Archiv der Kategorie: Wirtschaft

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PA: Weltumspannend Arbeiten warnt vor Anstieg der Kinderarbeit

„Arbeit ist kein Kinderspiel! Alle Produkte, die wir in Österreich kaufen, müssen frei von Kinderarbeit sein!“, fordert der entwicklungspolitische Verein im ÖGB.

„Die Folgen der COVID-19-Pandemie könnten die bisherigen Erfolge im Kampf gegen ausbeuterische Kinderarbeit zunichtemachen“, zeigt sich Peter Schissler, Vorsitzender von weltumspannend arbeiten, dem entwicklungspolitischen Verein im ÖGB, anlässlich des Welttags gegen Kinderarbeit am 12. Juni beunruhigt.

Mit zunehmender globaler Armut steigt auch die Verbreitung von Kinderarbeit, warnte UNICEF erst kürzlich. Schulschließungen aufgrund der Corona-Maßnahmen sowie eine erhöhte elterliche Sterblichkeit aufgrund von COVID-19 zwingen Kinder zur Kinderarbeit, die ihre Gesundheit und Sicherheit beeinträchtigt.

Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) schätzt, dass weltweit immer noch 152 Millionen Kinder arbeiten müssen. Das Problem ist besonders akut in Afrika, wo fast die Hälfte der Kinderarbeiter (72,1 Millionen) zu finden sind, die Mehrheit in der Landwirtschaft.

„Das kann und muss sich ändern“, zeigt sich Schissler überzeugt. Hierfür sind konkrete Armutsbekämpfungsprogramme der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) von entscheidender Bedeutung, um die schlimmsten Auswirkungen der COVID-19-Krise auszugleichen und Kinderarbeit wirksam zurückdrängen zu können. „Trotz – oder besser gesagt gerade wegen – der Corona-Krise muss das Ziel der österreichischen Bundesregierung, die EZA-Gelder endlich auf ein internationales Niveau zu heben, beibehalten werden. 0,7 Prozent des BIP sind das Mindeste!“, fordert Schissler.

Auch was die Verantwortung von Unternehmen entlang der Lieferkette betrifft, könnte Österreich eine Vorzeigerolle einnehmen und Produkte, in denen Kinderarbeit steckt, einfach vom Markt verbannen. In diesem Zusammenhang erinnert der Vorsitzende des entwicklungspolitischen Vereins im ÖGB an einen kürzlich im Nationalrat neu eingebrachten Entwurf eines Sozialverantwortungsgesetzes (SZVG). Dieses sieht vor, dass Bekleidung einschließlich Schuhe und Textilien, in denen Kinder- oder Zwangsarbeit steckt, nicht in Österreich verkauft werden dürfen.

Auf europäischer Ebene gibt es ebenfalls unterstützenswerte Initiativen für eine gesetzliche Sorgfaltspflicht der Unternehmen. Während in Frankreich und den Niederlanden solche Lieferketten-Gesetze schon Realität sind, wird dies in Deutschland gerade auf höchster Ebene diskutiert. Nachhaltige Lieferketten sollen auch ein Schwerpunktthema der deutschen EU-Ratspräsidentschaft (ab Juli 2020) sein.  EU-Justizkommissar Didier Reynders hat für 2021 einen Vorschlag für ein europaweites Gesetz eingebracht, das Missständen wie ausbeuterischer Kinderarbeit endlich ein Ende setzen soll.

„Wenn wir das auf UN-Ebene erklärte Ziel der Abschaffung ausbeuterischer Kinderarbeit bis 2025 erreichen wollen, müssen wir alle an einem Strang ziehen“, so Schissler abschließend.

SERVICE: Dossier „Kampf gegen Kinderarbeit“ unter www.weltumspannend-arbeiten.at/ueber-uns/berichte/kampf-gegen-kinderarbeit; Hintergrundbroschüre „Kinderarbeit – die bittere Seite der Schokolade“ als Download unter www.proge.at/kakao

Rückfragen & Kontakt:
Mag. Michael Wögerer
Weltumspannend Arbeiten – Der entwicklungspolitische Verein im ÖGB
Tel: +43 (0)1 53444-39328 ; Mobil: +43 (0)6642838491
e-mail: michael.woegerer@oegb.at
http: www.weltumspannend-arbeiten.at

PA: Welttag gegen Kinderarbeit am 12.6.2020

Leere Unternehmensbekenntnisse gegen Ausbeutung im Kakaoanbau – Kinderarbeit nimmt zu. Südwind und Gewerkschaft fordern gemeinsam das Ende von Kinderarbeit in der Schokoladenproduktion.

Wien, 10.6.2020 – 2020 und noch immer kein Ende der Kinderarbeit im Kakaoanbau in Sicht: Am 29. Juni 2020 soll ein Bericht der Universität von Chicago über Kinderarbeit im Kakaosektor veröffentlicht werden. Dieser kommt zum Schluss, dass der Einsatz von Kinderarbeit auf den Kakaoplantagen in Ghana und der Elfenbeinküste in den letzten zehn Jahren sogar zugenommen hat. „Trotz ihres Versprechens im Harkin-Engel-Protokoll von 2001, die ausbeuterische Kinderarbeit bis 2020 um 70 % zu reduzieren, geht die aktuelle Entwicklung in die andere Richtung“, kritisiert Gerhard Riess, Branchensekretär der Produktionsgewerkschaft (PRO-GE), die großen Schokoladenkonzerne.

Dieses internationale freiwillige Abkommen zur Abschaffung der schlimmsten Formen von Kinderarbeit wurde von den weltweit größten Schokoladeproduzenten geschlossen. Eine wesentliche Vereinbarung betraf die Entwicklung eines allgemein anerkannten industrieweiten Standards, der einen Anbau von Kakao ohne Kinderarbeit garantieren sollte. 20 Jahre später, trotz Verlängerung der ursprünglichen Frist, steht die Branche immer noch am Anfang.

„2,26 Millionen Kinder in der Elfenbeinküste und in Ghana sind in der Kakaoproduktion tätig, Tendenz leider steigend. Der größte Teil von ihnen muss gefährliche Arbeiten verrichten: Sie schlagen Kakaoschoten mit Macheten auf, schleppen schwere Säcke oder verspritzen Pestizide, oft in langen Schichten“, klärt Gudrun Glocker, Mitarbeiterin der entwicklungspolitischen Organisation Südwind, über die Situation der Kinder im Kakaoanbau auf. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Kakaobäuerinnen und -bauern in Westafrika verdienen oft weniger als zwei Euro pro Tag, Armut ist Hauptursache für Kinderarbeit.

Gefordert im Kampf gegen Kinderarbeit sind vor allem die Schokoladekonzerne. „Als dominierende Marktteilnehmer haben sie sowohl die Macht als auch die Verantwortung für die Einhaltung der Menschenrechte und menschenwürdige Arbeitsbedingungen in der Kakao- und Schokoladeproduktion zu sorgen“, fordern Riess und Glocker unisono. „Nach zwei Jahrzehnten voller Versprechen ist es längst überfällig, das Verbot der Kinderarbeit uneingeschränkt durchzusetzen.“

KonsumentInnen, die sicher gehen möchten, dass ihre Schokolade nicht aus Kinderhänden stammt, können Folgendes beachten:

  • Unabhängig zertifizierte Schokolade kaufen: Nur bei Kakao mit Fairtrade Siegel bekommen die KakaobäuerInnen einen garantierten besseren Mindestpreis und eine Prämie, Kinderarbeit ist verboten. Die Bio-Zertifizierung hilft zusätzlich der Gesundheit der KleinbäuerInnen und KonsumentInnen sowie der Umwelt. Auch das UTZ-Siegel sichert Mindeststandards im Kakaoanbau.
  • Teuer ist nicht unbedingt besser: Der Verkaufspreis sagt nichts darüber aus, ob in der Produktionskette Kinderarbeit vorgekommen ist. Teure Schokolade ohne Zertifikat ist hier nicht besser als billigere.
  • Verzicht ist keine Lösung, Nachfragen hilft: Keine Schokolade zu kaufen, hilft den KakaobäuerInnen nicht. Besser ist, bei den Herstellern nachzufragen und eine Herstellung ohne Kinderarbeit einzufordern.

