Archiv der Kategorie: Menschenrechte

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Venezuela in der Zerreissprobe

Venezuela in der Zerreissprobe: Woran der Schlüsselstein der linken Architektur Lateinamerikas zerbricht
schildert Leo Gabriel nach einem Lokalaugenschein.

Die Auffassung der meisten indigenen Völker, dass sich die Geschichte in spiral-förmigen Zyklen wiederholt scheint sich ausgerechnet in jenem Land zu bestätigen, das in den letzten 15 Jahren den Schlüsselstein in der Architektur der Transformation auf dem amerikanischen Kontinent gebildet hat. Wie einst Hugo Chávez muss auch der gegenwärtig im Amt befindliche Präsident Venezuelas, Nicolás Maduro, gegen seine Widersacher in den USA, aber auch im eigenen Land kämpfen. Der Ausgang ist ungewiss.

Hugo Chávez und die Flucht nach vorne
Im Unterschied zu Lulas Brasilien und dem Argentinien der Kirchner-Ära musste Hugo Chávez bereits vom ersten Tag  seiner Amtsübernahme im Februar 1999 an gegen einen zwar ziemlich inhomogenen, aber dafür umso aggressiveren „historischen Block“  der bürgerlichen Eliten ankämpfen, der bei den Wahlen regelmäßig mit etwa 40 Prozent der abgegebenen Stimmen rechnen konnte. Und als Chávez zwei Jahre nach der Verabschiedung der Verfassung der Bolivarischen Revolution den Zugriff auf die staatliche Erdölgesellschaft PDVSA wagte, wäre er im April 2002  bei einem militärischen Putschversuch beinahe unter die von den USA aus manipulierten Räder gekommen.

Seit damals verging kein Jahr, in dem die zerklüftete Opposition nicht den Versuch unternommen hätte, dem allseits beliebten Volkstribunen den Garaus zu machen – entweder durch Wahlen,  Hetzkampagnen der Massenmedien oder indem sie die Auslieferung von lebensnotwendigen Gütern, die zum allergrößten Teil importiert werden mussten, einfach boykottierten, um die Preise in die Höhe zu treiben .

Wie auch immer: in den 13 Jahren seiner Präsidentschaft gelang es der Opposition in ihrem Kampf um die Macht (mit Ausnahme der 24 Stunden des gescheiterten Putschversuchs 2002) kein einziges Mal, über Chávez  die Oberhand zu gewinnen. Im Gegenteil: je intensiver die Auseinandersetzung, desto mehr trat Chávez die Flucht nach vorne an.

Umso schmerzlicher war es für alle seine MitstreiterInnen  im In- und Ausland, sich von ihm im März 2013 verabschieden zu müssen, als  ein längeres Krebsleiden seinem Leben ein Ende bereitete. Noch zu Lebzeiten bestimmte Chávez den großgewachsenen Gewerkschaftsführer und späteren Außenminister Nicolás Maduro, der ihm Zeit seines Lebens ergeben war, zu seinem Nachfolger. Aber es war auch die Stunde, in der die nach wie vor zerstrittene Opposition neuen Mut fasste und durch teilweise gewalttätige Demonstrationen (die so genannten Guarimbas) versuchte, ihn zum Abdanken zu zwingen.

Die Defensive des Nicolás Maduro
Die Opposition sah ihre Stunde gekommen, als die in der MUD (Mesa de Unidad Democrática) zusammengeschlossenen Parteien bei den Parlamentswahlen  im Dezember 2015 eine satte Stimmenmehrheit auf sich vereinigen konnte – sehr zur Überraschung der von Chávez gegründeten PSUV (Partido Socialista Unido de Venezuela ), die fest damit gerechnet hatte, weiterhin zu regieren. Anstelle jedoch – wie es Hugo Chávez gemacht hätte – die Bolivarische Revolution zu vertiefen und den verlorenen Boden an der Basis durch gemeinwirtschaftliche Projekte wiederzugewinnen, versteifte sich Maduro auf den Ausverkauf des Erdöls und die Planung einiger Megaprojekte wie das Kraftwerk am rohstoffreichen Orinoco-Delta. Aber auch die streng gehandhabte Devisenkontrolle, die den Schwarzmarkt in astronomische Höhen trieb, war eher dazu angetan, die Korruption zu fördern und den kapitalistischen Privatunternehmern in die Hände zu spielen, als die in Krise geratene Staatswirtschaft zu konsolidieren.

Sehr im Allgemeinen kann gesagt werden, dass es ein schwerer Fehler Maduros war, so lange zugewartet zu haben, bevor er irgendwelche reformorientierte wirtschaftspolitischen Schritte setzte und dass dann, wenn er sie setzte – wie z.B. durch die Einführung der an den Erdölpreis gebundenen Kryptowährung PETRO im Vorjahr -, es meist bereits zu spät war. Das Paradoxe an der Situation war und ist, dass während Venezuela durch abrupte monetaristische Entscheidungen immer mehr in das Fahrwasser der neoliberalen Gegner der „Chavisten“ geriet, sich die politische Situation zusehends polarisierte. Denn die Opposition dachte nicht im Geringsten daran, die durch Boykotte und Streikdrohungen der Unternehmerschaft aufgestauten Wogen zu glätten.

