Archiv der Kategorie: Afrika

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PA: Neue Südwind-Studie zeigt dramatische soziale Auswirkungen der Klimakrise im Globalen Süden

Eingeschränkte Mobilität, fehlender Schutz und unfaire Handelspraktiken wirken existenzbedrohend für Millionen Menschen – Fallstudie “Beyond Panic?” beleuchtet vier von der Klimakrise besonders stark betroffene Länder und warnt vor dramatischen Folgen.

Wien, 5. Mai 2022. Im Rahmen der Südwind-Initiative Climate of Change untersuchte die Universität Bologna soziale Auswirkungen der Klimakrise in vier Ländern des Globalen Südens, die besonders stark von der Klimakrise betroffen sind – Senegal, Guatemala, Kambodscha und Kenia. In allen Ländern zeigten sich große Probleme bei der Anpassung an extremer werdende Bedingungen, wie etwa unvorhersehbares Wetter, intensivere Stürme, Dürren oder veränderte Meeresströmungen.

Der Handlungsspielraum wird zusätzlich durch wirtschaftspolitische Faktoren massiv beschränkt, von hoher Verschuldung durch Mikrokredite über Land Grabbing durch ausländische Investor*innen bis hin zu Wasserentnahme für Monokulturen. „Die Klimakrise ist ein mächtiger Multiplikator für bestehende Probleme in Ländern des Globalen Südens. Gefährdungs- und Diskriminierungsfaktoren, etwa aufgrund von Alter, Geschlecht, Einkommen oder Herkunft, werden zunehmend verschärft“, erklärt Angelika Derfler, Südwind-Sprecherin für Klimagerechtigkeit. Das im Vorjahr verabschiedete von den Vereinten Nationen verkündete Menschenrecht auf eine sichere, saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt wird in keinem der vier untersuchten Länder eingehalten. „Es braucht dringend eine Trendwende in Wirtschaft und Politik, hin zu einem System, in dem das menschliche Wohl und planetare Belastungsgrenzen respektiert werden“, so Derfler.

Trotz unterschiedlicher Voraussetzungen, zeigt sich in allen vier Ländern eine enorme Gefährdung der Bevölkerung durch fehlende Anpassungs- und Schutzmöglichkeiten. Ein wirtschaftspolitisches Machtgefälle zugunsten der reichen Länder verschärft die Situation zusätzlich. „Die Frage der Klimagerechtigkeit muss endlich auch in der europäischen und österreichischen Außen-, Entwicklungs- und Wirtschaftspolitik einen größeren Stellenwert einnehmen. Ausbeuterische Wirtschaftspraktiken auf Kosten der Menschen im Globalen Süden müssen endlich ein Ende haben“, sagt Angelika Derfler. Die Menschenrechtsorganisation Südwind fordert daher von der Österreichischen Bundesregierung vollen Einsatz auf allen Ebenen für genügend Mittel für Anpassungsmaßnahmen sowie zur Kompensation von Schäden und Verlusten. Außerdem braucht es einen Know-How-Transfer und einen strengen Rechtsrahmen, einerseits gegen ausbeuterische Wirtschaftspraktiken und Arbeitsbedingungen zum Vorteil reicher Länder oder internationaler Konzerne und andererseits zum Schutz von Menschen und Menschenrechten.

Der Einfluss der Klimakrise auf Migrationsbewegungen ist laut der Studie je nach Land unterschiedlich ausgeprägt. Für die Entscheidung zu migrieren spielen demnach meist mehrere Faktoren eine Rolle. Die Klimakrise wirkt mit bereits bestehenden Ursachen und traditionellen Migrationsbewegungen zusammen. In den meisten Fällen sind Migrationsbewegungen innerhalb des Landes oder in die Nachbarländer zu beobachten. Nur ein geringer Teil migriert in den Globalen Norden.

Fallbeispiel Senegal: Dürre und Erosion treffen auf Müllimporte und Ocean Grabbing
Besonders eindrücklich zeigte sich der Zusammenhang zwischen Wirtschaft und Klimakrise am Beispiel Senegal: Etwa 65 Prozent der Bevölkerung lebt an der Küste. Der jährliche Anstieg des Meeresspiegels liegt bei 3,5 bis 4 Millimeter. Gerade für die Bevölkerung der Küstenstädte St. Louis und Dakar ist Erosion ein enormer Gefährdungsfaktor. Im Zuge der Recherche gaben Interviewpartner an, dass sie mitansehen mussten, wie ihre Häuser im Meer versanken.

