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PA: Gewalt und diskriminierende Politik gegen Muslime in Sri Lanka

Die muslimische Bevölkerung ist in Sri Lanka von Diskriminierung, Schikane und Gewalt betroffen. Nun zielt sogar die Regierungspolitik explizit auf die Minderheit ab. Dies geht aus einem neuen Bericht von Amnesty International hervor.

London/ Wien, 18. Oktober 2021. Der Bericht „From Burning Houses to Burning Bodies: Anti-Muslim Harassment, Discrimination and Violence in Sri Lanka“ dokumentiert die muslimfeindliche Entwicklung in Sri Lanka seit 2013 inmitten der zunehmenden Verbreitung des nationalistischen Sinhala-Buddhismus. Die Diskriminierung begann mit einer Serie von Angriffen durch Zivilpersonen, die straffrei blieben, und entwickelte sich zu einer explizit muslimfeindlichen Regierungspolitik. Darunter fallen beispielsweise die Zwangseinäscherung von Muslim*innen, die COVID-19 zum Opfer fielen sowie die aktuellen Gesetzesvorschläge, den Niqab (Gesichtsschleier) und die Madrasas (religiöse Schulen) zu verbieten.

„Muslimfeindlichkeit ist zwar in Sri Lanka nichts Neues, dennoch hat sich die Situation in den letzten Jahren stark verschärft. Alarmierend oft werden Gewalttaten gegen Muslim*innen von den Behörden stillschweigend gebilligt. Dies geht einher mit einer offen muslimfeindlichen Rhetorik und Politik der derzeitigen Regierung“, sagte Kyle Ward, stellvertretender internationaler Generalsekretär von Amnesty International. Er fordert: „Die sri-lankischen Behörden müssen diesen alarmierenden Entwicklungen Einhalt gebieten und ihrer Pflicht nachkommen, die muslimische Bevölkerung vor weiteren Angriffen zu schützen und die Täter*innen zur Rechenschaft zu ziehen. Sie müssen aufhören, durch Regierungsmaßnahmen die muslimische Bevölkerung ins Visier zu nehmen, zu schikanieren und zu diskriminieren.“

Zunehmende Feindseligkeit gegenüber Muslim*innen: Eine Chronologie
Die eskalierende Feindseligkeit begann im Jahr 2013 mit der Anti-Halal-Kampagne nationalistischer Sinhala-Buddhisten. Durch Lobbyarbeit erreichten sie, dass Nahrungsmittel nicht mehr halal-zertifiziert werden und somit für Muslim*innen unklar ist, ob sie nach den Vorschriften und Traditionen des Islams produziert wurden. Im Kontext dieser Kampagne wurden vermehrt Moscheen und muslimische Geschäfte angegriffen, wobei die Verantwortlichen oft nicht bestraft wurden. Dies sendete ein Signal an andere, dass Gewalttaten gegen Muslim*innen in Sri Lanka ungestraft begangen werden können.

Im folgenden Jahr kam es in der südlichen Küstenstadt Aluthgama zu antimuslimischen Ausschreitungen, nachdem eine singhalesisch-buddhistische Gruppe eine Kundgebung in der Stadt abgehalten hatte. Auch hier blieben die Verantwortlichen straffrei und die Behörden sorgten nicht für Gerechtigkeit für die Betroffenen.

Trotz der Beteuerungen der neuen Regierung seit 2015, Gerechtigkeit für ethnische und religiöse Minderheiten zu schaffen, gab es weiterhin Angriffe auf Muslim*innen. Bei diesen Vorfällen kamen die Verantwortlichen nicht nur straflos davon, sondern laut Betroffenen und Zeug*innen habe die Polizei die Gewalt auch nicht versucht zu verhindern oder ausreichend Schutz geboten.

Eskalation seit 2019
Nochmals verschärft wurde die Situation nach der Tötung von 250 Menschen durch koordinierte Selbstmordattentate am Ostersonntag 2019, zu denen sich die bewaffnete Gruppe Islamischer Staat bekannte. Nach diesen Anschlägen wurden Muslim*innen in mehreren Städten in der Nordwestprovinz während des Ramadan, einem der heiligsten Monate im muslimischen Kalender, attackiert. Auch Moscheen im ganzen Land wurden angegriffen, und in den sozialen Medien kam es zu einer Flut von Hassreden und antimuslimischer Hetze. Außerdem wurden von den Behörden im Eiltempo erlassene Notstandsverordnungen dazu benutzt, Hunderte von Muslim*innen nach den Anschlägen willkürlich festzunehmen.

Muslimische Bevölkerung im Visier der Politik
Auch die derzeitige Regierung nimmt die muslimische Bevölkerung weiterhin ins Visier. So verordnete sie etwa die obligatorische Einäscherung der Leichen von Muslim*innen, die an COVID-19 gestorben waren. Dies wurde durchgesetzt, obwohl die Einäscherung im Islam ausdrücklich verboten ist und es keine wissenschaftlichen Beweise dafür gibt, dass das Begraben der Toten die Ausbreitung der Krankheit fördern würde. Zwar wurden diese Vorschriften nach internationalem Druck wieder rückgängig gemacht, doch versuchen die Behörden nach wie vor, diskriminierende Gesetze durchzusetzen, darunter ein Niqab-Verbot und ein Verbot von Madrasas. Sollten diese Gesetze verabschiedet werden, würden sie gegen das Recht auf Freiheit von Diskriminierung aufgrund der Religion verstoßen, das in der Verfassung Sri Lankas garantiert und geschützt wird, sowie gegen die internationale Menschenrechtsnormen, an die das Land gebunden ist.

Amnesty International fordert daher die Behörden auf, „die derzeit erwogenen Gesetzentwürfe zu überdenken, und wir rufen die internationale Gemeinschaft auf, Maßnahmen zu ergreifen und die Freiheit und den Schutz der Minderheiten in Sri Lanka zu überwachen“, so Kyle Ward.

Für Interviewanfragen und Rückfragen wenden Sie sich bitte an
presse@amnesty.at


Presseteam Amnesty International Österreich
Mag. Eleonore Rudnay
+43 664 400 10 56
E-Mail: eleonore.rudnay@amnesty.at

PA: Tag des Elektroschrotts: Steigende Müllexporte verursachen massive Gesundheitsprobleme

Wachsender Elektroniksektor verschärft die Entsorgungsprobleme in Ländern wie Ghana – Südwind und Mike Anane fordern Reduktion und Wiederverwertung im Globalen Norden sowie schärfere Kontrollen gegen illegale Exporte.

