Archiv der Kategorie: Politik

image_pdfimage_print

VERANSTALTUNG: GLOBAL INEQUALITY TALK #7: Die soziale Dimension der Nachhaltigkeit

Vor allem im globalen Süden vertreiben neben gewaltsamen Konflikten auch Dürren und Überschwemmungen Menschen aus ihrer Heimat. Deutlich wird damit, dass alle Maßnahmen, die in den letzten Jahrzehnten eine „erfolgreiche Entwicklung“ gebracht haben, massiv dem Klima geschadet haben.

Die Sustainable Development Goals von 2015 wollen Hunger und Armut beseitigen – und das möglichst „klimaneutral“. Doch einige Ziele widersprechen einander: Wie sollen Industrialisierung (SDG 9) und Klimaschutz (SDG 13), Wirtschaftswachstum (SDG 8) und „weniger Ungleichheiten“ (SDG 10) gleichzeitig erreicht werden?

Damit stellt sich die Frage, wie Maßnahmen zur Rettung des Weltklimas überhaupt sozial gerecht erfolgen können. Auch in Österreich wird über die soziale Abfederung von Ökosteuern heiß debattiert. Wird die Rettung des Weltklimas soziale Ungleichheit weiter verschärfen? Oder gibt es Wege, Klimamaßnahmen sozial gerecht zu gestalten?

Über die soziale Dimension der Nachhaltigkeit reden wir beim Global Inequality Talk #7 am Mi., 24. November mit Petra Bayr (SPÖ) und Anja Appel (KOO).

Am Podium: Petra Bayr (SPÖ) und Anja Appel (Koordinierungsstelle der Österr. Bischofskonferenz)
Moderation: Gerald Faschingeder (Paulo Freire Zentrum)
Termin: Mi., 24. November 2021 um 16.00-16.45 Uhr
Format: Zoom Webinar (Teilnahme-Link wird den Angemeldeten kurzfristig zugesendet.)
Sprache: Deutsch
Nähere Infos und Anmeldung

Eine Veranstaltung vom Paulo Freire Zentrum.

Einladung: Klimakrise befeuert Vertreibung

VIDC-Podiumsdiskussion mit Adil Najam, Raya Muttarak und Jane Linekar am 4. November 2021, 19:00 – 21:00 Uhr in der Hauptbücherei Wien.

Unter dem Motto „Uniting the world to tackle climate change” findet in Glasgow vom 31. Oktober bis 12. November 2021 die 26. UN-Klimakonferenz (COP26) statt. Die Konferenz vollzieht sich vor dem Hintergrund einer immer schneller und folgenschwerer voranschreitenden Klimakrise – das haben die Waldbrände in den Mittelmeerregionen sowie die Überschwemmungen in Deutschland in diesem Sommer sehr deutlich gezeigt. Auch der Sachstandsbericht des Weltklimarats der Vereinten Nationen vom August dieses Jahres spricht eine eindeutige Sprache: Der Bericht geht davon aus, dass die Klimaveränderungen in den kommenden Jahrzehnten in allen Regionen zunehmen werden. Bei einer globalen Erwärmung von 1,5°C wird es immer mehr Hitzewellen, längere warme und kürzere kalte Jahreszeiten geben.  Bei 2°C globaler Erwärmung würden Hitzeextreme häufiger und kritische Toleranzschwellen für Landwirtschaft und Gesundheit erreicht, so der Bericht.

Menschen in den Ländern des Globalen Südens sind von den kurzfristigen und langfristigen Auswirkungen des Klimawandels besonders betroffen. Die Weltbank geht in einem aktuellen Bericht von bis zu 216 Millionen Binnenvertriebenen aufgrund des Klimawandels bis zum Jahr 2050 aus. Diese Menschen können sich vor den häufigen und intensiver werdenden wetterbedingten Ereignissen, wie Überschwemmungen, Feuer, Dürren und Stürmen weniger schützen und sind immer häufiger gezwungen ihre Herkunftsorte zu verlassen und ein neues Zuhause zu suchen.

Die Veranstaltung geht der Frage nach, wie sich die Klimakrise auf Konflikte und Vertreibungen im Globalen Süden auswirken.
Was wären notwendige Anpassungsstrategien zur Katastrophenrisikominderung in den ärmeren und besonders bedrohten Ländern des Globalen Südens? Wie können Länder mit hohem Risiko und geringer Kapazität gezielt dabei unterstützt werden, sich vor den Auswirkungen des Klimawandels besser zu schützen? Wie ist der Status Quo in Bezug auf Klimawandel und Vertreibung? Welcher Zusammenhang besteht zwischen Konflikten und der Klimakrise? Wer ist von Vertreibungen besonders betroffen? Ist klimabedingte Vertreibung weiblich? 

Mehr Infos und Anmeldung

NEWSLETTER 2/2021: SDG 1: „Armut“, u.v.m.

Diesmal mit Recherchematerial zum Nachhaltigkeitsziel 1 „Armut“, einer Vorberichterstattung zu den anstehenden Wahlen in Nicaragua, einem Überblick zu kommenden Wahlen weltweit, Gedenk- und Aktionstagen, sowie Terminen.

Kommende Wahlen in Lateinamerika, Asien und Afrika
24. Okt. Usbekistan: Parlamentswahl und Präsidentschaftswahl
7. Nov. Nicaragua: Parlamentswahl und Präsidentschaftswahl
21. Nov. Chile: Parlamentswahl und Präsidentschaftswahl
28. Nov. Honduras: Parlamentswahl und Präsidentschaftswahl
4. Dez. Gambia: Präsidentschaftswahl
12. Dez. Neukaledonien: Unabhängigkeitsreferendum
24. Dez. Libyen: Parlamentswahl

Internationale Gedenk- und Aktionstage

·         24. Okt.: Welttag der Vereinten Nationen und der Information über Entwicklungsfragen. An diesem Tag ist 1945 die Charta der Vereinten Nationen in Kraft getreten. Die Vereinten Nationen sind ein zwischenstaatlicher Zusammenschluss von 192 Staaten, ihre wichtigsten Aufgaben sind die Sicherung des Weltfriedens, die Einhaltung des Völkerrechts, der Schutz der Menschenrechte und die Förderung der internationalen Zusammenarbeit. Der Welttag der Information über Entwicklungsfragen findet seit 1972 auf Beschluss der UN mit dem Ziel statt, die weltweite Aufmerksamkeit auf die Entwicklungsprobleme zu lenken sowie auf die Notwendigkeit der Stärkung internationale Zusammenarbeit, um diese globalen Ungerechtigkeiten zu lösen.

