: 

  • Marian Benbow-Pfisterer, Leiterin des Landesbüros für Österreich der International Organisation for Migration (IOM)
  • Katja Horninger, Kommunikation, Fonds Soziales Wien
  • Ramin Siawash, in Österreich lebender, afghanischer Journalist
  • Richard Solder, Chefredakteur Südwind-Magazin
  • Marie-Claire Sowinetz, Pressesprecherin UNHCR

Storytelling Workshop von Stefan Schauhuber
Am Nachmittag des 11. Oktobers hält Stefan Schauhuber, Redakteur und freier Journalist, einen vierstündigen Storytelling-Workshop. Im Fokus steht die mediale Berichterstattung über Migration, Integration und Flucht und wie die Methode des Storytellings dazu beitragen kann, Menschen hinter Schlagwörtern und Statistiken ein Gesicht und eine Stimme zu geben.

Wir bitten um Anmeldung zum Pressegespräch bzw. zum Storytelling-Workshop bis zum 8. Oktober, 13.00 Uhr sowie um vorab Bekanntgabe, ob Einzelinterviews mit den PodiumsdiskutantInnen im Anschluss an die Veranstaltung gewünscht sind.

Mehr Informationen zum Projekt finden Sie hier: https://www.suedwind.at/themen/migration-und-entwicklung/ciakmigraction/

Rückfragehinweis und Anmeldung sowie Anfrage bezüglich Koordination von Interviews:
Theresa Gral, Südwind-Pressesprecherin, E-Mail: theresa.gral@suedwind.at, Tel.:+43 1 405 55 15 301, Mobil: +43 650 375 1987

Vortrag: DISPLACED JOURNALISM – JOURNALISTINNEN AUF DER FLUCHT

Mit Ramin Siawash aus Afghanistan im Rahmen der Fortbildungsreihe Media Under Pressure.

Wann: 24. April 2019; 18.30 – 20.00 Uhr
Wo: FHWien der WKW, Währinger Gürtel 97, 1180 Wien, B002
Um Anmeldung wird gebeten.

Wegen des großen Interesses im Vorjahr und im Vorfeld des Tages der Pressefreiheit am 3. Mai wird Ramin Siawash, Journalist aus Afghanistan, seine Erfahrungen über die dramatische, oft lebensbedrohliche Lage von JournalistInnen und MedienmacherInnen in einer Regionen, in der bewaffnete Konflikte herrschen, sprechen. Gerade JournalistInnen müssen aufgrund ihrer Tätigkeit flüchten und um ihr Leben bangen.  Laut  Reporter Ohne Grenzen wurden 2018  in Afghanistan 16 von ihnen getötet.  Afghanistan war damit 2018 das weltweit gefährlichste Land für JournalistInnen.

Ramin Siawash (25) wurde in Afghanistan geboren. Er studierte Betriebswirtschaft, Journalismus und IT und arbeitete dort als Lehrer, Journalist, Moderator von politischen Sendungen, Medienmanager, sowie als Trainer für Menschenrechte bei der Menschenrechtskommission in Afghanistan.

Seit 2015 lebt Ramin Siawash in Wien. Er ist Gründer und Leiter des „KARA“ Bildungszentrums für Frauen in Afghanistan, sowie Kurator am Volkskundemuseum Wien im Rahmen der Projekte „Museum auf der Flucht“ und „Die Küsten Österreichs“. (www.volkskundemuseum.at/diekuestenoesterreichs)

Daneben gestaltet Ramin Siawash als Journalist und Moderator die zwei-wöchentliche Radiosendung „New Life in Vienna“ bei Radio ORANGE 94.0 (www.o94.at), ist Botschafter für das Rote Kreuz („projektXchange“) und studiert  Politikwissenschaft und Wirtschaftsinformatik an der Uni Wien.