Im Landesinneren wiederum führen vermehrte Dürren zu weitreichenden Einbußen in der Landwirtschaft. Dies befördert die rasante Urbanisierung und eine Überforderung der städtischen Infrastruktur. Die daraus resultierenden Müllentsorgungsprobleme werden erheblich verschärft durch Müllimporte aus Europa. Etwa 70 Prozent der Feststoffabfälle werden in nicht genehmigten Mülldeponien entsorgt.

Etwa jede*r fünfte Arbeitnehmer*in ist im Fischereisektor beschäftigt. Zum Zeitpunkt der Recherchen 2021 bleiben die Fische aufgrund veränderter Meeresströmungen, Verschmutzung und Artenverlust fast gänzlich aus. Hinzu kommt das so genannte „Ocean Grabbing“: Mithilfe neuer rechtlicher Rahmenbedingungen wurden Zugang, Nutzung und Kontrolle von Fischereiressourcen in Küstengebieten von europäischen Unternehmen zum eigenen Vorteil neu verteilt. Zugunsten der industriellen Fischerei wird der lokalen Bevölkerung die Lebensgrundlage entzogen.

Download: Ergebnisübersicht des Fallstudienberichts (6 Seiten, Deutsch, PDF)

Download: Fallstudienbericht: Senegal Guatemala, Kambodscha, Kenia. Kurzfassung (42 Seiten, Deutsch, PDF)

Download: Gesamtstudie:  „Beyond Panic? – Exploring Climate Mobilities in Senegal, Guatemala, Cambodia and Kenya“ von der Universität Bologna, im Auftrag der Initiative Climate Of Change (186 Seiten, Englisch, PDF)

Bild- und Videomaterial aus allen Untersuchungsländern – honorarfreie Verwendung unter Angabe des Copyrights

Rückfragehinweis:

Silvia Haselhuhn, M.A.
Südwind Pressesprecherin
Mail: silvia.haselhuhn@suedwind.at
Tel.: 0680 1583016

Veranstaltungshinweis: Afrika Filmtage in Salzburg

Vom 10. bis 12. Mai 2022 finden die Afrika-Filmtage im Salzburger Filmkulturzentrum Das Kino statt. Mit Filmen aus Algerien, Äthiopien, Kenia, Somalia und dem Sudan soll ein Kontrapunkt zur wenig differenzierten Wahrnehmung unseres Nachbarkontinents gesetzt werden. 

„In unseren westlichen Köpfen findet sich meist ein sehr einseitiges Afrika-Bild“, sagt Elke Giacomozzi, Geschäftsführerin des Afro-Asiatischen Instituts in Salzburg. „Auf der einen Seite sind unsere Vorstellungen geprägt von Armut, Hunger, Perspektivlosigkeit, instabilen Demokratien und Flüchtlingsströmen. Auf der anderen Seite haben sich Bilder von verklärten Urlaubserlebnissen manifestiert. Mit den Filmen von afrikanischen Filmschaffenden wollen wir einen Blick auf die Lebensrealität in afrikanischen Ländern aus afrikanischer Perspektive ermöglichen.“ 

Die Berücksichtigung der afrikanischen Perspektive hat auch bei der Auswahl der Filme eine große Rolle gespielt: Für die Programmgestaltung wurden Expert*innen für das afrikanische Kino ebenso miteinbezogen wie Vertreter*innen der afrikanischen Diaspora in Österreich. Ein Rahmenprogramm mit diversen Filmgesprächen und Begegnungsmöglichkeiten soll eine vertiefende Auseinandersetzung mit den einzelnen Produktionen und ihren Herkunftsländern ermöglichen. 

Fünf Filme, fünf Länder 
Eröffnet werden die Afrika-Filmtage am Dienstag, 10. Mai, um 19:30 Uhr mit dem berührenden Film „Supa Modo“ aus Kenia. In der 74-minütigen Produktion von Regisseur Likarion Wainaina erfüllt sich für ein neunjähriges und unheilbar krankes Mädchen der Traum, eine Superheldin zu sein. Vor der Ausstrahlung wird die Filmexpertin Aylin Basaran vom Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien einen kurzen Einblick in das kenianische Filmschaffen geben. 