·         2. Nov.: Internationaler Tag gegen Straflosigkeit für Verbrechen an JournalistInnen, 2013 von den Vereinten Nationen im Andenken an zwei in 2013 in Mali getötete JournalistInnen initiiert.

·         15. Nov.: Writers in Prison Day, initiiert 1980 durch das 1960 gegründete „Writers in Prison“-Kommittee der Schriftstellervereinigung P.E.N., in dem über 150 Schriftstellerorganisationen aus mehr als 100 Nationen vereinigt sind. An diesem Tag wird an verfolgte, inhaftierte und ermordete SchriftstellerInnen sowie JournalistInnen erinnert.

·         16. Nov.: Internationaler Tag für Toleranz. Am 16. November 1995 unterzeichneten 185 Mitgliedsstaaten der UNESCO die Erklärung der Prinzipien zur Toleranz. Seitdem erinnert die UNESCO jährlich an jene Regeln, die ein menschenwürdiges Zusammenleben der unterschiedlichen Kulturen und Religionen ermöglichen.

·         29. Nov.: Buy Nothing Day. Der Buy Nothing Day (deutsch: Kauf-Nix-Tag) ist ein konsumkritischer Aktionstag am letzten Freitag im November. Er wird mittlerweile in 80 Ländern – auch in Österreich – organisiert. Er ist die Antwort auf den Black Friday, der in den USA traditionell die Kaufsaison für Weihnachten einleitet.

·         2. Dez.: Internationaler Tag zur Abschaffung der Sklaverei, von den Vereinten Nationen zur Abschaffung der Sklaverei initiiert in Erinnerung an die 1949 verabschiedete Konvention zur Bekämpfung des Menschenhandels und der Ausbeutung von Personen. Weltweit leben immer noch mehr als 20 Millionen Menschen in Sklaverei oder sklavenähnlichen Verhältnissen.

·         2. Dez.: Internationaler Tag des Ehrenamtes zur Anerkennung und Förderung ehrenamtlichen Engagements. Der Tag wurde 1985 von den Vereinten Nationen (UN) beschlossen.

·         10. Dez.: Tag der Menschenrechte. Seit 1948 wird an diesem Tag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte gedacht und von Menschenrechtsorganisationen genutzt, um auf Verletzungen dieser Rechte hinzuweisen.

·         18. Dez.: Internationaler Tag der MigrantInnen. 2000 hat die UNO diesen Tag ausgerufen, 1990 wurde die Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Migranten und ihrer Familienangehörigen von der UN-Vollversammlung angenommen.

Veranstaltungs-Termine

22. Okt.: Online-Talk: Elektroschrott in Europa und Ghana
Warum gelangt E-Schrott trotz Verboten nach Ghana? Was bedeutet das für Menschen & Umwelt? Wie kann illegale Verschiffung verhindert werden? Der Umweltjournalist Mike Anane berichtet in diesem Online-Talk von Südwind und ISJE über die aktuellen Entwicklungen in Ghana. Er stellt notwendige politische Lösungsansätze und Regulierungsmaßnahmen zur Diskussion, welche den illegalen Export von Elektroschrott unterbinden und die schädlichen Auswirkungen von elektronischen und elektrischen Geräten am Ende ihrer Nutzungsdauer reduzieren können.
Mehr Info

Bis 24. Okt.: Ausstellung World Press Photo 21 in Wien
Zum 20. Mal präsentiert das WestLicht die wichtigste Leistungsschau der internationalen Pressefotografie. 
Mehr Info

27. Okt.: Online: Global Inequality Talk #6: Gender – SDGs – Österreich
Was kann Österreich tun, um Geschlechtergleichstellung als eine der zentralen Forderungen der Nachhaltigen Entwicklungsziele weltweit durchzusetzen? Darüber diskutiert um 16 Uhr Henrike Brandstötter (Entwicklungspolitische Sprecherin der NEOS) mit Claudia Thallmayer (Entwicklungspolitisches Netzwerk für Frauenrechte und feministische Perspektiven WIDE). 
Nähere Infos & Anmeldung

29. bis 31. Okt.: WeFair in Linz
Die Messe für einen nachhaltigen Lebensstil.
Mehr Info

4. Nov.: Klimakrise befeuert Vertreibung
Podiumsdiskussion um 19 Uhr mit Adil Najam, Raya Muttarak und Jane Linekar in der Hauptbücherei am Gürtel, Wien.
Die Veranstaltung geht der Frage nach, wie sich die Klimakrise auf Konflikte und Vertreibungen im Globalen Süden auswirken.
Mehr Info

8. bis 30. Nov.: Entwicklungspolitische Hochschulwochen in Linz und Salzburg
Entwicklung wohin? Kontinuitäten unterbrechen – Nord-Süd verbinden – Neues verhandeln. Darum geht es bei der Veranstaltungsreihe von Südwind, die heuer erstmals auch in Linz stattfindet.
Programm und Anmeldung für Linz und Salzburg

16. bis 19. Nov.: YOUKI in Wels
Im Zentrum steht der Internationale Kurzfilmwettbewerb. Jährlich reichen dazu junge Regisseur*innen aus aller Welt ihre Filme bei uns ein.
Mehr dazu

19. bis 21. Nov.: ÖKO FAIR 2021 in Innsbruck
Bei der dritten Tiroler Nachhaltigkeitsmesse 2021 werden ökofaire Produkt- und Dienstleistungsangebot aus den Bereichen Mode & Textilien, Ernährung, Lifestyle und Tourismus und ein buntes Rahmenangebot präsentiert.
Mehr Info

Bis 15. März 2022: Ausstellung: Re:present Unlearning Racism im Weltmuseum Wien
Gezeigt werden die Arbeiten von zwölf Künstler*innen und Künstlern aus drei Kontinenten, die sich mit Fragen von Rassismus und Identität auseinandersetzen.
Mehr Info

Wahlkarussell in Nicaragua

Am 7. November ist Präsidentschaftswahl in Nicaragua. Seit Anfang Juni wurden etliche führenden oppositionellen Akteure*innen und Kandidat*innen festgenommen oder unter Hausarrest gestellt.