Glocker, die bei Südwind auch das EU-Projekt #GoEAThical leitet, appelliert besonders an die Jugend: „Wir konsumieren tagtäglich eine Vielzahl an Produkten, deren Lieferketten sich quer über den Globus ziehen. Diese Vielschichtigkeit führt oft zu einer Intransparenz, die es großen Konzernen leicht macht, die Umwelt zu verschmutzen und Menschen auszubeuten. Durch kritisches Nachfragen bei Herstellern und aktives Engagement können Jugendliche einen wertvollen Teil zu einer global gerechteren Welt beitragen.“ Im #GoEAThical Projekt werden junge Menschen in 12 Ländern unterstützt, sich für nachhaltige Lieferketten im Lebensmittelsektor einzusetzen und Druck auf EntscheidungsträgerInnen in Unternehmen und in der Politik auszuüben. Insgesamt sollen dabei 30 Millionen Jugendliche angesprochen und motiviert werden, sich für faire Arbeitsbedingungen in den Lieferketten der globalen Lebensmittelbranche einzusetzen.

  • Hintergrundbroschüre „Kinderarbeit – die bittere Seite der Schokolade“ mit ausführlichem Siegel-Check, Plakat und Postkarte finden Sie hier: www.proge.at/kakao
  • Fotos vom Kakaoanbau finden Sie hier: Südwind Pressefotos

Rückfragehinweise:
Gewerkschaft PRO-GE Öffentlichkeitsarbeit, Mathias Beer, Mobil: +43 664 6145 920, E-Mail: mathias.beer@proge.at
Südwind Pressesprecherin, Theresa Gral, Mobil: +43 650 375 1987, E-Mail: theresa.gral@suedwind.at

Diese Aussendung wird im Rahmen des Projekts #GoEAThical mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union und der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit durchgeführt. Die darin vertretenen Standpunkte geben die Ansicht von Südwind und den Partnerorganisationen wieder und stellen somit in keiner Weise die offizielle Meinung der Fördergeber dar.

Südwind setzt sich als entwicklungspolitische Nichtregierungsorganisation seit 40 Jahren für eine nachhaltige globale Entwicklung, Menschenrechte und faire Arbeitsbedingungen weltweit ein. Durch schulische und außerschulische Bildungsarbeit, die Herausgabe des Südwind-Magazins und anderer Publikationen thematisiert Südwind in Österreich globale Zusammenhänge und ihre Auswirkungen. Mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen, Kampagnen- und Informationsarbeit, engagiert sich Südwind für eine gerechtere Welt. www.suedwind.at

 

 

PA: Amnesty-Bericht zu Hilfe für traumatisierte Kinder im bewaffneten Konflikt in Nigeria

Verschleppungen, willkürliche Inhaftierungen, Folter und sexueller Missbrauch: Neuer Amnesty-Bericht dokumentiert die schockierende Situation von Mädchen und Jungen während des anhaltenden Konflikts zwischen Boko Haram und dem nigerianischen Militär.

Abuja/London/Wien, am 27. Mai 2020 – Im Nordosten Nigerias haben jahrelange Gräueltaten durch die bewaffnete Gruppe Boko Haram sowie schwere Menschenrechtsverletzungen durch das Militär tiefe Spuren hinterlassen. Eine ganze Generation von Kindern muss dort dringend Schutz und Zugang zu Bildung erhalten, fordert Amnesty International anlässlich der Veröffentlichung des neues Berichts We dried our tears’: Addressing the toll on children of Northeast Nigeria’s conflict.

Der Bericht zeigt, wie Kinder in den Bundesstaaten Borno und Adamawa zusätzliches Leid durch das Militär erfahren, nachdem sie bereits Opfer von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch Boko Haram geworden sind.

„Viele Kinder haben bereits Gräueltaten durch Boko Haram erlitten. Wenn die Regierung für Bildung und psychosozialer Betreuung sorgt, könnte dies für den Nordosten neue Chancen eröffnen“, sagt Osai Ojigho, Direktorin von Amnesty International in Nigeria, und sagt weiter:

„Die Streitkräfte Nigerias müssen dringend alle Minderjährigen freilassen, die willkürlich festgehalten werden. Weitere Menschenrechtsverletzungen, die scheinbar darauf abzielen, Tausende Kinder zu bestrafen, müssen eingestellt werden!“

Der Amnesty-Bericht zeigt außerdem, dass internationale Geldgeber*innen ein zweifelhaftes „Resozialisierungsprogramm“ finanzieren. Dessen erklärtes Ziel ist es, ehemalige Boko-Haram-Kämpfer zu resozialisieren. In Wirklichkeit hat es jedoch in weiten Teilen zur rechtswidrigen Inhaftierung von Kindern und Erwachsenen geführt.

„Die nigerianischen Behörden werden für eine verlorene Generation verantwortlich sein, wenn sie sich nicht umgehend um Tausende traumatisierte Kinder kümmern, die von dem Konflikt betroffen sind“, sagt Joanne Mariner, Expertin für Krisenarbeit bei Amnesty International, und sagt weiter:

„Die Art und Weise, wie das Militär diejenigen behandelt hat, die den Gräueltaten von Boko Haram entkommen konnten, ist abscheulich. Von massenhafter rechtswidriger Inhaftierung unter unmenschlichen Bedingungen über Misshandlung und Folter bis hin zur Duldung von sexuellem Missbrauch durch erwachsene Mitgefangene – es ist schlicht unbegreiflich, dass diejenigen Stellen, die eigentlich für den Schutz dieser Kinder zuständig sind, ihnen solchen Schaden zufügen.“

 Brutales Vorgehen von Boko Haram
Zu den Taktiken von Boko Haram zählen Angriffe auf Schulen, die Verschleppung von Kindern, die Anwerbung und der Einsatz von Kindersoldaten sowie die Zwangsverheiratung von Mädchen und jungen Frauen. Das sind alles Verbrechen unter dem Völkerrecht.

Das wahre Ausmaß der Entführungen wird oft unterschätzt – Tausende Kinder sollen verschleppt worden sein. Ein Beispiel ist die Entführung Hunderter Schülerinnen in Chibok im Jahr 2014.

Amnesty International hat mit Mädchen und jungen Frauen gesprochen, die als Minderjährige von Boko-Haram-Kämpfern zur Ehe gezwungen worden waren. Die meisten von ihnen gaben an, von der Regierung wenig bis gar keine Unterstützung bei der Rückkehr in die Schule, bei der Existenzgründung oder beim Zugang zu psychosozialer Betreuung erhalten zu haben.

Inhaftierung durch das Militär
Kinder, die aus Boko-Haram-Gebieten entkommen können, sind oft mit weiteren Menschenrechtsverletzungen – darunter auch Völkerrechtsverbrechen – durch nigerianischen Sicherheitskräfte konfrontiert: Einige von ihnen werden jahrelang in Militärkasernen inhaftiert, gefolter und misshandelt.

