Das Video von US-Regisseur Jason Russell wurde 2012 online veröffentlicht und entwickelte sich rasch zum Hype – über 100 Millionen Views hat der Clip auf Youtube erreicht.
Aber der Film, der zur Festnahme des ugandischen Rebellenführers Joseph Kony aufrief, musste auch viel Kritik einstecken, nicht zuletzt aus Afrika selbst.
Vereinfachten Darstellung der Tatsachen, falsche Behauptungen, bis hin zum Umgang mit Spendengeldern – die Kritikpunkte sind zahlreich und sehr unterschiedlich.
Eine der interessantesten Antworten auf den US-Film damals lieferte die ugandische Bloggerin Rosebell Kagumire:
Joseph Kony ist übrigens nach wie vor nicht festgenommen worden. Die Organisation von Russell, Invisible Children Inc., stellte ihre Arbeit ein.
Rosebell Kagumire hingegen avancierte zu einer Stimme des jungen Afrikas, die gehört wird:
The UN estimates Somalis in #diaspora send home about $1.6bn annually, significantly more than foreign aid. #Somalia#Kenya
Am Freitag, 17. April, ist Rosebell Kagumire in Wien und spricht mit der österreichischen Journalistin Sibylle Hamann über Journalismus und Kampagnen im Web, über das Bild Afrikas in Europa – und vielleicht ja auch über die Kony 2012 Kampagne.
Wann: 17.04.2015
Uhrzeit: 18:30 Uhr
Wo: FHWien der WKW, Währinger Gürtel 97, 1180 Wien, Raum B003
(Veranstaltung ist in englischer Sprache!)
Bringt das Internet und soziale Netzwerke Länder im Norden und Süden zusammen? Wie wird das Web 2.0 in Staaten wie Uganda von JournalistInnen verwendet? Und was denkt man eigentlich in afrikanischen Ländern über medialen Kampagnen wie die umstrittene „Kony 2012“-Initiative aus den USA, die mittels Youtube-Videos zum Angriff auf Rebellenführer Joseph Kony rief? Diese Fragen wird Rosebell Kagumire im Gespräch mit der österreichischen Journalistin Sibylle Hamann beantworten. Die ugandische Bloggerin hat einst auf „Kony 2012“ per Videobotschaft reagiert und hat sich seither als eine starke Stimme des jungen Afrikas hervorgetan. Sie ist im Web 2.0 sehr aktiv und tritt on- wie offline gegen die Bevormundung afrikanischer Länder durch den Westen sowie für Frauenrechte ein.
Rosebell Kagumire ist eine ugandische Multimedia-Journalistin, preisgekrönte Bloggerin und Kommunikationsexpertin. Aktuell ist sie Public Information Officer bei der IOM, der Internationalen Organisation für Migration in Genf. Das World Economic Forum würdigte Rosebell Kagumire als eine der Young Global Leaders 2013.
“Kampala blogging“ ist eine Veranstaltung der Reihe “Medien & Entwicklung” der ISJE-Informationsstelle für Journalismus und Entwicklungspolitik in Kooperation mit dem Institut für Journalismus & Medienmanagement der FH der WK Wien und dem FJUM – Forum Journalismus und Medien Wien.
Wann: 17.04.2015
Uhrzeit: 18:30 Uhr
Wo: FHWien der WKW, Währinger Gürtel 97, 1180 Wien, Raum B003
(Veranstaltung ist in englischer Sprache!)
Empfehlung! Am 20. April wird im Wiener Konzerthaus Südafrikas zwanzigjähriges Jubiläum von Freiheit und Demokratie gefeiert. Ein Konzertabend ist Südafrikas erstem demokratisch gewählten Präsidenten, Nelson Mandela, gewidmet.
Mit:
Wiener KammerOrchester
KS Johan Botha, Tenor
Pretty Yende, Sopran
Stefan Vladar, Dirigent
Der Erlös dieses Konzertabends wird für die Errichtung des Nelson Mandela Kinderkrankenhauses in Johannesburg verwendet. Es war Mandelas letzter Wunsch, ein Kinderkrankenhaus in Johannesburg zu errichten, die zweite medizinische Einrichtung dieser Art in Südafrika und die fünfte auf dem gesamten afrikanischen Kontinent. Das Projekt braucht noch Unterstützung!
Ende 2014 wurde in Burkina Faso das Regime durch einen Volksaufstand friedlich gestürzt. Am 11. Oktober soll gewählt werden.