Der lange Arm Washingtons
Ob es die von der katholischen Bischofskonferenz und dem Nuntius vermittelten Verhandlungen im Jahr 2017 waren oder die in der Dominikanischen Republik  abgehaltenen Dialogrunden: sie alle endeten damit, dass sich die Vertreter der Opposition vom Verhandlungstisch erhoben – vermutlich aufgrund von Anweisungen einer „höheren Gewalt“, die in Washington ihren Sitz und ein großes Interesse an den Erdölreserven Venezuelas hat, die die weltweit größten zu sein scheinen. So ist es offensichtlich, dass der kaum ein Monat im Amt befindliche Parlamentspräsident  Juan Guaidó, der sich am 23. Januar zum Präsidenten ausrief, nur eine Figur auf dem Schachbrett der USA ist.

Aber auch das Gerede von der Demokratie, dem Schutz der Menschenrechte und der „humanitären Hilfe“, das derzeit die Zeilen einer völlig desorientierten Weltpresse (mit wenigen Ausnahmen) füllt, ist ein Scheingefecht, in dessen Schatten bereits militärische Kräfte Aufstellung genommen haben. So hat die US-Armee des Southern Command bereits Curacao (etwa 70 Seemeilen von der venezolanischen Küste entfernt) in Beschlag genommen und der in den Iran-Contra-Skandal verwickelt gewesene Sonderbeauftragte von Präsident Trump, Elliott Abrams pendelt zwischen Brasilia und Bogotá, um die ordnungsgemäße Aufstellung größerer Truppenkontingente der brasilianischen bzw. kolumbianischen Armee zu überwachen.

Am 23. Februar, der von den internationalen Medien zum venezolanischen D-Day ausgerufen wurde, an dem es den an der venezolanisch-kolumbianischen stationierten „Contras“ (zumeist kolumbianische Paramilitärs und venezolanische Soldaten, die zu Guaidó übergelaufen waren) gelingen sollte, unter dem Vorwand des Schutzes von Hilfslieferungen zu den in Maracaibo gelegenen Ölfeldern vorzustoßen, dauerten die Kampfhandlungen laut mexikanischen Medienberichten etwa 13 Stunden bis sich die Angreifer zurückzogen. Der Versuch, dem selbsternannte Präsidenten Guaidó eine territoriale Machtbasis zu sichern war gescheiter und der US-amerikanische Vizepräsident Mike Pence sichtlich verärgert.

Aber es wäre ja nicht das erste Mal, dass ein US-Präsident von innenpolitischen Schwierigkeiten durch ein relativ spontanes militärisches Abenteuer ablenken würde. Für einen ausgewachsenen Interventionskrieg à la Irak wird es wahrscheinlich nicht ausreichen, da die venezolanische Armee ziemlich schlagkräftig und loyal gegenüber dem im Amt befindlichen Präsidenten ist. Trotzdem könnten die geplanten Kampfhandlungen immer weitere Kreise ziehen und außer Kontrolle geraten.

Newsletter 1/2019

Sehr geehrte Damen und Herren, zweimal im Jahr stellt die Informationsstelle für Journalismus & Entwicklungspolitik (ISJE) einen redaktionellen Newsletter mit Informationen, Kontakten und Hinweisen für JournalistInnen zusammen. Dieses Mal mit folgenden Themen:

  • Venezuela – Eine Analyse des Lateinamerika-Experten Leo Gabriel. MEHR
  • Nachhaltigkeitsziel – SDG8: „Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum“ Recherche-Hinweise, Links, Projekte, Ideen. MEHR
  • Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie weltweit: 30 Jahre und mehr. Eine Analyse der Clean Clothes Kampagne Österreich. MEHR

    Termine zu spannenden Veranstaltungen in Österreich und Wahlen weltweit: siehe unten


    Internationale Wahlen… in Asien, Ozeanien und Afrika

    •    April: Mali – Parlamentswahl in Mali
    •    April/Mai: Indien – Parlamentswahl
    •    8. Mai: Südafrika – National- und Provinzversammlungen
    •    15. Juni: Papua-Neuguinea – Unabhängigkeitsreferendum in Bougainville
    •    20. Juli: Afghanistan – Präsidentschaftswahl und Kommunalwahlen
    •    22. September: Demokratische Republik Kongo – Kommunalwahlen

    Nachrichten und Analysen zu Lateinamerika finden Sie unter: https://amerika21.de/


    Termine in Österreich:

  • 03. – 10.4.2019, mittwochs, 19 Uhr: Vortragsreihe: Südliches Afrika Entwicklungsperspektiven jenseits der Nationalparks. Ort: Wissensturm, Kärntnerstraße 26, Linz.
    In der neoliberalen Weltwirtschaft und angesichts des Klimawandels hat das Südliche Afrika schlechte Karten. Zudem haben Misswirtschaft und Korruption vieler ehemaliger FreiheitskämpferInnen zu einem Vertrauensverlust in breiten Bevölkerungskreisen geführt. Dennoch bilden sich Ansätze und Konturen einer neuen, egalitären Gesellschaft heraus. Im Rahmen von Vorträgen werden über Initiativen und Hindernisse zukunftsorientierter politischer Arbeit in Zimbabwe und Mosambik informiert.