Von Leo Gabriel

Man stelle sich ein Fußballspiel vor, in dem eine Mannschaft mit allen elf Spieler*innen antreten darf und die andere mit nur einer Person. Dieses Bild illustriert die politischen Entwicklungen in Nicaragua im Vorfeld der Präsidentschaftswahl.
Präsident Daniel Ortega hat das Land mehrmals als gewählter Präsident regiert, aktuell amtiert er seit 2007. Er ist langjähriger Vorsitzender der Frente Sandinista de Liberación Nacional (FSLN), die 1979 Diktator Anastasio Somoza gestürzt hatte. 
Nun scheint er um seine Macht zu bangen und greift zu repressiven Maßnahmen. Die rechtliche Basis dafür wurde Ende 2020 durch eine Reihe restriktiver Gesetze gelegt. Dazu zählt etwa das Gesetz „zur Verteidigung der Rechte des Volkes auf Unabhängigkeit, Souveränität und Selbstbestimmung für den Frieden“. Eine Strafprozessreform ermöglicht es, Personen für 90 Tage ohne Anklage in Untersuchungshaft zu behalten.

Viele Festnahmen. Seit Anfang Juni wurden etliche führenden oppositionellen Akteure*innen und Kandidat*innen festgenommen oder unter Hausarrest gestellt, zivilgesellschaftlicher Widerstand wurde unterdrückt. Insbesondere der über Cristiana Chamorro wegen angeblicher Geldwäsche verhängte Hausarrest sorgte für internationales Aufsehen. Sie war die aussichtsreichste Herausforderin und Vorkandidatin der oppositionellen Allianz Ciudadanos por la Libertad (CxL) und ist die Tochter von Ex-Präsidentin Violeta Chamorro (1991-1996).

In den folgenden Tagen wurden weitere oppositionelle Akteur*innen festgenommen, darunter Arturo Cruz (CxL) sowie führende Figuren des Bündnis Unidad Azul y Blanco (UNAB). Schon im Mai hatte das Regime um Ortega und dessen Ehefrau und Vizepräsidentin Rosario Murillo Parteien wie die Partido de Restauración Democrática (PRD) von den Wahlen ausgeschlossen.

Breite Unterdrückung. Die Repression geht über die aktuellen oppositionellen Kräfte hinaus und zeugt von einer breiten politischen Unterdrückung. Der 76-jährigen Ex-Guerillero Hugo Torres, der einst sein Leben riskierte, als er die Freilassung Ortegas während der Somoza-Diktatur erzwang, wurde genauso festgenommen wie die Feministinnen Tamara Dávila, Ana Margarita Vijil, Suyén Barahona und auch die historischen Revolutionsfigur Dora María Téllez.
Insgesamt wurden bis zum 20. Juni diesen Jahres 17 Oppositionelle festgenommen. Die Anschuldigungen reichen von Geldwäsche bis zu Hochverrat.

Diese offene Willkür überrascht insofern, als die Gefahr eines Regierungswechsels de facto nicht gegeben ist. Das Regime hat durch Wahlrechtsreformen und die Kontrolle über den zentralen Wahlrat alles in der Hand und wird notfalls, wie schon zuvor, zum Wahlbetrug schreiten.

Opposition uneins. Die Opposition ist alles andere als geeint. Bereits im Vorfeld der aktuellen Ereignisse kam es zu Abspaltungen. Keine politische Partei ist in Nicaragua mehrheitsfähig derzeit. Laut Inter-American Dialogue Survey 2020 würden 60% keine der vorhandenen politischen Optionen wählen. Die FSLN kommt gerade einmal auf 20% Unterstützung.

Die Frage bleibt: Warum hat sich Präsident Ortega auf eine repressive Eskalation eingelassen? Der unabhängige Investigativ-Journalist Carlos Fernando Chamorro hat dazu zwei Thesen: Eine ist, dass das Regime eine Niederlage befürchtet. Die andere, dass das Regime eine langfristige Staatsordnung schaffen will, in der die FSLN bis auf weiteres ungestört bzw. autoritär regieren kann. International ist das Ortega-Murillo-Regime seit langem isoliert.

Leo Gabriel ist freier Journalist, Lateinamerika-Experte und seit Jahren in Nicaragua bestens vernetzt. Von 2.-12.11. ist er während der Wahl vor Ort und steht für Interviews zur Verfügung: lgabriel@gmx.net

Nicaragua hat mehrere Bezüge zu Österreich: Lange war das mittelamerikanische Land Schwerpunktland der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. In den 1980er Jahren entstand die Solidaritätsbewegung von Österreich nach Nicaragua. Bis heute sind mehrere NGOs vor Ort, die Kultureinrichtung „Casa des los Tres Mundos“ (Haus der drei Welten) in Granada wurde vom Priester und Dichter Ernesto Cardenal und dem österreichischen Schauspieler und Moderator Dietmar Schönherr initiiert.

PA: Gewalt und diskriminierende Politik gegen Muslime in Sri Lanka

Die muslimische Bevölkerung ist in Sri Lanka von Diskriminierung, Schikane und Gewalt betroffen. Nun zielt sogar die Regierungspolitik explizit auf die Minderheit ab. Dies geht aus einem neuen Bericht von Amnesty International hervor.

London/ Wien, 18. Oktober 2021. Der Bericht „From Burning Houses to Burning Bodies: Anti-Muslim Harassment, Discrimination and Violence in Sri Lanka“ dokumentiert die muslimfeindliche Entwicklung in Sri Lanka seit 2013 inmitten der zunehmenden Verbreitung des nationalistischen Sinhala-Buddhismus. Die Diskriminierung begann mit einer Serie von Angriffen durch Zivilpersonen, die straffrei blieben, und entwickelte sich zu einer explizit muslimfeindlichen Regierungspolitik. Darunter fallen beispielsweise die Zwangseinäscherung von Muslim*innen, die COVID-19 zum Opfer fielen sowie die aktuellen Gesetzesvorschläge, den Niqab (Gesichtsschleier) und die Madrasas (religiöse Schulen) zu verbieten.