Wien / Accra, 13. Oktober 2021. Anlässlich des morgigen Internationalen Tags des Elektroschrotts fordern die Menschenrechtsorganisation Südwind und der ghanaische Umweltjournalist und -aktivist Mike Anane umfassende Maßnahmen, um den illegalen Export von Elektroschrott in Länder des Globalen Südens zu stoppen. Laut Prognosen der Weltgesundheitsorganisation WHO werden 2021 weltweit im Schnitt 7,6 Kilogramm E-Schrott pro Kopf produziert. Zusammengenommen wäre das ein Berg von 57,4 Millionen Tonnen an ausgedienten Kühlschränken, Fernsehern, Klimaanlagen, Druckern, Computern und Co.. Die Kapazitäten der weltweiten Recyclinganlagen reichen nicht aus, um diese Mengen zu verarbeiten. Nur 17,4 Prozent des anfallenden Elektroschrotts werden laut E-Waste Monitor 2020 sachgemäß recycelt. Stattdessen werden jährlich Millionen Tonnen E-Schrott fälschlicherweise als Gebrauchtware deklariert und auf illegalen Wegen in Länder wie Ghana exportiert, wo sie auf hochgiftigen Müllhalden landen. „Die Elektronikproduktion ist eine der am schnellsten wachsenden Sektoren mit schwerwiegenden Folgen für Gesundheit und Umwelt in den Entsorgungsländern. Die Lebenszeit der Elektro-und Elektronikprodukte wird immer kürzer, weil Reparaturen aufgrund des Produktdesigns immer schwieriger werden und die Leistungsanforderungen an die Geräte immer größer“, sagt Andreas Müller, Südwind-Experte für Rohstofflieferketten. „Gerade reiche Länder müssen für dieses Fiasko Verantwortung übernehmen. In der EU und Österreich braucht es daher eine Rohstoffstrategie, die Reduktion und Wiederverwertbarkeit in den Vordergrund stellt. Reine Wachstumsziele ohne Systemwandel befeuern hingegen immer größere Umweltschäden und Gesundheitsrisiken.

Elektronische Produkte bestehen aus über 1.000 giftigen Inhaltstoffen, wie Blei, Quecksilber, bromierten Flammschutzmitteln und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen, die bei unsachgemäßer Handhabung, Lagerung und Verarbeitung freigesetzt werden. Viele dieser Stoffe sind krebserregend oder können Atemwegserkrankungen, Kopfschmerzen und andere Beschwerden verursachen. „Die reichen Länder der Welt müssen sich um das Recycling ihres Schrott kümmern, und zwar dort wo, er anfällt. Armen Ländern, denen die nötigen Mittel fehlen, um den eigenen Müll sachgerecht zu entsorgen, kann diese Bürde nicht umgehängt werden“, fordert Mike Anane, der die Entwicklung in Ghana seit Jahren beobachtet: „Zu einer sauberen Kreislaufwirtschaft gelangen wir nicht, indem Elektroschrott durch schmutzige Geschäftspraktiken rund um die Welt in Länder wie Ghana verschoben wird, wo er alles vergiftet.“

Zum Inbegriff der dramatischen gesundheitlichen Folgen der illegalen E-Schrott-Exporte wurde die ghanaische Deponie Agbogbloshie, bekannt aus der preisgekrönten Dokumentation Welcome to Sodom. Südwind-Mitarbeiterinnen waren mehrmals vor Ort, um die Lage zusammen mit Mike Anane zu dokumentieren. In Agbogbloshie waren jeden Tag tausende Kinder und junge Männer zu sehen, wie sie Computerbildschirme mit bloßen Händen zerbrachen und Kühlschränke ohne Schutz vor den giftigen Dämpfen verbrannten, um an Kupfer und andere Metalle zu gelangen und diese für Hungerlöhne zu verkaufen. Im Juli 2021 wurde die Deponie, die zu einem der giftigsten Orte der Welt geworden war, von der Stadtregierung geräumt. Nach der Dekontaminierung des Areals soll dort ein Krankenhauskomplex entstehen. Das Müllproblem wird dadurch nicht gelöst, erklärt Mike Anane: „Weiterhin landet containerweise E-Schrott im Hafen von Accra und wird weiterhin unter gesundheitsschädlichen Bedingungen nun auf kleineren Deponien im ganzen Land zerlegt. Das was übrig bleibt, vergiftet künftig dort die Menschen, die Böden und das Grundwasser.” 

Gemeinsam mit Südwind und anderen Organisationen auf der ganzen Welt fordert Anane Regierungen, Produzenten, Recyclingunternehmen und Konsument*innen auf, konkrete Lösungen für die E-Schrott-Problematik umzusetzen. Regierungen sind gefordert, E-Müll-Exporte streng zu kontrollieren und Verstöße zu ahnden. Produzenten sollten per Gesetz dazu verpflichtet werden, die Lebensdauer ihrer Produkte zu maximieren und auf Unternehmenskosten ein sachgemäßes Recycling zu garantieren. Gleichzeitig muss der Rohstoffverbrauch insgesamt verringert werden und die Entsorgung verpflichtend bei entsprechenden Sammelstellen und „ReUse“-Zentren organisiert werden. 

Hintergrund: Basler Abkommen 
Die Praxis der illegalen E-Schrottexporte sollte mit dem Basler Abkommen aus dem Jahr 1989 unterbunden werden. In Österreich ist es seit 1993 in Kraft. Lückenhafte Kontrollen in den europäischen Häfen, lasche Strafverfolgung und relativ hohe Gewinne aus dem verbotenen Geschäft mit dem Schrott haben zur Folge, dass in Ländern wie Ghana tonnenweise kaputte Geräte aus den Ländern des Globalen Nordens landen.