Die Veranstaltung findet in Kooperation mit der ISJE-Informationsstelle für Journalismus und Entwicklungspolitik, dem Studienbereich für Journalismus & Medienmanagement der FHWien der WKW, dem Presserat und Reporter ohne Grenzen im Zuge der Reihe „Media under Pressure“ statt. 

Rückfragen, Interviewanfragen  und  formlose Anmeldung bitte an an office@isje.at

Diskussionsveranstaltung: Unerhört? Afghanische Frauen und ihre Kämpfe

Orzala Nemat, Direktorin der Afghanistan Research & Evaluation Unit Kabul, und Sana Safi, Journalistin und Moderatorin bei BBC News Pashto TV  sprechen auf Einladung des VIDC über die aktuelle Situation afghanischer Frauen vor dem Hintergrund der Friedensverhandlungen.

Afghanistan ist „nach wie vor einer der gefährlichsten Plätze für Frauen auf der Welt“, wie die Frauenrechtsaktivistin Suraya Pakzad bei einer VIDC-Veranstaltung im November 2018 berichtete. Auch eine aktuelle Umfrage der Thomson Reuters Foundation bestätigt diese Annahme: Afghanistan wurde als weltweit zweitgefährlichstes Land für Frauen eingestuft, in den Kategorien „Häusliche Gewalt“, „Gesundheit“ und „Diskriminierung“ ist Afghanistan sogar das gefährlichste Land.

Heute sind die Taliban wieder im Vormarsch und kontrollieren ganz oder teilweise bereits 55% des afghanischen Territoriums, mehr als jemals zuvor seit der Invasion 2001. Auch andere terroristische Organisationen wie der sogenannte Islamische Staat (IS) haben ihren Fußabdruck in Afghanistan hinterlassen. Die jüngsten Friedensverhandlungen zwischen den Taliban und der US-Delegation geben jedoch auch Anlass zur Hoffnung: Nach fast zwei Jahrzehnten ausländischer Einflussnahme könnte eine politische Lösung für die Zukunft Afghanistans gefunden werden. Es besteht jedoch die Gefahr, dass die fragilen Gewinne afghanischer Frauen, die sie mit Hilfe der internationalen Gemeinschaft erkämpft haben, wieder auf dem Spiel stehen und sie nicht an den Verhandlungen mit den Taliban beteiligt werden.

Die Diskutantinnen am Podium gehen den Fragen nach, ob und wie afghanische Frauen einen möglichen Friedensvertrag auch im Sinne der Frauen und Mädchen in Afghanistan gestalten können, und warum Afghanistan trotz aller Unterstützung der internationalen Gemeinschaft immer noch eines der gefährlichsten Länder der Welt ist, insbesondere für Frauen. Sie werden auch Vorschlage unterbreiten, wie die Nachhaltigkeit von Frauenförderungsprogrammen der internationalen Gemeinschaft gestärkt werden könnte.

Podiumsdiskussion
Donnerstag, 7. März 2019, 19:00 – 21:00 Uhr,
Diplomatische Akademie Wien, Festsaal
Favoritenstraße 15a, 1040 Wien

Veranstaltungssprachen: Englisch und Deutsch mit Simultandolmetschung

Anmeldung: fanizadeh@vidc.org

Displaced Journalism – JournalistInnen auf der Flucht

 

Hintergrundgespräch mit Ramin Siawash aus Afghanistan

(im Rahmen der Fortbildungsreihe Media under Pressure)

Wann: 21. November 2017; 16.00 – 17.30
Wo: FHWien der WKW, Währinger Gürtel 97, 1180 Wien, B002
Anmeldung unter: https://www.fh-wien.ac.at/nc/events/anmeldung/media-under-pressure-4205/

Die Lage von JournalistInnen und MedienmacherInnen in Regionen, in denen bewaffnete Konflikte herrschen, ist dramatisch. Gerade JournalistInnen müssen aufgrund ihrer Tätigkeit flüchten und um ihr Leben bangen. So auch Ramin Siawash.