Die allermeisten dieser Inhaftierungen sind rechtswidrig: Die Kinder werden nie einer Straftat angeklagt bzw. strafrechtlich verfolgt; die Behörden verweigern ihnen den Zugang zu einem Rechtsbeistand und die Kommunikation mit ihren Familien. Sie stehen außerdem nie vor Richter*innen, um die Rechtmäßigkeit ihrer Inhaftierung zu prüfen. Diese weitverbreiteten rechtswidrigen Inhaftierungen könnten Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen, kritisiert Amnesty International.

Erzwungene „Geständnisse“, unmenschliche Haftbedingungen
Nahezu alle, die aus von Boko Haram gehaltenen Gebieten fliehen, auch Kinder, werden vom nigerianischen Militär und der mit ihm verbündeten Miliz Civilian Joint Task Force „durchleuchtet“. Das bedeutet in vielen Fällen, dass die Betroffenen gefoltert werden, bis sie „zugeben“, eine Verbindung zu Boko Haram zu haben. Mutmaßliche Mitglieder oder Unterstützer*innen von Boko Haram werden oft monate- oder jahrelang unter unerträglichen Bedingungen in Hafteinrichtungen wie der Kaserne Giwa in Maiduguri oder dem Militärstützpunkt Kainji im Bundesstaat Niger festgehalten.

Alle ehemaligen Gefangenen, die Amnesty International interviewte, schilderten übereinstimmend und sehr detailliert ihre Haftbedingungen: extreme Überbelegung, keine Frischluft bei drückender Hitze, Ungeziefer, Urin und Fäkalien auf dem Boden, weil es zu wenige Toiletten gibt.

Die Bedingungen, unter denen Zehntausende Gefangene festgehalten werden, sind so extrem, dass sie Folter darstellen, ein Kriegsverbrechen. Immer noch befinden sich viele Kinder unter diesen Bedingungen in Haft, obwohl es Ende 2019 und Anfang 2020 Massenfreilassungen gab. Amnesty International geht davon aus, dass während des Konflikts mindestens 10.000 Menschen, darunter zahlreiche Kinder, in der Haft gestorben sind.

Zweifelhaftes Resozialisierungsprogramm „Sicherer Korridor“
Amnesty International hat auch im Zusammenhang mit dem Resozialisierungsprogramm „Safe Corridor“ Verstöße dokumentiert: Das Programm wird mit Millionen US-Dollar von der EU, Großbritannien, den USA und anderen Geldgeber*innen finanziert. Es umfasst ein 2016 gegründetes vom Militär geführtes Haftzentrum außerhalb vom Gombe, in dem mutmaßliche Boko Haram-Kämpfer und -Unterstützer entradikalisiert und resozialisiert werden sollen.

Bislang waren dort rund 270 „Absolventen“ in mehreren Gruppen untergebracht. Die Bedingungen in dieser Einrichtung sind zwar besser als in den übrigen Militärhafteinrichtungen, aber die meisten der Männer und Jungen sind nicht über die rechtliche Grundlage ihrer Inhaftierung informiert worden. Sie haben weder Zugang zu Rechtsbeständen noch zu Gerichten, um ihre Haft anzufechten. In einigen Fällen ist der vereinbarte sechsmonatige Aufenthalt auf 19 Monate verlängert worden. Diese Zeit bedeutet Freiheitsentzug und ständige bewaffnete Überwachung.

Ehemalige Gefangene haben Amnesty International geschildert, dass die medizinische Versorgung extrem schlecht ist. Sieben Inhaftierte sind gestorben, die meisten, wenn nicht alle, weil sie keine angemessene medizinische Versorgung erhalten hatten. Das Berufsausbildungsprogramm, das Teil von „Safe Corridor“ ist, könnte sich als Zwangsarbeit entpuppen, weil die meisten Insassen, wahrscheinlich sogar alle, niemals wegen einer Straftat verurteilt wurden und nun ohne jegliche Bezahlung alles Mögliche herstellen müssen – von Schuhen über Seife bis zu Möbeln.

 Hintergrund
Zwischen November 2019 und April 2020 hat Amnesty International mehr als 230 von dem Konflikt betroffene Menschen interviewt, darunter 119, die als Minderjährige Opfer von schweren Verbrechen durch Boko Haram, das nigerianische Militär oder beiden wurden. Zu ihnen gehörten 48 Kinder, die monate- oder sogar jahrelang in Militärgewahrsam gehalten worden waren, sowie 22 Erwachsene, die zusammen mit Kindern inhaftiert waren.

 Bei Fragen oder zur Vermittlung: www.amnesty.at/presse

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PA: Syrien: UNO-Sicherheitsrat darf Hilfe für Bevölkerung nicht einstellen

Neuer Bericht von Amnesty International dokumentiert schwere Kriegsverbrechen im Nordwesten Syriens. Tote und Verletzte, darunter Schüler*innen, Lehrer*innen, Ärzt*innen: Amnesty veröffentlicht detaillierte Untersuchung von 18 Luft- und Bodenangriffen auf Schulen und Spitäler.

  • Belege für Russlands direkter Beteiligung an Kriegsverbrechen
  • Bericht zum Download, Satellitenbilder unter diesem Link, Videomaterial (B-Roll) auf Anfrage

London/Wien, am 11. Mai 2020 . In zwei Monaten droht eine UNO-Resolution auszulaufen, die die Einführung von Hilfsgütern für die Bevölkerung von Idlib über die Grenzen im Nordwesten Syriens ermöglicht. Angesichts von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Region muss der UNO-Sicherheitsrat sicherstellen, dass diese lebenswichtige Unterstützung für die Menschen in Syrien nicht eingestellt wird. Das fordert Amnesty International bei der Vorstellung eines neuen Berichts, der schwere Kriegsverbrechen im Nordwesten Syriens dokumentiert.

Die Recherchen der Menschenrechtsorganisation belegen 18 Fälle die meisten aus der Zeit zwischen Jänner und Februar 2020 –, in denen syrische und/oder russische Regierungstruppen gezielt Angriffe gegen medizinische Einrichtungen und Schulen in Idlib, West-Aleppo und im nordwestlichen Gouvernement Hama verübt haben.

Aufgrund der Angriffe mussten bis zum Waffenstillstand am 5. März 2020 nahezu eine Million Menschen in Idlib fliehen. Viele von ihnen waren bereits zuvor mehrfach vertrieben worden und mussten in den vergangenen Monaten unter erbärmlichen Bedingungen leben.

„Selbst gemessen an den katastrophalen Bedingungen, die durch die seit neun Jahren andauernde Krise in Syrien herrschen, sind die Vertreibung und die humanitäre Katastrophe beispiellos, die nun durch den jüngsten Angriff ausgelöst wurden“, sagt Heba Morayef, Direktorin für die Region Nahost und Nordafrika bei Amnesty International, und sagt weiter: „Der UNO-Sicherheitsrat darf jetzt nicht die lebenswichtige grenzüberschreitende humanitäre Hilfe unterbrechen, von der Tausende Menschenleben abhängen.“

„Die jüngste Offensive setzt die abscheuliche Reihe systematischer Angriffe fort, durch die die Zivilbevölkerung terrorisiert werden soll. Derweil unterstützt Russland nach wie vor das syrische Regime militärisch – auch mit rechtswidrigen Luftschlägen – obwohl es Beweise gibt, dass Russland damit Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit des syrischen Militärs Vorschub leistet.“

Angriffe auf Spitäler
Laut Angaben der Gesundheitsbehörde von Idlib wurden zwischen Dezember 2019 und Februar 2020 in Idlib und Aleppo zehn medizinische Einrichtungen durch russische und syrische Angriffe beschädigt bzw. zerstört. Dabei wurden neun Angehörige des medizinischen Personals und andere Mitarbeiter*innen getötet. Dutzende weitere medizinische Einrichtungen sahen sich gezwungen, ihre Arbeit einzustellen.