Am Mittwoch, 11. Mai, stehen „Fig Tree“ aus Äthiopien und „Papicha“ aus Algerien auf dem Programm. Die Handlung von „Fig Tree“ spielt im Jahr 1989 und folgt dem Erwachsenwerden einer Teenagerin im äthiopischen Bürgerkrieg. Nach dem Film wird ein Online-Interview mit Regisseurin Aälam-Warge Davidian und Hauptdarstellerin Betalehem Asmamawe gezeigt, das der Kulturanthropologe Till Simons geführt hat. „Papicha“ als zweiter Film des Tages erzählt vom Mut einer jungen Modeschülerin im Algerien der 1990er-Jahre. In einem zunehmend repressiven Regime wagt sie es, eine Modeschau zu organisieren. „Papicha“ wurde von Algerien zu den Oscars 2020 für den besten internationalen Film ins Rennen geschickt. In Algerien selbst wurde der Film allerdings verboten. 

Am Donnerstag, 12. Mai, folgen „Life on the Horn“ aus Somalia und „Talking About Trees“ aus dem Sudan. Der Kurzfilm „Life on the Horn“ erzählt vom Leben an der somalischen Küste, deren Umwelt in Folge des Tsunami von 2004 mit Giftmüll verseucht wurde. Im Anschluss an die Filmvorführung wird Regisseur Mo Harawe für Fragen des Publikums zur Verfügung stehen. Den Abschluss der Afrika-Filmtage bildet „Talking About Trees“. Die Produktion begleitet vier ältere Filmfreunde bei ihrem Versuch, in der Stadt Omdurman ein Freiluftkino wiederzubeleben. 

Ausführliche Filmbeschreibungen und das gesamte Rahmenprogramm sind auf der Website www.afrikafilmtage.at abrufbar. Für „Supa Modo“ und „Papicha“ werden auch Schulvorstellungen angeboten. 

Nächste Ausgabe ist für 2024 geplant 
Die Afrika-Filmtage werden vom Afro-Asiatischen Institut in Salzburg, von der Nachrichtenagentur afrika.info und dem Salzburger Filmkulturzentrum Das Kino veranstaltet. Das Programm wird gefördert durch die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit, das Land Salzburg, die Stadt Salzburg, die Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar, die Katholische Frauenbewegung Österreichs und die Erzdiözese Salzburg. Kooperationspartner*innen sind Südwind Salzburg, SEI SO FREI und die EZA Fairer Handel GmbH.  

Die Veranstalter*innen planen, die Afrika-Filmtage in Salzburg zu einer fixen Einrichtung werden zu lassen. „Afrika-Filmtage in Salzburg gab es bereits in den Jahren 1984, 1996 und 2004 – es blieb allerdings bei einzelnen Schwerpunkten“, erklärt Sigrid Gruber vom Salzburger Filmkulturzentrum Das Kino. „Nun sollen die Afrika-Filmtage aber regelmäßig stattfinden, die nächste Ausgabe ist für 2024 geplant.“ 

Presseinfos & Pressekarten
Sigrid Gruber
presse@daskino.at
Link zum Presseordner: https://fb.me/e/2al6sNrQ5
Website: www.afrikafilmtage.at

Buchvorstellung und Diskussion: Brennpunkt Westafrika – Die Fluchtursachen und was Europa tun sollte

Bei der Veranstaltung am 5. Mai um 18 Uhr in der Arbeiterkammer Wien wird das aktuelle Buch Brennpunkt Westafrika von Olaf Bernau vorgestellt und mit den Expert*innen Joana Adesuwa Reiterer und Kojo Taylor diskutiert.

Mit einem Blick in die Vergangenheit wird die Frage diskutiert, wie es zur enormen ökonomischen Kluft zwischen Afrika und Europa gekommen ist. Die Veranstaltung ist Teil der Initiative Das Recht, nicht gehen zu müssen – Europäische Politik und Fluchtursachen, die die Arbeiterkammer Wien gemeinsam mit Gewerkschaften, VIDC und weiteren NGOs 2021 gestartet hat.
Anmeldung unter: fanizadeh@vidc.org

Details

PA: AMNESTY INTERNATIONAL und Human Rights Watch dokumentieren ethnische Säuberungen in West-Tigray

Sicherheitskräfte der Region Amhara und deren Verbündete haben eine ethnische Säuberungskampagne gegen die tigrayische Zivilbevölkerung im Westen der umkämpften äthiopischen Region Tigray verübt, die zur Vertreibung hunderttausender Menschen aus der Region führte. Die Tötungen, Vergewaltigungen, Massenfestnahmen und Zwangsumsiedlungen kommen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleich, urteilen Amnesty International und Human Rights Watch in dem gemeinsamen Bericht „‘We Will Erase You From This Land’: Crimes Against Humanity and Ethnic Cleansing in Ethiopia’s Western Tigray Zone “.