    • Mittwoch, 27.3.2019, 19 Uhr
      Walter Sauer
      Südafrika – gestern – heute – morgen
    • Mittwoch, 3.4.2019, 19 Uhr
      Peter Kuthan
      Zimbabwe – „Todii – What shall we do?* – die Hoffnung auf eine Wende lebt
    • Mittwoch, 10.4.2019, 19 Uhr
      Hemma TenglerMosambik: Auf dem Weg zurück zu Wirtschaftswachstum, Demokratie und Frieden?
      Mehr Infos: https://www.suedwind.at/oberoesterreich/termine-archiv/
  • 09.04.2019, 19 Uhr: Vortrag: Was ist los in Venezuela?
    Ort: Wissensturm, Kärntnerstraße 26, Linz.
    Lateinamerika-Experte Leo Gabriel recherchierte im März in Venezuela und wird seine Erkenntnisse und Eindrücke zur Situation im Rahmen eines Vortrages mit anschließender Diskussion präsentieren.
  • 15.03. – 30.5.2019: Faire Wochen 2019 „Niederösterreich mit FAIRantwortung“
    Viele Zeichen für die Globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) werden in sechs Fairen Wochen im ganzen Bundesland sichtbar gemacht. Fairer Handel, solidarische Wirtschaftsformen sowie kritischer und nachhaltiger Konsum werden als Alternativen aufgezeigt. Neben eigenen Ausstellungen, Seminaren und Workshops lädt Südwind NÖ mit Unterstützung des Landes NÖ und anderen Kooperationspartnern ein, sich mit eigenen Aktionen zu beteiligen.
    Mehr Infos: https://www.suedwind.at/niederoesterreich/angebote/faire-wochen
  • 28.05. 2019: R20 Austrian World Summit 2019 und Fotowettbewerb
    Bereits zum dritten Mal findet der R20 AUSTRIAN WORLD SUMMIT in der Wiener Hofburg statt. Die internationale Konferenz lädt jährlich führende PolitikerInnen, Unternehmen, VertreterInnen der Zivilgesellschaft, Start-ups, AkteurInnev aus Regionen und Städten sowie ExpertInnen ein, um Partnerschaften zu stärken, Erfahrungen und Ideen auszutauschen und auf diese Weise nachhaltige Klimaschutzprojekte schneller auf Schiene zu bringen. Auch Greta Thunberg und Arnold Schwarzenegger werden erwartet.
    Bis 15. Mai 2019 lädt die Austrian Development Agency engagierte Menschen ein, ein Foto zu ihrem Beitrag zur Erreichung den Globalen Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) auf www.entwicklung.at/fotowettbewerb hochzuladen und auf Social Media mit ihren FreundInnen zu teilen. Das Foto mit den meisten Likes gewinnt ein Ticket für den R20 Austrian World Summit im Mai 2019 inklusive Einladung zum VIP-Empfang sowie eine ADA-Goodie-Bag. Die Plätze 2 und 3 erhalten ebenfalls Tickets für den Summit und ADA-Goodie-Bags.
    https://www.entwicklung.at/fotowettbewerb
  • 20.05.- 7.06.2019: Aktionstage Nachhaltigkeit 2019 in ganz Österreich
    Auch heuer sind im Vorfeld Interessierten aufgerufen ihre vielfältigen Initiativen und Projekte im Lichte der Globalen Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) unter dem Motto „Gemeinsam stark machen für Gesellschaft und Klimaschutz“ vorzustellen. Die Aktionstage Nachhaltigkeit zeigen die enorme Bandbreite an Aktivitäten, Projekten und Veranstaltungen im Bereich Nachhaltiger Entwicklung auf regionaler sowie Landes- und Bundesebene. Die Initiative bietet dabei jenen Menschen eine Plattform, die bereits konkrete nachhaltige Projekte umsetzen oder Interesse haben, selbst aktiv zu werden.
    Mehr Infos und Programm: https://www.nachhaltigesoesterreich.at

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Interviewmöglichkeiten beim Brasilianischen Kulturfestival 2019: Brazil meets Gmünd

Vom 5. bis 7. April findet auf der Alten Burg in Gmünd das brasilianischen Kulturfestivals 2019 statt. Mit der Veranstaltung von der Initiative der brasilianischen Kulturvereine AustriaBrasil und Acssus soll der Kulturaustausch zwischen Österreich und Brasilien intensiviert werden. Auf dem Programm stehen Literatur, bildende Kunst, Film, Schmuckdesign, Tanz und Live-Musik bis hin zu Vorträgen über die Rolle der „schwarzen“ Frauen in Brasilien und über indigene Traditionen, vermittelt von und mit zahlreichen Gästen und ExpertInnen aus Brasilien.

Ein besonderes Highlight wird der Besuch eines der höchsten Repräsentanten der indigenen Völker, Adriel Kokama, mit seiner Delegation sein. Ebenso aus Amanzonien kommen die Schamaninnen Amanda Wapixana, Iolanda Makuxi und Oneide Wapixana, die zu Ernährung und Gesundheit nach den Traditionen der indigenen Völker referieren werden. Das Jahr 2019 wurde von der UNO zum Internationalen Jahr der indigenen Sprachen erklärt. Die aus Parintins (Bundesstaat Amazonas) stammende Geise Perrelet und Verônica Schell freuen sich deshalb besonders auf die indigene Sängerin Elizete Tikuna. Weitere Mitglieder der Delegation sind: Prof. Dr. Carlos Alberto Pavelegini de Medeiros, Tatiane Munduruku, Gideão Makuxi, Prof. Wilson Carvalho Mota, Sérgio Saterê und Jaqueline Reis. Tatiane Munduruku wird über die Traditionen der Munduruku, eines indigenden Volkes, die für ihre Tätowierungen und die Kopfjagd bekannt wurden, erzählen.

Als Gast der Literaturrunde konnte Diogenes da Cunha Lima, Präsident der „Academia Norte-Riograndense de Letras“ (Akademie der brasilianische Literatur, Sektion Rio Grande do Norte) und ehemaliger Rektor der staatlichen Universität von Rio Grande do Norte gewonnen werden. Er wird über historische Verbindungen der Habsburger mit Brasilien sprechen.
An Dokumentarfilmen Interessierte kommen beim Festival ebenfalls nicht zu kurz. Gezeigt werden Filme von Elisa Salem Herrmann, Francisco Bezerra Dantas Filho und Francisco das Chagas Santos.