„Muslimfeindlichkeit ist zwar in Sri Lanka nichts Neues, dennoch hat sich die Situation in den letzten Jahren stark verschärft. Alarmierend oft werden Gewalttaten gegen Muslim*innen von den Behörden stillschweigend gebilligt. Dies geht einher mit einer offen muslimfeindlichen Rhetorik und Politik der derzeitigen Regierung“, sagte Kyle Ward, stellvertretender internationaler Generalsekretär von Amnesty International. Er fordert: „Die sri-lankischen Behörden müssen diesen alarmierenden Entwicklungen Einhalt gebieten und ihrer Pflicht nachkommen, die muslimische Bevölkerung vor weiteren Angriffen zu schützen und die Täter*innen zur Rechenschaft zu ziehen. Sie müssen aufhören, durch Regierungsmaßnahmen die muslimische Bevölkerung ins Visier zu nehmen, zu schikanieren und zu diskriminieren.“

Zunehmende Feindseligkeit gegenüber Muslim*innen: Eine Chronologie
Die eskalierende Feindseligkeit begann im Jahr 2013 mit der Anti-Halal-Kampagne nationalistischer Sinhala-Buddhisten. Durch Lobbyarbeit erreichten sie, dass Nahrungsmittel nicht mehr halal-zertifiziert werden und somit für Muslim*innen unklar ist, ob sie nach den Vorschriften und Traditionen des Islams produziert wurden. Im Kontext dieser Kampagne wurden vermehrt Moscheen und muslimische Geschäfte angegriffen, wobei die Verantwortlichen oft nicht bestraft wurden. Dies sendete ein Signal an andere, dass Gewalttaten gegen Muslim*innen in Sri Lanka ungestraft begangen werden können.

Im folgenden Jahr kam es in der südlichen Küstenstadt Aluthgama zu antimuslimischen Ausschreitungen, nachdem eine singhalesisch-buddhistische Gruppe eine Kundgebung in der Stadt abgehalten hatte. Auch hier blieben die Verantwortlichen straffrei und die Behörden sorgten nicht für Gerechtigkeit für die Betroffenen.

Trotz der Beteuerungen der neuen Regierung seit 2015, Gerechtigkeit für ethnische und religiöse Minderheiten zu schaffen, gab es weiterhin Angriffe auf Muslim*innen. Bei diesen Vorfällen kamen die Verantwortlichen nicht nur straflos davon, sondern laut Betroffenen und Zeug*innen habe die Polizei die Gewalt auch nicht versucht zu verhindern oder ausreichend Schutz geboten.

Eskalation seit 2019
Nochmals verschärft wurde die Situation nach der Tötung von 250 Menschen durch koordinierte Selbstmordattentate am Ostersonntag 2019, zu denen sich die bewaffnete Gruppe Islamischer Staat bekannte. Nach diesen Anschlägen wurden Muslim*innen in mehreren Städten in der Nordwestprovinz während des Ramadan, einem der heiligsten Monate im muslimischen Kalender, attackiert. Auch Moscheen im ganzen Land wurden angegriffen, und in den sozialen Medien kam es zu einer Flut von Hassreden und antimuslimischer Hetze. Außerdem wurden von den Behörden im Eiltempo erlassene Notstandsverordnungen dazu benutzt, Hunderte von Muslim*innen nach den Anschlägen willkürlich festzunehmen.

Muslimische Bevölkerung im Visier der Politik
Auch die derzeitige Regierung nimmt die muslimische Bevölkerung weiterhin ins Visier. So verordnete sie etwa die obligatorische Einäscherung der Leichen von Muslim*innen, die an COVID-19 gestorben waren. Dies wurde durchgesetzt, obwohl die Einäscherung im Islam ausdrücklich verboten ist und es keine wissenschaftlichen Beweise dafür gibt, dass das Begraben der Toten die Ausbreitung der Krankheit fördern würde. Zwar wurden diese Vorschriften nach internationalem Druck wieder rückgängig gemacht, doch versuchen die Behörden nach wie vor, diskriminierende Gesetze durchzusetzen, darunter ein Niqab-Verbot und ein Verbot von Madrasas. Sollten diese Gesetze verabschiedet werden, würden sie gegen das Recht auf Freiheit von Diskriminierung aufgrund der Religion verstoßen, das in der Verfassung Sri Lankas garantiert und geschützt wird, sowie gegen die internationale Menschenrechtsnormen, an die das Land gebunden ist.

Amnesty International fordert daher die Behörden auf, „die derzeit erwogenen Gesetzentwürfe zu überdenken, und wir rufen die internationale Gemeinschaft auf, Maßnahmen zu ergreifen und die Freiheit und den Schutz der Minderheiten in Sri Lanka zu überwachen“, so Kyle Ward.

Für Interviewanfragen und Rückfragen wenden Sie sich bitte an
presse@amnesty.at


Presseteam Amnesty International Österreich
Mag. Eleonore Rudnay
+43 664 400 10 56
E-Mail: eleonore.rudnay@amnesty.at

PA: Tag des Elektroschrotts: Steigende Müllexporte verursachen massive Gesundheitsprobleme

Wachsender Elektroniksektor verschärft die Entsorgungsprobleme in Ländern wie Ghana – Südwind und Mike Anane fordern Reduktion und Wiederverwertung im Globalen Norden sowie schärfere Kontrollen gegen illegale Exporte.

Wien / Accra, 13. Oktober 2021. Anlässlich des morgigen Internationalen Tags des Elektroschrotts fordern die Menschenrechtsorganisation Südwind und der ghanaische Umweltjournalist und -aktivist Mike Anane umfassende Maßnahmen, um den illegalen Export von Elektroschrott in Länder des Globalen Südens zu stoppen. Laut Prognosen der Weltgesundheitsorganisation WHO werden 2021 weltweit im Schnitt 7,6 Kilogramm E-Schrott pro Kopf produziert. Zusammengenommen wäre das ein Berg von 57,4 Millionen Tonnen an ausgedienten Kühlschränken, Fernsehern, Klimaanlagen, Druckern, Computern und Co.. Die Kapazitäten der weltweiten Recyclinganlagen reichen nicht aus, um diese Mengen zu verarbeiten. Nur 17,4 Prozent des anfallenden Elektroschrotts werden laut E-Waste Monitor 2020 sachgemäß recycelt. Stattdessen werden jährlich Millionen Tonnen E-Schrott fälschlicherweise als Gebrauchtware deklariert und auf illegalen Wegen in Länder wie Ghana exportiert, wo sie auf hochgiftigen Müllhalden landen. „Die Elektronikproduktion ist eine der am schnellsten wachsenden Sektoren mit schwerwiegenden Folgen für Gesundheit und Umwelt in den Entsorgungsländern. Die Lebenszeit der Elektro-und Elektronikprodukte wird immer kürzer, weil Reparaturen aufgrund des Produktdesigns immer schwieriger werden und die Leistungsanforderungen an die Geräte immer größer“, sagt Andreas Müller, Südwind-Experte für Rohstofflieferketten. „Gerade reiche Länder müssen für dieses Fiasko Verantwortung übernehmen. In der EU und Österreich braucht es daher eine Rohstoffstrategie, die Reduktion und Wiederverwertbarkeit in den Vordergrund stellt. Reine Wachstumsziele ohne Systemwandel befeuern hingegen immer größere Umweltschäden und Gesundheitsrisiken.