Ramin Siawash (25) wurde in Afghanistan geboren. Er studierte Betriebswirtschaft, Journalismus und IT und arbeitete dort als Lehrer, Journalist, Moderator von politischen Sendungen, Medienmanager, sowie als Trainer für Menschenrechte bei der Menschenrechtskommission in Afghanistan.
Seit 2015 lebt Ramin Siawash in Wien. Er ist Gründer und Leiter des „KARA“ Bildungszentrums für Frauen in Afghanistan, sowie Kurator am Volkskundemuseum Wien im Rahmen der Projekte „Museum auf der Flucht“ und „Die Küsten Österreichs“. (www.volkskundemuseum.at/diekuestenoesterreichs)

Daneben gestaltet Ramin Siawash als Journalist und Moderator die zwei-wöchentliche Radiosendung „New Life in Vienna“ bei Radio ORANGE 94.0 (www.o94.at), ist Botschafter für das Rote Kreuz („projektXchange“) und studiert  Politikwissenschaft und Wirtschaftsinformatik an der Uni Wien.

Im Rahmen der Reihe „Media under Pressure“ ist Ramin Siawash am 21.11.2018 um 16.00 Uhr zu Gast, um über seine Erfahrungen und Perspektiven als Journalist aus Afghanistan und Österreich zu sprechen.

Moderation: Christina Schröder (Südwind-Magazin)

 Die Veranstaltung findet in Kooperation mit der ISJE-Informationsstelle für Journalismus und Entwicklungspolitik, dem Studienbereich für Journalismus & Medienmanagement der FHWien der WKW, dem Presserat und Reporter ohne Grenzen im Zuge der Reihe „Media under Pressure“ statt. 

Vortrag und Interviewmöglichkeit: Human Rights Research on the Frontlines – mit Anna Neistat

Amnesty International lädt herzlich zum Vortrag Human Rights on the Frontlines von Anna Neistat ein: Neistat leitet die globale Rechercheabteilung bei Amnesty International und hat jahrelang in zahlreichen Krisengebieten recherchiert und Menschenrechtsverletzungen dokumentiert unter anderem in Syrien und Afghanistan.

Anna Neistat steht außerdem rund um den 14. März für Interviews in Wien zur Verfügung. Bei Interesse melden Sie sich bitte bei der Pressestelle: www.amnesty.at/presse

Wann: 14. März 2018, 19:00 Uhr
Wo: Die Angewandte, Stubenring 3, 1010 Wien

Weitere Informationen zur 5-teiligen Veranstaltungsreihe Women*Human Rights Defenders und Anmeldung unter https://www.amnesty.at/de/events/

Lokal vernetzt durchs Kriegsgebiet

(Wien, 10.10.) Kontakte, Kontakte, Kontakte. Journalist Ali Safi konnte nicht zu wenig oft betonen, wie wichtig es ist, als JournalistIn in einer Konfliktregion vernetzt zu sein.

Ali Safi (Foto: Christina Bell/ISJE)
Ali Safi (Foto: Christina Bell/ISJE)

Der Afghane weiß wovon der spricht. Safi berichtete u.a. schon für das Time Magazine, die BBC, The Guardian und das ZDF. 2010 wurde er mit dem Amnesty International Award for Investigative Journalism ausgezeichnet.

Im Rahmen der Gesprächsreihe „Medien & Entwicklung“ am Institut für Journalismus & Medienmanagement der FHWien in Zusammenarbeit mit der ISJE erzählte Safi am 9.10. aus seinem Erfahrungsschatz. Mehrmals, auch im Einsatz als Reporter, war Safis Leben bedroht. So wurde er 2012 von den Taliban festgehalten – mitsamt Equipment und Material, das ihn als Berichterstatter für westliche Medien auswies.

