Archiv der Kategorie: Nachhaltigkeit

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PA: Kambodscha: Entzug der EU-Handelspräferenzen mit heute wirksam

FIAN präsentiert heute eine neue Studie zu Landraub, Zucker und Menschenrechtsverletzungen infolge der EU-Handelsinitiative „Alles Außer Waffen“ (EBA) in Kambodscha. Die Menschenrechtsorganisation fordert angesichts des heutigen Inkrafttreten des Entzugs der EBA-Handelspräferenzen erneut Menschenrechtliche Folgeabschätzungen für EU-Handelsinitiativen, verbindliches Abkommen für Unternehmensverantwortung und Menschenrechtsverpflichtungen entlang der Lieferkette.

Mit dem heutigen Tag wird der teilweise Entzug der EU-Handelspräferenzen für Kambodscha wirksam. Die kambodschanische Regierung hatte die sechsmonatige Frist verstreichen lassen, ohne durch wesentliche Verbesserung der menschenrechtlichen Situation die im Februar bekanntgemachte Entscheidung der Europäischen Kommission noch abzuwenden.

Landraub und Blutzucker
Die Handelsinitiative „Alles außer Waffen“ ermöglicht den ärmsten Ländern der Welt quoten- und zollfrei nach Europa zu exportieren. Im landwirtschaftlichen Bereich führte das zu einem Zuckerboom in Kambodscha und einem regelrechten Run auf Landrechte. Nicht die in Armut lebende lokale Bevölkerung und Kleinbäuer*innen profitierten von der Initiative, sondern kambodschanische Eliten und transnationale Konzerne. Seit 2006 wurden über 150.000 Hektar Land an private Investoren verpachtet, die Vergabepraxis brachte Landraub, teilweise gewaltsame Vertreibung und die Zerstörung der Lebensgrundlage der einheimischen Landnutzer*innen mit sich. Ihre Menschenrechte, insbesondere das Recht auf Nahrung, und ihre kleinbäuerlichen Rechte wurden massiv verletzt.

FIAN-Studie analysiert menschenrechtliche Folgen der EU-Handelsinitiative
Seit 2010 haben von Landraub betroffene Gemeinden – unterstützt von FIAN und anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen in Kambodscha, Thailand und Europa – die EU dazu aufgerufen, die begangenen Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit „Everything But Arms“ zu untersuchen. FIAN Österreich präsentiert heute in einer neuen Studie die Dokumentation und menschenrechtliche Analyse ausgewählter Fälle von Landraub. „Die Situation, zu der Everything But Arms in Kambodscha führte, ist beispielhaft für die strukturellen Schwachstellen der europäischen Handelspolitik: Solange Handels-Initiativen und Abkommen nicht über bindende Rahmenbedingungen verfügen, die Menschenrechtsverletzungen verhindern, besteht die Gefahr, dass sie wie beim kambodschanischen Blutzucker sogar noch dazu beitragen“, so Tina Wirnsberger, Projektkoordinatorin bei FIAN Österreich.

Menschenrechtsverpflichtungen in Lieferketten
Dass der jahrelange Widerstand der Betroffenen tatsächlich zu einer Untersuchung und Konsequenzen durch die EU-Kommission führte, ist ein Erfolg mit bitterem Beigeschmack: Die Entscheidung im Februar führte nicht dazu, dass die kambodschanische Regierung die menschenrechtliche Situation verbessert. FIAN erneuert daher anlässlich des Inkrafttretens des Präferenz-Entzugs die Forderung sowohl nach menschenrechtlichen Folgeabschätzungen für EU-Handelsinitiativen im Vorfeld, als auch den Einsatz der österreichischen Regierung für ein verbindliches Abkommens für Unternehmensverantwortung auf UN-Ebene und nationale Initiativen, um Menschenrechtsverstöße von Konzernen entlang der Lieferketten zu verhindern beziehungsweise zu sanktionieren.

Rückfragen an: Tina Wirnsberger, tina.wirnsberger@fian.at

Download der Studie: fian.at/de/artikel/kambodscha-entzug-der-eu-handelspraferenzen-mit-heute-wirksam-fian-prasentiert-neue-studie

PA: Brasilien: Illegale Rinderzucht im Amazonas – Lieferkette des größten Fleischproduzenten der Welt JBS betroffen

In der Lieferkette von JBS, dem weltweit größten Fleischproduzenten mit Sitz in Brasilien, findet sich Fleisch von Rindern, die illegal in geschützten Gebieten des brasilianischen Amazonas-Regenwalds geweidet haben. Das zeigen neue Recherchen von Amnesty International.

London/Wien, am 15. Juli 2020 – In der Lieferkette von JBS, dem weltweit größten Fleischproduzenten mit Sitz in Brasilien, findet sich Fleisch von Rindern, die illegal in geschützten Gebieten des brasilianischen Amazonas-Regenwalds geweidet haben. Das zeigen neue Recherchen von Amnesty International.

Indem das Unternehmen seine Lieferkette nicht ausreichend auf illegal gehaltene Rinder prüft, verstößt JBS gegen seine Sorgfaltspflicht gemäß der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte.

Nach den UN-Leitprinzipien trägt JBS damit zu Menschenrechtsverletzungen gegen indigene Gemeinschaften und Bewohner*innen der Reservate bei. Denn das Unternehmen schafft wirtschaftliche Anreize für die illegale Rinderhaltung in Schutzgebieten, zeigt der neue Amnesty-Bericht From Forest to Farmland, der heute veröffentlicht wird.

„JBS ist sich seit mindestens 2009 der Risiken bewusst, dass Rinder, die illegal in Schutzgebieten weiden, in seine Lieferkette gelangen können“, sagt Richard Pearshouse, leitender Krisen- und Umweltexperte bei Amnesty International, und sagt weiter: „JBS hat es versäumt, ein wirksames Überwachungssystem für seine Lieferkette, einschließlich seiner indirekten Lieferant*innen, einzuführen. Es muss den verursachten Schaden wiedergutmachen und umgehend Systeme einführen, um zu verhindern, dass sich das wiederholt.“

Amnesty International fand an den drei untersuchten Standorten zwar keine Hinweise auf eine direkte Beteiligung von JBS an Menschenrechtsverletzungen. Allerdings sind illegal in Schutzgebieten gehaltene Rinder in die Lieferkette des Unternehmens gelangt. Die Menschenrechtsorganisation fordert JBS auf, bis Ende 2020 die notwendigen Schritte einzuleiten, um diesen Missstand zu beheben.