Einladung zum Online Talk: Elektroschrott in Europa und Ghana
Veranstaltung mit Mika Anane und Andreas Müller in Kooperation mit ISJE
Fr., 22. Okt. 2021, 19:00
Anmeldungen: https://tinyurl.com/k3jmcfhp

Mike Anane ist ein unabhängiger Umweltjournalist, der seit über zwei Jahrzehnten zu Umweltkriminalität einschließlich illegaler Elektromüllverschiffung und -verbringung in Ghana recherchiert und schreibt. Er ist Preisträger des Global 500 Roll of Honour-Preises der UNEP, womit seine herausragenden Beiträge für den Umweltschutz gewürdigt werden. 

Rückfragen:
Vincent Sufiyan
Kommunikationsleiter Südwind
Tel.: 0650 96 77577
E-Mail: vincent.sufiyan@suedwind.at

Mike Anane
Unabhängiger Umweltjournalist
E-Mail: mikeanane@yahoo.com

Einladung: Online-Talk: Elektroschrott in Europa und Ghana

Warum gelangt E-Schrott trotz Verboten nach Ghana? Was bedeutet das für Menschen & Umwelt? Wie kann illegale Verschiffung verhindert werden?
Input und Diskussion am Freitag, dem 22.10.2021 um 19:00 Uhr mit dem Umweltjournalisten Mike Anane aus Ghana.

Weltweit fallen jedes Jahr 57,4 Millionen Tonnen Elektro- und Elektronikschrott an, von denen nur 17,4% angemessen recycelt werden. Große Mengen an ausrangierten Computern, Smartphones, Waschmaschinen und anderen Geräten werden illegalerweise quer über die Weltmeere verschifft und in Länder wie beispielsweise Ghana verbracht.

Im Juli 2021 ließen die städtischen Behörden der Hauptstadt Accra die größte informelle E-Schrott-Verarbeitungsanlage Agbogbloshie räumen. Dennoch sind damit die Grundprobleme nicht aus dem Weg geräumt: das hohe weltweite E-Schrott-Aufkommen und die ungerechte Verteilung der Umweltbelastungen, die dieser mit sich bringt. Illegale Schiffsladungen mit E-Schrott landen weiterhin in Ghanas Häfen. Auch nach der Räumung Agbogbloshies setzen also weiterhin viele Menschen ihre Arbeit auf anderen informellen Recycling-Anlagen fort, und damit gleichzeitig ihre Gesundheit und diejenige der dortigen Ökosysteme aufs Spiel.

Der Umweltjournalist Mike Anane berichtet in diesem Online-Talk über die aktuellen Entwicklungen in Ghana. Er stellt notwendige politische Lösungsansätze und Regulierungsmaßnahmen zur Diskussion, welche den illegalen Export von Elektroschrott unterbinden und die schädlichen Auswirkungen von elektronischen und elektrischen Geräten am Ende ihrer Nutzungsdauer reduzieren können.

Mike Anane ist ein unabhängiger Umweltjournalist, der seit über zwei Jahrzehnten zu Umweltkriminalität einschließlich illegaler Elektromüllverschiffung und -verbringung in Ghana recherchiert und schreibt. Er ist Preisträger des Global 500 Roll of Honour-Preises der UNEP (United Nations Environment Programme), womit seine herausragenden Beiträge für den Umweltschutz gewürdigt werden. Mike Anane engagiert sich seit langem weltweit gegen den Handel mit Elektroschrott und die damit verbundenen Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen.

Online-Talk (auf Englisch)
Freitag, 22.10.2021, 19:00 Uhr
Anmeldung: Online bis 22. Oktober.

Eine Veranstaltung von Südwind in Kooperation mit ISJE.

PA: Verbrechen gegen die Menschlichkeit: AllRise zeigt brasilianischen Präsidenten Bolsonaro bei Internationalem Strafgerichtshof an

Mit einem umfassenden Dossier belegt die österreichische Non-Profit-Organisation AllRise erstmals die verheerenden Auswirkungen der Regenwald-Politik Bolsonaros auch auf das globale Klima und zeigt den brasilianischen Präsidenten dafür vor dem Strafgerichtshof in Den Haag an. Unterstützt wird sie dabei von der Deutschen Umwelthilfe und weiteren (Klimaschutz-)Organisationen.

Wien/Berlin, 12. Oktober 2021. Soeben hat AllRise Anzeige gegen Jair Bolsonaro vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag erstattet. Der Vorwurf: Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die knapp 300-Seiten umfassende Anzeige belegt mit wissenschaftlich fundierten Daten, dass die Amazonas-Zerstörungspolitik der Bolsonaro-Regierung nicht nur lokal und regional große Schäden anrichtet, sondern auch Auswirkungen auf das globale Klima und damit die gesamte Menschheit hat. Folgen sind unter anderem die Verwüstung ganzer Regionen, millionenfache Vernichtung von Lebensgrundlagen, Hungersnöte, Flucht, Vertreibung und tausendfacher Tod. Es wird geschätzt, dass die Emissionen, die Bolsonaro zuzuschreiben sind, in den nächsten 80 Jahren weltweit mehr als 180.000 hitzebedingte Todesfälle verursachen werden. Johannes Wesemann, Unternehmer und Gründer von AllRise: „Verbrechen gegen die Umwelt sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Mit unserer ersten Anzeige wollen wir einen Präzedenzfall schaffen, um politische EntscheidungsträgerInnen dieser Welt, die gezielt und bewusst unseren Planeten zerstören, zur Rechenschaft zu ziehen.“

Um auch die Öffentlichkeit über die Anzeige zu informieren, wurde parallel die Kampagne „The Planet Vs. Bolsonaro“ gestartet. Unterstützt wird AllRise dabei u.a. von der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die bereits erhebliche Erfahrung mit Klimaklagen mitbringt, zuletzt erfolgreich gegen das deutsche Klimaschutzgesetz vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. „Bolsonaro und seine Regierung in Brasilien sind nicht bereit, den Bruch des Umwelt-Völkerrechts und der Menschenrechte zu beenden. Deshalb unterstützen wir die Initiative, endlich den Hauptverantwortlichen auch zur Verantwortung zu ziehen“, so Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH.

Hitzebedingte Todesfälle nehmen weltweit rasant zu

Die Initiative sieht sich als Versuch, die Straffreiheit für globale Umwelt- und Klimasünder zu beenden und holt dazu renommierte Klima- und RechtsexpertInnen an Bord, darunter Dr. Friederike Otto, Hauptautorin des erst kürzlich publizierten Weltklimaberichts, den UN-Generalsekretär António Guterres als „die Alarmstufe rot für die Menschheit“ bezeichnet hat. Seit Bolsonaros Amtsantritt sind die Abholzung des brasilianischen Amazonas und die damit verbundenen Gefahren für die Region, aber auch für die globale Bevölkerung enorm gestiegen.