Übersehen: Burkina Faso schafft es selten in die Schlagzeilen europäischer Medien. Auch derzeit hört man wenig über das westafrikanische Binnenland. Dabei ist einiges los: Nach 27 Jahren autoritärer Regierung unter Blaise Compaoré befindet sich Burkina Faso in einem friedlichem Übergang. Im Herbst stehen Wahlen an. Das Ergebnis und die Zeit bis dahin werden entscheidend für die weitere Entwicklung des Staates sein. Doch die Situation ist komplex. Aber: Es lohnt sich, genauer hinzusehen:
Was ist passiert? Der Langzeit-Präsident Blaise Compaoré versuchte 2014, über Verfassungsänderungen eine weitere Amtszeit dranzuhängen. Ende Oktober stürmten Tausende Demonstranten das Parlament in der Hauptstadt Ouagadougou und setzten es in Brand. Compaoré musste fliehen und setzte sich in die Elfenbeinküste ab.
Demonstranten und Oppositionelle sprachen von einem „Afrikanischen Frühling“ bzw. einem „black spring“.
VertreterInnen des Militärs, der Opposition und der Zivilgesellschaft kamen Anfang November zu Krisengesprächen zusammen. Beschlossen wurde, die im Herbst 2015 beschlossenen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen durchzuführen. Ende November wurde dann eine, offiziell zivile, Übergangsregierung präsentiert: Der Übergangspräsident ist seit dem der ehemalige Diplomat Michael Kafando, der auch den Posten des Außenministers übernimmt. Der umstrittene starke Mann ist aber Premier und Verteidigungsminister Yacouba Isaac Zida. Der Oberstleutnant war einst stellvertretender Kommandeur der Präsidentengarde. In der Übergangsregierung finden sich noch andere Vertreter der Armee.
Militär vs. zivil. Ist die Übergangsregierung nur scheinbar zivil? Das sieht Alexander Stroh vom Hamburger Giga-Institut für Afrika-Studien gegenüber der „Deutschen Welle“ nicht so: „Es sind vier Minister in einem Kabinett von deutlich über 20 Personen, in dem durchaus auch hochkarätige Vertreter aus dem Bereich der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft zu finden sind“, so Stroh. Doch trotzdem ist eine der entscheidenden Fragen für Burkina Faso, wie sich das Militär in den kommenden Monaten und darüber hinaus verhalten wird.
Präsidentengarde als Faktor: Christoph Gütermann warnt vor dem Einfluss der Präsidentengarde régiment de sécurité présidentielle (RSP). „Compaoré gründete einst dieses Regiment. Diese Einheit ist besser bezahlt und besser ausgerüstet als andere – eine 1.200 Mann starke Elite-Truppe innerhalb der burkinischen Armee“, erklärt der Entwicklungshelfer, Wissenschaftler und Kenner des Landes.
Das RSP verfolgt laut Gütermann mitunter eigene Interessen, vor allem ökonomischer Natur. „Compaoré hatte teils selber Angst davor, dass seine Elitetruppe meutern könnte“, betont er. Nach wie vor spielen Vertreter des RSP eine entscheidende Rolle, so Gütermann. Er sieht hier seit dem Sturz Compaoré Versäumnisse.
Leichen im Keller. Auch die International Crisis Group (ICG) sieht im RSP eine mögliche „ernste Gefahr für eine Transition“. Die NGO formulierte Ende Jänner neun Empfehlungen, wie Burkina Fasos Institutionen wieder das Vertrauen der Menschen gewinnen könnten. Dazu gehört für die ICG neben einer Reform der Armee auch das Aufrollen des Mordes des Journalist Norbert Zongo.
Viele glauben, dass in beiden Fällen das alte Regime um Compaoré verwickelt war. Untersuchungen wurden jahrelang verschleppt. Laut Burkina Faso-Kenner Gütermann ist den Menschen auch die Aufklärung des Todes von Thomas Sankara ein Anliegen. Der einstige Präsident von Burkina Faso wurde 1987 in einem Putsch des Militärs getötet. Für das alte Regimes war es nicht Mord, Sankara soll eines „natürlichen Todes“ gestorben sein.
„Fehler gemacht“. Obwohl laut Gütermann in den vergangenen Wochen und Monaten schon viele Fehler gemacht wurden, will er optimistisch bleiben: „Ich halte Burkina Faso schon für ein sehr positives Beispiel“, betont er. „Bisher ist alles relativ friedlich abgelaufen. Burkina unterscheidet sich da schon von anderen Ländern – es ist generell ein tolerantes Land.“
Ob das so bleibt, und Burkina Faso weiterhin ein positives Beispiel bleiben kann, darüber wird nicht zuletzt der Ablauf der Wahlen entscheiden, so Gütermann.