Amnesty International hat Angriffe dokumentiert, die zur Schließung von fünf Spitälern in den von bewaffneten Oppositionsgruppen kontrollierten Gebieten führten.

Drei russische Luftschläge wurden am 29. Jänner 2020 in der Nähe des al-Shami-Hospitals in Ariha ausgeführt. Ein überlebender Arzt beschrieb, dass durch die Angriffe mindestens zwei Wohngebäude unweit des Spitals zerstört wurden; 11 Zivilist*innen wurden getötet und über 30 verletzt. Unter den Toten war auch einer seiner Kollegen. „Ich fühlte mich so hilflos. Mein Freund lag im Sterben, draußen schrien Frauen und Kinder“, sagte er und fügte hinzu, dass der syrische Zivilschutz (Weißhelme) zwei Tage gebraucht habe, um die Leichen aus den Trümmern zu bergen.

Auf der Grundlage übereinstimmender Aussagen von Zeug*innen und anderer glaubwürdiger Informationen − vor allem Beobachtungen sogenannter Planespotter − kommt Amnesty International zum Schluss, dass russische Streitkräfte für diesen rechtswidrigen Angriff verantwortlich waren.

Angriffe auf Schulen
Laut Angaben der syrischen NGO Hurras Network (Syrian Child Protection Network) wurden bei Luftschlägen und Bodenangriffen im Jänner und Februar 2020 insgesamt 28 Schulen getroffen. Am 25. Februar wurden an einem einzigen Tag zehn Schulen angegriffen. Dabei kamen neun Zivilist*innen ums Leben.

Amnesty International hat Recherchen zu sechs Angriffen in diesem Zeitraum durchgeführt, darunter zum Abwurf von Fassbomben und vom Boden abgefeuerter Streumunition auf zwei Schulen am 25. Jänner sowie am 28. Februar 2020.

Eine Lehrerin schilderte Amnesty International einen Angriff: „Ein [Streubomben-] Geschoss explodierte vor meinen Füßen, Haut und Fleisch platzen auf … der Schmerz war unerträglich … Ich spürte eine solche Hitze, als würden meine Füße verbrennen. Zwei Schülerinnen waren in diesem Moment bei mir. Eine war sofort tot, die andere überlebte wie durch ein Wunder. Ich bin sicher, dass es Streumunition war, weil ich mehrere Explosionen hörte. Ich kenne das Geräusch von Streumunition sehr gut. Du hörst eine Serie von mehreren Explosionen. Als ob aus dem Himmel kein Wasser, sondern Granatsplitter regnen würde.“

Die Recherchen von Amnesty International zeigen, dass es sich bei den hier beschriebenen Geschossen um 9M27K-Frachtraketen mit einem Kaliber von 220 mm handelte, die in Russland hergestellt und an die syrische Armee geliefert wurden. Sie enthielten 9N210- oder 9N235-Streumunition. Streumunition ist nach dem Völkerrecht verboten.

Umfassende Beweise belegen Aussagen von Zeug*innen
Amnesty International hat für den Bericht 74 Personen interviewt, darunter Binnenvertriebene, Lehrer*innen, Ärzt*innen und Mitarbeiter*innen von Hilfsorganisationen. Die Aussagen der Zeug*innen werden nicht nur durch Video- und Fotoaufnahmen untermauert, sondern auch durch Expert*innenanalysen von Satellitenbildern, Berichte von Planespottern vor Ort sowie durch abgehörte Kommunikation von russischen und syrischen Luftstreitkräften.

Die Aufnahmen aus den Cockpits liefern Beweise dafür, dass das russische Militär an mindestens einem rechtswidrigen Angriff auf ein Spital beteiligt war, das danach seine Arbeit einstellen musste.

Kriegsverbrechen & gezielte Angriffe gegen Zivilist*innen
Die in dem Bericht dokumentierten Fälle zeigen beispielhaft, dass die syrischen und russischen Streitkräfte nach wie vor gezielt Angriffe gegen Zivilist*innen und zivile Ziele verüben. Dabei handelt es sich um Verletzungen des humanitären Völkerrechts, auf dessen Grundlage die Parteien in einem bewaffneten Konflikt zwischen militärischen Zielen und kämpfenden Personen auf der einen Seite und zivilen Zielen und Zivilist*innen auf der anderen Seite unterscheiden müssen. Nur die erstgenannten dürfen angegriffen werden.

Es handelt sich bei diesen Attacken außerdem um Kriegsverbrechen: Diejenigen, die derartige Verbrechen anordnen oder begehen, sind strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Spitäler und andere medizinische Einrichtungen, medizinisches Personal und Kinder dürfen nicht nur nicht angegriffen werden, weil sie einen zivilen Status haben, sondern müssen in einem bewaffneten Konflikt besonders geschützt werden.

Viele der medizinischen Einrichtungen, die angegriffen wurden, standen zudem auf einer Liste der UNO als Nichtangriffsziele. Diese Liste war den russischen, türkischen und US geführten Koalitionstruppen zugesandt worden, um zu zeigen, welche Ziele nicht angegriffen werden dürfen.

 Lebenswichtige humanitäre Hilfe darf nicht eingestellt werden
Im Juli 2014 verabschiedete der UNO-Sicherheitsrat einstimmig eine Resolution, die humanitäre Unterstützung im Nordwesten Syriens und in anderen Gebieten, die von bewaffneten Oppositionsgruppen kontrolliert werden, ermöglicht. Dafür ist keine Zustimmung der syrischen Regierung erforderlich. Diese Resolution ist seit 2014 wiederholt verlängert worden, wenn auch in den vergangenen Jahren unter Schwierigkeiten und im Jänner 2020 mit Einschränkungen. Nun droht die Resolution am 10. Juli 2020 auszulaufen.

Syrien und seine Verbündeten wollen diese Unterstützungsregelung beenden und Hilfslieferungen stattdessen über Damaskus senden. Das würde es der UNO und Partnerorganisationen erschweren, Hilfe zeitnah und nachhaltig zu verteilen.

Die syrische Regierung hat immer wieder versucht, die Hilfslieferungen durch bürokratische Hindernisse einzuschränken. Sie hat zudem Mitarbeitende von Hilfsorganisationen auf „schwarze Listen“ gesetzt und jene verfolgt, die mit Oppositionellen in den von diesen gehaltenen Gebieten in Verbindung gebracht wurden. Bewaffnete Gruppen wie Hay’at Tahrir al-Sham haben ebenfalls humanitäre Organisationen daran gehindert, ihrer Arbeit effizient nachzugehen.

„Vertreter*innen der UNO bezeichnen Idlib bereits als humanitäre ,Horror-Geschichte‘ – diese wird sich noch verschlimmern, wenn der Sicherheitsrat nicht über die politischen Interessen der Konfliktparteien hinausblickt und diese lebenswichtige humanitäre Unterstützungsmöglichkeit beibehält“, sagt Heba Morayef.

Vertreibung und katastrophale Lebensbedingungen
Aufgrund der jüngsten Angriffe auf Idlib mussten zwischen Dezember 2019 und März 2020 nahezu eine Million Menschen – mehr als 80 Prozent davon Frauen und Kinder – in Gebiete in der Nähe der türkischen Grenze fliehen.