Durch die Abholzung von Teilen des Amazonas-Bioms wird bereits mehr CO2 freigesetzt, als der Rest des Amazonas absorbieren kann. Dieser CO2-Anstieg in unserer Atmosphäre ist einer der Gründe für den Temperaturanstieg und die globale Klimakrise mit schwerwiegenden Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. „Durch den Klimawandel nehmen Hitzewellen auf der ganzen Welt an Häufigkeit, Intensität und Dauer zu. In vielen Ländern sind sie bereits die bei weitem tödlichsten Extremereignisse. 37 Prozent der hitzebedingten Todesfälle in den letzten drei Jahrzehnten werden weltweit auf den Klimawandel zurückgeführt, das entspricht tausenden Todesfällen pro Jahr“, erklärt Dr. Friederike Otto, die seit Oktober als Senior Lecturer am Grantham Institute of Climate Change and the Environment des Imperial College London tätig ist. Rupert Stuart-Smith, Co-Autor der Anzeige ergänzt: „Die zunehmende Zahl von Hitzetagen führt auch zu einer Reihe von hitzebedingten Erkrankungen wie Herz-Kreislauf- und Atemwegskomplikationen, Nierenversagen, Elektrolytstörungen und Schädigung für Föten.“

Bestehenden Rechtsrahmen ausschöpfen

„Jair Bolsonaro treibt die Zerstörung des Amazonas sehenden Auges und in voller Kenntnis seiner Folgen voran. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat die klare Pflicht, Umweltverbrechen von solch globaler Tragweite zu untersuchen“, so Wesemann. Bereits 2016 hatte die damalige Chefanklägerin des IStGH in einem Strategiepapier verkündet, sich vermehrt mit Verbrechen, die die Umweltzerstörung und illegale Ressourcenausbeutung zur Folge haben, beschäftigen zu wollen. Während bisher meist nur unmittelbar Betroffene die Chefanklägerin des Strafgerichtshofs wegen Bolsonaro angerufen hatten, fügt AllRise mit seiner Anzeige eine neue, ganzheitliche Perspektive hinzu: „Indem wir zeigen, welche Auswirkungen sein Handeln auch auf die Umwelt, das Klima und die menschliche Gesundheit auf der ganzen Welt haben, schaffen wir eine globale Relevanz und im besten Fall ein Vorbild für künftige Strafverfolgungen in ähnlich gelagerten Fällen, in denen die Vernichtung von Wäldern und Ökosystemen durch den Staat erleichtert wird und das Recht auf eine gesunde Umwelt gefährdet“, so Wesemann.

Die Co-Autoren der AllRise Anzeige sehen dringenden Handlungsbedarf: „Bolsonaros Regierung verfolgt ohne jede Rücksicht eine Politik, die sich gegen das Amazonasgebiet, seine BewohnerInnen und seine UmweltverteidigerInnen richtet. Es gibt klare und zwingende Gründe für die Annahme, dass in Brasilien Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen werden, die eine sofortige Untersuchung und letztendlich eine strafrechtliche Verfolgung erfordern“, sagt Maud Sarlieve, Anwältin für Menschenrechte und internationales Strafrecht. Nigel Povoas Q.C., der in den letzten 15 Jahren die Strafverfolgung einiger der berüchtigtsten internationalen Verbrecher geleitet hat, ergänzt: „Der Internationale Strafgerichtshof stützt sich auf das Römische Statut und bietet einen rechtlichen Rahmen für die Verfolgung hochrangiger Verbrecher wie Bolsonaro. Mit der Einleitung von Ermittlungen würde der IStGH einen bedeutenden Präzedenzfall schaffen.“

Dem Amazonas geht langsam die Luft aus

Während die durch den Klimawandel verstärkten extremen Wetterereignisse zunehmen – verheerende Überschwemmungen in Deutschland, Belgien und Österreich, Waldbrände im gesamten Mittelmeerraum, durch den sogenannten „Heat Dome“ verursachte Rekordhitzen in Nordamerika – hat die gezielte Zerstörung des brasilianischen Amazonas ein Rekordniveau erreicht. Ungefähr 4.000 km2/pro Jahr der Gesamtfläche, die im brasilianischen Amazonasgebiet abgeholzt wurden, werden der Regierung Bolsonaro zugeschrieben. „Wir kämpfen seit vielen Jahren um den Erhalt des Regenwalds in Brasilien: für das Klima, für Artenschutz und gegen ein verbrecherisches System, dessen Produkte auch bei uns in Europa gehandelt werden, sei es als Leder für Autositze oder Soja für die Futtermittelindustrie. Unter Bolsonaros Regierung ist die monatliche Abholzungsrate um bis zu 88 Prozent gestiegen. Die Folgen in Brasilien und weltweit sind verheerend“, so Sascha Müller-Kraenner. Die Treibhausgasemissionen aus der Verbrennung und der industriellen Viehzucht im Amazonasgebiet sind inzwischen höher als die jährlichen Gesamtemissionen Italiens oder Spaniens.

Globale Klimakrise fordert globales Handeln

Begleitet wird die Anzeige von einer öffentlichkeitswirksamen Kampagne und Petition auf der Website ThePlanetVS.org, die Menschen weltweit dazu aufruft, Verbrechen gegen die Umwelt anzuprangern. „Nur wenn wir alle zusammenstehen und Umweltsünder wie den brasilianischen Präsidenten Bolsonaro vor Gericht bringen, können wir unseren Planeten für die kommenden Generationen sichern. Die EntscheidungsträgerInnen dieser Welt, die unsere Umwelt vorsätzlich zerstören oder ihre Zerstörung zulassen und begünstigen, müssen strafrechtlich verfolgt werden. Mithilfe bestehender Gesetze und der Menschen, die auf diesem Planeten leben. Die Zeit ist reif“, so Wesemann abschließend.

„The Planet Vs.“ auf Facebook, Instagram, Twitter & LinkedIn

Die Anzeige von AllRise, die heute beim IStGH eingegangen ist, sowie Fotos und Factsheets stehen hier zum Download bereit.