Es wird Gelegenheit geben sich mit KünstlerInnen aber auch den VertreterInnen der indigenen Delegation zu unterhalten.

Rückfragen und Interviewvereinbarung bitte mit:
Margret Jäger
margretjaeger@yahoo.com
Tel: +43 660 5509139

Verônica Schell
E-Mail: veronica_schell@hotmail.com
Tel: +43 676 8444 25253

Interviewmöglichkeiten: Partnership Fair Migration and Development 2019

Am 15. März 2019 kommen rund 25 österreichische NGOs und Organisationen der Zivilgesellschaft mit etwa 30 Diaspora-Organisationen und Drittstaatsangehörigen im Rahmen einer Messe im Albert-Schweitzer-Haus zusammen.

Die Messe ermöglicht es Arbeit und diverse Beiträge zur Integration von MigrantInnen in Österreich zu präsentieren und weiterzuentwickeln. Es ist eine Gelegenheit für alle, sich zu vernetzen und zukünftige Initiativen zu erkunden, um die Integration und die politische Partizipation von Drittstaatsangehörigen und MigrantInnen in Österreich zu verbessern.

Die Organisationen und Teilnehmer werden durch ein professionelles „Speed Dating“, eine Messe mit Informationsständen und mehrere Netzwerkaktivitäten miteinander verbunden, so dass sie sich gegenseitig kennenlernen und gemeinsame Projektideen entwickeln können, die in Partnerschaftsprotokollen dokumentiert werden. Alle TeilnehmerInnen werden gebeten, ihre Ideen zur Gestaltung und zum Format der Messe beizutragen, die am Abend mit einer kulturellen Nebenveranstaltung endet.

Die österreichweite Partnership Fair Migration und Development 2019 im Rahmen des Projekts „We all need new engagement!“ (WANNE) wird von VAS Austria und Südwind organisiert und bietet eine Plattform für die Vernetzung von Drittstaatsangehörigen, NGOs, Diasporaorganisationen und Interessierten.

Detailliertes Programm: Download pdf

Kurzinterviews während der Veranstaltung sind möglich mit:

  • Leila Salehiravesh (Südwind, Projektleiterin „We all need new engagement“)
  • Stefan Grasgruber-Kerl (Südwind, Kampagnenbereichsleitung)
  • Michael Fanizadeh (VIDC – Vienna Institute for international Dialogue and Cooperation)
  • Youssouf Diakité (VAS Österreich – Verein der afrikanischen Studentinnen und Studenten)

Wien, 15. März 2019 – 14:00 bis 21:30 Uhr
Ort: Albert-Schweitzer-Haus, Schwarzspanierstraße 13, 1090 Wien

Rückfragehinweis (auch während der Veranstaltung):

Leila Salehiravesh, Südwind (Projektleiterin „We all need new engagement“):
Email: leila.salehiravesh@suedwind.at,
Mobil: 0699/12672145

Diskussionsveranstaltung: Unerhört? Afghanische Frauen und ihre Kämpfe

Orzala Nemat, Direktorin der Afghanistan Research & Evaluation Unit Kabul, und Sana Safi, Journalistin und Moderatorin bei BBC News Pashto TV  sprechen auf Einladung des VIDC über die aktuelle Situation afghanischer Frauen vor dem Hintergrund der Friedensverhandlungen.

Afghanistan ist „nach wie vor einer der gefährlichsten Plätze für Frauen auf der Welt“, wie die Frauenrechtsaktivistin Suraya Pakzad bei einer VIDC-Veranstaltung im November 2018 berichtete. Auch eine aktuelle Umfrage der Thomson Reuters Foundation bestätigt diese Annahme: Afghanistan wurde als weltweit zweitgefährlichstes Land für Frauen eingestuft, in den Kategorien „Häusliche Gewalt“, „Gesundheit“ und „Diskriminierung“ ist Afghanistan sogar das gefährlichste Land.

Heute sind die Taliban wieder im Vormarsch und kontrollieren ganz oder teilweise bereits 55% des afghanischen Territoriums, mehr als jemals zuvor seit der Invasion 2001. Auch andere terroristische Organisationen wie der sogenannte Islamische Staat (IS) haben ihren Fußabdruck in Afghanistan hinterlassen. Die jüngsten Friedensverhandlungen zwischen den Taliban und der US-Delegation geben jedoch auch Anlass zur Hoffnung: Nach fast zwei Jahrzehnten ausländischer Einflussnahme könnte eine politische Lösung für die Zukunft Afghanistans gefunden werden. Es besteht jedoch die Gefahr, dass die fragilen Gewinne afghanischer Frauen, die sie mit Hilfe der internationalen Gemeinschaft erkämpft haben, wieder auf dem Spiel stehen und sie nicht an den Verhandlungen mit den Taliban beteiligt werden.

Die Diskutantinnen am Podium gehen den Fragen nach, ob und wie afghanische Frauen einen möglichen Friedensvertrag auch im Sinne der Frauen und Mädchen in Afghanistan gestalten können, und warum Afghanistan trotz aller Unterstützung der internationalen Gemeinschaft immer noch eines der gefährlichsten Länder der Welt ist, insbesondere für Frauen. Sie werden auch Vorschlage unterbreiten, wie die Nachhaltigkeit von Frauenförderungsprogrammen der internationalen Gemeinschaft gestärkt werden könnte.