Eine Mutter von drei Kindern, deren Familie in den vergangenen acht Monaten zweimal vertrieben worden war, sagte Amnesty International: „Mein Tochter, die in die erste Klasse geht, hat ständig Angst …. Sie fragte mich [nachdem wir vertrieben worden waren]: ,Warum tötet Gott uns nicht?’ … Wir sind nirgendwo sicher.“

Diese Menschen, die sich auf einer immer kleiner werdenden Fläche zusammendrängen, leben unter unmenschlichen Bedingungen ohne ausreichende humanitäre Unterstützung. Hilfe ist dringend notwendig und muss über einen längeren Zeitraum garantiert werden. Die globale Coronakrise erschwert die humanitäre Hilfe für die Menschen in der Region zusätzlich. Eine Ausbreitung der Pandemie könnte fatale Folgen haben. In den überfüllten Flüchtlingslagern sind Schutzmaßnahmen kaum möglich und das bereits schwer gebeutelte Gesundheitswesen ist in keiner Weise für eine Pandemie ausgerüstet.

Bei Fragen oder zur Vermittlung von Interviews stehen wir gerne zur Verfügung. presse@amnesty.at

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PA: Europatag: ADA und EU zusammen für bessere Lebensbedingungen weltweit

Die Europäische Kommission und die EU-Mitgliedsstaaten sind gemeinsam der weltweit größte Geber von Entwicklungshilfeleistungen. Bei der Umsetzung von Entwicklungsvorhaben setzt die Europäische Union immer mehr auf österreichische Expertise. Seit 2009 vertraute die EU der Austrian Development Agency (ADA) dafür knapp 190 Millionen Euro an. Sie verbessern die Lebensbedingungen von Millionen Menschen.

8. 5. 2020. Klimawandel, Migration, humanitäre Krisen – die Liste an Herausforderungen, die die internationale Staatengemeinschaft zu bewältigen hat, ist lang. Die Europäische Union und Österreich begegnen ihnen gemeinsam. 2009 wickelte die Austrian Development Agency erstmals Gelder der EU ab. Seitdem baute die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit dieses Engagement sukzessive aus. Insgesamt vertraute ihr die EU bis dato knapp 190 Millionen Euro zur Umsetzung an. Der Europatag am 9. Mai gedenkt mehr als nur dem Frieden und Zusammenhalt in Europa. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie zeigt, dass grenzübergreifende Lösungsansätze und Kooperationen dringender gebraucht werden denn je. Die EU und ADA leben es vor.

Gemeinsame Initiativen – größere Wirkung
„Allein 2019 haben wir in neun Ländern und einer Region zwölf delegierte Kooperationen für die EU-Kommission umgesetzt – das ist so viel wie noch nie zuvor. Zusammen bündeln wir unser Know-how und unsere Mittel. Die Rechnung ist einfach, denn mit gemeinsamen Initiativen erzielen wir eine größere Wirkung. Dass uns die EU vermehrt ihre Mittel zur Umsetzung anvertraut, macht mich stolz. Und es bestätigt einmal mehr: Auf uns und unsere Expertise ist Verlass“, betont ADA-Geschäftsführer Martin Ledolter anlässlich des Europatages.

Im letzten Jahr wickelte die Austrian Development Agency mehr als 99 Millionen Euro für die EU in Albanien, Armenien, Äthiopien, Burkina Faso, Georgien, Kosovo, Moldau, Serbien, Uganda und in der Region Ostafrika ab. Die Projekte reichen von nachhaltigem Bergtourismus in Georgien über ein Friedens- und Sicherheitsprogramm am Horn von Afrika bis hin zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen in Entwicklungsländern und zum Aufbau eines Kanalsystems in einer Kleinstadt in der Republik Moldau. Eines haben sie alle gemeinsam: Sie lindern Armut und geben Mut zur Hoffnung in Regionen, die besonders von prekären Verhältnissen gezeichnet sind.

Verlässlicher Partner für nachhaltige Entwicklung
Ein Beispiel aus Armenien zeigt: Die Resultate lassen sich sehen. Nach Abschluss der EU-Initiative für Biolandwirtschaft etwa zählt das Schwerpunktland der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit doppelt so viele Bioproduzentinnen und -produzenten wie noch vor dreieinhalb Jahren. Das gemeinsame Projekt hat nicht nur 680 Arbeitsplätze geschaffen – auch der Umsatz der Beteiligten ist deutlich gestiegen. Daran knüpfen EU und ADA nun mit einer Nachfolgeinitiative an. Mit dem einprägsamen Akronym „GAIA“ treibt das Projekt „Green Agriculture in Armenia“ bis Ende 2022 nachhaltige Landwirtschaft und inklusives wirtschaftliches Wachstum im Norden Armeniens weiter voran. Dafür stehen 11,7 Millionen Euro zur Verfügung. 9,7 Millionen kommen von der EU, 2 Millionen Euro steuert die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit bei.

Entwicklungsweltmeister Europa
Morgen vor exakt 70 Jahren stellte Robert Schuman, der damalige Außenminister Frankreichs, seine Vision für Frieden in Europa vor. Sein Vorschlag für eine gemeinsame Kohle- und Stahlproduktion ging als „Schuman-Erklärung“, der 9. Mai 1950 als „Geburt der Europäischen Union“ in die Geschichte ein. Seit seinem EU-Beitritt vor 25 Jahren hat sich Österreich als Mitglied der Europäischen Union auf mehreren Ebenen weiterentwickelt. Im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit setzt die EU zunehmend auf österreichische Expertise. Mehr als die Hälfte aller Mittel, die 2018 an Entwicklungsländer geflossen sind, stammen von der EU.

Austrian Development Agency
Die Austrian Development Agency, die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, unterstützt Länder in Afrika, Asien, Südost- und Osteuropa bei ihrer nachhaltigen Entwicklung. Gemeinsam mit öffentlichen Einrichtungen, Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen setzt die ADA derzeit Projekte und Programme mit einem Gesamtvolumen von 500 Millionen Euro um.

Rückfragehinweis:
Austrian Development Agency,
die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit
Zelinkagasse 2, 1010 Wien
Mag. Katharina Schreiber
Tel.: +43 676 83903414
katharina.schreiber@ada.gv.at
www.entwicklung.at

PA: Österreichs Internationales COVID 19-Rettungspaket jetzt!

VertreterInnen der Zivilgesellschaft fordern 100 Mio. Euro Soforthilfe für Länder des Globalen Südens.

08.05.2020. Die COVID-19 Pandemie ist eine globale Krise, die keine Grenzen kennt. Wir besiegen sie weltweit oder gar nicht – so der einhellige Tenor der VertreterInnen der Zivilgesellschaft, die heute von Österreichs Bundesregierung ein Internationales COVID-19 Rettungspaket für die von der Coronakrise massiv betroffenen Länder des Globalen Südens einmahnen. Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19 Pandemie, sowie Maßnahmen zur Abschwächung der Folgen und zur makroökonomischen Stabilisierung in Ländern des Globalen Südens sind dringend nötig und in unserem wohlverstandenen Eigeninteresse. Die Pandemie weltweit zu bekämpfen ist in unser aller Interesse, sonst kommt sie in Wellen wieder zu uns nach Österreich zurück.
Österreichs Regierung ist aufgerufen, ein internationales Rettungspaket zu schnüren: erstens eine Soforthilfe in Höhe von 100 Millionen Euro und zweitens einen langfristigen Ausbau der Entwicklungshilfeleistungen, um die Wirtschaft am afrikanischen Kontinent langfristig zu stabilisieren.