Ausgewählte Advisory Board Mitglieder, die die Initiative „The Planet Vs. Bolsonaro“ unterstützen:

  • Sir Howard Morrison: von 2011-2021 Richter am Internationalen Strafgerichtshof
  • Nema Milaninia: arbeitete zuvor als Prozessanwalt für die Anklagebehörde des Internationalen Strafgerichtshofs
  • Thomas Lovejoy: Präsident des Amazon Biodiversity Center und Senior Fellow bei der Stiftung der Vereinten Nationen
  • Kimberly Marteau Emerson: Rechtsanwältin, Anwältin, Direktorin bei Human Rights Watch
  • Kate Mackintosh: Gründungsdirektorin des Promise Institute for Human Rights an der UCLA School of Law und Beiratsmitglied von Stop Ecocide
  • Margaretha Wewerinke-Singh: Assistenzprofessorin am Grotius Centre for International Legal Studies und Vorstandsmitglied der Stop Ecocide Foundation


Über AllRise
AllRise ist eine gemeinnützige Organisation, die sich auf Klimaklagen fokussiert und diejenigen zur Rechenschaft ziehen möchte, die direkt und indirekt die Zerstörung der Umwelt verursachen. Das Team, das den ersten Fall beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag eingereicht hat, um Jair Bolsonaro und Mitglieder seiner Regierung wegen Beihilfe zur Umweltzerstörung im brasilianischen Amazonasgebiet anzuzeigen, besteht aus führenden Experten auf ihrem Gebiet. Weitere Informationen: www.theplanetvs.org
„The Planet Vs.“ auf Facebook, Instagram, Twitter & LinkedIn


Kontakt für Rückfragen
Kathrin Stoiser, Ecker & Partner
E-Mail: k.stoiser@eup.at
Telefon: +43 699 11547044

PA: Kommt die Hilfe vor Ort im Regierungsbudget 2022 zu kurz?

Budget als Lackmustest: Regierungsprogramm umsetzen und Hilfe vor Ort erhöhen, appelliert AG Globale Verantwortung.

Wien, 12.10.2021. Nach innenpolitisch turbulenten Tagen wird am Mittwoch, 13.10.2021, das Regierungsbudget für das kommende Jahr präsentiert. „Das Budget 2022 ist Prüfstein für die vielzitierte Hilfe vor Ort Österreichs. Denn bewaffnete Konflikte, humanitäre Katastrophen wie in Afghanistan, die Folgen der COVID-19-Pandemie, Klimakrise und Armut sind die großen Herausforderungen unserer Zeit. Sie verlangen nach mehr finanziellen Mitteln, gerade auch in Österreich, wo die Hilfe vor Ort vergleichsweise gering ist. Angesichts dessen ist es ein Gebot der Stunde, dass die Regierung, wie im Regierungsprogramm vereinbart, das Budget für Humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit entsprechend erhöht“, erinnert Annelies Vilim, Geschäftsführerin der AG Globale Verantwortung, die Koalitionspartner an ihr Übereinkommen.

Bekämpfung weltweiter Krisen ist im Interesse Österreichs

„COVID-19 wirkt wie ein Brandbeschleuniger auf bestehende Herausforderungen und macht viele Errungenschaften nachhaltiger Entwicklung zunichte. Laut UNO und Weltbank wird die Zahl der Menschen, die als extrem gilt – also Menschen, die von unter 1,60 Euro pro Tag leben müssen – durch COVID-19 auf über eine Milliarde wachsen. Mehr als zwei Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Auch diese Zahl wird durch die Auswirkungen der Klimakrise, etwa durch immer stärkere Dürren, steigen. Es ist letztlich in unserem eigenen Interesse, den Teufelskreis aus Armut, Hunger und Gewalt, der von diesen Krisen befeuert wird, endlich zu durchbrechen und Länder zu stabilisieren“, erklärt Vilim, weshalb es eine gemeinsame Kraftanstrengung der Staatengemeinschaft brauche, und ergänzt: „Diese Krisen können wir nur gemeinsam und weltweit besiegen. Das hat uns auch COVID-19 gezeigt. Es reicht nicht mehr lediglich Schaden zu begrenzen. Es gilt beispielsweise Gesundheitssysteme oder, im Kontext der Klimakrise, Katastrophenvorsorge auszubauen, vor allem für Menschen in den ärmsten Ländern der Welt.“

Österreichs Hilfe vor Ort ist kein Ruhmesblatt

„Doch leider sind Österreichs Ausgaben für Hilfe vor Ort, also für Humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit, nach wie vor sehr niedrig. Deutschland oder die skandinavischen Staaten leisten weit höhere Beiträge“, bringt Vilim die bestehende Schieflage auf den Punkt und nennt Beispiele: „Österreich ist mit 0,29% des Bruttonationaleinkommens (BNE) weit vom international vereinbarten Ziel, 0,7% des BNE für Hilfe vor Ort zur Verfügung zu stellen, entfernt. Deutschland erreicht 0,73%, Norwegen 1,1%“. Laut OECD sei Österreich auch bei der Humanitären Hilfe – trotz Erhöhungen – mit rund 50 Mio. Euro im Jahr 2020 weit abgeschlagen: Das entspräche 5,6 Euro pro Einwohner*in, während Dänemark pro Kopf zehn Mal und Schweden acht Mal mehr für Humanitäre Hilfe bereitgestellt hätten.

„Österreichs Beiträge an internationale Institutionen sind ebenfalls kein Ruhmesblatt. So stellte die Regierung 2020 dem UNHCR rund 10 Mio. US-Dollar zur Verfügung, Dänemark 97 Mio. und Schweden 125 Mio. US-Dollar. Die Zahlungen an das World Food Programme (WFP) in Höhe von 4,5 Mio. US-Dollar im Jahr 2020 bescherten Österreich nur Rang 37 der Geberländer – hinter Staaten wie Mosambik oder Bangladesch. Dänemark unterstützte das WFP mit 56 Mio. und Schweden mit 196 Mio. US-Dollar“, zeigt Vilim auf. Abschließend appelliert sie an die Regierung: „Angesichts der großen Herausforderungen ist es wahrlich an der Zeit, dass die Bundesregierung ihr eigenes Regierungsprogramm umsetzt und mit mehr Hilfe vor Ort zu einem menschenwürdigen, guten Leben für alle auf einem gesunden Planeten beiträgt. Das Budget 2022 ist ein Lackmustest dafür“.