Wien/London, 06.04.2022 – Die Recherchen belegen, dass Behördenvertreter*innen in West-Tigray sowie Sicherheitskräfte aus der benachbarten Region Amhara mehrere hunderttausend tigrayische Zivilpersonen systematisch vertrieben haben – unter Einsatz von Drohungen, außergerichtlichen Tötungen, sexualisierter Gewalt, willkürlichen Massenfestnahmen, Plünderungen, Zwangsumsiedlungen und der Verweigerung humanitärer Hilfe. All dies geschah mit Billigung und unter möglicher Beteiligung der nationalen äthiopischen Streitkräfte. Diese umfassenden und systematischen Angriffe gegen die tigrayische Zivilbevölkerung stellen Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie Kriegsverbrechen dar.

Sicherheitskräfte trieben tausende Tigrayer*innen zusammen, um sie unter unwürdigen Bedingungen einzusperren und zu misshandeln. Tausende Frauen und Mädchen wurden vergewaltigt und dabei rassistisch beleidigt. Behördenvertreter*innen stellten Schilder auf, die Tigrayer*innen aufforderten, die Region zu verlassen. Der Zugang zur Region wurde massiv eingeschränkt, sodass kaum humanitäre Hilfe zu den Menschen gelangt und Hunderttausende von einer Hungersnot bedroht sind.

„Seit November 2020 führen Amhara-Sicherheitskräfte eine unerbittliche Kampagne durch, um Tigrayer*innen aus dem Westen der Region zu vertreiben. Die äthiopische Regierung hat das schockierende Ausmaß dieser Verbrechen beharrlich geleugnet und nichts getan, um sie zu verhindern. Sie muss nun endlich reagieren und die Sicherheitskräfte entwaffnen und aus der Region abziehen, die an Menschenrechtsverletzungen beteiligt waren“, fordert Kenneth Roth, Executive Director von Human Rights Watch. Amnesty International-Generalsekretärin Agnès Callamard kritisiert: „Die Reaktionen der internationalen und regionalen Partner Äthiopiens werden der Schwere der Verbrechen, die in West-Tigray verübt werden, nicht gerecht. Es muss alles dafür getan werden, den unmenschlichen Grausamkeiten ein Ende zu setzen. Die äthiopische Zentralregierung und die Regionalregierungen müssen gewährleisten, dass die tigrayische Bevölkerung sicher und auf freiwilliger Basis in ihre Heimat zurückkehren kann, und gemeinsame Anstrengungen unternehmen, um Gerechtigkeit für diese abscheulichen Verbrechen zu erreichen.“

Die Menschenrechtsorganisationen fordern von der äthiopischen Regierung, Hilfsorganisationen umgehend ungehinderten Zugang zu der Region zu gewähren, alle willkürlich Inhaftierten freizulassen und Menschenrechtsverstöße zu untersuchen, um angemessen gegen die Verantwortlichen vorgehen zu können. Die Konfliktparteien sollten der Entsendung einer internationalen Friedenstruppe unter Führung der Afrikanischen Union nach West-Tigray zustimmen, um den Schutz aller Bevölkerungsgruppen vor Übergriffen zu gewährleisten.

HINTERGRUND:
Über einen Zeitraum von 15 Monaten führten Amnesty International und Human Rights Watch Interviews mit mehr als 400 Personen. Die Researcher*innen analysierten auch medizinische und forensische Berichte sowie Gerichtsdokumente und verifizierten Satellitenbilder und Foto- und Videobeweise. Sowohl die äthiopischen Streitkräfte als auch die amharischen Behörden haben ethnische Säuberungen in West-Tigray von sich gewiesen.

Den Bericht finden Sie hier.


Für Interviews und Rückfragen wenden Sie sich bitte an presse@amnesty.at.

PA: Folgen des Ukraine-Konflikts: „Wenn Brot nicht mehr erhältlich ist, was bleibt dann übrig?“

Je länger der Krieg in der Ukraine andauert, desto größer wird im Nahen Osten und Nordafrika die Gefahr von Hungersnöten, berichtet CARE Österreich.

Wien, 16. März 2022. Bereits drei Wochen nach Kriegsbeginn in der Ukraine sind der Nahe Osten und Nordafrika, die 50 Prozent des Weizens aus Russland und der Ukraine beziehen, mit verheerenden Auswirkungen konfrontiert. Am stärksten trifft es Länder wie Ägypten, Libanon, Syrien, Jemen, Jordanien und Palästina. Dort kämpft die Bevölkerung ohnehin schon gegen Ernährungsunsicherheit und Hunger. Die derzeit ausfallenden Weizenimporte könnten die Situation in diesen Gebieten nun verschärfen, warnt die Hilfsorganisation CARE Österreich.