Nicht immer könne man das Risiko genau abwägen, meint Safi. Aber man könne versuchen es möglichst zu minimieren. Durch exakte Vorbereitung und vor allem durch Vernetzung mit der lokalen Bevölkerung. In der Region, in der man arbeitet (oder plant, zu arbeiten), Kontakte zu haben, auf die man vertraut, sei dabei das Um und Auf.

Für ausländische JournalistInnen wäre das zwar ungleich schwieriger als für einheimische, aber möglich. Lokale JournalistInnen sind es dabei oft, die als erste Schnittstelle zwischen der Region der Berichterstattung und den ausländischen KorrespondentInnen dienen.

Safi, der seit zwei Jahren in Wien lebt, glaubt zudem, dass es auch in der Praxis möglich ist, nicht nur über die Krisen und Katastrophen in einer Region zu informieren. Im Sinne des Friedensjournalismus sollten Medien auch die Ursachen und Hintergründe vermitteln – im Fall von Afghanistan nimmt Safi dabei auch westliche Medien in die Pflicht.

Ali Safi beantwortete die Fragen von ISJE-Koordinator Richard Solder (l.) und Nikolaus Koller (r.), Leiter des Instituts für Journalismus & Medienmanagement
Ali Safi beantwortete die Fragen von ISJE-Koordinator Richard Solder (l.) und Nikolaus Koller (r.), Leiter des Instituts für Journalismus & Medienmanagement (Foto: Christina Bell/ISJE)

Ali Safi war im Rahmen der Reihe „Medien & Entwicklung“ zu Gast am Institut für Journalismus & Medienmanagement. Die Veranstaltungsreihe findet in Kooperation mit der Informationsstelle für Journalismus und Entwicklungspolitik statt.

Bericht des Institut für Journalismus & Medienmanagement der FHWien zum Gespräch

Foto-Galerie (Rechte: Institut für Journalismus & Medienmanagement)

Ali Safis Coverstory in der September-Ausgabe des Südwind-Magazin

 

Am Scheideweg

Trotz Einigung: Afghanistan könnte im Zuge der Streitigkeiten nach den Präsidentschaftswahlen auseinanderfallen, warnt Ali Safi*.

Berge hinter Kabul (Foto: Joe Burger/Creative Commons License)
Kabul und seine Berg-Szenerie (Foto: Joe Burger/Creative Commons License)

(Sept 2014) Früher in diesem Jahr gaben Millionen meiner Landsleute ihre Stimme ab, um einen neuen afghanischen Präsidenten zu wählen. Ich konnte nicht wählen, da ich derzeit in Wien lebe. Aber zu sehen, wie andere am demokratischen Übergang mitwirken, hat mich mit Hoffnungen für eine bessere Zukunft für mein Land erfüllt. Es kam anders: Der demokratische Prozess wurde mit den Betrugsvorwürfen, die die Spitzekandidaten jeweils gegen den Kontrahenten lancierten, gestoppt.

Die so wichtige Stichwahl in der Suche nach einem Nachfolger von Hamid Karsai fand im Juni statt. Ashraf Ghani Ahmadzai, der frühere Finanzminister, wurde nun unlängst zum Präsidenten ernannt. Abdullah Abdullah, einst Außenminister, wird Chief Executive Officer, eine neu geschaffene Position, die einem Ministerpräsidentenamt ähnelt. Die Einigung auf eine Einheitsregierung wurde vor wenigen Tagen von beiden Seiten unterschrieben. Demzufolge ist Ghani designierter Präsident, während Abdullahs Lager zukünftig die täglichen Geschicke des Landes leiten wird.

Der Deal wurde in dieser Form wurde von US-Außenminister John Kerry vorgeschlagen. Im Rahmen seiner Besuche in Kabul überzeugte er beide Kandidaten. Die Kandidaten haben selbst, genauso wie die internationale Gemeinschaft erkannt, dass beide Seiten Teil einer Einheitsregierung sein müssen.