Podiumsdiskussion
Donnerstag, 7. März 2019, 19:00 – 21:00 Uhr,
Diplomatische Akademie Wien, Festsaal
Favoritenstraße 15a, 1040 Wien

Veranstaltungssprachen: Englisch und Deutsch mit Simultandolmetschung

Anmeldung: fanizadeh@vidc.org

Red Hand Day: Neuer Bericht und Interviewmöglichkeit zum Einsatz von Kindersoldaten

Die internationale Kinderhilfsorganisation World Vision veröffentlichte kürzlich einen aktuellen Bericht, wie und warum Kinder immer noch in bewaffneten Konflikten rekrutiert werden oder sich eigenständig militanten Gruppen anschließen. In dem Report wird auch ausführlich dargestellt, was gegen die Rekrutierung getan werden muss. Für Infos zu Interviewmöglichkeiten bitte nach unten scrollen.
Der Bericht heißt „No Choice; It takes a world to end the use of child soldiers” und ist Teil der internationalen World Vision-Kampagne „It takes a world to end violence against children” (deutscher Titel „Jeder Einzelne zählt, um Gewalt gegen Kinder zu beenden”). Darin werden sowohl persönliche Erfahrungsberichte ehemaliger Kindersoldaten als auch zahlreiche übersichtliche Statistiken und Grafiken aus davon betroffenen Staaten präsentiert.
Warum werden Kinder zu Kindersoldaten?
Warum sich Buben und Mädchen bewaffneten Gruppen anschließen, geschieht aufgrund verschiedener Faktoren: kein Zugang zu Bildung, Armut, Mangel an lebensnotwendigen Gütern wie Nahrung, anhaltende Unsicherheit und Vertreibung, Erwartungsdruck der Gemeinschaft, Zerrüttung der Familie oder Rachegedanken. Diese Faktoren unterscheiden sich je nach Kontext und Kind, auch Alter und Geschlecht spielen eine wichtige Rolle. Die Studie zeigt, dass es im Allgemeinen nicht nur einen Faktor gibt, der ein Kind zum Beitritt bringt, sondern ein Zusammenspiel aus mehreren.
Reintegrationsprogramme für ehemalige Kindersoldaten

Im vergangenen Jahr wurden weltweit mehr als 10.000 Kinder von World Vision und anderen Organisationen unterstützt, nachdem sie bewaffnete Gruppen verlassen hatten. Reintegrationsprogramme helfen dabei, dass ehemalige Kindersoldaten wieder einen Platz in der Gesellschaft finden. Neben psychosozialer Unterstützung, Familienzusammenführung und Aufklärungsarbeit mit Gemeinden werden auch Ausbildungsprogramme angeboten. Das oberste Ziel bleibt aber, eine Rekrutierung von Kindern überhaupt zu verhindern.

 Hinweis zu Online Feature:
In dem Online Feature „Children of War“ erzählen fünf ehemalige Kindersoldaten aus der Demokratischen Republik Kongo,  der Zentralafrikanischen Republik, dem Südsudan, Uganda und Myanmar ihre Geschichte.
Interviewmöglichkeiten:
Kolleginnen und Kollegen aus dem Südsudan (in englischer Sprache) stehen für Interviews zum Thema zur Verfügung. Bitte um Anfrage an Tanja Zach, 0664-833 94 11 oder tanja.zach@wveu.org

Interviewmöglichkeit: Philippinische Projektpartner/innen der Dreikönigsaktion

Im Vorfeld der Sternsingeraktion 2019 stehen philippinische Projektpartner/innen der Dreikönigsaktion, dem Hilfswerk der Katholischen Jungschar für Interviews zur Verfügung.

Zeit: 4.12.2018, 10-12:30, 14-16 Uhr
Ort: Büro der Dreikönigsaktion, Hilfswerk der Katholischen Jungschar, Wilhelminenstraße 91/II f, 1160 Wien

Zu den Partnerprojekten
Auf Mindanao, der zweitgrößten Insel der Philippinen, lebt über die Hälfte der 26 Millionen Einwohner/innen in Armut. Viele leiden an Hunger, obwohl das Land sehr fruchtbar ist. Warum? Auf 80 Prozent des fruchtbaren Landes bauen Konzerne Ananas, Bananen oder Ölpalmen für den Export an. Die Bevölkerung profitiert davon allerdings nicht. Auch der Klimawandel macht der Bevölkerung schwer zu schaffen: Die Taifune gewinnen an zerstörerischer Kraft. Dürre und dann wieder Überflutungen vernichten die Ernte.

Die Flucht in die Städte ist keine Lösung. Das Leben in den Slums hält meist nur bittere Armut bereit: Keine regelmäßige Arbeit, Unterernährung, mangelhafte Bildung und kaum medizinische Versorgung. Kinder sind besonders verwundbar, sie leiden häufig unter Gewalt, Ausbeutung oder Kinderarbeit. Statt die Schule zu besuchen arbeiten viele als Straßenverkäufer/innen, sammeln Müll oder tragen Lasten, um zum Familieneinkommen beizutragen.

Philippinen: So helfen Sternsingerspenden konkret

Agro-Eco, Partnerorganisation der Dreikönigsaktion, unterstützt Bauernfamilien, ihre Lebenssituation zu verbessern. Bäuerinnen und Bauern erhalten Trainings zu ökologischer Landwirtschaft, um die lebenswichtige Versorgung mit Reis zu sichern. Auf Modellfarmen werden klimaresistente Reissorten erforscht und das Saatgut verbreitet. Der Zusammenschluss in lokalen Bauernorganisationen stärkt die Gemeinschaft und verhindert Landraub.