Rasante Ausweitung der Weidefläche vernichtet Regenwald
Rund drei Viertel des brasilianischen Rindfleischs werden im Inland konsumiert. Das verbleibende Viertel gelangt in die globale Lieferkette und macht Brasilien zum weltweit größten Rindfleischexporteur. Die Hauptabsatzmärkte sind China, Hongkong, Ägypten, Chile, die Europäische Union, die Vereinigten Arabischen Emirate und Russland.

Innerhalb der brasilianischen Viehwirtschaft kann die Amazonasregion das größte Wachstum verzeichnen. So hat sich die Rinderzahl in diesem Gebiet von 1988 bis 2018 fast vervierfacht. Durch die Ausweitung der Weideflächen wurden große Teile geschützten Regenwalds auf dem Territorium indigener Gemeinschaften und in Reservaten vernichtet.

Insgesamt sind aus 63 Prozent des zwischen 1988 und 2014 abgeholzten Regenwalds Weideflächen geworden – eine Fläche fünf Mal so groß wie Portugal. Im November 2019 veröffentlichte Amnesty International einen entsprechenden Bericht und dokumentierte detailliert diese Entwicklung. Regierungsangaben zufolge gingen zwischen August 2018 und Juli 2019 in indigenen Amazonasgebieten 497 km² Regenwald verloren. Im Vergleich mit der Fläche aus dem gleichen Zeitraum im Vorjahr entspricht das einer Steigerung von 91 Prozent.

Amnesty International besuchte für den Bericht drei Gebiete: das Territorium der indigenen Gemeinschaft der Uru-Eu-Wau-Wau sowie die Reservate Rio Jacy-Paraná und Rio Ouro Preto, alle im Bundesstaat Rondônia.

In all diesen Gebieten verloren indigene Gemeinschaften durch illegale Landaneignungen Teile ihrer angestammten Ländereien, die eigentlich gesetzlich geschützt sind. Die Landrechte indigener Menschen sind zudem in internationalen Menschenrechtsnormen festgeschrieben. In allen drei Gebieten ist die kommerzielle Viehhaltung gesetzlich verboten.

Landraub und Vertreibung von Indigenen
Die illegale Landaneignung geht häufig mit Drohungen, Einschüchterung und Gewalt einher. Einige Angehörige der Uru-Eu-Wau-Wau haben beschrieben, wie sie nachts Schüsse hörten oder wie ihre Kinder mit dem Tode bedroht wurden.

Andernorts wurden ganze Gemeinschaften von ihrem Land vertrieben und müssen bei einer Rückkehr um ihr Leben fürchten. Über die vergangenen 20 Jahre hinweg sind die meisten Bewohner*innen des Reservats Rio Jacy-Paraná vertrieben worden, um immer mehr Weideflächen zu erschließen.

Amnesty International hat Satellitenaufnahmen ausgewertet, die die Angaben der ehemaligen Bewohner*innen bestätigen: ehemals bewaldete Flächen sind nun gerodet und man kann weidende Rinder und Wasserlöcher erkennen.

Viehhaltung in Schutzgebieten stark angestiegen
In Brasilien müssen die Behörden der einzelnen Bundesstaaten per Gesetz umfassende Daten zur Viehzucht erheben. Hierzu zählen zum Beispiel Informationen über den Standort von Rinderfarmen, auch solche in Schutzgebieten. Diesen offiziellen Zahlen zufolge ist die kommerzielle Viehhaltung in Schutzgebieten – wo diese Praxis illegal ist – stark angestiegen. Zwischen November 2018 und April 2020 stieg die Zahl der gehaltenen Rinder um 22 Prozent an, von 125.560 auf 153.566.

In den allermeisten Fällen werden die Rinder von Farmen in Schutzgebieten zu anderen Ranches transportiert, bevor sie zum Schlachthof gebracht werden. Das bedeutet, dass selbst Fleischerzeugnisse von legalen Rinderfarmen möglicherweise von Rindern stammen, die zuvor illegal in Schutzgebieten geweidet wurden.

Amnesty International kommt zu dem Schluss, dass in den Bundesstaaten zuständigen Stellen für Tiergesundheitskontrollen wie z. B. IDARON, die entsprechende Behörde im Bundesstaat Rondônia, de facto die illegale kommerzielle Viehzucht ermöglichen, indem sie kommerzielle Rinderfarmen registrieren und ihnen Dokumente für Viehtransporte ausstellen, auch wenn sie sich in Reservaten oder indigenen Gebieten befinden.

Dubiose Lieferkette von JBS
In Brasilien sind Viehtransporte von Farm zu Farm an der Tagesordnung. In einigen Fällen registrieren Viehzüchter den Transport von Rindern von einer Farm in einem Schutzgebiet zu einer Farm außerhalb des Schutzgebiets, nur um dann einen separaten Viehtransport von der legalen Ranch zum Fleischproduzenten JBS anmelden zu können.

Laut Angaben von Expert*innen, mit denen Amnesty International gesprochen hat, gibt es Hinweise darauf, dass Rinder durch solche nachgeschalteten Ranches geschleust werden, um den Anschein von Legalität zu erwecken – eine Praxis, die als cattle laundering bekannt ist und existierende Überwachungsmechanismen umgeht.