„Der Ukraine-Krieg erreicht nun auch den Nahen Osten und Nordafrika – und zwar in Form einer drohenden Hungersnot“, warnt Andrea Barschdorf-Hager, Geschäftsführerin von CARE Österreich. „Gewalt, Konflikte, COVID-19, die Auswirkungen des Klimawandels, fehlende Arbeitsplätze: All das führt dazu, dass im Jahr 2022 Millionen von Kindern, Frauen und Männern in der Region hungern müssen. Akut wird die Situation nun durch einen Konflikt, der tausende Kilometer entfernt ist.“

Folgen des Krieges in der Ukraine gehen weit über Europa hinaus
Die Menschen in Ägypten sorgen sich wegen der ansteigenden Lebensmittelpreise und den Auswirkungen der Ereignisse in der Ukraine auf ihre Lebensgrundlage. Das nordafrikanische Land ist ohnehin von Ernährungsunsicherheit betroffen. Weil der heimische Agrarsektor nicht genügend Getreide und Ölsaaten produzieren kann, ist Ägypten einer der größten Weizenimporteure der Welt. 85 Prozent des Weizens kommen aus Russland.

Im Libanon wurde bereits mit der Rationierung von Brot begonnen, weil der Preis dafür kontinuierlich steigt. Zwei Millionen Libanesen, zusätzlich zu einer Million syrischer und palästinensischer Flüchtlinge, leiden jetzt schon unter Nahrungsmittelknappheit. Auch im Libanon ist man stark von Weizenimporten abhängig: 66 Prozent aus der Ukraine und 12 Prozent aus Russland.

„Wenn Brot aber nicht mehr erhältlich ist, was bleibt dann übrig?“
Im Norden Syriens ist jedes fünfte Kind von Mangelernährung betroffen. Syrische Familien müssen um jede Mahlzeit kämpfen, während die Lebensmittelpreise ansteigen. „Seit Beginn des Krieges vor elf Jahren haben die Menschen mit unzähligen Herausforderungen zu kämpfen. Nun müssen sie stundenlang Schlange stehen, um Brot zu bekommen. Bis jetzt die einzige Mahlzeit, die sie sich viele leisten konnten. Wenn Brot aber nicht mehr erhältlich ist, was bleibt dann übrig?“, so Barschdorf-Hager.

Laut neuesten Zahlen des IPC (Integrated Food Security Phase Classification, ein Instrument zur Einstufung von Ernährungsunsicherheit) drohen im Jemen zur zweiten Jahreshälfte etwa 19 Millionen Menschen von Hunger und rund 1,3 Millionen stillende und schwangere Frauen von akuter Unterernährung betroffen zu sein. Eine verheerende Prognose, die durch fehlende Getreide- und Öl-Lieferungen noch dramatischer ausfallen könnte. „Im Jemen herrscht eine der größten humanitären Krisen weltweit. Ende des Monats jährt sich der Krieg im Land zum siebten Mal. Die Menschen haben schlichtweg keine Reserven mehr. Insbesondere für Frauen und Mädchen fehlen Einkommensmöglichkeiten und Perspektiven, daher steigt das Risiko, dass sie sich etwa für sexuelle Dienste anbieten, um überleben zu können“, warnt Barschdorf-Hager.

So hilft CARE: CARE arbeitet seit 1948 im Nahen Osten/Nordafrika und leistet sowohl Nothilfe als auch längerfristige Unterstützung. Der Fokus der humanitären Arbeit liegt dabei auf der Stärkung der Menschen und Maßnahmen zur Krisenanpassung. CARE unterstützt mit Nahrungsmittelhilfe, Hygienehilfe, wirtschaftlicher Stärkung von Frauen sowie dem Schutz gefährdeter Gruppen.

Rückfragehinweis und Interviewanfragen:
Stephanie Weber
Kommunikation
CARE Österreich
A-1080 Wien, Lange Gasse 30/4
Tel.: +43 (1) 715 0 715-42
E-mail: stephanie.weber@care.at
Internet: www.care.at

Recherchehinweis: Ukraine-Invasion: Folgen für Afrika

Wirtschaftlich macht der Krieg in Osteuropa manchen afrikanischen Staaten Probleme, andere könnten als Öl- und Gas-Alternativen zum Zug kommen. Das Südwind-Magazin gibt einen Überblick zum Thema.