Rückfragehinweis:
Hannah Hauptmann
Referentin für Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Globale Verantwortung – Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe
Apollogasse 4/9, 1070 Wien
Tel: 01/522 44 22-15
Mobil: +43 699/17 20 42 07
presse@globaleverantwortung.at
www.globaleverantwortung.at

Veranstaltung: Global Inequality Talk #6: Gender – SDGs – Österreich

Genderdebatte zwischen Care, reproduktiver Gesundheit und Gleichberechtigung.

Geschlechtergleichstellung ist eine der zentralen Forderungen der Nachhaltigen Entwicklungsziele. Bis 2030 sollen alle Formen der Diskriminierung von Frauen und Mädchen überall auf der Welt beendet werden. Alle Formen von Gewalt gegen und die Ausbeutung von Frauen und Mädchen sollen abgeschafft werden. Unbezahlte Pflege- und Hausarbeit soll anerkannt werden. So lauten einige Unterziele. Die Corona-Krise führte zu einem drastischen Anstieg von häuslicher Gewalt. Laut UNWomen sind in mehreren Ländern Anrufe bei Hilfetelefonen gegen häusliche Gewalt um 60-700 Prozent gestiegen.

Was kann Österreich tun, um Geschlechtergleichstellung weltweit durchzusetzen? Welche Rolle spielt dabei das österreichische Parlament?

Henrike Brandstötter setzt sich als Nationalratsabgeordnete und entwicklungspolitische Sprecherin der NEOS im österreichischen Parlament für Gendergerechtigkeit ein. Claudia Thallmayer arbeitet beim Entwicklungspolitischen Netzwerk für Frauenrechte und feministische Perspektiven WIDE zum Thema Nachhaltige Entwicklung und Frauenrechte.

Am Podium: Henrike Brandstötter (NEOS) und Claudia Thallmayer (WIDE)
Moderation: Gerald Faschingeder (Paulo Freire Zentrum)
Termin: Mi., 27. Oktober 2021 um 16.00-16.45 Uhr
Anmeldeschluss:  Mo., 25. Oktober um 12.00 Uhr
Format: Zoom Webinar (Link wird im Vorfeld zugeschickt, daher bitte unbedingt pünktlich anmelden!)


Eine Veranstaltung von WIDE – Entwicklungspolitisches Netzwerk für Frauenrechte und feministische Perspektiven und Paulo Freire Zentrum.

PA: Tag der menschenwürdigen Arbeit: Clean Clothes kritisiert Ausbeutung und Intransparenz in der Modebranche

„Fashion Checker“-Studie zeigt große Transparenzlücken in Mode-Lieferketten – Nur fünf von 264 Modeunternehmen zahlen menschenwürdige Löhne – Weltweite Aktion gegen Lohnschulden.

Wien, 6. Oktober 2021. Anlässlich des morgigen Welttags für menschenwürdige Arbeit zeigt eine neue Studie der Clean Clothes Kampagne weitreichende Verfehlungen der Modeindustrie auf. Sowohl in Bezug auf Entlohnung als auch bei der Transparenz der Lieferketten kommt die „Fashion Checker“-Studie zu einem verheerenden Ergebnis: 60 Prozent von 264 befragten Modeunternehmen halten sich an keinerlei Transparenzverpflichtungen. Nur 46 befragte Unternehmen (17%) legen zusätzliche Informationen über ihre Lieferkette offen, etwa ob es am Arbeitsplatz eine Gewerkschaft gibt oder nicht. Derzeit geben nur fünf Modeunternehmen an, dass sie zumindest einem Teil ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitern in ihren Lieferketten existenzsichernde Löhne zahlen. „Viele Marken behaupten zwar inzwischen, Arbeitsrechte zu respektieren. Gleichzeitig weigern sie sich, ihre Lieferketten offenzulegen. Ohne Transparenz kann es keine Überprüfung, keine Haftung und auch keinen bewussten, fairen Konsum geben“, erklärt Gertrude Klaffenböck, Koordinatorin der Clean Clothes Kampagne bei Südwind. „Kundinnen und Kunden haben das Recht zu erfahren, woher ihre Kleidung stammt und unter welchen Bedingungen sie produziert wurde. Nur wenn Unternehmen für Vergehen entlang ihrer Lieferkette haften müssen, können Lohnraub und Ausbeutung effektiv bekämpft werden.“ Zusätzlich zu einem umfangreichen Lieferkettengesetz fordern Südwind und Clean Clothes von Modekonzernen die sofortige Rückerstattung von ausständigen Zahlungen sowie die verbindliche Verpflichtung zu existenzsichernden Löhnen und grundlegenden Arbeitsrechten gemäß der ILO-Richtlinien.

„Ein existenzsichernder Lohn ist ein essentielles Menschenrecht. Gerade in der Pandemie hat sich gezeigt warum: Durch systematische Unterbezahlung und einbehaltene Abfindungen konnten Arbeiterinnen und Arbeiter in der Bekleidungsindustrie nichts ansparen und mussten von der Hand in den Mund leben. In Zeiten von landesweiten Lockdowns bedeutete das für viele Familien in Ländern des Globalen Südens Hunger und lebensbedrohliche Not“, so Clean Clothes-Expertin Klaffenböck.

Pay Your Workers-Aktionstag am 6. Oktober.
Die Clean Clothes Kampagne schätzt, dass weltweit mehr als 10 Milliarden Euro an Lohnschulden vonseiten der Modeunternehmen nicht bezahlt wurden. Anlässlich der heutigen Aktionärsversammlung von Nike rufen daher weltweit Clean Clothes-Partnerorganisationen zu Aktionen auf. Der Sportartikelhersteller ist eines von vielen Modeunternehmen, die selbst in der Pandemie große Gewinne erzielen, während sie Arbeiter*innen in ihren Lieferketten Löhne schuldig bleiben. Von Februar 2020 bis Februar 2021 hat Nike umgerechnet 2,9 Milliarden Euro Gewinn gemacht. Arbeiterinnen bei Nike-Zulieferern in Äthiopien mussten dagegen mit einem Monatslohn von 42 Euro ein Auskommen finden.