Amnesty International hat sich bei JBS erkundigt, ob dort im Jahr 2019 Vieh aus den drei Schutzgebieten verarbeitet wurde. Das Unternehmen gab die folgende Stellungnahme ab: „Wir beschaffen keine Rinder von Farmen, die illegale Viehzucht in Schutzgebieten betreiben. Für unsere gesamte Lieferkette gilt ausdrücklich der Ansatz, dass Entwaldung nicht unterstützt wird.“

Das Risiko, dass Fleisch von illegal geweideten Rindern in die Lieferkette gelangen könnten, ist JBS seit Längerem bekannt, doch es wurden keine ausreichenden Maßnahmen getroffen, um diesem Problem vorzubeugen. Aus externen Betriebsprüfungen ging hervor, dass JBS seine indirekten Zulieferer nicht überprüft. Im Bundesstaat Pará kam die Staatsanwaltschaft 2019 zu dem Schluss, dass „kein Unternehmen, das im Amazonas tätig ist, sagen kann, dass seine Lieferkette kein Vieh enthält, das mit Entwaldung in Verbindung gebracht werden kann […] Dasselbe gilt für Fleischfabriken und Supermärkte“.

Über die Recherchen von Amnesty International
Amnesty International recherchierte über 18 Monate hinweg in mehreren brasilianischen Bundesstaaten in der Amazonasregion. Dabei sprachen Mitarbeiter*innen der Organisation mit 24 Angehörigen indigener Gemeinschaften und Reservatsbewohner*innen sowie mit 18 Regierungsangehörigen und anderen Expert*innen.

Zudem wurden Satellitenaufnahmen von kürzlich gerodeten Gebieten ausgewertet und offizielle Zahlen zur Registrierung von Viehhaltung und Rindertransporten analysiert. Der neue Amnesty-Bericht baut auf vergangenen Recherchetätigkeiten auf, die die Organisation im Jahr 2019 in der Amazonasregion durchgeführt hatte. Damals warnte Amnesty International vor Zusammenstößen und Entwaldung und dokumentierte Gewalt gegen indigene Gemeinschaften sowie den wirtschaftlichen Anreiz, den die Viehzucht für die Abholzung neuer Waldstücke bietet.

Über JBS
JBS ist ein in Brasilien ansässiges multinationales Unternehmen, das 1953 im Bundesstaat Goiás gegründet wurde. Es beschreibt sich selbst als „eines der weltweit führenden Unternehmen in der Lebensmittelbranche“. JBS ist der größte Rindfleischerzeuger der Welt und befindet sich damit in einer einflussreichen Position, um menschenrechtliche Auswirkungen entlang seiner Lieferkette zu verhindern bzw. zu minimieren.

Amnesty International wandte sich 2019 schriftlich mit einigen Erkenntnissen und Fragen an JBS. Weite Teile der Stellungnahme von JBS sind im Bericht enthalten.

Zahlen und Fakten über die Entwaldung im brasilianischen Amazonasgebiet

Bei Fragen oder zur Vermittlung von Interviews stehen wir gerne zur Verfügung.

Presseteam Amnesty International Österreich
Lerchenfelder Gürtel 43/4/3, 1160 Wien
Martina Powell / Gesine Schmidt-Schmiedbauer
+43 664 2359138 / +43 664 4001056

E-Mail: presse@amnesty.at

 

PA: Laut UN leiden 690 Mio. Menschen an chronischem Hunger

Die Hungerzahlen steigen das fünfte Jahr in Folge. Menschenrechtsorganisation FIAN fordert Umkehr der Politik.

Die Welternährungsorganisation FAO hat gestern in New York ihren aktuellen Welternährungsbericht (SOFI) vorgestellt. Demnach ist die Zahl chronisch hungernder Menschen im vergangenen Jahr um zehn Millionen angestiegen. 144 Millionen Kinder unter fünf Jahren – mehr als 20 % – sind in ihrem Wachstum beeinträchtigt. Insgesamt zwei Milliarden Menschen sind von mittlerer bis schwerer Ernährungsunsicherheit betroffen. Die Zahlen bestätigen die besorgniserregenden Trends der vergangenen fünf Jahre – obwohl der Bericht noch nicht die Folgen der Corona-Pandemie berücksichtigt. Für das laufende Jahr erwartet die UN-Organisation einen dramatischen Anstieg hungernder Menschen um rund 80 bis 130 Millionen Menschen.

„Obwohl wir weltweit einen Überfluss an Nahrungsmittel produzieren, wird das Menschenrecht auf Nahrung von immer mehr Menschen zunehmend verletzt“, so Lukas Schmidt, Geschäftsleiter der Menschenrechtsorganisation FIAN Österreich. Die Erreichung des Ziels, den Hunger bis 2030 zu besiegen, wird mehr und mehr unrealistisch.

Über drei Milliarden Menschen weltweit sind zu arm, um sich gesund ernähren zu können. Zudem offenbart der Bericht einen massiven Mangel an nährstoffhaltigen Nahrungsmitteln – Gemüse und Obst – vor allem in Afrika. „Dazu tragen Länder des Nordens erheblich bei, oft im Tandem mit Agrarkonzernen. Sie setzen stark auf den exportorientierten Anbau von Monokulturen wie Mais, Baumwolle oder Soja. Entwicklungszusammenarbeit wird oftmals mit dementsprechenden Bedingungen verknüpft“, so Schmidt weiter.

Hunger ist kein Schicksal, sondern wird gemacht
Agrarstrategien konzentrieren sich zunehmend auf sogenannte cash crops und vernachlässigen den kleinbäuerlichen Anbau traditioneller, nahrhafter Pflanzen. „In Ländern des Südens werden rund zwei Drittel aller Nahrungsmittel von Kleinbäuer*innen produziert. Diese werden seit Jahrzehnten in unfruchtbare und abgelegene Gebiete abgedrängt und einem unfairen globalen Wettbewerb ausgesetzt. Die Politik muss endlich umsteuern – weg von konzerndominierten Ernährungssystemen hin zu einer Politik, welche die Bedürfnisse von Landwirt*innen und hungernden Menschen ins Zentrum stellt“, betont FIAN-Projektkoordinatorin Tina Wirnsberger. Ein entscheidender Schritt ist die sofortige Umsetzung der UN-Erklärung für die Rechte von Kleinbäuer*innen und anderen Menschen in ländlichen Regionen im Rahmen der österreichischen und europäischen Entwicklungs-, Handels- und Agrarpolitik.