Elektronische Produkte bestehen aus über 1.000 giftigen Inhaltstoffen, wie Blei, Quecksilber, bromierten Flammschutzmitteln und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen, die bei unsachgemäßer Handhabung, Lagerung und Verarbeitung freigesetzt werden. Viele dieser Stoffe sind krebserregend oder können Atemwegserkrankungen, Kopfschmerzen und andere Beschwerden verursachen. „Die reichen Länder der Welt müssen sich um das Recycling ihres Schrott kümmern, und zwar dort wo, er anfällt. Armen Ländern, denen die nötigen Mittel fehlen, um den eigenen Müll sachgerecht zu entsorgen, kann diese Bürde nicht umgehängt werden“, fordert Mike Anane, der die Entwicklung in Ghana seit Jahren beobachtet: „Zu einer sauberen Kreislaufwirtschaft gelangen wir nicht, indem Elektroschrott durch schmutzige Geschäftspraktiken rund um die Welt in Länder wie Ghana verschoben wird, wo er alles vergiftet.“

Zum Inbegriff der dramatischen gesundheitlichen Folgen der illegalen E-Schrott-Exporte wurde die ghanaische Deponie Agbogbloshie, bekannt aus der preisgekrönten Dokumentation Welcome to Sodom. Südwind-Mitarbeiterinnen waren mehrmals vor Ort, um die Lage zusammen mit Mike Anane zu dokumentieren. In Agbogbloshie waren jeden Tag tausende Kinder und junge Männer zu sehen, wie sie Computerbildschirme mit bloßen Händen zerbrachen und Kühlschränke ohne Schutz vor den giftigen Dämpfen verbrannten, um an Kupfer und andere Metalle zu gelangen und diese für Hungerlöhne zu verkaufen. Im Juli 2021 wurde die Deponie, die zu einem der giftigsten Orte der Welt geworden war, von der Stadtregierung geräumt. Nach der Dekontaminierung des Areals soll dort ein Krankenhauskomplex entstehen. Das Müllproblem wird dadurch nicht gelöst, erklärt Mike Anane: „Weiterhin landet containerweise E-Schrott im Hafen von Accra und wird weiterhin unter gesundheitsschädlichen Bedingungen nun auf kleineren Deponien im ganzen Land zerlegt. Das was übrig bleibt, vergiftet künftig dort die Menschen, die Böden und das Grundwasser.” 

Gemeinsam mit Südwind und anderen Organisationen auf der ganzen Welt fordert Anane Regierungen, Produzenten, Recyclingunternehmen und Konsument*innen auf, konkrete Lösungen für die E-Schrott-Problematik umzusetzen. Regierungen sind gefordert, E-Müll-Exporte streng zu kontrollieren und Verstöße zu ahnden. Produzenten sollten per Gesetz dazu verpflichtet werden, die Lebensdauer ihrer Produkte zu maximieren und auf Unternehmenskosten ein sachgemäßes Recycling zu garantieren. Gleichzeitig muss der Rohstoffverbrauch insgesamt verringert werden und die Entsorgung verpflichtend bei entsprechenden Sammelstellen und „ReUse“-Zentren organisiert werden. 

Hintergrund: Basler Abkommen 
Die Praxis der illegalen E-Schrottexporte sollte mit dem Basler Abkommen aus dem Jahr 1989 unterbunden werden. In Österreich ist es seit 1993 in Kraft. Lückenhafte Kontrollen in den europäischen Häfen, lasche Strafverfolgung und relativ hohe Gewinne aus dem verbotenen Geschäft mit dem Schrott haben zur Folge, dass in Ländern wie Ghana tonnenweise kaputte Geräte aus den Ländern des Globalen Nordens landen.

Einladung zum Online Talk: Elektroschrott in Europa und Ghana
Veranstaltung mit Mika Anane und Andreas Müller in Kooperation mit ISJE
Fr., 22. Okt. 2021, 19:00
Anmeldungen: https://tinyurl.com/k3jmcfhp

Mike Anane ist ein unabhängiger Umweltjournalist, der seit über zwei Jahrzehnten zu Umweltkriminalität einschließlich illegaler Elektromüllverschiffung und -verbringung in Ghana recherchiert und schreibt. Er ist Preisträger des Global 500 Roll of Honour-Preises der UNEP, womit seine herausragenden Beiträge für den Umweltschutz gewürdigt werden. 

Rückfragen:
Vincent Sufiyan
Kommunikationsleiter Südwind
Tel.: 0650 96 77577
E-Mail: vincent.sufiyan@suedwind.at

Mike Anane
Unabhängiger Umweltjournalist
E-Mail: mikeanane@yahoo.com

Einladung: Online-Talk: Elektroschrott in Europa und Ghana

Warum gelangt E-Schrott trotz Verboten nach Ghana? Was bedeutet das für Menschen & Umwelt? Wie kann illegale Verschiffung verhindert werden?
Input und Diskussion am Freitag, dem 22.10.2021 um 19:00 Uhr mit dem Umweltjournalisten Mike Anane aus Ghana.

Weltweit fallen jedes Jahr 57,4 Millionen Tonnen Elektro- und Elektronikschrott an, von denen nur 17,4% angemessen recycelt werden. Große Mengen an ausrangierten Computern, Smartphones, Waschmaschinen und anderen Geräten werden illegalerweise quer über die Weltmeere verschifft und in Länder wie beispielsweise Ghana verbracht.

Im Juli 2021 ließen die städtischen Behörden der Hauptstadt Accra die größte informelle E-Schrott-Verarbeitungsanlage Agbogbloshie räumen. Dennoch sind damit die Grundprobleme nicht aus dem Weg geräumt: das hohe weltweite E-Schrott-Aufkommen und die ungerechte Verteilung der Umweltbelastungen, die dieser mit sich bringt. Illegale Schiffsladungen mit E-Schrott landen weiterhin in Ghanas Häfen. Auch nach der Räumung Agbogbloshies setzen also weiterhin viele Menschen ihre Arbeit auf anderen informellen Recycling-Anlagen fort, und damit gleichzeitig ihre Gesundheit und diejenige der dortigen Ökosysteme aufs Spiel.