Seit 24. Februar, als die Russische Föderation in der Ukraine einmarschierte, blickt die ganze Welt auf den Osten Europas: Krieg hat den Kontinent erreicht. Doch der Konflikt hat weitreichende Folgen auch für andere Weltregionen, nicht zuletzt auf wirtschaftlicher Ebene: Die Ukraine gehört zu den wichtigsten Weizen-Exporteuren, und beliefert damit afrikanische Länder. Das könnte verheerende Folgen für die Menschen bringen, die Preise explodieren.
Ähnliches gilt für Russland, das jetzt von harten Sanktionen getroffen ist: Laut der in Südafrika erscheinenden Online-Zeitung „The Continent“ bezieht Ägypten die Hälfte seiner Weizen-Importe aus Russland. Und das in einer Zeit, in der Nordafrika mit Dürren zu kämpfen hat.

Europa sucht Gas
Auf der anderen Seite könnte es Profiteure der neuen Situation geben: Afrikanische Länder mit Öl- und Gas-Vorkommen, etwa Angola oder Nigeria, hoffen darauf zum Zug zu kommen, wenn sich europäische Staaten nach Alternativen abseits von Russland umsehen.
Tansania etwa vermeldet verstärktes Interesse aus Europa in Sachen Gas.

Ein Beitrag des paneuropäischen Mediennetzwerkes Euractiv fasst zusammen, welche Chancen Afrika und Europa nun beim Gas in einer verstärkten wirtschaftlichen Kooperation sehen. Von einer „golden oppurtunity“ ist u.a. die Rede.
Allerdings seien zuerst Investitionen in Infrastruktur in afrikanischen Ländern nötig, um Gas in einem Ausmaß nach Europa fördern zu können, das einen Unterschied machen kann. Und eine echte Alternative zu Russland bedeuten würde.

Sorge vor Domino-Effekt

Politisch gesehen machen sich viele afrikanische Regierungen aktuell Sorgen, – wieder einmal – in einen internationalen Konflikt hineingezogen zu werden, in dem sie eigentlich keine Rolle spielen. Erinnerungen an Stellvertreter-Kriege auf afrikanischem Boden, etwa zur Zeit des Kalten Krieges, werden dieser Tage wieder wach.
Russland baute seine Aktivitäten in Afrika in den vergangenen Jahren immer weiter aus. Nicht nur wirtschaftlich: In Konfliktregionen tauchten mehr und mehr russische Söldner auf. Beobachter*innen sahen darin den Versuch Moskaus, seinen Einfluss auszubauen.

Auf der Seite www.suedwind-magazin.at/ukraine-invasion-folgen-fuer-afrika/ wird dieser Beitrag ggf. ergänzt.

Die Afrika-EU Partnerschaft zwischen Anspruch und Realität

Von Franz Schmidjell, VIDC. Afrikas Staats- und Regierungschefs kommen mit einiger Kritik zum Gipfeltreffen mit ihren europäischen Partner*innen am 17. und 18. Februar 2022. Der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa spricht von einer „Impfstoff-Apartheid“. Während der bisherige institutionelle Kooperationsrahmen sowie die Gipfeltreffen stark von europäischen Interessen geprägt waren, ist Afrika durch neue „Partnerschaften“ mit China, Russland oder den Golfstaaten selbstbewusster geworden. Ob der von EU-Ratspräsident Emmanuel Macron formulierte Neustart der Beziehungen ausreichen wird, bleibt abzuwarten. 

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Dieser Artikel wurde im VIDC Online Magazin Spotlight Dezember 2021 veröffentlicht.

PA: ADA – Eine Welt ohne Hunger

Seit Jahrzehnten bemüht sich die internationale Staatengemeinschaft darum, den Hunger in der Welt zu bekämpfen. Trotzdem steigt seit einigen Jahren die Zahl der Menschen, die unter- oder fehlernährt sind, wieder stetig an. Wo die Ursachen für diese Entwicklung liegen und wie sie zu bekämpfen sind – das steht im Mittelpunkt der aktuellen Ausgabe der Weltnachrichten, des Magazins der Austrian Development Agency (ADA).

Wien, 15. Dezember 2021 – Schon die Welternährungsgipfel in den 1970er- und 1990er-Jahren hatten vor allem ein Ziel: eine Welt ohne Hunger. Mit Ziel 2 der Globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) erneuerte die internationale Staatengemeinschaft 2015 diese Absicht. Tatsächlich steigt die Zahl der Hungernden, Unterernährten und Fehlernährten seit einigen Jahren aber wieder an. Laut Welternährungsbericht der FAO aus 2021 hungerten 2020 weltweit knapp 811 Millionen Menschen, vor allem in Asien und Afrika. Weitere 1,25 Milliarden leiden an Unterernährung. Die COVID-19 Pandemie wird die Zahl der Hungernden zusätzlich um geschätzte 83 bis 132 Millionen erhöhen.
 