„Wir müssen endlich begreifen, dass Hunger kein Schicksal ist! Hunger ist meist ein Resultat von Diskriminierung und Ausgrenzung“, so Schmidt. Ein Mix aus nationalen Politiken und internationalen Abkommen privilegiert heute einseitig industrielle und konzerndominierte Ernährungssysteme: inputintensive Landwirtschaft, auf Ausbeutung basierende Versorgungsketten, Investitionsabkommen oder marktbasierte Antworten auf die Klimakrise. Auch die aktuellen Corona-Maßnahmen fördern einseitig die industrielle Lebensmittelversorgung.

Ein großes Manko des Berichts sind nach Auffassung von FIAN die fehlenden Angaben zu Hungertoten. „Jedes Jahr sterben Millionen Menschen an Hunger. Es ist kaum zu glauben, dass es zu einem für die Menschheit so zentralen Thema keine belastbaren Zahlen gibt“, schließt Wirnsberger.

Hintergrund zu den Hungerzahlen:
Die Welternährungsorganisation FAO veröffentlich jährlich eine Schätzung zur Hungersituation weltweit. Dies geschieht klassisch mit dem Indikator „Verbreitung von Unterernährung“ (engl. Prevalence of Undernourishment, kurz PoU). Der Indikator bezieht sich vor allem auf die Unterschreitung einer minimalen Versorgung mit Kalorien.
Die heute veröffentlichte Zahlenreihe liegt mehr als 100 Millionen niedriger als jene des Berichts vom Vorjahr. Die FAO begründet dies mit verbesserten Daten der letzten 20 Jahre, vor allem aus China. Eine Vergleichbarkeit mit älteren Berichten ist daher nicht möglich.
Seit drei Jahren veröffentlicht die FAO zudem Zahlen eines zweiten Indikators. Der so genannte Food Insecurity Experience Scale (FIES) beruht im Gegensatz zur kalorienbasierten Kalkulation auf konkreten Haushaltsbefragungen und kann besser unterschiedliche Schweregrade von Hunger messen. Demnach wird zwischen leichter, mittlerer und schwerer Ernährungsunsicherheit unterschieden.

Rückfragen:
Lukas Schmidt lukas.schmidt@fian.at
Tina Wirnsberger tina.wirnsberger@fian.at

PA: FIAN Report zu Corona

Maßnahmen gegen COVID-19 bevorzugen industrielles Lebensmittelsystem und verschärfen Ursachen für Hunger.

FIAN legt den zweiten Monitoring-Bericht über die Auswirkungen von COVID-19 auf das Menschenrecht auf Nahrung vor. Er baut auf weltweite Recherchen und beleuchtet die Auswirkungen der Pandemie sowie positive zivilgesellschaftliche Solidaritätsaktionen in rund 30 Ländern.

Der aktuelle Bericht unterstreicht, dass die Konzentration der COVID-19 Maßnahmen auf das industrielle Ernährungssystem eine Reihe von Bevölkerungsgruppen und Berufssparten noch weiter in Hunger und Mangelernährung drängt. Zudem resultiert die Spekulation mit Lebensmittelpreisen in zahlreichen Ländern in bis zu vierfachen Preiserhöhungen, was Nahrungsmittel für Millionen Menschen unzugänglich macht.

Kleinbäuer*innenrechte: Regierung in der Pflicht
Hunger betrifft in erster Linie jene Menschen, die am Land leben und den Großteil der globalen Lebensmittel produzieren. „Die Rechte von Kleinbäuer*innen werden durch die einseitige Bevorzugung des industriellen Ernährungssystems während der Pandemie gravierend verletzt, was zur Verschärfung von bestehendem Ungleichgewicht führt. Umso wichtiger ist es, nationale Gesetze und Politiken entlang der Rechte von kleinbäuerlichen Erzeuger*innen und Landarbeiter*innen auszurichten. Auch die österreichische Bundesregierung ist hier in Bezug auf ihre Agrar-, Entwicklungs- und Handelspolitik in der Pflicht“, betont Tina Wirnsberger von FIAN Österreich und verweist auf die UN-Erklärung für die Rechte von Kleinbäuer*innen und anderen Menschen, die in ländlichen Regionen arbeiten.

Die Begünstigung von Supermärkten, teilweise gewaltsam durchgesetzte Ausgangssperren und die Schließung lokaler Märkte, wie sie in Ecuador, Kolumbien, Simbabwe, Senegal, Mosambik und den USA dokumentiert wurden, führten zum gänzlichen Einkommensverlust für Kleinbäuer*innen, Fischer*innen und andere Menschen, die am Land arbeiten. Tonnen von Ernte und Vieh mussten vernichtet bzw. eingeschläfert werden, Millionen von Menschen blieben ohne Zugang zu frischen, abwechslungsreichen und gesunden Nahrungsmitteln zurück.

Ausbeuterische Arbeitsbedingungen beenden
COVID-19 bringt auch die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen von – meist migrantischen – Arbeiter*innen in der industriellen Landwirtschaft und Fleischproduktion ans Licht der Öffentlichkeit. Die bekannt gewordenen Fälle von Erntearbeiter*innen in Österreich oder in großen Schlachtbetrieben in Deutschland sind keine Einzelfälle, sondern zeigen die jahrelange Praxis struktureller Diskriminierung im agrarindustriellen Ernährungssystem.

Die Pandemie und ihre Auswirkungen zeigen deutlich, dass ein auf Ausbeutung von Mensch und Umwelt basierendes Ernährungssystem nicht widerstandsfähig ist. FIAN setzt sich umso mehr dafür ein, dass kleinbäuerliche, in Zeiten des Klimawandels krisenfeste Landwirtschaft und das Recht auf ausreichende und angemessene Ernährung gestärkt werden. Erfreulich ist, dass in den Lockdowns auch zahlreiche zivilgesellschaftliche Solidaritätsaktionen entstanden sind und sowohl in ländlichen Gebieten, als auch in Städten lokale Gemeinschaften und soziale Bewegungen das Recht auf Nahrung sichergestellt haben.