Annelies Vilim, Geschäftsführerin der AG Globale Verantwortung:
„Länder des Globalen Südens haben schlechte Gesundheitssysteme, kaum sauberes Wasser und in den oft dicht besiedelten Slums ist es unmöglich, Mindestabstand zu halten. Ohne Unterstützung wird COVID-19 wie ein Tsunami über weite Teile Afrikas rollen und in Wellen zu uns nach Österreich zurückkehren. Zudem drohen Hunger, Unruhen, Gewalt, Instabilität – ein Nährboden für Kriege, Konflikte und Terror. Es ist absolut im Interesse Österreichs, mit 100 Millionen Euro Soforthilfe die Folgen zu minimieren.“

Andreas KnappGeneralsekretär Internationale Programme Caritas Österreich
„Es droht ein enormer Anstieg von extremer Armut, bis zu 500 Millionen Menschen werden Schätzungen zufolge zusätzlich verarmen. Als Folge des Lockdowns drohen auch Hungerepidemien unvorstellbaren Ausmaßes. Die Zahl der Menschen, die akut Hunger leiden könnte noch dieses Jahr sprunghaft auf 265 Millionen Menschen anwachsen und sich damit verdoppeln. Ohne Perspektiven werden viele Menschen gezwungen sein, Perspektiven anderswo zu suchen, auch in Europa.“

Michael OpriesnigGeneralsekretär Österreichisches Rotes Kreuz:„Das Rote Kreuz ist in zahlreichen Ländern im Einsatz gegen Corona. Der große Unterschied zu Österreich ist, dass es vielerorts schwache Gesundheitssysteme gibt, die Schwierigkeiten haben, Corona-Patienten zu behandeln. Noch schwieriger ist das in Konfliktregionen – wie etwa in Afghanistan. Dort versorgt das Rote Kreuz Spitäler mit medizinischer Ausrüstung. Damit wir das weiterhin tun können, brauchen wir Unterstützung.“

Sabine PrennGeschäftsführerin Licht für die Welt Österreich
„Die negativen Auswirkungen durch die Coronakrise sind für besonders verwundbare Menschen extrem hoch. Diese verheerenden Folgen müssen wir abfangen oder so gut es geht abfedern. Das heute geforderte Rettungspaket muss inklusiv sein, also für und mit Menschen mit Behinderungen ausgestaltet und umgesetzt werden: Es geht es um die Zukunft von einem Fünftel der Bevölkerung Afrikas.“

Elisabeth Hauser, Geschäftsführerin SOS Kinderdorf Österreich
„Die Corona-Pandemie ist weltweit eine existenzielle Gefahr für die Gesundheit, den Schutz und die Entwicklung von Kindern. Ausgangssperren, Schulschließungen und ausbleibende Einkommensmöglichkeiten von Familien treffen Kinder extrem hart. Ohne umfassende Hilfsmaßnahmen bedeutet das für viele Kinder, dass sie aktuell hungern und womöglich ihren Bildungsweg für immer abbrechen müssen.“

Andrea Barschdorf-HagerGeschäftsführerin CARE Österreich
„Eine weltweite Pandemie lässt sich nie im Inland allein bekämpfen. Deshalb ist es wichtig, dass Österreich auch Mittel bereitstellt, um jenen Staaten bei der Bekämpfung zu helfen, die nicht über ein stabiles Gesundheitssystem verfügen. Dabei geht es nicht nur um eine humanitäre Verpflichtung, sondern letztlich um die wirtschaftliche Stabilität ganzer Regionen im Interesse Europas und Österreichs.”

Rückfragen & Kontakt:
AG Globale Verantwortung
Wolfgang Marks
Öffentlichkeitsarbeit
+43 1 522 44 22 – 15, +43 699 17 20 42 07
wolfgang.marks@globaleverantwortung.at
www.globaleverantwortung.at

 

Kommentar der ÖFSE: Corona-Krise als Chance für eine globale nachhaltige Entwicklung?

Während derzeit in Österreich zwar eine Verknüpfung der Maßnahmen im Kampf gegen die durch die Corona-Krise verursachte Weltwirtschaftskrise mit dem Klimaschutz gefordert wird, droht die dritte Säule der erst im Jahr 2015 bei der UN-Generalversammlung beschlossenen Sustainable Development Goals (SDGs), die globale soziale Dimension, unter den Tisch zu fallen.

Angesichts der drohenden massiven sozialen Folgen von COVID-19 ist gerade der SDG-Ansatz für die Erarbeitung kohärenter Politiken von großer Aktualität. Die Bundesregierung muss die Bekämpfung der sozialen und ökonomischen Auswirkungen der Corona-Krise in ihrer Entwicklungspolitik deutlich aufwerten.

Kommentar von Michael Obrovsky und Werner Raza (ÖFSE), April 2020:
www.oefse.at/publikationen/aktueller-kommentar-april-2020

RECHERCHEHINWEIS: Lateinamerika-Nachrichten mit aktuellen Berichten ZU CORONA

Lateinamerika und die Karibik sind von Corona teilweise stark betroffen, die Regierungen reagieren sehr unterschiedlich auf die damit verbundenen Herausforderungen.

Unter https://lateinamerika-nachrichten.de/  finden Sie täglich neue Beiträge, Analysen bzw. Interviews zu El Salvador, Kolumbien, Brasilien, Nicaragua, Mexiko, Guatemala, Chile, Argentinien, uvm. mit und ohne Corona-Bezug.
Lateinamerika Nachrichten ist eine Monatszeitschrift mit Sitz in Berlin. Sie informiert über aktuelle Entwicklungen und Hintergrundthemen aus Politik, Gesellschaft, Kultur und Wirtschaft in Lateinamerika und der Karibik. Wegen der besonderen Herausforderungen in Zeiten der Corona-Pandemie erscheint die April-Ausgabe ausschließlich online, dafür ist sie frei zugänglich.

PA: UN-Landminenaktionstag: Leben wie in einem unsichtbaren Gefängnis

Der Internationale Tag zur Aufklärung über die Minengefahr am 4. April erinnert an eine heimtückische, unsichtbare Gefahr. Eine Gefahr, die Millionen Menschen bedroht und ihre Bewegungsfreiheit über Jahre, sogar Jahrzehnte einschränkt, berichtet die Hilfsorganisation Gemeinsam gegen Landminen, GGL Austria.

Die Gefahr ist unsichtbar. Sie schränkt die Bewegungsfreiheit massiv ein. Falsches Verhalten kann zum Tod führen. Die gegenwärtige Gesundheitskrise lässt uns bei diesen Sätzen sofort an das Coronavirus denken. Für Millionen Menschen gelten Einschränkungen der persönlichen Bewegungsfreiheit aber schon seit Jahren, oft sogar Jahrzehnten: Der Grund ist die Verseuchung ihres Lebensumfeldes mit Landminen und nicht explodierten Kriegsrelikten.

Aktuell zählt der Landminenmonitor der Internationalen Kampagne für das Verbot von Landminen (ICBL) 60 Staaten und Gebiete, in denen die lokale Bevölkerung unter einer Kontamination mit Minen und explosiven Kriegsrelikten zu leiden hat. Einige Staaten gelten als besonders betroffen, darunter z. B. Afghanistan, der Irak und Jemen, aber auch Bosnien und Herzegowina, Kroatien und die Türkei. Auch das von Marokko besetze Gebiet der Westsahara zählt dazu.