Der Umweltjournalist Mike Anane berichtet in diesem Online-Talk über die aktuellen Entwicklungen in Ghana. Er stellt notwendige politische Lösungsansätze und Regulierungsmaßnahmen zur Diskussion, welche den illegalen Export von Elektroschrott unterbinden und die schädlichen Auswirkungen von elektronischen und elektrischen Geräten am Ende ihrer Nutzungsdauer reduzieren können.

Mike Anane ist ein unabhängiger Umweltjournalist, der seit über zwei Jahrzehnten zu Umweltkriminalität einschließlich illegaler Elektromüllverschiffung und -verbringung in Ghana recherchiert und schreibt. Er ist Preisträger des Global 500 Roll of Honour-Preises der UNEP (United Nations Environment Programme), womit seine herausragenden Beiträge für den Umweltschutz gewürdigt werden. Mike Anane engagiert sich seit langem weltweit gegen den Handel mit Elektroschrott und die damit verbundenen Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen.

Online-Talk (auf Englisch)
Freitag, 22.10.2021, 19:00 Uhr
Anmeldung: Online bis 22. Oktober.

Eine Veranstaltung von Südwind in Kooperation mit ISJE.

PA: Verbrechen gegen die Menschlichkeit: AllRise zeigt brasilianischen Präsidenten Bolsonaro bei Internationalem Strafgerichtshof an

Mit einem umfassenden Dossier belegt die österreichische Non-Profit-Organisation AllRise erstmals die verheerenden Auswirkungen der Regenwald-Politik Bolsonaros auch auf das globale Klima und zeigt den brasilianischen Präsidenten dafür vor dem Strafgerichtshof in Den Haag an. Unterstützt wird sie dabei von der Deutschen Umwelthilfe und weiteren (Klimaschutz-)Organisationen.

Wien/Berlin, 12. Oktober 2021. Soeben hat AllRise Anzeige gegen Jair Bolsonaro vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag erstattet. Der Vorwurf: Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die knapp 300-Seiten umfassende Anzeige belegt mit wissenschaftlich fundierten Daten, dass die Amazonas-Zerstörungspolitik der Bolsonaro-Regierung nicht nur lokal und regional große Schäden anrichtet, sondern auch Auswirkungen auf das globale Klima und damit die gesamte Menschheit hat. Folgen sind unter anderem die Verwüstung ganzer Regionen, millionenfache Vernichtung von Lebensgrundlagen, Hungersnöte, Flucht, Vertreibung und tausendfacher Tod. Es wird geschätzt, dass die Emissionen, die Bolsonaro zuzuschreiben sind, in den nächsten 80 Jahren weltweit mehr als 180.000 hitzebedingte Todesfälle verursachen werden. Johannes Wesemann, Unternehmer und Gründer von AllRise: „Verbrechen gegen die Umwelt sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Mit unserer ersten Anzeige wollen wir einen Präzedenzfall schaffen, um politische EntscheidungsträgerInnen dieser Welt, die gezielt und bewusst unseren Planeten zerstören, zur Rechenschaft zu ziehen.“

Um auch die Öffentlichkeit über die Anzeige zu informieren, wurde parallel die Kampagne „The Planet Vs. Bolsonaro“ gestartet. Unterstützt wird AllRise dabei u.a. von der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die bereits erhebliche Erfahrung mit Klimaklagen mitbringt, zuletzt erfolgreich gegen das deutsche Klimaschutzgesetz vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. „Bolsonaro und seine Regierung in Brasilien sind nicht bereit, den Bruch des Umwelt-Völkerrechts und der Menschenrechte zu beenden. Deshalb unterstützen wir die Initiative, endlich den Hauptverantwortlichen auch zur Verantwortung zu ziehen“, so Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH.

Hitzebedingte Todesfälle nehmen weltweit rasant zu

Die Initiative sieht sich als Versuch, die Straffreiheit für globale Umwelt- und Klimasünder zu beenden und holt dazu renommierte Klima- und RechtsexpertInnen an Bord, darunter Dr. Friederike Otto, Hauptautorin des erst kürzlich publizierten Weltklimaberichts, den UN-Generalsekretär António Guterres als „die Alarmstufe rot für die Menschheit“ bezeichnet hat. Seit Bolsonaros Amtsantritt sind die Abholzung des brasilianischen Amazonas und die damit verbundenen Gefahren für die Region, aber auch für die globale Bevölkerung enorm gestiegen.

Durch die Abholzung von Teilen des Amazonas-Bioms wird bereits mehr CO2 freigesetzt, als der Rest des Amazonas absorbieren kann. Dieser CO2-Anstieg in unserer Atmosphäre ist einer der Gründe für den Temperaturanstieg und die globale Klimakrise mit schwerwiegenden Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. „Durch den Klimawandel nehmen Hitzewellen auf der ganzen Welt an Häufigkeit, Intensität und Dauer zu. In vielen Ländern sind sie bereits die bei weitem tödlichsten Extremereignisse. 37 Prozent der hitzebedingten Todesfälle in den letzten drei Jahrzehnten werden weltweit auf den Klimawandel zurückgeführt, das entspricht tausenden Todesfällen pro Jahr“, erklärt Dr. Friederike Otto, die seit Oktober als Senior Lecturer am Grantham Institute of Climate Change and the Environment des Imperial College London tätig ist. Rupert Stuart-Smith, Co-Autor der Anzeige ergänzt: „Die zunehmende Zahl von Hitzetagen führt auch zu einer Reihe von hitzebedingten Erkrankungen wie Herz-Kreislauf- und Atemwegskomplikationen, Nierenversagen, Elektrolytstörungen und Schädigung für Föten.“

Bestehenden Rechtsrahmen ausschöpfen

„Jair Bolsonaro treibt die Zerstörung des Amazonas sehenden Auges und in voller Kenntnis seiner Folgen voran. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat die klare Pflicht, Umweltverbrechen von solch globaler Tragweite zu untersuchen“, so Wesemann. Bereits 2016 hatte die damalige Chefanklägerin des IStGH in einem Strategiepapier verkündet, sich vermehrt mit Verbrechen, die die Umweltzerstörung und illegale Ressourcenausbeutung zur Folge haben, beschäftigen zu wollen. Während bisher meist nur unmittelbar Betroffene die Chefanklägerin des Strafgerichtshofs wegen Bolsonaro angerufen hatten, fügt AllRise mit seiner Anzeige eine neue, ganzheitliche Perspektive hinzu: „Indem wir zeigen, welche Auswirkungen sein Handeln auch auf die Umwelt, das Klima und die menschliche Gesundheit auf der ganzen Welt haben, schaffen wir eine globale Relevanz und im besten Fall ein Vorbild für künftige Strafverfolgungen in ähnlich gelagerten Fällen, in denen die Vernichtung von Wäldern und Ökosystemen durch den Staat erleichtert wird und das Recht auf eine gesunde Umwelt gefährdet“, so Wesemann.