Der englischsprachige Bericht steht Ihnen hier zum Download zur Verfügung.

Weitere Hintergrundinformationen und den ersten COVID-19 Monitoring-Bericht (April 2020) finden Sie hier.

Rückfragen:
Tina Wirnsberger
tina.wirnsberger@fian.at
FIAN Österreich
Int. Menschenrechtsorganisation für das Recht auf Nahrung
Schwarzspanierstraße 15/3/1, 1090 Wien
Tel: 01 – 2350239

 

PA: Weltumspannend Arbeiten warnt vor Anstieg der Kinderarbeit

„Arbeit ist kein Kinderspiel! Alle Produkte, die wir in Österreich kaufen, müssen frei von Kinderarbeit sein!“, fordert der entwicklungspolitische Verein im ÖGB.

„Die Folgen der COVID-19-Pandemie könnten die bisherigen Erfolge im Kampf gegen ausbeuterische Kinderarbeit zunichtemachen“, zeigt sich Peter Schissler, Vorsitzender von weltumspannend arbeiten, dem entwicklungspolitischen Verein im ÖGB, anlässlich des Welttags gegen Kinderarbeit am 12. Juni beunruhigt.

Mit zunehmender globaler Armut steigt auch die Verbreitung von Kinderarbeit, warnte UNICEF erst kürzlich. Schulschließungen aufgrund der Corona-Maßnahmen sowie eine erhöhte elterliche Sterblichkeit aufgrund von COVID-19 zwingen Kinder zur Kinderarbeit, die ihre Gesundheit und Sicherheit beeinträchtigt.

Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) schätzt, dass weltweit immer noch 152 Millionen Kinder arbeiten müssen. Das Problem ist besonders akut in Afrika, wo fast die Hälfte der Kinderarbeiter (72,1 Millionen) zu finden sind, die Mehrheit in der Landwirtschaft.

„Das kann und muss sich ändern“, zeigt sich Schissler überzeugt. Hierfür sind konkrete Armutsbekämpfungsprogramme der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) von entscheidender Bedeutung, um die schlimmsten Auswirkungen der COVID-19-Krise auszugleichen und Kinderarbeit wirksam zurückdrängen zu können. „Trotz – oder besser gesagt gerade wegen – der Corona-Krise muss das Ziel der österreichischen Bundesregierung, die EZA-Gelder endlich auf ein internationales Niveau zu heben, beibehalten werden. 0,7 Prozent des BIP sind das Mindeste!“, fordert Schissler.

Auch was die Verantwortung von Unternehmen entlang der Lieferkette betrifft, könnte Österreich eine Vorzeigerolle einnehmen und Produkte, in denen Kinderarbeit steckt, einfach vom Markt verbannen. In diesem Zusammenhang erinnert der Vorsitzende des entwicklungspolitischen Vereins im ÖGB an einen kürzlich im Nationalrat neu eingebrachten Entwurf eines Sozialverantwortungsgesetzes (SZVG). Dieses sieht vor, dass Bekleidung einschließlich Schuhe und Textilien, in denen Kinder- oder Zwangsarbeit steckt, nicht in Österreich verkauft werden dürfen.

Auf europäischer Ebene gibt es ebenfalls unterstützenswerte Initiativen für eine gesetzliche Sorgfaltspflicht der Unternehmen. Während in Frankreich und den Niederlanden solche Lieferketten-Gesetze schon Realität sind, wird dies in Deutschland gerade auf höchster Ebene diskutiert. Nachhaltige Lieferketten sollen auch ein Schwerpunktthema der deutschen EU-Ratspräsidentschaft (ab Juli 2020) sein.  EU-Justizkommissar Didier Reynders hat für 2021 einen Vorschlag für ein europaweites Gesetz eingebracht, das Missständen wie ausbeuterischer Kinderarbeit endlich ein Ende setzen soll.

„Wenn wir das auf UN-Ebene erklärte Ziel der Abschaffung ausbeuterischer Kinderarbeit bis 2025 erreichen wollen, müssen wir alle an einem Strang ziehen“, so Schissler abschließend.

SERVICE: Dossier „Kampf gegen Kinderarbeit“ unter www.weltumspannend-arbeiten.at/ueber-uns/berichte/kampf-gegen-kinderarbeit; Hintergrundbroschüre „Kinderarbeit – die bittere Seite der Schokolade“ als Download unter www.proge.at/kakao

Rückfragen & Kontakt:
Mag. Michael Wögerer
Weltumspannend Arbeiten – Der entwicklungspolitische Verein im ÖGB
Tel: +43 (0)1 53444-39328 ; Mobil: +43 (0)6642838491
e-mail: michael.woegerer@oegb.at
http: www.weltumspannend-arbeiten.at

PA: Welttag gegen Kinderarbeit am 12.6.2020

Leere Unternehmensbekenntnisse gegen Ausbeutung im Kakaoanbau – Kinderarbeit nimmt zu. Südwind und Gewerkschaft fordern gemeinsam das Ende von Kinderarbeit in der Schokoladenproduktion.

Wien, 10.6.2020 – 2020 und noch immer kein Ende der Kinderarbeit im Kakaoanbau in Sicht: Am 29. Juni 2020 soll ein Bericht der Universität von Chicago über Kinderarbeit im Kakaosektor veröffentlicht werden. Dieser kommt zum Schluss, dass der Einsatz von Kinderarbeit auf den Kakaoplantagen in Ghana und der Elfenbeinküste in den letzten zehn Jahren sogar zugenommen hat. „Trotz ihres Versprechens im Harkin-Engel-Protokoll von 2001, die ausbeuterische Kinderarbeit bis 2020 um 70 % zu reduzieren, geht die aktuelle Entwicklung in die andere Richtung“, kritisiert Gerhard Riess, Branchensekretär der Produktionsgewerkschaft (PRO-GE), die großen Schokoladenkonzerne.