Child Alert, Partnerorganisation der Dreikönigsaktion, bietet Kindern auf der philippinischen Insel Mindanao Schutz vor Gewalt und Ausbeutung und eröffnet ihnen und ihren Familien neue Zukunftsperspektiven. Das engagierte Team unterstützt Kinder und Jugendliche, selbst aktiv zu werden, sich für ihre Rechte einzusetzen und die Schule positiv abzuschließen. Den Eltern wird geholfen Einkommen zu schaffen und die Armut zu besiegen.

Zu den Personen:
Das Team von Agro-Eco
Geonathan Barro, 40, ist seit 2015 Direktor von Agro-Eco, Partnerorganisation der Dreikönigsaktion auf Mindanao, der zweitgrößten Insel der Philippinen. Von 2010 bis 2015 war der studierte Ökonom als Referent für Anwaltschaft bei Agro-Eco tätig.

Diego dela Cruz Jr., 58, betreibt seit 1996 ökologische Landwirtschaft in der Provinz Agusan del Sur auf der Insel Mindanao und ist Gründungsmitglied der örtlichen Vereinigung von Biobäuer/innen. Der Reisbauer züchtet klimaresistente Reissorten und hilft, alte Reissorten zu bewahren (über 300 verschiedene Sorten) und diese anderen Bäuer/innen kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Das Team von Child Alert
Bernardo Mondragon, 60, ist seit der Grüdung der Organisation im Jahr 2005 Projektleiter von Child Alert und verfügt über langjährige Erfahrung in verschiedenen Nichtregierungsorganisationen im Bereich Kinderrechte und Kinderschutz in der Region Davao auf Mindanao.

Myco Martinez, 19, lebt in Davao City, der Hauptstadt Mindanaos und ist gerade dabei, die Schule abzuschließen. Er ist seit zwölf Jahren Mitglied von Child Alert und setzt sich unter anderem in einer Theatergruppe dafür ein, Bewusstsein für Kinderrechte zu schaffen.

Auf Anfrage können gerne auch Fotos von den Partnerprojekten zur Verfügung gestellt werden. Mehr Informationen zu den Partnerprojekten gibt es auf www.sternsingen.at

Rückfragen und Terminvereinbarungen: 

Elisabeth Holzner MA
Dreikönigsaktion, Hilfswerk der Katholischen Jungschar
Referentin für Öffentlichkeitsarbeit
Telefon: +43 1 481 09 97 19
Mobil: +43 676 88 011 1000
elisabeth.holzner@dka.at

Interviewmöglichkeit: Brasilien – 3. Jahrestag des Desasters von Mariana

Am 5.11. jährt sich das Desaster von Mariana. Am jenem Donnerstag im Jahr 2015 brach der Damm des Rückhaltebeckens der Eisenerzmine der Firma Samarco nahe der Kleinstadt Mariana im Bundesstaat Minas Gerais im Südosten Brasiliens. Millionen von Kubikkilometern gefährlichen Bergwerksschlamms machten sich auf den 680 km langen Weg bis zum Meer. Auf diesem Weg begrub ein Tsunami aus Schlamm Menschen, Häuser, Kirchen und ganze Dörfer unter sich. Der Schlamm tötete 19 Menschen. Er verseuchte das Wasser und den Boden für unabsehbare Zukunft. Das Desaster von Mariana gilt als die „größte Umweltkatastrophe in der Geschichte Brasiliens“.

Betroffene des Bergwerk-Desasters kämpfen seit fast drei Jahren für eine Entschädigung. Projektpartner/innen der Dreikönigsaktion Letícia Soares Peixoto Aleixo und Douglas Krenak berichten in Wien über die Auswirkungen der Katastrophe und den Kampf um Wiedergutmachung.

Am Donnerstag, 8.11.2018 (14-17 Uhr) und Freitag, 9.11. (9-11 Uhr) stehen Letícia Soares Peixoto Aleixo und Douglas Krenak nach Terminvereinbarung für Interviews zur Verfügung. Die beiden Projektpartner/innen der Dreikönigsaktion sprechen portugiesisch – für Übersetzung ist gesorgt.

Das indigene Volk der Krenak ist von dieser Umweltkatastrophe stark betroffen. Die Universität von Minas Gerais führte 2016 eine umfassende Studie zu den Auswirkungen des Bergbau-Desasters auf das Volk der Krenak durch. Drei Jahre nach dem Dammbruch sind auch zig juristische Verfahren gegen das brasilianische Unternehmen Samarco Mineração S.A. und die sie kontrollierenden Aktionärsfirmen, die australisch-britische BHP Billiton Brasil Ltda. und die brasilianische Vale S.A., eingereicht worden.

Auch österreichische Aktienbeteiligungen und Anleihen an den Aktionärsfirmen konnten in Höhe von insgesamt 63 Millionen Euro im Zeitraum von 2010-2018 nachgewiesen werden. Die juristischen Mühlen mahlen langsam und die Betroffenen bleiben auf der Strecke.

Zurzeit ist das Ziel die Einbringung einer Beschwerde bei der interamerikanischen Kommission für Menschenrechte. Diese ist ein unabhängiges Organ der Organisation Amerikanischer Staaten mit Sitz in Washington. Die Beschwerde bei der interamerikanischen Kommission für Menschenrechte könnte zu deutlichen Empfehlungen der Kommission an den brasilianischen Staat führen. Das interamerikanische Menschenrechtssystem hat große Bedeutung, weil seine Entscheidungen formal rechtlich bindend sind. Die Beschwerde soll zum 3. Jahrestag des Desasters am 5.11.2018 eingebracht werden.