2018 wurden 6.897 Opfer im Landminenmonitor erfasst. Laut ICBL ist davon auszugehen, dass die Dunkelziffer bis zu drei Mal höher ist. Mit 71 % stammte auch 2018 der Großteil der Opfer von Landminen aus der Zivilbevölkerung. Opfer von Landminen und explosiven Kriegsrelikten sind aber nicht nur jene, die direkt einen Minenunfall erleiden, sondern auch deren Familienangehörige. Und Opfer sind all jene, die in einem minenverseuchten Gebiet leben müssen. Ihr täglicher Leidensdruck ist enorm.

Die Betroffenen leben in der ständigen Angst, ein Familienmitglied durch einen Minenunfall zu verlieren oder selbst zu verunglücken. Wolfgang Schachinger, Präsident der österreichischen Hilfsorganisation Gemeinsam gegen Landminen, kennt die massiven Einschränkungen. „Menschen in verminten Gebieten leben wie in einem unsichtbaren Gefängnis, was eine große psychische Belastung darstellt. Oft beginnt der Gefahrenbereich bereits am Rand des Dorfes. Ein Bauer in Burma zeigte mir sein Feld gleich hinter seinem Haus und erzählte, dass er dieses seit vielen Jahren nicht mehr bestellen kann. Auch unmittelbar neben frequentierten Wegen kann ein falscher Schritt verheerende Auswirkungen haben. Millionen Menschen müssen so enorme wirtschaftliche Nachteile hinnehmen. Viele leben deshalb in absoluter Armut.“

Es ist eine besondere Tragik, dass mit 54 % Kinder die größte Gruppe unter den zivilen Opfern stellen. „Auch nach 18 Jahren, in denen wir uns bei Gemeinsam gegen Landminen für Minenopfer und Menschen, die durch Landminen bedroht werden, einsetzen, erschüttern mich Berichte über den Tod von Kindern zutiefst. So verunglückten im Mai letzten Jahres in unserem Projektland Afghanistan neun Kinder, die neben einer stark befahrenen Hauptstraße spielten. Sieben Kinder, vier davon aus einer Familie, starben! Es ist ein unglaubliches Leid, das diese Menschen erdulden müssen“, so Schachinger.

„Die derzeitige Gesundheitskrise schränkt auch unsere Bewegungsfreiheit massiv ein. Das lässt uns jetzt vielleicht besser erahnen, mit welchen Beschränkungen die Menschen in mit Landminen kontaminierten Regionen leben. Es ist mir besonders wichtig, dass wir gerade jetzt diese Menschen und ihr Leid nicht aus den Augen verlieren. “

Es darf kein Aufweichen des Landminenverbots geben!
Anfang Februar hat US-Präsident Donald Trump das von seinem Vorgänger Barack Obama 2014 erlassene Verbot des unbegrenzten Einsatzes von Landminen durch das US-Militär aufgehoben. Wie alle involvierten Organisationen hat auch Gemeinsam gegen Landminen auf diese Entscheidung empört reagiert und verurteilt diese vehement.

Denn die Entscheidung des US-Präsidenten ist ein besorgniserregender Rückschritt und untergräbt die jahrelangen Bemühungen der zahlreichen Staaten und Organisationen, die sich für die Umsetzung der Ottawa-Konvention und gegen den Gebrauch und die Herstellung von Landminen stark machen. Zudem spielt sie anderen Akteuren in die Hände, die ebenfalls von Landminen Gebrauch machen oder sich weigern, der Ottawa-Konvention beizutreten, da diese nun die Entscheidung der USA als Rechtfertigung für ihr eigenes Tun nutzen können.

„In dieser schwierigen Zeit steht GGL weiterhin an der Seite der Betroffenen und appelliert an die Entscheidungsträger, sowohl in Österreich als auch in den USA, gegen die Aufhebung des Verbots durch Präsident Trump zu wirken“, führt Schachinger aus. „Aus diesem Grund haben wir eine Petition gestartet, die sich an den österreichischen Außenminister Alexander Schallenberg richtet. Dieser will Österreich verstärkt als „Speerspitze der Abrüstung“ positionieren. Hier wollen wir ihn beim Wort nehmen und fordern ihn auf, gegen diese Entscheidung des US-Präsidenten Protest einzulegen und zu verlangen, dass das Verbot weiterhin bestehen bleibt. Ich appelliere an alle, uns dabei zu unterstützen und diese Petition zu unterschreiben.“ Alle Infos zur Petition sind unter www.landmine.at abrufbar.

Der Internationale Tag zur Aufklärung über die Minengefahr
Der „Internationale Tag zur Aufklärung über die Minengefahr und zur Unterstützung bei Antiminenprogrammen“ wird am 4. April zum 15. Mal begangen. Die Vereinten Nationen möchten mit diesem Aktionstag auf die anhaltende Gefahr durch Landminen und explosive Kampfmittelrückstände aufmerksam machen. In einigen Gebieten stellen diese eine noch größere Gefahr als Landminen dar. Hierzu zählt z.B. Streumunition, die beim Einschlag nicht detoniert ist. Aber auch Blindgänger und andere Explosivstoffe, die von abziehenden Streitkräften zurück gelassen und häufig vergraben wurden, sind für die Bevölkerung vor Ort eine ständige Bedrohung. Der 4. April soll die Öffentlichkeit für dieses Thema sensibilisieren.

Weiterführende Informationen: www.landmine.at sowie www.facebook.com/landmine.at

Bildmaterial können Sie unter folgendem Link downloaden:
GGL Pressebilder 2020

Rückfragen und Kontakt

Mag. Iwona Tscheinig
Gemeinsam gegen Landminen
+43 664 4011233
iwona.tscheinig@ggl-austria.at

 

Rechercheliste zum Nachhaltigen Entwicklungsziel – SDG 11: „Nachhaltige Städte und Gemeinden“

Die Zukunft ist urban, und das Wachstum der Städte findet nicht zuletzt im globalen Süden statt: Ende des 21. Jahrhunderts werden in 20 Megacities weltweit jeweils mehr als 35 Millionen Menschen leben. Die meisten davon – nämlich 13 – werden in Afrika zu finden sein.

Komplette Liste zum Downloaden als pdf

Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt laut der Internationalen Organisation für Migration IOM bereits in urbanen Gebieten, und jede Woche ziehen drei Millionen weitere Menschen in Städte. Und dabei sind nicht nur die Megacities im Fokus: Destinationen sind oftmals auch Siedlungen mit weniger als einer Mio. EinwohnerInnen.

Alle aktuellen großen globalen Herausforderungen – von der aktuellen Coronavirus-Epidemie bis zur Klimakrise – müssen auch aus diesem Blickwinkel betrachtet werden. Im Nachhaltigen Entwicklungsziel, SDG 11, der Vereinten Nationen verpflichten sich Regierungen, bis 2030 die Zahl der Menschen, die in Slums leben, zu reduzieren und allen Menschen Zugang zu angemessenem Wohnraum zu verschaffen.