Schuld sind nicht vorrangig die Produktionssysteme, weltweit werden ausreichend Nahrungsmittel produziert. Viel eher müssen die globalen Ernährungssysteme kritisch hinterfragt werden. Die meisten Hungernden leben in ländlichen Regionen. Bäuerliche Familienbetriebe machen weltweit 70 Prozent der Hungernden aus. Oft haben sie keinen sicheren Zugang zu Land oder Saatgut, diese Ressourcen konzentrieren sich häufig in den Händen einiger weniger. Ländliche Räume werden von der Politik vernachlässigt, es gibt daher dort auch keine Infrastruktur. Außerdem fehlt es in vielen Teilen der Welt an Sozialhilfe-Gesetzen.
„In der Landwirtschafts- und Ernährungssicherheitspolitik einzelner Länder werden Kleinbäuerinnen und -bauern merklich vernachlässigt. Dabei sind sie in Ländern des Globalen Südens die tragende Säule der Nahrungsmittelproduktion“, betont Botschafter Friedrich Stift, Geschäftsführer der Austrian Development Agency (ADA), der Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. „Ihre Rahmenbedingungen müssen dringend verbessert werden.“
 
Ein weiteres Problem der globalen Ernährungssysteme: Sie treiben durch bestimmte Formen der Landnutzung oder intensive Tierhaltung den Klimawandel an: wenn etwa für die Fleisch- oder Futtermittelproduktion große Flächen Urwald gerodet, natürliche Ressourcen zerstört oder übernutzt werden. Etwa ein Drittel der Treibhausgas-Emissionen geht auf das Konto der Ernährungssysteme. Hinzu kommt, dass weltweit ein Drittel der Nahrungsmittel verschwendet wird oder verloren geht.
 
Schwieriger Weg
2020 hatte weltweit beinahe einer von drei Menschen keinen Zugang zu genügend Nahrungsmitteln, so der Welternährungsbericht der FAO. Das waren um 320 Millionen mehr als 2019. Alle zehn Sekunden stirbt laut UNICEF ein Kind unter fünf Jahren an Hunger. Dabei wären nur rund 45 Milliarden Euro jährlich erforderlich, um den Hunger bis 2030 weltweit zu beenden.
 
Die Transformation der Ernährungssysteme ist schwierig. Weshalb das so ist und welche Hungertreiber die Welt belasten, erläutert Michael Brüntrup vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik in seinem Kommentar. Warum so viele Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in Entwicklungsländern hungern, erklärt Ousseini Ouedraogo, Exekutivsekretär der Bauern- und Produzenten-Organisation ROPPA (Westafrika), im Interview. Wieso Frauen besonders häufig von Ernährungsunsicherheit betroffen sind und weshalb die Klimaveränderung die Situation gerade im Globalen Süden zusätzlich verschlechtert, sind ebenfalls Themen dieser Ausgabe.
 
Außerdem in den Weltnachrichten 4/2021 zu lesen:

  • Heilsbringer Hybridsaatgut? Ein zweischneidiges Schwert im Kampf gegen Hunger.
  • Insekten auf dem Speiseplan: Können sie die Ernährungssicherheit erhöhen?
  • Die verheerenden Folgen einer Heuschreckeninvasion am Horn von Afrika.

Die Weltnachrichten berichten vierteljährlich über entwicklungspolitische Themen. Herausgeber ist die Austrian Development Agency. Alle Beiträge, Reportagen, Interviews und Geschichten sind auch online nachzulesen. Die Weltnachrichten sind kostenlos. Bestellungen unter oeza.info@ada.gv.at.

Austrian Development Agency
Die Austrian Development Agency, die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, unterstützt Länder in Afrika, Asien, Südost- und Osteuropa bei ihrer nachhaltigen Entwicklung. Gemeinsam mit öffentlichen Einrichtungen, Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen setzt die ADA derzeit Projekte und Programme mit einem Gesamtvolumen von über 550 Millionen Euro um.