Christoph Gütermann ist Lektor für Internationale Entwicklung der Universität und war jahrelang in Burkina Faso als Entwicklungshelfer tätig. Heute besucht er privat einmal im Jahr das Land.
christoph.guetermann@univie.ac.at
Der Verein Barka Barka unterstützt und realisiert Projekte in Burkina Faso. Die in Wien lebendestellvertretende Obfrau und Mitbegründerin des Vereins, Irène Hochauer-Kpoda, ist selbst ursprünglich aus Burkina Faso. Kontakt auf Anfrage.
Burkina Faso ist ein Schwerpunktland der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. Anfragen dazu an die Austrian Development Agency
Der gesamte Bericht der International Crisis Group ist hier downloadbar (Französisch). Zur englischen Zusammenfassung geht’s hier
Burkina Faso ist ein sehr armes Land: Rund 45 Prozent der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze. Im „Human Development Index“ der Vereinten Nationen lag Burkina Faso im vergangenen Jahr auf Platz 183 von 186.
Trotz oder gerade wegen der Armut – verfügt das westafrikanische Land über eine traditionell starke Zivilgesellschaft. Laut Christoph Gütermann hat das nicht zuletzt mit der bis in die 1960er-Jahre zurückreichenden gewerkschaftlichen Tradition zu tun.
Die Menschenrechts-NGO Amnesty International meldet anlässlich einer Veröffentlichung eines Berichtes, dass Nigerias Polizei und Militär in großem Ausmaß foltern:
Folter gehört für nigerianische
Polizisten und Soldaten zur Routine. ... Gefoltert wird als Bestrafung, um Geld zu erpressen oder um Fälle
schneller zu „lösen“. Obwohl durch internationale Verträge verboten, ist
Folter in Nigeria kein Straftatbestand und die Täter bleiben ungestraft.
„Wir kennen viele Berichte über Folter, aber das Ausmaß und die Form der
Misshandlungen, die in diesem Bericht zusammengetragen wurden, ist selbst
für uns schockierend“, sagt Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty
International Österreich.
Für den Bericht wurden über zehn Jahre Zeugenaussagen und Beweise
gesammelt. Obwohl Folter durch die Verfassung verboten ist, wird sie von
Polizei und Militär routinemäßig eingesetzt. Grund dafür ist nicht zuletzt,
dass es kein Gesetz gibt, welches dieses Vorgehen bestraft.
Das Ausmaß der Folter in Nigeria hat nicht zuletzt mit dem Kampf gegen die radikalislamistische Terrormiliz Boko Haram zu tun:
Tausende Menschen – Schätzungen gehen von 5.000 bis 10.000 aus – sind bei den Militäroperationen gegen ...Boko Haram festgenommen worden. Nur wenige der Inhaftierten sind wieder
freigelassen worden. Viele der Gefangenen sollen gefoltert worden sein, und
nahezu alle werden unter extrem schlechten Haftbedingungen festgehalten,
die Misshandlung gleichkommen.
Ziehen von Nägeln und Zähnen, Würgen, Elektroschocks und sexuelle Gewalt
gehören zu den Folterpraktiken, viele Polizeiwachen haben inoffizielle
„Folterbeauftragte“. Erleichtert wird Folter auch dadurch, dass ein
Großteil der Gefangenen in Isolationshaft gehalten wird – ohne Kontakt zur
Außenwelt, zu Anwälten, Gerichten oder der Familie.
Nicht in einem der hunderten von Fällen, die Amnesty International
untersuchte, wurde ein Folteropfer entschädigt. In den meisten Fällen
ermittelten die Behörden halbherzig gegen die mutmaßlichen Folterer und
nichts wurde unternommen, um sie vor Gericht zu bringen.
Nigeria, das für Korruption bekannt ist, tut sich laut AI schwer, die nötigen Reformen umzusetzen:
„In den letzten zehn Jahren wurden mindestens fünf präsidentielle Komitees
und Arbeitsgruppen einberufen, um das Justizwesen zu reformieren und Folter
abzuschaffen. Der Regierung ist das Problem bekannt. Es scheitert an der
extrem langsamen Umsetzung“, so Patzelt. „Die wichtigsten Schritte sind klar. Nigeria muss Folter zum Straftatbestand machen, die
Praxis der Isolationshaft beenden und alle Misshandlungsvorwürfe gründlich
untersuchen.“
Gesine Schmiedbauer
Pressesprecherin
Amnesty International Österreich
Press Officer
Amnesty International Austria
Moeringgasse 10
A-1150 Wien
tel.: +43-1-78008- 39
fax: +43-1-78008-44
mobil: +43-664-4001056
gesine.schmiedbauer@amnesty.athttp://www.amnesty.at
Boko Haram, die militante islamistische Terrorgruppe, ist zu einer gewaltigen Herausforderung für die Entwicklung Nigerias geworden. Laut Human Rights Watch (HRW) sind allein im ersten Halbjahr 2014 2.053 Menschen von Boko Haram getötet worden.