Dieses internationale freiwillige Abkommen zur Abschaffung der schlimmsten Formen von Kinderarbeit wurde von den weltweit größten Schokoladeproduzenten geschlossen. Eine wesentliche Vereinbarung betraf die Entwicklung eines allgemein anerkannten industrieweiten Standards, der einen Anbau von Kakao ohne Kinderarbeit garantieren sollte. 20 Jahre später, trotz Verlängerung der ursprünglichen Frist, steht die Branche immer noch am Anfang.

„2,26 Millionen Kinder in der Elfenbeinküste und in Ghana sind in der Kakaoproduktion tätig, Tendenz leider steigend. Der größte Teil von ihnen muss gefährliche Arbeiten verrichten: Sie schlagen Kakaoschoten mit Macheten auf, schleppen schwere Säcke oder verspritzen Pestizide, oft in langen Schichten“, klärt Gudrun Glocker, Mitarbeiterin der entwicklungspolitischen Organisation Südwind, über die Situation der Kinder im Kakaoanbau auf. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Kakaobäuerinnen und -bauern in Westafrika verdienen oft weniger als zwei Euro pro Tag, Armut ist Hauptursache für Kinderarbeit.

Gefordert im Kampf gegen Kinderarbeit sind vor allem die Schokoladekonzerne. „Als dominierende Marktteilnehmer haben sie sowohl die Macht als auch die Verantwortung für die Einhaltung der Menschenrechte und menschenwürdige Arbeitsbedingungen in der Kakao- und Schokoladeproduktion zu sorgen“, fordern Riess und Glocker unisono. „Nach zwei Jahrzehnten voller Versprechen ist es längst überfällig, das Verbot der Kinderarbeit uneingeschränkt durchzusetzen.“

KonsumentInnen, die sicher gehen möchten, dass ihre Schokolade nicht aus Kinderhänden stammt, können Folgendes beachten:

  • Unabhängig zertifizierte Schokolade kaufen: Nur bei Kakao mit Fairtrade Siegel bekommen die KakaobäuerInnen einen garantierten besseren Mindestpreis und eine Prämie, Kinderarbeit ist verboten. Die Bio-Zertifizierung hilft zusätzlich der Gesundheit der KleinbäuerInnen und KonsumentInnen sowie der Umwelt. Auch das UTZ-Siegel sichert Mindeststandards im Kakaoanbau.
  • Teuer ist nicht unbedingt besser: Der Verkaufspreis sagt nichts darüber aus, ob in der Produktionskette Kinderarbeit vorgekommen ist. Teure Schokolade ohne Zertifikat ist hier nicht besser als billigere.
  • Verzicht ist keine Lösung, Nachfragen hilft: Keine Schokolade zu kaufen, hilft den KakaobäuerInnen nicht. Besser ist, bei den Herstellern nachzufragen und eine Herstellung ohne Kinderarbeit einzufordern.

Glocker, die bei Südwind auch das EU-Projekt #GoEAThical leitet, appelliert besonders an die Jugend: „Wir konsumieren tagtäglich eine Vielzahl an Produkten, deren Lieferketten sich quer über den Globus ziehen. Diese Vielschichtigkeit führt oft zu einer Intransparenz, die es großen Konzernen leicht macht, die Umwelt zu verschmutzen und Menschen auszubeuten. Durch kritisches Nachfragen bei Herstellern und aktives Engagement können Jugendliche einen wertvollen Teil zu einer global gerechteren Welt beitragen.“ Im #GoEAThical Projekt werden junge Menschen in 12 Ländern unterstützt, sich für nachhaltige Lieferketten im Lebensmittelsektor einzusetzen und Druck auf EntscheidungsträgerInnen in Unternehmen und in der Politik auszuüben. Insgesamt sollen dabei 30 Millionen Jugendliche angesprochen und motiviert werden, sich für faire Arbeitsbedingungen in den Lieferketten der globalen Lebensmittelbranche einzusetzen.

  • Hintergrundbroschüre „Kinderarbeit – die bittere Seite der Schokolade“ mit ausführlichem Siegel-Check, Plakat und Postkarte finden Sie hier: www.proge.at/kakao
  • Fotos vom Kakaoanbau finden Sie hier: Südwind Pressefotos

Rückfragehinweise:
Gewerkschaft PRO-GE Öffentlichkeitsarbeit, Mathias Beer, Mobil: +43 664 6145 920, E-Mail: mathias.beer@proge.at
Südwind Pressesprecherin, Theresa Gral, Mobil: +43 650 375 1987, E-Mail: theresa.gral@suedwind.at

Diese Aussendung wird im Rahmen des Projekts #GoEAThical mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union und der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit durchgeführt. Die darin vertretenen Standpunkte geben die Ansicht von Südwind und den Partnerorganisationen wieder und stellen somit in keiner Weise die offizielle Meinung der Fördergeber dar.

Südwind setzt sich als entwicklungspolitische Nichtregierungsorganisation seit 40 Jahren für eine nachhaltige globale Entwicklung, Menschenrechte und faire Arbeitsbedingungen weltweit ein. Durch schulische und außerschulische Bildungsarbeit, die Herausgabe des Südwind-Magazins und anderer Publikationen thematisiert Südwind in Österreich globale Zusammenhänge und ihre Auswirkungen. Mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen, Kampagnen- und Informationsarbeit, engagiert sich Südwind für eine gerechtere Welt. www.suedwind.at

 

 

PA: Europatag: ADA und EU zusammen für bessere Lebensbedingungen weltweit

Die Europäische Kommission und die EU-Mitgliedsstaaten sind gemeinsam der weltweit größte Geber von Entwicklungshilfeleistungen. Bei der Umsetzung von Entwicklungsvorhaben setzt die Europäische Union immer mehr auf österreichische Expertise. Seit 2009 vertraute die EU der Austrian Development Agency (ADA) dafür knapp 190 Millionen Euro an. Sie verbessern die Lebensbedingungen von Millionen Menschen.