Allerdings kommt die für nächste Woche angekündigte Machtübergabe des bisherigen Präsidenten Hamid Karzai jetzt nach drei Monaten – nach drei Monaten Blockade und Stillstand. Und nach der Prüfung und Neuauszählung der Stimmen.

Afghanistan hat eine traurige Geschichte von gewaltvollen Machtübernahmen, Staatstreichen und Stürzen hinter sich. Das ist einer der Gründe, warum die aktuelle Wahl so wichtig fwar für den demokratischen Zustand des Staates. Sie hätte die Macht einer neuen Führung übergeben – auf friedliche Art und Weise.

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Afghanisches Parlament (Archivaufnahme: Wiki Commons)

Aber die Wahlen waren mehr: es ging um eine – zumindest mentale – Roadmap für einen Übergang in verschiedenen Bereichen, hin zu mehr Sicherheit und Stabilität. Eine transparente Wahl hätte die Basis gelegt für eine Einheit der unterschiedlichen Volksgruppen Afghanistan und wäre ein Startschuss für die Entwicklungsagenda des Landes gewesen.

Jetzt, da ich weiß, dass die Wahlen nicht unsere Zukunft in Afghanistan bestimmen, muss ich zugeben, dass ich fast erleichtert bin, nicht in meiner Heimat gewesen zu sein. Meine Stimme hätte nichts verändert! In Wahrheit entscheidet der politische Handel zwischen den Kandidaten, unter der Kontrolle der USA.

Der neue Deal untergräbt die Rolle demokratischer Institutionen wie der der Wahlkommission.

Diese Wahlen haben Afghanistan unwiderruflich entlang ethnischer Trennlinen auseinandergerissen. Ich persönlich habe die Hoffnungen auf einen friedliche Afghanistan – zumindest für meine Generation – verloren.

Bisher haben alle Seiten, inklusive den Taliban, erklärt, dass sie für ein geeintes Afghanistan kämpfen. Nun, nach diesen Wahlen, reden immer mehr Menschen über eine Teilung des Landes. Für mich zeigt das einen Riss in der sozialen Struktur der Gesellschaft; eine systematische Bedrohung für die Vision einer gemeinsamen Zukunft.

Die NATO bereitet sich vor, Ende 2014 das Land zu verlassen. Einige wenige Einheiten werden zurückbleiben, um Al-Kaida zu bekämpfen und afghanische Sicherheitskräfte zu schulen. Die Taliban haben geschworen, zu kämpfen, bis der letzte ausländische Soldat das Land verlässt. Also wird auch Sicherheit im Land nach wie vor die größte Herausforderung für ein Post-2014-Afghanistan sein.

Entwicklung und Frieden gehören unweigerlich zusammen. Das eine kann nicht ohne das andere erreicht werden. Auch Sicherheit kann sich nicht ohne Entwicklung etablieren. Doch viele Entwicklungsprojekte, die in Afghanistan laufen, wurden aus dem Westen importiert. Sie wurden nicht dafür geschaffen, die Bedürfnisse des Landes zu befriedigen.

Und: Wenn der Westen ein friedliches Afghanistan will, ist Pakistan ein Schlüssel. Der Nachbarstaat ist ein wichtiger Verbündeter der USA. Auf der anderen Seite werden in Pakistan Terrorgruppen, deren Kämpfer auch nach Afghanistan ziehen, unterstützt.

Es ist an der Zeit, dass der Westen sein Engagement in Afghanistan überdenkt: reflexartige politische Interventionen können und werden keine Stabilität bringen.


Foto: Roska Vrgova
Foto: Roska Vrgova

*Ali Safi ist afghanischer Journalist und Friedensaktivist, der bereits für verschiedene internationale Medien (u.a. Time Magazine, BBC, The Guardian, ZDF) und Forschungsorganisationen gearbeitet hat. Mit einem investigativem Bericht gewann er 2010 Amnesty International Award. Ali Safi lebt in Wien.