Für Schlagzeilen sorgte die Entführung von merh als 240 Schülerinnen aus der Stadt Chibok im Bundesstaat Borno. Im Web2.0 wurde #BringBackOurGirls zum Slogan.
Genau genommen heißt die Sekte auf Arabsich Jama’atu Ahlis Sunna Lidda’Awati Wal-Jihad, was im Deutschen meist mit“Vereinigung der Sunniten für den Ruf zum Islam und den Dschihad“ übersetzt wird.
„Boko Haram“ wurde die militante Gruppe mit der Zeit von der internationalen Öffentlichkeit getauft. Boko bedeutet auf Hausa „Westliche Bildun“, Haram auf Arabisch „verboten“.
Liegen die Wurzeln der Sekte weiter zurück, wurde sie in der heutigen Form 2002 von Mohammed Yusuf (1970-2009) in Maiduguri, der Hauptstadt des Bundesstaates Borno im Nordosten Nigerias, gegründet.
Laut dem in Wien ansässigen nigerianischen Afrikawissenschaftler Bashir Alhaji-Shehu, der selbst aus dem Bundesstaat Borno stammt, radikalisierte sich die Gruppe erst mit der Zeit. Die Behörden vor Ort hätten Yusuf lange unterschätzt, so Alhaji-Shehu in der September-Ausgabe des Südwind-Magazin. Anfangs sei Boko Haram nicht so militant wie heute gewesen, die Exekutive habe allerdings fallweise überhart eingegriffen und damit Reaktionen provoziert.
Das Verhalten der Behörden könnten auch dazu beigetragen haben, dass es erst zur Entführung der Schülerinnen von Chibok kam. Laut einem Artikel der deutschen Ausgabe der Le Monde Diplomatique hatte sie der Anführer Abubakar Shekau angekündigt – und zwar auf „Reaktion auf ähnliche Methoden der Polizei und der staatlichen Sicherheitsorgane“, so Elizabeth Pearson und Jacob Zenn in der Juni-Ausgabe der Le Monde Diplomatique.
Boko Haram agiert mittlerweile international. Immer wieder kommt es zu Angriffen in Nachbarstaaten Nigerias. Laut Alhaji-Shehu sind auch Staaten mit größeren nigerianischen Communitys gefährdet, etwa Frankreich und Großbritannien. Für Österreich sieht er keine Gefahr: zwar bestehen nigerianische Communitys, aber es gäbe verschwindend wenige Migranten aus dem Norden Nigerias.
Vieles um Boko Haram ist noch unklar. Etwa Details darüber, wie sich die Bewegung finanziert. Eine Art der Finanzierung ist nachweisbar: Entführungen. Immer wieder hat die Gruppe in der Vergangenheit Menschen verschleppt und gegen Lösegeld wieder freigelassen. Auch Banküberfälle gehören wohl dazu.
Marc Engelhardt, Journalist mit Fokus auf Terror-Gruppen in Afrika, vertritt zudem die Ansicht, dass es bei der Entführung der Schulmädchen um Schutzgeld ging. So müssten alle Menschen im – immer größer werdenden – von Boko Haram kontrollierten Gebiet Schutzgeld zahlen. Zudem habe die Al-Kaida nach 9/11 über 2 Mio. Euro „in Westafrika verteilen“ lassen.
Laut Engelhardt ist Boko Haram finanziell und operationell unabhängig. Der Etat zwischen 2006 und 2011 wird auf über 50 Millionen Euro geschätzt, „heute dürfte er höher liegen“, so Engelhardt in der Schweizer WOZ. Waffen würden mit diesem Geld dabei mitunter von korrupten nigerianischen Militärs gekauft. Alhaji-Shehu kritisiert, dass die Soldaten, die Boko Haram besiegen sollen, viel zu schlecht und unverlässlich bezahlt werden.
Eine langfristige Lösung, so sind sich alle ExpertInnen einig, ist nur dann möglich, wenn Nigeria das Problem Korruption bekämpft. Und den Menschen in der nordöstlichen Region des Landes eine Perspektive bietet. (sol)
Artikel Das Finanzsystem von Boko Haram von Marc Engelhardt in der WOZ vom 17. Juli 2014
Der Journalist und Autor veröffentlichte 2014 das Buch „Heiliger Krieg, heiliger Profit. Afrika als neues Schlachtfeld des internationalen Terrorismus.“ Ch. Links Verlag
AnsprechpartnerInnen zum Thema Boko Haram kann auch das VIDC vermitteln, das eine Veranstaltung zum Thema durchführte Ankündigung –Dokumentation