8. 5. 2020. Klimawandel, Migration, humanitäre Krisen – die Liste an Herausforderungen, die die internationale Staatengemeinschaft zu bewältigen hat, ist lang. Die Europäische Union und Österreich begegnen ihnen gemeinsam. 2009 wickelte die Austrian Development Agency erstmals Gelder der EU ab. Seitdem baute die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit dieses Engagement sukzessive aus. Insgesamt vertraute ihr die EU bis dato knapp 190 Millionen Euro zur Umsetzung an. Der Europatag am 9. Mai gedenkt mehr als nur dem Frieden und Zusammenhalt in Europa. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie zeigt, dass grenzübergreifende Lösungsansätze und Kooperationen dringender gebraucht werden denn je. Die EU und ADA leben es vor.

Gemeinsame Initiativen – größere Wirkung
„Allein 2019 haben wir in neun Ländern und einer Region zwölf delegierte Kooperationen für die EU-Kommission umgesetzt – das ist so viel wie noch nie zuvor. Zusammen bündeln wir unser Know-how und unsere Mittel. Die Rechnung ist einfach, denn mit gemeinsamen Initiativen erzielen wir eine größere Wirkung. Dass uns die EU vermehrt ihre Mittel zur Umsetzung anvertraut, macht mich stolz. Und es bestätigt einmal mehr: Auf uns und unsere Expertise ist Verlass“, betont ADA-Geschäftsführer Martin Ledolter anlässlich des Europatages.

Im letzten Jahr wickelte die Austrian Development Agency mehr als 99 Millionen Euro für die EU in Albanien, Armenien, Äthiopien, Burkina Faso, Georgien, Kosovo, Moldau, Serbien, Uganda und in der Region Ostafrika ab. Die Projekte reichen von nachhaltigem Bergtourismus in Georgien über ein Friedens- und Sicherheitsprogramm am Horn von Afrika bis hin zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen in Entwicklungsländern und zum Aufbau eines Kanalsystems in einer Kleinstadt in der Republik Moldau. Eines haben sie alle gemeinsam: Sie lindern Armut und geben Mut zur Hoffnung in Regionen, die besonders von prekären Verhältnissen gezeichnet sind.

Verlässlicher Partner für nachhaltige Entwicklung
Ein Beispiel aus Armenien zeigt: Die Resultate lassen sich sehen. Nach Abschluss der EU-Initiative für Biolandwirtschaft etwa zählt das Schwerpunktland der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit doppelt so viele Bioproduzentinnen und -produzenten wie noch vor dreieinhalb Jahren. Das gemeinsame Projekt hat nicht nur 680 Arbeitsplätze geschaffen – auch der Umsatz der Beteiligten ist deutlich gestiegen. Daran knüpfen EU und ADA nun mit einer Nachfolgeinitiative an. Mit dem einprägsamen Akronym „GAIA“ treibt das Projekt „Green Agriculture in Armenia“ bis Ende 2022 nachhaltige Landwirtschaft und inklusives wirtschaftliches Wachstum im Norden Armeniens weiter voran. Dafür stehen 11,7 Millionen Euro zur Verfügung. 9,7 Millionen kommen von der EU, 2 Millionen Euro steuert die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit bei.

Entwicklungsweltmeister Europa
Morgen vor exakt 70 Jahren stellte Robert Schuman, der damalige Außenminister Frankreichs, seine Vision für Frieden in Europa vor. Sein Vorschlag für eine gemeinsame Kohle- und Stahlproduktion ging als „Schuman-Erklärung“, der 9. Mai 1950 als „Geburt der Europäischen Union“ in die Geschichte ein. Seit seinem EU-Beitritt vor 25 Jahren hat sich Österreich als Mitglied der Europäischen Union auf mehreren Ebenen weiterentwickelt. Im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit setzt die EU zunehmend auf österreichische Expertise. Mehr als die Hälfte aller Mittel, die 2018 an Entwicklungsländer geflossen sind, stammen von der EU.

Austrian Development Agency
Die Austrian Development Agency, die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, unterstützt Länder in Afrika, Asien, Südost- und Osteuropa bei ihrer nachhaltigen Entwicklung. Gemeinsam mit öffentlichen Einrichtungen, Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen setzt die ADA derzeit Projekte und Programme mit einem Gesamtvolumen von 500 Millionen Euro um.

Rückfragehinweis:
Austrian Development Agency,
die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit
Zelinkagasse 2, 1010 Wien
Mag. Katharina Schreiber
Tel.: +43 676 83903414
katharina.schreiber@ada.gv.at
www.entwicklung.at

PA: Österreichs Internationales COVID 19-Rettungspaket jetzt!

VertreterInnen der Zivilgesellschaft fordern 100 Mio. Euro Soforthilfe für Länder des Globalen Südens.

08.05.2020. Die COVID-19 Pandemie ist eine globale Krise, die keine Grenzen kennt. Wir besiegen sie weltweit oder gar nicht – so der einhellige Tenor der VertreterInnen der Zivilgesellschaft, die heute von Österreichs Bundesregierung ein Internationales COVID-19 Rettungspaket für die von der Coronakrise massiv betroffenen Länder des Globalen Südens einmahnen. Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19 Pandemie, sowie Maßnahmen zur Abschwächung der Folgen und zur makroökonomischen Stabilisierung in Ländern des Globalen Südens sind dringend nötig und in unserem wohlverstandenen Eigeninteresse. Die Pandemie weltweit zu bekämpfen ist in unser aller Interesse, sonst kommt sie in Wellen wieder zu uns nach Österreich zurück.
Österreichs Regierung ist aufgerufen, ein internationales Rettungspaket zu schnüren: erstens eine Soforthilfe in Höhe von 100 Millionen Euro und zweitens einen langfristigen Ausbau der Entwicklungshilfeleistungen, um die Wirtschaft am afrikanischen Kontinent langfristig zu stabilisieren.