Hintergrund:
Fashion Checker, eine Initiative der Clean Clothes Kampagne, um Bemühungen von Unternehmen für existenzsichernde Löhne und Arbeitsbedingungen seriös, transparent und leicht verständlich darzustellen. Für die jüngste Untersuchung wurden mehr als 90 Fragebögen an Bekleidungsunternehmen verschickt, um Bemühungen für faire Arbeitsbedingungen darzustellen und Produktionsstandorte offenzulegen (wenn sie dies nicht durch den Transparency Pledge bereits getan hatten). Die rückgemeldeten Informationen werden mit verschiedenen Datenbanken abgeglichen und um qualitative Erhebungen erweitert. Die Ergebnisse werden im Anschluss übersichtlich dargestellt unter: https://fashionchecker.org/

Die Clean Clothes Kampagne setzt sich in 15 europäischen Ländern mit einem Netz von 250 Organisationen weltweit für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Stärkung der Arbeitnehmer*innen in der globalen Bekleidungsindustrie ein. In Österreich wird die Clean Clothes Kampagne koordiniert von der Menschenrechtsorganisation Südwind.

Rückfragehinweis:
Vincent Sufiyan
Kommunikationsleiter Südwind
Tel.: 0650 96 77 577
E-Mail: vincent.sufiyan@suedwind.at

Kommentar: Die aktuelle Debatte um Österreichs „Hilfe vor Ort“ – eine Einschätzung

Von Michael Obrovsky (ÖFSE). „Hilfe vor Ort“ als neues Mantra der Bundesregierung ist ein unscharfer Begriff, der nicht mit eindeutigen Zahlen unterlegt werden kann. Auch wenn die humanitäre Hilfe Österreichs in den letzten Jahren deutlich angewachsen ist, zeigt ein Blick in die offizielle Statistik, dass Österreich nicht zu den Ländern mit überproportionalen Hilfsleistungen vor Ort zählt.

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PA: Jugendliche fordern Klimagerechtigkeit und Systemwandel von EU-Abgeordneten in Brüssel

Teilnehmer*innen des Südwind-Jugendprojektes „My Revolution“ übergeben umfassenden Forderungskatalog an EU-Parlamentarier – Hauptanliegen: Demokratie, Menschenrechte und Klimagerechtigkeit.

Wien / Brüssel, 29. September 2021. Bei einem Runden Tisch in der Österreichischen Vertretung in Brüssel diskutierten gestern, Dienstag, rund 30 Jugendliche aus Österreich, Polen, Italien und Slowenien mit Abgeordneten zum Europäischen Parlament. Die jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer übergaben dabei ein Jugendmanifest mit einer Reihe konkreter Forderungen für einen politischen Wandel. Zentrale Anliegen sind „die Wahrung humanitärer und demokratischer Prinzipien“ sowie „Umweltschutz und Klimagerechtigkeit als die dringendsten Fragen unserer Zeit.“ Das Jugendmanifest wurde im Rahmen des länderübergreifenden Südwind-Jugendprojektes My Revolution erarbeitet. Die österreichische Menschenrechtsorganisation unterstützt Jugendliche dabei, politische Anliegen zu formulieren und diese direkt an die zuständigen Politikerinnen und Politiker heranzutragen. „Viele junge Menschen fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Das kann zu Resignation und mangelnder demokratischer Teilhabe führen. Um dem vorzubeugen, zeigen wir Wege auf, wie politische Forderungen formuliert und direkt vorgebracht werden können“, erklärt Marlene Groß, Bildungsreferentin von Südwind. „Bei My Revolution lernen Jugendliche wie demokratische Teilhabe funktioniert und können dabei direkt auch ganz konkrete Forderungen übergeben.“

„Natürlich bieten sich viele Wege, selbst aktiv zu werden, doch nicht in so engem Kontakt mit so hochrangigen Politikern“, sagt Julia, 17 Jahre, Schülerin vom BORG Oberndorf und My Revolution-Teilnehmerin. „Als Österreicherin, junge Frau und Schülerin eröffnet sich mir hier die Möglichkeit, um auf direktem Weg Blickwinkel, Auffassungen und Meinungen mit Personen zu teilen, die uns ein offenes Ohr zu schenken.“

Für das Südwind-Projekt My Revolution kamen seit Frühjahr 2020 mehr als 300 junge Menschen aus Österreich, Italien, Polen und Slowenien zu mehreren Workshops und Konferenzen zusammen. Inspiriert von Jugendbewegungen im Revolutionsjahr 1989 wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach ihren aktuellen Forderungen an die Politik und die Gesellschaft gefragt. Am Ende jedes Workshops wurden die Hauptanliegen zu gemeinsamen Forderungen zusammengefasst und daraus ein Jugendmanifest erarbeitet. Die darin formulierten Hauptforderungen sind:

  • Systemwandel hin zu einem Wirtschaftssystem, das ökologische Grenzen respektiert und ein menschenwürdiges Leben auf einem lebenswerten Planeten ermöglicht;
  • Umweltschutz und Klimaschutz: Erhalt der natürlichen Ressourcen, der biologischen Vielfalt und die Bekämpfung der Klimakrise als eine der größten aktuellen Herausforderung der Menschheit;
  • Menschenrechte und Demokratie respektieren, erhalten und ausbauen. Die politische Beteiligung von Jugendlichen ermöglichen und die Pressefreiheit schützen;
  • Europäische Verantwortung gegenüber Schutzsuchenden wahrnehmen;
  • Bildungssystem an aktuelle Erfordernisse anpassen, Fokus auf Vermittlung von Zusammenhängen, ganzheitliche Betrachtung von Lerninhalten und kritisches Denken;
  • Faire Arbeitsbedingungen und ethische Produktion von Konsumgütern hinsichtlich Arbeitsbedingungen, Klimaschutz, Umweltschutz und Tierrechte.

Gleich mehrere Abgeordnete haben die Forderungen der Jugendlichen entgegengenommen. Zum gemeinsamen Runden Tisch eingeladen haben Thomas Waitz (AT, Greens/EFA), Bettina Vollath, (AT, S&D), Patrizia Toia (IT, S&D), Tanja Fajon (SI, S&D,), Irena Joveva (SI, Renew) und Brando Benifei (IT, S&D).