Die Co-Autoren der AllRise Anzeige sehen dringenden Handlungsbedarf: „Bolsonaros Regierung verfolgt ohne jede Rücksicht eine Politik, die sich gegen das Amazonasgebiet, seine BewohnerInnen und seine UmweltverteidigerInnen richtet. Es gibt klare und zwingende Gründe für die Annahme, dass in Brasilien Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen werden, die eine sofortige Untersuchung und letztendlich eine strafrechtliche Verfolgung erfordern“, sagt Maud Sarlieve, Anwältin für Menschenrechte und internationales Strafrecht. Nigel Povoas Q.C., der in den letzten 15 Jahren die Strafverfolgung einiger der berüchtigtsten internationalen Verbrecher geleitet hat, ergänzt: „Der Internationale Strafgerichtshof stützt sich auf das Römische Statut und bietet einen rechtlichen Rahmen für die Verfolgung hochrangiger Verbrecher wie Bolsonaro. Mit der Einleitung von Ermittlungen würde der IStGH einen bedeutenden Präzedenzfall schaffen.“

Dem Amazonas geht langsam die Luft aus

Während die durch den Klimawandel verstärkten extremen Wetterereignisse zunehmen – verheerende Überschwemmungen in Deutschland, Belgien und Österreich, Waldbrände im gesamten Mittelmeerraum, durch den sogenannten „Heat Dome“ verursachte Rekordhitzen in Nordamerika – hat die gezielte Zerstörung des brasilianischen Amazonas ein Rekordniveau erreicht. Ungefähr 4.000 km2/pro Jahr der Gesamtfläche, die im brasilianischen Amazonasgebiet abgeholzt wurden, werden der Regierung Bolsonaro zugeschrieben. „Wir kämpfen seit vielen Jahren um den Erhalt des Regenwalds in Brasilien: für das Klima, für Artenschutz und gegen ein verbrecherisches System, dessen Produkte auch bei uns in Europa gehandelt werden, sei es als Leder für Autositze oder Soja für die Futtermittelindustrie. Unter Bolsonaros Regierung ist die monatliche Abholzungsrate um bis zu 88 Prozent gestiegen. Die Folgen in Brasilien und weltweit sind verheerend“, so Sascha Müller-Kraenner. Die Treibhausgasemissionen aus der Verbrennung und der industriellen Viehzucht im Amazonasgebiet sind inzwischen höher als die jährlichen Gesamtemissionen Italiens oder Spaniens.

Globale Klimakrise fordert globales Handeln

Begleitet wird die Anzeige von einer öffentlichkeitswirksamen Kampagne und Petition auf der Website ThePlanetVS.org, die Menschen weltweit dazu aufruft, Verbrechen gegen die Umwelt anzuprangern. „Nur wenn wir alle zusammenstehen und Umweltsünder wie den brasilianischen Präsidenten Bolsonaro vor Gericht bringen, können wir unseren Planeten für die kommenden Generationen sichern. Die EntscheidungsträgerInnen dieser Welt, die unsere Umwelt vorsätzlich zerstören oder ihre Zerstörung zulassen und begünstigen, müssen strafrechtlich verfolgt werden. Mithilfe bestehender Gesetze und der Menschen, die auf diesem Planeten leben. Die Zeit ist reif“, so Wesemann abschließend.

„The Planet Vs.“ auf Facebook, Instagram, Twitter & LinkedIn

Die Anzeige von AllRise, die heute beim IStGH eingegangen ist, sowie Fotos und Factsheets stehen hier zum Download bereit.


Ausgewählte Advisory Board Mitglieder, die die Initiative „The Planet Vs. Bolsonaro“ unterstützen:

  • Sir Howard Morrison: von 2011-2021 Richter am Internationalen Strafgerichtshof
  • Nema Milaninia: arbeitete zuvor als Prozessanwalt für die Anklagebehörde des Internationalen Strafgerichtshofs
  • Thomas Lovejoy: Präsident des Amazon Biodiversity Center und Senior Fellow bei der Stiftung der Vereinten Nationen
  • Kimberly Marteau Emerson: Rechtsanwältin, Anwältin, Direktorin bei Human Rights Watch
  • Kate Mackintosh: Gründungsdirektorin des Promise Institute for Human Rights an der UCLA School of Law und Beiratsmitglied von Stop Ecocide
  • Margaretha Wewerinke-Singh: Assistenzprofessorin am Grotius Centre for International Legal Studies und Vorstandsmitglied der Stop Ecocide Foundation


Über AllRise
AllRise ist eine gemeinnützige Organisation, die sich auf Klimaklagen fokussiert und diejenigen zur Rechenschaft ziehen möchte, die direkt und indirekt die Zerstörung der Umwelt verursachen. Das Team, das den ersten Fall beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag eingereicht hat, um Jair Bolsonaro und Mitglieder seiner Regierung wegen Beihilfe zur Umweltzerstörung im brasilianischen Amazonasgebiet anzuzeigen, besteht aus führenden Experten auf ihrem Gebiet. Weitere Informationen: www.theplanetvs.org
„The Planet Vs.“ auf Facebook, Instagram, Twitter & LinkedIn


Kontakt für Rückfragen
Kathrin Stoiser, Ecker & Partner
E-Mail: k.stoiser@eup.at
Telefon: +43 699 11547044

PA: Kommt die Hilfe vor Ort im Regierungsbudget 2022 zu kurz?

Budget als Lackmustest: Regierungsprogramm umsetzen und Hilfe vor Ort erhöhen, appelliert AG Globale Verantwortung.