Annelies Vilim, Geschäftsführerin der AG Globale Verantwortung:
„Länder des Globalen Südens haben schlechte Gesundheitssysteme, kaum sauberes Wasser und in den oft dicht besiedelten Slums ist es unmöglich, Mindestabstand zu halten. Ohne Unterstützung wird COVID-19 wie ein Tsunami über weite Teile Afrikas rollen und in Wellen zu uns nach Österreich zurückkehren. Zudem drohen Hunger, Unruhen, Gewalt, Instabilität – ein Nährboden für Kriege, Konflikte und Terror. Es ist absolut im Interesse Österreichs, mit 100 Millionen Euro Soforthilfe die Folgen zu minimieren.“

Andreas KnappGeneralsekretär Internationale Programme Caritas Österreich
„Es droht ein enormer Anstieg von extremer Armut, bis zu 500 Millionen Menschen werden Schätzungen zufolge zusätzlich verarmen. Als Folge des Lockdowns drohen auch Hungerepidemien unvorstellbaren Ausmaßes. Die Zahl der Menschen, die akut Hunger leiden könnte noch dieses Jahr sprunghaft auf 265 Millionen Menschen anwachsen und sich damit verdoppeln. Ohne Perspektiven werden viele Menschen gezwungen sein, Perspektiven anderswo zu suchen, auch in Europa.“

Michael OpriesnigGeneralsekretär Österreichisches Rotes Kreuz:„Das Rote Kreuz ist in zahlreichen Ländern im Einsatz gegen Corona. Der große Unterschied zu Österreich ist, dass es vielerorts schwache Gesundheitssysteme gibt, die Schwierigkeiten haben, Corona-Patienten zu behandeln. Noch schwieriger ist das in Konfliktregionen – wie etwa in Afghanistan. Dort versorgt das Rote Kreuz Spitäler mit medizinischer Ausrüstung. Damit wir das weiterhin tun können, brauchen wir Unterstützung.“

Sabine PrennGeschäftsführerin Licht für die Welt Österreich
„Die negativen Auswirkungen durch die Coronakrise sind für besonders verwundbare Menschen extrem hoch. Diese verheerenden Folgen müssen wir abfangen oder so gut es geht abfedern. Das heute geforderte Rettungspaket muss inklusiv sein, also für und mit Menschen mit Behinderungen ausgestaltet und umgesetzt werden: Es geht es um die Zukunft von einem Fünftel der Bevölkerung Afrikas.“

Elisabeth Hauser, Geschäftsführerin SOS Kinderdorf Österreich
„Die Corona-Pandemie ist weltweit eine existenzielle Gefahr für die Gesundheit, den Schutz und die Entwicklung von Kindern. Ausgangssperren, Schulschließungen und ausbleibende Einkommensmöglichkeiten von Familien treffen Kinder extrem hart. Ohne umfassende Hilfsmaßnahmen bedeutet das für viele Kinder, dass sie aktuell hungern und womöglich ihren Bildungsweg für immer abbrechen müssen.“

Andrea Barschdorf-HagerGeschäftsführerin CARE Österreich
„Eine weltweite Pandemie lässt sich nie im Inland allein bekämpfen. Deshalb ist es wichtig, dass Österreich auch Mittel bereitstellt, um jenen Staaten bei der Bekämpfung zu helfen, die nicht über ein stabiles Gesundheitssystem verfügen. Dabei geht es nicht nur um eine humanitäre Verpflichtung, sondern letztlich um die wirtschaftliche Stabilität ganzer Regionen im Interesse Europas und Österreichs.”

Rückfragen & Kontakt:
AG Globale Verantwortung
Wolfgang Marks
Öffentlichkeitsarbeit
+43 1 522 44 22 – 15, +43 699 17 20 42 07
wolfgang.marks@globaleverantwortung.at
www.globaleverantwortung.at

 

AVISO Online-PK: Österreichs Internationales COVID 19-Rettungspaket jetzt!

Wie kann und soll Österreichs Bundesregierung einen internationalen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie leisten? Vor welchen Herausforderungen stehen Entwicklungsländer im Kampf gegen COVID-19? Antworten auf diese und andere Fragen werden ExpertInnen im Rahmen einer Online-Pressekonferenz der AG Globale Verantwortung geben, bei der sie die Eckpunkte eines internationalen COVID-19 Rettungspakets für Entwicklungsländer vorstellen.

Online-Pressekonferenz 
Freitag, 08.05.2020 , 10 Uhr, in Form eines Zoom-Meetings. Der Zugang wird nach der Anmeldung zugeschickt, Fragen sind per Chat und auch direkt möglich.
Dazu ist eine vorherige Anmeldung unter anmeldung@concordia.at bzw. in CC presse@globaleverantwortung.at notwendig!

Statements
Elisabeth Hauser, Geschäftsführerin SOS Kinderdorf Österreich
Andreas Knapp, Generalsekretär Internationale Programme Caritas Österreich
Michael Opriesnig, Generalsekretär Österreichisches Rotes Kreuz
Sabine Prenn, Geschäftsführerin Licht für die Welt
Annelies Vilim, Geschäftsführerin AG Globale Verantwortung
Andrea Barschdorf-Hager, Geschäftsführerin CARE Österreich

Rückfragen & Kontakt:
AG Globale Verantwortung
Wolfgang Marks
Öffentlichkeitsarbeit
+43 1 522 44 22 – 15, +43 699 17 20 42 07
wolfgang.marks@globaleverantwortung.at
www.globaleverantwortung.at

Kommentar der ÖFSE: Corona-Krise als Chance für eine globale nachhaltige Entwicklung?

Während derzeit in Österreich zwar eine Verknüpfung der Maßnahmen im Kampf gegen die durch die Corona-Krise verursachte Weltwirtschaftskrise mit dem Klimaschutz gefordert wird, droht die dritte Säule der erst im Jahr 2015 bei der UN-Generalversammlung beschlossenen Sustainable Development Goals (SDGs), die globale soziale Dimension, unter den Tisch zu fallen.

Angesichts der drohenden massiven sozialen Folgen von COVID-19 ist gerade der SDG-Ansatz für die Erarbeitung kohärenter Politiken von großer Aktualität. Die Bundesregierung muss die Bekämpfung der sozialen und ökonomischen Auswirkungen der Corona-Krise in ihrer Entwicklungspolitik deutlich aufwerten.

Kommentar von Michael Obrovsky und Werner Raza (ÖFSE), April 2020:
www.oefse.at/publikationen/aktueller-kommentar-april-2020