Douglas Krenak ist Journalist und gehört zum indigenen Volk der Krenak. Schon sein Vater hat sich mit großem Einsatz für mehr Respekt und Anerkennung sowie gleiche Rechte für die Krenak eingesetzt. Als Journalist (er hat auf der UNIVALE studiert) führt er nun den Kampf seines Vaters weiter. Als Vorsitzender des Rates der Indigenen Völker von Minas Gerais-COPIMG vertrat er die Anliegen der Indigenen Völker des gesamten Bundesstaates, hat an einer Studie zum Thema Ernährungssicherheit (2009) aktiv mitgearbeitet, hält Vorträge, Seminare um die Kultur seines Volkes bekannt zu machen und Vorurteile abzubauen.

Letícia Soares Peixoto Aleixo ist Uniprofessorin und Anwältin mit Schwerpunkt auf internationalem Recht und Menschenrechte. Sie ist Gründungsmitglied des Projektes „Clinica de Direitos Humanos“ (wörtl. Menschenrechtsklinik) der staatlichen Universität. In diesem Kontext begleitet sie auch die Krenak Indigenen. Sie ist Gutachterin für die Ombudsstelle des Bundesstaates Minas Gerais in Mariana und die lokale Caritas, die vom Dammbruch betroffene Familien dabei unterstützt zu ihrem Recht zu kommen.

Rückfragen:
Dreikönigsaktion – Hilfswerk der Katholischen Jungschar;
Christian Herret: christian.herret@dka.at
Mobiltel. 0676/88 011 – 1071; Tel: 01/481 09 91-41,
Wilhelminenstraße 91/2 f, 1160 Wien,
www.dka.at

Exklusive Treffen mit Verteidigerinnen von Menschenrechten in Wien

Im Rahmen der Kampagne Es beginnt hier. Schreiben wir Geschichte setzt sich Amnesty International Österreich für Menschenrechtsverteidigerinnen ein. Dabei handelt es sich um Frauen, die für die Rechte aller Menschen kämpfen, sowie Aktivist*innen jeden Geschlechts, die sich für Frauenrechte engagieren.

Menschenrechtsverteidigerinnen sind mit besonderen Herausforderungen und Gefahren konfrontiert. Oft drohen ihnen aufgrund ihres Engagements zusätzliche Stigmatisierung, Verfolgung, Diffamierung oder sexuelle Gewalt. Die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten haben sich dazu verpflichtet, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Europäischen Union den Schutz von Menschenrechtsverteidigerinnen sicherzustellen. Anlässlich der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft fordern wir daher von der österreichischen Bundesregierung, den Schutz und die Sicherheit von internationalen Menschenrechtsverteidigerinnen ernst zu nehmen und auf die Agenda der EU-Außenpolitik zu setzen.

Nächsten Woche gibt es zwei Möglichkeiten in Wien, Menschenrechtsverteidigerinnen aus der ganzen Welt zu treffen und mit ihnen Interviews zu führen. 

  1. August 2018 – Expert*innenseminar zu Menschenrechtsverteidigerinnen „DEFENDING WOMEN – DEFENDING RIGHTS“

Anlässlich des EU-Außenminister*innentreffens in Wien lädt Amnesty International zu einem Expert*innenseminar am 29. August 2018 im Haus der Europäischen Union ein, um die politischen Entscheidungsträger*innen an ihre Verpflichtung zu erinnern, Menschenrechtsverteidiger*innen zu stärken und zu schützen – und zwar im realen Leben, nicht nur am Papier. Frauen, die in verschiedenen Regionen zu Menschenrechtsthemen arbeiten, werden mit EU- und Regierungsvertreter*innen über mögliche Schutzmechanismen für Menschenrechtsverteidiger*innen diskutieren.

Informationen auf Englisch finden sie unter: https://www.amnesty.at/mitmachen/kampagnen/news-events/defending-women-defending-rights/

INTERVIEWMÖGLICHKEIT – Bei Interesse koordinieren wir gerne einen Termin:

Folgende Menschenrechtsverteidigerinnen stehen für Interviews auf Englisch zur Verfügung. Nähere Informationen zu den Interviewpartnerinnen finden sie unter https://synology.amnesty.at:5001/sharing/rAPHChVYH.

  • Maria Teresa Rivera, Aktivistin für sexuelle und reproduktive Rechte. El Salvador/Schweden
  • Klementyna Suchanow, Frauenrechtsaktivistin Polish Women on Strike, Polen
  • Kania Mamonto, Asia Justice and Rights (AJAR), Indonesien
  • Wangui Kimari, Mathare Social Justice Centre, Kenia
  • Evdokia Romanova, Aktivistin für sexuelle und reproduktive Rechte, Russland/Österreich
  1. August 2018 – Matinee Österreichisches Parlament „Frauen – verteidigen –Menschenrechte“

Die zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures empfängt internationale Menschenrechtsverteidigerinnen, die auf Einladung von Amnesty International Österreich in Wien sind, in der Wiener Hofburg. Kania Mamonto und Evdokia Romanova werden zu diesem Anlass neben der zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures und Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich, sprechen. Amnesty International begrüßt diesen Akt der Republik Österreich, die wichtige Arbeit von Menschenrechtsverteidiger*innen anzuerkennen.

Anmeldung zur Matinee unter: https://www.parlament.gv.at/SERV/VER/AKT/300818

Für die Teilnahme an den Veranstaltungen oder zur Koordinierung eines Interviewtermins wenden Sie sich bitte an: presse@amnesty.at oder 0664 4001056.