Wien, 12.10.2021. Nach innenpolitisch turbulenten Tagen wird am Mittwoch, 13.10.2021, das Regierungsbudget für das kommende Jahr präsentiert. „Das Budget 2022 ist Prüfstein für die vielzitierte Hilfe vor Ort Österreichs. Denn bewaffnete Konflikte, humanitäre Katastrophen wie in Afghanistan, die Folgen der COVID-19-Pandemie, Klimakrise und Armut sind die großen Herausforderungen unserer Zeit. Sie verlangen nach mehr finanziellen Mitteln, gerade auch in Österreich, wo die Hilfe vor Ort vergleichsweise gering ist. Angesichts dessen ist es ein Gebot der Stunde, dass die Regierung, wie im Regierungsprogramm vereinbart, das Budget für Humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit entsprechend erhöht“, erinnert Annelies Vilim, Geschäftsführerin der AG Globale Verantwortung, die Koalitionspartner an ihr Übereinkommen.

Bekämpfung weltweiter Krisen ist im Interesse Österreichs

„COVID-19 wirkt wie ein Brandbeschleuniger auf bestehende Herausforderungen und macht viele Errungenschaften nachhaltiger Entwicklung zunichte. Laut UNO und Weltbank wird die Zahl der Menschen, die als extrem gilt – also Menschen, die von unter 1,60 Euro pro Tag leben müssen – durch COVID-19 auf über eine Milliarde wachsen. Mehr als zwei Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Auch diese Zahl wird durch die Auswirkungen der Klimakrise, etwa durch immer stärkere Dürren, steigen. Es ist letztlich in unserem eigenen Interesse, den Teufelskreis aus Armut, Hunger und Gewalt, der von diesen Krisen befeuert wird, endlich zu durchbrechen und Länder zu stabilisieren“, erklärt Vilim, weshalb es eine gemeinsame Kraftanstrengung der Staatengemeinschaft brauche, und ergänzt: „Diese Krisen können wir nur gemeinsam und weltweit besiegen. Das hat uns auch COVID-19 gezeigt. Es reicht nicht mehr lediglich Schaden zu begrenzen. Es gilt beispielsweise Gesundheitssysteme oder, im Kontext der Klimakrise, Katastrophenvorsorge auszubauen, vor allem für Menschen in den ärmsten Ländern der Welt.“

Österreichs Hilfe vor Ort ist kein Ruhmesblatt

„Doch leider sind Österreichs Ausgaben für Hilfe vor Ort, also für Humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit, nach wie vor sehr niedrig. Deutschland oder die skandinavischen Staaten leisten weit höhere Beiträge“, bringt Vilim die bestehende Schieflage auf den Punkt und nennt Beispiele: „Österreich ist mit 0,29% des Bruttonationaleinkommens (BNE) weit vom international vereinbarten Ziel, 0,7% des BNE für Hilfe vor Ort zur Verfügung zu stellen, entfernt. Deutschland erreicht 0,73%, Norwegen 1,1%“. Laut OECD sei Österreich auch bei der Humanitären Hilfe – trotz Erhöhungen – mit rund 50 Mio. Euro im Jahr 2020 weit abgeschlagen: Das entspräche 5,6 Euro pro Einwohner*in, während Dänemark pro Kopf zehn Mal und Schweden acht Mal mehr für Humanitäre Hilfe bereitgestellt hätten.

„Österreichs Beiträge an internationale Institutionen sind ebenfalls kein Ruhmesblatt. So stellte die Regierung 2020 dem UNHCR rund 10 Mio. US-Dollar zur Verfügung, Dänemark 97 Mio. und Schweden 125 Mio. US-Dollar. Die Zahlungen an das World Food Programme (WFP) in Höhe von 4,5 Mio. US-Dollar im Jahr 2020 bescherten Österreich nur Rang 37 der Geberländer – hinter Staaten wie Mosambik oder Bangladesch. Dänemark unterstützte das WFP mit 56 Mio. und Schweden mit 196 Mio. US-Dollar“, zeigt Vilim auf. Abschließend appelliert sie an die Regierung: „Angesichts der großen Herausforderungen ist es wahrlich an der Zeit, dass die Bundesregierung ihr eigenes Regierungsprogramm umsetzt und mit mehr Hilfe vor Ort zu einem menschenwürdigen, guten Leben für alle auf einem gesunden Planeten beiträgt. Das Budget 2022 ist ein Lackmustest dafür“.

Rückfragehinweis:
Hannah Hauptmann
Referentin für Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Globale Verantwortung – Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe
Apollogasse 4/9, 1070 Wien
Tel: 01/522 44 22-15
Mobil: +43 699/17 20 42 07
presse@globaleverantwortung.at
www.globaleverantwortung.at

Veranstaltung: Global Inequality Talk #6: Gender – SDGs – Österreich

Genderdebatte zwischen Care, reproduktiver Gesundheit und Gleichberechtigung.

Geschlechtergleichstellung ist eine der zentralen Forderungen der Nachhaltigen Entwicklungsziele. Bis 2030 sollen alle Formen der Diskriminierung von Frauen und Mädchen überall auf der Welt beendet werden. Alle Formen von Gewalt gegen und die Ausbeutung von Frauen und Mädchen sollen abgeschafft werden. Unbezahlte Pflege- und Hausarbeit soll anerkannt werden. So lauten einige Unterziele. Die Corona-Krise führte zu einem drastischen Anstieg von häuslicher Gewalt. Laut UNWomen sind in mehreren Ländern Anrufe bei Hilfetelefonen gegen häusliche Gewalt um 60-700 Prozent gestiegen.

Was kann Österreich tun, um Geschlechtergleichstellung weltweit durchzusetzen? Welche Rolle spielt dabei das österreichische Parlament?

Henrike Brandstötter setzt sich als Nationalratsabgeordnete und entwicklungspolitische Sprecherin der NEOS im österreichischen Parlament für Gendergerechtigkeit ein. Claudia Thallmayer arbeitet beim Entwicklungspolitischen Netzwerk für Frauenrechte und feministische Perspektiven WIDE zum Thema Nachhaltige Entwicklung und Frauenrechte.

Am Podium: Henrike Brandstötter (NEOS) und Claudia Thallmayer (WIDE)
Moderation: Gerald Faschingeder (Paulo Freire Zentrum)
Termin: Mi., 27. Oktober 2021 um 16.00-16.45 Uhr
Anmeldeschluss:  Mo., 25. Oktober um 12.00 Uhr
Format: Zoom Webinar (Link wird im Vorfeld zugeschickt, daher bitte unbedingt pünktlich anmelden!)


Eine Veranstaltung von WIDE – Entwicklungspolitisches Netzwerk für Frauenrechte und feministische Perspektiven und Paulo Freire Zentrum.