Aspekte & Fragestellungen rund um SDG 11, Nachhaltige Städte und Gemeinden:

  • Was braucht es, damit Städte – gerade im globalen Süden – sicher, widerstandsfähig, nachhaltig und inklusiv werden?
  • Wie sieht eine den Zielen der SDGs entsprechende Stadtplanung aus? Wie umgehen mit Slums? Wie Inklusion erzeugen?
  • Wie können Länder im globalen Süden Urbanisierung nutzen, um in der Wirtschaft Impulse zu setzen?
  • Für den Ernstfall gerüstet: Was brauchen Metropolen, um sich für Katastrophenszenarien, von der Epidemie bis zum Blackout, zu rüsten?
  • Heißes Pflaster: Wie kann man Städte Klima-fit machen?
  • Smart Cities für den globalen Süden? Wie könnte man das Konzept „Städte fortschrittlicher, effizienter und grüner machen“ auf den globalen Süden übersetzen? Ist es möglich, dass Städte im globalen Süden Digitalisierung und neue Technologien nutzen, um „aufzuholen“ (so wie in anderen Bereichen der globale Süden Entwicklungsschritte übersprungen hat)?
  • Wie kann man Städte als Orte für alle gestalten – Stichwort globaler Kampf um Wohnraum und Mietrechten?
  • Städtekooperationen: Wer kann von wem lernen?

SDG 11 im Detail
SDG Watch Austria ist sowas wie der SDG-Watchdog in Österreich, ein Zusammenschluss von mehr als 180 zivilgesellschaftlichen und gemeinnützigen Organisationen, die sich gemeinsam für eine ambitionierte Umsetzung der Agenda 2030 einsetzen. Die Plattform beschreibt das Ziel 11 im Detail im Sinne der Vereinten Nationen wie folgt:

11.1 Bis 2030 den Zugang zu angemessenem, sicherem und bezahlbarem Wohnraum und zur Grundversorgung für alle sicherstellen und Slums sanieren

11.2 Bis 2030 den Zugang zu sicheren, bezahlbaren, zugänglichen und nachhaltigen Verkehrssystemen für alle ermöglichen und die Sicherheit im Straßenverkehr verbessern, insbesondere durch den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, mit besonderem Augenmerk auf den Bedürfnissen von Menschen in prekären Situationen, Frauen, Kindern, Menschen mit Behinderungen und älteren Menschen

11.3 Bis 2030 die Verstädterung inklusiver und nachhaltiger gestalten und die Kapazitäten für eine partizipatorische, integrierte und nachhaltige Siedlungsplanung und -steuerung in allen Ländern verstärken

11.4 Die Anstrengungen zum Schutz und zur Wahrung des Weltkultur und -naturerbes verstärken

11.5 Bis 2030 die Zahl der durch Katastrophen, einschließlich Wasserkatastrophen, bedingten Todesfälle und der davon betroffenen Menschen deutlich reduzieren und die dadurch verursachten unmittelbaren wirtschaftlichen Verluste im Verhältnis zum globalen Bruttoinlandsprodukt wesentlich verringern, mit Schwerpunkt auf dem Schutz der Armen und von Menschen in prekären Situationen

11.6 Bis 2030 die von den Städten ausgehende Umweltbelastung pro Kopf senken, unter anderem mit besonderer Aufmerksamkeit auf der Luftqualität und der kommunalen und sonstigen Abfallbehandlung

11.7 Bis 2030 den allgemeinen Zugang zu sicheren, inklusiven und zugänglichen Grünflächen und öffentlichen Räumen gewährleisten, insbesondere für Frauen und Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen

11.a Durch eine verstärkte nationale und regionale Entwicklungsplanung positive wirtschaftliche, soziale und ökologische Verbindungen zwischen städtischen, stadtnahen und ländlichen Gebieten unterstützen

11.b Bis 2020 die Zahl der Städte und Siedlungen, die integrierte Politiken und Pläne zur Förderung der Inklusion, der Ressourceneffizienz, der Abschwächung des Klimawandels, der Klimaanpassung und der Widerstandsfähigkeit gegenüber Katastrophen beschließen und umsetzen, wesentlich erhöhen und gemäß dem Sendai-Rahmen für Katastrophenvorsorge 2015-2030 (vgl. https://www.dkkv.org/fileadmin/user_upload/Themenseiten/Sendai_Rahmenwerk_fuer_Katastrophenvorsorge_web_.pdf) ein ganzheitliches Katastrophenrisikomanagement auf allen Ebenen entwickeln und umsetzen

11.c Die am wenigsten entwickelten Länder unter anderem durch finanzielle und technische Hilfe beim Bau nachhaltiger und widerstandsfähiger Gebäude unter Nutzung einheimischer Materialien unterstützen

Fakten
Jeder achte Mensch lebt in einer Megastadt mit mehr als zehn Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern (Quelle: Vereinte Nationen, 2018)

27 der 33 Megastädte, die es weltweit gibt, liegen im globalen Süden (Quelle: Vereinte Nationen, 2018)

Bis 2030 werden 60 Prozent der städtischen Bevölkerung weltweit jünger als 18 Jahre sein (UN-Habitat, 2016)

80% der weltweiten Wirtschaftsleistung werden in Städten generiert (Quelle: UN Habitat, 2016)

In 75% der Städte weltweit ist die Ungleichheit heute höher als vor 20 Jahren (Quelle: UN Habitat, 2016)

883 Millionen Menschen, fast ein Viertel der weltweiten Stadtbevölkerung, leben in informellen Siedlungen oder Elendsvierteln, 520 Millionen davon in Asien. In Subsahara-Afrika lebt mehr als die Hälfte der urbanen Bevölkerung in informellen Siedlungen (N Special Rapporteur on adequate housing, 2018)

Weiterführendes & Ansprechpersonen
Die 4. Ausgabe der Weltnachrichten 2019 der Austrian Development Agency (ADA) zeigt auf, was nötig ist, damit Städte der Zukunft inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig werden: https://www.entwicklung.at/weltnachrichten#!

Das Südwind-Magazin widmete einen Schwerpunkt „dem Kampf um die Stadt“, also rund um Wohnraum, Zugang zu öffentlichen Raum etc.
https://www.suedwind-magazin.at/kampf-um-die-stadt

Das jährlich stattfindende „Urbanize!“-Festival für urbane Erkundungen gibt kritischen Reflexionen zu Stadt-Themen Raum. urbanize.at

Dérive, die Zeitschrift für Stadtforschung, ist international, interdisziplinär und gesellschaftskritisch ausgerichtet. https://derive.at

Die Zeitschrift AK Stadt der Arbeiterkammer Wien beleuchtet kommunale Aspekte aus Sicht der ArbeitnehmerInnen, 2019 etwa mit einer Ausgabe zum Thema Gentrifizierung in Wien.

Frisch erschienen ist das Buch „Stadtkonflikte: Radikale Demokratie in Architektur und Stadtplanung“ von Gabu Heindl. https://www.mandelbaum.at/buch.php?id=974&action=autorin&menu=buecher
Gabu Heindl ist Architektin, Stadtplanerin und Aktivistin in Wien und arbeitet zu den Themen öffentliches Bauen, leistbares Wohnen und kollaborative Bauvorhaben. Sie unterrichtet an der AA London, Sheffield University und in Wien.
https://www.mandelbaum.at/buch.php?id=974&menu=buecher

Auf internationaler Ebene ist etwa die Cities Alliance eine interessante Initiative:
www.citiesalliance.org

Leilani Farha ist UN-Sonderberichterstatterin zum Recht auf angemessenes Wohnen. Sie spricht immer wieder die Geschäftemacherei auf Kosten von MieterInnen an.

Alain Kanyinda, Strategieberater und Senior-Programmkoordinator bei UN-Habitat, sprach mit den Weltnachrichten der ADA über das Programm für menschliche Siedlungen der Vereinten Nationen, sowie über die Herausforderung der Urbanisierung.
https://www.entwicklung.at/weltnachrichten#!/de/rlcfBD0h/staedte-haben-eine-schluesselrolle-wenn-es-darum/