 

 

Nicaragua steuert aufs Chaos zu

Nicaragua steuert aufs Chaos zu

Wie es so weit kam, schildert Ralf Leonhard nach einem Lokalaugenschein.


139 Tote lautet die Bilanz in der zweiten Juni-Woche nach sieben Wochen Aufstand gegen das autoritär regierende Präsidentenpaar Daniel Ortega und Rosario Murillo in Nicaragua. Fast alle gehen auf das Konto der Anti-Aufruhrpolizei und der regierungstreuen Schlägertrupps, die als Sandinistische Jugend auftreten. Die Polizei schießt, um zu töten: in den Kopf, in den Hals, in den Oberkörper. Das haben Amnesty International und die Interamerikanische Menschenrechtskommission (CIDH) bestätigt, die Mitte bzw. Ende Mai das Land besuchten.

Überproportionaler Polizeieinsatz schafft Protest
Die Methoden der Einschüchterung von Protestbewegungen haben in der Vergangenheit gut funktioniert: bei Demonstrationen gegen den Plan, einen interozeanischen Kanal zu bauen oder bei Protesten gegen Pensionskürzungen. Diesmal verfehlte das brutale Vorgehen sein Ziel. Der offensichtlich überproportionale Polizeieinsatz, die Übergriffe der zivilen Schlägertrupps, die JournalistInnen die Kameras stahlen, waren live im privaten Fernsehen zu sehen. Videos verbreiteten sich außerdem in Windeseile über die sozialen Medien. Und je mehr Blut friedlicher DemonstrantInnen floss, desto größer wurde die Protestbewegung.

Erhöhungen der Beiträge zur durch Nepotismus heruntergewirtschafteten Sozialversicherung waren nur der Auslöser. Unmittelbar vorher waren schon Proteste gegen die Brände im Tropenwaldschutzgebiet Indio Maíz brutal unterdrückt worden. Jeder weiß, dass Präsident Ortega und hohe Militärs in den illegalen Holzhandel verwickelt sind. Vieles deutet darauf hin, dass die Brände gelegt wurden. Jedenfalls unternahm die Regierung lange Zeit gar nichts und lehnte sogar die Hilfe einer spezialisierten Feuerwehrbrigade aus Costa Rica ab.

Diese Proteste wurden von ökologisch interessierten StudentInnen getragen, die dank sozialer Medien nicht allein auf die Propaganda der fast völlig von der Regierung und der Familie Ortega kontrollierten Medien angewiesen waren.

Rot-schwarze Fahne der SandinistInnen wurde zum Hassobjekt. Inzwischen hat sich die Protestbewegung, die keinen sichtbaren Kopf hat, auf fast alle wichtigen Städte ausgedehnt. In Managua, Masaya und Granada sind wichtige Straßen durch Barrikaden aus Pflastersteinen abgesperrt. Das erinnert an den Volksaufstand von 1979, als die Sandinistische Befreiungsfront (FSLN) gegen den Diktator Anastasio Somoza kämpfte. Allerdings ist die rot-schwarze Fahne der SandinistInnen inzwischen zum Hassobjekt geworden. Daniel Ortega, einst einer der neun Kommandanten des Nationaldirektoriums und bis 1990 Präsident des Landes, regiert wieder seit 2007. In elf Jahren ist es ihm gelungen, die Opposition fast völlig auszuschalten und dank venezolanischer Öllieferungen soziale und wirtschaftliche Stabilität zu schaffen. Seit zwei Jahren fließt das Öl aus Venzuela nicht mehr. Größere wirtschaftliche Verwerfungen stehen bevor. Ortegas Pakt mit der Unternehmerschaft, der sogar in der Verfassung verankert wurde, ist geplatzt.

Versuche der Bischofskonferenz, über einen Nationalen Dialog eine politische Lösung der Krise einzuleiten, sind gescheitert. Die Regierung zeigt sich absolut unwillig, auch nur die kleinste Konzession zu machen.  Darauf hat sich auch die Position der Gegenseite verhärtet. Da sind UnternehmerInnen, Bäuerinnen und Bauern, StudentInnen,  AkademikerInnen und Frauenorganisationen vereint. Sie fordern den sofortigen Rücktritt des Präsidentenpaares.

Land paralysiert
Zusätzlich verkompliziert sich die Lage dadurch, dass immer mehr Gruppen, die von der Oppositionsbewegung nicht kontrolliert werden, ihr eigenes Spiel spielen. Sie bedrohen Menschen und ganze Stadtviertel, die als regierungstreu gelten, rauben Geschäfte aus und haben in Managua einen Ortega-Sender und in Granada das Rathaus in Brand gesteckt. Durch diese Gruppen und die Straßensperren ist die Versorgungslage in manchen Gegenden inzwischen prekär. Geschäfte werden nicht mehr beliefert, Menschen wagen sich nicht mehr auf die Straße. Zuletzt hat Ortega signalisiert, dass er zumindest einer Vorverlegung der nächsten Wahlen von 2021 auf 2019 zustimmen könnte. Aber, wie der Schriftsteller Sergio Ramírez, einst Vizepräsident unter Daniel Ortega zuletzt in der taz (https://www.taz.de/Archiv-Suche/!5505666&s=Leonhard/) sagte: „Er hat keine Alternative zum Leben an der Macht. Er hat viel Geld angehäuft aber ihm geht es nicht um Reichtum, den er irgendwo im Exil genießen will. Das Geld ist nur ein Instrument der Macht“.

Ralf Leonhard war in den 1980er und 1990er Jahren mehr als 14 Jahre als Korrespondent in Nicaragua und hat das Land im vergangenen Mai zuletzt besucht.