Das My Revolution-Projekt geht im Herbst 2021 in die nächste Runde. Anmeldungen sind noch möglich unter: https://www.suedwind.at/bilden/jugendarbeit/projekte/meine-revolution-1990/

Download: My Revolution-Jugendmanifest

Weitere Details zum My Revolution-Projektwww.suedwind.at/meine-revolution

Rückfragehinweis:
Stefan Grasgruber-Kerl
Kampagnenbereichsleiter Südwind
Tel.: +43 (0) 699 100 400 79
E-Mail: stefan.grasgruber-kerl@suedwind.at

Vincent Sufiyan
Kommunikationsleiter Südwind
Tel.: +43 (0) 650 96 77 577
E-Mail: vincent.sufiyan@suedwind.at

PA: Tag des Kaffees: FAIRTRADE mit neuem Kaffee-Standard für mehr Impact im Ursprung

Der Kaffeepreis steigt aktuell stark an und lag im August-Durchschnitt bei rund 216 USD pro Quintal (ICO Other Milds Arabica), berichtet FAIRTRADE. Diese für die Kleinbauernfamilien erfreuliche Entwicklung wird allerdings entscheidend getrübt, denn die Ursachen der Preissteigerung liegen nicht in strukturellen Änderungen, sondern in schlechten Ernteprognosen sowie politischen Unruhen und steigenden Transportkosten. FAIRTRADE reagiert auf die schwierigen Rahmenbedingungen mit einer Überarbeitung des internationalen Kaffee-Standards.

Der Weltmarktpreis für Kaffee zeigte sich in den vergangenen Jahren als sehr volatil. Derzeit machen sich witterungsbedingte Ernteausfälle in Brasilien (weltweit größter Kaffeeproduzent) sowie höhere Transportkosten infolge pandemiebedingter Probleme in den globalen Lieferketten bemerkbar – die Kaffeepreise steigen. Doch die Vergangenheit hat gezeigt, dass sich das schnell wieder ändern kann. Noch Mitte 2019 waren die Durchschnittspreise um knapp 60% niedriger als heute, erholten sich in den darauffolgenden Monaten wieder, nur um Ende 2020 erneut massiv einzubrechen. „Diese Entwicklung erschwert die finanzielle Ressourcenplanung der Kaffee-Kooperativen. Um die Einkommenssituation der Kaffee-Kleinbauernfamilien signifikant und nachhaltig zu erhöhen, sind daher Rohkaffeepreise notwendig, die sich längerfristig, also über die kommenden Monate hinaus, auf dem aktuellen Niveau etablieren.“ formuliert Hartwig Kirner, Geschäftsführer von FAIRTRADE Österreich, einen Wunsch für die zukünftige Entwicklung des Kaffeehandels. Stabile und höhere Preise von Rohkaffee sind demnach ein entscheidender Faktor, um die Kosten einer nachhaltigen Produktion für die Kaffeebauernfamilien zu decken.

Neuer FAIRTRADE-Kaffee-Standard
FAIRTRADE zertifiziert ausschließlich Kaffee aus kleinbäuerlicher Produktion. Ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen zu verbessern, steht im Zentrum aller Aktivitäten von Fairtrade International. Dafür wurden starke internationale Standards und ein unabhängiges Kontrollsystem dieser Richtlinien etabliert. Angesichts der aktuellen Entwicklungen wurde der Kaffee-Standard überarbeitet und weiter geschärft, um den positiven Impact in den Kaffee-Ursprungsregionen zu erhöhen. Zukünftige FAIRTRADE-Kaffeekooperativen müssen demnach bereits vorab eine konkrete Marktnachfrage nach ihrem Kaffee vorweisen können. „Denn nur durch Ernteverkäufe zu FAIRTRADE-Bedingungen profitieren die Kleinbauernfamilien durch eine vertraglich fixierte Zusatzprämie oder, bei biologischem Anbau, durch einen Bio-Aufschlag.“ betont Kirner die Auswirkungen der Standard-Änderung. Andere wichtige Neuerungen betreffen Maßnahmen, um besser auf zukünftige Umwelt- und Klimaherausforderungen reagieren zu können. „Kaffee-Kooperativen müssen die gerade in den Kaffeeanbaugebieten notwendigen Anpassungsmaßnahmen an die Klimakrise erleichtert und gefördert werden, und damit die Einkommen der Kleinbauernfamilien abgesichert werden. Der neue FAIRTRADE-Kaffee-Standard ist Mitte Juli 2021 in Kraft getreten, und gilt für kleinbäuerliche Organisationen und Händler. Für die Umsetzung der Kriterien gibt es Übergangsfristen von bis zu einem Jahr.

FAIRTRADE-Kaffee in Österreich
Kaffee war 1993 das erste FAIRTRADE-Produkt in heimischen Regalen und verzeichnet seit jeher ein jährliches Wachstum. 2020 gab es trotz (Corona-)Gastronomie-Lockdowns einen zweistelligen Zugewinn bei Rohkaffee (+10,5% auf 5.108 Tonnen) – auch im Gesamtjahr 2021 ist eine ähnliche Nachfrage nach fairem Kaffee in Österreich zu erwarten. Der geschätzte Marktanteil von FAIRTRADE-Kaffee in Österreich liegt bereits bei knapp 8 Prozent. „Kaffee ist das beliebteste Heißgetränk der Österreicherinnen und Österreicher. Es ist wirklich sehr erfreulich, dass beim Genuss des Kaffeehäferls zuhause oder im Kaffeehaus immer öfter auch an die Menschen gedacht wird, die bei der Kaffeeernte und –Weiterverarbeitung schwerste Arbeit verrichten. FAIRTRADE sorgt für faire Einkommen, und das bei hoher Qualität und gutem Geschmack in der Tasse“. so Kirner abschließend.

Quellen:

  • Der neue FAIRTRADE Kaffee-Standard als Download
  • Aktuelle internationale Kaffee-Preisstatistiken (International Coffee Organization)

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Kontakt für Rückfragen:
Mag. Bernhard Moser
bernhard.moser@fairtrade.at
+43 664 526 74 65

Mag. Peter Ehrenberger
peter.ehrenberger@fairtrade.at
+43 660 380 72 80