Rückfragehinweis:
Austrian Development Agency (ADA),
die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit
Mag. (FH) Dagmar Achter
Tel.: +43 (0)1 90399-2413
Mobil: +43 (0)676 839 03 413
dagmar.achter@ada.gv.at 
www.entwicklung.at

Kommentar und Online-Veranstaltung: Ein Boom in der Krise

Von Bernhard (ÖFSE). Rohstoffe sind auch hierzulande wieder in den Fokus gerückt, nachdem deren Preise im Zuge der COVID-19 Krise so stark gestiegen sind wie selten zuvor. Länder im Globalen Norden sollte dies auch diesmal nur kurzfristig beschäftigen. Für Länder des Globalen Südens bleiben diese Preisschwankungen jedoch ein essenzielles Risiko für ihre Entwicklung und Armutsreduktion. Entscheidend ist es in diesem Zusammenhang strukturelle Veränderungen an den Rohstoffmärkten zu beachten, nicht zuletzt im Hinblick auf die steigende Bedeutung stabiler Rohstoffpreise für die notwendige sozial-ökologische Transformation unseres Wirtschaftsmodells.

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06.12.2021 15:30 – 17:00 Uhr
Online via Zoom: Schwankende Rohstoffpreise: Zur Rolle von Rohstoffhändlern und Rohstoffterminbörsen

Explodierende Preise für Gas, Benzin und Nahrungsmittel offenbaren diesen Herbst eine Tatsache, die bei europäischen KonsumentInnen üblicherweise oft unbemerkt bleibt: Rohstoffpreise sind extremen kurzfristigen Schwankungen unterworfen. Gerade in der COVID-19 Krise sind die Preise der meisten Rohstoffe zunächst eingebrochen, aber seitdem so stark gestiegen wie selten zuvor.

In seiner Keynote präsentiert Bernhard Tröster (ÖFSE) wichtige Erkenntnisse: Welche Faktoren sind für Rohstoffpreisschwankungen ausschlaggebend? Welche Veränderungen in der Preisgestaltung im physischen Handel und an Rohstoffterminbörsen gab es in den verschiedenen Rohstoffen? Wie ist die Rolle der großen Rohstoffhändler einzuschätzen? Welche Reformen sind nötig, um Rohstoffpreise zu stabilisieren?

Da viele Rohstoffhändler in der Schweiz ansässig sind, stellt im Anschluss David Mühlemann von der Schweizer NGO Public Eye die Rolle der Schweiz als Rohstoffdrehscheibe vor.

> Mehr Informationen (Zoom-Link / Anmeldung)

Veranstaltung: Unsichtbar?! Das Engagement der afrikanischen Diaspora in Österreich

Studienpräsentation von Maida Schuller und Gudrun Klein #AEWTASS, Diskussion und Performance.

Welche Leistungen erbringen die afrikanischen Gemeinden in der österreichischen Gesellschaft? Welche Schwerpunkte setzen die Vereine bei ihrer entwicklungspolitischen Arbeit? Wie kann ihre Arbeit sichtbarer werden? Wie kann das Potential der afrikanischen Diaspora in Österreich gestärkt und ein gleichberechtigter Dialog mit der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit erreicht werden?

Die Studie „Transnational African Diaspora Engagement in Austria“ wurde von den #AEWTASS (Advancing Equality Within The Austrian School System) Wissenschafterinnen Sina Aping, Maida Schuller und Gudrun Klein erstellt und eröffnet Schaufenster in die vielfältige Arbeit afrikanischer Diaspora Organisationen in Österreich. Die Studie stellt 18 ausgewählte Vereine und Initiativen mit ihrem transnationalen und entwicklungspolitischen Engagement vor. Von der Mehrheitsgesellschaft oftmals unbemerkt, unterstützen sie Projekte am afrikanischen Kontinent, tauschen Wissen zwischen Österreich und afrikanischen Ländern aus und leisten hierzulande anti-rassistische Aufklärungsarbeit.

Dienstag, 16. November 2021, 19:00 – 21:00 Uhr
Albert Schweitzer Haus, Schwarzspanierstraße 13, 1090 Wien


Kommentare
Emmanuel Kandem, Chiala Graz
Georg Keri, Austrian Development Agency
Helene Unterguggenberger, Caritas

Rap Performance:  Jahson the Scientist
Moderation: Téclaire Ngo Tam,  Südwind
Sprache: Diskussion Deutsch, Performance Englisch

Eine Veranstaltung von VIDC Global Dialogue in Kooperation mit Advancing Equality Within The Austrian School System und Radio Africa TV.

Mehr Info
Eintritt frei, eine verbindliche Anmeldung ist erforderlich: schmidjell@vidc.org

Es gelten die aktuellen COVID-19 Schutzmaßnahmen Wiens (derzeit 2,5G – geimpft, genesen oder negativer PCR-Test).